Nach Markus 12:1-44

12  Dann begann er, in Bildern zu ihnen zu reden: „Ein Mann pflanzte einen Weinberg,+ zog einen Zaun darum, legte ein Auffangbecken für die Weinkelter an und baute einen Turm.+ Dann verpachtete er den Weinberg an Weinbauern und reiste weit weg.+  Als es an der Zeit war, schickte er einen Sklaven zu den Weinbauern, um einen Teil der Traubenernte abholen zu lassen.  Doch sie packten ihn, verprügelten ihn und schickten ihn mit leeren Händen weg.  Da beauftragte er einen anderen Sklaven, den sie aber am Kopf verwundeten und demütigten.+  Den nächsten, den er schickte, brachten sie um, und viele weitere verprügelten oder töteten sie.  Schließlich blieb nur noch einer übrig – sein geliebter Sohn.+ Ihn schickte er als Letzten und dachte: ‚Vor meinem Sohn werden sie ja wohl Respekt haben.‘  Doch die Weinbauern sagten zueinander: ‚Das ist der Erbe.+ Kommt, wir bringen ihn um, dann gehört das Erbe uns.‘  Sie packten ihn, töteten ihn und warfen ihn aus dem Weinberg.+  Was wird der Weinbergbesitzer jetzt wohl tun? Er wird kommen und die Weinbauern töten und den Weinberg anderen geben.+ 10  Habt ihr nie die Schriftstelle gelesen: ‚Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Haupteckstein geworden.+ 11  Das hat Jehova bewirkt und es ist großartig in unseren Augen‘?“+ 12  Da wollten ihn seine Gegner festnehmen, weil sie merkten, dass er mit dem Vergleich auf sie anspielte. Doch aus Angst vor der Menge ließen sie ihn in Ruhe und gingen weg.+ 13  Als Nächstes schickten sie einige Pharisäer und Parteianhänger von Herodes zu ihm. Sie sollten ihm mit seinen eigenen Worten eine Falle stellen.+ 14  Bei ihm angekommen, sagten sie: „Lehrer, wir wissen, dass du wahrheitsliebend bist. Auch ist dir die Anerkennung anderer nicht wichtig, denn du schaust nicht auf das Äußere, sondern lehrst wahrheitsgetreu, wie man nach dem Willen Gottes leben soll. Ist es richtig*, Cäsar Kopfsteuer zu zahlen, oder nicht? 15  Sollen wir sie zahlen oder nicht?“ Doch er durchschaute ihre Heuchelei und erwiderte: „Warum stellt ihr mich auf die Probe? Bringt mir einen Denạr. Ich will ihn mir ansehen.“ 16  Das taten sie, worauf er sie fragte: „Wessen Bild und Aufschrift ist das?“ „Cäsars“,+ antworteten sie. 17  Jesus sagte nun: „Gebt Cäsar zurück, was Cäsar gehört,+ und Gott, was Gott gehört.“+ Da waren sie sprachlos. 18  Dann kamen die Sadduzạ̈er, die ja behaupten, es gäbe keine Auferstehung.+ Sie fragten ihn:+ 19  „Lehrer, Moses hat für uns aufgeschrieben: Wenn jemand stirbt und eine Frau ohne Kind hinterlässt, dann soll sein Bruder die Witwe heiraten, um ihm Nachkommen zu sichern.+ 20  Es gab einmal sieben Brüder. Der erste heiratete, starb aber, ohne Nachkommen zu hinterlassen. 21  Dann heiratete der zweite die Witwe, starb aber ebenfalls, ohne Nachkommen zu hinterlassen, und der dritte ebenso. 22  Keiner der sieben hinterließ Nachkommen. Als Letzte von allen starb auch die Frau. 23  Wem wird die Frau bei der Auferstehung gehören? Es waren ja alle sieben mit ihr verheiratet.