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Systeme der Dinge

Systeme der Dinge

Die Wendung „System der Dinge“ drückt die Bedeutung des griechischen Begriffs aiṓn in mehr als dreißig seiner Belegstellen in den Christlichen Griechischen Schriften aus.

Über die Bedeutung von aiṓn sagt R. Ch. Trench: „Wie κόσμος [kósmos, Welt] hat es eine primäre, physische und dann – zu dieser hinzutretend – eine sekundäre, ethische Bedeutung. In der primären bezeichnet es die Zeit, kurz oder lang, in ihrer ungebrochenen Dauer ...; aber wesentlich die Zeit als die Bedingung, unter welcher alle geschaffenen Dinge existieren. ... Indem es so die Zeit bezeichnet, wird es sofort zu einer Bezeichnung für alles, was in der Zeit, unter zeitlichen Bedingungen existiert; ... und dann, mehr ethisch gefasst, den Gang und Lauf der Weltbegebenheiten.“ Als Stütze dieser letztgenannten Bedeutung zitiert er den deutschen Gelehrten C. L. W. Grimm, der folgende Definition gibt: „Die Totalität desjenigen, was sich in der Dauer der Zeit äusserlich darstellt“ (Synonyma des Neuen Testaments, Tübingen 1907, S. 131).

Die Grundbedeutung von aiṓn ist demnach „Zeitalter“ oder „Lebenszeit“, und in der Bibel bezeichnet es häufig einen langen Zeitraum (Apg 3:21; 15:18), u. a. auch eine unendliche Zeitperiode, d. h. immerdar, Ewigkeit (Mar 3:29; 11:14; Heb 13:8). Weiteres über diese Bedeutungen ist unter ZEITALTER zu finden. Im Folgenden wird jedoch die Bedeutung des Ausdrucks behandelt, die im letzteren Teil der im Abschnitt zuvor gegebenen Definition erwähnt wird.

Als Hilfe zum Verständnis dieser Bedeutung könnte man die deutschen Begriffe „Zeitalter“, „Ära“ und „Epoche“ heranziehen und sehen, wie sie gebraucht werden. Von einem Zeitalter, einer Ära oder einer Epoche kann man reden, wenn man eine Zeitperiode in der Geschichte meint, die durch eine ganz bestimmte Entwicklung oder eine Reihe besonderer Ereignisse gekennzeichnet ist oder die wegen einer prominenten Persönlichkeit oder eines charakteristischen Merkmals bzw. charakteristischer Merkmale herausragt. Man spricht vom „Zeitalter der Entdeckungsreisen“ und meint damit die Zeit, in der Kolumbus, Magellan, Cook und andere Entdeckungsreisende lebten, oder vom „Zeitalter des Feudalismus“, vom „finsteren Mittelalter“, vom „Viktorianischen Zeitalter“ oder vom „Zeitalter der Raumfahrt“. In jedem der erwähnten Fälle ist es nicht die Zeitperiode an sich, die hervorsticht, sondern das besondere oder charakteristische Merkmal bzw. die besonderen oder charakteristischen Merkmale dieser Zeitperiode. Diese Merkmale sind entscheidend dafür, wann die Zeitperiode begann, wie lange sie dauerte und demnach auch, wann sie endete. Ohne diese Merkmale wäre die Zeitperiode einfach Zeit, keine besondere Epoche oder Ära, kein besonderes Zeitalter.

Im Greek-English Lexicon von Liddell und Scott lautet daher eine Definition von aiṓn: „Genau bestimmter und bezeichneter Zeitraum, Epoche, Zeitalter“ (revidiert von H. Jones, Oxford 1968, S. 45). Und in Vine’s Expository Dictionary of Old and New Testament Words (1981, Bd. 1, S. 41) heißt es: „Ein Zeitalter, eine Ära ... [es] bezeichnet einen Zeitraum von unbestimmter Dauer oder einen Zeitabschnitt, der im Verhältnis zu dem betrachtet wird, was in dieser Zeit geschieht.“

Wenn also in einem bestimmten Text eher die besonderen Merkmale eines Zeitabschnitts als die Zeit an sich hervorgehoben werden sollen, kann aiṓn passenderweise mit „System der Dinge“ oder „Zustand“ wiedergegeben werden. Dass dies ratsam ist, geht aus Galater 1:4 hervor, denn der Apostel Paulus sagt dort: „Er hat sich selbst für unsere Sünden hingegeben, damit er uns befreie von dem gegenwärtigen bösen System der Dinge [eine Form von aiṓn] gemäß dem Willen unseres Gottes und Vaters.“ Manche Übersetzungen geben aiṓn an dieser Stelle mit „Zeitalter“ wieder, doch es ist klar, dass Christi Lösegeld nicht dazu diente, Christen von einem Zeitalter oder Zeitraum zu befreien, denn sie lebten weiterhin in demselben Zeitalter wie die übrige Menschheit. Sie wurden allerdings von dem Zustand oder System der Dinge befreit, das während jenes Zeitabschnitts bestand und ihn kennzeichnete. (Vgl. Tit 2:11-14.)

