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Die Kuh mit den beiden Wollmänteln

Die Kuh mit den beiden Wollmänteln

MAN erkennt es sofort an seiner kleinwüchsigen, stämmigen Form, den gebogenen Hörnern, dem struppigen „Pony“ und dem dicken zotteligen Fell: das schottische Hochlandrind.

Dieser robuste Geselle gehört zu einer der ältesten Rinderzuchtrassen und trotzt bereits seit Jahrhunderten dem rauen Klima im schottischen Hochland und auf den vorgelagerten Inseln. Die Rinder, die früher durch die abgelegenen Highlands zogen, waren größer und rötlich, die von den Inseln vor der Westküste dagegen kleiner und meist schwarz. Heute zählt man beide zur selben Rasse; das Farbspektrum ihres Fells reicht von rötlich und schwarz über graubraun und gelb zu weiß.

Die zottelige Stirnfrisur sieht nicht nur lustig aus, sondern hat auch eine wichtige Funktion. Im Sommer dient sie als Insektenschutz und verhindert so Entzündungen. Im Winter hält sie Regen und Schnee und den scharfen Wind ab.

Apropos: Zum Schutz vor Wind und Wetter und auch vor Wölfen wurden die Rinder früher von den Bauern für die Nacht in Unterstände aus Stein gebracht.

Ein Haarkleid der ganz besonderen Art

Das Besondere an dieser Rinderart ist das doppelte Wollkleid! Das zottige Oberhaar ist recht lang, manchmal über 30 Zentimeter. Zudem ist es bestens imprägniert. So können Regen und Schnee dem Tier nichts anhaben. Und das weiche, wollige Unterhaar hält es schön warm.

Jim arbeitet schon seit Jahren mit den Tieren und meint zum Thema Fellpflege: „Man bekommt sie vielleicht noch mit Mühe eingeseift,  aber sie durch und durch nass zu kriegen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit!“ Dank seinem „dicken Fell“ hält es das schottische Hochlandrind mit seinen Kälbern problemlos in Gebirgslagen aus — und wenn es noch so stürmt und schneit! Andere Rinder würden da nicht überleben.

Aber auch in heißen, trockenen Sommern kommt dieses anpassungsfähige Tier sehr gut zurecht. Es legt sein dickes Oberhaar einfach ab. Kommt dann wieder die kältere, feuchtere Jahreszeit, wächst ein neues nach.

Die vielen Pluspunkte

Im Gegensatz zu den Schafen, die auf einer Weide auch die Wurzeln und zarte Triebe abfressen, sprich nicht mehr viel von der Vegetation übrig lassen, sind Hochlandrinder (wie auch andere ihrer Artgenossen) wahre Landschaftspfleger. Zum Beispiel machen sie mit ihren langen, kräftigen Hörnern und ihrem dicken Maul all dem Gestrüpp den Garaus, das andere Rinder weitestgehend verschmähen. So tragen sie dazu bei, dass sich Wiesen und Bäume gut regenerieren können.

Die zwei Wollmäntel haben übrigens noch einen anderen großen Vorteil. Da sich das Hochlandrind keine extra Fettschicht zulegen muss, um nicht zu frieren, ist sein Fleisch sehr fett- und cholesterinarm und proteinreicher und eisenhaltiger als jedes andere Rindfleisch. Diese Tiere liefern also ein erstklassiges Fleisch — und dafür brauchen sie noch nicht einmal kostspieliges Futtermittel!

Kleines Wort zur Vorsicht

Hochlandrinder sind seit Langem an das Leben mit Menschen gewöhnt. Früher standen sie oft im Stall unter der Wohnung der Familie. So hat ihre Wärme gleich zur Wärme in der Wohnung oben beigetragen.

In der Regel sind es sehr gelassene und gutmütige Tiere. Mitunter können sie allerdings auch aggressiv werden, vor allem eine Mutter, die ihr Kalb schützen will. Hier gilt die Regel: Nicht durch eine Rinderherde hindurchmarschieren, sondern um sie herum gehen.

Wegen ihrer Anpassungsfähigkeit sind schottische Hochlandrinder als Zuchtrasse weltweit gern gesehen. Man findet sie weit nördlich in Alaska und Skandinavien oder in 3 000 Meter Höhe in den Anden. Aber auch in wärmeren Gegenden fühlen sie sich wohl.

Das gute alte Schottland: bekannt für seinen Schottenrock, die karierten Umhänge und den Dudelsack — aber auch für seine hübschen, unverwechselbaren Hochlandrinder. Und wer weiß, vielleicht entdeckt man so eine Kuh mit zwei Wollmänteln ja auch einmal bei sich in der Gegend!