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Taiwan

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„ILHA FORMOSA!“ oder „Schöne Insel!“, so riefen die portugiesischen Seefahrer aus, als sie im sechzehnten Jahrhundert diese grüne Insel von ihren Schiffen aus erblickten. Viele Menschen nennen die Insel in der Tat immer noch Formosa. Der Besucher von heute wird beim ersten Anblick dieser etwa 400 Kilometer langen und etwa 140 Kilometer breiten Insel, die vor dem chinesischen Festland liegt, ebenso angenehm beeindruckt sein, denn sie ist mit einem immergrünen Teppich bekleidet, und dies von ihrer Küste aus bis hinauf zu ihren gegen 4 000 Meter hohen Bergen. Obwohl klein — nur etwa 36 000 Quadratkilometer groß —, ist Taiwan doch das dichtestbevölkerte Land der Welt, da etwa 380 Personen auf einem Quadratkilometer leben.

Durch ihre wechselvolle Geschichte hat die Insel eine Bevölkerung erhalten, die aus Stämmen von entlegenen Teilen Asiens besteht. Es kamen Malaien; und eine große Gruppe der heutigen Bewohner, die Angehörigen des Ami-Stammes, sind ihre Nachkommen. Das Ende des siebzehnten Jahrhunderts brachte einen Zustrom von dem chinesischen Festland, und Taiwan wurde eine Provinz des weiten chinesischen Reiches. Im Jahre 1895 wurde Taiwan dem siegreichen Japan abgetreten, und dann kamen japanische Ansiedler ins Land. Während der fünfzig Jahre japanischer Herrschaft wurden drei Generationen in der japanischen Sprache unterrichtet, wodurch diese das einzige gemeinsame Verständigungsmittel zwischen den verschiedenen Sprachgruppen geworden ist.

Fünfunddreißig Jahre nach dem Beginn der strengen Herrschaft Japans und seines Erziehungswesens kamen mehrere Personen nach Taiwan, um einen Erziehungsfeldzug von noch wichtigerer Art durchzuführen. Im Jahre 1927 beauftragte nämlich die Watch Tower Society einen in Amerika geborenen Japaner, ein Zweigbüro der Gesellschaft in Japan zu eröffnen. Damals gehörte Taiwan zu dem Gebiet, das unter diesem neuen Zweigbüro stand, und so war es nur natürlich, daß zwischen 1928 und 1930 jener Zweigdiener die Hauptstadt von Taiwan, Taipeh, besuchte und in der Kokaido oder Stadthalle Vorträge hielt. Bei diesen Zusammenkünften erfaßte ein junger Japaner, Saburo Ochiai, die Wichtigkeit der Königreichsbotschaft und begann sie zu studieren. Er nahm an Erkenntnis und Eifer zu und half mittlerweile einem jungen Mann von Taiwan, die Botschaft der Bibel kennenzulernen. Diese beiden unternahmen es später, von Taipeh ausgehend, anderen zu predigen.

In der Stadt Taichung, etwa hundertsechzig Kilometer südlich von Taipeh, war zufällig eine Frau, Miyo Idei, die noch weiter im Süden wohnte, bei einer presbyterianischen Freundin auf Besuch, als Bruder Ochiai vorsprach. Hier sah Frau Idei zum erstenmal einige Publikationen der Watch Tower Society: Die Harfe Gottes und Schöpfung. Sie hatte kein Geld, und ihre Gastgeberin zeigte kein Interesse, doch sie war tief beeindruckt von der Tatsache, daß diese jungen Männer so eifrig ans Werk gingen.

Innerhalb zweier Jahre hatten die jungen Männer bis Chiayi, zur Heimatstadt Frau Ideis, hin gearbeitet. Als sie hörte, daß sich einer von ihnen in einer Nachbarstadt im Hause eines Arztes aufhalte, ließ sie ihn wissen, daß sie ihn treffen möchte. Bald empfing sie den Besuch der beiden, und sie erkannte Ochiai. Eine ernste Besprechung kam in Gang, die — mit nur einer Unterbrechung für ein einfaches Mahl — von 9 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags dauerte. Nun, fast vierzig Jahre später, sagt Miyo Idei: „Ich war erstaunt über die Dinge aus der Bibel, die ich kennenlernte. Ich erinnere mich, wie ich ihnen, höchst überrascht über ihre Erkenntnis, zwei Fragen stellte: ,Wenn solch große Dinge geschehen sollen, warum lassen die Weltherrscher Gottes Königreich außer acht?‘ und: ,Wann wird Harmagedon kommen?‘ “

Weitere Besprechungen folgten, und als diese eifrigen Verkündiger des Königreiches abreisten, ließen sie bei Frau Idei die Bücher Schöpfung, Die Harfe Gottes, Regierung, Prophezeiung, Licht und Versöhnung zurück. Diese sollten in den folgenden Jahren ihre Lehrer und Gefährten werden. Natürlich kam die Zeit, da sie erkannte, daß auch sie predigen sollte. So bestellte sie bei der Todaisha, wie die Watch Tower Society damals in Japanisch genannt wurde, 150 Broschüren und fing in den frühen dreißiger Jahren an, sie zu verbreiten. Ihre Arbeit entging den Behörden nicht, wie sie es selbst erzählt: „Die Festnahme des japanischen Zweigdieners wurde in der Zeitung bekanntgegeben, nachdem ich einige wenige Monate gepredigt hatte. Die Auswirkungen machten sich sogleich bemerkbar, denn als ich bei Leuten, die Schriften entgegengenommen hatten, Rückbesuche machte, wurde mir gesagt, es seien Detektive gekommen und hätten das beschlagnahmt, was ich bei ihnen abgegeben hätte. Dann kamen vier Detektive, um bei uns Haussuchung zu machen. Sie nahmen alle unsere Bücher und Zeitschriften mit. Auf der örtlichen Polizeistelle wurde ich von einem Polizisten verhört. Er gab aber zu, daß ich nichts Schlechtes tue, und ließ mich frei.“

Unterdessen setzten die Brüder Ochiai und Yeh Kuo Yin ihren Dienst südwärts fort, überquerten dann die Berge und kamen in das Tal auf der Ostseite der Insel, das zwei Gebirgszüge voneinander trennt. In diesem Gebiet nahm ein Einheimischer namens Tu Chin Teng, der als öffentlicher Schreiber ein kleines Geschäft hatte, in der kleinen Stadt Kuan Shan die Botschaft bereitwillig an und begann, sie anderen zu erzählen. Nachdem Ochiai und sein Gefährte nach Japan zurückgekehrt waren, korrespondierten sie noch eine Zeitlang mit den Interessierten auf Taiwan, aber bald waren diese ganz isoliert. Während sich die Weltverhältnisse verschlechterten und sich Japans Bemühungen, China zu unterwerfen, steigerten, wurde auf die Bevölkerung Taiwans ein großer Druck ausgeübt in der Absicht, sie zur göttlichen Verehrung des Kaisers von Japan als des direkten Nachkommen der Sonnengöttin zu zwingen.

Die schafähnlichen Menschen auf Taiwan wurden aber nicht vergessen. Sobald es etwas mehr Freiheit gab, trafen zwei japanische Vollzeitpioniere in Taipeh ein, um die Königreichsinteressen auf der Insel wieder fördern zu helfen. Raiichi Oe und Yoshiuchi Kosaka teilten dem Hause Idei ihre Ankunft mit. Die Ideis reagierten mit einem unverzüglichen und freudigen „Kommt bitte!“ Jener Tag im Dezember 1937, als die beiden Jungen auf Fahrrädern in Chiayi eintrafen, war für sie unvergeßlich. Die Brüder waren die 240 Kilometer von Taipeh gekommen, ihre alten Fahrräder hoch beladen mit ihrer Habe. Aus der Hemdentasche eines jeden guckte ein Paar Eßstäbchen hervor. „Warum die Eßstäbchen?“ fragte Frau Idei. Sie erklärten, daß sie unterwegs an den billigsten Stellen äßen, wo die Eßstäbchen sehr unhygienisch seien. Nach zwei Tagen des Bibelstudiums folgte ein frohes Ereignis — die Taufe von Bruder und Schwester Idei!

Einige Tage danach rissen sich die Pioniere von ihrem neuen Bruder und ihrer neuen Schwester los und setzten ihre Fahrradtour auf Taiwan fort — eine Reise, die strapaziös gewesen sein muß, wenn man daran denkt, daß sie ihre Fahrräder mit Literatur und ihren persönlichen Habseligkeiten beladen hatten und der Weg über die Berge und darum herum oft nur zu einem schmalen, schlammigen Pfad wurde. Ein Brief, den Schwester Idei von Bruder Oe erhielt, unterrichtete sie, daß sie mit einigen Angehörigen des Ami-Stammes in Berührung gekommen seien, die sich für die Botschaft interessierten. Ja, im Januar 1938 wurden der taiwanische Schreiber Tu Chin Teng und mehrere Angehörige des Ami-Stammes von den zwei Pionieren getauft.

