An die Römer 16:1-27
Studienanmerkungen
Ich stelle euch … vor: Oder „Ich empfehle euch“. Paulus stellt den Christen in Rom Phöbe vor, eine Dienerin der Versammlung in Kenchreä, weil er offenbar möchte, dass sie diese Schwester herzlich aufnehmen und sie ebenso schätzen wie er (Rö 16:2). Das entsprechende griechische Wort ist mit dem Ausdruck für „Empfehlungsbriefe“ verwandt, den Paulus in 2Ko 3:1 gebraucht. Solche Empfehlungsschreiben waren damals üblich, um einen Fremden vorzustellen. Es könnte sein, dass Phöbe den Römerbrief überbracht hat.
Dienerin: Das entsprechende griechische Wort diákonos hat eine breite Bedeutung. Wenn Paulus Phöbe als „eine Dienerin der Versammlung“ bezeichnet, bezieht er sich offensichtlich auf ihren Dienst, die gute Botschaft zu verkünden. Diese Aufgabe haben alle Diener Christi. (Vgl. Apg 2:17, 18 mit der Anm. zu Rö 11:13.) Das verwandte Verb diakonéō kommt auch in Verbindung mit den Frauen vor, die Jesus und seinen Jüngern dienten, indem sie für Essen sorgten sowie anderweitig halfen (Luk 8:3). An manchen Stellen wird diákonos als Amtsbezeichnung verwendet und bezieht sich auf „Dienstamtgehilfen“ in der Versammlung (Php 1:1; 1Ti 3:8, 12). Deshalb steht hier in Rö 16:1 in einigen Bibelübersetzungen das Wort „Diakonin“. Allerdings gibt es dort, wo die Bibel die Erfordernisse für „Dienstamtgehilfen“ nennt, keinen Hinweis darauf, dass auch Frauen für dieses Amt infrage kommen. Vielmehr heißt es, dass ein Dienstamtgehilfe „der Mann von nur einer Frau sein“ soll (1Ti 3:8-13). Folglich geben viele Übersetzer diákonos im vorliegenden Vers allgemeiner mit „Dienerin“ oder „Mitarbeiterin“ wieder.
Kenchreä: Ein Seehafen von Korinth, etwa 11 km östlich der Stadt. Um 52 u. Z. segelte Paulus von Kenchreä aus nach Ephesus, nachdem er sich über anderthalb Jahre in Korinth aufgehalten hatte. (Siehe Anm. zu Apg 18:18.) Die Bibel erwähnt nicht, wann genau die Versammlung in Kenchreä gegründet wurde. Doch womöglich trug der lange Aufenthalt von Paulus in Korinth dazu bei. Sicher ist, dass es sie 56 u. Z. gab, als Paulus den Römerbrief schrieb.
sie hat sich selbst für viele eingesetzt: Der entsprechende griechische Begriff prostátis bedeutet „Beschützerin“ oder „Verteidigerin“. Das lässt darauf schließen, dass Phöbe viel Gutes tat und denen zu Hilfe kam, die in Not waren. Es lässt auch den Schluss zu, dass sie einen gewissen Einfluss hatte, den sie geltend machen konnte, um sich für ihre Brüder einzusetzen. Die Tatsache, dass sie die Freiheit hatte, zu reisen und der Versammlung zu dienen, legt nahe, dass sie eine Witwe und möglicherweise wohlhabend war. Als solche konnte sie sich vielleicht für Christen einsetzen, die zu Unrecht beschuldigt wurden, oder ihnen in irgendeiner Form Schutz gewähren.
Grüßt: In Vers 3 bis Vers 15 lässt Paulus 26 Personen mit Namen grüßen und zusätzlich viele andere, die er einzeln oder gemeinsam erwähnt. Dass Paulus seine Glaubensschwestern schätzt, sieht man daran, dass er acht von ihnen ausdrücklich erwähnt: Priska, Maria, Tryphäna, Tryphosa, Persis und Julia sowie die Mutter von Rufus und die Schwester von Nereus. Damals war Paulus bereits seit vielen Jahren ein Apostel für die anderen Völker und damit ein bekannter Mann (Apg 9:15; Rö 1:1; 11:13). Doch wie man an diesen Grüßen sieht, hörte er nie auf, seinen Brüdern und Schwestern zu zeigen, dass er sich für sie interessierte.
