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Inspiration

Inspiration

Einfluss oder Eingebung durch die Leitung eines übermenschlichen Geistes. Wenn der Quell dieses Geistes Jehova ist, dann ist das Ergebnis, ob geäußert oder schriftlich festgelegt, das wahrhaftige Wort Gottes. In 2. Timotheus 3:16 lesen wir die Worte des Apostels Paulus: „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert.“ Mit dem Ausdruck „von Gott inspiriert“ wird das zusammengesetzte griechische Wort theópneustos wiedergegeben, das wörtlich „gottgehaucht“ bedeutet.

Dieser griechische Ausdruck kommt in der Bibel nur an dieser Stelle vor, und er kennzeichnet Gott als den Urheber und Verfasser der Heiligen Schrift, der Bibel. Eine gewisse Parallele zu dem Gedanken, dass die Heilige Schrift „gottgehaucht“ ist, findet sich in den Hebräischen Schriften, in Psalm 33:6, wo es heißt: „Durch das Wort Jehovas sind die Himmel selbst gemacht worden und durch den Geist [oder Atem (Hauch)] seines Mundes all ihr Heer.“

Was Gottes Geist bewirkt. Das Mittel oder Werkzeug, durch das die Inspiration der „ganzen Schrift“ bewirkt wurde, war Gottes heiliger Geist oder seine wirksame Kraft. (Siehe GEIST.) Dieser heilige Geist wirkte auf Männer ein, um sie zu veranlassen und anzuleiten, Gottes Botschaft niederzuschreiben. Darum sagt der Apostel Petrus über biblische Prophezeiungen: „Dies wisst zuerst, dass keine Prophezeiung der Schrift irgendeiner privaten Auslegung entspringt. Denn Prophetie wurde niemals durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern Menschen redeten von Gott aus, wie sie von heiligem Geist getrieben wurden“ (2Pe 1:20, 21). Die Tatsachen zeigen, dass Gottes Geist auf Herz und Sinn aller Bibelschreiber einwirkte, um sie an das von Gott bestimmte Ziel zu bringen. König David sagte: „Der Geist Jehovas war es, der durch mich redete, und sein Wort war auf meiner Zunge“ (2Sa 23:2). Als Jesus aus Psalm 110 zitierte, sagte er, dass David „durch Inspiration [wtl. in Geist]“ geschrieben hatte (Mat 22:43). In dem Paralleltext in Markus 12:36 heißt es: „durch den heiligen Geist“.

So, wie Jehovas Geist Männer veranlasste oder befähigte, andere göttliche Aufträge zu erfüllen – z. B. die Priesterkleider und die Ausrüstungsgegenstände für die Stiftshütte herzustellen (2Mo 28:3; 35:30-35), Amtspflichten zu erfüllen (5Mo 34:9) oder die Streitkräfte anzuführen (Ri 3:9, 10; 6:33, 34) –, so befähigte er auch Männer, die Bibel zu schreiben. Durch diesen Geist konnte ihnen Weisheit, Verständnis, Erkenntnis, Rat und Kraft, die über das Normale hinausging und ihren besonderen Bedürfnissen entsprach, gegeben werden (Jes 11:2; Mi 3:8; 1Ko 12:7, 8). Von David wird gesagt, er habe den Bauplan des Tempels „durch Inspiration [wtl. im (durch den) Geist]“ erhalten (1Ch 28:12). Jesus versicherte seinen Aposteln, dass Gottes Geist ihnen helfen, sie lehren und leiten werde, ja dass er sie an alles, was sie von ihm gehört hätten, erinnern und ihnen auch Künftiges offenbaren werde (Joh 14:26; 16:13). Das bietet die Gewähr für die Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit der Evangelien, die zum Teil lange Zitate aus den Reden Jesu enthalten, wie z. B. das Johannesevangelium, das erst Jahrzehnte nach dem Tod Jesu geschrieben wurde.

Von der „Hand Jehovas“ gelenkt. Die Bibelschreiber befanden sich somit unter der „Hand“ oder der lenkenden und leitenden Kraft Jehovas (2Kö 3:15, 16; Hes 3:14, 22). Wie Jehovas „Hand“ seine Diener veranlassen konnte, zu reden oder zu bestimmten Zeiten zu schweigen (Hes 3:4, 26, 27; 33:22), so konnte sie sie auch zum Schreiben antreiben oder als hemmende Kraft wirken; sie konnte die Schreiber veranlassen, gewisse Dinge zu behandeln, oder sie davon zurückhalten, etwas in ihren Bericht aufzunehmen. Das Endergebnis fiel in jedem Fall so aus, wie Jehova es haben wollte.