“ 24  Jesus sagte zu ihnen: „Seid ihr nicht deswegen im Irrtum, weil ihr weder die Schriften noch die Macht Gottes kennt?+ 25  Denn wenn sie von den Toten auferstehen, heiraten Männer nicht und Frauen werden nicht verheiratet, sondern sie sind wie Engel im Himmel.+ 26  Was aber die Auferweckung der Toten betrifft, habt ihr nicht im Buch von Moses im Bericht über den Dornbusch gelesen, dass Gott zu ihm gesagt hat: ‚Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs‘?+ 27  Er ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Ihr seid sehr im Irrtum.“+ 28  Ein Schriftgelehrter war dazugekommen und hatte die Diskussion mitverfolgt. Ihm war klar, dass Jesus eine gute Antwort gegeben hatte, und so fragte er ihn: „Welches Gebot steht an erster Stelle*?“+ 29  Jesus antwortete: „An erster Stelle steht das Gebot: ‚Höre, Israel: Jehova ist unser Gott, es gibt nur einen Jehova. 30  Liebe Jehova, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.‘+ 31  An zweiter Stelle steht das Gebot: ‚Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‘+ Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ 32  Der Schriftgelehrte erwiderte: „Lehrer, du hast gut und wahrheitsgemäß gesagt: ‚Es gibt nur Einen* und außer ihm gibt es keinen anderen.‘+ 33  Und ihn mit ganzem Herzen zu lieben, mit ganzem Verstand und mit ganzer Kraft und seinen Mitmenschen zu lieben wie sich selbst – das ist viel mehr wert als alle Ganzbrandopfer und anderen Opfer.“+ 34  Da Jesus erkannte, dass der Mann klug geantwortet hatte, sagte er zu ihm: „Du bist nicht weit vom Königreich Gottes entfernt.“ Danach traute sich keiner mehr, ihm Fragen zu stellen.+ 35  Als Jesus dann weiter im Tempel lehrte, fragte er: „Wie kommt es, dass die Schriftgelehrten sagen, der Christus sei Davids Sohn?+ 36  Durch den heiligen Geist+ hat David doch selbst gesagt: ‚Jehova sagte zu meinem Herrn: „Setz dich an meine rechte Seite, bis ich dir deine Feinde unter die Füße lege.“‘+ 37  David selbst nennt ihn also Herr. Wie kann er dann sein Sohn sein?“+ Die große Menschenmenge hörte ihm gerne zu. 38  Er lehrte sie weiter: „Nehmt euch vor den Schriftgelehrten in Acht, die gerne in langen Gewändern umhergehen und es lieben, auf den Marktplätzen besonders gegrüßt zu werden.+ 39  Sie wollen die vorderen Sitze in den Synagogen und die besten Plätze bei Abendessen.+ 40  Sie bringen die Witwen um ihren Besitz* und sprechen lange Gebete, um sich wichtigzumachen*. Sie werden ein härteres* Urteil bekommen.“ 41  Jesus setzte sich nun gegenüber von den Schatzkästen+ hin und beobachtete, wie die Leute Geld einwarfen. Etliche Reiche warfen viele Münzen ein.+ 42  Nun kam eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen von ganz geringem Wert ein.+ 43  Da rief er seine Jünger zu sich und sagte ihnen: „Ich versichere euch, dass diese arme Witwe mehr eingeworfen hat als alle anderen, die Geld in die Schatzkästen geworfen haben.+ 44  Denn die anderen haben aus ihrem Überfluss heraus etwas eingeworfen. Sie dagegen hat aus ihrer Armut* heraus alles eingeworfen, was sie hatte, ihren ganzen Lebensunterhalt.“+