Es scheint, daß ungefähr um diese Zeit zwei getaufte Zeugen von dem Kreis Taitung nach Chiayi umzogen, um bei dem Ehepaar Idei zu sein. Als die Brüder Oe und Kosaka davon hörten, kehrten sie für etwa zehn Tage in das Haus des Ehepaares Idei zurück, um ihm Hilfe zu bieten, und dann gingen sie weiter nach Taipeh, um dort ein kleines Literaturdepot der Gesellschaft zu bedienen. Das Königreichswerk schien nun an diesen drei Orten Taiwans — in der Stadt Taipeh, in Chiayi und im Kreis Taitung — auf einer festeren Grundlage zu stehen. Aber Schwierigkeiten waren im Anzug.

FRÜHE GEGNERSCHAFT

In der Stadt Kuan Shan wohnte außer Bruder Tu Chin Teng ein anderer Schreiber namens Lin Tien Ting. Neuinteressierte begannen als Kunden Bruder Tu dem anderen Schreiber vorzuziehen. Dies und noch andere Faktoren führten dazu, daß Lin Tien Ting sein Geschäft aufgab und eine Stelle bei der Polizei annahm. Sobald er fest im Sattel saß, begann er einen Feldzug der Einschüchterung gegen die Brüder. Aus Gehässigkeit erhob er die Anklage, sie würden den Kaiser mißachten und sich weigern, den Erfordernissen der Anbetung in den schintoistischen Heiligtümern zu entsprechen. Er beschuldigte die Brüder, Taufen von Nackten durchzuführen und Ehebruch zu treiben. Dies führte zur Verhaftung einiger Brüder und Schwestern. Als aber Bruder Oe von dieser Sachlage hörte, eilte er nach Kuan Shan und erwirkte deren Freilassung.

Mittlerweile schwoll die Flut des Nationalismus und der Intoleranz an. Es wurde ratsam, das kleine Depot in Taipeh zu schließen und in die kleinere Stadt Hsinchu umzuziehen, die fast 50 Kilometer weiter im Süden lag. Kaum war diese Änderung im April 1939 vorgenommen worden, als die beiden Brüder Oe und Kosaka festgenommen wurden. Ein Feldzug zur Ausrottung der Zeugen auf Taiwan wurde in die Wege geleitet. Um Mitternacht des 21. Juni wurden auch Bruder und Schwester Idei verhaftet. Zusammen mit einem anderen Bruder wurde Bruder Idei bis Oktober in Haft behalten. Schwester Idei wurde, hauptsächlich weil sie Schullehrerin war, freigelassen, nachdem sie eine Nacht im Gefängnis zugebracht hatte. Doch obwohl sie keine andere Möglichkeit besaß, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, verzichtete sie darauf, als Lehrerin tätig zu sein, denn als Christin konnte sie den Bedingungen, die Mythen des Schintoismus und nationalistische Propaganda zu lehren, nicht nachkommen.

In der Hoffnung auf größere Freiheit, Jehova zu dienen, zogen sie, als Bruder Idei schließlich frei war, nach Taipeh um. Natürlich waren sie immer noch in Sorge um die Brüder Oe und Kosaka. Nach einiger Überlegung wurde beschlossen, daß Schwester Idei, die aus derselben Gegend Japans stammte wie Bruder Oe, den Versuch machen sollte, ihn im Gefängnis zu besuchen und Kleidung, Obst und Süßigkeiten mitzunehmen, um das Los der Gefangenen zu erleichtern. Es wurde ihr gesagt, daß keine Unterredungen gestattet seien, aber daß den Jungen das, was sie gebracht hatte, abgegeben werde. Während sie den naßkalten Gang hinabschritten, hallte es vom Geklapper der geta (Holzschuhe) Schwester Ideis wider. Hinter dem Gittertor vor jeder Zelle war eine Betonmauer, so daß das Innere der Zelle von dem Gittertor aus nicht zu sehen war. Während sie sich dem Tor zum Bereich Bruder Oes näherten, erschien eine Gestalt zwischen der Mauer und dem Gittertor. Es war Bruder Oe, der in der einen Hand einen Besen und in der anderen eine Kehrichtschaufel hielt. Schwester Idei lief hin und ergriff durch das Gittertor seine Hände. Wenn es auch verboten war, sich zu treffen, hatte Jehova sie doch zusammengeführt!

Im Herbst des Jahres 1940 wurden die zwei nach Hsincho in das Jugendgefängnis versetzt, wo größere Freiheit gewährt wurde, so daß Schwester Idei sie mehrmals besuchen konnte. Im Oktober 1941 wurden sie in das Gefängnis von Taipeh übergeführt, und diese Versetzung sah man als ein Zeichen dafür an, daß sie nicht so bald freigelassen würden. Schwester Idei fuhr fort, sich ihrer Interessen anzunehmen. Sie beschloß, den Versuch zu machen, sie auch in Taipeh zu besuchen, obwohl keine guten Aussichten dazu vorhanden waren. Zu ihrer Überraschung leisteten die Beamten Hilfe, und bald sprach sie durch ein vergittertes Fenster mit Bruder Kosaka. Ein Blick genügte, um ihr zu zeigen, daß er an Tuberkulose im vorgeschrittenen Stadium litt. Sie erhielt den Eindruck, wie sie sagt, von „einem Gesicht, so weiß wie Papier, und von Lippen, so rot wie frische Erdbeeren“.

Darauf kam Bruder Oe an die Reihe. Schwester Idei berichtet: „Mit fester Stimme und lächelnden Angesichts sagte er: ,Das ist ein gutes Gefängnis — keine Wanzen, keine Läuse. Wenn man zahlt, kriegt man ein Kissen, Nudeln, gute Speise und selbst eine Privatvilla.‘ Der wachhabende Gefängniswärter platzte direkt heraus mit Lachen. Es war eine unvergeßliche Unterredung im Gefängnis, denn sie zeigte mir, daß Bruder Oe den Mut nie aufgeben würde und daß er denen, die ihn gefangenhielten, überlegen war. Das war mein letztes Treffen mit ihm.“ Zehn Tage danach, am Abend des 30. November, wurden auch die Ideis verhaftet. Etwa zwei Monate später wurde Schwester Idei mitgeteilt, daß einer der Gefangenen an Tuberkulose gestorben sei. Ohne Zweifel war es Bruder Kosaka. Am Ende des Krieges, als alle Gefangenen freigelassen wurden, schrieb Schwester Idei an mehrere Gefängnisse, um herauszufinden, was aus Bruder Oe geworden war, doch ohne Ergebnis. Spätere Nachforschungen führten zu der Überzeugung, daß man ihn getötet hatte. In Japan hatte er im frühen Alter von siebzehn Jahren die Wahrheit von Gottes Königreich kennengelernt, und er hat wahrhaftig einen ausgezeichneten Kampf gekämpft und seinen Lauf um das Jahr 1945 beendet.

Von August 1942, der Zeit ihrer Freilassung, an bis nach dem Zweiten Weltkrieg, als Taiwan wieder unter die chinesische Herrschaft kam, hatte Schwester Idei keinen Kontakt mit Jehovas Volk, noch konnte sie sich irgendwelche Publikationen verschaffen. Wie bewahrte sie denn ihren starken Glauben? „Ich hatte die Bibel immer bei mir“, erklärt sie. „Nach meiner Freilassung fand ich eine Bibel in einem Antiquariat. Welch ein Segen! Die ermunternden Berichte über die Apostel und ihre Leiden in der Gefangenschaft waren für mich eine wahre Kraftquelle. Auch war Jehova stets bei mir und stützte mich.“

In der Zwischenzeit ließen im östlichen Teil der Insel die Schwierigkeiten, zu denen der boshafte Lin Tien Ting aufhetzte, nicht nach. Das Verbot des Werkes in Japan und Taipeh im Jahre 1939 steigerte die Heftigkeit der Opposition. Brüder wurden zu Schwerarbeit für die Polizei und die Regierung gezwungen. Bei einer Gelegenheit wurde in dem Dorf Ta Pi, das zum Stadtgebiet von Chih Shang gehörte, ein Fest veranstaltet. Das Hauptgericht bestand aus dem Fleisch eines Wasserbüffels, den man bei einem Zeugen Jehovas beschlagnahmt hatte. Der Verlust, den sein Eigentümer erlitt, ist mit dem Verlust eines Traktors zu vergleichen, den ein westlicher Farmer erlitten hätte. Einige Brüder wurden ausgezogen und mit Bambusstäben erbarmungslos geschlagen. Mindestens zwei Schwestern wurden ausgezogen, auf den Erdboden geworfen, und die Polizei benutzte dann gespitzte Bambusstäbe dazu, in ihre Genitalien zu stechen. Eine der Schwestern, die dies durchmachten, ist noch am Leben und dient immer noch als eine treue Anbeterin Jehovas.

