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Die Identität der beiden Könige ändert sich

Die Identität der beiden Könige ändert sich

Kapitel vierzehn

Die Identität der beiden Könige ändert sich

1, 2. (a) Wie kam es, daß sich Antiochos IV. den Forderungen Roms beugte? (b) Wann wurde Syrien eine römische Provinz?

DER syrische Monarch Antiochos IV. fällt in Ägypten ein und krönt sich dort selbst zum König. Auf Bitten des ägyptischen Königs Ptolemaios VI. schickt Rom den Gesandten Gaius Popilius Laenas nach Ägypten. Dieser kommt mit einer eindrucksvollen Flotte und überbringt Antiochos IV. die Order des römischen Senats, auf das Königtum von Ägypten zu verzichten und sich aus dem Land zurückzuziehen. In Eleusis, einem Vorort von Alexandria, stehen sich der syrische König und der römische Gesandte von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Antiochos IV. erbittet sich Zeit, damit er seine Ratgeber konsultieren könne. Aber Popilius zieht einen Kreis um den König und fordert von ihm eine Antwort, bevor er die Linie überschreitet. Zutiefst gedemütigt, fügt sich Antiochos IV. den Forderungen Roms und zieht sich 168 v. u. Z. nach Syrien zurück. Damit endet die Konfrontation zwischen dem syrischen König des Nordens und dem ägyptischen König des Südens.

2 Rom, das in den Angelegenheiten des Nahen Ostens eine dominierende Rolle spielt, diktiert Syrien weiterhin seinen Willen. Daher nehmen die Könige aus der Seleukidendynastie, die nach dem Tod von Antiochos IV. (163 v. u. Z.) in Syrien herrschen, nicht mehr die Stellung des „Königs des Nordens“ ein (Daniel 11:15). Im Jahre 64 v. u. Z. wird Syrien schließlich eine römische Provinz.

3. Wann und wie erlangte Rom die Oberherrschaft über Ägypten?

3 Ägyptens Ptolemäerdynastie behält die Rolle des „Königs des Südens“ nach dem Tod von Antiochos IV. noch etwas mehr als 130 Jahre (Daniel 11:14). 31  v. u. Z. besiegt der römische Machthaber Oktavian in der Schlacht von Aktium die vereinten Streitkräfte der letzten ptolemäischen Königin, Kleopatra VII., und ihres römischen Geliebten Marcus Antonius. Nach Kleopatras Selbstmord im darauffolgenden Jahr wird auch Ägypten eine römische Provinz und spielt damit nicht mehr die Rolle des Königs des Südens. Rom hat 30 v. u. Z. sowohl die Oberherrschaft über Syrien als auch über Ägypten. Müssen wir nun davon ausgehen, daß andere Herrscher die Rolle des Nordkönigs und des Südkönigs übernehmen?

EIN NEUER KÖNIG SENDET „EINEN EINTREIBER“ AUS

4. Warum sollten wir erwarten, daß ein anderer Herrschaftsträger die Identität des Königs des Nordens annahm?

4 Im Frühjahr 33 u. Z. erklärte Jesus Christus seinen Jüngern: „Wenn ihr ... das abscheuliche Ding, das Verwüstung verursacht, von dem Daniel, der Prophet, geredet hat, an heiliger Stätte stehen seht ..., dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge zu fliehen beginnen“ (Matthäus 24:15, 16). Jesus zitierte aus Daniel 11:31 und machte seine Nachfolger warnend auf ein künftiges „abscheuliches Ding, das Verwüstung verursacht“, aufmerksam. Er äußerte diese Prophezeiung über den König des Nordens etwa 195 Jahre nach dem Tod des Antiochos IV., des letzten syrischen Königs in dieser Rolle. Mit Sicherheit mußte ein anderer Herrschaftsträger die Identität des Nordkönigs annehmen. Wer war das?

5. Wer stand als König des Nordens auf und übernahm die Rolle, die Antiochos IV. gespielt hatte?

5 Der Engel Jehovas sagte voraus: „Es wird in seiner Stellung [der des Antiochos IV.] einer aufstehen, der einen Eintreiber durch das prächtige Königreich ziehen läßt, und in wenigen Tagen wird er zerbrochen werden, aber nicht im Zorn noch im Kriegszug“ (Daniel 11:20). Der auf diese Weise ‘aufstand’, war niemand anders als Oktavian, der erste römische Kaiser, der auch Cäsar Augustus genannt wurde. (Siehe „Der eine geehrt, der andere verachtet“, Seite 248.)

6. (a) Wann wurde ein „Eintreiber“ durch „das prächtige Königreich“ gesandt, und von welcher Bedeutung war dies? (b) Wieso kann gesagt werden, daß Augustus weder „im Zorn“ noch „im Kriegszug“ starb? (c) Inwiefern änderte sich die Identität des Nordkönigs?

6 „Das prächtige Königreich“ des Augustus schloß auch das „Land der ‚Zierde‘ “ ein — die römische Provinz Judäa (Daniel 11:16). Im Jahre 2 v. u. Z. sandte Augustus „einen Eintreiber“ aus, indem er eine Einschreibung oder Volkszählung anordnete, wahrscheinlich um die Größe der Bevölkerung zu ermitteln als Grundlage für die Besteuerung und die Einberufung zum Militärdienst. Auf Grund dieses Erlasses reisten Joseph und Maria nach Bethlehem, um sich einschreiben zu lassen. So kam es, daß Jesus an dem vorhergesagten Ort geboren wurde (Micha 5:2; Matthäus 2:1-12). Im August 14 u. Z. — „in wenigen Tagen“ oder nicht lange nach der angeordneten Einschreibung — starb Augustus im Alter von 76 Jahren, und zwar weder „im Zorn“ durch die Hand eines Mörders noch „im Kriegszug“, sondern an einer Krankheit. Die Identität des Nordkönigs hatte sich also geändert. Jetzt spielte das Römische Reich, vertreten durch seine Kaiser, die Rolle dieses Königs.

