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Wenn ein Vogel auf Fischfang geht ...

Wenn ein Vogel auf Fischfang geht ...

Wenn ein Vogel auf Fischfang geht . . .

WER einen Fisch fangen will, steht gleich vor drei Herausforderungen. Zuerst muss er wissen, wo es überhaupt Fische gibt, dann muss er an sie herankommen und sie zu guter Letzt möglichst fangen. Gar nicht so einfach! Da geht es den Vögeln wie den Menschen.

Eine typische Fangmethode der alten Ägypter war, Fische mit der Harpune aufzuspießen — eine Technik, die schon lange vor ihnen Vögel aus der Reiherfamilie einsetzten. Damit waren sie ihren späteren Nahrungskonkurrenten sozusagen eine Schnabellänge voraus.

Im Nildelta Ägyptens leben zahlreiche Graureiher. Mit ihrem dolchartigen Schnabel können sie die Fische aufspießen — manchmal sogar zwei auf einmal. So ein Graureiher verspeist gut ein halbes Kilo Fisch am Tag. Wie es scheint, stellt er sich beim Fischen wohl etwas schlauer an als sein menschlicher Konkurrent.

Der Reiher hat es wirklich heraus, seiner Beute aufzulauern und im richtigen Moment zuzustoßen. Dazu schreitet er entweder gemächlich durchs flache Wasser oder bleibt einfach regungslos stehen — den Schnabel immer in Wartestellung. Kommt dann ein Fisch nah genug heran, stößt er blitzschnell zu. Sein Erfolgsrezept ist also seine Geduld. Und meistens zahlt sie sich aus.

Per Köder zum guten Happen

Wie in dem Buch Das geheime Leben der Vögel beschrieben wird, haben sich Mangrovereiher in Japan anscheinend etwas von Parkbesuchern abgeschaut, die Zierfische füttern: Sie benutzen jetzt deren Brotbrocken als Köder, um bequem an ihre Fischmahlzeit heranzukommen — wirklich pfiffig!

Auch in der Karibik ködert mancher Silberreiher seine Beute mit Brot. Doch nicht immer sind Köder nötig! Der Seidenreiher zum Beispiel bedient sich einfach seiner gelben Füße: Dazu stellt er sich auf ein Bein und lässt den anderen Fuß im seichten Wasser vibrieren. Das macht die Fische neugierig und lockt sie an.

Fisch to go

Doch das sind noch längst nicht alle Fangmethoden. Der Fischadler zum Beispiel liebt Fisch to go. Wie holt er sich ihn? Er fliegt langsam über dem Wasser und späht nach einer irgendwo dicht unter der Wasseroberfläche schwimmenden Delikatesse. Hat er eine entdeckt, schießt er mit angelegten Flügeln hinunter, streckt je nach Bedarf kurz vor dem Wasser die Füße vor und schnappt sich den Fisch mit seinen Krallen. Diese Technik setzt gute Augen und perfektes Timing voraus.

Der Schreiseeadler muss mitunter feststellen, dass er sich mit manchem Fang wohl etwas viel zugemutet hat. So einen knapp 3 Kilo schweren Brocken muss man schließlich erst einmal nach oben bekommen. Doch der Schreiseeadler weiß sich zu helfen: Wie Naturbeobachter berichten, paddelt mancher einfach kurzerhand mit seinen Flügeln an Land!

Tauchgang zum Dinner

Auch die Tölpelvögel wie der Basstölpel tauchen nach Fischen und schießen dabei geradezu senkrecht ins Wasser. In kleinen Trupps suchen sie aus einiger Höhe die Meeresoberfläche nach Fischschulen ab. Die Masse der silbrigen Fische erscheint im tiefblauen Meer nämlich wie ein blassgrüner Fleck. Auf dieses Zeichen haben die Tölpel nur gewartet.

Mit bis zu 100 Stundenkilometern schießen sie pfeilartig ins Wasser. Man könnte fast meinen, man sei auf einer Taucholympiade. Das ganze Spektakel ist natürlich nicht zu übersehen, und so fliegen andere Trupps schnell herbei, um sich am Festbankett mit gütlich zu tun.

Im Gegensatz zu Reihern spießen Tölpel ihre Fischmahlzeit nicht auf. Durch ihren Stoßflug tauchen die Vögel mehrere Meter ins Meer ein. Auf dem Weg zurück nach oben schnappen sie dann nach ihrer Beute und schlucken sie auf einen Rutsch herunter.

Exzellente Taucher sind auch die Seeschwalben, wobei sie viel näher über dem Wasser fliegen. Wie im Handbook of the Birds of the World erklärt, schießen sie bei ihren Tauchstößen — im Gegensatz zu den Tölpelvögeln — nicht wie eine Rakete ins Wasser, sondern verlassen sich eher auf ihre „Geschicklichkeit, Eleganz und Flugakrobatik“. Oft picken sie ihre Mahlzeit von der Wasseroberfläche auf. Ganz selten jagen sie auch einmal einem Fisch für kurze Zeit unter Wasser hinterher.

Gemeinsam fischt es sich besser

Pelikane sehen vielleicht wegen ihrer riesigen Schnäbel nicht gerade überaus elegant aus. Sie sind aber erstklassige Segler und Fischer. Auch Braunpelikane tauchen in der Regel nach Fischen, und nicht selten stibitzen sie den Fischern am Ort die Fische aus dem Netz. Aber ihre eigentliche Spezialität ist das gemeinsame Fischen.

Pelikane sind von Natur aus gesellige Wesen. Da kommt es nicht von ungefähr, dass sie die Fischjagd zum Gemeinschaftsprojekt machen. Wie kann man sich das vorstellen? Zu etwa einem Dutzend gehen sie auf das Wasser nieder und bilden einen Halbkreis. Durch langsame Schwimmbewegungen treiben sie einen Fischschwarm Stück für Stück ins seichte Wasser. So sind die Fische nämlich für sie eine leichtere Beute. Ist das geschafft, tauchen sie mit leicht angehobenen Flügeln alle synchron die Köpfe ins Wasser und schöpfen die Fische in ihre Kehlsäcke ein.

Natürlich gehen die Vögel (genauso wie der Mensch) bei ihrem Fischfang des Öfteren auch leer aus. Aber grundsätzlich haben sie doch erheblich mehr Jagderfolge zu verbuchen als ihre menschlichen Konkurrenten.

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Schreiseeadler

[Bildnachweis]

Photolibrary

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Graureiher

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Basstölpel

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Flussseeschwalbe

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Brillenpelikan