Wie Gott die Niederschrift der Bibel leitete. Den Worten des Apostels Paulus gemäß redete Gott „auf vielerlei Weise“ zu seinen Dienern in der vorchristlichen Zeit (Heb 1:1, 2). Mindestens einmal – im Fall der Zehn Gebote oder des Dekalogs – übermittelte Gott den Aufschluss in schriftlicher Form, sodass er lediglich auf Rollen oder anderes Material, das Moses verwendete, übertragen werden musste (2Mo 31:18; 5Mo 10:1-5). In anderen Fällen wurde er Wort für Wort diktiert. Als Jehova dem Moses die umfangreiche Sammlung von Gesetzen und Satzungen seines mit Israel geschlossenen Bundes unterbreitete, sagte er zu ihm: „Schreibe dir diese Worte auf“ (2Mo 34:27). Auch die Propheten erhielten oft besondere Botschaften, die sie ausrichten mussten und die dann aufgezeichnet wurden und jetzt in der Bibel enthalten sind (1Kö 22:14; Jer 1:7; 2:1; 11:1-5; Hes 3:4; 11:5).

Andere Methoden, Bibelschreiber über etwas zu unterrichten, waren Träume und Visionen. Bei Träumen – manchmal auch „nächtliche Visionen“ genannt – wurde dem Schlafenden offenbar ein Bild von Gottes Botschaft oder Vorsatz übertragen (Da 2:19; 7:1). Visionen, die jemand bei Bewusstsein hatte, waren ein noch häufiger angewandtes Mittel, um dem Schreiber die Gedanken Gottes mitzuteilen, wobei ihm die Offenbarung bildhaft eingeprägt wurde (Hes 1:1; Da 8:1; Off 9:17). Manchmal erhielt jemand eine Vision, nachdem er in Trance gefallen war. Obwohl bei Bewusstsein, war der Betreffende von der Vision offenbar so gefesselt, dass er alles um sich herum vergaß (Apg 10:9-17; 11:5-10; 22:17-21; siehe VISION).

In vielen Fällen benutzte Gott Engel zur Übermittlung seiner Botschaften (Heb 2:2). Diese Boten spielten hierbei eine größere Rolle, als es manchmal erscheinen mag. So heißt es zwar, Gott habe mit Moses geredet, als er ihm das Gesetz gab, doch sowohl Stephanus als auch Paulus zeigen, dass Gott diese Gesetzessammlung durch seine Engel übermittelte (Apg 7:53; Gal 3:19). Da die Engel im Namen Jehovas redeten, konnte die Botschaft, die sie überbrachten, das „Wort Jehovas“ genannt werden (1Mo 22:11, 12, 15-18; Sach 1:7, 9).

Ganz gleich, wie die einzelnen Botschaften übermittelt wurden, sind doch alle Teile der Bibel gleich wertvoll, sie sind alle inspiriert oder „gottgehaucht“.

Kann man sagen, dass die Bibel von Gott inspiriert ist, obwohl die Bibelschreiber ihrer Individualität Ausdruck verliehen?

Die Tatsachen zeigen jedoch, dass die Männer, durch die Gott die Bibel schreiben ließ, keine Roboter waren, die lediglich das aufzeichneten, was ihnen diktiert wurde. Wir lesen über den Apostel Johannes, dass ihm die „gottgehauchte“ Offenbarung durch einen Engel „in Zeichen“ dargelegt wurde und dass Johannes dann „von dem Wort, das Gott gab, Zeugnis ablegte und von dem Zeugnis, das Jesus Christus gab, ja von allem, was er sah“ (Off 1:1, 2). „Durch Inspiration [wtl. im Geist]“ befand sich Johannes „dann am Tag des Herrn“, und es wurde ihm gesagt: „Was du siehst, schreibe in eine Buchrolle“ (Off 1:10, 11). Gott hielt es demnach anscheinend für richtig, den Bibelschreibern zu gestatten, bei der Wahl der Worte und Ausdrücke zur Beschreibung der Visionen, die sie hatten, ihre geistigen Fähigkeiten anzuwenden (Hab 2:2), obgleich er sie stets lenkte und überwachte, sodass das Enderzeugnis nicht nur zuverlässig und wahrheitsgetreu war, sondern auch dem von ihm verfolgten Zweck entsprach (Spr 30:5, 6). Aus Prediger 12:9, 10 geht hervor, dass sich der Schreiber persönlich Mühe gab, indem er Erwägungen und gründliche Nachforschungen anstellte, um den Stoff in logischer Reihenfolge und in ‘gefälligen Worten und den richtigen Worten der Wahrheit’ darzulegen. (Vgl. Luk 1:1-4.)

