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Jerusalem

Jerusalem

(Jerụsalem) [„Besitz(tum) (Gründung) zweifachen Friedens“].

Von 1070 v. u. Z. an die Hauptstadt Israels. Nach der Teilung der Stämme in zwei Königreiche (997 v. u. Z.) blieb Jerusalem Hauptstadt des Südreiches Juda. In der Bibel wird Jerusalem mehr als 800-mal erwähnt.

KARTE: Jerusalem und Umland

Name. Der älteste schriftlich überlieferte Name der Stadt lautet „Salem“ (1Mo 14:18). Einige versuchen zwar, die Bedeutung des Namens Jerusalem mit dem westsemitischen Gott Schalem in Verbindung zu bringen, doch gemäß den Ausführungen des Apostels Paulus ist „Frieden“ die wahre Bedeutung der zweiten Namenshälfte (Heb 7:2). Die hebräische Schreibweise dieser zweiten Hälfte lässt auf eine Dualform schließen, also „zweifacher Frieden“. In akkadischen (assyro-babylonischen) Texten wird die Stadt Urusalim (oder Ur-sa-li-im-mu) genannt. Aufgrund dessen geben einige Gelehrte als Bedeutung des Namens „Stadt des Friedens“ an. Wie es scheint, bedeutet die Namensform im Hebräischen aber – und davon sollte man sich logischerweise leiten lassen – „Besitz[tum] (Gründung) zweifachen Friedens“.

In der Bibel werden für die Stadt noch viele andere Ausdrücke und Namen gebraucht. Der Psalmist verwendet an einer Stelle den früheren Namen „Salem“ (Ps 76:2). Andere Benennungen sind: „Stadt Jehovas“ (Jes 60:14), „Stadt des großen Königs“ (Ps 48:2; vgl. Mat 5:35), „Stadt der Gerechtigkeit“ und „Treue Stadt“ (Jes 1:26), „Zion“ (Jes 33:20) und „heilige Stadt“ (Ne 11:1; Jes 48:2; 52:1; Mat 4:5). Die Araber nennen Jerusalem heute noch „Al Kuds“ (El-Kuds), was „die heilige [Stadt]“ bedeutet. Der hebräische Name lautet Jeruschalajim.

Lage. Jerusalem lag ziemlich abseits der Fernhandelswege am Rand eines Wüstengebietes (der Wildnis Juda) und verfügte nur über begrenzte Wasservorräte. Allerdings kreuzten sich zwei Nebenverkehrswege in der Nähe der Stadt. Der eine verlief in N-S-Richtung entlang des plateauartig geformten Gebirgsrückens, der ganz Palästina durchzieht, und verband Städte wie Dothan, Sichem, Bethel, Bethlehem, Hebron und Beerscheba. Der andere verlief in O-W-Richtung von Rabba (heute Amman) durch Wildbachtäler zum Jordantal, führte dann die Steilhänge des judäischen Berglandes hinauf, wand sich auf der W-Seite wieder hinunter und endete schließlich an der Mittelmeerküste in dem Hafenstädtchen Joppe. Auch war Jerusalem für das ganze Land der Verheißung zentral gelegen und eignete sich somit gut als politisches Verwaltungszentrum.

Jerusalem liegt ca. 55 km landeinwärts vom Mittelmeer entfernt und etwa 25 km genau w. vom N-Ende des Toten Meeres, eingebettet in die Hügel des zentralen Gebirgszuges. (Vgl. Ps 125:2.) Seine Höhe von etwa 750 m über dem Meeresspiegel machte Jerusalem zu einer der höchstgelegenen Hauptstädte der Welt jener Zeit. In der Bibel wird von ihrer „Erhebung“ gesprochen; Reisende, die von der Küstenebene kamen, mussten zu der Stadt ‘hinaufziehen’ (Ps 48:2; 122:3, 4). Das Klima ist angenehm, die Nächte sind kühl, und die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt etwa 17 °C. Jährlich fällt im Durchschnitt ca. 630 mm Niederschlag, der meiste zwischen November und April.

Obwohl Jerusalem so hoch liegt, überragt es das umliegende Gelände nicht. Der Reisende sieht die Stadt erst in ihrer ganzen Größe, wenn er nahe davorsteht. Im O erhebt sich der ca. 800 m hohe Ölberg, im N der etwa 820 m hohe Skopusberg, und die umliegenden Hügel im S und im W erreichen eine Höhe bis zu 835 m. Anhand dieser Höhenangaben kann man sich ein Bild von der Höhe des Tempelberges (ca. 740 m) im Verhältnis zu den anderen Erhebungen machen.

Man könnte meinen, die Stadt wäre für einen Angreifer eine leichte Beute gewesen. Doch etwaige Nachteile wurden dadurch aufgewogen, dass sie auf drei Seiten von Tälern mit steilen Abhängen umgeben war: vom Wildbachtal Kidron im O und vom Tal Hinnom im S und W. Ein Mitteltal, anscheinend das von Josephus erwähnte Tyropöontal („Käsemachertal“), teilte das Stadtgebiet in einen ö. und einen w. Hügel oder Ausläufer (Geschichte des Jüdischen Krieges, 5. Buch, Kap. 4, Abs. 1). Dieses Mitteltal wurde zwar im Lauf der Jahrhunderte erheblich aufgefüllt, doch wenn man die Stadt durchqueren will, muss man immer noch einen ziemlich steilen Abhang zur Talsenke hinabsteigen und dann auf der anderen Seite wieder hinaufsteigen. Offenbar haben außer dem Mitteltal, das von N nach S verläuft, zwei schmalere O-W-Täler oder Senken die Höhenzüge durchzogen; das eine durchschnitt den O-Hügel, das andere den W-Hügel.

Die steilen Talwände scheint man zu allen Zeiten in das Verteidigungssystem der Stadt mit einbezogen zu haben. Die einzige Seite ohne natürlichen Schutz lag im N, aber hier waren die Mauern besonders stark. Als der Feldherr Titus im Jahr 70 u. Z. die Stadt angriff, sah er sich laut Josephus auf der N-Seite drei Mauern gegenüber.

Wasserversorgung. Die Einwohner Jerusalems litten bei Belagerungen bedenklich unter Lebensmittelknappheit, doch die Wasserbeschaffung bereitete ihnen offensichtlich kein großes Problem. Obschon die Stadt in der Nähe der Wildnis von Judäa lag, hatte sie Zugang zu einem ständigen Vorrat an Trinkwasser und verfügte auch über ausreichende Speichermöglichkeiten innerhalb ihrer Mauern.

Zwei Quellen, En-Rogel und Gihon, lagen in der Nähe der Stadt. Erstere befand sich unmittelbar s. der Vereinigung des Kidron- und des Hinnomtals. Obgleich es eine wertvolle Wasserstelle war, war sie aufgrund ihrer Lage bei einem Angriff oder bei einer Belagerung unzugänglich. Die Gihonquelle lag auf der W-Seite des Kidrontals, seitlich des Stadtteils, der später „Stadt Davids“ genannt wurde. Sie trat zwar außerhalb der Stadtmauern zutage, aber sie lag noch nahe genug, dass ein Tunnel gegraben und mit einem Schacht verbunden werden konnte, sodass die Einwohner der Stadt Wasser schöpfen konnten, ohne den Schutz der Mauern zu verlassen. Der Bau dieser Anlagen fällt, wie archäologische Untersuchungen ergeben haben, in die Frühgeschichte der Stadt. In den Jahren 1961 und 1962 legte man bei Ausgrabungen eine massive Mauer aus früherer Zeit frei, die unterhalb des oberen Endes oder Eingangs des Tunnels verlief, ihn also umschloss. Man nimmt an, dass es sich dabei um die Mauer der alten Jebusiterstadt handelt.

Im Lauf der Jahre wurden weitere Tunnel und Kanäle gebaut, um das Gihonwasser zu kanalisieren. Ein Kanal führte vom Eingang der Höhle der Gihonquelle das Tal hinab, um das Ende des SO-Hügels herum, zu einem Teich an der Vereinigung des Hinnomtals mit dem Mittel- oder Tyropöontal. Wie man herausgefunden hat, zeigte der Kanal die Form einer Ablaufrinne, die mit Steinplatten überdeckt war, und führte stellenweise in einem Tunnel durch den Berghang. In Abständen war er mit Öffnungen versehen, durch die man Wasser ableiten konnte, um die unterhalb angelegten Talterrassen zu bewässern. Das Gefälle des Kanals betrug nur etwa 4 oder 5 mm pro Meter, sodass das Wasser langsam und sanft dahinfloss. Das erinnert einen an „die Wasser des Siloah ..., die sanft fließen“ (Jes 8:6). Man vermutet, dass dieser ungeschützte und leicht zerstörbare Kanal während der Regierung Salomos gebaut wurde, als Frieden und Sicherheit herrschten.