In einem Dorf des Stadtgebietes von Chih Shang wurde ein Lager errichtet als Zentrum für Gehirnwäsche und für Propagandazwecke. Die Zielscheibe war der Sinn der jungen Leute in diesem Gebiet. Bis zu 500 Personen auf einmal wurden gezwungen, an diesem Kurs teilzunehmen, der militaristische und schintoistische Riten einschloß. Alle, außer den stärksten Brüdern, erlagen diesen Methoden. Mittlerweile gingen Gerüchte um, daß einige der maßgebenden Brüder Zugeständnisse gemacht hätten. Dies verursachte viel Verwirrung.

Nachdem im Jahre 1945 die Herrschaft der Japaner auf die Chinesen übergegangen war, hofften die Brüder auf Erleichterung. Schließlich war die nationalchinesische Regierung doch ein Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Daher strengten sich die Brüder an, die wahre Anbetung wieder zu beleben. Aber zufolge der Ungewißheit in der Übergangszeit erhielten die Amtspersonen vom Ort größere Autorität, und diese verfuhren mit Jehovas Zeugen weiterhin meistens in der üblichen ungerechten Weise. Die Brüder mußten in abgelegenen Tälern insgeheim zusammenkommen, wobei sie, mit der Hacke auf der Schulter, frühmorgens zu Hause fortgingen, als ob sie sich aufs Feld begäben, und dann abends ebenso zurückkehrten. Solche Zusammenkünfte dauerten gewöhnlich fast einen Tag, und man stellte Warnposten auf, die anzeigten, wenn sich jemand näherte.

Inzwischen plante der Gegner Lin Tien Ting, das Werk von neuem verbieten zu lassen. Dieselben Akten, die von der japanischen Polizei zusammengestellt worden waren, wurden benutzt, um die chinesischen Beamten zu veranlassen, gegen die Anbeter Jehovas vorzugehen. Korrespondenz wurde aufgefangen und beschlagnahmt, so daß trotz wiederholter Bemühungen, mit der Gesellschaft in Berührung zu kommen, entweder mit dem japanischen Büro durch die alte Adresse oder demjenigen in den Vereinigten Staaten, keine Antwort zurückkam. Früh im Oktober 1946 wurde eine besondere Zusammenkunft in Chih Shang einberufen zu dem Zweck, den Zeugen ein Ende zu bereiten. Neun Polizisten und andere Beamte waren zugegen und auch etwa 300 Zeugen. Es wurde keine Gelegenheit gegeben, auf die bösartigen Anklagen zu antworten, die gegen Gottes Volk erhoben wurden. Später aber in jener Nacht war es möglich, daß einige der maßgebenden Brüder den Beamten die Tatsachen unterbreiteten, und dies führte in einem gewissen Maße zur Erleichterung der Lage.

Die nationalchinesische Regierung traf Vorkehrungen, wodurch Anklagen gegen korrupte und ungerechte Amtspersonen angehört werden konnten. Auf diese Gelegenheit hatten die Brüder gewartet, und es wurde gegen den Polizeibeamten Lin Tien Ting Klage erhoben. Im Januar 1947 wurde er vor den Gerichten in Hualien als schuldig befunden, aber die Ruhepause währte nicht lange, denn er wurde später auf Grund einer Amnestie freigelassen und erlangte eine Beförderung in der Polizeiorganisation. Nun war er in seiner Gegnerschaft fanatischer denn je.

Es wurden weitere Anstrengungen gemacht, auf die Falschanklagen, die gegen die Zeugen erhoben wurden, eine Antwort zu geben und die Behörden zur Aufhebung des Verbots zu veranlassen. Im Jahre 1947 stimmte ein örtlicher Richter in Taitung zu, daß man ihnen Gottesdienstfreiheit gewähren sollte, aber er verwies die Frage nach Taipeh, in die Hauptstadt. Die Behelligung ging weiter, und Brüder und Schwestern wurden verhaftet, etwa eine Woche festgehalten und dann freigelassen, ohne je vor Gericht erschienen zu sein. Damals war man auch darum besorgt, den Versuch zu machen, die „gute Botschaft“ einer größeren Zahl der Angehörigen des Ami-Stammes zugänglich zu machen. Zuerst wurde einer Gruppe von Brüdern Unterweisung erteilt, wozu Die Harfe Gottes benutzt wurde, und dann wurden sie zu zweien ausgesandt, damit sie wieder andere unterwiesen.

HILFE VOM ZWEIGBÜRO IN CHINA

Im Jahre 1947 war ein Zeuge aus Schanghai nach Hsinchu auf Taiwan übergesiedelt, um als Lehrer eine Stelle anzutreten. Er traf sich mit dem Ehepaar Idei, und es erzählte ihm von den alleinstehenden Ami-Brüdern, die im östlichen Teil der Insel wohnten. Er übermittelte diesen Aufschluß dem neuernannten Zweigdiener in Schanghai, Stanley Jones, der mit seinem Missionarpartner erst kürzlich nach China gekommen war. Die Gesellschaft traf Vorkehrung, daß Bruder Jones Taiwan besuchte, und als er im April 1948 ankam, holten ihn Bruder Idei und ein chinesischer Bruder am Flughafen ab. Begierig, die Verbindung mit dem Ami-Stamm aufzunehmen, beschloß Bruder Jones, mit der Bahn nach Tainan zu fahren, das etwa 320 Kilometer südlich von Taipeh liegt. Diesen Weg mußte er wählen, weil die kürzere Route zur Ostküste hinüber damals wegen Überschwemmungen gesperrt war. Und dies bedeutete, daß er der gleichen Route folgte wie die Brüder Oe und Kosaka fast zehn Jahre zuvor.

Er unterbrach seine Reise, um kurze Zeit im Haus von Schwester Idei zu verbringen, die jetzt auf dem Lande zwischen Tainan und Kaohsiung wohnte. Als Bruder Jones Taitung erreichte, meldete er sich bei der Polizei und erhielt die Bestätigung der Erlaubnis, Zusammenkünfte bei dem Ami-Stamm abzuhalten. Nach drei Stunden Fahrt, wobei der Zug oft anhielt, kamen sie dann in Chih Shang an. Wie glücklich waren doch die Brüder, den ersten Bruder aus dem Westen, den sie je gesehen hatten, zu treffen. Einige von ihnen waren zu dem Anlaß gegen 50 Kilometer zu Fuß gekommen! Bruder Jones versuchte in seiner Ansprache, die er vor etwa 600 Personen hielt, diesen ein Verständnis der weltweiten Organisation der Zeugen zu vermitteln sowie von der Art und Weise, wie das Hauptbüro funktionierte, und darüber, welche Rolle die Zweigbüros spielten, indem sie den geistigen Interessen der Brüder dienten. Er erzählte auch von großen internationalen Kongressen; und es herrschte große Erregung, als er Fotografien von einigen dieser Kongresse herumreichte. Bei dieser Gelegenheit waren viele anwesend, deren Studium sie zur Hingabe an Gott geführt hatte; somit wurden 261 Taufbewerber an einem Tag untergetaucht!

Bruder Jones nutzte die Gelegenheit auch, um zu zeigen, wie die Brüder ihre Zusammenkünfte abhalten, den Predigtdienst durchführen und einfache Berichte abgeben sollten über ihre im Felddienst verbrachten Stunden und über ihre Nachbesuche und ihre Bibelstudien. Diese Berichte sollten zuerst nach Hsinchu gesandt werden, von wo sie nach Schanghai übermittelt würden, um sie in den chinesischen Bericht des Zweigbüros aufzunehmen.

Obwohl der Zweigdiener die Behörden in Taipeh aufgesucht und man ihm versichert hatte, daß die Brüder volle Gottesdienstfreiheit haben würden, zeigten Berichte, die nach seiner Rückkehr in Schanghai eingingen, daß sich die Lage für die Ami-Brüder nicht gebessert hatte. Die Polizei fuhr fort, die Brüder zu behelligen und darauf zu bestehen, daß das Werk bei der zentralen Regierung eingetragen werden müßte, bevor sie Zusammenkünfte haben könnten. Dennoch war eine Reaktion auf den Besuch von Bruder Jones zu verzeichnen, denn im August 1948 gingen Berichte über die Tätigkeit von 66 Verkündigern auf Taiwan ein.

Ende 1948 machte Bruder Jones eine weitere Reise nach Taipeh, und diesmal suchte er mit der Hilfe eines chinesischen Doktors von Schanghai den verschiedenen Regierungsbeamten den wahren Charakter unseres Werkes zu erklären. Er bemühte sich, den Kommissar für Verwaltungsangelegenheiten zu veranlassen, etwas Bestimmtes hinsichtlich des Status unserer Brüder und ihres Rechts, das Königreichswerk fortzusetzen, schriftlich herauszugeben. Als er nach Schanghai zurückkehrte, erhielt er einen Brief vom Kommissar, doch alles, was dieser enthielt, war nur die Erlaubnis, daß er auf Taiwan irgendwohin reisen und frei predigen könne, also keine Garantien, keine Freiheiten für die ortsansässigen Brüder. Welche Enttäuschung!

