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Der Geist, der zu Gott zurückkehrt

Der Geist, der zu Gott zurückkehrt

6. Kapitel

Der Geist, der zu Gott zurückkehrt

FÜR jeden aufrichtigen Erforscher der Bibel sollte es außer Frage stehen, daß das, was in der Bibel mit „Seele“ bezeichnet wird, kein unsterblicher Bestandteil des Menschen ist, der nach dem Tod des Körpers als etwas was Bewußtsein hat, weiterexistiert. Doch es gibt Personen, die, wenn man ihnen die vielen Beweise dafür unterbreitet, was die Seele wirklich ist, weitere Einwände vorbringen, um den Glauben zu stützen, daß es im Menschen etwas gibt, was nach dem Tode weiterlebt.

Ein Bibeltext, der zu diesem Zweck oft zitiert wird, ist Prediger 12:7. Er lautet: „Dann kehrt der Staub zur Erde zurück, so, wie er gewesen ist, und der Geist selbst kehrt zu dem wahren Gott zurück, der ihn gegeben hat.“ Adam Clarke, ein wesleyanisch-methodistischer Theologe, schreibt in seinem Commentary über diesen Vers: „An dieser Stelle macht der Weise einen ganz deutlichen Unterschied zwischen Leib und Seele: Der Leib ist nicht dasselbe wie die Seele; nur der Leib ist stofflich, die Seele nicht. Der Leib der stofflich ist, kehrt zu dem zurück, was er ursprünglich war: Staub; aber der Geist, der unstofflich ist, kehrt zu Gott zurück.“ Etwas Ähnliches wird in dem Werk A Catholic Commentary on Holy Scripture gesagt: „Die Seele geht zu Gott zurück.“ In diesen beiden Kommentaren wird somit angedeutet, daß Seele und Geist ein und dasselbe sind.

Doch ist es interessant, festzustellen, daß es auch katholische und protestantische Gelehrte gibt, die eine ganz andere Auffassung vertreten. In dem „Glossary of Biblical Theology Terms“, einem Verzeichnis von theologischen Ausdrücken in der katholischen New American Bible (herausgegeben von P. J. Kenedy & Sons, New York, 1970) lesen wir: „Wenn ,Geist‘ im Gegensatz zu ,Fleisch‘ gebraucht wird, ... so wird damit nicht bezweckt, einen stofflichen von einem unstofflichen Bestandteil des Menschen zu trennen ... ,Geist‘ bedeutet nicht Seele.“ In dieser Übersetzung wird in Prediger 12:7 nicht das Wort „Geist“ gebraucht, sondern der Ausdruck „Lebensatem“. In der protestantischen Interpreter’s Bible wird über den Verfasser des Buches „Prediger“ gesagt: „Der Koheleth meint nicht, daß die Persönlichkeit des Menschen weiterexistiere.“ Man kommt also zu ganz verschiedenen Schlüssen. Ist es dennoch möglich, mit Sicherheit zu wissen, was der Geist ist und in welchem Sinne er zu Gott zurückkehrt?

In Prediger 12:1-7 werden in poetischer Sprache die Folgen des Alters und des Todes geschildert. Nach dem Tod geht der Körper schließlich in Verwesung über und wird wieder ein Bestandteil des Staubes der Erde. Der „Geist“ dagegen „kehrt zu dem wahren Gott zurück“. Der Tod des Menschen wird also mit der Rückkehr des Geistes zu Gott in Verbindung gebracht, was andeutet, daß das Leben des Menschen in einer gewissen Hinsicht von diesem Geist abhängt.

Im Grundtext lautet das hebräische Wort in Prediger 12:7, das mit „Geist“ oder „Lebensatem“ wiedergegeben worden ist, ruach. Das entsprechende griechische Wort ist pneuma. Unser Leben hängt zwar von dem Atmungsvorgang ab, aber das Wort „Atem“ oder „Odem“ (wie viele Übersetzer die Wörter ruach und pneuma oft wiedergeben) eignet sich nicht immer als Synonym für das Wort „Geist“. Ferner werden auch andere hebräische und griechische Wörter, nämlich neschamáh (hebräisch) und pnoé (griechisch), mit „Atem“ oder „Odem“ übersetzt. (Siehe 1. Mose 2:7 und Apostelgeschichte 17:25.) Es ist aber trotzdem bemerkenswert, daß die Übersetzer, die manchmal statt „Geist“ die Wörter „Odem“ oder „Atem“ verwenden, dadurch zeigen, daß sich die entsprechenden Wörter im Grundtext auf etwas beziehen, das keine Persönlichkeit hat, das aber für den Fortbestand des Lebens unerläßlich ist.

