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Die Rolle der Eltern

Die Rolle der Eltern

Kapitel 8

Die Rolle der Eltern

1—3. (a) Wie kann sich die Geburt eines Kindes auf die Eltern auswirken? (b) Weshalb ist es sowohl für den Vater als auch für die Mutter wichtig, ihre jeweilige Rolle zu verstehen?

VIELE Ereignisse haben nur eine geringe Auswirkung auf unser Leben. Andere dagegen üben einen großen und bleibenden Einfluß aus. Die Geburt eines Kindes gehört sicher zu den letzteren. Für ein Ehepaar wird sich das Leben danach völlig ändern. So klein das neue Persönchen auch ist, es wird sich durch seine Stimme und seine Gegenwart unübersehbar bemerkbar machen.

2 Für die Eltern sollte das Leben dadurch ausgefüllter und glücklicher werden. Aber ein Kind aufzuziehen ist eine große Aufgabe, und damit die besten Ergebnisse erzielt werden, müssen beide Eltern zusammenarbeiten. Beide haben einen Anteil an der Entstehung des Kindes gehabt, und so spielen auch beide eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Kindes von seiner Geburt an. Jetzt ist es besonders wichtig, aufrichtig, vereint — und demütig — zusammenzuarbeiten.

3 Wenn jeder Elternteil versteht, welche Rolle er spielt und wie diese Rollen miteinander in Einklang zu bringen sind, können die Bedürfnisse des Babys befriedigt werden, und sie werden zusammen eine glückliche Familie bilden. Ausgeglichenheit ist unbedingt erforderlich. Mit dem Verstand bemühen wir uns, vernünftig zu sein, doch die Gefühle werfen oft einiges aus dem Gleichgewicht. Wir mögen dazu neigen, von einem Extrem ins andere zu fallen, zuerst zuwenig zu tun, dann zuviel und dann wieder zuwenig. Es ist zu wünschen, daß der Vater seine Stellung als Haupt wahrnimmt, doch wenn er es damit übertreibt, wird er anmaßend. Es ist gut, wenn die Mutter ihren Anteil an der Erziehung der Kinder hat, doch wenn sie bei der Ausübung dieser Pflichten den Vater ausschließt, untergräbt sie die Familienordnung. Gut ist gut, aber zuviel des Guten ist schlecht (Philipper 4:5).

DIE ENTSCHEIDENDE ROLLE DER MUTTER

4. Was braucht ein Baby von seiner Mutter?

4 Ein Neugeborenes ist völlig von der Mutter abhängig, was seine unmittelbaren Bedürfnisse betrifft. Wenn sie diese Bedürfnisse liebevoll befriedigt, fühlt sich das Baby geborgen (Psalm 22:9, 10). Es muß gut ernährt und sauber- und warm gehalten werden; doch die Befriedigung der physischen Bedürfnisse ist nicht genug. Die seelischen Bedürfnisse sind genauso wichtig. Wenn das Baby keine Liebe empfängt, wird es unsicher. Eine Mutter kann schnell herausfinden, wann ein Kind, das schreit, wirklich Aufmerksamkeit benötigt. Wenn sein Schreien aber ständig ignoriert wird, kann es krank werden. Nimmt man über längere Zeit keine Rücksicht auf seine Gefühle, so kann es für den Rest seines Lebens gehemmt sein.

5—7. Wie wirken sich gemäß neueren Untersuchungen die Liebe und die Aufmerksamkeit der Mutter auf das Kind aus?

5 Versuche an verschiedenen Orten haben folgende Tatsache bestätigt: Babys werden krank und können sterben, wenn sie keine Liebe empfangen, die durch Sprechen und Berühren, Streicheln und Liebkosen zum Ausdruck gebracht wird. (Vergleiche Jesaja 66:12; 1. Thessalonicher 2:7.) Wenn zwar auch andere dies tun können, so ist doch die Mutter am besten dazu geeignet, denn in ihrem Leib ist das Kind zum Leben gekommen und in den ersten Lebensmonaten ernährt worden. Zwischen Mutter und Kind ist eine natürliche Wechselwirkung vorhanden. Ihrem instinktiven Verlangen, das Neugeborene am Körper zu halten, entspricht die instinktive Suche des Kindes nach ihrer Brust.