Das ist zweifellos nicht nur die Erklärung für den unterschiedlichen Stil in den einzelnen Bibelbüchern, sondern auch für die Verwendung von Ausdrücken, die offensichtlich Licht auf das Leben des betreffenden Schreibers werfen. Gott mag die natürlichen Fähigkeiten der Schreiber berücksichtigt haben, als er sie mit ihrer besonderen Aufgabe betraute; vielleicht bereitete er sie sogar zuerst darauf vor.

Matthäus liefert beispielsweise einen Beweis für Individualität in der Ausdrucksweise, da er als ehemaliger Steuereinnehmer oft besonders genaue Angaben macht, wenn es um Zahlen und Währungseinheiten geht (Mat 17:27; 26:15; 27:3). Andererseits gebrauchte Lukas, „der geliebte Arzt“ (Kol 4:14), Ausdrücke, die für seine medizinischen Kenntnisse kennzeichnend waren (Luk 4:38; 5:12; 16:20).

Selbst wenn der Schreiber davon spricht, dass er das „Wort Jehovas“ oder einen bestimmten „prophetischen Spruch“ empfangen habe, erfolgte die Übermittlung nicht unbedingt Wort für Wort, sondern möglicherweise, indem Gott dem Schreiber ein geistiges Bild seiner Absicht vermittelte, das der Schreiber dann in Worte kleidete. Das mag erklären, weshalb die Schreiber mitunter vom „Schauen“ (nicht vom „Hören“) des „prophetischen Spruches“ oder des „Wortes Jehovas“ sprechen (Jes 13:1; Mi 1:1; Hab 1:1; 2:1, 2).

Die Männer, durch die Jehova die Bibel schreiben ließ, wirkten daher mit seinem heiligen Geist zusammen. Sie ließen sich bereitwillig von Gott leiten (Jes 50:4, 5), und sie bemühten sich, Gottes Willen und seine Führung kennenzulernen (Jes 26:9). In vielen Fällen verfolgten sie ein bestimmtes Ziel (Luk 1:1-4) oder befriedigten ein offensichtliches Bedürfnis (1Ko 1:10, 11; 5:1; 7:1), und Gott leitete sie so, dass das, was sie schrieben, dem von ihm verfolgten Zweck entsprach und ihn erfüllte (Spr 16:9). Da sie Geistesmenschen waren, waren ihr Herz und ihr Sinn nach Gottes Willen ausgerichtet. Sie hatten „Christi Sinn“ und schrieben, anders als die falschen Propheten, keine rein menschliche Weisheit nieder noch „die Vision ihres eigenen Herzens“ (1Ko 2:13-16; Jer 23:16; Hes 13:2, 3, 17).