Der Apostel Paulus schrieb an die Christen in Rom: „Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt“ (Rö 12:2). Es war nicht die Zeitperiode an sich, nach der sich die Menschen jener Zeit formten, ausrichteten oder an der sie sich orientierten, sondern es waren die Wertmaßstäbe, Praktiken, Sitten, Gebräuche, Ansichten, der Lebensstil und andere Merkmale, die jene Periode kennzeichneten. In Epheser 2:1, 2 sagt der Apostel von denen, an die er schreibt, sie seien ‘in ihren Verfehlungen und Sünden tot gewesen, in denen sie einst wandelten gemäß dem System der Dinge [„nach der Lebensweise“, vEß; „nach der Art“, Lu] dieser Welt’. In einem Kommentar zu diesem Text wird Folgendes gesagt: „Von der gewöhnlich angenommenen Bedeutung von ... [aiṓn], Zeit, ausgehend, könnte man aber den Ausdruck vielleicht in dem Sinne ‚Zeitlauf, Zeitrichtung‘ fassen, wenn man nicht richtiger ... die Bedeutung von ... [aiṓn] dahin bestimmt, dass der Ausdruck gar nicht den abstracten Begriff Zeit, sondern die Bewegung und Entwicklung in der Zeit bedeutet“ (H. Olshausen, Biblischer Commentar über sämmtliche Schriften des Neuen Testaments, Bd. 4, 1840, S. 174). In einem anderen Kommentar heißt es: „Der Apostel ... weist auf einen Zustand hin, in welchem die Sünde die Lebenssphäre der Betreffenden geworden war. ... Im N[euen] T[estament] bedeutet αἰών [aiṓn] eine Weltperiode ... Hier legt der Apostel der Welt in ihrer gottentleerten Diesseitigkeit die Eigenschaftsbestimmung einer ‚Periode‘, eines ‚Zeitlaufes‘ bei“ (J. P. Lange, Theologisch-homiletisches Bibelwerk, Die Briefe an die Epheser, Philipper, Kolosser, Bielefeld 1862, S. 27).

Zeitalter, Zustände oder Systeme der Dinge. Es gibt verschiedene Systeme der Dinge oder Zustände, die existiert haben oder existieren werden. Die von Gott durch seinen Sohn herbeigeführten Systeme der Dinge sind gerecht.

Zum Beispiel leitete Gott durch den Gesetzesbund die sogenannte israelitische oder jüdische Epoche ein. Doch was diese Zeitperiode in der Geschichte wiederum kennzeichnete (was Gottes Beziehungen zur Menschheit betrifft), waren der Zustand und die charakteristischen Merkmale, die der Gesetzesbund mit sich brachte. Zu diesen Merkmalen gehörten eine Priesterschaft, ein System von Opfern und Speisevorschriften sowie ein System der in der Stiftshütte und im Tempel durchgeführten Anbetung mit den Festen und Sabbaten; alle diese Systeme bildeten prophetische Vorbilder oder waren Schatten künftiger Dinge. Außerdem gab es ein nationales System, zu dem schließlich ein menschlicher König gehörte. Als Gott jedoch einen neuen Bund vorhersagte (Jer 31:31-34), war der alte Bund in gewissem Sinn veraltet, obwohl Gott zuließ, dass er noch einige Jahrhunderte in Kraft war (Heb 8:13). Im Jahr 33 u. Z. führte Gott dann das Ende des Gesetzesbundes herbei, indem er ihn sozusagen an den Marterpfahl seines Sohnes nagelte (Kol 2:13-17).

