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Strauß

Strauß

[hebr. bath hajjaʽanáh, renaním (Pl.)].

Der erste dieser hebräischen Namen soll entweder „die Tochter des Gierigen (Gefräßigen)“ oder „die Tochter der unfruchtbaren Gegend“ bedeuten, was auf den Strauß zutreffen würde. Von dem zweiten Namen nimmt man an, dass er „von dem Gewimmer der Strausshenne“ herrührt, und auch dieser Name ist für den Strauß passend, denn von seinen Schreien wird gesagt, es sei „ein klägliches und greuliches Gedröhn, welches ... dem Löwengebrüll ähnelt“ (W. Gesenius, Hebräisches und chaldäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, 5. Auflage, 2. Teil, Leipzig 1857, S. 269; E. C. A. Riehm, Handwörterbuch des Biblischen Altertums, Bielefeld und Leipzig, Bd. 2, 1884, S. 1575; vgl. Mi 1:8).

Der Strauß (Struthio camelus) ist die größte heute lebende bekannte Vogelart. Er kann eine Standhöhe von über 2 m und ein Gewicht von 140 kg erreichen. Der Kopf ist verhältnismäßig klein und flach, die Augen sind übergroß, der 1 m lange Hals ist sehr beweglich, und Kopf und Hals sind wie die kräftigen Beine fast unbefiedert. Am Körper hat der Strauß jedoch viele Federn, und die langen, weichen Flügel- und Schwanzfedern werden seit jeher sehr geschätzt. Die Federn des Männchens sind glänzend schwarz und weiß, während die des Weibchens unscheinbar graubraun sind. Der Strauß hat als einziger Vogel an jedem Fuß nur zwei Zehen, von denen eine mit einer Klaue versehen ist; diese wird zu einer gefährlichen Waffe, wenn der Vogel gezwungen ist, sich zu verteidigen. Wegen seiner Höhe sichtet sein scharfes Auge den Feind jedoch gewöhnlich auf weite Entfernung, und dann flieht dieser riesige Vogel mit der nötigen Vorsicht.

Der Strauß ernährt sich zwar hauptsächlich von pflanzlicher Kost, aber Fleisch verschmäht er auch nicht. Auf seiner reichhaltigen Speisekarte stehen u. a. Schlangen, Eidechsen und sogar kleine Vögel. Er ist unter den ‘unreinen’ Vögeln aufgeführt, die gemäß dem mosaischen Gesetz nicht gegessen werden durften (3Mo 11:13, 16; 5Mo 14:12, 15). Früher wurde der Strauß „Kamelvogel“ genannt, denn er kann für längere Zeit ohne Wasser auskommen, und deshalb bewohnt er einsame, unfruchtbare Gegenden. In der Bibel wird er zusammen mit Schakalen und ähnlichen Tieren erwähnt, um das Leben in der Wüste darzustellen (Jes 43:20) sowie die völlige Verödung, die über Edom und Babylon kam (Jes 13:21; 34:13; Jer 50:39). Der verstoßene und verabscheute Hiob, der in der Asche saß und von Trauer erfüllt aufschrie, betrachtete sich als ‘Bruder der Schakale’ und ‘Gefährte der Töchter des Straußes’ (Hi 30:29).

Dem Storch gegenübergestellt. Jehova Gott lenkte später die Aufmerksamkeit Hiobs auf den Strauß, und das, was Jehova sagte, zeigt deutlich einige ungewöhnliche Merkmale dieses Vogels (Hi 39:13-18). Ganz im Gegensatz zum Storch, der mit breiten kräftigen Flügeln in großer Höhe majestätisch dahinschwebt, ist der Strauß flugunfähig, denn seine Flügel können ihn wegen seines Gewichtes nicht tragen, und das flache Brustbein hat keinen Kamm, an dem bei flugfähigen Vögeln die Flugmuskeln befestigt sind. Die Straußenfedern sind zwar sehr schön, aber es fehlen ihnen die winzigen Häkchen, die jede Feder der flugfähigen Vögel zu einer geschlossenen Fläche zusammenfügen, sodass die Federn der Luft Widerstand bieten, was den Flug ermöglicht (Hi 39:13).