Der heilige Geist rief bei den Bibelschreibern offensichtlich „Verschiedenheiten von Wirkungen“ hervor (1Ko 12:6). Viel von dem Stoff in ihren Schriften war ihnen nach menschlichen Begriffen zugänglich, weil er bereits in schriftlicher Form vorhanden war, wie die Geschlechtsregister und gewisse geschichtliche Berichte (Luk 1:3; 3:23-38; 4Mo 21:14, 15; 1Kö 14:19, 29; 2Kö 15:31; 24:5; siehe BUCH). In diesen Fällen wirkte Gottes Geist insofern, als er verhinderte, dass sich Ungenauigkeiten oder Fehler in das göttliche Buch einschlichen, und auch insofern, als er die Auswahl des Stoffes, der aufgenommen wurde, beeinflusste. Offenbar war nicht alles, was andere Personen gesagt hatten und später in den biblischen Bericht aufgenommen wurde, von Gott inspiriert, sondern die Auswahl des Stoffes, die getroffen wurde, und die genaue Aufzeichnung solcher Dinge, die ein Teil der Heiligen Schrift werden sollten, erfolgte unter der Leitung des heiligen Geistes. (Siehe 1Mo 3:4, 5; Hi 42:3; Mat 16:21-23.) Auf diese Weise hat Gott dafür gesorgt, dass sein inspiriertes Wort ein genauer Bericht ist, der zeigt, was jemandem widerfährt, der auf ihn hört und in Übereinstimmung mit seinem Vorsatz wirkt, aber auch, was jemandem zustößt, der auf eine Weise denkt, redet und handelt, die von der Missachtung Gottes oder Unkenntnis seiner gerechten Wege zeugt. Der Aufschluss über die vormenschliche Geschichte der Erde (1Mo 1:1-26) oder über Ereignisse und Vorgänge im Himmel (Hi 1:6-12 und andere Texte) sowie Prophezeiungen und Offenbarungen der Vorsätze Gottes und gewisser Lehren waren Menschen dagegen nicht zugänglich und mussten auf übernatürliche Weise durch Gottes Geist übermittelt werden. Was weise Sprüche und gute Ratschläge betrifft, so konnte der Schreiber zwar durch eigene Erfahrung und, was noch eher zutreffen mag, durch das Studium und die Anwendung der bereits vorhandenen Teile der Heiligen Schrift viel gelernt haben, dennoch war die Wirksamkeit des heiligen Geistes erforderlich, damit der Aufschluss geeignet war, ein Bestandteil des Wortes Gottes zu werden, das ‘lebendig ist und Macht ausübt und imstande ist, die Gedanken und Absichten des Herzens zu beurteilen’ (Heb 4:12).

Ein Beispiel hierfür sind die Äußerungen des Apostels Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther, in dem er über das Heiraten und das Ledigsein Rat erteilt. An einer Stelle schreibt er: „Den anderen aber sage ich, ja ich, nicht der Herr ...“, und dann sagt er: „In Bezug auf Jungfräuliche nun habe ich keinen Befehl vom Herrn, aber ich äußere meine Meinung“, und schließlich schreibt er eine Witwe betreffend: „Doch ist sie, meiner Meinung nach, glücklicher, wenn sie so bleibt, wie sie ist. Ich denke bestimmt, dass auch ich Gottes Geist habe“ (1Ko 7:12, 25, 40). Damit wollte Paulus offensichtlich sagen, er könne in bestimmten Fragen keine direkte Lehre des Herrn Jesus anführen. Deshalb äußerte er als ein von Gottes Geist erfüllter Apostel seine persönliche Meinung. Sein Rat war jedoch „gottgehaucht“ und wurde daher zu einem Bestandteil der Heiligen Schrift, der ebenso maßgebend ist wie ihre übrigen Teile.

Die inspirierten Schriften der Bibel unterscheiden sich deutlich von anderen Schriften, die zwar eine gewisse Leitung des Geistes Gottes erkennen lassen, trotzdem aber nicht zu den Büchern der Heiligen Schrift gerechnet werden. Wie bereits gezeigt, gab es außer den kanonischen Büchern der Hebräischen Schriften noch andere Schriften – zum Beispiel offizielle Aufzeichnungen über die Könige von Juda und Israel –, die zu einem großen Teil von gottergebenen Männern abgefasst worden sein mögen. Sie wurden sogar von inspirierten Bibelschreibern zu Nachschlagezwecken verwendet, auch in apostolischen Zeiten. Außer den Briefen, die in den Bibelkanon aufgenommen wurden, schrieben Apostel und ältere Männer im Lauf der Jahre bestimmt viele weitere Briefe an die zahlreichen Versammlungen. Obwohl die Schreiber vom heiligen Geist geleitet wurden, erkannte Gott diese Briefe nicht als Bestandteil seines unfehlbaren Wortes an. Die hebräischen nicht kanonischen Schriften mögen einige Irrtümer enthalten haben, und auch die nicht kanonischen Schriften der Apostel mögen in etwa das lückenhafte Verständnis widergespiegelt haben, das die Christenversammlung in ihren ersten Jahren noch hatte. (Vgl. Apg 15:1-32; Gal 2:11-14; Eph 4:11-16.) Doch wenn Gott gewissen Christen durch seinen Geist oder seine wirksame Kraft die Fähigkeit zur „Unterscheidung inspirierter Äußerungen“ verlieh, so konnte er auch die leitende Körperschaft der Christenversammlung so leiten, dass sie zu unterscheiden vermochte, welche inspirierten Schriften in den Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen werden sollten und welche nicht (1Ko 12:10; siehe KANON).