Privathäuser und öffentliche Gebäude in Jerusalem waren offensichtlich mit unterirdischen Zisternen ausgerüstet, die dazu dienten, den Vorrat an Quellwasser zu ergänzen. Man fing das Regenwasser von den Dächern auf und speicherte es in diesen Zisternen, wo es sauber und kühl blieb. Das Tempelgebiet scheint mit besonders großen Zisternen versehen gewesen zu sein. Archäologen behaupten, dort 37 Zisternen mit einem Gesamtfassungsvermögen von ca. 38 000 000 l ausfindig gemacht zu haben; eine bestimmte Zisterne soll allein schon schätzungsweise 7 600 000 l gefasst haben.

Im Lauf der Jahrhunderte sind eine Anzahl von Wasserleitungen gebaut worden, um Jerusalem mit Wasser zu versorgen. Gemäß der Tradition wird Salomo der Bau einer Leitung zugeschrieben, die das Wasser von den „Teichen Salomos“ (drei Wasserreservoire sw. von Bethlehem) bis zum Tempelgebiet in Jerusalem führte. Salomo sagte gemäß Prediger 2:6: „Ich machte mir Wasserteiche, um damit den von Bäumen sprossenden Wald zu bewässern.“ Ein solch großes Bauprojekt wie die Anlage von Teichen konnte ohne Weiteres auch eine Wasserleitung eingeschlossen haben, damit Jerusalem nach der Einrichtung des Tempeldienstes das notwendige Wasser erhielt. Außer der Überlieferung gibt es keinen Beweis dafür, dass Salomo eine Leitung gebaut hätte, die Wasser von den Salomoteichen nach Jerusalem führte. Eine Anzahl Wasserleitungen kann man immer noch verfolgen. Vielleicht meinte Josephus, als er von einer Leitung schrieb, die Pontius Pilatus mit Tempelgeldern erbaute, die Leitung, die erbaut wurde, um Wasser von den Quellen im Wadi el-ʽArrub, 20 km ssw. von Jerusalem, zu den Salomoteichen zu führen (Jüdische Altertümer, 18. Buch, Kap. 3, Abs. 2; Geschichte des Jüdischen Krieges, 2. Buch, Kap. 9, Abs. 4). Von den beiden Leitungen, die Wasser von den Salomoteichen nach Jerusalem leiteten, ist die untere älter; vielleicht stammt sie aus der Zeit des Herodes oder der Hasmonäer. Diese Wasserleitung führte unter Bethlehem durch und über den „Wilsonbogen“ zum Tempelberg.

Archäologische Forschungen. Obschon viel geforscht und gegraben wurde, hat man nur wenig konkrete Tatsachen über das Aussehen der Stadt in biblischen Zeiten ermitteln können. Verschiedene Faktoren haben die Forschungen behindert oder ihren Wert geschmälert. Jerusalem ist in den vergangenen Jahrhunderten fast ständig bewohnt gewesen, sodass nur wenig Gebiet für Grabungen zur Verfügung stand. Ferner wurde die Stadt mehrmals zerstört und auf den Ruinen der früheren Stadt wieder aufgebaut, häufig zum Teil mit dem Material der Ruinen. Trümmer und Schutt, an manchen Orten etwa 30 m hoch, verhindern, dass man die Umrisse der alten Stätten erkennt, und haben die Auswertung der Ausgrabungen erschwert. Man hat einige Mauerabschnitte, Teiche, Wassertunnel und alte Gräber ausgegraben, aber ganz wenig schriftliches Material gefunden. Hauptsächlich auf dem SO-Hügel, der jetzt außerhalb der Stadtmauern liegt, hat man archäologische Entdeckungen gemacht.

Den meisten Aufschluss über die alte Stadt geben uns daher die Bibel und der jüdische Historiker Josephus, der die Stadt im 1. Jahrhundert beschrieb.

Frühgeschichte der Stadt. Die Stadt wird zum ersten Mal in Verbindung mit der Begegnung zwischen Abraham und Melchisedek erwähnt, die in dem Jahrzehnt von 1943 bis 1933 v. u. Z. stattfand. Melchisedek war „König von Salem“ und „Priester Gottes, des Höchsten“ (1Mo 14:17-20). Der Ursprung der Stadt und ihrer Einwohnerschaft ist allerdings genauso in Dunkel gehüllt wie der Ursprung ihres König-Priesters Melchisedek. (Vgl. Heb 7:1-3.)

Noch ein anderes Ereignis im Leben Abrahams trug sich offenbar in der näheren Umgebung Jerusalems zu. Abraham wurde geboten, seinen Sohn Isaak „auf einem der Berge“ im „Land Moria“ zu opfern. Der Tempel, den Salomo baute, wurde auf dem „Berg Moria“ an einer Stelle errichtet, die zuvor eine Dreschtenne gewesen war (1Mo 22:2; 2Ch 3:1). Wie es scheint, verknüpft also die Bibel den Ort, wo Abraham versuchte, das Schlachtopfer darzubringen, mit der Berggegend um Jerusalem. (Siehe MORIA.) Ob Melchisedek damals noch lebte, lässt sich nicht ermitteln; doch die Beziehungen Abrahams zu Salem dürften freundschaftlich geblieben sein.

Unter den Amarnabriefen (Korrespondenz von kanaanitischen Herrschern an ihren ägyptischen Oberherrn) befanden sich sieben Briefe des Königs oder Statthalters von Jerusalem (Urusalim). Diese Korrespondenz wurde abgefasst, bevor die Israeliten Kanaan eroberten. Somit war Jerusalem in den ungefähr 465 Jahren, die zwischen der Begegnung Abrahams mit Melchisedek und der israelitischen Eroberung lagen, im Besitz heidnischer hamitischer Kanaaniter und unterstand der Oberherrschaft des hamitischen Ägyptischen Reiches.

In dem Bericht über die stürmische Eroberung Kanaans durch Josua wird unter den verbündeten Königen, die Gibeon angriffen, auch Adoni-Zedek, der König von Jerusalem, aufgeführt. Sein Name, der „[Mein] Herr ist Gerechtigkeit“ bedeutet, lautet ganz ähnlich wie der Name des früheren Königs von Jerusalem, Melchisedek („König der Gerechtigkeit“), nur war Adoni-Zedek kein Anbeter Jehovas, des Höchsten (Jos 10:1-5, 23, 26; 12:7, 8, 10).

Als das Land unter die Stämme verteilt wurde, lag Jerusalem auf der Grenze von Juda und Benjamin; die genaue Grenzlinie verlief entlang des Hinnomtals. Dadurch befand sich zumindest der Stadtteil, der die spätere „Stadt Davids“ bildete und auf dem Bergrücken zwischen dem Kidron- und dem Tyropöontal lag, innerhalb des Gebietes von Benjamin. Anscheinend gehörten jedoch zu der kanaanitischen Stadt weitere Siedlungen oder „Vororte“, und ein Teil der besiedelten Fläche mag im W und S des Hinnomtals mit dem Gebiet von Juda zusammengefallen sein. Juda wird in Richter 1:8 die erste Einnahme Jerusalems zugeschrieben. Doch nach dem Abzug der eingedrungenen Truppen blieben anscheinend so viele jebusitische Bewohner zurück (oder kehrten zurück), dass sie später ein Widerstandsnest bilden konnten, das weder von Juda noch von Benjamin zerschlagen werden konnte. Folglich hieß es sowohl von Juda als auch von Benjamin, dass die ‘Jebusiter weiterhin bei ihnen in Jerusalem wohnten’ (Jos 15:63; Ri 1:21). Dieser Zustand hielt etwa 400 Jahre an, sodass die Stadt mitunter als „Jebus“, eine „Stadt von Ausländern“, bezeichnet wurde (Ri 19:10-12; 1Ch 11:4, 5).

Während des vereinten Königreiches. König Sauls Residenz war in Gibea im Gebiet von Benjamin. Die Hauptstadt König Davids war zuerst Hebron in Juda, etwa 30 km ssw. von Jerusalem. Nachdem er dort insgesamt siebeneinhalb Jahre geherrscht hatte (2Sa 5:5), beschloss er, Jerusalem zur Hauptstadt zu machen. Das tat er auf göttliche Anweisung hin (2Ch 6:4-6), denn Jahrhunderte vorher hatte Jehova von dem „Ort“ gesprochen, den er erwählen wolle, „um seinen Namen dorthin zu setzen“ (5Mo 12:5; 26:2; vgl. 2Ch 7:12).