Fußnoten

Oder „erlaubt“.
Oder „ist am wichtigsten“.
Wtl. „Er ist einer“.
Wtl. „Sie verschlingen die Häuser der Witwen“.
Oder „zum Vorwand“.
Oder „schwereres“.
Wtl. „Mangel“.

Studienanmerkungen

Bildern: Oder „Gleichnissen“. (Siehe Anm. zu Mat 13:3.)

Turm: Siehe Anm. zu Mat 21:33.

verpachtete: Siehe Anm. zu Mat 21:33.

die Schriftstelle: Das griechische Wort graphḗ steht hier im Singular und bezieht sich auf eine einzelne Stelle in den heiligen Schriften, nämlich auf Ps 118:22, 23.

Haupteckstein: Siehe Anm. zu Mat 21:42.

Jehova: Es handelt sich hier um ein Zitat aus Ps 118:22, 23. Dort erscheint der Gottesname im hebräischen Urtext in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). (Siehe Anh. C.)

Parteianhänger von Herodes: Siehe Worterklärungen.

Cäsar: Siehe Anm. zu Mat 22:17.

Kopfsteuer: Siehe Anm. zu Mat 22:17.

Denar: Eine römische Silbermünze mit der Aufschrift und dem Bild des römischen Kaisers. Mit dem Denar wurde die Kopfsteuer bezahlt, die die Römer von den Juden verlangten (Mar 12:14). Zur Zeit von Jesus war ein Denar der übliche Lohn, den ein Landarbeiter für einen zwölfstündigen Arbeitstag bekam (Mat 20:2). In den Christlichen Griechischen Schriften werden Geldbeträge oder Preise oft in Denaren angegeben (Mar 6:37; 14:5; Off 6:6). Damals waren in Israel verschiedene Kupfer- und Silbermünzen in Umlauf, darunter auch Silbermünzen, die in Tyrus geprägt und für die Tempelsteuer verwendet wurden. Die Steuerabgabe an Rom entrichtete man aber offensichtlich mit dem Silberdenar, auf dem der Kaiser abgebildet war. (Siehe Worterklärungen und Anh. B14.)

Bild und Aufschrift: Siehe Anm. zu Mat 22:20.

Gebt … zurück: Siehe Anm. zu Mat 22:21.

Cäsar …, was Cäsar gehört: Das ist die einzige schriftlich festgehaltene Situation, bei der Jesus auf den römischen Kaiser Bezug nahm. (Vgl. auch die Parallelverse Mat 22:21 und Luk 20:25.) Das, „was Cäsar gehört“, schließt Abgaben für staatliche Dienste ein, aber auch die Ehre und die relative Unterordnung, die Staatsvertretern zustehen (Rö 13:1-7).

Gott, was Gott gehört: Siehe Anm. zu Mat 22:21.

Sadduzäer: Das ist die einzige Stelle im Markusevangelium, wo die Sadduzäer erwähnt werden. (Siehe Worterklärungen.) Die Bezeichnung Sadduzäer (griechisch Saddoukáios) hat wahrscheinlich mit Zadok zu tun (er wird in der Septuaginta oft Saddoúk geschrieben). Zadok wurde zur Zeit Salomos als Hoher Priester eingesetzt und seine Nachkommen dienten offensichtlich über Jahrhunderte als Priester (1Kö 2:35).

Auferstehung: Das griechische Substantiv anástasis bedeutet wtl. „Aufrichten“, „Aufstehen“. In den Christlichen Griechischen Schriften kommt es etwa 40-mal in Verbindung mit der Auferstehung der Toten vor (Mat 22:23, 31; Apg 4:2; 24:15; 1Ko 15:12, 13). In der Septuaginta wird in Jes 26:19 das Verb zu anástasis verwendet, um das hebräische Verb für „leben“ in dem Satz „Deine Toten werden leben“ wiederzugeben. (Siehe Worterklärungen.)

heiratete der zweite die Witwe: Wenn bei den Hebräern der alten Zeit ein Mann starb, ohne einen Sohn zu haben, wurde von dem Bruder des Verstorbenen erwartet, die Witwe zu heiraten und mit ihr Kinder zu haben. Dadurch sollte die Abstammungslinie des Verstorbenen erhalten bleiben (1Mo 38:8). Dieser Brauch wurde als Schwager- oder Leviratsehe bezeichnet und später in das Gesetz von Moses übernommen (5Mo 25:5, 6). Wie die Frage der Sadduzäer verrät, wurde die Schwagerehe auch noch zur Zeit Jesu praktiziert. Gemäß dem Gesetz durfte man die Schwagerehe zwar ablehnen, doch wer „das Haus seines Bruders nicht aufbaut[e]“, brachte Schande über sich (5Mo 25:7-10; Ru 4:7, 8).

die Schriften: Siehe Anm. zu Mat 22:29.

im Buch von Moses: Die Sadduzäer betrachteten nur die Schriften von Moses als von Gott inspiriert. Sie waren mit Jesu Lehre von einer Auferstehung nicht einverstanden, weil sie offensichtlich der Meinung waren, es gebe dafür keine Grundlage im Pentateuch. Jesus hätte etliche Texte aus den Schriften anführen können, die zeigen, dass Tote wieder zum Leben kommen, z. B. Jes 26:19, Da 12:13 und Hos 13:14. Doch weil er wusste, dass die Sadduzäer nur den Pentateuch anerkannten, argumentierte er mit einer Aussage, die Jehova gegenüber Moses gemacht hatte (2Mo 3:2, 6).

