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Cyrus

Cyrus

(Cỵrus).

Der Begründer des persischen Großreiches und der Eroberer Babylons; „Cyrus der Große“ genannt, um ihn von Cyrus I., seinem Großvater, zu unterscheiden.

Nach seiner Eroberung des Babylonischen Reiches sagte Cyrus gemäß der als Cyrus-Zylinder bekannten Keilschrifturkunde: „Ich (bin) Kyros, der König der Gesamtheit, der große König, der mächtige König, König von Babylon, König von Sumer und Akkad, König der vier Weltgegenden, Sohn des Kambyses, des großen Königs, Königs der Stadt Anšan, Enkel des Kyros [I.], ... Urenkel des Teïspes ... der ewige Spross des Königtums“ (Altorientalische Texte zum Alten Testament, herausgegeben von H. Greßmann, Berlin und Leipzig 1926, S. 369). Cyrus stammte demnach aus dem Geschlecht der Könige von Anschan. Die Lage dieser Stadt (und dieses Bezirks) ist nicht genau bekannt, doch heute nimmt man allgemein an, dass sie im O von Elam lag. Dieses Königsgeschlecht wird nach Achämenes, dem Vater von Teispes, das „achämenidische“ Geschlecht genannt.

Über Kindheit und Jugend des Cyrus (II.) ist wenig bekannt. Man ist weitgehend auf die ziemlich fantastischen Berichte Herodots (eines griechischen Historikers aus dem 5. Jahrhundert v. u. Z.) und Xenophons (eines anderen griechischen Schriftstellers, der ungefähr ein halbes Jahrhundert später lebte) angewiesen. Doch sowohl nach Herodot als auch nach Xenophon war Cyrus der Sohn des persischen Herrschers Kambyses und seiner Frau Mandane, der Tochter des medischen Königs Astyages (Historien, I, 107; Cyropädie, I, ii, 1). Diese Blutsverwandtschaft des Cyrus mit den Medern wird von Ktesias, einem anderen griechischen Historiker der gleichen Epoche, bestritten. Er behauptet, Cyrus sei Astyages’ Schwiegersohn geworden, indem er dessen Tochter Amytis heiratete.

Cyrus folgte seinem Vater Kambyses I. auf den Thron von Anschan, das damals der Oberhoheit des medischen Königs Astyages unterstand. Nach Diodorus (1. Jahrhundert v. u. Z.) begann Cyrus im 1. Jahr der 55. Olympiade oder im Jahr 560/559 v. u. Z. zu regieren. Herodot berichtet, dass Cyrus sich danach gegen die medische Herrschaft auflehnte und zufolge des Treuebruchs der Truppen des Astyages ohne große Schwierigkeiten siegte und Ekbatana, die Hauptstadt der Meder, eroberte. Nach der Chronik des Nabonid bot König Astyages (Ištumegu) „[seine Truppen auf] und zog gegen Kuraš [Cyrus], König von Anšan, [ihn] zu be[siegen]. Gegen Ištumegu empörte sich sein Heer und lieferte ihn gefangen dem Kuraš aus“ (Greßmann [Hg.], Altorientalische Texte, S. 366, 367). Es gelang Cyrus, die Meder für sich zu gewinnen, und danach kämpften Meder und Perser gemeinsam unter seiner Führung. In den darauffolgenden Jahren unterwarf er sich den w. Teil des Medischen Reiches und rückte bis zur O-Grenze des Lydischen Reiches, bis an den Halys (Kleinasien), vor.

Wie Herodot berichtet, besiegte Cyrus den reichen König Krösus von Lydien und eroberte Sardes. Danach unterwarf er die ionischen Städte und verleibte ganz Kleinasien dem Persischen Reich ein. Cyrus war somit in nur wenigen Jahren der Hauptrivale Babylons und seines Königs Nabonid geworden.