Offensichtlich aus diesem Grund heißt es in Hebräer 9:26 über Christus, dass er „sich beim Abschluss der Systeme der Dinge ein für alle Mal offenbar gemacht [hat] zur Beseitigung der Sünde durch das Opfer seiner selbst“. Dennoch endeten die charakteristischen Merkmale jenes Zeitalters oder jener Epoche erst völlig im Jahr 70 u. Z., als Jerusalem und sein Tempel zerstört und die Juden zerstreut wurden. Diese Katastrophe machte der jüdischen Priesterschaft, den Opfern und der Anbetung im Tempel, wie sie im mosaischen Gesetz vorgeschrieben waren, für immer ein Ende, obwohl die letzte judäische Festung (Masada) erst drei Jahre später, im Jahr 73 u. Z., an die Römer fiel; auch die von Gott geschaffene jüdische nationale Ordnung hörte auf zu bestehen. Zweifellos aus diesem Grund konnte der Apostel Paulus viele Jahre nach Christi Tod, aber noch vor der Zerstörung Jerusalems durch die Römer, über bestimmte Ereignisse der israelitischen Geschichte berichten und sagen: „Diese Dinge nun widerfuhren ihnen fortgesetzt als Vorbilder, und sie sind zur Warnung für uns geschrieben worden, auf welche die Enden der Systeme der Dinge gekommen sind“ (1Ko 10:11; vgl. Mat 24:3; 1Pe 4:7).

Durch sein Loskaufsopfer und den neuen Bund, den es rechtskräftig machte, wurde Jesus Christus von Gott dazu gebraucht, ein anderes System der Dinge einzuführen, das in erster Linie die Versammlung gesalbter Christen betraf (Heb 8:7-13). Dies kennzeichnete den Beginn einer neuen Epoche, deren charakteristische Merkmale die durch den Gesetzesbund vorgeschatteten Wirklichkeiten sind. Mit dieser Epoche begannen ein Dienst der Versöhnung, verstärkte Wirkungen des heiligen Geistes Gottes, die Anbetung durch einen geistigen Tempel mit geistigen Opfern (1Pe 2:5) (anstelle eines buchstäblichen Tempels und Tieropfern) und Offenbarungen des Vorsatzes Gottes; außerdem wurde ein Verhältnis zu Gott möglich, das für diejenigen, die in den neuen Bund aufgenommen wurden, einen neuen Lebensweg bedeutete. All das waren charakteristische Merkmale des Systems der Dinge, das Christus eingeleitet hatte.

Ungerechtes Zeitalter oder System der Dinge. Als Paulus an Timotheus über diejenigen schrieb, „die reich sind im gegenwärtigen System der Dinge“, meinte er zweifellos nicht das jüdische System der Dinge oder die jüdische Epoche, denn Timotheus hatte während seines Dienstes nicht nur mit Judenchristen, sondern auch mit vielen Christen nichtjüdischer Herkunft zu tun, und es ist nicht wahrscheinlich, dass der Reichtum irgendeines nichtjüdischen Christen eng mit dem jüdischen System der Dinge verknüpft war (1Ti 6:17). Desgleichen meinte Paulus, als er von Demas sagte, er habe ihn verlassen, „weil er das gegenwärtige System der Dinge geliebt hat“ nicht, dass Demas das jüdische System der Dinge liebte, sondern vielmehr, dass er den bestehenden Zustand in der Welt im Allgemeinen und die weltliche Lebensweise liebte (2Ti 4:10; vgl. Mat 13:22).

Der weltliche aiṓn oder das weltliche System der Dinge hatte bereits vor der Einführung des Gesetzesbundes bestanden. Er verlief parallel zum aiṓn dieses Bundes und dauerte über das Ende des aiṓn oder Zustandes hinaus an, den der Gesetzesbund eingeleitet hatte. Der weltliche aiṓn begann offensichtlich einige Zeit nach der Flut, als sich eine ungerechte Lebensweise entwickelt hatte, die durch Sünde und Auflehnung gegen Gott und seinen Willen gekennzeichnet war. Folglich konnte Paulus auch vom „Gott dieses Systems der Dinge“ sagen, dass er den Sinn der Ungläubigen verblendet – eine eindeutige Bezugnahme auf Satan, den Teufel (2Ko 4:4; vgl. Joh 12:31). Hauptsächlich Satans Herrschaft und Einfluss haben den weltlichen aiṓn geformt und ihm seine charakteristischen Merkmale und seinen Geist verliehen. (Vgl. Eph 2:1, 2.) In einem Kommentar zu Römer 12:2 heißt es in The Expositor’s Greek Testament (herausgegeben von W. R. Nicoll, 1967, Bd. II, S. 688): „Sogar eine scheinbare oder oberflächliche Angleichung an ein System, das von solch einem Geist beherrscht wird, wäre für das christliche Leben verhängnisvoll, wie viel mehr eine tatsächliche Anpassung an seine Lebens- und Denkweise.“ Dieser weltliche aiṓn sollte noch lange Zeit nach dem Tod des Apostels weiterbestehen.