Trotz der Schwierigkeiten begann sich die Botschaft dennoch unten der eigentlichen Bergbevölkerung auszubreiten, von der einige nach etwas Befriedigenderem suchten, als es die abergläubische Verehrung des Mondes war. Die meisten dieser Leute lebten immer noch sehr primitiv und waren vom Dämonismus beeinflußt, obwohl ihrer Kopfjägerei am Ende des Zweiten Weltkrieges ein Ende bereitet worden war. Da war eine jung verheiratete Frau vom Bunun-Stamm, bekannt als Takako, die acht Stunden zu Fuß von der nächsten Bahnstation, Hai Tuan, entfernt wohnte. Bei einem der seltenen Besuche Takakos in Hai Tuan beschaffte sie sich eine Bibel, und dadurch, daß sie dieses Buch las, gab sie einige ihrer abergläubischen Bräuche auf. Die Opposition dagegen führte zu einer Scheidung von ihrem Mann und ihrer Austreibung aus dem Dorf, wobei sie ein einjähriges Baby mitnahm, dazu nur die Kleider, die sie trug. Sie wohnte dann bei Freunden und las weiter und erzählte anderen von dem, was sie lernte.

Im März 1950 wurden der Ehemann und die Frau wieder vereint. Er war nach Hai Tuan gezogen, um in der Nähe seiner neuen Arbeitsstelle zu sein. Beide hatten nun bessere Gelegenheiten, die Bibel zu studieren und etwas über Jehovas Vorhaben kennenzulernen. Gemeinsam begannen sie, geheime Zusammenkünfte zu besuchen, was oft einen zweistündigen Gang von ihrem Haus aus bedeutete. Einmal hielt die Polizei sie an und durchsuchte sie; seine Bibel wurde ihm weggenommen, aber ihr Exemplar war in den Windeln ihres Babys versteckt. Aus diesem kleinen Anfang entwickelten sich kleine Gruppen Interessierter in verschiedenen Dörfern ihres Stammes. Am 13. Mai 1953 wurde Takako getauft, und im Jahre 1957 erhielt sie eine dreimonatige Schulung und wurde dann für den Sonderpionierdienst bestimmt. Ihre eifrige Tätigkeit hatte zur Folge, daß etwa sechzig Personen in den verschiedenen Dörfern des Bunun-Stammes die Botschaft vom Königreich annahmen.

Als in den 1940er Jahren jemand vom Ami-Stamm im Gebiet des Paiwan-Stammes nahe an der Südspitze der Insel weltliche Arbeit verrichtete, erhielt er ein Exemplar des Wachtturms in Japanisch. Was er las, gefiel ihm, und er bat um mehr. Diese neugefundene Wahrheit teilte er auch anderen seiner verschiedenen Mitarbeiter vom Paiwan-Stamm mit. Auf ähnliche Weise wurden andere Stämme, wie zum Beispiel der Stamm der Taiyal, der Lukai und der Puma, mit der guten Botschaft in Berührung gebracht.

GILEADABSOLVENTEN TREFFEN EIN

Zwei Absolventen der elften Gileadklasse kamen am 2. Februar 1949 von Schanghai her im Hafen von Chilung an. Ein chinesischer Bruder und zwei oder drei Ami-Brüder waren zu ihrer Begrüßung zugegen. Nachdem sie sich kurze Zeit bei dem Ehepaar Idei in Hsinchu aufgehalten hatten, begaben sie sich in das Gebiet der Ami-Brüder. Was für eine Umstellung dies für sie bedeutete! Keine Badewanne, keine Elektrizität, keine Betten nach westlichem Stil! Sie würden nach der Art der Ami-Brüder in einem Hause wohnen, dessen Fußboden aus Erde war und das ein Strohdach und eine erhöhte Plattform für ein Bett hatte. Eine Ecke des Schweinestalles würde als Abort dienen. Sie waren in ihrer Zuteilung, um den Brüdern zu helfen, dies war das, was zählte.

In Chih Shang wurde ihnen gesagt, es seien nicht nur 300, sondern 600 Personen, die sich für die Botschaft interessierten! So beschlossen sie, alle Dörfer zu besuchen, in denen diese Leute lebten. Die Brüder jener Gegend ließen durch mehrere „Läufer“ den verschiedenen Gruppen die Nachricht zugehen. Als das Wort ergangen war, folgten nicht 300, nicht 600, sondern 1 600 der Einladung! Wie gut, daß diese zwei Missionare, Bruder McGrath und Bruder Charles, in der Gileadschule einen kurzen Kurs in Japanisch mitgemacht hatten. Mit Hilfe einer japanischen Bibel und eines Wörterbuches konnten sie diesen Interessierten etwas von Gottes Organisation erzählen. Ihre Ansprachen wurden für diejenigen, die nicht Japanisch verstanden, in die Ami-Sprache übersetzt. Sie erkannten, daß die neuen Brüder, um zur Reife zu gelangen, einen systematischen Bibelstudienkurs benötigten.

Daher beschlossen sie, nur e i n Thema auf einmal zu lehren. Als Grundlage wurde das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“ gewählt. Es erforderte fünf Tage geduldigen Studiums und der Vorbereitung, ehe sie den Lehrstoff den versammelten Brüdern vermitteln konnten. „Läufer“ benachrichtigten die Interessierten, wo und wann sie sich versammeln sollten. Während Bruder McGrath eine Richtung einschlug, schlug Bruder Charles die andere ein. In jedem Dorf wurden mindestens acht Stunden auf das tatsächliche Lehren verwandt, wobei man Frage-und-Antwort-Diskussionen einschaltete. Die Abende wurden in entspannter Gemeinschaft mit den Brüdern verbracht.

Die dortigen Brüder benötigten diese Schulung. Sie waren aufrichtig, doch gab es offenbar viele Lücken in ihrem Verständnis der biblischen Botschaft. Zum Beispiel wurde bemerkt, daß verschiedene Schwestern von Zeit zu Zeit den Zusammenkünften fernblieben. Die Nachfrage ergab, daß man sich nach den Einschränkungen richtete, die das mosaische Gesetz hinsichtlich der Frauen während ihrer Menstruation vorschrieb. Man hatte den Schwestern gesagt, sie sollten die Zusammenkünfte unter diesen Umständen nicht besuchen. Nun halfen die Missionare allen verstehen, daß die Christen „nicht unter Gesetz ..., sondern unter unverdienter Güte“ sind.

Bruder McGrath reiste öfter in die Hauptstadt, um die Anerkennung des Königreichswerkes am Orte selbst zu erlangen. Inzwischen beschloß Bruder Charles, ein bißchen allgemeinen Predigtdienst von Haus zu Haus in Kuan Shan zu verrichten. Sobald dies bekannt wurde, wünschten auch andere, mit ihm zu gehen, und schließlich wollten 140 Personen zum erstenmal am Felddienst teilnehmen, selbst wenn sie deswegen ins Gefängnis kämen! Sie teilten sich in zwei Gruppen und planten, das Ami-Gebiet zu umkreisen und sich dann in Chih Shang an der Ostküste zu treffen. Als Hauptnahrungsmittel nahmen sie Reis mit. Sie schliefen in den Sälen von kleinen Dörfern. Bevor sie jeweils ein Dorf betraten, hielten sie eine Predigtdienst-Zusammenkunft ab, um gegen die Einwände gewappnet zu sein, die von den Anhängern der Hauptreligion jenes Dorfes erhoben würden. Dann gingen sie in das Dorf und begannen den Dienst. Sie gingen der Küste nach durch das ganze Gebiet, und immer noch war nichts von der anderen Gruppe zu sehen. So waren sie zwei Wochen lang unterwegs.

Der schwierigste Teil der Reise stand ihnen noch bevor. Sie mußten nun die Gebirgskette überschreiten, die sie von dem Heimattal trennte. Die Berge auf Taiwan sind zerklüftet, aber, was noch schlimmer ist, der lehmige Pfad war vom Regen schlüpfrig geworden. Er schlängelte sich einen steilen Abhang hinab, wo ein einziger Fehltritt einen Sturz von über 180 Metern bedeutet hätte! Bruder Charles’ Gummisohlen konnten ihn in Gefahr bringen. Daher liehen ihm Brüder ihre Schuhe, die Profilsohlen hatten. Sie reichten sich die Hände, und unter vielen Gebeten kamen sie schließlich sicher unten an. Wie dankbar waren sie, als sie nach ihrer langen Wanderung endlich auf die andere Gruppe stießen! Aber da gab es schlechte Nachrichten. Mehrere von dieser Gruppe waren festgenommen worden, und einige Tage später gab es weitere Verhaftungen.

Inzwischen war Bruder McGrath Bescheid gegeben worden, daß ein Schreiben an den Magistrat von Taitung gesandt worden sei, in dem die Polizei angewiesen werde, davon abzustehen, die Brüder an ihrer Tätigkeit zu hindern, und ihnen vielmehr Schutz zu gewähren, während sie mit ihrer Botschaft von Dorf zu Dorf reisten. Der Magistrat verneinte jedoch das Vorhandensein eines solchen Schreibens und ging auf Grund der falschen Anklage vor, die Zeugen seien Kommunisten. Aber das Werk ging trotz der schweren Behinderung weiter.