Die Eroberung Babylons. Nun rüstete sich Cyrus für eine Auseinandersetzung mit dem mächtigen Babylon, und besonders von da an spielte er bei der Erfüllung biblischer Prophezeiungen eine Rolle. Als Jesaja unter Inspiration die Wiederherstellung Jerusalems und seines Tempels vorhersagte, erwähnte er den Namen dieses persischen Herrschers, der von Jehova Gott dazu bestimmt worden war, Babylon zu stürzen und die dort gefangen gehaltenen Juden zu befreien (Jes 44:26 bis 45:7). Obwohl diese Prophezeiung weit mehr als anderthalb Jahrhunderte vor Cyrus’ Aufstieg zur Macht niedergeschrieben wurde und Cyrus zur Zeit der Zerstörung Jerusalems wahrscheinlich noch gar nicht geboren war, erklärte Jehova damals, dass Cyrus als sein „Hirt“ zugunsten des jüdischen Volkes handeln werde. (Jes 44:28; vgl. Rö 4:17.) Da Cyrus auf diese Weise im Voraus bestimmt worden war, konnte er als Jehovas „Gesalbter“ (eine Form des hebräischen maschíach [Messias] und des griechischen christós [Christus]) bezeichnet werden (Jes 45:1). Die Tatsache, dass Gott Cyrus schon so früh ‘bei seinem Namen rief’ (Jes 45:4), bedeutet nicht, dass er ihm bei der Geburt den Namen gab, sondern dass Jehova vorherwusste, dass ein Mann mit diesem Namen auftreten würde, dass er also nicht einen namenlosen Mann rief, sondern einen, den er ausdrücklich mit Namen nannte.

Ohne dass König Cyrus – der wahrscheinlich ein Anhänger des Zoroastrismus war – es wusste, hatte Jehova ‘seine Rechte ergriffen’, um ihn zu führen oder zu stärken, ihn zu gürten und ihm den Weg zu bereiten und zu ebnen, damit er Gottes Vorsatz – die Eroberung Babylons – verwirklichen konnte (Jes 45:1, 2, 5). Gott, der Allmächtige, „der von Anfang an den Ausgang kundtut und von alters her die Dinge, die nicht getan worden sind“, lenkte die Angelegenheiten der Menschen so, dass sein Beschluss vollzogen wurde. Er rief Cyrus „vom Sonnenaufgang her“, aus Persien (im O von Babylon), wo sich Pasargadae, die Lieblingsresidenz des Cyrus, befand. Cyrus sollte sich mit der Schnelligkeit eines „Raubvogels“ auf Babylon stürzen (Jes 46:10, 11). In The Encyclopædia Britannica (1910, Bd. X, S. 454) wird gesagt: „Die Perser trugen einen am Ende einer Lanze befestigten Adler, und auch die Sonne wurde als ihre Gottheit auf ihren Standarten dargestellt, die ... von den tapfersten Männern des Heeres streng bewacht wurden.“

Wie leitete Cyrus das Wasser des Euphrat ab?

Gemäß den biblischen Prophezeiungen über die Eroberung Babylons durch Cyrus sollten ‘die Wassertiefe und die Ströme austrocknen und die Tore nicht verschlossen sein’; die Stadt sollte plötzlich, ohne Widerstand der babylonischen Soldaten, eingenommen werden (Jes 44:27; 45:1, 2; Jer 50:35-38; 51:30-32). Herodot berichtet, dass Babylon von einem tiefen, breiten Wassergraben umgeben war. Zahlreiche Tore aus Erz (oder Kupfer) in der inneren Mauer, die am Euphrat lag, der Babylon in zwei Teile teilte, bildeten die Zugänge zur Stadt. Wie Cyrus bei der Belagerung der Stadt vorging, beschreibt Herodot wie folgt: „Er leitete den Fluss mithilfe eines Durchstiches in den See [den künstlichen See, den Königin Nitokris vermutlich früher angelegt hatte], der ja eigentlich ein Sumpf war. Dadurch erreichte er dann, dass das alte Flussbett zu durchwaten war; der Wasserspiegel im Fluss sank. Durch dieses Flussbett drangen nun die Perser in Babylon ein ... Hätten die Babylonier den Plan des Kyros vorher erfahren oder gemerkt, so hätten sie die Perser nicht in die Stadt eindringen lassen, sondern sie schmählich niedergehauen. Wenn sie nämlich alle zum Fluss führenden Tore geschlossen und selbst auf die steinernen Umfriedungen entlang den Flussufern gestiegen wären, hätten sie die Perser wie in einem Käfig gefangen. Nun aber standen die Perser ganz unvermutet in der Stadt. Wie man dort im Lande erzählt, wussten bei der Größe der Stadt die Leute in der Mitte noch nichts vom Eindringen der Feinde, als die Stadtränder bereits erobert waren. Man feierte ein Fest, tanzte und war guter Dinge, bis endlich die Kunde recht deutlich auch zu ihnen drang. [Vgl. Da 5:1-4, 30; Jer 50:24; 51:31, 32]. So war damals Babylon zum ersten Male erobert“ (Historien, übersetzt von J. Feix, 1974, I, 191, S. 91, 92).