dass Gott zu ihm gesagt hat: Jesus bezieht sich hier auf ein Gespräch zwischen Moses und Jehova, das um das Jahr 1514 v. u. Z. stattfand (2Mo 3:2, 6). Damals war Abraham schon seit 329 Jahren tot, Isaak seit 224 und Jakob seit 197 Jahren. Trotzdem sagte Jehova, dass er ihr Gott ist, und nicht, dass er ihr Gott war. (Siehe Anm. zu Mar 12:27.)

sondern der Lebenden: Gemäß dem Paralleltext Luk 20:38 sagte Jesus noch: „Denn für ihn [oder „von seinem Standpunkt aus“] leben sie alle.“ Wie aus der Bibel hervorgeht, sind für Jehova Menschen, die von ihm entfremdet sind, tot (Eph 2:1; 1Ti 5:6). Umgekehrt sind Menschen, die seine Anerkennung haben und sterben, von seinem Standpunkt aus immer noch am Leben, denn er wird seine Absicht, sie aufzuerwecken, mit Sicherheit verwirklichen (Rö 4:16, 17).

Höre, Israel: Dieses Zitat aus 5Mo 6:4, 5 ist länger als in den Parallelberichten von Matthäus und Lukas. Es enthält zusätzlich die Einleitung des sogenannten Schma oder Schema, das als jüdisches Glaubensbekenntnis gilt und 4Mo 15:37-41, 5Mo 6:4-9; 11:13-21 entnommen ist. Die Bezeichnung Schma kommt von schemá‛ („Höre!“), dem ersten Wort dieser Passage in Hebräisch.

Jehova ist unser Gott, es gibt nur einen Jehova: Oder „Jehova, unser Gott, ist ein Jehova“, „Jehova ist unser Gott; Jehova ist einer“. In dem hier zitierten hebräischen Text aus 5Mo 6:4 steht ein Zahlwort, das „eins“, „einer“ oder „eine“ bedeutet. Es kann den Gedanken von „einzig“, „einzigartig“ oder „allein“ beinhalten. Jehova ist der einzig wahre Gott; kein falscher Gott ist mit ihm vergleichbar (2Sa 7:22; Ps 96:5; Jes 2:18-20). In 5. Mose erinnerte Moses die Israeliten daran, dass sie einzig und allein Jehova anbeten durften. Sie sollten nicht wie die umliegenden Völker verschiedene Götter und Göttinnen anbeten. Von einigen dieser falschen Götter dachte man, sie würden einzelne Bereiche der Natur beherrschen. Andere galten als Unterformen einer bestimmten Gottheit. Das hebräische Wort für „eins“, „einer“ oder „eine“ schließt außerdem den Gedanken von Einigkeit im Vorhaben und im Handeln ein. Jehova Gott ist nicht in sich uneins oder unberechenbar. Vielmehr ist er immer zuverlässig, beständig, loyal und wahrhaftig. Der Bericht in Mar 12:28-34 ist auch in Mat 22:34-40 zu finden, doch nur das Markusevangelium enthält die Worte: „Höre, Israel: Jehova ist unser Gott, es gibt nur einen Jehova.“ Auf die Aussage, dass Jehova einer ist, folgt das Gebot, Gott zu lieben. Das legt den Gedanken nahe, dass die Liebe seiner Anbeter zu ihm ebenfalls ungeteilt sein muss.

Jehova … Jehova: Es handelt sich hier um ein Zitat aus 5Mo 6:4. Dort erscheint der Gottesname im hebräischen Urtext zwei Mal in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). (Siehe Anh. C.)

Jehova: Dieses Zitat stammt aus 5Mo 6:5. Dort erscheint der Gottesname im hebräischen Urtext in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). (Siehe Anh. C.)

Herzen: Im übertragenen Sinn ist mit „Herz“ normalerweise der gesamte innere Mensch gemeint. Kommt dieses Wort aber zusammen mit „Seele“ und „Denken“ vor, hat es offenbar eine konkretere Bedeutung und bezieht sich vor allem auf die Wünsche und Gefühle eines Menschen. Die vier hier erwähnten Ausdrücke (Herz, Seele, Denken und Kraft) schließen einander in ihrer Bedeutung nicht aus, sondern überschneiden sich. Dadurch wird auf die denkbar nachdrücklichste Weise betont, dass die Liebe zu Gott uneingeschränkt und absolut sein soll. (Siehe Anm. zu Denken und Kraft in diesem Vers.)

Seele: Siehe Anm. zu Mat 22:37.