6 Nachforschungen haben ergeben, daß das Gehirn eines Kleinkindes sehr aktiv ist und daß die geistige Entwicklung gefördert wird, wenn das Tast-, Hör-, Seh- und Riechvermögen angeregt wird. Beim Stillen nimmt der Säugling die Wärme und den Geruch der Haut der Mutter wahr. Er blickt fast ständig ihr Gesicht an, während sie ihn stillt. Er hört nicht nur ihre Stimme, während sie spricht oder singt, sondern auch ihren Herzschlag, einen Ton, den er schon im Mutterleib gehört hat. In einer norwegischen Publikation schrieb die Kinderpsychologin Anne-Marit Duve:

„Da die Tätigkeit der Pupillen deutlich den Grad der Gehirntätigkeit anzeigt, haben wir Grund zu der Annahme, daß ein hoher Grad von Hautstimulation, ein hoher Grad des Kontaktes — in nicht geringem Maße der Kontakt, der mit dem Stillen verbunden ist —, die Tätigkeit des Sinnes anregen kann, und diese wiederum kann zu größeren intellektuellen Fähigkeiten im Erwachsenenalter führen.“

7 Wenn das Baby also oft die Berührung der Mutter spürt, während sie es aufnimmt, liebkost oder badet und abtrocknet, empfängt es Reize, die eine wichtige Rolle in seiner Entwicklung spielen und Einfluß darauf haben, was für ein Mensch es später im Leben sein wird. Es mag zwar nicht sehr erfreulich sein, mitten in der Nacht aufzustehen und ein schreiendes Kind zu beruhigen, doch das Wissen um den späteren Nutzen macht den Verlust an Schlaf wieder wett.

GELIEBT WERDEN, UM LIEBEN ZU LERNEN

8—10. (a) Was lernt ein Baby durch die Liebe der Mutter? (b) Warum ist dies wichtig?

8 Die Liebe zum Baby ist für seine seelische Entwicklung von großer Bedeutung. Durch die Liebe, die es empfängt, und die Beispiele, die es um sich herum sieht, lernt es, selbst zu lieben. Über die Liebe zu Gott lesen wir in 1. Johannes 4:19: „Wir [lieben], weil er uns zuerst geliebt hat.“ Die ersten Lektionen in der Liebe fallen hauptsächlich der Mutter zu. Die Mutter beugt sich über das Baby, wenn es in seinem Bettchen liegt, legt ihre Hand auf seine Brust und schaukelt es sanft, während sie mit ihrem Gesicht das seine berührt und sagt: „Ja wo ist denn mein Kleines?“ Das Baby weiß natürlich nicht, was die Worte bedeuten (die sowieso nicht besonders logisch sind). Aber es zappelt und jauchzt vor Vergnügen, denn es erkennt an der spielenden Hand und am Ton der Stimme, daß seine Mutter eigentlich zu ihm sagt: „Ich liebe dich!“ Es ist beruhigt und fühlt sich geborgen.

9 Babys und Kleinkinder, die Liebe empfangen, schätzen dies, und sie ahmen diese Liebe nach, indem sie ihre Ärmchen um den Hals der Mutter legen und sie begeistert küssen. Es gefällt ihnen, wenn sie darauf von der Mutter geherzt werden. Sie beginnen zu lernen, daß es nicht nur beglückend ist, Liebe zu empfangen, sondern auch Liebe zu schenken, daß jemand, der Liebe sät, auch Liebe erntet (Apostelgeschichte 20:35; Lukas 6:38). Die Tatsachen zeigen, daß ein Kind, das nicht schon früh Zuneigung zu seiner Mutter empfindet, später große Schwierigkeiten hat, anderen tiefe Zuneigung zu schenken und feste Bindungen einzugehen.