Priska und Aquila: Dieses glaubensstarke Ehepaar musste im Jahr 49 oder Anfang 50 u. Z. Rom verlassen, weil Kaiser Claudius ein antijüdisches Dekret erlassen hatte. Claudius starb 54 u. Z. Als Paulus um 56 u. Z. den Römerbrief schrieb, waren Priska und Aquila nach Rom zurückgekehrt. (Siehe Anm. zu Apg 18:2.) Paulus bezeichnet die beiden als seine Mitarbeiter. Das entsprechende griechische Wort synergós kommt in den Christlichen Griechischen Schriften zwölf Mal vor, am häufigsten in den Briefen von Paulus (Rö 16:9, 21; Php 2:25; 4:3; Kol 4:11; Phm 1, 24). In 1Ko 3:9 schreibt Paulus sogar: „Wir sind Gottes Mitarbeiter.“
ihr Leben … riskiert haben: Wtl. „ihren Hals … daruntergelegt (hingehalten) haben“. Einige vermuten, dass diese Redewendung auf die bei den Römern übliche Praxis der Enthauptung zurückgeht. Es war ein drastischer Ausdruck für einen unmittelbar bevorstehenden, gewaltsamen Tod. Paulus gibt zu verstehen, dass Aquila und Priska (Priscilla) ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt hatten. Wie einige vermuten, geschah das vielleicht während des Aufruhrs der Silberschmiede in Ephesus (Apg 19:28-31). Paulus könnte sich in Lebensgefahr befunden haben, als Aquila und Priska einschritten und ihr Leben für ihn riskierten (2Ko 1:8). Welche konkrete Situation Paulus hier im Sinn hatte, erklärt uns die Bibel jedoch nicht.
mich: Oder „mein Leben“, „meine Seele“. Das griechische Wort psychḗ bezieht sich hier auf eine Person oder auf das Leben einer Person. (Siehe Worterklärungen zu „Seele“.)
Maria: In den Christlichen Griechischen Schriften gibt es sechs Frauen mit dem Namen Maria. Diese Maria wird nur hier erwähnt. Paulus lobt sie dafür, dass sie für die Versammlung in Rom hart gearbeitet hat. Die Bibel enthält keine weiteren Informationen über sie. (Siehe Anm. zu Luk 1:27.)
mit heiligem Kuss: In vier seiner Briefe (hier und in 1Ko 16:20; 2Ko 13:12; 1Th 5:26) ermuntert Paulus seine Glaubensbrüder dazu, einander „mit heiligem Kuss“ zu grüßen. Der Apostel Petrus verwendet einen ähnlichen Ausdruck: „Grüßt einander mit einem Kuss der Liebe“ (1Pe 5:14). In biblischer Zeit galt der Kuss als Zeichen der Zuneigung, des Respekts oder des Friedens. Man küsste sich gewöhnlich zur Begrüßung oder auch zur Verabschiedung (Ru 1:14; Luk 7:45). Dieser Brauch war nicht nur zwischen männlichen und weiblichen Verwandten üblich (1Mo 29:11; 31:28), sondern auch zwischen männlichen Verwandten und zwischen engen Freunden (1Mo 27:26, 27; 45:15; 2Mo 18:7; 1Sa 20:41, 42; 2Sa 14:33; 19:39; siehe Anm. zu Apg 20:37). Bei den Christen machte diese Geste die Einheit und Verbundenheit deutlich, die unter ihnen herrschte und die auf der wahren Anbetung beruhte. So ein Kuss war kein bloßes Ritual und hatte auch nichts mit romantischen oder erotischen Gefühlen zu tun (Joh 13:34, 35).
Gelüsten: Mit dem entsprechenden griechischen Wort koilía können der Bauch oder die Eingeweide gemeint sein. Hier und in Php 3:19 wird es im übertragenen Sinn für sündiges Verlangen gebraucht. Wie Paulus erklärt, können Menschen, die Sklaven „von ihren eigenen Gelüsten“ oder Wünschen sind, keine Sklaven „von unserem Herrn Christus“ sein. In Php 3:19 spricht Paulus von Menschen, die ihren „Bauch“, d. h. ihre sündigen Neigungen, zu ihrem Gott machen.
Satan … zermalmen: Die Formulierung erinnert an die erste Prophezeiung der Bibel in 1Mo 3:15, wo von dem „Nachkommen“ der sinnbildlichen Frau gesagt wird, er werde der Schlange „den Kopf zermalmen“. Dieses Bild steht für die Vernichtung Satans, der „Urschlange“ (Off 12:9). Paulus gebraucht dafür ein griechisches Wort, das auch „zerschmettern“, „zertrümmern“, „vernichtend schlagen“ heißen kann. Dasselbe Wort steht in Off 2:27. Dort wird gesagt, dass die Völker „wie Tongefäße zerschmettert werden“. Mit dem bildlichen Ausdruck unter euren Füßen zeigt Paulus, dass gesalbte Christen als „Miterben mit Christus“ (Rö 8:17) an Satans Vernichtung beteiligt sein würden. (Vgl. Mal 4:3.)