Denken: Oder „Sinn“, „Verstand“. Um Gott kennenzulernen und die Liebe zu ihm zu vertiefen, muss man seine intellektuellen Fähigkeiten einsetzen (Joh 17:3; Rö 12:1). Die Aussage in diesem Vers ist ein Zitat aus 5Mo 6:5. Dort stehen im hebräischen Urtext die drei Begriffe „Herz“, „Seele“ und „Kraft“. Doch im Markusevangelium, das in Griechisch verfasst wurde, werden vier Begriffe erwähnt: Herz, Seele, Denken und Kraft. Dafür könnte es verschiedene Gründe geben. Das Wort für „Denken“ wurde möglicherweise eingefügt, um die verschiedenen Konzepte vollständig abzubilden, die hinter den hebräischen Wörtern stecken und sich teilweise überschneiden. Das Althebräische hat kein spezielles Wort für „Denken“ oder „Verstand“. Dieses Konzept steckt allerdings oft in dem hebräischen Wort für „Herz“. Im übertragenen Sinn ist mit „Herz“ der gesamte innere Mensch gemeint mit seinen Gedanken, Gefühlen, Beweggründen und seiner inneren Einstellung (5Mo 29:4; Ps 26:2; 64:6; siehe Anm. zu Herzen in diesem Vers). Daher wird in der Septuaginta das hebräische Wort für „Herz“ oft mit dem griechischen Wort für „Denken“ wiedergegeben (2Mo 35:26; Hi 1:5; Spr 2:10; Jes 57:11). Das Wort Denken im Markusevangelium könnte außerdem ein Hinweis darauf sein, dass sich die Bedeutung von „Kraft“ im Hebräischen und die von „Denken“ im Griechischen überschneiden. (Vgl. Mat 22:37, wo statt „Kraft“ „Denken“ steht.) Das mag erklären, warum der Schriftgelehrte in seiner Antwort den Ausdruck „Verstand“ gebrauchte (Mar 12:33). Und es würde auch erklären, weshalb die Evangelisten nicht den exakten Wortlaut aus 5Mo 6:5 übernahmen. (Siehe Anm. zu Kraft in diesem Vers und Anm. zu Mat 22:37; Luk 10:27.)

Kraft: Wie in der Anm. zu Denken erklärt wird, stehen in den hier zitierten Worten aus 5Mo 6:5 im hebräischen Text die drei Begriffe „Herz“, „Seele“ und „Kraft“. Das hebräische Wort, das in 5Mo 6:5 mit „Kraft“ oder „Tatkraft“ (Fn.) wiedergegeben wird, kann sowohl die Körperkraft als auch mentale und intellektuelle Fähigkeiten einschließen. Das könnte ein weiterer Grund sein, warum in dem Zitat in den Christlichen Griechischen Schriften der Begriff „Denken“ hinzugefügt wurde. Und es würde erklären, warum in Mat 22:37 in demselben Zitat „Denken“ steht, aber nicht „Kraft“. Als ein Gesetzesexperte – laut dem in Griechisch verfassten Lukasevangelium (10:27) – den hebräischen Vers zitierte, verwendete er ebenfalls die vier Begriffe Herz, Seele, Kraft und Denken. Anscheinend war es zur Zeit Jesu allgemein anerkannt, dass die vier griechischen Begriffe den Bedeutungsumfang der drei hebräischen Begriffe abbildeten.

An zweiter Stelle: In Mar 12:29, 30 steht Jesu direkte Antwort auf die Frage des Schriftgelehrten, doch jetzt erläuterte Jesus das Thema noch weiter und zitierte ein zweites Gebot (3Mo 19:18). So verdeutlichte er, dass die beiden Gebote untrennbar miteinander verbunden sind und dass sich das ganze Gesetz und die Propheten damit zusammenfassen lassen (Mat 22:40).

Mitmenschen: Siehe Anm. zu Mat 22:39.

Ganzbrandopfer: Das griechische Wort holokautōma – von hólos („ganz“) und káiō („verbrennen“) – kommt in den Christlichen Griechischen Schriften nur drei Mal vor: an dieser Stelle und in Heb 10:6, 8. In der Septuaginta wird es als Übersetzung für das hebräische Wort ʽolàh verwendet. Es bezeichnet Opfer, die Gott komplett dargebracht und vollständig verbrannt wurden. Nichts davon wurde von dem Opfernden gegessen. Das griechische Wort kommt in der Septuaginta in 1Sa 15:22 und Hos 6:6 vor. Vielleicht hatte der Schriftgelehrte bei dem Gespräch mit Jesus diese Texte im Sinn (Mar 12:32). Vergleichbar mit einem Ganzbrandopfer opferte sich Jesus voll und ganz.

