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Der Schöpfer offenbart sich — zu unserem Nutzen

Der Schöpfer offenbart sich — zu unserem Nutzen

Kapitel acht

Der Schöpfer offenbart sich — zu unserem Nutzen

ES BLITZTE und donnerte, als etwa drei Millionen Menschen vor einem hohen Berg auf der Halbinsel Sinai standen. Wolken verhüllten den Berg Sinai, und der Boden bebte. Unter diesen denkwürdigen Umständen führte Moses die Israeliten in ein formelles Verhältnis zum Schöpfer des Himmels und der Erde (2. Mose, Kapitel 19; Jesaja 45:18).

Warum offenbarte sich der Schöpfer des Universums auf besondere Weise einer einzelnen Nation und noch dazu einer der kleineren? Moses gibt darüber den folgenden Aufschluß: „Es war, weil Jehova euch liebte und weil er seinen Schwur hielt, den er euren Vorvätern geschworen hatte“ (5. Mose 7:6-8).

Eine solche Äußerung läßt erkennen, daß die Bibel weit mehr Informationen für uns enthält als Angaben über die Entstehung des Weltalls und des Lebens auf der Erde. Sie hat viel über die Handlungsweise des Schöpfers mit den Menschen — sei es in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft — zu sagen. Die Bibel ist das am meisten studierte und am weitesten verbreitete Buch; jeder, der auf Bildung Wert legt, sollte mit ihrem Inhalt vertraut sein. Verschaffen wir uns daher einen Überblick über das, was in der Bibel zu finden ist, und konzentrieren wir uns dabei zunächst auf den Teil, der oft das Alte Testament genannt wird. Wir erhalten dadurch einen wertvollen Einblick in die Persönlichkeit des Schöpfers des Universums und Autors der Bibel.

Im Kapitel 6 „Ein alter Schöpfungsbericht — Ist er vertrauenswürdig?“ haben wir Fakten aus dem Schöpfungsbericht der Bibel über unsere frühesten Vorfahren — unsere Herkunft — kennengelernt, die sonst nirgendwo zu finden sind. Das erste Buch der Bibel enthält jedoch viel mehr. Was zum Beispiel?

In der griechischen und in anderen Mythologien wird eine Zeit beschrieben, als die Götter und Halbgötter Umgang mit den Menschen hatten. Auch Anthropologen berichten, daß es überall auf der Erde Sagen von einer Flut in alter Zeit gibt, die den größten Teil der Menschheit auslöschte. Solche Mythen zu ignorieren ist vielleicht nicht ganz unbegründet. Ist es aber nicht interessant, daß nur in 1. Mose * die historischen Hintergrundinformationen über Ereignisse enthalten sind, die später in solchen Mythen und Sagen ihren Widerhall fanden? (1. Mose, Kapitel 6, 7).

Im ersten Buch Mose lesen wir auch von Männern und Frauen — geschichtliche Personen, mit denen wir uns identifizieren können —, die wußten, daß der Schöpfer existiert, und die seinen Willen in ihrem Leben berücksichtigten. Wir sind es uns selbst schuldig, etwas über Männer wie Abraham, Isaak und Jakob kennenzulernen, die zu den von Moses erwähnten „Vorvätern“ gehörten. Der Schöpfer wurde mit Abraham bekannt und bezeichnete ihn als ‘seinen Freund’ (Jesaja 41:8; 1. Mose 18:18, 19). Warum? Jehova hatte Abraham beobachtet und setzte dann Vertrauen in ihn als einen Mann des Glaubens (Hebräer 11:8-10, 17-19; Jakobus 2:23). Abrahams Erfahrung zeigt, daß Gott zugänglich ist. Seine Macht und seine Fähigkeiten sind zwar ehrfurchteinflößend, aber er ist keine rein unpersönliche Kraft oder Ursache. Er ist eine wirkliche Person, zu der wir Menschen ein respektvolles Verhältnis haben können — zu unserem bleibenden Nutzen.

Jehova verhieß Abraham: „Durch deinen Samen werden sich bestimmt alle Nationen der Erde ... segnen“ (1. Mose 22:18). Diese Zusage stützt sich auf — und erweitert — die Verheißung, die zur Zeit Adams in bezug auf einen künftigen „Samen“ gemacht wurde (1. Mose 3:15). Das, was Jehova zu Abraham sagte, bestätigte die Hoffnung, daß jemand, nämlich der Same, zur rechten Zeit erscheinen würde und für alle Völker ein Segen wäre. Man wird feststellen, daß es sich dabei um ein zentrales Thema handelt, das sich durch die ganze Bibel zieht, und dadurch wird deutlich, daß es sich bei dem Buch nicht um eine Sammlung verschiedener Schriften menschlichen Ursprungs handelt. Wenn man dieses Thema der Bibel kennt, ist es leichter, sich zu vergegenwärtigen, daß Gott eine Nation in alter Zeit gebrauchte — mit dem Ziel, alle Nationen zu segnen (Psalm 147:19, 20).

Das Ziel, das Jehova vor Augen hatte, als er mit Israel handelte, läßt erkennen, daß ‘er nicht parteiisch ist’ (Apostelgeschichte 10:34; Galater 3:14). Überdies waren Menschen aus anderen Nationen, obwohl Gott hauptsächlich mit den Nachkommen Abrahams handelte, ebenfalls willkommen, Jehova zu dienen (1. Könige 8:41-43). Und wie wir später sehen werden, geht Gottes Unparteilichkeit so weit, daß wir alle — ungeachtet unserer nationalen oder ethnischen Herkunft — in der Lage sind, ihn kennenzulernen und ihm zu gefallen.