10 Da Kinder gleich nach ihrer Geburt anfangen zu lernen, sind die ersten Lebensjahre die wichtigsten. In diesen Jahren ist die Mutterliebe von entscheidender Bedeutung. Wenn es der Mutter gelingt, dem Kind Liebe zu schenken und es Liebe zu lehren — nicht, es zu verwöhnen —, kann sie viel Gutes bewirken; gelingt es ihr nicht, kann sie bleibenden Schaden anrichten. Eine gute Mutter zu sein ist eine der anspruchsvollsten und lohnendsten Aufgaben, die eine Frau erfüllen kann. Diese Aufgabe ist mit Schwierigkeiten und Belastungen verbunden. Doch welche Berufskarriere, die die Welt bietet, kommt ihr auch nur annähernd an Bedeutung gleich und kann eine ähnliche bleibende Befriedigung vermitteln?

DIE WICHTIGE ROLLE DES VATERS

11. (a) Wie kann die Rolle des Vaters im Sinn des Kindes verankert werden? (b) Warum ist das wichtig?

11 Es ist ganz natürlich, daß in der frühesten Kindheit die Mutter eine bedeutendere Rolle im Leben des Kindes spielt als der Vater. Doch von der Geburt des Kindes an sollte auch der Vater zur Welt des Kindes gehören. Selbst wenn es noch ein Säugling ist, kann und sollte der Vater in das Leben des Kindes mit einbezogen werden, indem er es manchmal versorgt, mit ihm spielt oder es tröstet, wenn es schreit. Auf diese Weise wird der Vater fest im Bewußtsein des Kindes verankert sein. Die Rolle des Vaters sollte im Laufe der Zeit immer größere Bedeutung annehmen. Wenn er damit zu lange wartet, wird sich dies später bemerkbar machen, vor allem wenn das Kind in die Pubertät kommt und die Erziehung schwieriger wird. Ein jugendlicher Sohn braucht besonders die Hilfe seines Vaters. Doch wenn nicht schon vorher ein gutes Verhältnis besteht, kann die Kluft, die im Laufe der Jahre entstanden ist, nicht innerhalb weniger Wochen überbrückt werden.

12, 13. (a) Welche Rolle spielt der Vater in der Familie? (b) Wie kann ein Vater durch die Erfüllung seiner Pflichten die Einstellung seiner Kinder gegenüber Autorität beeinflussen?

12 Der Einfluß der männlichen Eigenschaften des Vaters kann einen wesentlichen Beitrag zu der Entwicklung einer abgerundeten, ausgeglichenen Persönlichkeit des Kindes leisten, ganz gleich, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Gottes Wort zeigt, daß der Vater das Haupt der Familie sein sollte. Er ist dafür verantwortlich, die Familie in materieller Hinsicht zu versorgen (1. Korinther 11:3; 1. Timotheus 5:8). Er sollte jedoch erkennen, daß „der Mensch nicht von Brot allein lebt, sondern von jeder Äußerung des Mundes Jehovas“. Der Vater ist auch verpflichtet, seine Kinder „in der Zucht und in der ernsten Ermahnung Jehovas“ zu erziehen (5. Mose 8:3; Epheser 6:4). Nicht nur die natürliche Zuneigung zu seinen Nachkommen sollte ihn veranlassen, seinen göttlichen Auftrag so gut wie möglich zu erfüllen, sondern vor allem sein Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Schöpfer.

13 Während die Mutter Wärme, Zärtlichkeit und Mitgefühl zum Ausdruck bringt, kann der Vater einen festigenden Einfluß ausüben, indem er weise Anleitung gibt. Die Art und Weise, wie er seinem göttlichen Auftrag nachkommt, kann sich auf die spätere Einstellung des Kindes gegenüber Autorität — sei es menschliche oder göttliche — auswirken sowie einen Einfluß darauf haben, ob es Autorität respektiert und wie gut es unter der Anleitung anderer arbeiten kann, ohne zu murren oder zu rebellieren.

14. Wie kann sich das gute Beispiel des Vaters auf seinen Sohn oder seine Tochter auswirken?

14 Im Fall eines Sohnes wird das Beispiel und die Verhaltensweise des Vaters dafür ausschlaggebend sein, ob der Junge später schwächlich und unentschlossen oder ob er männlich und beständig ist, den Mut hat, seinen Standpunkt zu vertreten, und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Es wird sich auch darauf auswirken, was für ein Ehemann oder Vater der Sohn schließlich wird — unbeugsam, unvernünftig und hart oder ausgeglichen, verständnisvoll und gütig. Ist eine Tochter in der Familie, so kann sich der Einfluß des Vaters und sein Verhältnis zu ihr auf ihre gesamte Einstellung zum männlichen Geschlecht und sogar auf ihr späteres Eheglück auswirken. Der Einfluß des Vaters wirkt sich schon von frühester Kindheit an aus.