Xenophons Bericht weicht in einigen Einzelheiten von Herodots Beschreibung ab, doch im Großen und Ganzen stimmt er damit überein. Xenophon erwähnt, dass Cyrus es fast für unmöglich gehalten habe, die mächtigen Mauern Babylons zu stürmen, und schildert dann, wie Cyrus die Stadt belagerte, dass er das Wasser des Euphrat in Gräben ableitete und dann – während die Stadt in festlicher Stimmung war – seinen Truppen befahl, an der Stadtmauer vorbei das Flussbett hinaufzuziehen. Unter dem Befehl von Gobryas und Gadates überraschten die Soldaten die Wachen und gelangten durch die Tore in den Palast. In einer einzigen Nacht wurde die Stadt erobert und der König getötet. Am darauffolgenden Morgen ergaben sich die Besatzungen der verschiedenen Burgen (Cyropädie, VII, V, 33; vgl. Jer 51:30).

Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus gibt über den Sieg des Cyrus einen Bericht des babylonischen Priesters Berossos (3. Jahrhundert v. u. Z.) wieder. Darin heißt es: „Im 17. Jahre seiner [Nabonids] Regierung war es, dass Kyros, nachdem er mit großer Heeresmacht Persien verlassen und das ganze übrige Asien unterjocht hatte, gegen Babylonien heranzog. Nabonned [Nabonid] rückte ihm auf die Nachricht von seinem Herannahen mit seinem Heere entgegen, lieferte ihm eine Schlacht, die er aber verlor. Er floh mit nur wenigen seiner Leute und schloss sich in die Stadt Borsipp [die Zwillingsstadt Babylons] ein. Kyros aber eroberte Babylon, ließ die äußeren Mauern der Stadt, weil ihm letztere viel zu schaffen gemacht und sich als sehr fest erwiesen hatte, schleifen, und brach dann nach Borsippos auf, um Nabonned zu belagern. Dieser ergab sich, ohne Widerstand zu leisten, und wurde deshalb von Kyros gar freundlich behandelt; darauf schickte er ihn aus Babylonien nach Karmanien, das er ihm zum Wohnsitz anwies. In diesem Lande brachte Nabonned den Rest seines Lebens zu und starb“ (Gegen Apion, 1. Buch, Abs. 20). Dieser Bericht unterscheidet sich von den anderen vor allem durch das, was über Nabonids Vorgehen und über Cyrus’ Handlungsweise gegenüber Nabonid gesagt wird. Er stimmt jedoch mit dem Bibelbericht überein, nach dem nicht Nabonid, sondern Belsazar der König war, der in der Nacht, in der Babylon fiel, getötet wurde. (Siehe BELSAZAR.)

Die Keilschrifttafeln, die von Archäologen gefunden wurden, enthalten zwar keine Einzelheiten über die Eroberung Babylons, bestätigen aber die plötzliche Einnahme der Stadt durch Cyrus. Nach der Chronik des Nabonid griff Cyrus die babylonischen Streitkräfte im Monat Tischri (September/Oktober) des letzten Jahres der Regierung Nabonids (539 v. u. Z.) bei Opis an und schlug sie. In der Inschrift heißt es weiter: „Am 14. wurde Sippar ohne Kampf genommen. Nabûnâʼid floh. Am 16. zogen Gubaru, der Statthalter von Gutium und die Truppen des Kuraš [Cyrus] ohne Kampf in Babylon ein. Nachher wurde Nabûnâʼid auf der Flucht in Babylon gefangen genommen. ... Am 3. Arah[s]amna [Marchäschwan (Oktober bis November)] zog Kuraš in Babylon ein“ (Greßmann [Hg.], Altorientalische Texte, S. 368). Nach dieser Inschrift kann die Eroberung Babylons auf den 16. Tischri des Jahres 539 v. u. Z. datiert werden, und 17 Tage später, am 3. Marchäschwan, zog Cyrus in die Stadt ein.