WAS DER GEIST IST

In der Bibel wird ausdrücklich gesagt, daß das Leben des Menschen vom Geist (ruach oder pneuma) abhängt. Wir lesen: „Wenn du [Jehova] ihren Geist [ruach] wegnimmst, verscheiden sie, und zu ihrem Staub kehren sie zurück“ (Psalm 104:29). „Der Leib [ist] ohne Geist [pneuma] tot“ (Jakobus 2:26). Der Geist ist somit das, was den Körper belebt.

Aber diese belebende Kraft ist nicht lediglich Atem. Warum nicht? Weil das Leben noch eine kurze Zeit, nachdem die Atmung aufgehört hat, in den Körperzellen bleibt. Deshalb sind Wiederbelebungsversuche manchmal erfolgreich, und deshalb können Körperorgane von einem Menschen auf den anderen verpflanzt werden. Das alles muß aber schnell geschehen. Sobald die Lebenskraft aus den Körperzellen gewichen ist, nützen Bemühungen, das Leben zu erhalten, nichts mehr. Mit dem Atem der ganzen Welt könnte keine einzige Zelle wieder belebt werden. So betrachtet, muß der „Geist“ eine unsichtbare Lebenskraft sein, die in jeder lebenden Zelle des menschlichen Körpers wirksam ist.

Ist diese Lebenskraft nur im Menschen wirksam? Was wir in der Bibel lesen, kann uns helfen, diesbezüglich richtig zu schlußfolgern. Über die Vernichtung von Menschen und Tieren durch eine weltweite Überschwemmung wird in der Bibel berichtet: „Alles, in dessen Nase der Odem [neschamáh] der Lebenskraft [im Hebräischen steht für „Kraft“ ruach, Geist] wirksam war, starb, nämlich alles, was auf dem trockenen Boden war“ (1. Mose 7:22). In Prediger 3:19 wird in Verbindung mit dem Tod eine ähnliche Feststellung gemacht: „Es gibt eine Zufälligkeit hinsichtlich der Menschensöhne und eine Zufälligkeit hinsichtlich des Tieres, und dieselbe Zufälligkeit trifft sie. Wie der eine stirbt, so stirbt der andere; und sie alle haben nur e i n e n Geist [ruach], so daß es keine Überlegenheit des Menschen gegenüber dem Tier gibt.“ In bezug auf den Geist, der den Körper belebt, ist der Mensch also dem Tier nicht überlegen. Mensch und Tier haben den gleichen unsichtbaren Geist oder die gleiche Lebenskraft.

Den Geist oder die Lebenskraft, die in den Tieren und im Menschen wirksam ist, könnte man in einer Hinsicht mit fließenden Elektronen oder elektrischem Strom vergleichen, der eine Maschine oder ein Gerät speist. Der unsichtbare elektrische Strom kann, je nachdem, was für eine Maschine oder was für ein Gerät damit versorgt wird, verschieden wirken. So kann ein Ofen Wärme erzeugen, ein Ventilator einen Luftstrom, ein Computer kann mathematische Probleme lösen, und ein Fernsehgerät kann Bilder und Stimmen sowie andere Laute wiedergeben. Die gleiche unsichtbare Kraft, die bewirken kann, daß der Ton wiedergegeben wird, kann auch bewirken, daß Wärme erzeugt wird oder daß numerisch komplizierte Probleme gelöst werden. Nimmt jedoch der elektrische Strom jemals die oft komplizierten Merkmale der Maschinen oder Geräte an, die damit gespeist oder betrieben werden? Nein, er bleibt stets lediglich elektrischer Strom — eine Kraft oder Energieform.