15, 16. (a) Welche Verantwortung in Verbindung mit der Belehrung der Kinder wird dem Vater durch die Bibel auferlegt? (b) Wie kann er dieser Verantwortung nachkommen?

15 Wie umfassend die Verantwortung des Vaters ist, seine Kinder zu belehren, geht aus 5. Mose 6:6, 7 hervor: „Es soll sich zeigen, daß diese Worte, die ich dir heute gebiete, auf deinem Herzen sind; und du sollst sie deinem Sohn einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst.“

16 Nicht nur die Worte an sich, die in der Bibel zu finden sind, sondern auch die Botschaft, die sie vermitteln, muß den Kindern täglich eingeprägt werden. Gelegenheiten dazu bieten sich immer. Die Blumen in den Gärten, die Insekten in der Luft, die Vögel oder Eichhörnchen auf den Bäumen, die Muscheln am Strand, die Tannenzapfen im Wald, die Sterne am Himmel — all diese Wunder erzählen vom Schöpfer, und du solltest deinen Kindern erklären, was sie erzählen. Der Psalmist schrieb: „Die Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes; und die Ausdehnung tut das Werk seiner Hände kund. Ein Tag nach dem andern Tag läßt Sprache hervorsprudeln, und eine Nacht nach der anderen Nacht zeigt Kenntnis an“ (Psalm 19:1, 2). Wenn der Vater darauf achtet, solche Dinge zur Sprache zu bringen, und besonders Angelegenheiten des täglichen Lebens zum Anlaß nimmt, um gute Grundsätze zu veranschaulichen und hervorzuheben und um die Weisheit und den Nutzen des Wortes Gottes zu erklären, kann er im Sinn und im Herzen seines Kindes die wesentlichste Grundlage für die Zukunft legen: die Überzeugung, daß Gott nicht nur existiert, sondern daß er auch diejenigen belohnt, die ihn ernstlich suchen (Hebräer 11:6).

17, 18. (a) Wie sollte ein Vater seine Kinder züchtigen? (b) Was ist viel wirkungsvoller als das Aufstellen vieler Regeln?

17 Auch die Zucht gehört zum Aufgabenbereich des Vaters. „Welchen Sohn wird ein Vater nicht in Zucht nehmen?“ wird in Hebräer 12:7 gefragt. Er darf es aber damit nicht übertreiben oder so weit gehen, daß er seine Kinder reizt oder gar drangsaliert. Gottes Wort ermahnt Väter: „Reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden“ (Kolosser 3:21). Einschränkungen sind notwendig, doch wenn einem Kind zu viele Regeln auferlegt werden, empfindet es diese schließlich als Last und wird entmutigt.

18 Die Pharisäer des Altertums liebten Regeln; sie stellten eine Unmenge Regeln auf und brachten eine große Schar von Heuchlern hervor. Es ist eine menschliche Schwäche, zu denken, daß Probleme durch das Aufstellen weiterer Regeln gelöst werden könnten; die Erfahrung lehrt jedoch, daß es in Wirklichkeit darauf ankommt, das Herz zu erreichen. Gehe daher mit Regeln sparsam um; versuche statt dessen, Grundsätze einzuprägen, und verfolge das gleiche Ziel wie Gott, der sagte: „Ich will meine Gesetze in ihren Sinn legen, und in ihre Herzen werde ich sie schreiben“ (Hebräer 8:10).