Die Jebusiterstadt scheint zu jener Zeit auf dem s. Ende des O-Hügels gestanden zu haben. Die Jebusiter vertrauten auf die Uneinnehmbarkeit der Befestigungsanlagen ihrer Stadt, die auf drei Seiten mit einem natürlichen Schutz – steilen Felswänden – und im N wahrscheinlich mit besonderen Befestigungen versehen war. Sie war als der „schwer zugängliche Ort“ bekannt (1Ch 11:7), und die Jebusiter sagten höhnisch zu David, dass sogar „die Blinden und die Lahmen“ der Stadt seine Angriffe abschlagen könnten. Doch David eroberte die Stadt; die Angreifer wurden von Joab angeführt, der sich offensichtlich durch den „Wassertunnel“ Eingang in die Stadt verschaffte (2Sa 5:6-9; 1Ch 11:4-8). Die Gelehrten sind sich in Bezug auf die Bedeutung des hebräischen Ausdrucks, der hier mit „Wassertunnel“ wiedergegeben wird, nicht ganz sicher, allgemein wird jedoch dieser oder ein ähnlicher Ausdruck („Schacht“, EÜ, Lu; „Wasserschacht“, He) als die wahrscheinlichste Bedeutung angenommen. In dem kurzen Bericht wird nicht erwähnt, wie die Verteidigungsanlage der Stadt durchbrochen wurde. Seit der Entdeckung des Tunnels und des Schachts, die zur Gihonquelle führten, ist die gängige Auffassung, dass Joab seine Männer diesen senkrechten Schacht hinaufführte und dann durch den schräg ansteigenden Tunnel in einem Überraschungsangriff in die Stadt eindrang (BILD, Bd. 2, S. 951). Doch wie auch immer, die Stadt wurde eingenommen, und David machte sie zu seiner Hauptstadt (1070 v. u. Z.). Die Jebusiterfestung wurde nun als die „Stadt Davids“ bekannt und wurde auch „Zion“ genannt (2Sa 5:7).

David begann, die Stadt auszubauen, anscheinend verstärkte er auch ihre Wehranlagen (2Sa 5:9-11; 1Ch 11:8). ‘Der Wall’ (hebr. ham·Millṓʼ), der hier (2Sa 5:9) sowie in späteren Berichten (1Kö 9:15, 24; 11:27) erwähnt wird, war eine geografische oder bauliche Besonderheit der Stadt, die damals zwar allgemein bekannt war, heute aber nicht mehr identifiziert werden kann. Als David später die heilige „Lade Jehovas“ vom Haus Obed-Edoms nach Jerusalem überführte, wurde die Hauptstadt des Reiches auch das religiöse Zentrum (2Sa 6:11, 12, 17; siehe BEGRÄBNIS, BEGRÄBNISSTÄTTEN; DAVID, STADT DAVIDS; WALL).

Es wird nichts davon berichtet, dass feindliche Truppen Jerusalem während der Regierung Davids angegriffen hätten, wohl aber, dass David gegen seine Feinde ins Feld zog. (Vgl. 2Sa 5:17-25; 8:1-14; 11:1.) Doch bei einer Gelegenheit hielt es David für angebracht, die Stadt zu verlassen, ehe die rebellierenden Truppen unter Absalom, seinem Sohn, anmarschierten. Der König mag sich zurückgezogen haben, um zu vermeiden, dass an dem Ort, auf dem Jehovas Name ruhte, in einem Bürgerkrieg Blut vergossen würde (2Sa 15:13-17). Was immer der Grund für seinen Weggang gewesen sein mag, er führte zur Erfüllung der von Nathan geäußerten inspirierten Prophezeiung (2Sa 12:11; 16:15-23). David gestattete den treuen Priestern nicht, ihn mit der Lade des Bundes zu begleiten, sondern befahl ihnen, sie in die Stadt zurückzubringen, an den von Gott erwählten Ort (2Sa 15:23-29). Die in 2. Samuel, Kapitel 15 beschriebene erste Etappe der Flucht Davids skizziert treffend die geografischen Gegebenheiten des Gebietes ö. der Stadt.

Gegen Ende seiner Herrschaft begann David, Materialien für den Bau des Tempels bereitzustellen (1Ch 22:1, 2; vgl. 1Kö 6:7). Die Steine dafür könnten in jener Gegend abgebaut und behauen worden sein, denn gerade das Muttergestein unter Jerusalem lässt sich leicht brechen und mit dem Meißel in die gewünschte Form und Größe bringen; zudem erhärtet es an der Luft zu haltbaren und schönen Bausteinen. Im Altertum muss sich nahe dem heutigen Damaskustor ein Steinbruch befunden haben, in dem im Lauf der Zeit gewaltige Mengen von Steinen gewonnen worden sind.

Der Bericht über die Salbung Salomos auf Befehl des alten Königs David gibt weitere Anhaltspunkte über das Gebiet um Jerusalem, und zwar über das Gebiet im O und S davon. Adonia, auch ein Sohn Davids, befand sich an der Quelle En-Rogel, wo er intrigierte, um König zu werden, während Salomo an der Gihonquelle gesalbt wurde. Die beiden Orte waren so dicht beieinander (ca. 700 m), dass Adonia und seine Mitverschwörer den Schall des Horns und den Lärm des feiernden Volkes hörten (1Kö 1:5-9, 32-41).

Unter der Regierung Salomos wurde in der Stadt sehr viel gebaut (vielleicht auch umgebaut), und das Stadtgebiet wurde erweitert (1Kö 3:1; 9:15-19, 24; 11:27; vgl. Pr 2:3-6, 9). Der Tempel, Salomos großartigstes Bauwerk, und die dazugehörigen Vorhöfe wurden auf dem Berg Moria – einem Teil des O-Hügels, aber n. der „Stadt Davids“ – errichtet, offensichtlich in dem Bereich, wo gegenwärtig der „Felsendom“ steht (2Ch 3:1; 1Kö 6:37, 38; 7:12). Weitere bedeutende Gebäude waren Salomos eigenes Haus, d. h. sein Palast, das aus Zedernholz gebaute Haus des Waldes Libanon, die Säulenvorhalle und die Thronvorhalle, die der Rechtsprechung diente (1Kö 7:1-8). Dieser Gebäudekomplex lag anscheinend im S des Tempels auf dem Hang, der zur „Stadt Davids“ hin sanft abfiel (BILD, Bd. 1, S. 748; KARTE, Bd. 1, S. 752).

Geteiltes Königreich (997–607 v. u. Z.). Jerobeams Rebellion spaltete die Nation in zwei Königreiche; Jerusalem blieb unter Salomos Sohn Rehabeam die Hauptstadt der beiden Stämme Benjamin und Juda. Auch die Leviten und Priester zogen in die Stadt, auf der der Name Jehovas ruhte, und stärkten so das Königtum Rehabeams (2Ch 11:1-17). Jerusalem war nun nicht länger der geografische Mittelpunkt des Königreiches, da es nur wenige Kilometer von der Grenze zum feindlichen nördlichen Zehnstämmereich entfernt lag. Binnen fünf Jahren nach dem Tod Salomos erlebte die Stadt die erste einer Reihe von Invasionen. König Schischak von Ägypten griff das Königreich Juda an. Zweifellos hielt er es in seiner verringerten Größe für verwundbarer. Weil das Volk treulos gehandelt hatte, konnte er in Jerusalem eindringen und die Tempelschätze und andere Wertgegenstände forttragen. Nur weil das Volk bereute, wurde der Stadt ein Maß an göttlichem Schutz zuteil, sodass sie nicht zerstört wurde (1Kö 14:25, 26; 2Ch 12:2-12).

Im Verlauf der Regierung des treuen Königs Asa unternahm Bascha, der König des Nordreiches, den erfolglosen Versuch, einen militärischen Stützpunkt an Judas N-Grenze auszubauen, um das Südreich zu isolieren und den Verkehr von und nach Jerusalem zu unterbinden (und möglicherweise auch, um etwaige Loyalitätsbekundungen seiner Untertanen gegenüber dem Königreich Juda zu verhindern) (1Kö 15:17-22). Das Fortbestehen der reinen Anbetung unter der Herrschaft Josaphats, des Sohnes Asas, hatte zur Folge, dass Gott die Stadt beschützte; auch wurde sie sehr gesegnet, z. B., indem die Rechtspflege verbessert wurde (2Ch 19:8-11; 20:1, 22, 23, 27-30).

Die verbleibende Zeit der Geschichte Jerusalems als Hauptstadt des Königreiches Juda lief nach folgendem Schema ab: Die wahre Anbetung brachte den Segen und den Schutz Jehovas mit sich; Abfall führte zu ernsten Schwierigkeiten und machte die Stadt für Angriffe anfällig. Während der Regierung von Josaphats untreuem Sohn Joram (913 bis ca. 907 v. u. Z.) drangen trotz starker Schutzmauern zum zweiten Mal feindliche Truppen in die Stadt ein und plünderten sie; diesmal war es eine Streitmacht aus Arabern und Philistern (2Ch 21:12-17). Als im darauffolgenden Jahrhundert König Joas vom rechten Weg abwich, hatte das zur Folge, dass eine syrische Streitmacht ‘in Juda und Jerusalem einzufallen begann’; der Kontext lässt erkennen, dass sie wirklich in die Stadt eindrang (2Ch 24:20-25). Zur Zeit des abtrünnigen Amazja fiel ein Heer aus dem Nordreich Israel in Juda ein und riss die wichtige N-Mauer zwischen dem Ecktor (in der NW-Ecke der Stadt) und dem Ephraimtor (im O des Ecktores) auf einer Länge von 178 m nieder (2Ch 25:22-24). Es ist möglich, dass sich die Stadt irgendwann davor über das Mitteltal hinweg den w. Höhenzug hinauf ausgedehnt hatte.