Jehova: Es handelt sich hier um ein Zitat aus Ps 110:1. Dort erscheint der Gottesname im hebräischen Urtext in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). (Siehe Anh. C.)

Marktplätzen: Siehe Anm. zu Mat 23:7.

vorderen Sitze: Siehe Anm. zu Mat 23:6.

Schatzkästen: Wie aus alten jüdischen Quellen hervorgeht, wurden diese Spendenkästen oder Sammelbehälter auch „Posaunen“ genannt, was auf ihre Form anspielt. Offensichtlich hatten sie oben eine kleine Öffnung, in die man die Beiträge für die verschiedenen Opfergaben warf, und wurden nach unten hin breiter. Das hier verwendete griechische Wort bezeichnet in Joh 8:20 den Ort, wo die Spendenkästen standen. Damit war offenbar ein Bereich im Vorhof der Frauen gemeint. (Siehe Anm. zu Mat 27:6 und Anh. B11.) Laut rabbinischen Quellen standen dort entlang der Mauer 13 Schatzkästen. Wie man annimmt, gab es im Tempel zusätzlich eine Hauptschatzkammer, in die das Geld aus den Schatzkästen gebracht wurde.

Geld: Das griechische Wort bedeutet wtl. „Kupfer“ und bezeichnete Kupfergeld. Es wurde aber auch als Oberbegriff für alle Arten von Münzen verwendet. (Siehe Anh. B14.)

zwei kleine Münzen: Wtl. „2 Lepta“. Hier steht die Pluralform des griechischen Wortes leptón, das etwas Kleines, Dünnes bezeichnet. Ein Lepton entsprach 1/128 eines Denars und war offensichtlich die kleinste Kupfer- oder Bronzemünze, die in Israel in Umlauf war. (Siehe Worterklärungen zu „Lepton“ und Anh. B14.)

von ganz geringem Wert: Wtl. „was ein Quadrans ist“. Das griechische Wort kodrántēs (abgeleitet von dem lateinischen Wort quadrans) bezeichnet eine römische Kupfer- oder Bronzemünze im Wert von 1/64 eines Denars. Markus erklärt hier den Wert jüdischer Münzen anhand der römischen Währung. (Siehe Anh. B14.)

Medien

Weinkelter
Weinkelter

In Israel wurden die Trauben je nach Rebsorte und Klima der Region im August oder September geerntet. Man schüttete die Trauben in Vertiefungen oder Tröge, die in Kalksteinfelsen gehauen waren. Dann zerstampften Männer die Trauben, gewöhnlich mit nackten Füßen, und sangen dazu (Jes 16:10; Jer 25:30; 48:33).

(1) Frisch geerntete Trauben

(2) Weinkelter

(3) Abflussrinne

(4) Tiefer liegendes Auffangbecken

(5) Weinkrüge aus Ton

Tiberius Cäsar
Tiberius Cäsar

Tiberius kam 42 v. u. Z. zur Welt und wurde 14 u. Z. der zweite Kaiser des Römischen Reiches. Er starb im März 37. Damit war Tiberius während der gesamten Zeit von Jesu Dienst an der Macht. Er war also Cäsar oder Kaiser, als Jesus in Verbindung mit der Steuermünze sagte: „Gebt Cäsar zurück, was Cäsar gehört“ (Mar 12:14-17; Mat 22:17-21; Luk 20:22-25).

Marktplatz
Marktplatz

Manche Märkte, wie der hier abgebildete, lagen an einer Straße. Nicht selten blockierten die Händler mit ihren vielen Waren den Verkehr. Die Einheimischen konnten hier Haushaltsartikel, Keramik und teure Glaswaren erstehen sowie frische Produkte kaufen. Da es keine Kühlmöglichkeiten gab, musste man jeden Tag zum Markt gehen. Es war ein Ort, wo man von Händlern oder Durchreisenden Neuigkeiten erfuhr, wo Kinder spielten und wo Arbeitssuchende darauf warteten, dass jemand sie einstellte. Hier heilte Jesus Kranke und hier predigte Paulus (Apg 17:17). Die stolzen Schrift­gelehrten und Pharisäer dagegen genossen es, an diesen öffentlichen Orten von den Menschen gesehen und gegrüßt zu werden.