So haben auch Mensch und Tier „nur e i n e n Geist“ oder nur eine wirksame Kraft. Der Geist oder die Lebenskraft, die es dem Menschen ermöglicht, seine Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten, unterscheidet sich in keiner Weise von dem Geist, der es den Tieren ermöglicht, ihre Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten. Dieser Geist bewahrt keines der Merkmale der Zellen des toten Körpers. Der Geist hält zum Beispiel die in den Gehirnzellen gespeicherte Information nicht fest und setzt unabhängig von diesen Zellen den Denkvorgang nicht fort. Über den Menschen lesen wir in der Bibel: „Sein Geist [ruach] geht aus, er kehrt zurück zu seinem Erdboden; an jenem Tag vergehen seine Gedanken tatsächlich“ (Psalm 146:4).

Da dem so ist, kann die Rückkehr der ruach oder des Geistes zu Gott einfach keine Fortsetzung der Existenz, verbunden mit Bewußtsein, bedeuten. Der Geist setzt den menschlichen Denkvorgang nicht fort. Er ist nur eine Lebenskraft, für die es unabhängig vom Leib keine Weiterexistenz, verbunden mit Bewußtsein, gibt.

WIE DER GEIST ZU GOTT ZURÜCKKEHRT

Wie kehrt diese Kraft oder dieser Geist, der unsichtbar und unpersönlich ist, zu Gott zurück? Gelangt er in die buchstäbliche Gegenwart Gottes im Himmel?

Das Wort „zurückkehren“ wird in der Bibel nicht immer in der Bedeutung von einer buchstäblichen Bewegung — von einem Ort zum anderen — gebraucht. Den untreuen Israeliten zum Beispiel wurde gesagt: „Kehret zu mir zurück, und ich will zu euch zurückkehren, spricht der Ewige der Heerscharen“ (Maleachi 3:7, Zunz). Das bedeutete offensichtlich nicht, daß die Israeliten die Erde verlassen und sich in die Gegenwart Gottes begeben sollten. Auch bedeutete es nicht, daß Gott den Himmel verlassen und bei den Israeliten auf der Erde wohnen würde. Der Ausdruck die Israeliten sollten zu Jehova „zurückkehren“, bedeutete, daß sie sich von ihrem falschen Weg abwenden und wieder in Übereinstimmung mit den gerechten Wegen Gottes wandeln sollten. Und die Worte „ich will zu euch zurückkehren“ bedeuteten, daß Jehova seine Aufmerksamkeit wieder in wohlwollender Weise seinem Volk zuwenden würde. In beiden Fällen bezog sich das Zurückkehren auf eine Einstellung und nicht auf eine buchstäbliche Bewegung von einem geographischen Ort zu einem anderen.

Man könnte das wie folgt veranschaulichen: Ein Unternehmen oder Eigentum geht aus einer bestimmten Hand in anderen Besitz über. In einem gewissen Land mag zum Beispiel die Eisenbahn aus der Hand privater Unternehmer in Staatsbesitz übergehen. Bei der Überführung in Staatsbesitz mögen alle Einrichtungen der Eisenbahn und sogar sämtliche Unterlagen bleiben, wo sie sind. Was wechselt, ist die Autorität.

So ist es auch mit dem Geist oder der Lebenskraft. Wenn der Mensch stirbt, braucht der Geist, um zu ‘Gott zurückzukehren’, sich nicht buchstäblich von der Erde weg in den himmlischen Bereich zu bewegen. Aber die Gabe, als ein vernunftbegabtes Geschöpf zu leben, ein Geschenk, das der Verstorbene einst besaß, kehrt jetzt zu Gott zurück. Das, was erforderlich ist, um die Person zu beleben, nämlich der Geist oder die Lebenskraft, ist in Gottes Hand (Psalm 31:5; Lukas 23:46).

Die Situation ist ähnlich wie die eines Angeklagten, der zum Richter sagt: „Mein Leben ist in Ihrer Hand.“ Er meint damit, es läge beim Richter, wie sein Leben weitergehen werde. Der Angeklagte kann nicht selbst darüber bestimmen. Es liegt nicht in seiner Hand.

Ähnlich ist es mit einem Verstorbenen: Er hat keine Macht über seinen Geist oder seine Lebenskraft. Man kann sagen, sie sei zu Gott zurückgekehrt, weil es von Gott abhängt, ob der Betreffende später wieder leben wird. Es liegt bei Gott, zu entscheiden, ob er dem Verstorbenen den Geist oder die Lebenskraft wiedergeben will.

