An die Römer 3:1-31
Studienanmerkungen
ihnen die heiligen Aussprüche Gottes anvertraut: Mit „ihnen“ sind hier die Juden gemeint. (Siehe Worterklärungen zu „Jude“.) Moses schrieb in 5Mo 29:29: „Was offenbart ist, gehört für immer uns [den Israeliten] und unseren Söhnen.“ Und in Ps 147:19, 20 heißt es über Gott: „Seine Worte verkündet er … Israel. Das hat er mit keinem der anderen Völker so gemacht.“ Auch aus Jesu Worten kann man entnehmen, dass die wahre Anbetung und Gottes Rettungsbotschaft den Juden anvertraut worden waren. Er sagte: „Die Rettung beginnt … mit den Juden“ (Joh 4:22; siehe Anm.). Paulus bestätigt hier, dass Jehova den Juden die Aufgabe anvertraut hatte, den hebräischen und aramäischen Teil der inspirierten Schriften aufzuschreiben. Die Bücher der Christlichen Griechischen Schriften wurden von Jüngern Jesu verfasst, die ebenfalls Juden waren. Somit waren die Juden die Verwalter der heiligen Schriften und für die Zusammenstellung des Bibelkanons verantwortlich. (Siehe Anm. zu Luk „Titel“ und 24:44.)
heiligen Aussprüche: Im Griechischen steht hier die Pluralform des Wortes lógion („Wörtchen“), ein Diminutiv von lógos („Wort“). Es kommt in den Christlichen Griechischen Schriften nur vier Mal vor. Ursprünglich war mit lógion ein kurzer göttlicher Ausspruch gemeint, doch im Lauf der Zeit verstand man darunter jede göttliche Äußerung. Paulus meint hier die gesamten Hebräischen Schriften und offensichtlich auch den Teil der Christlichen Griechischen Schriften, der bis dahin vorhanden war. Die Aufgabe, Gottes Wort aufzuschreiben, war Juden anvertraut worden, die dabei „vom heiligen Geist geleitet wurden“ (2Pe 1:20, 21). In der Septuaginta findet man lógion oft als Übersetzung für hebräische Wörter, die sich auf Aussprüche Gottes beziehen. Ein Beispiel dafür ist Ps 12:6 (11:7, LXX), wo es heißt: „Die Worte Jehovas sind rein.“
Lukas: Der Name ist lateinischen Ursprungs und lautet auf Griechisch Loukás. Der Schreiber des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte war Arzt und ein treuer Begleiter des Apostels Paulus (Kol 4:14; siehe auch „Einführung in Lukas“). Einige vertreten die Ansicht, dass er kein Jude war. Sie verweisen auf seinen griechischen Namen und seinen Schreibstil. Hinzu kommt, dass Paulus in Kol 4:10-14 bei seiner Aufzählung von Personen, die zu „den Beschnittenen“ gehörten, Lukas nicht mit anführt, sondern erst später erwähnt. Gegen diese Ansicht spricht allerdings Rö 3:1, 2, wo es heißt, dass den Juden „die heiligen Aussprüche Gottes anvertraut wurden“. Somit könnte Lukas ein Jude gewesen sein, der Griechisch sprach und einen griechischen Namen hatte.
Natürlich nicht!: Den entsprechenden griechischen Ausdruck verwendet Paulus im Römerbrief zehn Mal. An anderen Stellen ist er z. B. mit „Auf keinen Fall!“ oder „Keineswegs!“ wiedergegeben (Rö 3:4, 6, 31; 6:2, 15; 7:7, 13; 9:14; 11:1, 11). Eine etwas wörtlichere Wiedergabe wäre: „Das geschehe nie!“ Es ist eine nachdrückliche Verneinung, oft nach einer rhetorischen Frage. Man drückt damit aus, dass man einen Gedanken entschieden ablehnt, als wollte man sagen: „Weg damit!“
Gott wird sich als wahrhaftig erweisen: Der Ausruf von Paulus „Natürlich nicht!“ am Anfang des Verses ist die Antwort auf die zuvor gestellte Frage: „Wird durch ihren Unglauben Gottes Treue unwirksam?“ Den meisten Juden damals fehlte es an Glauben, denn sie wollten nicht anerkennen, dass sich Prophezeiungen aus den Hebräischen Schriften über den Messias an Jesus erfüllt hatten (Rö 3:21, 22). Dadurch ließen ausgerechnet diejenigen, denen die „heiligen Aussprüche Gottes“ anvertraut worden waren, es so aussehen, als hätte Jehova sein Wort nicht gehalten, also nicht die Wahrheit gesagt (Rö 3:2). Doch Jehova hatte seine „heiligen Aussprüche“ durch Christus wahr werden lassen. Als Beweis dafür, dass Gott wahrhaftig ist, zitiert Paulus die Worte von König David, wie sie in der Septuaginta stehen: „Damit du [Gott] recht behältst mit deinen Worten“ (Ps 51:4 [50:6, LXX]). Als David einen Fehler gemacht hatte, gab er ihn zu und bestätigte, dass Gott im Recht ist. Er versuchte nicht, sich selbst zu rechtfertigen oder Gottes Wahrhaftigkeit anzuzweifeln. Paulus belegt damit, dass Gott immer treu und wahrhaftig ist, auch wenn andere – und seien es noch so viele – das Gegenteil behaupten.