Beginn der arischen Weltherrschaft. Durch diesen Sieg machte Cyrus der semitischen Herrschaft in Mesopotamien und im Nahen Osten ein Ende und gründete die erste Weltmacht arischen Ursprungs. Der Cyrus-Zylinder – eine Keilschrifturkunde, deren Inhalt nach der Annahme von Historikern in Babylon bekannt gemacht werden sollte – ist weitgehend religiösen Inhalts und zeigt, dass Cyrus die Ehre für seinen Sieg Marduk, dem Hauptgott Babylons, zuschrieb: „Die Gesamtheit aller Länder musterte er [Marduk], schaute nach ihm aus, suchte einen gerechten Fürsten nach seinem Herzenswunsch, damit er seine Hände erfasse [bei der jährlichen Prozession]. Kyros, König der Stadt Anšan, dessen Namen sprach er aus, berief ihn zur Herrschaft über die ganze Welt. ... Marduk, der große Herr, der Hüter seiner Menschen, blickte freudig auf seine guten Taten und sein gerechtes Herz. Nach seiner Stadt Babylon zu ziehen, befahl er ihm, ließ ihn einschlagen die Straße nach Babylon, wie ein Freund und Genosse ihm zur Seite gehend. Seine weitausgebreiteten Truppen, deren Zahl wie das Wasser des Stromes nicht bekannt ist, zogen waffengerüstet ihm zur Seite. Ohne Kampf und Schlacht ließ er ihn einziehen in Babylon, seine Stadt“ (Greßmann [Hg.], Altorientalische Texte, S. 369).

Warum wird der Fall Babylons auf dem Cyrus-Zylinder anders erklärt als in der Bibel?

Doch trotz dieser heidnischen Interpretation der Geschehnisse erkannte Cyrus gemäß dem Bibelbericht die Tatsachen an, denn in seinem Erlass, der den im Exil lebenden Juden gestattete, nach Jerusalem zurückzukehren und den Tempel wieder aufzubauen, hieß es: „Alle Königreiche der Erde hat Jehova, der Gott der Himmel, mir gegeben, und er selbst hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen in Jerusalem, das in Juda ist“ (Esr 1:1, 2). Das bedeutet natürlich nicht, dass sich Cyrus zum Judentum bekehrte; es zeigt lediglich, dass ihm das, was die Bibel über seinen Sieg sagt, bekannt war. Im Hinblick auf das hohe Verwalteramt, das Daniel vor und nach dem Fall Babylons innehatte (Da 5:29; 6:1-3, 28), ist es kaum vorstellbar, dass Cyrus von den Prophezeiungen nicht unterrichtet war, die Jehovas Propheten niedergeschrieben oder geäußert hatten und zu denen auch Jesajas Prophezeiung gehörte, in der Cyrus’ Name ausdrücklich erwähnt wird. Was den oben angeführten Cyrus-Zylinder betrifft, so wird zugegeben, dass außer dem König möglicherweise noch andere an der Abfassung dieser Keilschrifturkunde beteiligt waren. G. Ernest Wright schreibt in seinem Buch Biblische Archäologie (1958, S. 200, 201), dass möglicherweise „der König oder die Kanzlei ... dieses Dokument abfasste“. (Von einem ähnlichen Fall in Verbindung mit Darius wird in Daniel 6:6-9 berichtet.) Dr. Emil G. Kraeling (Rand McNally Bible Atlas, 1966, S. 328) bezeichnet den Cyrus-Zylinder als „eine von den babylonischen Priestern abgefasste Propagandaschrift“. Sie könnte tatsächlich unter dem Einfluss der babylonischen Priesterschaft entstanden sein (siehe B. Bonkamp, Die Bibel im Lichte der Keilschriftforschung, Recklinghausen 1939, S. 536, 537). Die Priester wollten dadurch möglicherweise das Versäumnis Marduks (auch Bel genannt) und der anderen babylonischen Götter, die Stadt zu retten, bemänteln, wobei sie sogar so weit gingen, dass sie Marduk das zuschrieben, was Jehova getan hatte. (Siehe Jes 46:1, 2; 47:11-15.)

Cyrus’ Verordnung zur Rückkehr aus dem Exil. Als Cyrus durch seine Verordnung die Juden aus dem Exil entließ, erfüllte er den Auftrag, den er im Interesse Israels als Jehovas ‘gesalbter Hirte’ erhalten hatte (2Ch 36:22, 23; Esr 1:1-4). Die Proklamation erfolgte „im ersten Jahr des Cyrus, des Königs von Persien“, womit das erste Jahr seiner Herrschaft im Hinblick auf das besiegte Babylon gemeint ist. In Daniel 9:1 wird auf das ‘erste Jahr des Darius’ Bezug genommen, das offenbar in die Zeit zwischen dem Sturz Babylons und dem „ersten Jahr des Cyrus“ als Herrscher über Babylon fiel. Wenn dem so war, könnte dies bedeuten, dass der Schreiber vielleicht die Ansicht vertrat, das erste Jahr des Cyrus habe gegen Ende des Jahres 538 v. u. Z. begonnen. Wenn aber die Herrschaft des Darius über Babylon als seine Herrschaft als Vizekönig zu betrachten ist, er also zusammen mit Cyrus über Babylon geherrscht hätte, so hätte nach babylonischem Brauch das erste Regierungsjahr des Cyrus vom Nisan des Jahres 538 bis zum Nisan 537 v. u. Z. gedauert.