Schließt das notwendigerweise jede Möglichkeit für ein Leben nach dem Tode aus? Gilt es nicht, noch etwas anderes zu erwägen?

WIE IST ES MIT DER WIEDERGEBURT ODER DER WIEDERVERKÖRPERUNG?

Millionen Menschen, die völlig unterschiedliche Glaubensansichten vertreten — „christliche“ und nichtchristliche —, sind überzeugt, daß die Menschen vor ihrem jetzigen Leben schon einmal gelebt hätten und daß sie nach ihrem Tod weiterleben würden. Ihre Vorstellungen weichen zwar stark voneinander ab, doch alle glauben, daß ein Bestandteil des Menschen in einem anderen Geschöpf wiedergeboren wird oder in einen neuen Leib eingeht.

In dem Buch A Manual of Buddhism wird unter anderem zugunsten des Glaubens an eine Wiedergeburt folgendes gesagt: „Manchmal haben wir merkwürdige Erlebnisse, die nur mit der Wiedergeburt erklärt werden können. Wie oft begegnen wir Personen, die uns völlig fremd sind, und dennoch haben wir das bestimmte Gefühl, sie zu kennen! Wie oft kommen wir zum erstenmal irgendwohin, haben aber das Empfinden, wir würden diese Umgebung kennen!“

Ist es dir auch schon so ergangen? Hast du schon einmal das Gefühl gehabt, nachdem du jemand zum erstenmal gesehen hast, du würdest ihn schon lange kennen? Wie kann man eine solche Erfahrung erklären?

Es gibt viele Ähnlichkeiten unter den Menschen. Vielleicht kam es dir zum Bewußtsein, nachdem du etwas nachgedacht hattest, daß die betreffende Person in ihrer Eigenart und ihrem Äußeren einem deiner Verwandten oder Freunde glich.

Vielleicht hast du in einer bestimmten Stadt gewohnt oder Bilder davon gesehen. Wenn du dann eine andere Stadt besuchst, mögen dir gewisse Ähnlichkeiten auffallen, so daß du das Gefühl bekommst, die Umgebung sei dir eigentlich gar nicht fremd oder unbekannt.

Ist die Schlußfolgerung daher nicht vernünftig, daß das Gefühl, Personen und Orte, die man zum erstenmal sieht, zu kennen, nicht daher rührt, daß man schon einmal gelebt hätte, sondern auf die Erfahrungen zurückzuführen ist, die man in seinem jetzigen Leben gemacht hat? Wenn alle Menschen schon mehrmals gelebt hätten, müßten sie sich dann nicht alle dessen bewußt sein? Warum haben Millionen Menschen nicht das geringste Gefühl, schon einmal gelebt zu haben, oder den geringsten Gedanken daran? Wie kann außerdem eine Person Fehler vermeiden, die sie in früheren Leben gemacht hat, wenn sie sich nicht einmal daran erinnern kann? Was würden solche früheren Leben nützen?

Der eine oder andere mag das damit erklären, daß das Leben eine Last wäre, wenn sich die Menschen an die Einzelheiten früherer Leben erinnern könnten. Mohandas K. Gandhi hat diesen Gedanken wie folgt ausgedrückt: „Es ist der Gütigkeit der Natur zuzuschreiben, daß wir uns an die vergangenen Geburten nicht erinnern. Worin bestünde der Nutzen, sich an die Einzelheiten der zahllosen Geburten zu erinnern, die wir erlebt haben? Das Leben wäre eine Last, wenn wir uns an so vieles erinnerten. Ein kluger Mensch vergißt absichtlich vieles. So vergißt zum Beispiel ein Rechtsanwalt die Einzelheiten eines Falles, sobald er erledigt ist.“ Das ist eine interessante Erklärung. Aber ist sie stichhaltig?