Wir können aus der Geschichte der Nation, mit der der Schöpfer über Jahrhunderte handelte, viel lernen. Teilen wir die Geschichte in drei Teile auf. Während wir diese Teile betrachten, sollten wir darauf achten, wie Jehova entsprechend der Bedeutung seines Namens — „Er veranlaßt zu werden“ — handelte und wie seine Persönlichkeit in seinen Handlungen mit Menschen zum Ausdruck kam, die wirklich gelebt haben.

Teil 1: Eine vom Schöpfer regierte Nation

Abrahams Nachkommen wurden Sklaven in Ägypten. Schließlich erweckte Gott Moses, der sie 1513 v. u. Z. in die Freiheit führte. Als Israel eine Nation wurde, war Gott ihr Herrscher. Doch 1117 v. u. Z. trachtete das Volk nach einem menschlichen Königtum.

Wie kam es dazu, daß sich Israel mit Moses am Berg Sinai befand? Das erste Buch Mose liefert die Vorgeschichte. Als Jakob (auch Israel genannt) nordöstlich von Ägypten wohnte, brach in der ganzen damals bekannten Welt eine Hungersnot aus. Aus Sorge um seine Angehörigen versuchte Jakob, Nahrungsmittel aus Ägypten zu beschaffen, denn dort lagerten große Getreidevorräte. Jakob stellte fest, daß der Nahrungsmittelverwalter sein Sohn Joseph war, den er viele Jahre für tot gehalten hatte. Jakob und seine Familie zogen nach Ägypten und wurden eingeladen, dort zu bleiben (1. Mose 45:25 bis 46:5; 47:5-12). Nach Josephs Tod berief ein neuer Pharao Jakobs Nachkommen jedoch zur Zwangsarbeit ein, und die Ägypter „verbitterten ihr Leben fortgesetzt durch harten Sklavendienst bei Lehmmörtel und Ziegelsteinen“ (2. Mose 1:8-14). Der lebensnahe Bericht darüber und weit mehr ist in dem Bibelbuch 2. Mose nachzulesen.

Die Israeliten litten jahrzehntelang unter der Mißhandlung, und „ihr Hilferuf ... stieg fortwährend zu dem wahren Gott empor“. Sich an Jehova zu wenden war genau das richtige. Er war an den Nachkommen Abrahams interessiert und war entschlossen, seinen Vorsatz zu verwirklichen und für einen künftigen Segen für alle Völker zu sorgen. Jehova ‘hörte Israels Stöhnen und nahm Kenntnis davon’, was anzeigt, daß der Schöpfer mitfühlend ist gegenüber Menschen, die geknechtet werden und leiden (2. Mose 2:23-25). Er erwählte Moses, die Israeliten aus der Knechtschaft zu befreien. Als Moses und sein Bruder Aaron jedoch vor den Pharao Ägyptens traten und ihn baten, das geknechtete Volk ziehen zu lassen, entgegnete dieser herausfordernd: „Wer ist Jehova, daß ich seiner Stimme gehorchen und Israel wegsenden sollte?“ (2. Mose 5:2).

Könnten wir uns vorstellen, daß sich der Schöpfer des Universums durch eine solche Herausforderung, auch wenn sie vom Herrscher der damals größten Militärmacht kam, einschüchtern ließe? Jehova schlug Pharao und die Ägypter mit einer Reihe von Plagen. Nach der zehnten Plage willigte Pharao schließlich ein, die Israeliten freizulassen (2. Mose 12:29-32). Auf diese Weise lernten die Nachkommen Abrahams Jehova als wirkliche Person kennen — als jemand, der zu seiner Zeit für Befreiung sorgt. Ja, wie sein Name anzeigt, erwies sich Jehova als jemand, der auf dramatische Weise seine Verheißungen in Erfüllung gehen läßt (2. Mose 6:3). Pharao und die Israeliten sollten indes kennenlernen, daß mit diesem Namen noch mehr verbunden ist.

Dazu kam es, weil Pharao sich bald anders besann. Er übernahm selbst die Führung seines Heeres, jagte den davonziehenden Sklaven nach und holte sie am Roten Meer ein. Die Israeliten saßen in der Falle — vor ihnen das Meer und hinter ihnen das ägyptische Heer. Dann griff Jehova ein und öffnete den Weg durch das Rote Meer. Pharao hätte das als Kundgabe der unbesiegbaren Macht Gottes erkennen sollen. Statt dessen führte er seine Streitkräfte blindlings hinter den Israeliten her — nur um mit seinem Heer zu ertrinken, als Gott das Meer zu seinem normalen Stand zurückkehren ließ. Der Bericht in 2. Mose sagt nicht, wie Gott diese Großtaten vollbrachte. Wir können sie zu Recht als Wunder bezeichnen, weil die Handlung und der Zeitpunkt außerhalb des menschlichen Einflußbereichs lagen. Für denjenigen, der das Weltall und die darin geltenden Gesetze geschaffen hat, war das bestimmt nichts Undurchführbares (2. Mose 14:1-31).

Jenes Geschehen führte den Israeliten vor Augen — und es sollte auch uns deutlich machen —, daß Jehova ein Retter ist, der gemäß seinem Namen handelt. Wir sollten aus dem Bericht jedoch noch mehr über Gottes Wege erkennen. Er sprach zum Beispiel Recht über eine Bedrückernation, während er seinem Volk, aus dem der Same kommen sollte, liebende Güte erwies. Was wir im zweiten Buch Mose lesen, ist vor allem angesichts des genannten Samens weit mehr als alte Geschichte; es bezieht sich auf den Vorsatz Gottes, allen einen Segen zugänglich zu machen.