Zum Beispiel sagte Jesus in Matthäus 13:37-43, als er ein Gleichnis erklärte: „Das Feld ist die Welt [kósmos] ... Die Ernte ist ein Abschluss eines Systems der Dinge [eine Form von aiṓn] ... So, wie nun das Unkraut zusammengelesen und im Feuer verbrannt wird, so wird es beim Abschluss des Systems der Dinge sein.“ Einige Übersetzungen wie zum Beispiel die Einheitsübersetzung geben in diesen Versen sowohl kósmos als auch aiṓn mit „Welt“ wieder. Es ist jedoch klar, dass der Landwirt in dem Gleichnis nicht das „Feld“ verbrennt, das die „Welt“ darstellt, sondern lediglich das Unkraut. Demnach ist es nicht die „Welt“ (kósmos), die endet oder ‘zum Abschluss kommt’, sondern das „System der Dinge“ (aiṓn). George Campbells Übersetzung gibt diese Teile wie folgt wieder: „Das Feld ist die Welt: ... Die Ernte ist der Abschluss dieses Zustandes; ... so wird es auch beim Abschluss dieses Zustandes sein“ (The Four Gospels, London 1834).

Jesus zeigte, dass der Weizen wahre gesalbte Christen, echte Jünger, und das Unkraut Scheinchristen darstellte. Somit würde sich der Abschluss des Systems der Dinge, der an dieser Stelle als die Erntezeit bezeichnet wird, in diesem Fall weder auf den Abschluss des jüdischen Systems der Dinge noch auf den Abschluss des „Zustandes“ beziehen, in dem der „Weizen“ und das „Unkraut“ zusammen ungestört wuchsen; der Abschluss des Systems der Dinge muss sich vielmehr auf das Ende desselben Systems der Dinge beziehen, auf das der Apostel Paulus später Bezug nahm, nämlich auf das ‘gegenwärtige’, von teuflischer Herrschaft gekennzeichnete „System der Dinge“ (1Ti 6:17). Ebenso wird durch das weitere Gleichnis Jesu über das Schleppnetz und die Trennung der Fische gezeigt, wie „es beim Abschluss des Systems der Dinge sein [wird]: Die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten trennen“ (Mat 13:47-50). Zweifellos erinnerten sich Jesu Jünger an diese Äußerungen, als sie ihm einige Zeit später die Frage stellten: „Was wird das Zeichen deiner Gegenwart und des Abschlusses des Systems der Dinge sein?“ (Mat 24:3). Jesu Zusicherung, während des Werkes des Jüngermachens bis zum Abschluss des Systems der Dinge bei seinen Jüngern zu sein, muss sich auch auf den Abschluss des Zustandes beziehen, der durch Satans Herrschaft entstand (Mat 28:19, 20).

Zu den Bibelstellen, in denen sich aiṓn auf dieses böse System der Dinge bezieht, gehören beispielsweise Lukas 16:8; 1. Korinther 1:20; 2:6, 8; 3:18; Epheser 1:21.

Das kommende System der Dinge. In Matthäus 12:32 wird Jesus zitiert, der sagte, dass jedem, der gegen den heiligen Geist redet, „weder in diesem System der Dinge noch in dem kommenden“ vergeben werden wird. Man könnte das als eine Bezugnahme auf das jüdische System der Dinge und das darauf folgende künftige System der Dinge verstehen, das Christus durch den neuen Bund einführen würde. Doch es spricht einiges dafür, dass er stattdessen das gegenwärtige böse System der Dinge und ein System der Dinge meinte, das beim Abschluss dieses bösen Systems der Dinge eingeleitet werden würde. Jesus bezog sich auf denselben künftigen Zustand, als er verhieß, dass diejenigen, die Haus und Familie um des Königreiches Gottes willen verlassen würden, „in dieser Zeitperiode [eine Form von kairós, was „bestimmte Zeit“ bedeutet] vielmal mehr empfangen ... und in dem kommenden System der Dinge [eine Form von aiṓn] ewiges Leben“ (Luk 18:29, 30). Dieses kommende System der Dinge würde auch die Zeitperiode kennzeichnen, in der die Menschen auferstehen und die Gelegenheit erhalten, unter Gottes Kinder gerechnet zu werden (Luk 20:34, 35). Die Pluralform von aiṓn wird in Epheser 2:7 mit Bezug auf die ‘kommenden Systeme der Dinge’ gebraucht, in denen die gesalbten Christen „in Gemeinschaft mit Christus Jesus“ eine überaus großartige Kundgabe der unverdienten Güte Gottes erfahren. (Vgl. Eph 1:18-23; Heb 6:4, 5.) Das lässt darauf schließen, dass es innerhalb des gesamten ‘kommenden Systems der Dinge’ Systeme der Dinge oder Zustände geben wird, ebenso wie das System der Dinge unter dem Gesetzesbund unter sich zusammenhängende, parallel verlaufende Systeme umfasste, wie bereits erklärt wurde.