Die heiligen Schriften als inspiriert anerkannt. Die Tatsachen lassen eindeutig erkennen, dass die heiligen Schriften, die dem Bibelkanon nach und nach hinzugefügt wurden, von allen Dienern Gottes, auch von Jesus und seinen Aposteln, als inspiriert anerkannt wurden. Mit „Inspiration“ ist nicht lediglich die plötzliche Eingebung einer Idee, ein spontanes Entstehen von Gefühlen, die einen hohen Grad von Kreativität und Empfindsamkeit auslösen, gemeint (wie es oft von weltlichen Künstlern oder Dichtern gesagt wird), sondern die Abfassung unfehlbarer Schriften, die so maßgebend sind, als wären sie von Gott selbst geschrieben. Darum gaben die Propheten, die an der Abfassung der Hebräischen Schriften beteiligt waren, stets Gott die Ehre für ihre Botschaften, indem sie (und zwar über 300-mal) Wendungen gebrauchten wie: „Dies ist, was Jehova gesprochen [gesagt] hat“ (Jes 37:33; Jer 2:2; Nah 1:12). Jesus und die Apostel zitierten vertrauensvoll aus den Hebräischen Schriften, da sie sie als Gottes Wort betrachteten, das durch die von Gott beauftragten Schreiber geäußert wurde und sich daher unweigerlich erfüllen musste, ja das in jeder Kontroverse die entscheidende Autorität war (Mat 4:4-10; 19:3-6; Luk 24:44-48; Joh 13:18; Apg 13:33-35; 1Ko 15:3, 4; 1Pe 1:16; 2:6-9). Die Hebräischen Schriften enthielten „die heiligen Aussprüche Gottes“ (Rö 3:1, 2; Heb 5:12). In Hebräer 1:1 erklärt Paulus, dass Gott durch die Propheten zu Israel redete, und zitiert dann aus verschiedenen Büchern der Hebräischen Schriften, wobei er die Texte so anführt, als hätte Jehova Gott die betreffenden Worte selbst gesprochen (Heb 1:5-13; vergleiche ähnliche Hinweise auf den heiligen Geist in Apostelgeschichte 1:16; 28:25; Hebräer 3:7; 10:15-17).

Jesus bewies sein volles Vertrauen in die Unfehlbarkeit der heiligen Schriften, indem er sagte: „Die Schrift kann ... nicht ungültig gemacht werden“ (Joh 10:34, 35), und: „Eher würden Himmel und Erde vergehen, als dass auch nur e i n kleinster Buchstabe oder ein einziges Teilchen eines Buchstabens vom GESETZ verginge und nicht alles geschähe“ (Mat 5:18). Zu den Sadduzäern sagte er: „Ihr seid [in Bezug auf die Auferstehung] im Irrtum, denn ihr kennt weder die Schriften noch die Macht Gottes“ (Mat 22:29-32; Mar 12:24). Er war bereit, sich festnehmen zu lassen und sogar den Tod zu erleiden, weil er wusste, dass sich dadurch das geschriebene Wort Gottes, die Heilige Schrift, erfüllte (Mat 26:54; Mar 14:27, 49).

Diese Äußerungen beziehen sich auf die vorchristlichen Hebräischen Schriften. Aber auch die Christlichen Griechischen Schriften wurden offensichtlich als inspiriert angesehen und anerkannt (1Ko 14:37; Gal 1:8, 11, 12; 1Th 2:13), denn der Apostel Petrus rechnete, wie aus einer seiner Aussagen hervorgeht, die Briefe des Paulus zu den übrigen Schriften (2Pe 3:15, 16). Somit bildet die ganze Sammlung der heiligen Schriften das einheitliche, das harmonische geschriebene Wort Gottes (Eph 6:17).