König Usija (829–778 v. u. Z.) erweiterte die Verteidigungsanlagen der Stadt beträchtlich; er befestigte das Ecktor (im NW) und das Taltor (an der SW-Ecke) mit Türmen und baute einen Turm „beim Strebepfeiler“ („am Winkel“, JB, Lu, ZB; „auf der Ecke“, vEß), der anscheinend einen Teil der O-Mauer bildete und nicht weit von den Bauten des Königs David oder Salomo entfernt war (2Ch 26:9; Ne 3:24, 25). Usija rüstete die Türme und die Ecken auch mit „Kriegsmaschinen“ aus, vielleicht mechanische Schleudermaschinen, mit denen man Pfeile und große Steine abschießen konnte (2Ch 26:14, 15). Sein Sohn Jotham setzte die Bautätigkeit seines Vaters fort (2Ch 27:3, 4).

Der treue König Hiskia, der nach seinem Vater, dem abtrünnigen Ahas, regierte, ließ den Tempel reinigen und reparieren; auch veranstaltete er eine große Passahfeier, zu der Anbeter aus dem ganzen Land, das Nordreich eingeschlossen, nach Jerusalem kamen (2Ch 29:1-5, 18, 19; 30:1, 10-26). Diesem Aufschwung der wahren Anbetung folgte jedoch bald ein Angriff von Heiden, die den wahren Gott verspotteten, dessen Name auf Jerusalem ruhte. Im Jahr 732 v. u. Z., acht Jahre nachdem Assyrien das nördliche Königreich Israel erobert hatte, fegte der Assyrerkönig Sanherib auf einer bogenförmigen Route über Palästina hinweg. Einige seiner Truppen schickte er nach Jerusalem, um die Stadt zu bedrohen (2Ch 32:1, 9). Hiskia hatte die Stadt auf eine Belagerung vorbereitet. Er hatte die Wasserquellen außerhalb der Stadt verstopft, um sie zu tarnen, sodass der Feind kein Wasser vorfinden würde, ferner hatte er die Mauern verstärkt und befestigt (2Ch 32:2-5, 27-30). Es scheint, dass die „Wasserleitung“, die Wasser von der Gihonquelle in die Stadt leitete, zu dieser Zeit bereits gebaut war, also noch aus Friedenszeiten stammte (2Kö 20:20; 2Ch 32:30). Wenn die Vermutung stimmt, dass es sich dabei um die Wasserleitung handelt, die stellenweise in einem Tunnel durch die Abhänge des Kidrontals führte und am Teich von Siloam im Tyropöontal endete, dann war es kein kleines Projekt, das in wenigen Tagen vollendet werden konnte. (Siehe ARCHÄOLOGIE [Palästina und Syrien]; GIHON Nr. 2.) Auf jeden Fall lag aber die Stärke der Stadt nicht in ihren Verteidigungsanlagen und in ihren Vorräten, sondern in der schützenden Macht Jehovas, der gesagt hatte: „Ich werde diese Stadt bestimmt verteidigen, um sie um meinetwillen und um Davids, meines Knechtes, willen zu retten“ (2Kö 19:32-34). Als durch ein Wunder 185 000 assyrische Soldaten vernichtet wurden, kehrte Sanherib schleunigst nach Assyrien zurück (2Kö 19:35, 36). In dem Feldzugsbericht, der in den assyrischen Annalen festgehalten ist, rühmt sich Sanherib zwar, Hiskia „gleich einem Käfigvogel“ in Jerusalem eingeschlossen zu haben, behauptet aber nicht, die Stadt eingenommen zu haben. (Siehe SANHERIB.)

Während der Regierung Manasses (716–662 v. u. Z.) wurde eine weitere Mauer längs des Kidrontals gebaut. In dieser Zeit entfernte sich aber auch das Volk immer weiter von der wahren Anbetung (2Ch 33:1-9, 14). Manasses Enkel Josia konnte zeitweilig diese Verfallsentwicklung rückgängig machen. Während seiner Herrschaft wurde das Tal Hinnom, das Götzendiener für ihre abscheulichen Riten nutzten, ‘zur Anbetung untauglich gemacht’; wahrscheinlich wurde es entweiht, indem man es in einen Müllabladeplatz für die Stadt verwandelte (2Kö 23:10; 2Ch 33:6). Offenbar führte das „Aschenhaufentor“ zu diesem Tal hinaus (Ne 3:13, 14; siehe GEHENNA; HINNOMTAL). Zur Zeit Josias wird zum ersten Mal „der zweite Stadtteil“ („die Neustadt“, ) erwähnt (2Kö 22:14; 2Ch 34:22). Unter diesem „zweiten Stadtteil“ versteht man im Allgemeinen den Teil, der w. oder nw. des Tempelgebietes lag (Ze 1:10).

Nach Josias Tod verschlechterte sich die Situation für Jerusalem rapide, als vier untreue Könige unmittelbar aufeinanderfolgten. Im 8. Jahr König Jojakims wurde Juda ein Vasall Babylons. Drei Jahre danach rebellierte Jojakim, worauf die Babylonier Jerusalem mit Erfolg belagerten. Sie plünderten die Schätze der Stadt und führten Jojachin, den damaligen König, sowie andere Bürger ins Exil (2Kö 24:1-16; 2Ch 36:5-10). Der von Babylon eingesetzte König Zedekia versuchte, das babylonische Joch abzuschütteln, und in seinem 9. Jahr (609 v. u. Z.) wurde Jerusalem erneut belagert (2Kö 24:17-20; 25:1; 2Ch 36:11-14). Eine ägyptische Streitmacht zog aus, um Jerusalem zu befreien, worauf die Belagerer abzogen, doch nur für kurze Zeit (Jer 37:5-10). In Erfüllung der Prophezeiung, die Jehova durch Jeremia hatte ergehen lassen, kehrten die Babylonier zurück und nahmen die Belagerung wieder auf (Jer 34:1, 21, 22; 52:5-11). Jeremia befand sich während des letzten Teils der Belagerung in dem „Wachthof“ in Haft (Jer 32:2; 38:28), der mit dem „Königshaus“ verbunden war (Ne 3:25). Schließlich wurden im 11. Jahr Zedekias, 18 Monate nach Beginn der Belagerung mit ihren Auswirkungen – Hungersnot, Krankheit und Tod –, die Mauern Jerusalems durchbrochen, und die Stadt wurde eingenommen (2Kö 25:2-4; Jer 39:1-3).

Verwüstung und Wiederaufbau. Am 9. Tammus 607 v. u. Z. wurden die Stadtmauern durchbrochen. Einen Monat später, am 10. Ab, zog der Vertreter Nebukadnezars, Nebusaradan, in die eroberte Stadt ein und begann, sie zu verwüsten. Er verbrannte den Tempel und andere Gebäude und riss die Stadtmauern nieder. Der König und die meisten der Einwohner wurden nach Babylon ins Exil geführt, und Jerusalems Schätze wurden als Beute weggetragen (2Kö 25:7-17; 2Ch 36:17-20; Jer 52:12-20; BILD, Bd. 2, S. 326).

Die Erklärung des Archäologen Conder, die Geschichte der zerstörten Stadt weise bis zu Cyrus eine Lücke auf, trifft nicht allein auf Jerusalem zu, sondern auf das ganze Gebiet des Königreiches Juda. Im Gegensatz zu den Assyrern siedelte der babylonische König keine fremden Völker in dem eroberten Landstrich an. Genau wie prophezeit, begann dann eine 70-jährige Verödung (Jer 25:11; 2Ch 36:21).

Im „ersten Jahr“ (offensichtlich als Herrscher über Babylon) Cyrus’, des Persers (538 v. u. Z.), kam der königliche Erlass heraus, der den im Exil lebenden Juden die Freiheit schenkte, damit sie „nach Jerusalem, das in Juda ist, [hinaufzögen] und ... das Haus Jehovas, des Gottes Israels“, wieder aufbauten (Esr 1:1-4). Die Gruppe, die die lange Reise nach Jerusalem antrat und die Tempelschätze mit sich führte, zählte insgesamt 42 360 Israeliten außer Sklaven und Berufssängern. Gerade rechtzeitig zur Feier des Laubhüttenfestes trafen sie im Monat Tischri (September/Oktober) 537 v. u. Z. ein (Esr 2:64, 65; 3:1-4). Der Wiederaufbau des Tempels kam unter der Leitung des Statthalters Serubbabel in Gang, und trotz ernster Behinderungen und einer gewissen Gleichgültigkeit, die sich bei den zurückgekehrten Juden einschlich, wurde er schließlich im März 515 v. u. Z. vollendet. Mit Esra, dem Priester und Abschreiber, kehrten im Jahr 468 v. u. Z. noch mehr Verbannte zurück; sie brachten mit der Genehmigung des Königs Artaxerxes (Longimanus) weitere Schätze mit, um „das Haus Jehovas zu verschönern, das in Jerusalem ist“ (Esr 7:27). Diese hatten offensichtlich einen Wert von mehr als 43 000 000 Dollar (Esr 8:25-27).