‘DER VERACHTETE STEHT AUF’

7, 8. (a) Wer stand in der Stellung des Augustus als König des Nordens auf? (b) Wieso wurde dem Nachfolger von Cäsar Augustus „die Würde des Königtums“ widerwillig übertragen?

7 Der Engel fuhr mit der Prophezeiung wie folgt fort: „Es soll in seiner [des Augustus] Stellung einer aufstehen, der zu verachten ist, und man wird gewiß nicht die Würde des Königtums auf ihn legen; und er wird tatsächlich während einer Zeit der Sorglosigkeit hereinkommen und sich des Königreiches durch Glätte bemächtigen. Und was die Streitarme der Flut betrifft, sie werden seinetwegen überflutet werden, und sie werden zerbrochen werden wie auch der Führer des Bundes“ (Daniel 11:21, 22).

8 Bei dem, „der zu verachten ist“, handelte es sich um Tiberius Cäsar, den Sohn der Livia, der dritten Frau des Augustus. (Siehe „Der eine geehrt, der andere verachtet“, Seite 248.) Augustus haßte seinen Stiefsohn wegen seiner schlechten Charakterzüge und wünschte sich eigentlich nicht ihn als nächsten Cäsar. Nur widerwillig wurde ihm „die Würde des Königtums“ übertragen, und zwar allein deshalb, weil keiner der anderen möglichen Nachfolger mehr lebte. Augustus adoptierte Tiberius im Jahre 4 u. Z. und machte ihn zum Thronerben. Nach dem Tode des Augustus ‘stand’ der 54jährige Tiberius — der Verachtete — ‘auf’, indem er die Macht als römischer Kaiser und König des Nordens übernahm.

9. Inwiefern ‘bemächtigte sich’ Tiberius ‘durch Glätte des Königreiches’?

9 „Tiberius manipulierte den Senat und erlaubte ihm etwa einen Monat lang [nach dem Tod des Augustus] nicht, ihn als Kaiser zu bezeichnen“, heißt es in der New Encyclopædia Britannica. Er erklärte dem Senat, nach Augustus sei niemand fähig, die Regierungslast im römischen Imperium zu tragen; er bat die Senatoren, wieder die Republik einzuführen und solche Autorität keiner Einzelperson, sondern einer Gruppe von Männern zu übertragen. „Der Senat wagte es nicht, ihn bei seinem Worte zu nehmen, und tauschte Höflichkeiten mit ihm aus, bis er sich schließlich bereit erklärte, die Macht ... auf sich zu nehmen“, schrieb der Historiker Will Durant und fügte hinzu: „Auf beiden Seiten wurde prächtig geschauspielert. Tiberius wollte den Principat haben, sonst hätte er mit Leichtigkeit einen Ausweg gefunden; der Senat fürchtete und haßte Tiberius, scheute sich aber, wieder eine republikanische Staatsform einzuführen, die sich wie die alte auf theoretisch souveräne Volksversammlungen gründete.“ So ‘bemächtigte sich’ Tiberius ‘durch Glätte des Königreiches’.

10. Auf welche Weise ‘wurden die Streitarme der Flut zerbrochen’?

10 „Was die Streitarme der Flut betrifft“ — die Streitkräfte benachbarter Königreiche —, sagte der Engel: „Sie werden ... überflutet werden, und sie werden zerbrochen werden.“ Als Tiberius König des Nordens wurde, befehligte sein Neffe Germanicus Caesar die römischen Truppen am Rhein. Im Jahre 15 u. Z. führte Germanicus seine Streitkräfte mit einigem Erfolg gegen die des Germanenhelden Arminius (Hermann der Cherusker). Aber die keineswegs überzeugenden Siege wurden teuer erfochten, und Tiberius sah danach von weiteren Operationen in Germanien ab. Statt dessen schürte er innere Unruhen und versuchte auf diese Weise, eine Vereinigung der germanischen Stämme zu verhindern. Im allgemeinen hielt es Tiberius mit einer defensiven Außenpolitik und konzentrierte sich auf die Sicherung der Grenzen. Mit diesem Konzept war er ziemlich erfolgreich. So wurden die „Streitarme der Flut“ unter Kontrolle gehalten und „zerbrochen“.

11. Auf welche Weise ‘wurde der Führer des Bundes zerbrochen’?

11 „Zerbrochen“ wurde auch der „Führer des Bundes“, des Bundes, den Jehova Gott zum Segen aller Familien der Erde mit Abraham geschlossen hatte. Der in diesem Bund verheißene Same Abrahams war Jesus Christus (1. Mose 22:18; Galater 3:16). Am 14. Nisan 33 u. Z. stand Jesus vor Pontius Pilatus im Palast des römischen Statthalters in Jerusalem. Die Priester der Juden hatten ihn des Verrats am Kaiser angeklagt. Doch Jesus erklärte Pilatus: „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt. ... mein Königreich [ist] nicht von daher.“ Damit der römische Statthalter den unschuldigen Jesus nicht freiließ, schrien die Juden: „Wenn du diesen Mann freiläßt, bist du kein Freund Cäsars. Jeder, der sich selbst zu einem König macht, redet gegen Cäsar.“ Sie forderten Jesu Hinrichtung und erklärten: „Wir haben keinen König außer Cäsar.“ Auf Grund des Gesetzes der laesa majestas (Majestätsbeleidigung), das Tiberius dahin erweitert hatte, daß praktisch jede Beleidigung des Cäsars strafbar war, lieferte Pilatus Jesus aus, damit er an einen Marterpfahl komme oder „zerbrochen“ werde (Johannes 18:36; 19:12-16; Markus 15:14-20).