der Sünde unterworfen: Wtl. „unter Sünde“. Die griechische Präposition hypó („unter“) bedeutet hier, dass man unter der Herrschaft von jemandem oder etwas ist. In der Bibel wird die Sünde als ein Tyrann dargestellt, der die Menschen in Sklaverei hält (Joh 8:34; Rö 6:16-20; 7:14). Passend dazu sagt Paulus, dass die Sünde „als König“ regiert (Rö 5:21).
Sünde: In der Bibel ist das übliche griechische Wort für Sünde hamartía. Hier kommt es zum ersten Mal im Römerbrief vor. Das damit verwandte Verb hamartánō bedeutet wtl. „verfehlen“, im Sinn von „ein Ziel verfehlen (nicht erreichen)“. Griechische Schriftsteller verwendeten dieses Verb z. B., wenn ein Soldat mit dem Speer sein Ziel verfehlte. Die entsprechenden hebräischen Wörter chattáʼth („Sünde“) und chatáʼ („sündigen“) haben eine ähnliche Bedeutung. In Ri 20:16 wird über ausgewählte Benjaminiter gesagt: „Jeder von ihnen konnte mit einer Steinschleuder haargenau treffen, ohne das Ziel zu verfehlen.“ Sowohl die hebräischen als auch die griechischen Wörter werden nicht nur gebraucht, wenn jemand ein buchstäbliches Ziel verfehlt. In übertragenem Sinn können sie sich auch auf ein moralisches oder intellektuelles Scheitern beziehen. In der Bibel beziehen sich diese Wörter meistens darauf, dass Menschen sündigen – das Ziel verfehlen, nach den moralischen Maßstäben des Schöpfers zu leben (1Mo 39:9; 1Sa 7:6; Ps 51:4; Da 9:8; Luk 15:18; Rö 2:12; 5:12). In der Septuaginta wird das hebräische Verb chatáʼ oft mit hamartánō wiedergegeben. (Siehe Anm. zu Rö 3:23.)
In den Schriften steht: In Vers 10 bis 18 zitiert Paulus mehrmals aus den Hebräischen Schriften, um zu belegen, „dass sowohl Juden als auch Griechen alle der Sünde unterworfen sind“ (Rö 3:9). In Vers 10 bis 12 zitiert er aus Ps 14:1-3 und Ps 53:1-3; in Rö 3:13 aus Ps 5:9 und Ps 140:3; in Rö 3:14 aus Ps 10:7; in Rö 3:15-17 aus Spr 1:16 und Jes 59:7, 8 und in Rö 3:18 aus Ps 36:1. (Siehe Anm. zu Rö 1:17.)
das Gesetz: Siehe Anm. zu Rö 2:12.
niemand: Wtl. „kein Fleisch“. Mit dem griechischen Wort sarx („Fleisch“) sind hier Menschen gemeint, Geschöpfe aus Fleisch und Blut. (Siehe Anm. zu Joh 3:6; 17:2.)
haben alle gesündigt: Einen ähnlichen Gedanken erwähnt Paulus in Rö 3:9, 12; 5:12. Gott erschuf den Menschen „in seinem Bild“: Der Mensch war in der Lage, Gottes Persönlichkeit und Eigenschaften widerzuspiegeln (1Mo 1:26, 27). Doch als Adam und Eva ungehorsam wurden (1Mo 2:15-17; 3:1-6), war das nicht mehr möglich; sie erreichten nicht mehr die Herrlichkeit Gottes. Alle Nachkommen Adams haben die Sünde und ihre Folge, den Tod, geerbt. Daher schafft es keiner von ihnen, Gottes wunderbare und erhabene Eigenschaften perfekt widerzuspiegeln.
für gerecht erklärt: Das entsprechende griechische Verb dikaióō und die verwandten Substantive dikáiōma und dikáiōsis (in älteren Bibelübersetzungen auch mit „rechtfertigen“ oder „Rechtfertigung“ wiedergegeben) haben im Wesentlichen den Sinn von „einen Freispruch erlangen“ oder „als gerecht anerkannt werden“. Paulus schrieb z. B., dass jemand, der gestorben ist, „von seiner Sünde freigesprochen [eine Form von dikaióō]“ ist; seine Schuld ist durch den Tod beglichen (Rö 6:7, 23). In der Bibel werden diese Begriffe außerdem in dem besonderen Sinn verwendet, dass Gott unvollkommene Menschen als schuldlos ansieht, wenn sie Glauben zeigen (Apg 13:38, 39; Rö 8:33).