Die Autorität der Handschriften und Übersetzungen. Dem geschriebenen Wort Gottes ist also absolute Unfehlbarkeit zuzuschreiben. Das trifft auf die Originaltexte zu, von denen allerdings heute, soweit bekannt, keine mehr vorhanden sind. Von den Abschriften dieser Originaltexte und von den Übersetzungen in vielen Sprachen kann nicht behauptet werden, sie seien absolut genau. Es gibt jedoch stichhaltige Beweise und vernünftige Gründe für die Annahme, dass die vorhandenen Handschriften der Heiligen Schrift fast genau mit dem Urtext des geschriebenen Wortes Gottes übereinstimmen; die zweifelhaften Stellen sind für den Sinn der Botschaft kaum von Bedeutung. Der Zweck, den Jehova Gott mit der Abfassung der Heiligen Schrift verfolgte, und die inspirierte Äußerung „das von Jehova Gesagte bleibt für immer“ sind eine Gewähr dafür, dass Gott all die Jahrhunderte hindurch für die Erhaltung der Unversehrtheit der Heiligen Schrift sorgte (1Pe 1:25).

Worauf ist der unterschiedliche Wortlaut zurückzuführen, wenn in den Christlichen Griechischen Schriften aus den Hebräischen Schriften zitiert wird?

In einer Anzahl von Fällen benutzten die Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften offensichtlich die Septuaginta, wenn sie aus den Hebräischen Schriften zitierten. Doch manchmal weicht der von ihnen aus der Septuaginta angeführte Text etwas von dem heute bekannten hebräischen Text ab (den meisten heutigen Übersetzungen liegt der massoretische Text aus dem 10. Jahrhundert u. Z. zugrunde). Ein Beispiel hierfür sind die Worte, die der Apostel Paulus aus Psalm 40:6 zitiert: „... aber einen Leib hast du mir bereitet.“ So lauten diese Worte nach der Septuaginta (Heb 10:5, 6). In den heute vorhandenen hebräischen Handschriften von Psalm 40:6 lauten sie dagegen: „Diese meine Ohren hast du geöffnet.“ Ob der ursprüngliche hebräische Text die in der Septuaginta erscheinenden Worte enthielt, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Wie dem auch sei, Paulus zitierte sie unter der Leitung des Geistes Gottes. Folglich werden sie von Gottes Autorität gestützt. Das heißt nicht, dass die ganze Septuaginta als inspiriert zu betrachten ist; doch die von den inspirierten christlichen Schreibern zitierten Texte sind zu einem Bestandteil des Wortes Gottes geworden.

Einige von Paulus und anderen angeführte Zitate weichen jedoch sowohl von den hebräischen als auch von den griechischen Texten der heute zur Verfügung stehenden Handschriften ab. Es handelt sich dabei aber nur um geringfügige Abweichungen, die, wie man bei einer näheren Untersuchung feststellt, darauf zurückzuführen sind, dass der Schreiber den betreffenden Text nur sinngemäß oder gekürzt wiedergegeben hat oder dass er synonyme Ausdrücke verwendet oder erklärende Wörter oder Redewendungen hinzugefügt hat. In 1. Mose 2:7 heißt es z. B.: „Der Mensch wurde eine lebende Seele“, während Paulus, der diese Stelle zitiert, sagt: „So steht auch geschrieben: ‚Der erste Mensch, Adam, wurde eine lebende Seele‘“ (1Ko 15:45). Durch die Hinzufügung der Wörter „erste“ und „Adam“ betonte Paulus den Unterschied, den er zwischen Adam und Christus machte. Die Einfügung stimmte mit den in den heiligen Schriften aufgezeichneten Tatsachen völlig überein und entstellte den Sinn oder Inhalt des zitierten Textes keineswegs. Die Personen, denen Paulus schrieb, hatten Abschriften (oder Übersetzungen) der Hebräischen Schriften, die älter waren als die, die wir heute haben, und konnten daher seine Zitate nachprüfen, wie die Beröer es taten (Apg 17:10, 11). Die Tatsache, dass die Christenversammlung des 1. Jahrhunderts die betreffenden Schriften in den Kanon der Heiligen Schrift aufnahm, beweist, dass sie solche Zitate als Bestandteil des inspirierten Wortes Gottes anerkannte. (Vgl. auch Sach 13:7 mit Mat 26:31.)