Die vorderen Sitze in der Synagoge
Die vorderen Sitze in der Synagoge

Die im Video gezeigte Rekonstruktion einer Synagoge basiert zum Teil auf den Ruinen einer Synagoge aus dem 1. Jh., die man in Gamla entdeckt hat, etwa 10 km nordöstlich des Sees von Galiläa. Da es keine vollständig erhaltenen Synagogen aus dem 1. Jh. gibt, lässt sich nicht im Einzelnen sagen, wie sie aussahen. Das Video zeigt, wie viele Synagogen dieser Zeit vermutlich ausgestattet waren.

(1) Die vorderen oder besten Plätze in der Synagoge befanden sich wahrscheinlich auf oder neben dem Rednerpodest.

(2) Das Podest befand sich in den verschiedenen Synagogen möglicherweise an unterschiedlichen Stellen; von dort aus wurde aus den Schriften vorgelesen.

(3) Die Plätze an der Wand waren wahrscheinlich angeseheneren Gemeinde­mitgliedern vorbehalten. Die anderen saßen womöglich auf Matten auf dem Boden. In der Synagoge in Gamla könnte es vier Sitzreihen gegeben haben.

(4) Eine Truhe oder ein Schrein mit heiligen Schriftrollen könnte sich an der Rückwand befunden haben.

Die Sitzordnung in der Synagoge erinnerte die Anwesenden immer wieder daran, dass manche höhergestellt waren als andere – ein Thema, das von Jesu Jüngern oft diskutiert wurde (Mat 18:1-4; 20:20, 21; Mar 9:33, 34; Luk 9:46-48).

Die besten Plätze beim Abendessen
Die besten Plätze beim Abendessen

Im 1. Jh. lag man beim Abendessen oft zu Tisch. Dabei stützte man seinen linken Ellbogen auf ein Kissen und aß mit der rechten Hand. Bei den Griechen und Römern war ein typisches Speisezimmer mit drei Speisesofas ausgestattet, die um einen niedrigen Esstisch gruppiert waren. Die Römer nannten so ein Speisezimmer auf Lateinisch triclinium (abgeleitet von einem griechischen Wort, das „Raum mit drei Speisesofas“ bedeutet). Ursprünglich fanden in einem Triklinium neun Personen Platz, je drei auf einem Sofa. Mit der Zeit wurden jedoch längere Sofas üblich, um mehr Personen am Tisch unterzubringen. Die Plätze unterlagen einer festgelegten Rangfolge: Es gab ein rangniedrigstes Speisesofa (A), eines von mittlerem Rang (B) und ein ranghöchstes (C). Auch die einzelnen Plätze auf den Sofas hatten eine bestimmte Wertigkeit: Wer zur Rechten lag, war rangniedriger, wer zur Linken lag, ranghöher. Bei einem formellen Bankett lag der Gastgeber normalerweise auf dem ersten Platz des rangniedrigsten Sofas (1), der Ehrenplatz befand sich schräg daneben auf dem dritten Platz des mittleren Sofas (2). Inwieweit die Juden diese Gepflogenheiten übernahmen, ist nicht genau bekannt. Doch Jesus spielte offensichtlich darauf an, als er seinen Nachfolgern die Wichtigkeit von Demut vor Augen führte.

Die Schatzkästen und die Witwe
Die Schatzkästen und die Witwe

Laut rabbinischen Quellen gab es in dem von Herodes gebauten Tempel 13 Schatzkästen, die man auf Hebräisch schopharóth nannte. Das Wort schōphár bedeutet „Widderhorn“. Möglicherweise waren die Kästen mindestens zum Teil wie ein Horn oder eine Posaune geformt. Bei einer Gelegenheit verurteilte Jesus Personen, die ihre wohltätigen Taten hinausposaunten. Dieses Sprachbild könnte seine Zuhörer an das Geräusch erinnert haben, das zu hören war, wenn Münzen in die posaunenförmigen Schatzkästen geworfen wurden (Mat 6:2). Die zwei kleinen Münzen der Witwe dagegen machten beim Einwerfen wahrscheinlich kaum Geräusche. Doch Jesus zeigte, dass die Witwe und auch ihre Spende für Jehova wertvoll waren.