Jetzt folgte rasch eine Schwierigkeit auf die andere. Bruder Charles erkrankte an Gelbsucht. Als dann die Zeit kam, da er seinen Ausweis erneuern sollte, weigerte sich die Polizei, ihm den alten Ausweis zurückzugeben oder ihm einen neuen auszustellen. Als britischer Staatsbürger war seine Lage bedenklich, denn die diplomatische Anerkennung des chinesischen Festlandes von seiten der britischen Regierung fand bei der Regierung in Taipeh höchstes Mißfallen. In der Erkenntnis, daß sein Aufenthalt nur noch von kurzer Dauer sein könnte, rief Bruder Charles alle verantwortlichen Brüder zu einer Zusammenkunft in Chih Shang zusammen. Vier Tage lang besprach er mit ihnen die Erfordernisse, die an die christliche Organisation gestellt werden. Seine Zuhörer wurden angespornt, diesen Anweisungen zu folgen, die Bibel zu studieren und für die weitere Führung auf Jehova zu warten. Dann riß sich der Missionar von denen los, die ihm so lieb geworden waren. Kurze Zeit verbrachte er noch zur Erholung im Heim von Schwester Idei in Hsinchu und ging dann weiter nach Tansui zum britischen Konsulat. Er und Bruder McGrath nahmen in einem kleinen Hotel Aufenthalt. Bruder McGrath litt zu dieser Zeit an Malaria. Bruder Charles beschloß, nach Taipeh zu gehen und etwas Zeugnisdienst zu tun, und er konnte die nötige Medizin und Nahrung für Bruder McGrath beschaffen. Mit der Zeit schien es ihnen, es sei besser, nach Hongkong zu gehen, als die offizielle Ausweisung von Taiwan abzuwarten. Traurig winkten sie der Gruppe der Ami-Brüder Lebewohl, die den weiten Weg nach Chilung gekommen waren, um sich von ihnen zu verabschieden. Sie waren etwas mehr als ein Jahr auf Taiwan gewesen.

BEMÜHUNGEN UM DIE GESETZLICHE ANERKENNUNG

Angesichts der Entwicklung der Dinge beschloß die Gesellschaft, Taiwan nochmals dem japanischen Zweigbüro zu unterstellen. Somit kam am 3. April 1951 ein Missionar von Japan, Bruder Tohara, auf die Insel, um einen Besuch des Präsidenten der Gesellschaft, Bruder Knorrs, vorzubereiten. Die Brüder Knorr und Henschel hielten in Hotelzimmern einige Zusammenkünfte mit Vertretern der Ami-Brüder und der Hsinchu-Gruppen ab. Als Bruder Knorr dann nach Japan weiterreiste, blieb Bruder Henschel bei Bruder Tohara, um mit einigen Regierungsbeamten zusammenzukommen. Es wurden Abmachungen mit dem Obersten Cheng Yi Kuan vom Außenministerium, von der provinziellen Polizeiverwaltung Taiwans, getroffen, einen Vertreter der Gesellschaft mit der Untersuchung der Frage zu betrauen, ob die Beschuldigungen, die Zeugen auf Taiwan würden sich an unsittlichen Handlungen beteiligen und Umsturz lehren, wahr seien. Donald Steele, ein vom koreanischen Kriegsschauplatz nach Japan evakuierter Missionar, wurde beauftragt, diese Untersuchung vorzunehmen, aber die chinesischen Behörden weigerten sich glattweg, ihm ein Visum zu erteilen.

Die Struktur der Regierung auf Taiwan erschwerte die Aufgabe, eine Eintragung des Werkes der Gesellschaft zu erwirken, sehr. Die zentrale Regierung hatte angeblich die allgemeine Gewalt inne, aber die Gewalt in zivilen Dingen lag in den Händen der Provinzregierungen, und einige Dinge waren sogar den Kreisregierungen übertragen. Deshalb wurde man oft von einer Amtsstelle zur anderen verwiesen, ohne daß man ein befriedigendes Ergebnis erlangt hätte.

Im Jahre 1952 sandte die Gesellschaft Bruder Lloyd Barry nach Taiwan. Er reiste in verschiedene Gegenden der Insel, und da er Japanisch sprach, konnte er mit den Brüdern direkt verkehren. Er besuchte das Ehepaar Idei in Hsinchu und auch ein interessiertes Ehepaar weit im Süden, im Kreis Pingtung. Er traf ferner mit den Brüdern von der Ostküste zusammen und sprach ihnen Mut zu. Während seines Aufenthaltes bereitete er auch ein Gesuch um die Eintragung einer lokalen Körperschaft, der International Bible Students Association, vor. Während er auf einige notwendige Dokumente von Brooklyn wartete, hatte er Gelegenheit, einige sehr einflußreiche Personen zu treffen. Hier folgt sein eigener Bericht:

„Eines Morgens beim Frühstück im Grandhotel in Taipeh fragte ein älterer Herr, ein Amerikaner, höflich, ob er sich an meinen Tisch setzen könnte. Schon bald stellte er die Frage: ,Was führt Sie nach Taiwan?‘ Als ich freimütig antwortete, daß ich ein Zeuge Jehovas sei, stand er auf, reichte mir die Hand und schüttelte sie kräftig. ,Wissen Sie‘, sagte er, ,ich habe soeben ein Kapitel über Jehovas Zeugen für eines meiner Bücher geschrieben.‘ “ Es war Dr. C. Braden, Professor für orientalische Religionen an der Northwestern University in den Vereinigten Staaten. Es scheint, daß ihm seine Forschungsarbeiten über das Thema der Zeugen Ursache zum größten Respekt vor ihnen und ihren Lehren eingeflößt haben. Es zeigte sich, daß er als der persönliche Gast des Gouverneurs Wu auf Taiwan weilte, und das war gerade die Persönlichkeit, die Bruder Barry treffen wollte. Das Ergebnis war, daß eine halbstündige Unterredung mit Gouverneur Wu verabredet wurde. Dies führte zwar zu nichts wirklich Greifbarem, obwohl die körperlichen Martern der Zeugen Jehovas etwas gelindert wurden.

Es stellte sich später heraus, daß Gouverneur Wu selbst viel Schuld trug an den vielen Ungerechtigkeiten, die an Jehovas Volk begangen worden waren. Man beachte, wie ein Artikel in der China-Post vom 5. Juni 1971, der einen Auszug aus dem Buch Das Christentum auf Taiwan von dem verstorbenen Dr. Hollingworth K. Tong veröffentlichte, dies bestätigt: „Dr. K. C. Wu, damals Gouverneur von Taiwan, stellte Nachforschungen unter angesehenen Kirchenführern hinsichtlich der Art und der Ziele der Zeugen an. Es wurde ihm gesagt, diese Sekte habe sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Kanada beträchtliche Unruhen verursacht und 20 ihrer Missionare seien aus Rußland ausgewiesen worden, weil sie den Sturz der Sowjetregierung befürwortet hätten.“ Somit stehen die Religionsführer der Christenheit auf Taiwan als solche da, die zu den Grausamkeiten, unter denen unsere Brüder litten, angespornt haben.

Im Jahre 1952 kamen die Brüder als Folge einer Trockenheit in eine bedauernswerte Lage. Die meisten hatten sehr wenig Kleider. Die Brüder in New York stellten als Hilfsaktion rasch eine Sendung zusammen. Die Verteilung dieser Gaben war für die Ortsbehörden ein großes Zeugnis und für die Brüder eine Kundgebung der tiefen Liebe, die ihre Brüder von Übersee zu ihnen empfanden. Dann, im Jahre 1955, brachte Bruder Barry den Film der Gesellschaft „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ nach Taiwan, und es wurde ihm glücklicherweise die Genehmigung erteilt, den Film während der folgenden drei Jahre irgendwo im Lande vorzuführen. Für die Ami-Brüder war Hualien die nächste Stadt, wo es elektrischen Strom gab. Daher zeigte er ihn hier — nachdem ihm die Polizei geholfen hatte, einen Saal in einer Schule zu finden — verschiedenen Gruppen an vier verschiedenen Abenden. Insgesamt freuten sich 2 865 Brüder und Interessierte darüber; viele sahen zum erstenmal einen Film. Der Begleittext wurde in der Ami-Sprache gesprochen, so daß alle es klar verstehen konnten.

Als Bruder Barry nach Japan zurückgekehrt war, freute er sich sehr, zu vernehmen, daß am 23. März 1955 das Verbot der Tätigkeit der Zeugen Jehovas, das 18 Jahre lang bestanden hatte, aufgehoben worden sei. Der International Bible Students Association wurde die gesetzliche Anerkennung zuteil. Nun war der Weg für die 1 782 Brüder frei, sich öffentlich zu versammeln und zu predigen! Eines der Erfordernisse lautete, daß Zusammenkünfte an eingetragenen Zusammenkunftsstätten stattfinden sollten. Daher begannen die Brüder bald mit dem Bau ihrer Königreichssäle. Auch wurde verlangt, daß Chinesisch, nicht Japanisch, in den Zusammenkünften benutzt werde. Daher wurden schnell Klassen gebildet, so daß die Brüder Chinesisch lernen konnten.