Gott ‘ordnet’ die „Systeme der Dinge“. In Hebräer 11:3 heißt es: „Durch Glauben begreifen wir, dass die Systeme der Dinge [Pluralform von aiṓn] durch Gottes Wort geordnet wurden, sodass das, was gesehen wird, aus Dingen geworden ist, die nicht in Erscheinung treten.“ Viele meinen, dass in Hebräer 1:2 die Pluralform von aiṓn ähnlich gebraucht werde; dort wird gesagt, dass Jehova durch seinen Sohn, Jesus Christus, geredet hat, „den er zum Erben aller Dinge eingesetzt und durch den er die Systeme der Dinge gemacht hat“. Das griechische Wort aiṓn in diesen zwei Versen ist unterschiedlich verstanden worden.

Einmal kann man den griechischen Ausdruck so verstehen, dass er sich auf die besonderen oder charakteristischen Merkmale einer Zeitperiode bezieht. In Hebräer, Kapitel 11 erörtert der inspirierte Schreiber, wie die „Männer der alten Zeiten“ durch Glauben ‘Zeugnis erlangten’ (V. 2). In seinen folgenden Worten nennt er dann Beispiele treuer Menschen der vorsintflutlichen Ära, der patriarchalischen Epoche und der Zeitperiode, als Israel in einem Bundesverhältnis mit Gott stand. Durch die Entwicklungen, die während all dieser verschiedenen Zeitperioden ausgelöst wurden, und durch das, was dadurch erreicht wurde, wirkte Gott auf die Erfüllung seines Vorsatzes hin, der darin besteht, aller Auflehnung ein Ende zu machen und für würdige Menschen eine Möglichkeit zu schaffen, durch die folgenden „Systeme der Dinge“ mit Gott versöhnt zu werden. Somit mussten jene Männer der alten Zeiten den Glauben haben – und sie hatten ihn –, dass der unsichtbare Gott die Dinge tatsächlich auf geordnete Weise lenkte. Sie glaubten, dass er der unsichtbare Erschaffer der verschiedenen Systeme der Dinge war und dass sie ihr angestrebtes Ziel, die „Erfüllung der Verheißung“ zu Gottes bestimmter Zeit ganz sicher erreichen würden. Glaubensvoll erwarteten sie die weitere Verwirklichung des Vorsatzes Gottes und auch das System der Dinge, das durch den auf dem Opfer Jesu beruhenden neuen Bund geschaffen wurde (Heb 11:39, 40; 12:1, 18-28).

Man kann aiṓn in Hebräer 1:2 und 11:3 aber auch als Entsprechung des griechischen Ausdrucks kósmos verstehen, und zwar im Sinn von Welt oder Universum, der Gesamtheit des Erschaffenen, einschließlich der Sonne, des Mondes, der Sterne und der Erde. Diese Ansicht wird offensichtlich durch Hebräer 11:3 gestützt, wo es heißt, dass „das, was gesehen wird, aus Dingen geworden ist, die nicht in Erscheinung treten“. Diesen Vers könnte man zudem als eine Bezugnahme auf den Schöpfungsbericht in 1. Mose verstehen, die logischerweise dem, was Paulus über Abel (V. 4), Henoch (V. 5, 6) und Noah (V. 7) sagte, vorangegangen sein könnte. Es ist also möglich, dass Paulus zu seiner Definition des Glaubens noch etwas hinzufügte, indem er auf das Universum hinwies – bestehend aus Sonne, Mond und Sternen –, das ein eindeutiger Beweis für die Existenz eines Schöpfers ist. (Vgl. Rö 1:20.)

In den Hebräischen Schriften. Der hebräische Ausdruck chéledh hat eine ähnliche Bedeutung wie aiṓn und bezieht sich in einigen Texten auf die „Lebensdauer“ (Hi 11:17; Ps 39:5; 89:47), doch in anderen Fällen scheinen mit dem Ausdruck in erster Linie die Merkmale einer Zeitperiode bezeichnet zu werden, weshalb man ihn mit ‘System der Dinge’ wiedergeben kann (Ps 17:13, 14; 49:1). Einige Übersetzungen gebrauchen in den zuletzt angeführten Texten das Wort „Welt“ als Wiedergabe von chéledh, wodurch allerdings der Sinngehalt, nämlich die fortlaufende Zeit, unberücksichtigt bleibt.