VATER UND MUTTER ALS PARTNER

19. Was kann man tun, um einen guten Gedankenaustausch in der Familie aufrechtzuerhalten?

19 Der Vater verdient gewöhnlich den Lebensunterhalt, und wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, ist er wahrscheinlich müde und hat oft noch weitere Pflichten zu erfüllen. Er sollte sich jedoch für seine Frau und seine Kinder Zeit nehmen. Er muß mit ihnen Gedankenaustausch pflegen und Zeit einräumen für gemeinsame Gespräche und Unternehmungen, für Vergnügen oder Ausflüge. Auf diese Weise wird die Einheit und der Zusammenhalt der Familie gefördert. Bevor die Kinder da waren, haben er und seine Frau vielleicht viel Zeit mit allem möglichen verbracht und waren oft nicht zu Hause. Wenn sie das jedoch weiterhin täten, hierhin und dorthin gingen und erst spät nach Hause kämen, würden sie ihrer Verantwortung als Eltern nicht richtig nachkommen. Es wäre gegenüber ihren Kindern sehr unfair. Früher oder später müßten die Eltern den Preis für ihre Unregelmäßigkeit und ihr mangelndes Verantwortungsgefühl bezahlen. Wie für Erwachsene, so ist es auch für Kinder besser, wenn ihr Leben eine gewisse Stabilität und Regelmäßigkeit hat; das trägt zur geistigen, körperlichen und seelischen Gesundheit bei. Im Alltag des Familienlebens geht es schon genügend auf und ab, ohne daß die Eltern noch unnötig dazu beitragen müssen. (Vergleiche Matthäus 6:34; Kolosser 4:5.)

20. Was können Eltern tun, damit sie bei der Bestrafung der Kinder einheitlich vorgehen?

20 Vater und Mutter sollten zusammenarbeiten, wenn sie ihre Kinder belehren, ihnen Einschränkungen auferlegen, sie in Zucht nehmen und ihnen Liebe erweisen. ‘Ein Haus, das gegen sich selbst entzweit ist, kann nicht bestehen’ (Markus 3:25). Eltern tun gut daran, sich abzusprechen, wie sie ihre Kinder in Zucht nehmen wollen; dadurch vermeiden sie, daß ihre Kinder Zeugen von Auseinandersetzungen bezüglich Zuchtmaßnahmen werden. Beachten sie dies nicht, so könnten die Kinder versuchen, sie gegeneinander auszuspielen. Es kann gelegentlich passieren, daß ein Elternteil vorschnell oder im Zorn handelt und ein Kind zu hart straft oder daß die Strafe vielleicht überhaupt nicht erforderlich war, wenn man alle Tatsachen berücksichtigt. In diesem Fall könnten die Eltern unter vier Augen darüber sprechen, und dann könnte derjenige, der unweise gehandelt hat, die Sache mit dem Kind persönlich in Ordnung bringen. Vielleicht ist es aber nicht möglich, mit dem Ehepartner allein zu reden, und man meint, man würde eine Ungerechtigkeit unterstützen, wenn man zu dem Vorfall schwiege. Dann könnte man sagen: „Ich verstehe, daß du dich ärgerst, und mir würde es genauso gehen. Aber vielleicht ist dir nicht aufgefallen, daß ...“ Danach könnte man klären, was der andere übersehen haben mag. Auf diese Weise kann man eine beruhigende Wirkung ausüben, ohne eine Meinungsverschiedenheit in Gegenwart des gezüchtigten Kindes auszutragen. Ein inspirierter Spruch lautet: „Durch Vermessenheit verursacht man nur Streit, aber bei denen, die sich miteinander beraten, ist Weisheit“ (Sprüche 13:10; siehe auch Prediger 7:8).

21. Sollte die Zucht nur einem Elternteil überlassen werden? Warum oder warum nicht?

21 Aus den Hebräischen Schriften geht hervor, daß beide Eltern verpflichtet sind, Zucht anzuwenden: „Höre, mein Sohn, auf die Zucht deines Vaters, und verlaß nicht das Gesetz deiner Mutter.“ Etwas Ähnliches lesen wir in den Christlichen Griechischen Schriften: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in Gemeinschaft mit dem Herrn, denn das ist gerecht.“ Manchmal denken Väter, es sei die Sache der Mutter, die Kinder zu strafen. Aber manche Frauen denken umgekehrt und drohen einem ungezogenen Kind lediglich: „Warte nur, bis der Vater nach Hause kommt!“ Doch damit die Familie glücklich sein kann und die Kinder beide Eltern achten und lieben können, müssen beide ihren Pflichten gemeinsam nachkommen (Sprüche 1:8; Epheser 6:1).