Inzwischen machte das Werk auch unter der chinesisch sprechenden Bevölkerung Fortschritte. Im Jahre 1951 besuchte Marion Liang, deren Angehörige im Jahre 1949 vom chinesischen Festland nach Hongkong geflüchtet waren, ihren ersten Kongreß der Zeugen Jehovas. Dabei hörte sie Bruder Knorrs Vortrag „Rufet Freiheit aus durchs ganze Land“. Sie begab sich von Hongkong nach Taiwan, um die Landesuniversität von Taiwan zu besuchen, fand dort aber keine Zeugen. Sie machte indes Fortschritte in biblischer Erkenntnis, und im Jahre 1952, als sie in den Ferien wieder in Hongkong war, ließ sie sich taufen. Dann kehrte sie nach Taiwan zurück. So kam es, daß die einzige Mandarin sprechende Zeugin von ganz Taiwan in Chilung auf die Ankunft von zwei neuen Missionaren aus New York wartete, auf Bruder und Schwester Halbrook. Bruder Barry war ebenfalls dort. Ein kleines Missionarheim wurde in Taipeh, Chung Shan, an der Nordstraße eingerichtet. Es war ein wirkliches Erlebnis für diese neu Angekommenen, schon am nächsten Tag mit Bruder Barry und Schwester Liang den Dienst von Haus zu Haus aufzunehmen, Sie hatten eine Anzahl chinesische Broschüren mitgebracht, zuerst aber suchten sie englisch sprechende Leute zu finden, damit sie gleich Studien beginnen könnten. Schwester Liang war bereit, ihnen an drei Tagen der Woche je zwei Stunden behilflich zu sein, Predigten vorzubereiten und Studien in Chinesisch durchzuführen.

Bruder und Schwester Halbrook waren nicht die einzigen, die den Kampf mit der chinesischen Sprache führten. Die Ami-Brüder in Taipeh, die unter japanischer Leitung Schulunterricht gehabt hatten, waren nun ebenfalls begierig, die chinesische Sprache zu benutzen, um den von der Regierung gestellten Anforderungen hinsichtlich der Zusammenkünfte entsprechen zu können. Ein Bibelstudium in Chinesisch wurde im Missionarheim eingerichtet, und eine Anzahl der jungen Ami-Verkündiger und anderer Interessierter besuchten es. Einer von diesen, ein junger Ami-Bruder, Lin Kao Ho, machte Fortschritte, so daß er später ein sehr tüchtiger Kreisdiener und Übersetzer wurde.

Drei Monate nach der Ankunft dieser Missionare gab es in der Geschichte des Königreichswerkes auf dieser Insel ein hervorragendes Ereignis. Bruder Knorr kehrte zurück, zum sein Versprechen einzulösen, einen Kongreß für die Ami-Brüder und -Schwestern abzuhalten. Als der Präsident der Gesellschaft und die Brüder Barry und Adams in Taipeh ankamen, trafen sie Vorkehrung, frühmorgens nach Hualien zu fliegen, und von dort reisten sie die übrigen ca. 65 Kilometer mit der Bahn zum Dorf Fu Yuan. Welche Überraschung wartete dort ihrer! Die Brüder hatten sich beim Film der Gesellschaft die Einzelheiten gut gemerkt, und so waren alle erforderlichen Abteilungen eines Kongresses eingerichtet worden. Ein Taufbecken, etwa 4,5 Meter breit und 9 Meter lang, war ausgegraben und mit Steinen eingefaßt worden. In das Becken leitete man einen kleinen Bach, so daß für die Taufe von 123 Personen gesorgt war. Zu den Getauften gehörten Angehörige des Bunun-Stammes und anderer Bergstämme. Bruder Barry übersetzte die Ansprachen ins Japanische, und Schwester Liang gab sie in Chinesisch wieder, und von dieser Sprache wurden sie in die Ami-Sprache übertragen. Welche Freude, beim öffentlichen Vortrag 1 808 Anwesende zu sehen!

EIN ZWEIGBÜRO AUF TAIWAN ERRICHTET

Danach beschloß Bruder Knorr, ein Zweigbüro auf Taiwan zu errichten, so daß den Brüdern eine bessere theokratische Aufsicht und Hilfe zuteil werden könnte. Bruder Paul Johnston wurde zum Zweigdiener ernannt. Er und seine Frau waren in der Gileadschule Halbrooks Klassenkameraden gewesen. Ein Kongreß in Ta Pu (Chih Shang), bei dem Bruder Franz, der Vizepräsident der Gesellschaft, der Hauptredner war, kennzeichnete den Beginn dieses neuen Kapitels in der Geschichte des Königreichswerkes auf Taiwan. Bruder Adrian Thompson, Bezirksdiener von Japan, das Ehepaar Halbrook und Schwester Liang begaben sich zusammen in das Kongreßdorf, während Bruder und Schwester Johnston Bruder Franz abholten und ihn auf dem Flug nach Hualien und auf der Reise mit der Schmalspurbahn nach Chih Shang begleiteten. Wiederum überraschte die Kongreßorganisation die Besucher. Ja, man hatte sogar eine „Wasserabteilung“, deren Aufgabe es war, aus einem fast hundert Meter entfernten Brunnen Wasser herzutragen! Schwestern besorgten diese Arbeit gruppenweise.

Die besondere Resolution gegen den Kommunismus wurde von 2 029 Personen angenommen, die einem der Programmpunkte beiwohnten. Bei dieser Gelegenheit stieg Bruder Franz auf die Bühne und spielte aus dem Stegreif Harmonika, während sich die Brüder zum Beginn des Programms versammelten. Dies rührte ans Herz vieler. Eine Höchstzahl von 3 029 Anwesenden wurde bei der Vorführung des Films „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ erreicht.

Andere Vorkehrungen zur Ausdehnung der Königreichstätigkeit auf Taiwan folgten. Es wurden neue, größere Lokalitäten in Taipeh gemietet für eine bessere Unterkunft der Missionare, für einen Königreichssaal und das Zweigbüro der Gesellschaft. Im Herbst 1957 wurde das Verbot, das die Tätigkeit außerhalb der Stadt Taipeh betraf, aufgehoben. Dieses war seit den frühen Monaten des Vorjahres in Kraft gewesen. Und wie kam es zu der Aufhebung? Der Vater eines jungen Erforschers der Bibel war ein Mitglied der gesetzgebenden Versammlung und hatte den Ruf, ein entschlossener Kämpfer zu sein. Er war dem Königreichswerk günstig gesinnt, und als er durch seinen Sohn von unserem Problem hörte, war er bereit, eine Zusammenkunft mit dem Innenminister, der ein Freund von ihm war, in die Wege zu leiten. Als Folge dieses Treffens fand unser biblischer Erziehungsfeldzug erneut Anerkennung.

Bald danach wurde der erste Kreiskongreß in Hualien abgehalten. Der Zweigdiener hielt den öffentlichen Vortrag in Chinesisch! Ein Sprachhindernis war überwunden. Als nächstes war es notwendig, für die Verbindung mit den Ami-Brüdern und den Interessierten zu sorgen.

Die Gesellschaft war weiterhin daran interessiert, die gesetzliche Anerkennung der Watch Tower Bible and Tract Society auf Taiwan zu erlangen. Zu diesem Zweck wurde im Jahre 1958 in Taipeh, 5 Lane 99, Yun-Ho-Straße ein Besitztum gekauft, das als Zweigbüro und Missionarheim dienen sollte. Die Kaufverträge wurden im Namen von Paul Johnston als Vertreter der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania eingetragen. Dies diente darauf als Grundlage für die Eintragung der Gesellschaft. Da frühere Anstrengungen nicht viel gefruchtet hatten, suchte man den Beistand der amerikanischen Gesandtschaft, doch ebenfalls ohne Erfolg. Als aber die Sache dem Außenministerium in Washington zur Kenntnis gebracht wurde, gab dieses dem Gesandten Anweisungen, dafür zu sorgen, daß die Bestimmungen des gegenseitigen Handelsabkommens zwischen Taiwan und den Vereinigten Staaten im Fall der Watch Tower Society unparteiisch angewandt wurden. Dadurch wandte sich das Blatt, so daß die Eintragung der Gesellschaft im Jahre 1963 genehmigt wurde und beim Distriktsgericht Taipeh am 8. Mai 1964 erfolgte.