Auf dem Weg in das Land der Verheißung

Nachdem Moses und das Volk Ägypten verlassen hatten, zogen sie durch die Wüste zum Berg Sinai. Was sich dort abspielte, sollte für die nächsten Jahrhunderte die Handlungsweise Gottes mit der Nation bestimmen. Er sorgte für Gesetze. Natürlich hatte der Schöpfer eine unermeßlich lange Zeit zuvor die Gesetze festgelegt, denen die Materie im Weltall unterworfen ist, Gesetze, die immer noch bestehen. Am Berg Sinai gebrauchte er jedoch Moses, um nationale Gesetze niederzulegen. Wie Gott vorging und welchen Wortlaut er dem Gesetzeskodex gab, ist im zweiten Buch Mose nachzulesen sowie in den drei nachfolgenden Büchern 3. Mose, 4. Mose und 5. Mose. Nach der Ansicht von Gelehrten hat Moses auch das Buch Hiob geschrieben. Ein Teil des wichtigen Inhalts wird in Kapitel 10 dieses Buches betrachtet.

Noch heute kennen Millionen Menschen weltweit die Zehn Gebote und bemühen sich, diese zentralen sittlichen Anweisungen der vollständigen Gesetzessammlung zu beachten. Dieser Gesetzeskodex enthält jedoch viele andere Anweisungen, die wegen ihres hohen Niveaus bewundert werden. Verständlicherweise drehten sich viele Bestimmungen um das damalige Leben der Israeliten, um Hygiene, Abfallbeseitigung und Krankheiten. Die Gesetze waren zwar ursprünglich für ein Volk in alter Zeit gedacht, aber sie spiegeln eine Kenntnis wissenschaftlicher Tatsachen wider, die der Mensch erst vor etwa hundert Jahren entdeckt hat (3. Mose 13:46, 52; 15:4-13; 4. Mose 19:11-20; 5. Mose 23:12, 13). Man frage sich: „Wie kam es, daß die Gesetze, die dem Volk Israel gegeben wurden, ein Wissen und eine Weisheit verraten, die den Erkenntnisstand anderer Nationen jener Zeit weit übertrafen?“ Eine vernünftige Antwort lautet, daß diese Gesetze vom Schöpfer stammten.

Die Gesetze trugen auch dazu bei, Abstammungslinien zu bewahren, und sahen religiöse Pflichten vor, die die Israeliten erfüllen mußten, bis der Same erscheinen würde. Ihre Zustimmung zu allem, was Gott forderte, erlegte ihnen die Verantwortung auf, nach dem Gesetz zu leben (5. Mose 27:26; 30:17-20). Zugegeben, sie konnten das Gesetz nicht vollkommen halten. Doch selbst das diente einem guten Zweck. Ein Rechtsgelehrter nannte später einen Zweck des Gesetzes: „Übertretungen offenbar zu machen, bis der Same gekommen wäre, dem die Verheißung gegeben worden war“ (Galater 3:19, 24). Das Gesetz sonderte die Israeliten als Volk ab, es erinnerte sie daran, daß sie den Samen oder Messias brauchten, und es bereitete sie darauf vor, ihn willkommen zu heißen.

Die Israeliten, die am Berg Sinai versammelt waren, willigten ein, sich an das Gesetz Gottes zu halten. Dadurch traten sie in eine Vereinbarung oder in einen Bund ein, wie die Bibel es nennt. Der Bund wurde zwischen der Nation und Gott geschlossen. Trotz ihrer Bereitschaft, in diesen Bund einzutreten, erwiesen sie sich als ein halsstarriges Volk. Zum Beispiel machten sie sich ein goldenes Kalb als Darstellung Gottes. Das war eine Sünde, weil Götzenverehrung eine direkte Übertretung der Zehn Gebote war (2. Mose 20:4-6). Außerdem beklagten sie sich über ihre Versorgung, rebellierten gegen den von Gott ernannten Führer (Moses) und ließen sich auf unmoralische Beziehungen mit fremdländischen Frauen ein, die Götzen anbeteten. Aber warum sollte uns das interessieren, zumal wir so lange nach Moses’ Zeit leben?

Wiederum handelt es sich hier nicht einfach um alte Geschichte. Die Bibelberichte über die Reaktion Gottes auf das undankbare Verhalten der Israeliten beweisen, daß er wirklich an den Menschen interessiert ist. Wie die Bibel sagt, stellten die Israeliten Jehova „immer wieder“ auf die Probe und ‘kränkten ihn’ und ‘bereiteten ihm Schmerz’ (Psalm 78:40, 41). Daraus ist zu erkennen, daß der Schöpfer Gefühle hat und es ihm nicht gleichgültig ist, was die Menschen tun.

Von unserem Standpunkt aus könnte man meinen, Israels Unrechttun hätte zwangsläufig dazu geführt, daß Gott seinen Bund mit ihnen aufgelöst und vielleicht eine andere Nation erwählt hätte, damit sich seine Verheißung erfüllt. Doch so ging er nicht vor. Statt dessen bestrafte er die schamlosen Missetäter, übte aber Barmherzigkeit an der eigenwilligen Nation als Ganzem. Gott blieb gegenüber seiner Verheißung loyal, die er seinem treuen Freund Abraham gegeben hatte.

Bald näherte sich Israel dem Land Kanaan, das in der Bibel das Land der Verheißung genannt wird. Es war von mächtigen Völkern bewohnt, die von sittlich entwürdigenden Praktiken durchsetzt waren. Der Schöpfer hatte sie 400 Jahre lang gewähren lassen, aber jetzt entschied er sich gerechterweise dafür, das Land an das Volk Israel zu übergeben (1. Mose 15:16; siehe auch „Ein eifersüchtiger Gott — In welchem Sinn?“, Seite 132, 133). Als Vorbereitung sandte Moses 12 Kundschafter in das Land. 10 von ihnen glaubten nicht, daß Jehova die Macht hatte, sie zu retten. Auf Grund ihres Berichts murrte das Volk gegen Gott und verschwor sich, nach Ägypten zurückzukehren. Daraufhin verurteilte Gott die Israeliten zu 40 Jahren Wildniswanderung (4. Mose 14:1-4, 26-34).