EIN TYRANN ‘SCHMIEDET SEINE PLÄNE’

12. (a) Wer verbündete sich mit Tiberius? (b) Wie wurde Tiberius „mittels einer kleinen Nation mächtig“?

12 Weiter sagte der Engel in der Prophezeiung, die sich auf Tiberius bezog: „Da sie sich mit ihm verbündeten, wird er Trug üben und tatsächlich heraufkommen und mittels einer kleinen Nation mächtig werden“ (Daniel 11:23). Die Mitglieder des römischen Senats hatten sich verfassungsmäßig mit Tiberius ‘verbündet’, und er war formell von ihnen abhängig. Doch er ging trügerisch vor und wurde eigentlich „mittels einer kleinen Nation mächtig“. Bei dieser kleinen Nation handelte es sich um die römische Prätorianergarde, die in der Nähe der Stadtmauer Roms Quartier bezog. Ihre Nähe schüchterte den Senat ein und half Tiberius, jede Auflehnung des Volkes gegen seine Amtsgewalt in Schach zu halten. Mit Hilfe der ungefähr 10 000 Mann starken Garde behauptete Tiberius daher seine Macht.

13. In welcher Hinsicht übertraf Tiberius seine Vorväter?

13 Der Engel führte in der Prophezeiung weiter aus: „Während einer Zeit der Sorglosigkeit wird er sogar in die Fettigkeit des Gerichtsbezirks einziehen und tatsächlich tun, was seine Väter und die Väter seiner Väter nicht getan haben. Plündergut und Beute und Habe wird er unter ihnen ausstreuen; und gegen befestigte Plätze wird er seine Pläne schmieden, aber nur bis auf eine Zeit“ (Daniel 11:24). Tiberius war überaus mißtrauisch. Während seiner Regierung waren befohlene Ermordungen an der Tagesordnung. Der letzte Teil seiner Herrschaft stand hauptsächlich wegen des Einflusses von Sejan, dem Präfekten der Prätorianergarde, im Zeichen des Terrors. Schließlich geriet Sejan selbst in Verdacht und wurde hingerichtet. Tiberius tyrannisierte das Volk weit mehr als seine Vorväter.

14. (a) Inwiefern streute Tiberius in allen römischen Provinzen „Plündergut und Beute und Habe“ aus? (b) Als was betrachtete man Tiberius bei seinem Tod?

14 Allerdings streute Tiberius in allen römischen Provinzen „Plündergut und Beute und Habe“ aus. Zur Zeit seines Todes erfreuten sich alle unterworfenen Völker eines gewissen Wohlstands. Die Steuern waren niedrig, und Tiberius konnte großzügig sein, wenn die Bevölkerung irgendwo schwere Zeiten durchzustehen hatte. Falls Soldaten oder Beamte irgend jemand bedrückten oder sich in Verbindung mit ihrer Aufgabe Unregelmäßigkeiten zuschulden kommen ließen, mußten sie damit rechnen, von der Obrigkeit zur Rechenschaft gezogen zu werden. Da Tiberius mit fester Hand regierte, konnte die öffentliche Sicherheit aufrechterhalten werden, und durch die Verbesserung der Verkehrswege wurde der Handel gefördert. Tiberius sorgte innerhalb und außerhalb von Rom für eine unparteiische und stabile Verwaltung. Die Gesetze wurden verbessert und die Sozial- und Sittengesetze dadurch zur Geltung gebracht, daß die Reformen, die Cäsar Augustus eingeführt hatte, gefördert wurden. Doch Tiberius ‘schmiedete seine Pläne’, so daß ihn der römische Historiker Tacitus als einen heuchlerischen Menschen beschreibt, der sich geschickt verstellen konnte. Als er im März 37 u. Z. starb, galt er als Tyrann.

15. Was ist über Rom Ende des 1. und Anfang des 2. Jahrhunderts u. Z. zu sagen?

15 Zu den Nachfolgern des Tiberius, die die Rolle des Nordkönigs spielten, zählten Gajus Cäsar (Caligula), Claudius I., Nero, Vespasian, Titus, Domitian, Nerva, Trajan und Hadrian. In einer Enzyklopädie heißt es: „Die meisten der Nachfolger des Augustus hielten an seiner Verwaltungspolitik und seinem Bauprogramm fest, aber weniger innovativ und mehr ostentativ“ (The New Encyclopædia Britannica). In diesem Werk heißt es weiter: „Ende des ersten und Anfang des zweiten Jahrhunderts befand sich Rom auf dem Gipfel seiner Macht und erreichte seine größte Bevölkerungszahl.“ Zu jener Zeit stellten sich zwar an den Grenzen des römischen Imperiums einige Schwierigkeiten ein, doch zur ersten vorausgesagten Konfrontation Roms mit dem König des Südens kam es erst im 3. Jahrhundert u. Z.

GEGEN DEN KÖNIG DES SÜDENS ‘AUFGEWECKT’

16, 17. (a) Wer übernahm die Rolle des Königs des Nordens, von dem in Daniel 11:25 die Rede ist? (b) Wer nahm schließlich die Stellung des Königs des Südens ein, und wie kam es dazu?

16 Der Engel Gottes setzte die Prophezeiung wie folgt fort: „Er [der König des Nordens] wird seine Kraft und sein Herz gegen den König des Südens aufwecken mit einer großen Streitmacht; und der König des Südens seinerseits wird sich zum Krieg erregen mit einer überaus großen und mächtigen Streitmacht. Und er [der König des Nordens] wird nicht standhalten, weil sie Pläne gegen ihn schmieden werden. Und gerade diejenigen, die seine Delikatessen essen, werden seinen Zusammenbruch herbeiführen. Und was seine Streitmacht angeht, sie wird weggeschwemmt werden, und viele werden bestimmt erschlagen fallen“ (Daniel 11:25, 26).