Im Jahre 1958 war Schwester Liang eingeladen worden, die 31. Klasse der Gileadschule in den Vereinigten Staaten zu besuchen. In jenem Sommer absolvierten sie und ihr leiblicher Bruder diese Schule, deren Abschlußfeier auf dem Kongreß im Yankee-Stadion stattfand. Sie blieben noch zwei weitere Monate im Hauptbüro der Gesellschaft in Brooklyn, da sie an der Vollendung der Übersetzung des Paradies-Buches in Chinesisch arbeiteten. Dann kehrte Schwester Liang als erste und einzige chinesische Gileadabsolventin, die von Taiwan gekommen war, zurück, um den Missionardienst in Taipeh aufzunehmen. Hier wurde ihre Fähigkeit, zwei Sprachen zu sprechen, sehr benötigt. Die Arbeit des Setzens der chinesischen Literatur war von Hongkong nach Taiwan verlegt worden. Der chinesische Handsatz mußte von weltlichen Firmen gemacht und Korrektur im Zweigbüro von Taiwan gelesen werden. Pappmatern wurden von diesem Schriftsatz geprägt und in die Vereinigten Staaten gesandt und dienten dort als Vorlage, um das Material von neuem in Metall umzugießen und es auf den Druckmaschinen in Brooklyn zu drucken. Nach einiger Zeit wurde Schwester Liang ein Vollzeitglied der Bethelfamilie in Taipeh und erhielt die Aufgabe des Korrekturlesens des sich mehrenden Materials, das in den chinesischen Zeitschriften erschien. Ihr Bruder in Hongkong übersetzte den größten Teil des Stoffes.

Andere Missionare trafen in den nachfolgenden Jahren ein. Im Jahre 1959 wurde beschlossen, die Dienste der Missionare anderen Städten zukommen zu lassen. In Kaohsiung, der zweitgrößten Stadt Taiwans, etwa 320 Kilometer südlich der Hauptstadt, wurde ein kleines Haus gemietet. Dorthin wurden Bruder und Schwester Halbrook und die Brüder Peel und Johansson gesandt.

Im April 1960 besuchte Bruder Henschel vom Hauptbüro der Gesellschaft, als im Gebiet der Ami-Brüder ein weiterer großer Kongreß stattfand, Taiwan von neuem. Diese Besuche von Brüdern aus Brooklyn wie auch die reguläre Vorkehrung der Kreis- und Bezirkskongresse verliehen den Brüdern das Gefühl, ein Teil der Organisation Jehovas zu sein. Dies erwies sich als eine vortreffliche Vorbereitung auf eine sich schnell nahende Prüfung ihres Glaubens und ihrer Ergebenheit gegenüber Jehova und den Grundsätzen seines Wortes.

Während unter den chinesisch sprechenden Bewohnern nur ein langsamer Fortschritt zu verzeichnen war, schien es, oberflächlich betrachtet, daß unter den Ami-Brüdern und unter anderssprachigen Gruppen gute Ergebnisse erzielt wurden. Die Höchstzahl der Verkündiger im Lande war von 417 im Jahre 1951 auf 2 009 im Jahre 1957 angestiegen. Eine Höchstzahl aller Zeiten, nämlich 2 459 Verkündiger, wurde im August 1961 berichtet. Wie viele von diesen waren aber Jehova und seinen gerechten Grundsätzen wahrhaft ergeben? Die Einrichtung der Königreichsdienstschule, die im April 1961 begann, half die Sachlage klären.

Alle Sonderpioniere und Aufseher verbrachten unter der Aufsicht von Bruder Halbrook vier Wochen damit, das Wort Gottes und organisatorische Dinge zu studieren. Immer noch war die Sprache ein Problem, dennoch lernten die Brüder durch diese Schulung viel. Darauf wurde die Schule nach dem Osten verlegt, damit man sich der Mehrheit der verantwortlichen Brüder in jenem Gebiet annehmen konnte. Dieser Kurs machte auf alle, die ihm beiwohnten, tiefen Eindruck. Sie begannen zu verstehen, wie wichtig es ist, der Wahrheit entsprechend zu leben. Er hatte eine Säuberungsperiode für das Werk auf Taiwan zur Folge. Als Ergebnis gaben es viele auf, dem christlichen Beispiel des Dienstes für Jehova zu folgen. Sie waren in der Organisation bloß der Dinge wegen gewesen, die sie für sich selbst gewinnen konnten.

SÄUBERUNG UND WIEDERAUFBAU

Ermutigt durch ihr Studium biblischer Grundsätze in der Königreichsdienstschule, begannen die Brüder nun von Unregelmäßigkeiten zu reden, die innerhalb der Organisation der Zeugen auf Taiwan vorkamen. Selbst verantwortliche Brüder wurden der Unehrlichkeit, der Günstlingswirtschaft, unsittlicher Handlungen sowie des Mangels an Loyalität gegenüber der theokratischen Organisation angeklagt. Und unglücklicherweise trafen gewisse Beschuldigungen zu. Einigen Personen mußte die Gemeinschaft entzogen werden; andere, ob es Aufseher oder Sonderpioniere waren, wurden ihres Dienstes enthoben, und noch andere wurden unter Bewährung gestellt. Einige der Ausgeschlossenen wandten sich offen gegen die Gesellschaft und begannen ihren Einfluß auf die Brüder in einigen Versammlungen auszuüben, um auch sie mit fortzureißen.

Die Gegnerischgesinnten, die aus der Organisation ausgeschlossen worden waren, gingen sogar so weit, Beschuldigungen gegen die Organisation der Zeugen bei verschiedenen Abteilungen der Regierung vorzubringen. Versammlungen wurden veranlaßt, den Besuch des Kreisdieners, der von der Gesellschaft ernannt worden war, abzulehnen. Im Laufe der Untersuchungen wurde auch festgestellt, daß viele als Sonderpioniere, Versammlungsaufseher und selbst als Kreisdiener empfohlen und schließlich zu ihrem Dienst ernannt worden waren, weil sie mit dem, der sie empfohlen hatte, verwandt waren oder unter seinem Einfluß standen, und nicht, weil sie dazu die schriftgemäße Befähigung hatten.

Die Gesellschaft beschloß, daß jemand ins Land kommen sollte, der Japanisch sprechen und mit den meisten Brüdern und Schwestern direkt verkehren könnte. Bruder und Schwester Logan, die sieben Jahre als Missionare in Japan gewirkt hatten, wurden dazu ausersehen. Sie kamen im Spätjahr 1961 an, und nachdem sie einen zweimonatigen Kurs in Mandarin-Chinesisch genommen hatten, wohnte Bruder Logan besonderen Zusammenkünften bei, die eine Woche lang für die Kreisdiener im Zweigbüro stattfanden. Er wurde beauftragt, mit den Kreisdienern der Ami-Brüder an der Ostküste zu wirken, wobei er sich bemühen sollte, sie zu besserer Arbeit heranzubilden und außerdem den Dienern in den Versammlungen behilflich zu sein, den Erfordernissen besser nachzukommen Im Laufe der Zeit sah er, daß die Unfähigkeit der Aufseher, gewisse Fragen in Chinesisch zu beantworten, nicht allein auf einer schlechten Kenntnis dieser Sprache beruhte. Viele von ihnen verstanden die Grundlehren der Bibel nur mangelhaft. Deswegen wurden Schritte unternommen, das Niveau der biblischen Bildung der Brüder zu heben.

Zu diesem Zweck wurden nun halbjährliche Kreiskongresse veranstaltet. Die Diener, die die Kongreßorganisation bildeten, kamen schon mehrere Tage im voraus zum Versammlungsort. Tagsüber beschäftigten sie sich mit all den Vorbereitungen für den Kongreß, während abends Bruder Logan Zeit darauf verwandte, biblische Grundsätze und organisatorische Dinge mit ihnen zu besprechen. Auf diese Weise wurden viele jener Brüder befähigt, denselben wertvollen Aufschluß den Brüdern in ihrer Versammlung zu vermitteln. Schwester Logan, die erste Missionarin, die unter den Ami-Brüdern weilte, wurde ebenfalls beschäftigt gehalten, denn auch sie sprach Japanisch und lernte Chinesisch. Sie nahm die Schwestern jeden Morgen mit in den Felddienst, und nachmittags studierte sie mit ihnen jeweils grundlegenden Stoff, wie er in der Broschüre „Diese gute Botschaft ...“ enthalten ist. So entstand ein starkes Band liebender Zuneigung zwischen den Missionaren und den Ami-Verkündigern.

Studienkurse für alle Diener in den Versammlungen, die eine Woche dauerten, wurden von Bruder Logan durchgeführt, um ihnen zu helfen, die Grundlehren und die organisatorischen Vorkehrungen zu verstehen. Auch probte man die Durchführung des Versammlungsbuchstudiums und anderer Zusammenkünfte in der Ami-Sprache. Dieser Erziehungsfeldzug führte zu Fortschritten, verringerte aber auch die Zahl der Verkündiger. Warum? Weil er enthüllte, daß einige nicht einmal die Stufe erreicht hatten, auf der sie eingeladen werden konnten, am Predigtdienst teilzunehmen. Was jetzt betont wurde, war Qualität, nicht Quantität.