Was wurde durch die Verurteilung bewirkt? Moses ermahnte vor seinem Tod die Söhne Israels, sich an die Jahre zu erinnern, in denen Jehova sie gedemütigt hatte. Moses sagte zu ihnen: „Du weißt wohl in deinem eigenen Herzen, daß Jehova, dein Gott, dich zurechtgebracht hat, so wie ein Mann seinen Sohn zurechtbringt“ (5. Mose 8:1-5). Obwohl sie gegenüber Jehova beleidigend gehandelt hatten, erhielt er sie am Leben und zeigte so, daß sie von ihm abhängig waren. Zum Beispiel blieben sie in der Wildnis am Leben, weil er die Nation mit Manna versorgte, einer eßbaren Substanz, die wie Flachkuchen mit Honig schmeckte. Aus dem, was sie dort erlebten, hätten sie viel lernen sollen. Es sollte beweisen, wie wichtig es war, dem barmherzigen Gott zu gehorchen und sich auf ihn zu verlassen (2. Mose 16:13-16, 31; 34:6, 7).

Nach dem Tod des Moses beauftragte Gott Josua, Israel anzuführen. Dieser tapfere, loyale Mann brachte die Nation nach Kanaan und nahm mutig die Eroberung des Landes in Angriff. Innerhalb kurzer Zeit besiegte Josua 31 Könige und besetzte den größten Teil des Landes der Verheißung. Der spannende Geschichtsbericht ist in dem Buch Josua nachzulesen.

Herrschaft ohne menschlichen König

Während des gesamten Wildnisaufenthalts und in den ersten Jahren im Land der Verheißung wurde die Nation von Moses und danach von Josua geführt. Die Israeliten brauchten keinen menschlichen König, denn Jehova war ihr Souverän. Er sorgte dafür, daß ernannte ältere Männer am Stadttor Rechtsfälle anhörten. Diese Männer erhielten die Ordnung aufrecht und standen den Menschen in geistiger Hinsicht bei (5. Mose 16:18; 21:18-20). Einen faszinierenden kurzen Einblick in die Art und Weise, wie die älteren Männer einen Rechtsfall behandelten, gestützt auf das Gesetz in 5. Mose 25:7-9, vermittelt das Buch Ruth.

Im Verlauf der Jahre zogen sich die Israeliten als Nation oft Gottes Mißfallen zu, weil sie ihm wiederholt nicht gehorchten und sich kanaanitischen Göttern zuwandten. Wenn sie aber in eine schwere Notlage gerieten und zu Jehova um Hilfe riefen, gedachte er ihrer. Er erweckte Richter, die sie bei der Befreiung anführten und sie aus der Hand tyrannischer Nachbarvölker retteten. Im Buch Richter werden die Großtaten von 12 dieser mutigen Richter lebhaft geschildert (Richter 2:11-19; Nehemia 9:27).

Der Bericht lautet: „In jenen Tagen gab es keinen König in Israel. Jeder war es gewohnt zu tun, was in seinen eigenen Augen recht war“ (Richter 21:25). Das Gesetz enthielt sittliche Normen, so daß das Volk, unterstützt von den älteren Männern und unterwiesen von den Priestern, eine Grundlage dafür hatte, „zu tun, was in seinen eigenen Augen recht war“, und dadurch geschützt zu sein. Außerdem sah das Gesetz eine Stiftshütte oder einen transportablen Tempel vor, wo Opfer dargebracht wurden. Sie diente als Zentrum der wahren Anbetung und trug damals dazu bei, die Nation zu einigen.

Teil 2: Gedeihen unter Königen

Als Samuel Richter in Israel war, verlangte das Volk einen menschlichen König. Die ersten drei Könige — Saul, David und Salomo — regierten jeweils 40 Jahre in der Zeit von 1117 bis 997 v. u. Z. Israel erreichte den Gipfel seines Wohlstands und seines Ruhms, und der Schöpfer unternahm wichtige Schritte, um das Königtum des kommenden Samens vorzubereiten.

Samuel kümmerte sich als Richter und Prophet gut um das geistige Wohlergehen Israels, aber seine Söhne waren anders als er. Schließlich forderte das Volk von Samuel: „Setze nun einen König für uns ein, der uns richten soll, wie ihn alle Nationen haben.“ Jehova erklärte Samuel, was ihre Forderung eigentlich bedeutete: „Hör auf die Stimme des Volkes ...; denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, damit ich nicht König über sie sei.“ Jehova sah die traurigen Folgen dieser Entwicklung voraus (1. Samuel 8:1-9). Doch gemäß ihrer Forderung ernannte er einen bescheidenen Mann namens Saul zum König über Israel. Trotz eines verheißungsvollen Anfangs offenbarte Saul, nachdem er König geworden war, eigensinnige Neigungen und übertrat Gottes Gebote. Gottes Prophet gab bekannt, daß das Königtum einem Mann gegeben werde, der Jehova angenehm sei. Das sollte uns einprägen, wie sehr der Schöpfer Gehorsam schätzt, der von Herzen kommt (1. Samuel 15:22, 23).

David, der der nächste König über Israel sein sollte, war der Jüngste in einer Familie des Stammes Juda. Was seine überraschende Auswahl anlangt, sagte Gott zu Samuel: „Der Mensch sieht das, was vor den Augen erscheint; Jehova aber, er sieht, wie das Herz ist“ (1. Samuel 16:7). Ist es nicht ermunternd, daß der Schöpfer auf das sieht, was wir im Innern sind, und nicht auf das Äußere? Saul hatte allerdings seine eigenen Vorstellungen. Von der Zeit an, wo Jehova David zum künftigen König erwählte, war Saul von dem Gedanken besessen, David aus dem Weg zu räumen. Jehova ließ es nicht zu, und schließlich starben Saul und seine Söhne in einer Schlacht gegen ein kriegerisches Volk, die Philister.