Etwa anderthalb Jahrhunderte nach der Eroberung durch Nebukadnezar lagen die Mauern und Tore der Stadt immer noch in Trümmern. Nehemia erhielt von Artaxerxes die Erlaubnis, nach Jerusalem zu reisen und diesem Missstand abzuhelfen (Ne 2:1-8). Der Bericht über Nehemias nächtliche Besichtigung und darüber, wie er die Bauarbeiten unter verschiedene Familiengruppen verteilte, bildet eine Hauptquelle für Informationen über das damalige Stadtbild, besonders über die Anordnung der Tore (Ne 2:11-15; 3:1-32; siehe TOR, TORWEG). Dieser Wiederaufbau geschah in Erfüllung der Prophezeiung Daniels und kennzeichnete das Jahr, in dem die 70 prophetischen „Wochen“ begannen, die das Kommen des Messias betrafen (Da 9:24-27). Trotz ständiger Belästigungen konnte man Jerusalem im Jahr 455 v. u. Z. in nur 52 Tagen mit einer Mauer und Toren versehen (Ne 4:1-23; 6:15; 7:1; siehe SIEBZIG WOCHEN [Das „Ausgehen des Wortes“]).

Jerusalem war nun „geräumig und groß, [aber] ... es waren wenig Leute darin“ (Ne 7:4). Nach dem Vorlesen aus der Heiligen Schrift und dem Feiern eines Festes auf dem „öffentlichen Platz, der vor dem Wassertor“ an der O-Seite der Stadt lag (Ne 3:26; 8:1-18), bestimmte man zu Vergrößerung der Stadtbevölkerung, dass jeder zehnte Israelit in Jerusalem wohnen sollte. Zu diesem Zweck warf man Lose, doch es gab offensichtlich auch Freiwillige (Ne 11:1, 2). Man führte ein geistiges Reinigungswerk durch, um den Bewohnern der Stadt zu einer solideren Grundlage für die wahre Anbetung zu verhelfen (Ne 12:47 bis 13:3). Die Statthalterschaft Nehemias dauerte mindestens 12 Jahre und schloss einen Aufenthalt am persischen Königshof ein. Als er wieder nach Jerusalem zurückgekehrt war, erkannte er, dass eine weitere Reinigung nötig war (Ne 13:4-31). Die Hebräischen Schriften schließen ab – einige Zeit nach dem Jahr 443 v. u. Z. – mit dem Bericht darüber, dass Nehemia entschieden gegen den Abfall vorging.

Griechische und makkabäische Herrschaft. Der Wechsel von der medo-persischen zur griechischen Herrschaft kam im Jahr 332 v. u. Z., als Alexander der Große durch Juda marschierte. Die griechischen Geschichtsschreiber sagen nichts über den Einzug Alexanders in Jerusalem. Dessen ungeachtet geriet die Stadt unter griechische Herrschaft, und es ist vernünftig anzunehmen, dass sie von Alexander nicht völlig gemieden wurde. Im 1. Jahrhundert u. Z. hielt Josephus die jüdische Überlieferung fest, wonach Alexander kurz vor Jerusalem vom jüdischen Hohen Priester in Empfang genommen wurde, der ihm die von Gott inspirierten und von Daniel aufgezeichneten Prophezeiungen zeigte, in denen die griechischen „Blitzsiege“ vorhergesagt wurden (Jüdische Altertümer, 11. Buch, Kap. 8, Abs. 4, 5; Da 8:5-7, 20, 21). Was auch immer der Fall war, Jerusalem scheint den Wechsel der Machtverhältnisse ohne jeden Schaden überstanden zu haben.

Nach Alexanders Tod gerieten Jerusalem und Judäa unter die Herrschaft der Ptolemäer, die von Ägypten aus regierten. Antiochos der Große, der in Syrien herrschte, eroberte Jerusalem im Jahr 198 v. u. Z. – nachdem er die befestigte Stadt Sidon eingenommen hatte –, sodass Judäa fortan zum Herrschaftsgebiet des Seleukidenreiches gehörte. (Vgl. Da 11:16.) Jerusalem unterstand dann 30 Jahre lang der Herrschaft der Seleukiden. Im Jahr 168 v. u. Z. weihte der syrische König Antiochos IV. (Epiphanes) in seinem Bemühen, die Juden vollständig zu hellenisieren, den Tempel in Jerusalem dem Zeus (Jupiter) und entweihte den Altar durch ein unreines Opfer (1. Makkabäer 1:57, 62; 2. Makkabäer 6:1, 2, 5; BILDER, Bd. 2, S. 335). Dies führte zum Aufstand der Makkabäer (oder Hasmonäer). Nach dreijährigem Kampf erlangte Judas Makkabäus die Herrschaft über die Stadt und den Tempel, woraufhin er den Altar Jehovas am Jahrestag seiner Entweihung, dem 25. Kislew 165 v. u. Z., wieder der wahren Anbetung weihte (1. Makkabäer 4:52-54; 2. Makkabäer 10:5; vgl. Joh 10:22).

Der Krieg gegen die Seleukidenherrscher war aber damit noch nicht vorüber. Die Juden baten Rom um Hilfe, sodass um 160 v. u. Z. eine neue Macht auf dem Schauplatz Jerusalem erschien (1. Makkabäer 8:17, 18). Von nun an geriet Jerusalem unter den Einfluss des sich ausdehnenden Römischen Reiches. Um das Jahr 142 v. u. Z. konnte Simon Makkabi Jerusalem zur Hauptstadt einer Region machen, die, wie es schien, von nichtjüdischen Nationen unabhängig war und nicht mehr von ihnen besteuert wurde. Aristobulos I., der Hohe Priester von Jerusalem, nahm im Jahr 104 v. u. Z. sogar den Titel „König“ an; er entstammte allerdings nicht der davidischen Linie.

Doch Jerusalem war zu dieser Zeit keine „Stadt des Friedens“. Interne Streitigkeiten, geschürt durch selbstsüchtige Bestrebungen und noch verschlimmert durch rivalisierende religiöse Parteien – Sadduzäer, Pharisäer, Zeloten und andere –, schwächten die Stadt erheblich. Eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Aristobulos II. und seinem Bruder Hyrkanos hatte zur Folge, dass Rom gebeten wurde, die Rolle des Schiedsrichters zu übernehmen. Nach einer dreimonatigen Belagerung marschierten im Jahr 63 v. u. Z. römische Truppen unter dem Feldherrn Pompejus in Jerusalem ein, um den Streit beizulegen. Zwölftausend Juden sollen dabei umgekommen sein, viele durch ihre israelitischen Brüder.

In Josephus’ Schilderung der Eroberung Jerusalems durch Pompejus wird zum ersten Mal die Bogenbrücke über das Tyropöontal erwähnt. Sie verband den ö. Stadtteil mit dem w. und ermöglichte den Bewohnern des w. Stadtteils einen direkten Zugang zum Tempelgebiet.

Der Idumäer Antipater (II.) wurde nun als römischer Statthalter für Judäa eingesetzt; ein Makkabäer blieb Hoher Priester und Ethnarch in Jerusalem. Später wurde Antipaters Sohn Herodes (der Große) von Rom zum „König“ über Judäa ernannt. Er konnte aber nicht eher als 37 oder 36 v. u. Z. Jerusalem einnehmen, sodass er erst von da an tatsächlich herrschte.

Unter Herodes dem Großen. Die Herrschaft des Herodes war durch ein ehrgeiziges Bauprogramm gekennzeichnet, und die Stadt erlebte damals eine Blütezeit. Ein Theater, ein Gymnasium (eine Anlage, die der körperlichen Ertüchtigung diente), ein Hippodrom (Pferderennbahn) (BILD, Bd. 2, S. 535) und andere öffentliche Bauten kamen hinzu. Herodes errichtete auch einen Königspalast, den er stark befestigen ließ (BILD, Bd. 2, S. 538), und zwar offensichtlich an der W-Seite der Stadt, s. des neuzeitlichen Jaffators, wo Archäologen die Grundmauer eines der Türme gefunden haben wollen. Eine andere Festung, die Burg Antonia, lag in der Nähe des Tempels und war durch einen unterirdischen Gang damit verbunden (BILD, Bd. 2, S. 535; Jüdische Altertümer, 15. Buch, Kap. 11, Abs. 7). Die Soldaten der römischen Garnison konnten sich somit schnellen Zugang zum Tempelgebiet verschaffen, was sie wahrscheinlich taten, als sie Paulus einem Pöbelhaufen entrissen, der sich dort zusammengerottet hatte (Apg 21:31, 32).