Wahre und falsche „inspirierte Äußerungen“. Das griechische Wort pneuma (Geist) wird in einigen apostolischen Schriften in besonderem Sinne gebraucht. In 2. Thessalonicher 2:2 z. B. ermahnte der Apostel Paulus seine Brüder in Thessalonich, sich nicht erschüttern oder von ihrem vernünftigen Denken abbringen zu lassen, „weder durch eine inspirierte Äußerung [wtl. „Geist“] noch durch eine mündliche Botschaft, noch durch einen Brief, angeblich von uns, in dem Sinne, dass der Tag Jehovas hier sei“. Paulus gebrauchte das Wort pneuma (Geist) an dieser Stelle offensichtlich in Verbindung mit Kommunikationsmitteln, wie einer „mündlichen Botschaft“ oder einem „Brief“. Deshalb enthält das Theologisch-homiletische Bibelwerk von J. P. Lange zu diesem Text folgenden Kommentar: „Damit meint der Apostel eine Geisteseingebung, vorgebliche Weissagung, Äußerung eines Propheten“ (Die beiden Briefe Pauli an die Thessalonicher, 1864, S. 110). Das Werk Word Studies in the New Testament von M. R. Vincent sagt: „Durch Geist: durch prophetische Äußerungen einzelner in der Christengemeinde, die sich auf göttliche Offenbarungen beriefen“ (1957, Bd. IV, S. 63). Während das Wort pneuma in einigen Übersetzungen in diesem und in ähnlichen Fällen also einfach mit „Geist“ wiedergegeben wird, geben andere Übersetzungen es mit „Geistesmitteilung“ (Br), „Worte der Weissagung“ (Alb), „Inspiration“ (D’Ostervald; Segond [französisch]) und „inspirierte Äußerung“ (NW) wieder.

Die Worte des Apostels Paulus zeigen deutlich, dass es sowohl wahre als auch falsche „inspirierte Äußerungen“ gibt. In 1. Timotheus 4:1 erwähnt er beide Arten, indem er sagt: „Die inspirierte Äußerung [von Jehovas heiligem Geist kommend] ... sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeitperioden einige vom Glauben abfallen werden, indem sie auf irreführende inspirierte Äußerungen und Lehren von Dämonen achtgeben.“ Demnach sind die Dämonen die Urheber der falschen „inspirierten Äußerungen“. Das wird durch die Vision bestätigt, die der Apostel Johannes hatte, in der er „drei unreine inspirierte Äußerungen“ sah, die aussahen wie Frösche und aus dem Maul des Drachen und aus dem Maul des wilden Tieres sowie aus dem Mund des falschen Propheten ausgingen. Von diesen Äußerungen sagt er ausdrücklich, es seien „von Dämonen inspirierte Äußerungen“, durch die die Könige der Erde zum Krieg von Har-Magedon versammelt würden (Off 16:13-16).

Nicht umsonst richtet Johannes an Christen die eindringlichen Worte: „Prüft die inspirierten Äußerungen, um zu sehen, ob sie von Gott stammen“ (1Jo 4:1-3; vgl. Off 22:6). In seinen weiteren Ausführungen zeigt er dann, dass die wahren, von Gott stammenden inspirierten Äußerungen von der wahren Christenversammlung ausgehen und nicht aus unchristlichen, weltlichen Quellen stammen würden. Abgesehen davon, dass die Worte des Johannes von Jehova Gott inspiriert waren, bildete sein Brief eine gute Grundlage für die freimütige Erklärung: „Wer Gott erkennt, hört auf uns; wer nicht von Gott stammt, hört nicht auf uns. Auf diese Weise nehmen wir Kenntnis von der inspirierten Äußerung der Wahrheit und der inspirierten Äußerung des Irrtums“ (1Jo 4:6). Johannes stellte damit nicht bloß eine dogmatische Behauptung auf, sondern er erbrachte den Beweis, dass er und andere wahre Christen die Frucht des Geistes Gottes (vor allem Liebe) hervorbrachten und durch richtiges Handeln und wahrhaftiges Reden zeigten, dass sie wirklich ‘im Licht wandelten’, in Gemeinschaft mit Gott (1Jo 1:5-7; 2:3-6, 9-11, 15-17, 29; 3:1, 2, 6, 9-18, 23, 24; vgl. Tit 1:16).