Gemäß dem Bibelbericht müsste die Verordnung des Cyrus, durch die die Juden freigelassen wurden, um nach Jerusalem zurückzukehren, gegen Ende des Jahres 538 oder Anfang des Jahres 537 v. u. Z. herausgegeben worden sein. Das hätte den Juden Zeit gegeben, sich auf den Auszug aus Babylon und die lange Reise nach Juda und Jerusalem (die gemäß Esra 7:9 etwa vier Monate gedauert haben könnte) vorzubereiten und sich noch im „siebten Monat“ (Tischri) des Jahres 537 v. u. Z. „in ihren Städten“ niederzulassen (Esr 3:1, 6). Damit endeten die vorhergesagten 70 Jahre der Verödung Judas, die im Jahr 607 v. u. Z., ebenfalls im Monat Tischri, begonnen hatten (2Kö 25:22-26; 2Ch 36:20, 21).

Cyrus’ Zusammenarbeit mit den Juden stand in merklichem Gegensatz zu der Behandlung durch frühere heidnische Herrscher. Er gab ihnen die kostbaren Tempelgeräte zurück, die Nebukadnezar nach Babylon mitgenommen hatte. Die Juden erhielten auch die königliche Erlaubnis, Zedernstämme vom Libanon einzuführen, und die Baukosten sollten aus dem Haus des Königs bestritten werden (Esr 1:7-11; 3:7; 6:3-5). Nach der Inschrift des Cyrus-Zylinders (BILD, Bd. 2, S. 332) verfolgte der persische Herrscher gegenüber den unterworfenen Völkern seines Herrschaftsgebiets im Allgemeinen eine Politik der Menschlichkeit und der Toleranz. Er soll gemäß dieser Inschrift gesagt haben: „Die Städte [jenseits] des Tigris, deren Wohnsitze von altersher (?) verfallen waren – (überall) brachte ich die dort wohnenden Götter an ihren Ort zurück und ließ sie eine ewige Wohnung beziehen. Alle ihre Leute versammelte ich und brachte sie zurück zu ihren Wohnsitzen“ (Textbuch zur Geschichte Israels, herausgegeben von K. Galling, 1979, S. 84).

Außer der in Esra 1:1-4 angeführten Proklamation des Königs wird im Bibelbericht noch eine weitere Urkunde des Cyrus erwähnt, ein „Memorandum“, das im Urkundenhaus in Ekbatana (Medien) aufbewahrt und während der Regierung des Persers Darius gefunden wurde (Esr 5:13-17; 6:1-5). Über diese zweite Urkunde schreibt Professor G. Ernest Wright: „Sie wird ausdrücklich als ein dikrona bezeichnet, eine offizielle aramäische Bezeichnung für ein Memorandum, das eine mündliche Entscheidung des Königs oder eines andern Beamten schriftlich festhielt und entsprechende Verwaltungsmaßnahmen auslöste. ... Sie ist nie für die Öffentlichkeit, sondern einzig und allein für das Auge des zuständigen Beamten bestimmt gewesen und nach dessen Kenntnisnahme in den Regierungsarchiven abgeheftet worden“ (Biblische Archäologie, S. 200).

Tod und prophetische Bedeutung. Cyrus soll um das Jahr 530 v. u. Z. in einer Schlacht gefallen sein, doch die Berichte darüber widersprechen sich zum Teil. Offenbar noch zu seinen Lebzeiten wurde sein Sohn Kambyses II. sein Mitregent, und nach seinem Tod folgte ihm dieser als Alleinherrscher auf den persischen Thron.

Die Prophezeiungen über den plötzlichen Fall Babylons der Großen, die in der Offenbarung erwähnt werden, bilden im Wesentlichen eine Parallele zu der Beschreibung der Eroberung der buchstäblichen Stadt Babylon durch Cyrus. (Vgl. Off 16:12; 18:7, 8 mit Jes 44:27, 28; 47:8, 9.) Der König, der die mächtigen Streitkräfte anführt und von dem unmittelbar nach dem Bericht über den Fall Babylons die Rede ist, ist indes kein irdischer, sondern ein himmlischer König, „Das Wort Gottes“, Jehovas wahrer gesalbter Hirte, Christus Jesus (Off 19:1-3, 11-16).