Das größte Werk des Herodes war jedoch der Umbau des Tempels und des dazugehörigen Gebäudekomplexes. Die Arbeiten wurden in seinem 18. Jahr aufgenommen (Jüdische Altertümer, 15. Buch, Kap. 11, Abs. 1); der eigentliche Tempelbau war nach anderthalb Jahren fertiggestellt, doch die Arbeiten an den angrenzenden Gebäuden und an den Vorhöfen gingen noch lange nach seinem Tod weiter (Joh 2:20). Die Gesamtfläche war etwa doppelt so groß wie die Fläche, die der vorige Tempel eingenommen hatte. Das Mauerstück, das heute als die W-Mauer oder Klagemauer bekannt ist, ist offenbar ein Teil der Mauer des Tempelvorhofs. Gemäß Archäologen stammen die unteren Lagen der gewaltigen, ca. 90 cm hohen Quader noch aus der herodianischen Zeit.

Von 2 v. u. Z. bis 70 u. Z. Von nun an werden die Geschehnisse, die sich in Jerusalem abspielten, in den Christlichen Griechischen Schriften beschrieben. Jesus wurde nicht in Jerusalem geboren, sondern in „Davids Stadt“, in Bethlehem, das nahe bei Jerusalem liegt (Luk 2:10, 11). Als die Astrologen später über die Geburt des „Königs der Juden“ berichteten, gerieten Herodes und „mit ihm ganz Jerusalem“ in Aufregung (Mat 2:1-3). Kurz nachdem Herodes seinen berüchtigten Erlass herausgegeben hatte, in dem er den Kindermord von Bethlehem befahl, starb er; das war offenbar im Jahr 1 v. u. Z. (Siehe HERODES Nr. 1.) Sein Sohn Archelaus erbte die Herrschaft über Jerusalem und Judäa sowie über weitere Gebiete. Doch Rom setzte später Archelaus wegen seiner Untaten ab. Danach herrschten von Rom eingesetzte Statthalter, wie z. B. Pontius Pilatus zur Zeit Jesu (Luk 3:1).

Jesus wurde 40 Tage nach seiner Geburt nach Jerusalem gebracht und als Marias Erstgeborener im Tempel vorgestellt. Simeon und Anna, die beide betagt waren, freuten sich, als sie den verheißenen Messias sahen, und Anna redete von ihm „zu allen, die auf die Befreiung Jerusalems warteten“ (Luk 2:21-38; vgl. 3Mo 12:2-4). Wie viele Male Jesus in seiner Kindheit sonst noch nach Jerusalem mitgenommen wurde, wird nicht gesagt; ausdrücklich wird nur der Besuch erwähnt, den er machte, als er 12 Jahre alt war. Damals unterhielt er sich im Tempel mit Lehrern, war also in dem ‘Haus seines Vaters’ beschäftigt, in der Stadt, die sich sein Vater erwählt hatte (Luk 2:41-49).

Nach seiner Taufe besuchte Jesus in den dreieinhalb Jahren seines Dienstes regelmäßig Jerusalem; mit Sicherheit war er dort, um an den drei jährlichen Festen teilzunehmen, was für alle männlichen Juden Pflicht war (2Mo 23:14-17). Einen Großteil seiner Zeit verbrachte er jedoch außerhalb der Hauptstadt. Er predigte und lehrte in Galiläa und in anderen Landesteilen.

Abgesehen vom Tempelgebiet, wo Jesus oft lehrte, werden in Verbindung mit seinem Dienst nur wenige spezielle Orte in der Stadt erwähnt. Der Teich von Bethzatha mit seinen fünf Säulenhallen (Joh 5:2) soll mit der Anlage identisch sein, die man unmittelbar im N des Tempelgebietes ausgegraben hat. (Siehe BETHZATHA.) Der Teich von Siloam aus dem 1. Jahrhundert ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein kürzlich entdecktes Becken im untersten Teil des Tyropöontals, das von der Gihonquelle gespeist wird (Joh 9:11; BILD, Bd. 2, S. 949). In Verbindung mit dem letzten Aufenthalt Jesu in Jerusalem wird ein etwas genaueres Bild gezeichnet (BILDER, Bd. 2, S. 743; KARTE, Bd. 2, S. 742).

Sechs Tage vor dem Passahfest des Jahres 33 u. Z. kam Jesus nach Bethanien, das auf der O-Seite des Ölberges lag. Am nächsten Tag, dem 9. Nisan, näherte er sich als der gesalbte König Jehovas, auf einem Eselsfüllen reitend, der Hauptstadt und erfüllte so die Prophezeiung aus Sacharja 9:9 (Mat 21:1-9). Auf dem Weg den Ölberg hinunter machte er halt, um die Stadt anzusehen, weinte über sie und sagte mit anschaulichen Worten ihre kommende Belagerung und Verwüstung vorher (Luk 19:37-44). Als er dann – wahrscheinlich durch ein Tor in der O-Mauer – in die Stadt einzog, „geriet die ganze Stadt in Bewegung“, denn Neuigkeiten konnten sich in so einem relativ kleinen Gebiet in Windeseile verbreiten (Mat 21:10).

Während der verbleibenden Zeit, in der sich Jesus tagsüber in Jerusalem aufhielt und die Nächte in Bethanien verbrachte (Luk 21:37, 38), säuberte er das Tempelgebiet von Händlern (Mat 21:12, 13), wie er es etwa drei Jahre zuvor getan hatte (Joh 2:13-16). Am 11. Nisan war er mit vier seiner Jünger auf dem Ölberg, von wo aus man einen Blick auf die Stadt und ihren Tempel hatte. Dort äußerte er seine berühmte Prophezeiung über die bevorstehende Zerstörung Jerusalems und über den „Abschluss des Systems der Dinge“ sowie über seine Gegenwart (Mat 24; Mar 13; Luk 21). Am 13. Nisan bereiteten Petrus und Johannes das Passahmahl in einem Obersaal in Jerusalem vor, wo Jesus dann an jenem Abend (zu Beginn des 14. Nisan) mit seinen Aposteln die Feier beging. Nach seinem Gespräch mit ihnen verließen er und die Apostel die Stadt, überquerten den „Winterwildbach Kidron“ und stiegen die Hänge des Ölbergs hinauf, bis sie zu dem Garten kamen, der Gethsemane hieß (Mat 26:36; Luk 22:39; Joh 18:1, 2). Gethsemane bedeutet „Ölkelter“, und heute noch stehen sehr alte Olivenbäume auf dem Abhang des Ölbergs. Doch die genaue Lage des Gartens ist heute unbekannt. (Siehe GETHSEMANE.)

Nachdem man Jesus in jener Nacht festgenommen hatte, wurde er nach Jerusalem zurückgebracht, wo man ihn zu den Priestern Annas und Kaiphas und in den Saal des Sanhedrins führte, um ihm den Prozess zu machen (Mat 26:57 bis 27:1; Joh 18:13-27). Von dort aus wurde er bei Tagesanbruch zu Pilatus, „in den Palast des Statthalters“, gebracht (Mat 27:2; Mar 15:1, 16). Dann kam er zu Herodes Antipas, der zu jener Zeit ebenfalls in Jerusalem war (Luk 23:6, 7). Schließlich wurde er wieder zu Pilatus zurückgeschickt, der bei dem „Steinpflaster“, hebräisch „Gabbatha“ genannt, das endgültige Urteil sprach (Luk 23:11; Joh 19:13; siehe STEINPFLASTER).

Golgotha, was „Schädel[stätte]“ bedeutet, war der Ort der Hinrichtung Jesu (Mat 27:33-35; Luk 23:33). Obgleich man weiß, dass die Stelle außerhalb der Stadtmauern lag, wahrscheinlich gegen N hin, kann man sie nicht mit Sicherheit identifizieren. (Siehe GOLGOTHA.) Das Gleiche gilt für Jesu Grabstätte (BILDER, Bd. 2, S. 948).

Das „Feld des Töpfers“, das die Priester von dem Bestechungsgeld kauften, das Judas wieder in den Tempel geworfen hatte, „um darauf Fremde zu begraben“ (Mat 27:5-7), wird traditionell mit einer Stätte identifiziert, die an der S-Seite des Hinnomtals unweit seiner Vereinigung mit dem Kidrontal liegt. In dieser Gegend befinden sich viele Gräber. (Siehe AKELDAMA.)