David herrschte als König von der Stadt Hebron aus. Dann nahm er Jerusalem ein und machte es zur Hauptstadt. Er dehnte auch die Grenzen Israels bis zur vollen Größe des Landes aus, das Gott den Nachkommen Abrahams verheißen hatte. Der Bericht über diesen Zeitabschnitt (und die Geschichte späterer Könige) ist in den sechs geschichtlichen Büchern der Bibel * nachzulesen. Daraus geht hervor, daß das Leben Davids nicht problemlos verlief. Zum Beispiel gab er einer menschlichen Begierde nach, beging Ehebruch mit Bathseba, einer ausgesprochen schönen Frau, und machte sich anderer unrechter Taten schuldig, um seine Sünde zu verbergen. Jehova konnte als ein Gott des Rechts und der Gerechtigkeit das Vergehen Davids nicht einfach übersehen. Aber wegen Davids tiefempfundener Reue forderte Gott nicht, daß er mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft wurde; doch David hatte zufolge seiner Sünden zahlreiche Probleme innerhalb seiner Familie.

Durch all jene Krisen lernte David Gott als Person kennen — als jemand, der Gefühle hat. Er schrieb: „Jehova ist nahe allen, die ihn anrufen, ... und ihren Hilferuf wird er hören“ (Psalm 145:18-20). Davids Aufrichtigkeit und Hingabe kommen deutlich in den wunderschönen Liedern zum Ausdruck, die er schrieb, Lieder, die etwa die Hälfte der Psalmen ausmachen. Millionen haben aus dieser Lyrik Trost und Ermunterung geschöpft. Beachten wir die Tiefe der Verbundenheit zwischen David und Jehova, die in Psalm 139:1-4 zum Ausdruck kommt: „O Jehova, du hast mich durchforscht, und du kennst mich. Du selbst hast mein Sitzen und mein Aufstehen erkannt. Du hast meine Gedanken von fern bemerkt. ... Denn da ist kein Wort auf meiner Zunge, doch siehe, o Jehova, du weißt es schon ganz.“

David war sich besonders dessen bewußt, daß Jehova die Macht hatte zu retten (Psalm 20:6; 28:9; 34:7, 9; 37:39). Jedesmal, wenn er sie spürte, wuchs sein Vertrauen in Jehova. Beweise dafür finden wir in Psalm 30:5; 62:8 und 103:9. Oder lesen wir Psalm 51, den David schrieb, nachdem er wegen seiner Sünde mit Bathseba zurechtgewiesen worden war. Wie erquickend es doch ist, daß wir uns ohne weiteres gegenüber dem Schöpfer äußern und sicher sein können, daß er nicht überheblich ist, sondern demütig und bereit zuzuhören! (Psalm 18:35; 69:33; 86:1-8). David hat seine Wertschätzung für Jehova nicht nur durch Erfahrungen erlangt. „Ich habe nachgesonnen über all dein Tun“, schrieb er, „willig befaßte ich mich fortwährend mit dem Werk deiner eigenen Hände“ (Psalm 63:6; 143:5).

Jehova schloß mit David einen besonderen Bund für ein ewiges Königreich. Vermutlich verstand David nicht die volle Bedeutung jenes Bundes, aber späteren Aufzeichnungen in der Bibel können wir entnehmen, daß Gott andeutete, daß der verheißene Same aus der Linie Davids kommen sollte (2. Samuel 7:16).

Der weise König Salomo und der Sinn des Lebens

Davids Sohn Salomo war wegen seiner Weisheit berühmt, und wir können sie uns zunutze machen, wenn wir die Bücher Sprüche und Prediger lesen * (1. Könige 10:23-25). Das letztgenannte Buch ist besonders für Personen nützlich, die wie einst der weise König Salomo auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens sind. Salomo, dem ersten israelitischen König, der in einer königlichen Familie geboren worden war, boten sich enorme Möglichkeiten. Er führte grandiose Bauvorhaben durch, hatte eine beeindruckende Vielfalt von Speisen auf seiner Tafel und erfreute sich an Musik und der Gemeinschaft mit angesehenen Gefährten. Dennoch schrieb er: „Ich, ja ich, wandte mich all meinen Arbeiten zu, die meine Hände getan hatten, und der harten Arbeit, die zu vollbringen ich hart gearbeitet hatte, und siehe, alles war Nichtigkeit“ (Prediger 2:3-9, 11). Worauf wies dies hin?

Salomo schrieb: „Der Abschluß der Sache, nachdem man alles gehört hat, ist: Fürchte den wahren Gott, und halte seine Gebote. Denn das ist des Menschen ganze Pflicht. Denn der wahre Gott selbst wird jederlei Werk ins Gericht über alles Verborgene bringen im Hinblick darauf, ob es gut ist oder böse“ (Prediger 12:13, 14). In Übereinstimmung damit nahm Salomo ein siebenjähriges Bauprojekt in Angriff, um einen prachtvollen Tempel zu bauen, in dem die Menschen Gott anbeten konnten (1. Könige, Kapitel 6).

Viele Jahre lang zeichnete sich Salomos Herrschaft durch Frieden und Überfluß aus (1. Könige 4:20-25). Dennoch erwies sich sein Herz nicht wie das Herz Davids als ungeteilt gegenüber Jehova. Salomo nahm sich viele fremdländische Frauen und ließ zu, daß sie sein Herz ihren Göttern zuneigten. Schließlich sagte Jehova: „Ich [werde] dir ganz bestimmt das Königreich entreißen ... Einen Stamm werde ich deinem Sohn geben um Davids, meines Knechtes, willen und um Jerusalems willen“ (1. Könige 11:4, 11-13).