Ebenfalls im Gegensatz zu dem Storch, der sein großes, solides Nest auf Bäumen (Ps 104:17), Gebäuden oder hohen Felsen baut, scharrt der Strauß eine flache Mulde in den Boden. Das Weibchen legt die etwa 1 12 kg schweren Eier hinein, und da der Strauß oft mehrere Weibchen hat (im Gegensatz zum Storch, der für seine Treue zu einem einzigen Partner bekannt ist), legen die zwei oder drei Hennen ihre Eier in das Nest, und das Gelege kann darum eine ganze Anzahl Eier umfassen. Der Hahn brütet in der Nacht und die Henne am Tag, doch man weiß, dass sie in der Sonnenhitze das Nest ab und zu verlässt. In dieser Zeit können die Eier von Tieren oder Menschen geraubt oder trotz der dicken Schale beschädigt werden (Hi 39:14, 15).

‘Behandelt Söhne hart’. Über den Strauß heißt es in manchen Übersetzungen in Hiob 39:16 ähnlich wie in der von Bruns: „Er ist hart gegen seine Jungen, als gehörten sie ihm nicht“, und in Klagelieder 4:3 (Allioli) wird gesagt, der Vogel sei „grausam“ gegenüber seinen Jungen. Einige haben diese Aussagen beanstandet, denn sie behaupten, Straußeneltern sorgten sehr fürsorglich für ihre Jungen. Der in Hiob 39:13 erwähnte hebräische Begriff (renaním) kann sich zwar grammatikalisch sowohl auf das Männchen als auch auf das Weibchen beziehen, aber einige Lexikografen stehen auf dem Standpunkt, er beziehe sich an dieser Stelle auf das Weibchen. Das ist sehr gut möglich, da im selben Zusammenhang die Eier erwähnt werden, die natürlich die Henne legt. Diese Erklärung stützt zweifellos die poetische Aussage über die ‘Grausamkeit’ der Straußenhennen, von denen auch gesagt wird, dass sie sich nach dem Ausschlüpfen der Jungen gewöhnlich davonmachen, während sich der Hahn um die Brut kümmert (A. Parmelee, All the Birds of the Bible, 1959, S. 207). Außerdem verlassen diese kräftigen Vögel – das Männchen und das Weibchen – schnell das Nest und ihre Jungen, wenn sie Gefahr wittern, und obwohl sie durch Ablenkungsmanöver die Feinde vom Nest fortzulocken suchen, ist diese Behandlung der nun unbeschützten Jungen dennoch „hart“. Nur die ihnen vom Schöpfer gegebene Schutzfärbung kann die wehrlosen und verlassenen Küken retten, denn dadurch wird bewirkt, dass feindliche Tiere sie übersehen und den fliehenden Eltern nachjagen. Im Vergleich zu anderen Vögeln und besonders im Vergleich zum Storch, dessen liebevolle Aufmerksamkeit und ständige Fürsorge für seine Jungen sprichwörtlich sind, kann der Strauß demnach passenderweise als „grausam“ bezeichnet werden.

‘Vergisst Weisheit’. Vom Strauß wird gesagt, er ‘vergesse Weisheit’ und ‘habe keinen Anteil an Verstand’ (Hi 39:17). Heutige Beobachter können das bestätigen. Bei den Arabern ist die Redensart „dümmer als ein Strauß“ gebräuchlich (Soncino Books of the Bible, herausgegeben von A. Cohen, Kommentar zu Hiob, London 1946, S. 205). Der Strauß rennt gern in einer großen Kurve, wodurch seine Verfolger, wenn sie genügend an der Zahl sind, die Gelegenheit erhalten, ihn zu umzingeln. Aber auf gerader Strecke kann der Strauß wegen seiner starken Beine ‘des Rosses und seines Reiters lachen’ (Hi 39:18). Er kann mit über 3 12 m langen Schritten davonstürmen und dabei eine Geschwindigkeit von 70 km in der Stunde erreichen. Seine Flügel sind zwar für das Fliegen ungeeignet, aber sie dienen zum Halten des Gleichgewichts beim schnellen Laufen.

Der Strauß weist gewisse Merkmale auf, die, wie es heißt, selbst Wissenschaftler verblüffen, die ihn gern unter die niederen oder einfacheren Vögel einordnen. Er besitzt eine Blase, in der sich die Harnsäure sammelt, ein Organ, das an sich für Säugetiere typisch ist, aber sonst bei keiner anderen Vogelart vorkommt. Seine Augen werden vor Flugsand durch Wimpern geschützt. Obwohl der kraftvolle, schnelle Strauß nicht sehr intelligent ist, macht er seinem weisen Schöpfer alle Ehre.

Der arabische Strauß (Struthio camelus syriacus), einst in Palästina und Arabien weit verbreitet, ist inzwischen ausgestorben. Seit 1973 ist eine verwandte afrikanische Art in Israel wieder angesiedelt worden.