In apostolischer Zeit. Nach seiner Auferstehung gab Jesus seinen Jüngern die Weisung, Jerusalem zu jener Zeit nicht zu verlassen (Luk 24:49; Apg 1:4). In dieser Stadt sollten sie beginnen, aufgrund des Namens Christi Reue zur Vergebung von Sünden zu predigen (Luk 24:46-48). Zehn Tage nach seiner Himmelfahrt empfingen die in einem Obersaal versammelten Jünger die Salbung mit heiligem Geist (Apg 1:13, 14; 2:1-4). In Jerusalem wimmelte es von Juden und Proselyten, die aus allen Teilen des Römischen Reiches zum Pfingstfest gekommen waren. Das Zeugnis, das die mit Geist erfüllten Christen gaben, hatte zur Folge, dass sich Tausende taufen ließen und Jünger wurden. Da Tausende von ihrem Glauben Zeugnis ablegten, verwundert es nicht, dass die geistlichen Führer zornig ausriefen: „Seht, ihr habt Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt“ (Apg 5:28). Durch die Wundertaten wurde das Zeugnis noch kraftvoll unterstützt, wie zum Beispiel durch die Heilung des gelähmten Bettlers bei der „Tempeltür, die die Schöne genannt wurde“, wobei es sich um das O-Tor des Vorhofs der Frauen gehandelt haben dürfte (Apg 3:2, 6, 7).

Selbst als begonnen wurde, das Zeugnis nicht nur in Jerusalem, sondern auch in „Samaria und bis zum entferntesten Teil der Erde“ zu geben (Apg 1:8), blieb Jerusalem der Sitz der leitenden Körperschaft der Christenversammlung. Eine Verfolgung bewirkte schon früh, dass „alle, ausgenommen die Apostel, ... in die Gegenden von Judäa und Samaria zerstreut“ wurden (Apg 8:1; vgl. Gal 1:17-19; 2:1-9). Von Jerusalem aus wurden bestimmte Apostel und Jünger ausgesandt, um neue Gruppen von Gläubigen zu unterstützen, wie zum Beispiel in Samaria (Apg 8:14; 11:19-22, 27). Saulus von Tarsus (Paulus) fand es ratsam, seinen ersten Besuch in Jerusalem als Christ abzubrechen, weil die Juden ihm nach dem Leben trachteten (Apg 9:26-30). Es gab aber auch ruhige Zeiten (Apg 9:31). In Jerusalem berichtete Petrus der Christenversammlung, dass Gott nichtjüdische Gläubige angenommen hatte, und hier wurden auch die Streitfrage der Beschneidung und damit in Zusammenhang stehende Punkte geregelt (Apg 11:1-4, 18; 15:1, 2, 22-29; Gal 2:1, 2).

Jesus hatte von Jerusalem gesagt, es sei eine Stadt, „die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind“ (Mat 23:37; vgl. V. 34-36). Obgleich viele ihrer Bürger an den Sohn Gottes glaubten, verhielt sich die Stadt als Ganzes genauso wie in der Vergangenheit. Aus diesem Grund sollte ihr ‘ihr Haus verödet überlassen werden’ (Mat 23:38). Im Jahr 66 u. Z. kam es zu einem Aufstand der Juden, worauf die römischen Truppen unter Cestius Gallus heranrückten, die Stadt umlagerten und bis zu den Tempelmauern vorstießen. Plötzlich zog sich Cestius Gallus ohne ersichtlichen Grund zurück. Dies ermöglichte es den Christen, Jesu Anweisung in die Tat umzusetzen: „Dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge zu fliehen beginnen, und die in ihrer [Jerusalems] Mitte sind, sollen hinausgehen, und die, die sich an Orten auf dem Land befinden, sollen nicht in sie hineingehen“ (Luk 21:20-22). Aus der Kirchengeschichte (III, V, 3) des Eusebius geht hervor, dass die Christen aus Jerusalem und dem ganzen Land Judäa nach Pella flohen, einer Stadt in Peräa.

Pruta aus Bronze, geprägt während des jüdisch-römischen Krieges, verkündet die „Befreiung Zions“

Der Abzug der Römer verschaffte Jerusalem nur eine kurze Atempause, wie es schon einmal der Fall gewesen war, als die Babylonier sich gegen Ende der Regierungszeit König Zedekias vorübergehend zurückgezogen hatten, um gegen die Ägypter vorzurücken. Im Jahr 70 u. Z. kehrten die römischen Truppen unter dem Feldherrn Titus in größerer Zahl zurück und belagerten die Stadt, die mit Besuchern des Passahfestes überfüllt war. Die Römer schütteten Belagerungswälle auf und errichteten rings um die ganze Stadt einen durchgehenden Wall, um ein Entkommen bei Tag oder bei Nacht zu verhindern. Auch das geschah in Erfüllung der Prophezeiung Jesu (Luk 19:43). Innerhalb der Stadt stritten sich rivalisierende Parteien und kämpften gegeneinander, und ein Großteil der Nahrungsmittelvorräte wurde vernichtet. Wer bei dem Versuch, die Stadt zu verlassen, gefasst wurde, starb als Verräter. Wie Josephus, berichtet, wurde der Hunger mit der Zeit so groß, dass Menschen Überreste von altem Heu und Leder, ja sogar ihre eigenen Kinder aßen. (Vgl. Klg 2:11, 12, 19, 20; 5Mo 28:56, 57.) Titus’ Friedensangebote wurden von den starrsinnigen Parteiführern in der Stadt durchweg abgelehnt.

Bronzesesterz zur Erinnerung an die Unterwerfung Judäas durch die Römer; Vorderseite: Kaiser Vespasian; Rückseite: „IVDAEA CAPTA“ (Erobertes Judäa)

Schließlich wurden die Mauern von den Römern systematisch durchbrochen, sodass die Soldaten in die Stadt eindringen konnten (BILD, Bd. 2, S. 752). Trotz gegenteiliger Befehle wurde der Tempel in Schutt und Asche gelegt. Laut Josephus geschah dies am Jahrestag der Zerstörung des ersten Tempels, die Jahrhunderte zuvor Nebukadnezar herbeigeführt hatte. Aus seinem Bericht geht ferner hervor, dass auch das „Archiv“ mit den Stammes- und Familiengeschlechtsregistern, aus denen die Erbrechte abgeleitet werden konnten, in Flammen aufging (Geschichte des Jüdischen Krieges, 6. Buch, Kap. 4, Abs. 5; 2. Buch, Kap. 17, Abs. 6; 6. Buch, Kap. 6, Abs. 3). Somit gab es von da an keine Möglichkeit mehr, rechtsverbindlich die Abstammung der Mitglieder des messianischen Stammes Juda und des Priesterstammes Levi nachzuweisen.

Jerusalem wurde in nur 4 Monaten und 25 Tagen (vom 3. April bis zum 30. August 70 u. Z.) erobert. Somit war es eine schwere, aber relativ kurze Schlacht. Das unvernünftige Verhalten der jüdischen Bevölkerung der Stadt trug zweifellos dazu bei, dass sie nur von kurzer Dauer war. Obwohl die Zahl der Toten gemäß Josephus 1 100 000 betrug, gab es Überlebende. 97 000 Juden gerieten in Gefangenschaft; viele von ihnen kamen als Sklaven nach Ägypten oder wurden mit dem Schwert oder durch Tiere in den Arenen der römischen Provinzen getötet. Auch dadurch erfüllte sich eine göttliche Prophezeiung (5Mo 28:68).

Die ganze Stadt wurde zerstört, nur die Türme des herodianischen Palastes und einen Teil der W-Mauer ließ man stehen. Sie sollten späteren Generationen einen Eindruck von der Verteidigungsstärke vermitteln, die aber völlig nutzlos war. „Alle übrigen Teile der Stadtmauer“, bemerkt Josephus, „machten die Sieger so völlig dem Erdboden gleich, daß fremde Ankömmlinge kaum hätten glauben sollen, die Stätte sei jemals bewohnt gewesen“ (Geschichte des Jüdischen Krieges, 7. Buch, Kap. 1, Abs. 1). Ein Relief auf dem Titusbogen in Rom zeigt römische Soldaten, die heilige Gefäße aus dem zerstörten Tempel wegtragen. (Vgl. Mat 24:2; BILD, Bd. 2, S. 752.)

Spätere Zeit. Jerusalem blieb bis etwa 130 u. Z. so gut wie unbewohnt. In diesem Jahr befahl Kaiser Hadrian, eine neue Stadt zu bauen, die den Namen Aelia Capitolina tragen sollte. Dadurch provozierte er jedoch einen Aufstand unter der Führung Bar Kochbas (132–135 u. Z.). Eine Zeit lang hatte dieser Erfolg, doch dann wurde der Aufstand niedergeschlagen. Die Juden durften fast 200 Jahre lang die von den Römern erbaute Stadt nicht betreten. Im 4. Jahrhundert besuchte Helena, die Mutter Konstantins des Großen, Jerusalem und begann, viele „heilige“ Stätten und Heiligtümer zu identifizieren. Später wurde Jerusalem von den Muslimen erobert. Heute stehen zwei islamische Bauten auf dem Tempelberg. Im späten 7. Jahrhundert errichtete Kalif Abd Al Malik auf dem Tempelgelände oder nahe dabei den Felsendom. Er ist keine Moschee im eigentlichen Sinn, sondern ein allgemeines Heiligtum. Südlich des Felsendoms steht heute die Al-Aksa-Moschee, die im 8. Jahrhundert erbaut und im 11. Jahrhundert zum größten Teil erneuert wurde.