Tertius: Tertius hat für Paulus den Römerbrief niedergeschrieben oder abgeschrieben und ist der einzige seiner Sekretäre, der namentlich genannt wird. Die Worte im Herrn lassen darauf schließen, dass er ein treuer Christ war, der vielleicht zur Versammlung in Korinth gehörte. Womöglich fügt er eigene Grüße in den Brief ein, weil er selbst viele Christen in Rom kannte.
mein: Gemeint ist Paulus. Die persönlichen Grüße von Tertius beschränken sich auf den vorangehenden Vers.
Schatzmeister der Stadt: Oder „Stadtverwalter“. Das mit „Schatzmeister“ wiedergegebene griechische Wort oikonómos hat die Grundbedeutung „Hausverwalter“. Hier wird es zusammen mit dem Wort für „Stadt“ verwendet und bezeichnet offensichtlich eine Person, die für die Finanzen der Stadt Korinth verantwortlich war. In den 1920ern wurde bei archäologischen Ausgrabungen in Korinth ein Pflasterstein mit einer Inschrift gefunden, laut der ein gewisser Erastus dieses Pflaster auf eigene Kosten verlegen ließ. Man weiß nicht, ob Paulus hier von demselben Erastus spricht, allerdings soll das Pflaster im 1. Jh. u. Z. existiert haben.
sein Bruder: Im Griechischen steht hier wtl. „der Bruder“. Quartus und Erastus könnten also Geschwister gewesen sein. Womöglich waren die beiden aber auch einfach Glaubensbrüder, sodass man diese Worte auch mit „unser Bruder“ übersetzen könnte.
Einige griechische Handschriften und alte Übersetzungen in andere Sprachen fügen hier die Worte hinzu: „Die unverdiente Güte unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen. Amen.“ In anderen Handschriften stehen diese Worte nach Vers 27. In den frühesten und zuverlässigsten Manuskripten erscheint ein ähnlicher Satz allerdings nur in Vers 20. Dieser Textteil wurde somit wohl erst später zu Vers 24 bzw. 27 hinzugefügt. (Siehe Anh. A3.)
Offenbarung: Wtl. „Enthüllung“. Der griechische Begriff apokálypsis wird oft, wie in diesem Vers, dafür verwendet, dass Gott seinen Willen und seine Absichten oder andere Wahrheiten offenlegt (Eph 3:3; Off 1:1). Alle Offenbarungen stammen letztlich von ihm. (Vgl. Anm. zu Luk 2:32.)
Amen: Siehe Anm. zu Rö 1:25.
Medien
Hier sieht man Schreibutensilien, die im 1. Jh. verwendet wurden. Als Stift nutzte man z. B. zugeschnittenes Schilfrohr, wie es auch am Nil wuchs. Die schwarze Tinte war günstig und wurde in einem Tintenfass aufbewahrt. Man schrieb unter anderem auf Holztafeln, Tonscherben, Pergament oder Papyrus. Für längere Briefe konnte man eine Papyrusrolle benutzen. War sie zu lang, schnitt man den Rest ab und hob ihn für später auf. Für kürzere Briefe kaufte man einzelne Blätter, die der Verkäufer von einer Rolle abschnitt. In der Regel fasste man sich kurz. Ein Beispiel für einen durchschnittlich langen Brief ist der von Paulus an Philemon. Die meisten Bücher in den Christlichen Griechischen Schriften sind Briefe von Jesu Jüngern, die sie unter der Leitung des Geistes verfassten.
Der hier abgebildete Pflasterstein wurde auf einem öffentlichen Platz in der Nähe des Theaters in Korinth gefunden. Die Inschrift besagt, dass ein Amtsträger namens Erastus das Pflaster auf eigene Kosten verlegen ließ. In dem Brief an die Christen in Rom, den Paulus in Korinth verfasste, schickte er auch Grüße von „Erastus, dem Schatzmeister der Stadt“ mit (Rö 16:23). Da das Pflaster mit der Inschrift schon im 1. Jh. dort gelegen haben soll, vermuten einige Fachleute, dass der Erastus auf der Inschrift derselbe Erastus ist, den Paulus erwähnt.