Teil 3: Das Königreich wird geteilt

Nach dem Tod Salomos im Jahre 997 v. u. Z. sagten sich zehn nördliche Stämme vom Reich los. Diese bildeten das Königreich Israel, das die Assyrer 740 v. u. Z. besiegten. Die Könige in Jerusalem herrschten über zwei Stämme. Dieses Königreich, Juda, bestand, bis die Babylonier 607 v. u. Z. Jerusalem einnahmen und dessen Bewohner in die Gefangenschaft führten. Juda lag 70 Jahre lang verödet da.

Als Salomo starb, kam sein Sohn Rehabeam an die Macht und erschwerte dem Volk das Leben. Das führte zu einem Aufstand, und zehn Stämme sagten sich los, um das Königreich Israel zu bilden (1. Könige 12:1-4, 16-20). Mit den Jahren entfernte sich das Nordreich von dem wahren Gott. Das Volk beugte sich oft vor Götzen in Form eines goldenen Kalbes nieder und verfiel anderen Formen der Götzenverehrung. Einige Könige wurden ermordet, und Usurpatoren entmachteten die Dynastien. Jehova übte große Nachsicht und sandte ständig Propheten aus, um die Nation vor dem Unheil zu warnen, das ihr drohte, wenn sie in ihrer Abtrünnigkeit verharrte. Die Bücher Hosea und Amos wurden von Propheten geschrieben, in deren Botschaften das Nordreich im Mittelpunkt stand. Im Jahre 740 v. u. Z. führten die Assyrer schließlich die Tragödie herbei, die Gottes Propheten vorausgesagt hatten.

Im Süden herrschten bis 607 v. u. Z. nacheinander 19 Könige des Hauses Davids über Juda. Die Könige Asa, Josaphat, Hiskia und Josia übten ihre Herrschaft wie ihr Vorfahr David aus und erlangten Gottes Gunst (1. Könige 15:9-11; 2. Könige 18:1-7; 22:1, 2; 2. Chronika 17:1-6). Als diese Könige regierten, segnete Jehova die Nation. In dem Werk The Englishman’s Critical and Expository Bible Cyclopædia heißt es: „Das überragende konservative Element J[udas] waren der auf Gottes Geheiß errichtete Tempel, die Priesterschaft, das geschriebene Gesetz und die Anerkennung des einen wahren Gottes Jehova als sein theokratischer König. ... Dieses Einhalten des Gesetzes ... brachte eine Folge von Königen hervor, die viele weise und gute Monarchen aufwies ... Folglich überlebte die Nation J[uda] ihre volkreichere nördliche Schwesternation.“ Jene guten Könige waren denjenigen, die nicht in den Wegen Davids wandelten, zahlenmäßig weit unterlegen. Doch Jehova lenkte alles so, daß ‘David, sein Knecht, weiterhin stets eine Leuchte vor ihm hatte in Jerusalem, der Stadt, die Gott für sich erwählt hatte, um seinen Namen dorthin zu setzen’ (1. Könige 11:36).

Auf Untergangskurs

Manasse war einer der Könige Judas, die sich von der wahren Anbetung abwandten. „Er ließ seinen eigenen Sohn durch das Feuer gehen, und er trieb Magie und schaute nach Omen aus und stellte Geistermedien an und berufsmäßige Vorhersager von Ereignissen. Er tat in großem Ausmaß, was böse war in Jehovas Augen, um ihn zu kränken“ (2. Könige 21:6, 16). König Manasse verleitete sein Volk dazu, „Schlimmeres zu tun als die Nationen, die Jehova ... vertilgt hatte“. Nachdem der Schöpfer Manasse und sein Volk wiederholt gewarnt hatte, erklärte er: „Ich werde Jerusalem einfach auswischen, wie man die henkellose Schüssel auswischt“ (2. Chronika 33:9, 10; 2. Könige 21:10-13).

Zum Auftakt ließ Jehova Manasse von den Assyrern gefangennehmen und in Kupferfesseln wegführen (2. Chronika 33:11). Im Exil kam Manasse zur Besinnung und „demütigte sich ständig tief wegen des Gottes seiner Vorväter“. Wie reagierte Jehova darauf? „[Gott] hörte sein Flehen um Gunst und brachte ihn nach Jerusalem in sein Königtum zurück; und Manasse erkannte, daß Jehova der wahre Gott ist.“ König Manasse und sein Enkel, König Josia, führten nötige Reformen durch. Trotzdem wandte sich die Nation nicht endgültig von der umfassenden sittlich-religiösen Entartung ab (2. Chronika 33:1-20; 34:1 bis 35:25; 2. Könige, Kapitel 22).

Bedeutsamerweise sandte Jehova eifrige Propheten aus, um seine Ansicht über das kundzutun, was sich anbahnte. * Jeremia berichtete Jehovas Worte: „Von dem Tag an, da eure Vorväter aus dem Land Ägypten herauskamen, bis zu diesem Tag ... sandte [ich] ständig alle meine Knechte, die Propheten, zu euch, indem ich mich täglich früh aufmachte und sie sandte.“ Aber das Volk hörte nicht auf Gott. Es handelte schlimmer als seine Vorväter (Jeremia 7:25, 26). Er warnte es immer wieder, „denn er hatte Mitleid mit seinem Volk“. Doch es weigerte sich, positiv zu reagieren. Daher gestattete er den Babyloniern, Jerusalem zu zerstören und das Land im Jahre 607 v. u. Z. zu verwüsten. 70 Jahre lang blieb es verlassen (2. Chronika 36:15, 16; Jeremia 25:4-11).

Dieser kurze Überblick über Gottes Handlungen sollte es uns ermöglichen, Jehovas Interesse und seine gerechte Handlungsweise mit seiner Nation besser zu erkennen. Jehova hielt sich nicht abseits und wartete nicht einfach ab, was das Volk tun würde, als ob es ihm gleichgültig gewesen wäre. Er wurde initiativ und versuchte, dem Volk zu helfen. Wir können verstehen, warum Jesaja sagte: „O Jehova, du bist unser Vater. ... wir alle sind das Werk deiner Hand“ (Jesaja 64:8). Demgemäß bezeichnen heute viele den Schöpfer als „Vater“, denn er reagiert wie ein liebevoller, interessierter menschlicher Vater. Allerdings erkennt er auch an, daß wir die Verantwortung für unser Tun und die Folgen tragen müssen.