22. Was sollten die Eltern vermeiden, wenn das Kind um etwas bittet, und warum?

22 Die Kinder müssen sehen, daß ihre Eltern in dieser Hinsicht zusammenarbeiten und daß beide bereit sind, ihre Verantwortung zu übernehmen. Wenn ein bittendes Kind den Vater immer sagen hört: „Frag deine Mutter!“ oder die Mutter die Entscheidung unweigerlich an den Vater zurückverweist, dann wird der Elternteil, der schließlich die Bitte abschlagen muß, in die Rolle des Bösewichts gedrängt. Es kann natürlich Umstände geben, in denen der Vater sagen mag: „Ja, du kannst nach draußen gehen, aber frag erst Mutti, wann das Essen fertig ist.“ Es kann auch vorkommen, daß die Mutter denkt, ihr Mann sollte seine Zustimmung geben, wenn sie auch selbst keinen Grund sieht, die Bitte des Kindes abzuschlagen. Doch beide werden darauf achten, daß sie das Kind in keiner Weise ermutigen, den einen gegen den anderen auszuspielen, um sein Ziel zu erreichen. Eine kluge Frau wird sich auch davor hüten, ihren Anteil an Autorität zu gebrauchen, um mit ihrem Mann zu konkurrieren, oder dem Kind alles durchgehen zu lassen, um auf Kosten ihres Mannes die Zuneigung des Kindes für sich zu gewinnen.

23. Sollte in einer Familie der Vater alle Entscheidungen allein treffen?

23 Bei Familienentscheidungen hat jedes Glied der Familie seinen Bereich, in dem seine Entscheidung besondere Beachtung verdient. Der Vater hat die Verantwortung, Fragen zu entscheiden, die das Gesamtwohl der Familie betreffen. Oft wird er eine solche Entscheidung treffen, nachdem er sich mit den anderen abgesprochen und ihre Wünsche berücksichtigt hat. Die Mutter trifft Entscheidungen in bezug auf die Küche und viele andere Haushaltsangelegenheiten (Sprüche 31:11, 27). Während die Kinder heranwachsen, kann ihnen die Freiheit eingeräumt werden, gewisse Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel, wo und womit sie spielen, was sie anziehen oder in bezug auf andere persönliche Dinge. Die Eltern sollten jedoch immer die Aufsicht führen, um darauf zu achten, daß gesunde Grundsätze befolgt werden, daß die Sicherheit der Kinder nicht gefährdet wird und daß die Rechte anderer nicht beschnitten werden. Auf diese Weise können Kinder allmählich beginnen, Entscheidungen zu treffen.

IST ES LEICHT, EUCH ALS ELTERN ZU EHREN?

24. Welche Verantwortung haben die Eltern angesichts dessen, daß die Kinder ihren Vater und ihre Mutter ehren sollten?

24 Kindern wird geboten: „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ (Epheser 6:2; 2. Mose 20:12). Wenn sie das tun, ehren sie auch Gottes Gebot. Macht ihr ihnen dies leicht? Du als Frau bist verpflichtet, deinen Mann zu ehren und zu respektieren. Fällt dir das nicht sehr schwer, wenn er sich wenig oder gar keine Mühe gibt, den Forderungen des Wortes Gottes zu entsprechen? Du als Ehemann bist verpflichtet, deine Frau als Gehilfin zu lieben und zu ehren. Ist das nicht schwierig, wenn sie dir keine Hilfe ist? Macht es daher euren Kindern leicht, dem Gebot Gottes zu gehorchen, euch als Eltern zu ehren. Verdient euch ihren Respekt, indem ihr ihnen ein friedliches Zuhause bietet, vernünftige Maßstäbe festsetzt, durch euer eigenes Benehmen ein gutes Beispiel gebt, bei der Erziehung vernünftig seid und liebevoll zurechtweist, wenn es nötig ist.