Im Jahre 1963 holten Familienpflichten Bruder Johnston aus dem Vollzeitdienst, und so wurde Bruder Logan dazu eingesetzt, sich der Arbeit im Zweigbüro anzunehmen. Bald danach, im August, fand der Kongreß „Rund um die Welt“ im Dorf Shou Feng statt. Zu dieser Zeit war die Gesamtzahl der Verkündiger unter 1 200 gesunken. Der Kongreß, der diesmal im Namen der Watch Tower Society stattfand, erwies sich als ein Meilenstein in der Förderung der reinen Anbetung. Die 535 Delegierten zogen die Aufmerksamkeit auf sich. Polizisten und Sicherheitsbeamte, die bei diesem Anlaß zugegen waren, waren offensichtlich beeindruckt von dem, was sie sahen und hörten, denn danach wurde es merklich leichter, Genehmigungen für Kongresse zu erhalten. Der liebevolle Geist, der auf dem Kongreß herrschte, stand in auffallendem Gegensatz zu einigen früheren Veranstaltungen auf Taiwan. Keiner spielte den Herrn über die Freiwilligen, die in verschiedenen Abteilungen dienten. Alles, auch die materielle Unterstützung des Kongresses, geschah auf vollständig freiwilliger Basis.

Und welch ein Vergnügen es für die ortsansässigen Brüder war, Verkündiger zu treffen, die „rund um die Welt“ mitreisten! Die Delegierten der Farbigen waren sehr beliebt, ebenso die japanischen Schwestern in ihren farbenfrohen Kimonos. Für diejenigen der ortsansässigen Brüder, die Japanisch sprechen konnten, war es eine wunderbare Zeit der Gemeinschaft mit den japanischen Besuchern.

Im Jahre 1964 verbrachte der Zweigdiener in Begleitung des Kreisdieners der Ami-Brüder fünfzehn Tage damit, elf Sonderpioniere in ihrer Zuteilung zu besuchen und im Felddienst mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dadurch wurde rasch offenbar, wer für diesen Dienst befähigt war und wer nicht. So wurden denn Änderungen vorgenommen; für einige hielt man Schulungskurse ab; andere schieden aus. Es zeigte sich, daß viele von denen, die ausgeschieden waren, gänzlich untätig wurden, was die Beschuldigungen bestätigte, die erhoben worden waren, daß einige eher wegen der monatlichen Sonderpionierzuwendung dienten als aus Liebe zu Jehova. Der Sonderpionierdienst wurde nun auf eine gute, solide Grundlage gestellt.

In den Versammlungen veranlaßten geschulte Aufseher, daß diejenigen, die der Erkenntnis ermangelten oder sonstwie verfehlten, anderen christlichen Erfordernissen zu entsprechen, allmählich ausschieden. Die Gesamtzahl der Verkündiger im Lande ging im Jahre 1967 auf 1 004 zurück, was die niedrigste Zahl seit 1953 war. Dies gab aber nicht Anlaß zur Entmutigung, wenn wir an die sehr verbesserten Opfer der Lobpreisung dachten, die von den Lippen derer zu Jehova emporstiegen, die seinen Namen wirklich liebten. Im Dienstjahr 1970 wurden 63 Personen getauft und im Jahre 1971 weitere 63, und das war eine Ursache zu wirklicher Freude, denn diese Taufbewerber waren alle vorher sorgfältig auf ihre Eignung geprüft worden, und man hatte das Gefühl, daß sie Jehova Gott wahrhaft ergeben seien.

Im Mai 1971 war man der Überzeugung, daß die Brüder genügend Fortschritte gemacht hatten, um aus der Königreichsdienstschule Nutzen zu ziehen; so wurde sie wieder durchgeführt. Der Unterricht der ersten Klasse wurde in Mandarin im Haus des Zweigbüros gegeben. Nachfolgende Klassen fanden an passenden Orten im Gebiet der Ami-Brüder statt. Als Folge all dieser Verbesserung der Zustände in den Versammlungen können entsprechende Verhaltensänderungen bemerkt werden. Die Brüder sind nun im allgemeinen bereit, ihre Arbeit auf der Farm und andere Arbeit beiseite zu lassen, selbst in der Erntezeit, nur um Kongressen beizuwohnen oder sich einen besonderen, reisenden Vertreter der Gesellschaft anzuhören.

Bruder Knorr stimmte während seines Besuches im Jahre 1968 dem Bau eines größeren Königreichssaales und weiterer Räume für die Missionare auf dem Besitztum der Gesellschaft in Taipeh zu, was den 205 Anwesenden zur Freude gereichte. Es zeigte sich, daß zufolge örtlicher Bauvorschriften die alten Gebäude abgerissen werden mußten, um einen ganz neuen Bau zu errichten. Es erforderte indes nur neun Monate, das moderne zweistöckige Gebäude mit seinem schönen Königreichssaal, den neun Schlafzimmern für Missionare, den Büros des Zweiges und der Versandabteilung zu vollenden. Welch beglückender Anlaß, als sich im Oktober 1969 165 Personen zum Einweihungsprogramm versammelten!

Unverzüglich folgte der zweite internationale Kongreß auf Taiwan, der im Hörsaal der Nationalen Kunstakademie in Taipeh stattfand. Obwohl der Kongreß ausschließlich in chinesischer Sprache abgehalten wurde, was von etwa 60 Prozent der Brüder vom ganzen Land nicht verstanden werden konnte, hatten nichtsdestoweniger 500 Brüder Busse gemietet und waren gekommen, nur um bei ihren Brüdern zu sein. Diejenigen, die die Sprache nicht verstanden, konnten bestimmt die Liebe und Einheit verstehen, die überall zutage traten. Später wurde ein Kongreß in Chih Shang in der Ami-Sprache abgehalten, und es wohnten ihm mehr als 1 400 Personen bei.

Wenn wir jetzt, im Jahre 1971, von dieser hohen Warte aus das Feld hier auf Taiwan überblicken, können wir sehen, daß es unter der Bevölkerung zwei verschiedene Gebiete der Tätigkeit gibt. Da sind einmal etwa eine halbe Million Stammesangehörige oder Eingeborene, die Ami inbegriffen. In diesem verstreuten, gebirgigen Gebiet wohnen ungefähr 950 Verkündiger. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß sie zwei Stunden zu Fuß gehen müssen, um eine Stunde predigen zu können. Das Problem des Analphabetentums hat sich bedeutend vermindert, doch gibt es immer noch viele Menschen, die liebevolle Unterweisung benötigen. Manchen Versammlungen fehlt es an der Führerschaft durch reife Brüder. Es gibt bestimmt wunderbare Möglichkeiten unter diesen demütigen Menschen, von denen viele Jehova unter schweren Behinderungen treu gedient haben.

Das andere Gebiet ist dasjenige der chinesischen Bevölkerung, das nahezu zwölf Millionen Taiwan-Chinesen umfaßt, außer anderen Millionen, die vom Festland hierhergezogen sind. Neun Millionen dieser Chinesen leben in einer Gegend, in der heute keine Zeugen Jehovas tätig sind, und dies schließt mindestens fünf Städte von mehr als je 200 000 Einwohnern ein. Im chinesischen Teil des Landes gibt es in dem einen Kreis 150 Verkündiger. Die Missionare sind der Stoßtrupp des Werkes unter den Chinesen gewesen. In der Tat, während der Jahre 1956 bis 1959 hat die Gesellschaft insgesamt 50 Missionare Taiwan zugeteilt. Von diesen mußten im Laufe der Jahre 39 den Missionardienst aufgeben, doch es ist günstig, daß einige dieser Ehepaare beschlossen haben, auf Taiwan zu bleiben und weiterhin etwas zur Förderung des Königreichswerkes beizutragen; und manche wurden ersetzt. Die beständige Sorge der Gesellschaft um das Wohl der hiesigen Brüder geht aus der Tatsache hervor, daß 8 Absolventen der fünfzigsten Gileadklasse und 6 Missionare von den Philippinen im Jahre 1971 dem Gebiet dieses Zweiges zugeteilt worden sind. Wie glücklich sind wir außerdem, daß für 9 weitere Absolventen der einundfünfzigsten Gileadklasse Visa erteilt worden sind, und diese haben New York gleich nach der Abschlußfeier am 7. September 1971 verlassen, um nach Taiwan zu reisen.

Durch die Bemühungen der Missionare, Pioniere und Versammlungsverkündiger unter den Chinesen werden ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. So haben sie, während Taiwan als Ganzes 1 150 Verkündiger berichtete, im ganzen Land 20 622 Bücher und Broschüren abgegeben, 3 546 neue Abonnements auf die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! aufgenommen und außerdem 103 069 einzelne Zeitschriften verbreitet. Was wöchentliche Bibelstudien betrifft, so führen sie 761 durch, und sie haben während des Jahres 1971 207 135 Stunden im Felddienst verbracht.

Es hat uns alle sehr glücklich gemacht, zu erfahren, daß bei der Gedächtnismahlfeier am 9. April 1971 3 068 Personen versammelt waren, von denen viele aus der volkreichsten aller Rassen stammen. Welch vortreffliche Möglichkeit einer weiteren Zunahme auf der „Schönen Insel“ in einem der entferntesten Teile der Erde!