17 Etwa 300 Jahre nachdem Oktavian Ägypten zur römischen Provinz gemacht hatte, übernahm der römische Kaiser Aurelian die Rolle des Nordkönigs. Inzwischen spielte Königin Septimia Zenobia von der römischen Kolonie Palmyra die Rolle des Südkönigs. * (Siehe „Zenobia — die kriegerische Königin von Palmyra“, Seite 252.) 269 u. Z. besetzte das palmyrische Heer Ägypten unter dem Vorwand, es für Rom sichern zu wollen. Zenobia war bestrebt, Palmyra zur führenden Stadt im Osten zu machen und über die östlichen Provinzen Roms zu herrschen. Von ihrem Ehrgeiz alarmiert, weckte Aurelian „seine Kraft und sein Herz“ auf, um gegen Zenobia vorzugehen.

18. Wie ging der Konflikt zwischen Kaiser Aurelian, dem König des Nordens, und Königin Zenobia, dem König des Südens, aus?

18 Der König des Südens, die herrschende Macht unter der Führung Zenobias, ‘erregte sich’ „mit einer überaus großen und mächtigen Streitmacht“ unter den beiden Feldherren Zabdas und Zabbai zum Krieg gegen den König des Nordens. Doch Aurelian eroberte Ägypten und unternahm dann einen Feldzug nach Kleinasien und Syrien. Zenobia wurde bei Emesa (das heutige Homs) geschlagen und zog sich nach Palmyra zurück. Als Aurelian die Stadt belagerte, verteidigte Zenobia sie mutig, doch ohne Erfolg. Sie versuchte mit ihrem Sohn nach Persien zu fliehen, wurde aber am Euphrat von den Römern eingeholt und gefangengenommen. 272 u. Z. übergaben die Palmyrer die Stadt. Aurelian ließ Zenobia am Leben und nahm sie mit nach Rom, wo sie 274 u. Z. seinen Triumphzug als Hauptattraktion zierte. Sie blieb bis an ihr Lebensende als Matrone in Rom.

19. Inwiefern fiel Aurelian ‘wegen der gegen ihn geschmiedeten Pläne’?

19 Aurelian selbst ‘hielt wegen der gegen ihn geschmiedeten Pläne nicht stand’. 275 u. Z. unternahm er einen Feldzug gegen die Perser. Während er in Thrakien auf eine Gelegenheit wartete, die Meerenge nach Kleinasien zu überqueren, verwirklichten seine Tischgenossen die gegen ihn geschmiedeten Pläne und führten seinen „Zusammenbruch“ herbei. Er hatte beabsichtigt, seinen Schatzmeister Eros für gewisse Unregelmäßigkeiten zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Eros dachte sich eine Liste mit den Namen bestimmter Offiziere aus, die angeblich zum Tode bestimmt waren. Als die Offiziere diese Liste sahen, verschworen sie sich gegen Aurelian und ermordeten ihn.

20. Inwiefern wurde die „Streitmacht“ des Königs des Nordens „weggeschwemmt“?

20 Die Rolle des Nordkönigs war mit dem Tod des Kaisers Aurelian allerdings noch nicht zu Ende. Weitere römische Herrscher folgten ihm auf den Thron. Eine Zeitlang gab es einen Kaiser des Westens und einen des Ostens. Unter der Herrschaft dieser Männer wurde die „Streitmacht“ des Nordkönigs „weggeschwemmt“ oder „zerstreut“ *, und bei Einfällen germanischer Stämme aus dem Norden ‘fielen viele erschlagen’. Im 4. Jahrhundert u. Z. durchbrachen die Goten die römischen Grenzen. Ein Einfall erfolgte nach dem anderen. Im Jahre 476 u. Z. setzte der germanische Anführer Odoaker den letzten Kaiser ab, der von Rom aus geherrscht hatte. Anfang des 6. Jahrhunderts war das Weströmische Reich zerschlagen, und in Britannien, Gallien, Italien, Nordafrika und Spanien regierten germanische Könige. Der östliche Teil des Reiches bestand noch bis ins 15. Jahrhundert hinein.

EIN GROSSREICH WIRD GETEILT

21, 22. Welche Veränderungen führte im 4. Jahrhundert u. Z. Konstantin herbei?

21 Ohne unnötige Einzelheiten in bezug auf den Zusammenbruch des Römischen Reiches, der sich jahrhundertelang hinzog, zu erwähnen, sagte der Engel Jehovas weitere bedeutende Aktionen des Nordkönigs und des Südkönigs voraus. Ein kurzer Überblick über bestimmte Entwicklungen im Römischen Reich wird uns helfen, die beiden rivalisierenden Könige in späterer Zeit zu identifizieren.

22 Im 4. Jahrhundert verlieh der römische Kaiser Konstantin dem abtrünnigen Christentum die staatliche Anerkennung. Er berief 325 u. Z. sogar ein Kirchenkonzil nach Nizäa (Kleinasien) ein und führte persönlich den Vorsitz. Konstantin verlegte später die Kaiserresidenz von Rom nach Byzanz (Konstantinopel) und machte diese Stadt zur neuen Hauptstadt. Bis zum Tod des Kaisers Theodosius I. am 17. Januar 395 u. Z. stand das Römische Reich jeweils nur unter der Herrschaft eines einzigen Kaisers.

23. (a) Zu welcher Teilung des römischen Imperiums kam es beim Tod des Theodosius? (b) Wann hörte das Oströmische Reich zu bestehen auf? (c) Wer regierte 1517 in Ägypten?