Wir mögen uns nicht an alles erinnern können, was wir erlebt haben, aber bestimmt haben wir auch nicht alles vergessen. Ein Anwalt mag die genauen Einzelheiten gewisser Fälle vergessen, aber die Erfahrung, die er durch die Behandlung dieser Fälle gewonnen hat, wird ein Bestandteil seines Wissens. Es wäre für ihn von großem Nachteil, wenn er alles vergessen würde. Ferner muß man sich fragen: Was verursacht größeren Kummer: ein schlechtes oder ein gutes Gedächtnis? Ist ein alter Mann, der ein gutes Gedächtnis hat und daher sein Wissen und seine Erfahrung gut nutzen kann, nicht weit besser daran als ein alter Mann, der sozusagen alles vergessen hat?

Könnte man wirklich von „Gütigkeit“ sprechen, wenn man alles, was man in einem früheren Leben gelernt hätte, wieder lernen müßte? Würdest du es als eine „Gütigkeit der Natur“ erachten, wenn du stets nach ungefähr zehn Jahren sozusagen alles vergessen würdest, was du wüßtest, und wieder von neuem anfangen müßtest, eine Sprache zu lernen und Wissen sowie Erfahrungen zu sammeln, nur um das alles dann wieder aus dem Gedächtnis zu verlieren? Wäre das nicht enttäuschend? Wäre es nicht ein riesengroßer Verlust? Warum dann annehmen, daß das alle siebzig oder achtzig Jahre geschieht? Kannst du dir vorstellen, daß ein liebevoller Gott eine solche Wiedergeburt zu einem Bestandteil seines Vorhabens mit der Menschheit gemacht hätte?

Viele Anhänger der Lehre von einer Wiedergeburt glauben, daß Personen, die ein schlechtes Leben geführt hätten, in einer niederen Kaste oder als Insekt, Vogel oder Säugetier wiedergeboren würden. Aber warum haben wir ausgerechnet heute, da Verbrechen und Gewalttat in beispiellosem Maße überhandnehmen, einen solchen Zuwachs an Menschen, eine solche Bevölkerungsexplosion? Ferner, warum zeigen Angehörige der untersten Kaste ausgezeichnete Leistungen, wenn man ihnen eine Bildungschance gibt? Die New York Times berichtete zum Beispiel in ihrer Ausgabe vom 26. Oktober 1973, daß ein 16jähriges Mädchen, das einer niederen Kaste angehört, die Intelligenteste in der Schule von Kallipaschim (Indien) sei. Sie ist begabter als ein Mädchen, das der höchsten Kaste angehört, der Kaste der Brahmanen. Wie kann man das erklären? Ist es nicht so, daß die Lehre von der Wiedergeburt oder der Wiederverkörperung solche Dinge nicht zufriedenstellend erklären kann?

Ferner denke man auch darüber nach, welche Früchte diese Lehre gezeitigt hat. Sind nicht viele Menschen dadurch in ein Leben hineingezwungen worden, das ihrer unwürdig gewesen ist, indem sie niedere Arbeiten unter schlechten Verhältnissen leisten mußten und kaum eine Möglichkeit hatten, durch eine Ausbildung ihr Los zu verbessern?

WIRD IN DER BIBEL DIE WIEDERGEBURT GELEHRT?

Vielleicht weisen nun einige Personen darauf hin, daß logische Folgerungen die Möglichkeit einer Wiedergeburt nicht unbedingt ausschließen. Auf die erwähnten Argumente mögen sie antworten: „Sogar in der Bibel wird die Wiedergeburt gelehrt. Das ist nur eines der vielen Dinge, die die Menschen nicht ganz erklären können.“

Da Anhänger der Lehre von einer Wiedergeburt die Bibel ins Gespräch bringen, möchten wir betrachten, was darin gesagt wird. Welche Bibeltexte werden angeführt, um die Lehre von einer Wiedergeburt zu beweisen? In dem Buch What Is Buddhism? wird folgende Antwort gegeben: „Den christlichen Leser möchten wir darauf hinweisen, daß die Lehre von der Wiedergeburt in den verstümmelten Fragmenten der Lehren Christi, die noch vorhanden sind, deutlich zu erkennen ist. Ein Beispiel sind die weitverbreiteten Gerüchte, daß Jesus der wiedergekommene Johannes der Täufer, Jeremia oder Elia sei (Matthäus xvi, 13-16). Sogar Herodes dachte offenbar, daß Jesus der ,von den Toten auferstandene Johannes der Täufer‘ sei.“