Weitere Informationen über geografische Örtlichkeiten in und um Jerusalem sind unter folgenden Stichwörtern zu finden: EN-ROGEL; KIDRON (WILDBACHTAL); MACHTESCH; ÖLBERG; OPHEL; TEMPEL; ZION.

Die Bedeutung der Stadt. Jerusalem war weit mehr als die Hauptstadt einer irdischen Nation. Es war die einzige Stadt auf der ganzen Erde, die Jehova Gott für seinen Namen ausgewählt hatte (1Kö 11:36). Nachdem die Bundeslade, ein Zeichen der Gegenwart Gottes, dorthin gebracht worden war und erst recht, als das Tempelheiligtum, das Haus Gottes, dort errichtet worden war, wurde Jerusalem, bildlich gesprochen, Jehovas Residenz, sein „Ruheort“ (Ps 78:68, 69; 132:13, 14; 135:21; vgl. 2Sa 7:1-7, 12, 13). Da die Könige der davidischen Linie Gottes Gesalbte waren und auf dem „Thron Jehovas“ saßen (1Ch 29:23; Ps 122:3-5), nannte man Jerusalem auch „den Thron Jehovas“, und die Stämme oder Nationen, die sich in Anerkennung der Souveränität Gottes dorthin wandten, wurden sozusagen zum Namen Jehovas versammelt (Jer 3:17; Ps 122:1-4; Jes 27:13). Die Stämme oder Nationen, die Jerusalem feindlich gesinnt waren oder gegen die Stadt kämpften, widersetzten sich in Wirklichkeit der Souveränität Gottes. In Anbetracht der prophetischen Erklärung in 1. Mose 3:15 musste das so kommen.

Jerusalem stellte also den Sitz der von Gott eingesetzten Regierung, des Vorbildkönigreiches Gottes, dar. Es war der Ort, von dem Gottes Gesetz, sein Wort und sein Segen ausgingen (Mi 4:2; Ps 128:5). Wer sich für den Frieden und das Wohl Jerusalems einsetzte, setzte sich in Wirklichkeit dafür ein, dass Gottes gerechter Vorsatz verwirklicht wurde und sein Wille geschah (Ps 122:6-9). Obgleich Jerusalem in den Bergen Judas lag und zweifellos einen eindrucksvollen Anblick bot, verdankte es seine wahre Größe und Schönheit Jehova, der es ehrte und verherrlichte, damit es ihm als eine „Krone der Schönheit“ diente (Ps 48:1-3, 11-14; 50:2; Jes 62:1-7).

Jehova gebrauchte die Stadt nicht wegen ihrer Gebäude, sondern wegen der Menschen darin – ob Herrscher, Untertanen, Priester oder einfaches Volk. Schließlich sind es vor allem Jehovas vernunftbegabte Geschöpfe, die ihn preisen und seinen Willen ausführen (Ps 102:18-22; Jes 26:1, 2). Wenn sie treu blieben, Jehovas Namen durch ihre Worte und durch ihren Lebenswandel ehrten, segnete er Jerusalem und verteidigte es (Ps 125:1, 2; Jes 31:4, 5). Infolge des abtrünnigen Verhaltens der Mehrheit zogen sich das Volk und seine Könige bald das Missfallen Jehovas zu. Aus diesem Grund verkündete Jehova seinen Vorsatz, die Stadt zu verwerfen, die seinen Namen trug (2Kö 21:12-15; 23:27). Er werde „Stütze und Halt“ aus der Stadt entfernen, worauf sie mit Tyrannei, Jugendkriminalität und Respektlosigkeit gegenüber Männern in angesehenen Stellungen erfüllt werde, ja, Jerusalem werde Erniedrigung und schwere Demütigung erleiden (Jes 3:1-8, 16-26). 70 Jahre nachdem Jehova die Zerstörung der Stadt durch die Babylonier zugelassen hatte, ließ er sie wieder aufbauen und verlieh ihr erneut Schönheit als freudiges Zentrum der wahren Anbetung (Jes 52:1-9; 65:17-19). Dennoch fielen das Volk und seine Führer erneut in die Abtrünnigkeit zurück.

Jehova beschützte die Stadt, bis er seinen Sohn zur Erde sandte. Sie musste vorhanden sein, damit sich die messianischen Prophezeiungen erfüllen konnten (Jes 28:16; 52:7; Sach 9:9). Israels Abtrünnigkeit fand ihren Höhepunkt in der Hinrichtung des Messias, Jesus Christus, am Pfahl. (Vgl. Mat 21:33-41.) Die Tatsache, dass dies in Jerusalem – auf Betreiben der Führer des Volkes und mit dessen Unterstützung – geschah, ließ eines zur Gewissheit werden: Gott würde die Stadt, die ihn repräsentiert und seinen Namen getragen hatte, vollständig und unwiderruflich verwerfen. (Vgl. Mat 16:21; Luk 13:33-35.) Weder Jesus noch seine Apostel sagten voraus, dass Gott nach der von ihm beschlossenen Zerstörung, die im Jahr 70 u. Z. eintrat, das irdische Jerusalem und seinen Tempel wieder aufbauen werde.

Dennoch blieb der Name Jerusalem weiterhin in Gebrauch, nämlich als Symbol von etwas Größerem als der irdischen Stadt. Durch göttliche Inspiration offenbarte der Apostel Paulus, dass es ein „Jerusalem droben“ gibt. Er bezeichnete es als die „Mutter“ gesalbter Christen (Gal 4:25, 26). Aufgrund dessen nimmt das „Jerusalem droben“ die Stellung einer Ehefrau Jehovas ein, des großen Vaters und Lebengebers. Als das irdische Jerusalem als Hauptstadt der von Gott erwählten Nation diente, wurde es ebenfalls als eine mit Gott verheiratete Frau bezeichnet, die sich durch heilige Bande in einem Bundesverhältnis mit ihm befand (Jes 51:17, 21, 22; 54:1, 5; 60:1, 14). Das irdische Jerusalem stand somit stellvertretend für die ganze Versammlung der Diener Gottes auf der Erde. Das „Jerusalem droben“ muss demzufolge für die ganze Versammlung der loyalen Diener Jehovas im Himmel stehen.

Das Neue Jerusalem. In dem von Gott inspirierten Buch der Offenbarung hat der Apostel Johannes Einzelheiten über das „neue Jerusalem“ festgehalten (Off 3:12). In einer Vision sah er diese „heilige Stadt“ „von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereit gemacht wie eine für ihren Mann geschmückte Braut“. Das steht in Zusammenhang mit der Vision, in der er „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ sah. Von der „Braut“ heißt es, dass sie „die Frau des Lammes“ sei (Off 21:1-3, 9-27). In anderen apostolischen Schriften wird das gleiche Bild auf die aus Gesalbten bestehende Christenversammlung angewandt (2Ko 11:2; Eph 5:21-32). In der Schilderung, die in Offenbarung, Kapitel 14 gegeben wird, steht das „Lamm“, Christus Jesus, auf dem Berg Zion – ein Name, der ebenfalls mit Jerusalem in Verbindung steht (vgl. 1Pe 2:6) –, und bei ihm sind 144 000, die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihrer Stirn geschrieben tragen (Off 14:1-5; siehe NEUES JERUSALEM).

Das untreue Jerusalem. Vieles von dem, was in der Bibel über Jerusalem geschrieben steht, sind verurteilende Worte. Somit konnte Jerusalem offensichtlich nur, wenn es treu war, den himmlischen Teil der Organisation Jehovas und zeitweilig die wahre Christenversammlung, das „Israel Gottes“, darstellen (Gal 6:16). Wenn es untreu war, wurde es als Prostituierte oder als ehebrecherische Frau dargestellt; es glich dann den heidnischen Amoritern und Hethitern, den einstigen Herren der Stadt (Hes 16:3, 15, 30-42). Als solche konnte Jerusalem nur als Bild für Abtrünnige dienen, für diejenigen, die einen ehebrecherischen Weg der Untreue gegenüber Gott, dessen Namen sie angeblich tragen, eingeschlagen haben (Jak 4:4).

Wie man also sieht, wird „Jerusalem“ in vielfacher Bedeutung gebraucht, sodass man in jedem Fall den Kontext zurate ziehen muss, um das richtige Verständnis zu bekommen. (Siehe BESTIMMTE ZEITEN DER NATIONEN.)