23 Nach dem Tod des Theodosius wurde das römische Imperium unter seine beiden Söhne aufgeteilt. Honorius erhielt den westlichen Teil und Arcadius den östlichen Teil mit Konstantinopel als Hauptstadt. Britannien, Gallien, Italien, Spanien und Nordafrika gehörten zu den Provinzen des westlichen Teils. Makedonien, Thrakien, Kleinasien, Syrien und Ägypten waren Provinzen des östlichen Teils. 642 u. Z. wurde die ägyptische Hauptstadt Alexandria von den Sarazenen (Arabern) erobert, und Ägypten unterstand als Provinz der Herrschaft der Kalifen. Im Januar 1449 wurde Konstantin XI., der letzte Kaiser des Ostreiches, gekrönt. Am 29. Mai 1453 nahmen die Osmanen (Türken) unter Sultan Mohammed II. Konstantinopel ein. Damit hörte das Oströmische Reich zu bestehen auf. 1517 wurde Ägypten eine türkische Provinz. Dieses Land des Südkönigs der alten Zeit sollte jedoch schließlich unter die Herrschaft eines anderen Reiches kommen, eines Reiches des westlichen Teils.

24, 25. (a) Was kennzeichnete gemäß einigen Historikern den Beginn des Heiligen Römischen Reiches? (b) Was geschah schließlich mit der Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reiches?

24 Im westlichen Teil des römischen Imperiums erhob sich der katholische Bischof von Rom, besonders Papst Leo I., der im 5. Jahrhundert u. Z. dafür bekannt war, die päpstliche Gewalt geltend zu machen. Schließlich maßte sich der Papst an, den Kaiser des Westreiches zu krönen. Das geschah zu Weihnachten des Jahres 800 u. Z. in Rom, als Papst Leo III. dem Frankenkönig Karl dem Großen die Kaiserkrone des neuen Weströmischen Reiches aufsetzte. Mit dieser Krönung wurde das Kaisertum in Rom wiederbelebt, was gemäß einigen Historikern den Beginn des Heiligen Römischen Reiches kennzeichnete. Von da an gab es das Ostreich und das Heilige Römische Reich im Westen. Beide beanspruchten, christlich zu sein.

25 Die Nachfolger Karls des Großen erwiesen sich im Verlauf der Zeit als schwache Herrscher. Eine Zeitlang war das Amt des Kaisers sogar unbesetzt. Unterdessen hatte der deutsche König Otto I. die Herrschaft über einen Großteil von Nord- und Mittelitalien erlangt und sich zum König von Italien ausgerufen. Am 2. Februar 962 u. Z. wurde er von Papst Johannes XII. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Die Hauptstadt des Reiches befand sich in Deutschland, und seine Kaiser sowie die meisten Untertanen waren Deutsche. 500 Jahre später ging die Kaiserwürde an das österreichische Haus Habsburg über, das sie fast all die Jahre behielt, die dem Heiligen Römischen Reich noch verblieben.

DIE BEIDEN KÖNIGE ERNEUT KLAR ZU ERKENNEN

26. (a) Was ist über das Ende des Heiligen Römischen Reiches zu sagen? (b) Wer trat als König des Nordens in Erscheinung?

26 Napoleon I. versetzte dem Heiligen Römischen Reich den Todesstoß, als er nach seinen Siegen 1805 in Deutschland die Existenz dieses Reiches nicht mehr anerkannte. Da sich Kaiser Franz II. außerstande sah, die Krone zu verteidigen, dankte er am 6. August 1806 als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab und führte von da an nur den Titel eines Kaisers von Österreich. So endete nach 1 006 Jahren das Heilige Römische Reich, das von Leo III., einem Papst der römisch-katholischen Kirche, und Karl dem Großen, einem Frankenkönig, gegründet worden war. 1870 wurde Rom die Hauptstadt des vom Vatikan unabhängigen Königreiches Italien. Im darauffolgenden Jahr begann mit Kaiser Wilhelm I. das Deutsche Reich. So betrat der neuzeitliche König des Nordens — Deutschland — die Weltbühne.

27. (a) Wie wurde Ägypten ein britisches Protektorat? (b) Wer übernahm die Rolle des Königs des Südens?

27 Wer war jedoch der neuzeitliche König des Südens? Wie die Geschichte zeigt, wurde Britannien im 17. Jahrhundert Weltmacht. Napoleon I. wollte die britischen Handelswege unterbrechen und eroberte 1798 Ägypten. Das löste einen Krieg aus, in dem britische und türkische Streitkräfte die Franzosen zwangen, sich aus Ägypten zurückzuziehen, das zu Beginn des Konflikts die Rolle des Südkönigs gespielt hatte. Im nachfolgenden Jahrhundert nahm der britische Einfluß in Ägypten zu. Nach dem Jahre 1882 befand sich Ägypten praktisch in Abhängigkeit von Großbritannien. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, gehörte es zur Türkei und wurde von einem Khediven oder Vizekönig regiert. Nachdem sich die Türkei in diesem Krieg auf die Seite Deutschlands gestellt hatte, setzte Großbritannien den Khediven ab und erklärte Ägypten zu einem britischen Protektorat. Zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelten sich allmählich enge Bindungen. So entstand die anglo-amerikanische Weltmacht, die die Rolle des Südkönigs übernahm.

[Fußnoten]

^ Abs. 17 Da es sich bei den Bezeichnungen „König des Nordens“ und „König des Südens“ um Titel handelt, können sie sich auf irgendeinen Herrschaftsträger oder irgendeine herrschende Macht beziehen, wie zum Beispiel einen König oder eine Königin oder auch einen Nationenblock.

^ Abs. 20 Siehe die Fußnote zu Daniel 11:26 in der Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift — mit Studienverweisen, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.

WAS HABEN WIR ERKANNT?