Was ist zu diesen Argumenten zu sagen? Hat Jesus Christus selbst behauptet, Johannes der Täufer, Jeremia oder Elia zu sein? Nein, diese Behauptungen wurden von Personen aufgestellt, die nicht glaubten, daß Jesus der verheißene Messias oder Christus war. Jesus konnte nicht Johannes der Täufer gewesen sein, weil er, als er ungefähr dreißig Jahre alt war, von Johannes, der älter war als er, getauft worden war (Matthäus 3:13-17; Lukas 3:21-23). König Herodes äußerte die unvernünftige Ansicht, Jesus sei der von den Toten auferstandene Johannes, weil er Johannes hatte hinrichten lassen und deswegen von heftigen Schuldgefühlen geplagt wurde.

Aber gibt es nicht direkte Äußerungen Jesu Christi, die als Stütze für den Glauben an die Wiedergeburt oder die Wiederverkörperung angesehen werden? Ja, es gibt eine solche Äußerung. Bei einer Gelegenheit brachte Jesus Christus Johannes den Täufer mit Elia, dem hebräischen Propheten, der in alter Zeit gelebt hatte, in Verbindung. Er sagte: „Elia [ist] schon gekommen ..., und sie haben ihn nicht anerkannt, sondern haben mit ihm alles getan, was sie wollten. ... Da merkten die Jünger, daß er von Johannes dem Täufer zu ihnen redete“ (Matthäus 17:12, 13). Hat Jesus mit den Worten „Elia [ist] schon gekommen“ gemeint, Johannes der Täufer sei der wiedergeborene Elia gewesen?

Die Antwort auf diese Frage muß aufgrund dessen gegeben werden, was die Bibel als Ganzes sagt. Zu der Zeit, da Jesus auf der Erde wirkte, dachten viele Juden, daß Elia buchstäblich zurückkommen würde. Und die Prophezeiung Maleachis wies auf die Zeit hin, da Jehova Gott den Propheten Elia senden würde (Maleachi 4:5). Johannes der Täufer betrachtete sich selbst aber nicht als Elia in Person oder als eine Wiederverkörperung dieses hebräischen Propheten. Bei einer Gelegenheit fragten ihn gewisse Juden: „Bist du Elia?“ Darauf antwortete Johannes: „Ich bin es nicht“ (Johannes 1:21). Es war jedoch vorhergesagt worden, daß Johannes „mit Elias Geist und Kraft“ den Weg vor dem Messias her bereiten würde (Lukas 1:17). Demzufolge zeigte Jesus lediglich, als er Johannes den Täufer mit Elia in Verbindung brachte, wie sich die Prophezeiung an Johannes erfüllte, der ein solches Werk tat wie Elia in alter Zeit.

Ein anderer Bibeltext, den Personen, die an eine Wiederverkörperung glauben, anführen, ist Römer 9:11-13: „Als sie [Esau und Jakob] noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten — damit der Vorsatz Gottes bezüglich der Auserwählung nicht von Werken, sondern von dem Einen, der beruft, abhängig bleibe —, wurde ihr [Rebekka] gesagt: ,Der Ältere wird der Sklave des Jüngeren sein‘, so, wie geschrieben steht [in Maleachi 1:2, 3]: ,Jakob habe ich geliebt, Esau aber habe ich gehaßt.‘ “ Zeigt diese Stelle nicht, daß Gott seine Wahl aufgrund dessen getroffen hat, was Jakob und Esau in früheren Leben getan hatten, bevor Rebekka sie gebar?

Warum den Text nicht noch einmal lesen? Man beachte, daß darin ausdrücklich gesagt wird, Gott habe seine Wahl getroffen, bevor die beiden Gutes oder Böses taten. Gott traf seine Wahl also nicht aufgrund ihrer Werke in einem früheren Leben.