Befreiung durch das von Christus Jesus bezahlte Lösegeld: Oder „Erlösung, die in (durch) Christus Jesus ist“. Das griechische Wort apolýtrōsis ist mit verschiedenen anderen Wörtern verwandt, die mit dem Lösegeld zu tun haben. (Siehe Anm. zu Mat 20:28.)
Opfer … zur Sündensühnung: Oder „Opfer … zur Besänftigung (Versöhnung)“. Das entsprechende griechische Wort hilastḗrion und das verwandte Wort hilasmós (in 1Jo 2:2 und 4:10 mit „Sühnopfer“ wiedergegeben) bezeichnen beide ein Mittel zur Versöhnung. In der Bibel werden diese Begriffe verwendet, wenn es um die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen geht. Als irdischer „Sohn Gottes“ hatte Adam ursprünglich ein unbelastetes Verhältnis zu seinem Schöpfer (Luk 3:38). Weil er Gott ungehorsam wurde und sündigte, verlor er dieses Verhältnis und sein vollkommenes menschliches Leben. Außerdem verkaufte er dadurch seine Nachkommen in die Sklaverei; sie wurden Sklaven der Sünde und des Todes (Rö 5:12). Damit die Menschheit wieder ein gutes Verhältnis zu Gott haben kann, verlangte Gottes Gerechtigkeitssinn etwas Gleichwertiges als Ausgleich (2Mo 21:23-25; 5Mo 19:21). Diese Bedingung wurde erfüllt, als Jesus sein vollkommenes menschliches Leben opferte. Auf dieser Grundlage kann Jehova Sünden vergeben, ohne seinen Maßstab für Gerechtigkeit zu verletzen. Dadurch ist Jehova „gerecht …, wenn er den [sündigen] Menschen für gerecht erklärt, der an Jesus glaubt“ (Rö 3:26). Jesu Opfer macht es Menschen möglich, wieder ein gutes Verhältnis zu Jehova aufzubauen (Eph 1:7). In Heb 9:4, 5 wird das Wort hilastḗrion für den Deckel der Bundeslade verwendet und mit „Sühnedeckel“ bzw. „Ort, wo Sühne geleistet wird“ wiedergegeben.
vergab … die Sünden, die in der Vergangenheit begangen wurden: Schon bevor Jesus sein Leben als Lösegeld gab, um Adams Nachkommen von Unvollkommenheit, Sünde und Tod zu befreien, vergab Jehova Sünden. Das war von dem Zeitpunkt an möglich, als er einen „Nachkommen“ ankündigte, der gläubige Menschen retten würde (1Mo 3:15; 22:18; Jes 53:5, 6, 10-12; Mat 20:28; Gal 3:19). Sobald Jehova anfing, sein Vorhaben zu offenbaren, war das Lösegeld aus seiner Sicht so gut wie bezahlt; er zweifelte nicht im Geringsten daran, dass sein Sohn bereit wäre, sich zu opfern (Ps 40:6-8; Heb 10:7-10). Nichts und niemand würde verhindern können, dass der Allmächtige sein Vorhaben verwirklicht (4Mo 23:19; Jes 46:10; Tit 1:2). So konnte Gott Menschen, die ihre Sünden bereuten, vergeben, ohne seinen Maßstab für Gerechtigkeit zu verletzen (5Mo 32:4; Ps 32:1, 2, 5; Jes 1:18). Und er konnte auch treue Menschen für gerecht erklären, obwohl sie noch Fehler machten (1Mo 15:1, 6; Hes 14:14; Mat 23:35; Jak 2:23-25). Aus dem gleichen Grund konnte auch Jesus, der als Repräsentant Gottes auf der Erde war, Sünden vergeben und das Lösegeld auf gläubige Menschen anwenden, noch bevor er sich tatsächlich opferte (Mat 9:2-6; Luk 7:36-50; Heb 2:9; siehe Worterklärungen zu „Lösegeld“, „Gerechtigkeit“).
Nachsicht: Siehe Anm. zu Rö 2:4.