Nachdem die Nation 70 Jahre Gefangenschaft in Babylon erlebt hatte, ließ Gott seine Prophezeiung in Erfüllung gehen, daß Jerusalem wiederhergestellt werden sollte. Das Volk wurde befreit und durfte in sein Heimatland zurückkehren, um ‘das Haus Jehovas, das in Jerusalem war, wieder aufzubauen’ (Esra 1:1-4; Jesaja 44:24 bis 45:7). In einer Reihe von Bibelbüchern * ist von dieser Wiederherstellung die Rede, von dem Wiederaufbau des Tempels und den Ereignissen danach. Eines dieser Bücher, Daniel, ist von besonderem Interesse, weil darin genau vorhergesagt wurde, wann der Same oder Messias erscheinen würde, und weil es Entwicklungen des Weltgeschehens in unserer Zeit beschreibt.

Der Tempel war zwar schließlich wieder aufgebaut worden, aber Jerusalem befand sich in einem mitleiderregenden Zustand. Die Stadtmauern und Tore lagen in Trümmern. Deshalb erweckte Gott Männer wie Nehemia, um die Juden zu ermuntern und zu organisieren. In einem Gebet, das in Nehemia, Kapitel 9 nachzulesen ist, wird Jehovas Handlungsweise mit den Israeliten gut zusammengefaßt. Wie aus dem Gebet hervorgeht, ist Jehova „ein Gott der Vergebungen, gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und überströmend an liebender Güte“. Aus dem Gebet geht ebenfalls hervor, daß Jehova im Einklang mit seinem vollkommenen Rechtsmaßstab handelt. Selbst wenn er berechtigt ist, seine Macht auszuüben und ein Urteil zu vollstrecken, ist er bei aller Gerechtigkeit dennoch bereit, Liebe zu üben. Sein bewundernswert ausgeglichenes Vorgehen erfordert Weisheit. Ohne Zweifel sollten wir uns auf Grund der Art und Weise, wie der Schöpfer mit der Nation Israel verfuhr, zu ihm hingezogen fühlen, es sollte uns anspornen, seinen Willen zu tun.

Beim Abschluß dieses Teils der Bibel (des Alten Testaments) waren Juda und sein Tempel in Jerusalem wiederhergestellt, aber das Land befand sich unter heidnischer Herrschaft. Wie sollte Gottes Bund mit David in bezug auf einen „Samen“, der „für immer“ regieren sollte, eingehalten werden? (Psalm 89:3, 4; 132:11, 12). Die Juden warteten immer noch sehnsüchtig auf das Erscheinen eines ‘Messias, eines Führers’, der Gottes Volk befreien und ein theokratisches (von Gott regiertes) Reich auf der Erde aufrichten würde (Daniel 9:24, 25). War das jedoch der Vorsatz Jehovas? Wenn nicht, wie sollte der verheißene Messias dann die Befreiung herbeiführen? Und wie wirkt sich das auf uns heute aus? Im nächsten Kapitel werden diese wichtigen Fragen behandelt.

[Fußnoten]

^ Abs. 7 Die Namen der Bibelbücher sind halbfett gedruckt, damit leichter zu erkennen ist, wo man etwas über den Inhalt findet.

^ Abs. 37 Diese Bücher sind 1. Samuel, 2. Samuel, 1. Könige, 2. Könige, 1. Chronika und 2. Chronika.

^ Abs. 42 Er schrieb auch das Hohelied, ein Liebeslied, in dem die Loyalität einer jungen Frau gegenüber einem einfachen Hirten hervorgehoben wird.

^ Abs. 52 Solche von Gott inspirierten prophetischen Botschaften sind in einer Reihe von Bibelbüchern enthalten. Dazu gehören Jesaja, Jeremia, Klagelieder, Hesekiel, Joel, Micha, Habakuk und Zephanja. Die Bücher Obadja, Jona und Nahum konzentrierten sich auf die umliegenden Nationen, deren Handlungsweise sich auf Gottes Volk auswirkte.

^ Abs. 54 Zu diesen geschichtlichen und prophetischen Büchern gehören Esra, Nehemia, Esther, Haggai, Sacharja und Maleachi.

[Kasten auf Seite 126, 127]

Wunder — Können wir daran glauben?

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben.“ Diese Worte des deutschen Theologen Rudolf Bultmann geben wieder, wie heute viele Menschen über Wunder denken. Denken wir persönlich so über die in der Bibel aufgezeichneten Wunder, wie zum Beispiel die Teilung des Roten Meeres?

Im Deutschen Universalwörterbuch (Duden) wird das Wort „Wunder“ als „außergewöhnliches, ... übernatürlichen Kräften zugeschriebenes Geschehen“ definiert. Ein solches außergewöhnliches Geschehen erfordert einen Eingriff in die Naturgesetze, und deshalb sind viele abgeneigt, an Wunder zu glauben. Was aber wie ein Verstoß gegen ein Naturgesetz aussieht, kann vielleicht angesichts anderer beteiligter Naturgesetze mühelos erklärt werden.