Worauf stützte sich denn Gott bei seiner Wahl, die er traf, ehe die beiden Jungen geboren waren? Aus der Bibel geht hervor, daß Gott den Embryo sehen kann und daher schon vor der Geburt die Erbanlagen eines Kindes kennt (Psalm 139:16). Da Gott von seiner Fähigkeit, etwas vorherzuwissen, Gebrauch machte, wußte er, wie die beiden Knaben geartet sein würden, was für ein Gemüt und was für eine Persönlichkeit sie haben würden; deshalb konnte er denjenigen auswählen, der für den besonderen Segen der Geeignetere wäre. Das Leben der beiden bestätigte, wie weise Gott gewählt hatte. Jakob interessierte sich für geistige Dinge und glaubte an die Verheißungen Gottes Esau dagegen offenbarte materialistische Neigungen und bekundete keine Wertschätzung für heilige Dinge (Hebräer 11:21; 12:16, 17).

Auch die Worte, die der Apostel Paulus aus Maleachi zitierte, nämlich Gott habe ‘Jakob geliebt’ und ‘Esau gehaßt’, beziehen sich darauf, wie Jehova die beiden, gestützt auf ihre Erbanlage, beurteilte. Maleachi schrieb diese Worte viele Jahrhunderte nach dem Tode Jakobs und Esaus nieder und sie bestätigten, was Gott über die Knaben vor ihrer Geburt angedeutet hatte.

Um die Lehre von der Wiederverkörperung zu stützen, wird von einigen noch eine Frage, die Jesu Jünger aufwarfen, angeführt. Bezüglich eines Blindgeborenen stellten die Jünger die Frage: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, so daß er blind geboren wurde?“ (Johannes 9:2). Zeigen diese Worte nicht, daß der Mann schon einmal gelebt haben mußte?

Nein! Jesus Christus teilte die Vermutung, dieser Mann habe gesündigt, ehe er sich als Kind im Leibe seiner Mutter entwickelte und dann geboren wurde, nicht. Jesus sagte: „Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern es ist geschehen, damit die Werke Gottes in seinem Fall kundgemacht würden“ (Johannes 9:3). Das heißt, menschliche Unvollkommenheiten und Gebrechen — zum Beispiel die Blindheit dieses Mannes — gaben Gelegenheit dafür, daß die Werke Gottes in Form einer Wunderheilung kundgemacht wurden. Wäre niemand blind geboren worden, hätten die Menschen nicht erfahren, daß Gott einen Blindgeborenen sehend machen kann. Jehova Gott hat zugelassen, daß eine sündige Menschheit entstand, und die Unvollkommenheiten und die Gebrechen der Menschen gaben ihm Gelegenheit, ihnen zu zeigen, was er für sie tun kann.

Einige Personen mögen glauben, daß gewisse Bibeltexte die Vorstellung von einer Wiedergeburt stützen würden. Prüft man sie aber näher, stellt man fest, daß sie das nicht tun. Nirgendwo in der Bibel wird etwas von einer Wiedergeburt oder einer Seelenwanderung gesagt, von einem Geist oder etwas anderem, was nach dem Tod des Leibes weiterleben soll. Es gibt Personen, die versucht haben, den Gedanken von einer Wiedergeburt oder einer Wiederverkörperung in die Heilige Schrift „hineinzulesen“. Eine biblische Lehre ist es jedoch nicht.

Die Bibel zeigt deutlich, daß es keine Weiterexistenz, verbunden mit Bewußtsein, mittels einer Seele oder eines Geistes gibt, der beim Tod den Leib verlassen und weiterleben würde. Als Gott den ersten Menschen wegen dessen Ungehorsam zum Tode verurteilte, stellte er ihm keine Wiedergeburt oder Wiederverkörperung in Aussicht. Adam wurde gesagt: „Im Schweiße deines Angesichts wirst du Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, denn aus ihm wurdest du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren“ (1. Mose 3:19). Der Mensch sollte also zum leblosen Staub der Erde zurückkehren.

Bedeutet das, daß mit dem jetzigen Leben alles vorbei ist? Oder besteht eine Möglichkeit für künftiges Leben, das auf eine andere Weise zu erlangen ist? Verlangt dies, daß die Lebenden den Toten helfen, oder können die Lebenden nichts für die Toten tun?

[Bild auf Seite 51]

Der Geist ist mit elektrischem Strom zu vergleichen, der bei den verschiedensten Geräten bewirkt, daß sie funktionieren, aber niemals nimmt er die Merkmale dieser Geräte an.