• Welcher römische Kaiser stand als erster als König des Nordens auf, und wann sandte er „einen Eintreiber“ aus?

• Wer übernahm nach Augustus die Rolle des Königs des Nordens, und auf welche Weise wurde der ‘Führer des Bundes zerbrochen’?

• Wie ging der Konflikt zwischen Aurelian, dem König des Nordens, und Zenobia, dem König des Südens, aus?

• Was wurde aus dem römischen Imperium, und welche Mächte nahmen Ende des 19. Jahrhunderts die Stellung der beiden Könige ein?

[Studienfragen]

[Kasten/Bild auf Seite 248-251]

DER EINE GEEHRT, DER ANDERE VERACHTET

DER eine machte aus einer zerstrittenen Republik ein Weltreich. Der andere vermehrte ihren Reichtum in 23 Jahren zwanzigfach. Der eine wurde bei seinem Tod geehrt, der andere jedoch verachtet. In die Regierungszeit dieser beiden römischen Kaiser fiel Jesu Leben und Wirken. Wer waren die beiden? Und warum wurde der eine geehrt, der andere aber nicht?

ER ÜBERNAHM ROM ALS BACKSTEINSTADT UND HINTERLIESS ES ALS MARMORSTADT

Im Jahre 44 v. u. Z., als Julius Cäsar ermordet wurde, war der Enkel seiner Schwester, Gajus Oktavianus, erst 18 Jahre alt. Als Adoptivsohn Julius Cäsars und als dessen Haupterbe machte sich der junge Oktavian unverzüglich nach Rom auf, um sein Erbe zu beanspruchen. Dort traf er auf einen ernstzunehmenden Kontrahenten: Marcus Antonius, Cäsars Oberbefehlshaber. Dieser hatte erwartet, Haupterbe zu werden. Das nun folgende politische Intrigenspiel und der Machtkampf dauerten 13 Jahre.

Erst durch den Sieg über die vereinten Streitkräfte der ägyptischen Königin Kleopatra und ihres Liebhabers Marcus Antonius (31 v. u. Z.) stieg Oktavian zum unbestrittenen Herrscher des Römischen Reiches auf. Im darauffolgenden Jahr begingen Marcus Antonius und Kleopatra Selbstmord, und Oktavian annektierte Ägypten. Damit war das letzte Überbleibsel des griechischen Weltreichs beseitigt, und Rom war Weltmacht.

Eingedenk dessen, daß die despotische Machtausübung Julius Cäsars zu seiner Ermordung geführt hatte, hütete sich Oktavian sorgfältig, denselben Fehler zu begehen. Um die Gefühle der Römer, die für die Republik waren, nicht zu verletzen, hüllte er seine Monarchie in ein republikanisches Gewand. Er lehnte die Titel „König“ und „Diktator“ ab. Ja, er ging sogar noch einen Schritt weiter und verkündete seine Absicht, alle Provinzen der Kontrolle des römischen Senats zu unterstellen, und bot an, von allen Ämtern zurückzutreten. Mit dieser Taktik hatte er Erfolg. Der Senat zeigte sich Oktavian geneigt und forderte ihn auf, seine Ämter zu behalten und weiterhin die Kontrolle über einige Provinzen auszuüben.

Außerdem verlieh ihm der Senat am 16. Januar 27 v. u. Z. den Titel „Augustus“, was „Erhabener“ oder „Heiliger“ bedeutet. Oktavian nahm nicht nur diesen Titel an, sondern gab auch einem Monat diesen Namen; er verkürzte den Februar um einen Tag, den er dann dem August hinzufügte, damit dieser ebenso viele Tage hatte wie der Juli, der Monat, dessen Name auf Julius Cäsar zurückgeht. Oktavian wurde somit der erste Kaiser des Römischen Reiches und war danach als Cäsar Augustus oder „Augustus“ bekannt. Später legte er sich auch den Titel „Pontifex maximus“ (Oberpriester) zu, und im Jahre 2 v. u. Z. — dem Geburtsjahr Jesu — verlieh ihm der Senat den Titel pater patriae, „Vater des Vaterlandes“.

Im selben Jahr „ging eine Verordnung von Cäsar Augustus aus, daß die ganze bewohnte Erde eingeschrieben werde ...; und alle Leute zogen hin, um sich einschreiben zu lassen, jeder in seine eigene Stadt“ (Lukas 2:1-3). Dieser Verordnung ist es zuzuschreiben, daß Jesus in Bethlehem geboren wurde, wodurch sich eine biblische Prophezeiung erfüllte (Daniel 11:20; Micha 5:2).

Die Regierung unter Augustus zeichnete sich durch eine gewisse Redlichkeit aus und konnte sich einer stabilen Währung rühmen. Augustus richtete auch ein gut funktionierendes Postwesen ein und ließ Straßen und Brücken bauen. Er reorganisierte das Heer, förderte den Aufbau einer ständigen Flotte und stellte eine Elitetruppe kaiserlicher Leibwächter auf, die Prätorianergarde (Philipper 1:13). Unter seiner Schirmherrschaft wirkten Schriftsteller wie Vergil und Horaz, und Bildhauer schufen herrliche Werke des sogenannten klassischen Stils. Augustus stellte Bauwerke fertig, die Julius Cäsar unvollendet hinterlassen hatte, und restaurierte viele Tempel. Die von ihm eingeführte Pax Romana (römischer Friede) hatte mehr als 200 Jahre Bestand. Am 19. August 14 u. Z. starb Augustus im Alter von 76 Jahren und wurde danach zum Gott erklärt.