25. Welche Probleme können entstehen, wenn sich die Eltern nicht einig sind, wie die Kinder erzogen werden sollten?

25 „Zwei sind besser als einer“, beobachtete König Salomo, „weil sie eine gute Belohnung für ihre harte Arbeit haben“ (Prediger 4:9). Wenn zwei Menschen zusammen gehen und einer fällt, kann der andere ihm helfen, wieder aufzustehen. So ist es auch in der Familie. Mann und Frau können sich gegenseitig in ihrer jeweiligen Rolle unterstützen und ermutigen. Auf vielen Gebieten überschneiden sich die Rollen der Eltern, und das ist für die Einheit der Familie zum Guten. Durch die Kinder sollten die Eltern enger zusammengebracht und in einem gemeinsamen Erziehungswerk vereint werden. Manchmal jedoch mögen strittige Fragen darüber auftauchen, wie das Kind erzogen oder bestraft werden sollte. Manche Mütter überschütten ihr Kind mit so viel Aufmerksamkeit, daß ihr Mann sich vernachlässigt fühlt und ärgerlich wird. Das kann sich auf seine Einstellung zum Kind auswirken. Er mag es dann unfreundlich behandeln oder aber es mit Zuneigung überschütten und dafür seiner Frau wenig Aufmerksamkeit schenken. Wenn der Ehemann oder die Ehefrau das Gleichgewicht verliert, wird ein hoher Preis dafür bezahlt werden müssen.

26. Wie könnte man verhindern, daß ein älteres Kind eifersüchtig wird, wenn die Mutter einen großen Teil ihrer Zeit einem Neuankömmling widmen muß?

26 Ein anderes Problem kann aufkommen, wenn ein neues Baby eintrifft und bereits ein älteres Kind da ist. Die Mutter muß dann viel Zeit mit dem Neuankömmling verbringen. Damit sich das ältere Kind nicht vernachlässigt fühlt und eifersüchtig wird, könnte sich der Vater etwas mehr um das ältere Kind kümmern.

27. Wie kann den Kindern geistig geholfen werden, wenn ein Elternteil nicht gläubig ist?

27 Gewiß sind zwei besser daran als einer, aber einer ist besser als gar keiner. Vielleicht muß die Mutter ihre Kinder aus irgendwelchen Gründen ohne die Hilfe eines Vaters aufziehen. Das gleiche könnte auch auf einen Vater zutreffen. Viele Familien sind in religiöser Hinsicht geteilt, das heißt, ein Elternteil ist ein Diener Jehovas und glaubt an den Rat der Bibel, während der andere dies nicht tut. Ist der Ehemann ein Gott hingegebener Christ, so hat er als Familienoberhaupt etwas mehr Einfluß darauf, welche Grundsätze bei der Erziehung und bei der Bestrafung der Kinder befolgt werden. Dennoch mag er viel Geduld, Selbstbeherrschung und Ausharren bekunden müssen. Er sollte festbleiben, wenn eine ernste Streitfrage besteht, jedoch vernünftig und freundlich sein, selbst wenn er provoziert wird, und er sollte anpassungsfähig sein, soweit es die Umstände zulassen. Handelt es sich bei dem Gläubigen um die Ehefrau, so muß sie sich ihrem Mann unterordnen. In diesem Fall hängt ihr Vorgehen weitgehend von seiner Einstellung ab. Ist er lediglich an der Bibel nicht interessiert, oder widersetzt er sich den Bemühungen seiner Frau, ihren Glauben zu praktizieren und die Kinder zu belehren? Wenn er sich ihr widersetzt, muß sie den Weg einschlagen, den der Apostel Petrus beschrieb: Durch die vorbildliche Erfüllung ihrer Pflichten und ihre respektvolle Einstellung kann ihr Mann vielleicht „ohne ein Wort gewonnen werden“. Sie wird dann die Gelegenheiten, die sich ihr bieten, wahrnehmen, um ihre Kinder in biblischen Grundsätzen zu erziehen (1. Petrus 3:1-4).

DIE ATMOSPHÄRE ZU HAUSE

28, 29. Was für eine Atmosphäre zu Hause ist wünschenswert, und warum?

28 Beide Eltern haben die Aufgabe, zu Hause eine Atmosphäre der Liebe zu schaffen. Wenn die Kinder das spüren, werden sie ihre Unsicherheit oder ihre Fehler nicht verschweigen, aus Angst, mit ihren Eltern darüber zu sprechen. Sie wissen, daß sie mit ihren Eltern reden können und von ihnen verstanden werden und daß die Eltern an allen Dingen liebevolle Anteilnahme zeigen. (Vergleiche 1. Johannes 4:17-19; Hebräer 4:15, 16.) Das Zuhause wird dann nicht nur Obdach bieten, sondern auch ein Zufluchtsort sein. Durch die Zuneigung der Eltern werden die Kinder auch in seelischer Hinsicht wachsen und gedeihen.

29 Wenn man einen Schwamm in Essig taucht, kann man nicht erwarten, daß er sich mit Wasser vollsaugt. Er kann nur das aufsaugen, was ihn umgibt. Der Schwamm wird nur dann Wasser aufsaugen, wenn er in Wasser getaucht wird. So verhält es sich auch mit Kindern. Sie nehmen Stimmungen wahr und beobachten, was in ihrer Umgebung vor sich geht, und das nehmen sie in sich auf. Kinder spüren deine Stimmung, sie empfinden, ob nervöse Spannungen vorhanden sind oder ob eine entspannte, friedliche Atmosphäre herrscht. Selbst Säuglinge nehmen die Atmosphäre in sich auf, die zu Hause herrscht. Eine Atmosphäre, die sich durch Glauben, Liebe, Geistiggesinntsein und Vertrauen zu Jehova Gott auszeichnet, ist daher von unschätzbarem Wert.

30. Welche Fragen könnten sich Eltern stellen, um herauszufinden, ob sie ihren Kindern eine gute Anleitung geben?

30 Welchen Maßstäben sollte dein Kind entsprechen? Entsprecht ihr beide selbst diesen Maßstäben? Wofür tritt deine Familie ein? Was für ein Beispiel gibst du deinem Kind? Beklagst du dich oft, kritisierst du andere, und verweilst du bei negativen Gedanken? Möchtest du, daß deine Kinder dies tun? Oder hast du hohe Maßstäbe für deine Familie, hältst dich selbst daran und erwartest auch, daß deine Kinder dies tun? Verstehen sie, daß jeder, der zur Familie gehört, gewissen Voraussetzungen entsprechen und ein bestimmtes Benehmen aufweisen muß und daß bestimmte Handlungsweisen oder Einstellungen nicht erwünscht sind? Kinder möchten das Bewußtsein haben, zur Familie zu gehören. Laß sie daher deine Gutheißung und Anerkennung spüren, wenn sie den Maßstäben der Familie entsprechen. Menschen neigen dazu, sich so zu verhalten, wie man es von ihnen erwartet. Erwartest du, daß dein Kind schlecht handelt, wird es dir wahrscheinlich durch sein Verhalten recht geben. Setzt du voraus, daß dein Kind gut ist, so wirst du es ermutigen, dementsprechend zu handeln.

31. Was sollte mit der elterlichen Anleitung stets verbunden sein?

31 Menschen werden mehr nach ihren Taten als nach ihren Worten beurteilt. Auch Kinder mögen mehr auf Taten als auf Worte achten, und sie werden jegliche Heuchelei sehr schnell entdecken. Zu viele Worte können ein Kind verwirren. Achte darauf, daß du deinen Worten Nachdruck verleihst, indem du dich selbst danach richtest (1. Johannes 3:18).

32. Wessen Rat sollte immer befolgt werden?

32 Ganz gleich, ob du Vater oder Mutter bist, du hast eine anspruchsvolle Rolle zu spielen. Du kannst jedoch gute Ergebnisse erzielen, wenn du dich an den Rat des Lebengebers hältst. Erfülle deine Pflicht gewissenhaft, wie für ihn (Kolosser 3:17). Vermeide Extreme, bewahre dein Gleichgewicht, und ‘laß deine Vernünftigkeit allen bekanntwerden’, auch deinen Kindern (Philipper 4:5).

[Studienfragen]

[Bild auf Seite 100]

Durch ihre Blicke, ihre Berührungen und den Ton ihrer Stimme sagt die Mutter ihrem Kind: „Ich liebe dich.“

[Bild auf Seite 104]

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