Ein Beispiel: In der Zeitschrift New Scientist wurde berichtet, daß zwei Physiker an der Universität von Tokio ein teilweise mit Wasser gefülltes waagrechtes Rohr einem extrem starken Magnetfeld aussetzten. Das Wasser wurde an die Enden des Zylinders gedrängt, so daß in der Mitte ein trockener Abschnitt entstand. Dieses Phänomen, das 1994 entdeckt wurde, tritt auf, weil Wasser schwach diamagnetisch ist und von einem Magneten abgestoßen wird. Das nachgewiesene Phänomen, bei dem sich Wasser von Stellen, wo das Magnetfeld sehr stark ist, zu Stellen, wo das Feld schwächer ist, bewegt, wird als „Moseseffekt“ bezeichnet. Im New Scientist hieß es: „Wasser herumzuschieben ist einfach — wenn man einen entsprechend großen Magneten hat. Hat man ihn, dann ist fast alles möglich.“

Natürlich kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, welches Verfahren Gott anwandte, als er das Rote Meer für die Israeliten teilte. Aber der Schöpfer kennt alle Naturgesetze bis ins Detail. Er könnte mühelos gewisse Aspekte eines Gesetzes durch die Anwendung eines von den anderen Gesetzen beherrschen, die er selbst geschaffen hat. Für Menschen kann das Ergebnis wie ein Wunder aussehen, vor allem wenn sie die beteiligten Gesetze nicht völlig verstehen.

Was die Wunder in der Bibel betrifft, erklärte Akira Yamada, emeritierter Professor der Universität von Kioto (Japan): „Es ist zwar richtig, zu sagen, daß ... [ein Wunder] gegenwärtig nicht aus der Sicht der Wissenschaft verstanden werden kann, mit der man es zu tun hat, oder vom Status quo der Wissenschaft, aber es ist falsch, gestützt auf die Autorität der neusten Erkenntnisse der Physik oder der Bibelwissenschaft, einfach zu folgern, es sei nicht geschehen. In zehn Jahren wird die moderne Wissenschaft von heute eine Wissenschaft von gestern sein. Je schneller die Wissenschaft Fortschritte macht, desto wahrscheinlicher wird es, daß die Wissenschaftler von heute zur Zielscheibe des Gespötts werden; man wird sagen: ‚Vor zehn Jahren haben die Wissenschaftler allen Ernstes dies und jenes geglaubt‘ “ (Gods in the Age of Science).

Als Schöpfer, der alle Naturgesetze zu koordinieren weiß, kann Jehova seine Macht dazu gebrauchen, Wunder zu wirken.

[Kasten auf Seite 132, 133]

Ein eifersüchtiger Gott — In welchem Sinn?

„Jehova heißt ein Eiferer und ist ein eifersüchtiger Gott.“ Diese Aussage lesen wir in 2. Mose 34:14 (Schlachter, 1922). Was bedeutet sie?

Das hebräische Wort, das mit „eifersüchtig“ wiedergegeben wird, kann „ausschließliche Ergebenheit fordern, keine Rivalität dulden“ bedeuten. In positivem Sinn nützt es den Geschöpfen, daß Jehova in bezug auf seinen Namen und die Anbetung eifersüchtig ist (Hesekiel 39:25). Sein Eifer, das zu tun, wofür sein Name steht, bedeutet, daß er seinen Vorsatz hinsichtlich der Menschheit verwirklichen wird.

Betrachten wir zum Beispiel Gottes Gericht an dem Volk, das im Land Kanaan wohnte. Ein Gelehrter gibt folgende schockierende Beschreibung: „Die Anbetung Baals, Aschtorets und anderer kanaanitischer Götter bestand aus den zügellosesten Orgien; ihre Tempel waren Zentren des Lasters. ... Die Anbetung der Kanaaniter bestand in unsittlicher Ausschweifung ... und in der Ermordung ihrer erstgeborenen Kinder, die den gleichen Göttern als Opfer dargebracht wurden.“ Archäologen haben Tongefäße mit Gebeinen geopferter Kinder gefunden. Obwohl Gott die Vergehung der Kanaaniter der Tage Abrahams beachtete, war er ihnen gegenüber 400 Jahre lang geduldig und räumte ihnen ausreichend Zeit ein, sich zu ändern (1. Mose 15:16).

Waren sich die Kanaaniter der Schwere ihrer Vergehung bewußt? Nun, als Menschen besaßen sie ein Gewissen, das Juristen als universelle Grundlage für Moralität und Recht anerkennen (Römer 2:12-15). Trotzdem gaben die Kanaaniter ihre abscheulichen Kinderopfer und entwürdigenden Sexualpraktiken nicht auf.

Jehova beschloß auf Grund seines ausgeglichenen Rechtsempfindens, daß das Land gesäubert werden mußte. Dabei handelte es sich nicht um Völkermord. Sowohl Einzelpersonen wie Rahab als auch ganze Gruppen von Kanaanitern wie die Gibeoniter wurden verschont, wenn sie Gottes hohe Sittenmaßstäbe akzeptierten (Josua 6:25; 9:3-15). Rahab wurde ein Bindeglied in der Königslinie, die zum Messias führte, und Nachkommen der Gibeoniter erhielten das Vorrecht, am Tempel Jehovas zu dienen (Josua 9:27; Esra 8:20; Matthäus 1:1, 5-16).

Verschafft man sich ein vollständiges und klares, auf Tatsachen beruhendes Bild, ist es also leichter, Jehova als einen bewundernswert gerechten Gott zu erkennen, der auf gute Weise zum Nutzen seiner treuen Geschöpfe eifersüchtig ist.

[Bild auf Seite 123]

Der Schöpfer befreite ein versklavtes Volk und gebrauchte es, seinen Vorsatz zu verwirklichen

[Bild auf Seite 129]

Am Berg Sinai trat die Nation Israel der alten Zeit in ein Bundesverhältnis zum Schöpfer

[Bild auf Seite 130]

Die unvergleichlichen Gesetze des Schöpfers zu halten half seinem Volk, sich des Lebens im Land der Verheißung zu erfreuen

[Bild auf Seite 136]

Das Gebiet südlich der Stadtmauer Jerusalems, in dem sich König Davids Hauptstadt befand, kann man besichtigen