Augustus rühmte sich, Rom als „Backsteinstadt übernommen zu haben und als Marmorstadt zu hinterlassen“. Da er Rom nicht wieder in die streiterfüllten Tage der früheren Republik zurückfallen lassen wollte, beabsichtigte er, den nächsten Kaiser aufzubauen. Aber er hatte bei der Bestimmung eines Nachfolgers keine große Auswahl. Sein Neffe, zwei Enkel, ein Schwiegersohn und ein Stiefsohn waren bereits nicht mehr am Leben. Es blieb nur noch sein Stiefsohn Tiberius übrig.

EINER, „DER ZU VERACHTEN IST“

Weniger als einen Monat nach dem Tod des Augustus ernannte der römische Senat den 54jährigen Tiberius zum Kaiser. Tiberius lebte und herrschte bis März 37 u. Z. In seine Regentschaft als römischer Kaiser fiel somit Jesu öffentlicher Dienst.

Tiberius war ein Kaiser mit Tugenden und Lastern. Zu den Tugenden zählte, daß er sich zurückhielt, Geld für Luxus auszugeben. So hatte das Reich Gedeihen, und er verfügte über Mittel, mit denen er bei Katastrophen und in schlechten Zeiten Abhilfe schaffen konnte. Zu seiner Ehre sei gesagt, daß er sich selbst als ein Mensch betrachtete, nicht als ein Gott. Er lehnte viele Ehrentitel ab und richtete den Kaiserkult eher auf Augustus als auf sich selbst. Im Gegensatz zu Augustus und Julius Cäsar vor ihm nannte er keinen Monat nach seinem Eigennamen und ließ auch nicht zu, daß jemand anders ihn auf diese Weise ehrte.

Die Laster des Tiberius stellten jedoch seine Tugenden in den Schatten. Im Umgang mit anderen war er äußerst mißtrauisch und heuchlerisch; befohlene Ermordungen waren während seiner Herrschaft an der Tagesordnung, und zu den Opfern zählten auch viele seiner früheren Freunde. Tiberius erweiterte das Gesetz der laesa majestas (Majestätsbeleidigung) dahin gehend, daß außer aufrührerischen Handlungen auch bloße mündliche Beleidigungen seiner Person strafbar waren. Vermutlich setzten die Juden mit diesem Gesetz den römischen Statthalter Pontius Pilatus unter Druck, Jesus zu töten (Johannes 19:12-16).

Tiberius konzentrierte die Prätorianergarde in unmittelbarer Nähe von Rom, indem er an der nördlichen Stadtmauer eine befestigte Kaserne bauen ließ. Die Anwesenheit der Garde diente dazu, den römischen Senat, der eine Gefahr für seine Macht darstellte, einzuschüchtern und jede Aufsässigkeit des Volkes zu unterdrücken. Auch regte Tiberius zu Denunziationen an. So stand der letzte Teil seiner Herrschaft im Zeichen des Terrors.

Als Tiberius starb, galt er als Tyrann. Die Römer freuten sich über seinen Tod, und der Senat lehnte es ab, ihn zum Gott zu erheben. Diese und andere Umstände lassen erkennen, wie sich an Tiberius die Prophezeiung erfüllte, daß als „König des Nordens“ einer aufstehen werde, „der zu verachten ist“ (Daniel 11:15, 21).

WAS HABEN WIR ERKANNT?

• Wie wurde Oktavian der erste Kaiser Roms?

• Was ist über die Leistungen der Regierung des Augustus zu sagen?

• Welche Tugenden und welche Laster hatte Tiberius?

• Inwiefern erfüllte sich die Prophezeiung über denjenigen, „der zu verachten ist“, an Tiberius?

[Bild]

Tiberius

[Kasten/Bilder auf Seite 252-255]

ZENOBIA — DIE KRIEGERISCHE KÖNIGIN VON PALMYRA

„SIE hatte einen braunen Teint ... Ihre Zähne waren perlenweiß, ungewöhnliches Feuer strahlte in ihren schwarzen Augen und wurde durch die anziehendste Lieblichkeit gemildert. Ihre Stimme war voll und melodisch. Ihren männlichen Geist hatte sie durch Studium gekräftigt und geschmückt. Die lateinische Sprache war ihr nicht unbekannt, die griechische, syrische und ägyptische aber verstand sie mit gleicher Vollkommenheit.“ Diese Worte der Bewunderung fand der Historiker Edward Gibbon für Zenobia, die kriegerische Königin der syrischen Stadt Palmyra.

Zenobias Ehemann war der palmyrische Edelmann Odaenathus, der 258 u. Z. in den Rang eines römischen Konsuls erhoben wurde, weil er für das Römische Reich erfolgreich gegen Persien gekämpft hatte. Zwei Jahre später erhielt Odaenathus von dem römischen Kaiser Gallienus den Titel corrector totius Orientis (Corrector des ganzen Orients), und zwar in Anerkennung des Sieges über König Schapur I. von Persien. Odaenathus selbst erklärte sich zwischenzeitlich zum „König der Könige“. Diese Erfolge des Odaenathus können zum großen Teil dem Mut und der Klugheit Zenobias zugeschrieben werden.

ZENOBIA TRACHTET DANACH, EINE GROSSMACHT ZU SCHAFFEN

Um das Jahr 267 u. Z. wurde Odaenathus auf dem Höhepunkt seiner Macht samt seinem Thronfolger ermordet. Zenobia trat an die Stelle ihres Mannes, da ihr Sohn noch zu jung war. Der schönen und ehrgeizigen Frau, die eine fähige Regentin war, ihren Mann gewöhnlich auf seinen Feldzügen begleitet hatte und mehrere Sprachen beherrschte, gelang es, die Achtung und Unterstützung ihrer Untertanen zu gewinnen. Zenobia zeichnete sich durch großen Wissensdurst aus und umgab sich mit Gebildeten. Einer ihrer Ratgeber, der Philosoph und Rhetoriker Kassios Longinos, stand in dem Ruf, „eine lebende Bibliothek und ein wandelndes Museum“ zu sein. Der Autor Richard Stoneman schreibt in einem Buch: „Binnen fünf Jahren nach dem Tod des Odaenathus ... war Zenobia in den Augen ihres Volkes zur Herrin des Ostens aufgestiegen“ (Palmyra and Its Empire—Zenobia’s Revolt Against Rome).

Der Herrschaftsbereich Zenobias lag zwischen Persien, das sie und ihr Mann gelähmt hatten, auf der einen Seite und dem krisengeschüttelten Rom auf der anderen Seite. Über die Verhältnisse im Römischen Reich zur damaligen Zeit schreibt der Historiker J. M. Roberts: „Das dritte Jahrhundert war an den östlichen wie an den westlichen Grenzen gleichermaßen eine schreckliche Zeit für Rom, während gleichzeitig zu Hause eine neue Periode des Bürgerkriegs und der Diadochenkämpfe begonnen hatte. 22 Kaiser (Prätendenten nicht mitgerechnet) kamen und gingen.“ Im Gegensatz dazu saß die syrische Herrin in ihrem Reich als unumschränkte Monarchin fest im Sattel. Stoneman bemerkt dazu: „Als Zünglein an der Waage zwischen zwei Großmächten [Persien und Rom] konnte sie danach trachten, eine dritte zu schaffen, die die beiden anderen beherrschen würde.“

Eine Gelegenheit, ihr Hoheitsgebiet auszudehnen, bot sich Zenobia 269 u. Z., als in Ägypten ein Thronanwärter auftrat, der Rom die Herrschaft streitig machte. Zenobias Heer marschierte umgehend in Ägypten ein, schlug den Aufstand nieder und nahm das Land in Besitz. Sie rief sich zur Königin von Ägypten aus und ließ in ihrem Namen Münzen prägen. Ihr Königreich erstreckte sich nun vom Nil bis zum Euphrat. Zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens begann sie die Stellung des „Königs des Südens“ einzunehmen (Daniel 11:25, 26).

ZENOBIAS HAUPTSTADT

Zenobia befestigte und verschönerte Palmyra, ihre Hauptstadt, in solchem Maß, daß sie sich mit den größeren Städten der römischen Welt messen konnte. Die Einwohnerzahl der Stadt wuchs auf schätzungsweise mehr als 150 000 an. Ihre Mauer, die eine Gesamtlänge von gut 20 Kilometern gehabt haben soll, umschloß prachtvolle öffentliche Gebäude, Tempel, Gärten, Säulen und Denkmäler. Die Hauptstraße war von Kolonnaden mit etwa 1 500 über 15 Meter hohen korinthischen Säulen gesäumt. Überall standen Statuen und Büsten von Helden und reichen Wohltätern. 271 u. Z. ließ Zenobia zwei Statuen ihrer selbst und ihres verstorbenen Mannes errichten.

Der Sonnentempel gehörte zu den architektonischen Renommierstücken Palmyras und beherrschte zweifellos die religiöse Szene in der Stadt. Wahrscheinlich betete auch Zenobia eine mit dem Sonnengott assoziierte Gottheit an. Allerdings war Syrien im 3. Jahrhundert ein Land mit vielen Religionen. In Zenobias Reich gab es nominelle Christen, Juden und Anbeter von Sonne und Mond. Welche Haltung nahm sie zu den unterschiedlichen Formen der Anbetung ein? Der Autor Stoneman erklärt: „Eine weise Regentin vernachlässigt keine Bräuche, die ihr Volk für wichtig hält. ... Die Götter, so hoffte man, waren auf die Seite Palmyras beordert worden.“ Offenbar war Zenobia auf religiösem Gebiet tolerant.

Zenobias außergewöhnlicher Charakter trug ihr die Bewunderung vieler ein. Am bedeutsamsten war die Rolle, in der sie eine in Daniels Prophezeiung vorhergesagte politische Macht verkörperte. Sie herrschte allerdings nicht länger als fünf Jahre. 272 u. Z. wurde Zenobia von dem römischen Kaiser Aurelian besiegt, und Palmyra wurde anschließend so gründlich geplündert, daß sich die Stadt nie wieder erholte. Mit Zenobia verfuhr man nachsichtig. Sie soll einen römischen Senator geheiratet haben und verbrachte den Rest ihres Lebens vermutlich in Zurückgezogenheit.

WAS HABEN WIR ERKANNT?

• Wie ist Zenobias Persönlichkeit beschrieben worden?

• Welche Großtaten vollbrachte Zenobia unter anderem?

• Wie war Zenobia zur Religion eingestellt?

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Königin Zenobia spricht zu ihren Soldaten

[Übersicht/Bilder auf Seite 246]

DIE KÖNIGE IN DANIEL 11:20-26

Der König Der König

des Nordens des Südens

Daniel 11:20 Augustus

Daniel 11:21-24 Tiberius

Daniel 11:25, 26 Aurelian Königin Zenobia

Nach dem Deutsches Reich Großbritannien,

vorausgesagten gefolgt von

Zusammenbruch der anglo-

des Römischen amerikanischen

Reiches Weltmacht

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Tiberius

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Aurelian

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Reiterstandbild Karls des Großen

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Augustus

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Britisches Kriegsschiff aus dem 17. Jahrhundert

[Ganzseitiges Bild auf Seite 230]

[Bild auf Seite 233]

Augustus

[Bild auf Seite 234]

Tiberius

[Bild auf Seite 235]

Auf Grund eines Erlasses des Augustus reisten Joseph und Maria nach Bethlehem

[Bild auf Seite 237]

Wie vorausgesagt, wurde Jesus durch Tötung „zerbrochen“

[Bilder auf Seite 245]

(1) Karl der Große, (2) Napoleon I., (3) Wilhelm I., (4) deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg