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Tschechoslowakei

Tschechoslowakei

Tschechoslowakei

„DAS HERZ EUROPAS“ — so ist die Tschechoslowakei schon oft genannt worden. Und wenn man sich die Mühe machen wollte, geometrisch den Mittelpunkt Europas zu bestimmen, würde man ihn zweifellos irgendwo in diesen Binnenstaat legen.

Die Tschechoslowakei besteht aus drei historischen Landesteilen: im Westen Böhmen mit der Hauptstadt Prag, direkt östlich davon Mähren und noch weiter östlich die Slowakei. Der gesamte Staat hat in der Ost-West-Richtung eine Ausdehnung von 800 Kilometern, während die südliche und die nördliche Grenze durchschnittlich etwa 240 Kilometer auseinander liegen. Neben dem Tschechischen oder Böhmischen und dem Slowakischen gibt es weitere Sprachen, die von Minderheiten gesprochen werden, nämlich Deutsch, Polnisch und Ungarisch.

Wer die Tschechoslowakei besucht, wird eine wohltuende Abwechslung in der Landschaft vorfinden, wie die Tatra, die sich bis zu einer Höhe von 2 500 Metern erhebt, die reich bewaldeten Abhänge des Böhmerwaldes und die fruchtbaren Ebenen im Süden der Slowakei, wo Tabak und Wein angebaut wird. Er wird auch feststellen, daß dies ein Industrieland ist, in dem Kohle abgebaut und Stahl erzeugt wird und das berühmte tschechische Kristall und künstlicher Schmuck hergestellt werden.

In dieses Gebiet kamen irgendwann im sechsten Jahrhundert u. Z. aus dem Osten die Slawen, ließen sich nieder und bevölkerten sogar die westlichsten Teile Böhmens. Sie waren Bauern, züchteten Rinder und Schafe und sammelten wilden Honig. Sie verehrten den Sonnengott Swarog, den Donnergott Perun sowie Radegast und Swantewit, und sie glaubten an ein Weiterleben nach dem Tode.

Ein bemerkenswerter Wendepunkt im Leben der Siedler kam im Jahre 863 u. Z., als in Mähren zwei Männer, Konstantios und Methodios, aus dem fernen Saloniki eintrafen und das religiöse Gedankengut der Christenheit predigten. In der Slowakei war die erste katholische Kirche 833 u. Z. zufolge der Tätigkeit deutschsprachiger Bekehrer gebaut worden. Aber diese Neuankömmlinge bedienten sich einer slawischen Sprache, die das gewöhnliche Volk verstehen konnte. Bald nahm das gesamte Gebiet die Lehre der Christenheit an und wurde so ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Völkergemeinschaft.

Im fünfzehnten Jahrhundert forderte die Reformation, deren Wortführer in Böhmen Johannes Huß war, die Autorität der römisch-katholischen Kirche heraus. Als er auf Anstiften der rachsüchtigen Günstlinge Roms hin durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde, empörte dies, sogar in jenen barbarischen Zeiten, große Volksmengen. Die Reformation in der Tschechoslowakei wurde 1620 völlig zum Scheitern gebracht, und im gleichen Jahr verlor das Königreich der Tschechen seine Unabhängigkeit, indem es ein Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde. Die Bevölkerung wurde gewaltsam zum römisch-katholischen Glauben bekehrt. Das war wirklich ein „finsteres Mittelalter“.

ANFÄNGE DES PREDIGTWERKES

Im Jahre 1912 wurde im Osten des Landes der erste Same einer genauen Erkenntnis der Bibel gesät. Dort spricht eine beträchtliche Anzahl der Bewohner Ungarisch. Etwas früher hatte die Watch Tower Bible and Tract Society zwei ungarische Bibelforscher (später als Zeugen Jehovas bekannt), Jozef Kiss und Karol Szabó, aus den Vereinigten Staaten nach Erdel (Ungarn) gesandt, um das Königreich zu predigen. C. T. Russell, der damalige Präsident der Gesellschaft, beauftragte sie, dort Vorkehrungen zum Drucken ungarischer Schriften zu treffen.

Schließlich wurde Bruder Kiss aus Erdel ausgewiesen und kam dann nach Oborín, das in dem Gebiet der heutigen Tschechoslowakei liegt. Hier predigte er etwa acht Monate lang in einem ausgedehnten Gebiet. In Oborín und Ladmovce versammelten sich wöchentlich Gruppen interessierter Personen, um mit ihm die Bibel zu studieren, und zwar ohne die Hilfe anderer Veröffentlichungen. So nahm das Predigtwerk in diesem Land schon 1912 seinen Anfang.

Obwohl Bruder Kiss 1913 nach Ungarn zurückkehrte, blieb er brieflich mit den Interessierten in Oborín in Verbindung. Später wurden von Erdel aus vier Brüder gesandt, um den Predigtdienst in Oborín und in benachbarten Dörfern durchzuführen. Jedoch stießen sie auf heftigen Widerstand, so daß sie sich tagsüber versteckt halten mußten und nur abends mit den Interessierten zum Bibelstudium zusammenkommen konnten. Die Hauptgegner waren der römisch-katholische Priester und der Polizeirichter des Ortes, die danach trachteten, sie zu verhaften und sie des Landes verweisen zu lassen.

Die Brüder in Erdel hatten weiterhin großes Interesse am Gelingen des Königreichswerkes in Oborín. Im Jahre 1914 wurde Bruder Karol Szabó geschickt, der diesmal einen Vorrat an Literatur in ungarischer Sprache bei sich hatte. Das diente dazu, den Glauben der kleinen Gruppe zu stärken. Schließlich taufte er fünf Schwestern in der Ondava.

Diese kleine Herde schafähnlicher Personen in Oborín mußte den Angriffen religiöser Widersacher von Anfang an standhalten, so, wie es Jesus in Matthäus 24:9 über seine Nachfolger vorausgesagt hatte. Während einer Abendzusammenkunft, die Bruder Szabó leitete, drangen Gendarmen in den Raum ein. Die fünf getauften Schwestern und zwei Interessierte mußten vor dem Bezirksgericht in Michalovce erscheinen. Nachdem der Richter die Tatsachen untersucht hatte, fand er an der Tätigkeit der Bibelforscher nichts zu beanstanden und wies die Anklagen des Ortspriesters, der das ganze Verfahren angestiftet hatte, zurück. Überdies wurden die Vorgeladenen für den Verdienstausfall jenes Tages entschädigt. Das war ein höchst unerwarteter Sieg.

Der Priester nahm dann zu ungesetzlichen Methoden Zuflucht, um das Königreichswerk zu behindern. Er hetzte andere dazu auf, den christlichen Predigern Gewalt anzutun. Wenn er beobachtete, daß ein Fremder das Haus eines Bibelforschers betrat, stellte er einen Mann mit einer Mistgabel auf, der ein Entkommen verhindern sollte, und schickte einen zweiten Mann, der die Gendarmen herbeiholen sollte. Seine Bemühungen, die Leute in seiner Kirche zu halten, waren vergebens. Vielmehr öffnete dieses schlechte Verhalten weiteren Personen die Augen, und sie kamen, um sich in Gottes Versammlung der Freiheit von Furcht zu erfreuen.

Im Jahre 1914 erschien Der Wachtturm zum ersten Mal in Ungarisch; er wurde in Maros-Vásárhely und später in Kolozsvár (Ungarn) herausgegeben. Welch eine Wohltat dies doch für die kleine Gruppe in Oborín war!

Dann brach der Erste Weltkrieg genau zu der vorhergesagten Zeit, im Herbst des Jahres 1914, aus. Seit 1879 sprachen die Bibelforscher von den Katastrophen, die die Erde in jenem Jahr heimsuchen würden. Die kleine Gruppe in Oborín beteiligte sich an der Verkündigung dieser Warnung und benutzte dabei die Bibel, das Buch Der göttliche Plan der Zeitalter und den Wachtturm. Im Jahre 1915 kam Bruder Jakab, um das Gruppenstudium mit den Schwestern und Interessierten wiederaufzunehmen und weiteren Samen der Königreichswahrheit auszustreuen. Damals wurden fünf weitere Schwestern in der Ondava getauft. Außer Bruder Jakab kamen auch noch andere und besuchten und ermunterten kleine Studiengruppen an anderen Orten wie Sirnek, Hraň, Ladmovce und Malčice.

Als der Krieg zu Ende war, begannen die Soldaten heimzukehren. Einige waren froh, die Hoffnung, die die Bibel vermittelt, zu hören, nachdem sie die Schrecken und Ungerechtigkeiten des Krieges persönlich erlebt hatten. Jene Schwestern, die sich Jehova Gott hingegeben hatten, gebrauchten all ihr biblisches Wissen und ihre Erfahrung, um neue Studiengruppen in Gang zu setzen. Welche Freude war es doch für Bruder Jakab, als er 1921 kam, um eine weitere Taufe — diesmal in Hraň — durchzuführen, und fünfzehn Taufbewerber, die ihn erwarteten, vorfand, von denen fast die Hälfte Männer waren! Im Laufe der Zeit wurden gerade einige dieser Männer die Hauptunterstützer einer bedeutend erweiterten Predigttätigkeit. Ja, drei von ihnen nahmen ein Jahr später den Vollzeitpredigtdienst auf. Bruder Lantos, der sich damals taufen ließ, lebt noch und dient Jehova auch jetzt, im Jahre 1971, in Oborín.

In jener Zeit gelang es Bruder Kocis, der in der ungarischen Abteilung des Büros der Gesellschaft in Brooklyn diente, daß etwa 300 Kilogramm ungarische Literatur an die Brüder in Oborín versandt wurden. In dieser Lieferung im Jahre 1923 waren die Broschüren Kann man mit den Toten reden?, Millionen jetzt lebender Menschen werden nie sterben! und andere Veröffentlichungen enthalten. Die Lieferung war kostenlos; die Beiträge, die man für die Literatur erhalten würde, sollten zur Förderung des Werkes des Herrn verwandt werden. Nach Empfang dieser Sendung vom Hauptbüro der Gesellschaft wurde ein Literaturlager in Oborín eingerichtet.

In der nahe gelegenen Karpato-Ukraine oder Ruthenien ging der Same der Königreichswahrheit ebenfalls auf und gedieh. Es bildete sich eine Anzahl kleiner Gruppen — russische, ungarische und mindestens drei rumänische.

DIE SLOWAKISCHE BEVÖLKERUNG ERHÄLT ZEUGNIS

Wir haben gesehen, wie das Königreichswerk unter den ungarisch-sprachigen Bewohnern der Tschechoslowakei in Gang kam. 1922 kehrten dann mehrere Brüder aus Amerika in die Ostslowakei zurück, um sich des Predigtwerkes unter der slowakisch sprechenden Bevölkerung anzunehmen. Bruder Michal Šalata wurde vom Büro der Gesellschaft in Brooklyn hierhergesandt, um in diesem Dienst die Führung zu übernehmen. Er ließ sich 1923 in Sečovce nieder und arbeitete als Kolporteur. Später besuchte er auch den westlichen Teil der Slowakei und säte das Wort der Wahrheit in Krajné, Kuchyňa und anderen Orten aus.

DAS PREDIGEN IN BÖHMEN UND MÄHREN

Böhmen und Mähren nehmen ungefähr zwei Drittel des Gebietes der Tschechoslowakei ein und werden von etwa 70 Prozent der Gesamtbevölkerung bewohnt. Hier konnten im Ersten Weltkrieg frühe Spuren des Predigtwerkes entdeckt werden. Brüder aus Deutschland besuchten Freunde und Verwandte in den Grenzgebieten, wo die deutschsprachige Bevölkerung überwiegt, und sie sprachen dort über die Königreichsbotschaft und verbreiteten Schriften der Watch Tower Society. Im Jahre 1916 wurden schon regelmäßige Studienzusammenkünfte in Most (Brüx), nicht weit von der Nordwestgrenze Böhmens, durchgeführt. Unter denen, die damals im Mai 1916 getauft wurden, war Schwester Anna Riedler, die jetzt dreiundsiebzig Jahre alt ist und in Steinerkirchen (Österreich) lebt. Sie berichtet, daß schon 1907, in der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie, Bruder Erler immer nach Böhmen kam, wo er den vierten Band der Schriften Bruder Russells verbreitete und vor der nahenden Katastrophe des Jahres 1914 warnte.

Im Jahre 1923 wurden Bruder und Schwester Gleissner von Magdeburg als Vollzeitprediger ausgesandt, um sich besonders der Ausdehnung des Werkes unter der tschechisch sprechenden Bevölkerung anzunehmen. Ein Literaturlager, für das Bruder Gleissner verantwortlich war, wurde in Most eingerichtet. Von dort aus wurde tschechische und deutsche Literatur weit verbreitet.

Bezirks- und eintägige Kongresse wurden von 1923 an regelmäßig abgehalten. Ältere Brüder können sich noch an einige erinnern: Einer fand in der Wohnung von Bruder Petrik in Krasnovce statt, und etwa dreißig waren anwesend. Dann gab es 1924 einen in Sečovce, an dem fünfzig Personen slowakischer und ungarischer Nationalität freudig teilnahmen. Ein anderer Kongreß dieser Art wurde 1925 in Zahor abgehalten. Im gleichen Jahr fanden Kongresse in Garaň und Sečovce statt. Die Bewohner von Sečovce wurden eingeladen, sich den besonderen Vortrag „Trost für die Juden“, den Bruder M. Harbeck aus der Schweiz hielt, anzuhören. Ein weiterer Kongreß wurde im Mai 1926 in Velké Lúčky veranstaltet, der 150 Interessierte herbeilockte. Zwanzig Personen wurden hier getauft. Zweihundert Personen wohnten einem Kongreß bei, der 1927 in Užhorod (jetzt Sowjetunion) veranstaltet wurde. Auch an vielen anderen Orten, Prag und Brno (Brünn) nicht ausgenommen, fanden Kongresse statt.

DAS WERK WIRD ORGANISIERT

Obwohl Kongresse stattfanden, Studiengruppen geleitet wurden und viel Literatur verbreitet wurde, war alles bis zum Jahre 1927 wenig organisiert. Die Brüder in den verschiedenen Teilen des Landes arbeiteten ziemlich unabhängig voneinander. Man sammelte keine Felddienstberichte ein und führte keine Aufzeichnungen. Aber 1927 wurden die Gruppen reorganisiert. Die Verkündiger begannen, systematisch von Haus zu Haus zu arbeiten. Die Literatur erhielten sie aus dem Lager, das von Oborín nach Užhorod in die Pincesorskastraße verlegt worden war. Im gleichen Jahr kaufte die Gesellschaft ein Haus in Brno-Julianov, und das Lager in Most (Böhmen), für das Bruder Gleissner weiterhin verantwortlich blieb, wurde dorthin verlegt.

Zu einer Verbesserung in der Organisation des Werkes kam es 1928, als J. F. Rutherford, der damalige Präsident der Gesellschaft, veranlaßte, daß das Werk in der Tschechoslowakei vom deutschen Zweigbüro in Magdeburg aus beaufsichtigt wurde. Pionieren oder Vollzeitpredigern und Gruppen wurde bestimmtes Gebiet zugeteilt, das einmal in sechs Monaten durchgearbeitet werden konnte. Es gab im ganzen sechs Pioniere und 25 kleine Gruppen mit insgesamt etwa 106 Verkündigern. Im Jahre 1928 wurden 64 484 Bücher und Broschüren und ungefähr 25 000 Zeitschriften verbreitet.

Anläßlich eines Kongresses in Prag im Jahre 1930 wurden zwei Körperschaften gegründet, um die gesetzlichen Verpflichtungen in Verbindung mit dem Königreichs-Predigtwerk zu übernehmen. Beide Körperschaften, die Watch Tower Bible and Tract Society und die International Bible Students Association, tschechoslowakischer Zweig, hatten ihren Hauptsitz in Prag. Bruder Balzereit, der deutsche Zweigdiener, und Bruder Karel Kopetzky aus Prag waren Beamte in beiden Körperschaften. Gleichzeitig wurden drei Zweigstellen der International Bible Students Association gegründet, die die Verantwortung für das Königreichswerk gemäß der örtlichen Gliederung des Landes übernehmen sollten: eine für Mähren und Schlesien mit dem Büro in Brno, eine in der Slowakei mit dem Büro in Košice (Kaschau) und eine für die Karpato-Ukraine (Ruthenien).

WACHSTUM IN DEN FRÜHEN DREISSIGER JAHREN

In voller Harmonie mit ihren Brüdern in anderen Ländern nahmen die Brüder in der Tschechoslowakei freudig den neuen Namen „Jehovas Zeugen“ und die mit diesem Namen verbundenen Pflichten an. Im August 1931 wurde diese Angelegenheit auf einem Kongreß in Berehov (jetzt Sowjetunion) mit 300 Anwesenden und im folgenden Jahr auf einem Kongreß, den 100 Personen in Pozdišovce besuchten, hervorgehoben.

Ein Höhepunkt kam 1932, als ein internationaler Kongreß in Prag veranstaltet wurde, für den das Varietétheater in Karlín benutzt wurde. Das Thema des öffentlichen Vortrages, „Europa vor der Vernichtung“, erregte die Aufmerksamkeit der Menschen, und etwa 1 500 Personen wohnten dem Kongreß bei. 6 174 gebundene Bücher und 15 597 Broschüren wurden in die Hände der Einwohner Prags gelegt.

Unterdessen nahm die Zahl der Pioniere ständig zu. Von 32 im Jahre 1931 stieg sie 1932 auf 84 an, von denen 34 aus Deutschland waren. Aber die Geistlichkeit nutzte es aus, daß sie Ausländer waren, erhob falsche Anklagen und erreichte so, daß einige unserer Brüder verhaftet und des Landes verwiesen wurden.

Das Photo-Drama der Schöpfung erwies sich als eine wunderbare Hilfe beim Predigen der guten Botschaft. Es war hier zuerst 1927 und 1928 aufgeführt worden, als es großen Menschenmengen in Prag, Brno und anderen Bezirksstädten wie Most und Chomutov (Komotau) gezeigt wurde. Aber jetzt, in den Jahren 1931 bis 1935, erfüllte es wahrhaft seinen Zweck. Es erforderte Zeit, seine Botschaft in die Hauptsprachen dieses Landes zu übersetzen, aber schon 1934 wurde das Drama im ganzen Land, in allen größeren Städten, vorgeführt.

Die Begeisterung der Brüder, die sich an der Verteilung der Einladungszettel und dem Organisieren der Veranstaltungen beteiligten oder sonstwie mithalfen, war erstaunlich. Hier folgen einige noch vorhandene Aufzeichnungen über die Tätigkeit in Verbindung mit dem Photo-Drama:

Die Zeitschrift Das Goldene Zeitalter (jetzt Erwachet!) war ein weiteres wirksames Mittel, um der Öffentlichkeit ein größeres Zeugnis zu geben. Im Jahre 1932 wurde sie erstmalig in Tschechisch veröffentlicht, und in jenem Jahr wurden 71 200 Exemplare in die Hände der Menschen gelegt.

DIE GRÜNDUNG EINES ZWEIGBÜROS

Der größte Teil unserer zur Verbreitung bestimmten Literatur wurde damals in Magdeburg gedruckt, und der dortige Zweig überwachte weiterhin das Werk in der ganzen Tschechoslowakei. Aber 1933 riß Hitler in Deutschland die Macht an sich, und bald kam es zu einer schweren Verfolgung und zur Beschlagnahmung der Druckerei des Zweiges. Daher wurde es nötig, in Prag ein Zweigbüro zu eröffnen. Bruder Edgar Merk aus Magdeburg wurde zum Zweigdiener ernannt, und Bruder Karel Kopetzky diente als Betheldiener. Das neue Zweigbüro erwies sich für die Pioniere und Gruppen im ganzen Land als ein Segen. Auch kamen viele Pioniere, die wegen der sich verschlimmernden Verhältnisse nicht mehr in Deutschland bleiben konnten, zu uns, um uns zu helfen.

Im Jahre 1934 traten in der Tschechoslowakei verschärfte Bestimmungen in Kraft, und die meisten Brüder mit einer anderen Staatsangehörigkeit waren gezwungen, das Land zu verlassen. Seitdem wird das Werk hauptsächlich von Einheimischen durchgeführt. Das ganze Land wurde in 124 Gebiete eingeteilt und Versammlungen oder Pionieren zugeteilt. In jenem Jahr erhielten 110 dieser Gebiete ganz oder teilweise Zeugnis, manche davon zweimal im Verlauf des Jahres.

Im Frühling des Jahres 1934 zog die Gesellschaft in größere Räumlichkeiten in der Tylova ul. 16 in Smíchov, Prag, um. Aus Magdeburg erhielten wir eine Anzahl Druckmaschinen, so daß wir während der folgenden Jahre unsere eigenen Flugblätter, die monatlichen Ausgaben der Zeitschriften Der Wachtturm und Das Goldene Zeitalter in tschechischer und ungarischer Sprache sowie Broschüren in Tschechisch, Slowakisch, Deutsch, Ungarisch, Polnisch und Rumänisch drucken konnten.

Das Wachstum des Königreichswerkes in dieser Zeit wird durch die folgenden Zahlen, die die Ergebnisse der internationalen Dienstperioden darstellen, gezeigt:

Wie zu erwarten war, erweckte die Ausdehnung der Königreichstätigkeit Opposition und einen erbitterten Widerstand seitens der Geistlichkeit gegenüber der Verbreitung der biblischen Wahrheit. Das Jahrbuch 1935 berichtet, was folgte:

„Zu Beginn des Berichtsjahres begann in diesem Lande eine große Verfolgung der Zeugen Jehovas. ... Das Büro der Gesellschaft wurde unter der Anklage von Spionage durchsucht und eine größere Anzahl Pioniere wurden verhaftet. Alle auf Anstiften der Geistlichkeit gegen die Gesellschaft erhobenen Anklagen erwiesen sich als falsch, und nachdem sich die Regierung davon überzeugt hatte, hörte die Verfolgung in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres auf. So kann die Arbeit jetzt ohne große Schwierigkeiten vonstatten gehn. Die Pioniere mußten allerdings überall im Lande gegen Widerstand und Verfolgung der Geistlichkeit ankämpfen. ... Zu Beginn des Berichtsjahres waren 281 Prozesse gegen Jehovas Zeugen um ihres Werkes willen hängig. Während des Jahres entstanden 109 neue Gerichtsfälle, während 182 erledigt wurden, so daß am Ende des Berichtsjahres noch 208 hängig waren. In 142 der erledigten Fälle wurden die Angeklagten freigesprochen.“

UNTER DEM ZENTRALEUROPÄISCHEN BÜRO

Im Frühjahr 1936 beschloß Bruder Rutherford, das Zweigbüro in Prag der Aufsicht des Zentraleuropäischen Büros der Gesellschaft in Bern (Schweiz), dem Bruder M. Harbeck vorstand, zu unterstellen. Hierzu kam es wegen beständiger Zwietracht unter gewissen verantwortlichen Brüdern. Ein neuer Zweigdiener wurde ernannt, Bruder Heinrich Dwenger, der früher im Magdeburger Zweigbüro gedient hatte und seit 1933 als reisender Vertreter der Gesellschaft in anderen Ländern diente.

Unterdessen hatte die Gesellschaft Vorbereitungen für einen internationalen Kongreß in Luzern (Schweiz) getroffen, der im August jenes Jahres, des Jahres 1936, stattfinden sollte. Neunzig Personen aus der Tschechoslowakei erfreuten sich dieses wunderbaren Ereignisses. Jedoch tat der römisch-katholische Bischof von Luzern sein Bestes, um zu verhindern, daß die Öffentlichkeit den Vortrag Bruder Rutherfords über „Harmagedon“ hörte. Dessenungeachtet und trotz der Tatsache, daß die Polizei das Kongreßgelände umstellte, um denen, die kein Kongreßabzeichen vorweisen konnten, den Zutritt zu verwehren, hielt Bruder Rutherford seinen zeitgemäßen Vortrag.

Ein Jahr später wurde vom 28. bis zum 30. August ein weiterer internationaler Kongreß veranstaltet, diesmal in Prag. Im Hauptsaal wurde das Programm in Tschechisch und Deutsch abgehalten, während es die ungarischen und polnischen Brüder in zwei anderen Sälen in ihrer Sprache hören konnten. Die Hauptdarbietung war der öffentliche Vortrag „Intoleranz“, den Bruder M. Harbeck in Englisch hielt und den Bruder Bahner ins Tschechische übersetzte. Unter den Zuhörern befanden sich Delegierte aus Österreich, Polen, Dänemark und der Schweiz; insgesamt waren es mehr als 1 500. Zum erstenmal in der Geschichte des Landes wurden im Radio auf Kurzwelle die Ansprachen der Vertreter der Gesellschaft, einschließlich des von Bruder W. Dey aus dem dänischen Zweigbüro in Englisch gehaltenen Vortrages, gesendet.

Das Königreichswerk gedieh nun wirklich, trotz der Probleme, die für die Brüder in Verbindung mit dem Militärdienst entstanden. Vierzehn Brüder und Schwestern dienten im Zweigbüro und in der Druckerei, aber der Raum war sehr beschränkt, so daß die Gesellschaft ein anderes Haus in Prag-Vysočany, Podvinní 89 mietete, und der ganze Betrieb des Zweiges wurde dorthin verlegt. Die Predigttätigkeit durchdrang das ganze Land; sie erreichte große Städte und Dörfer, ja selbst entlegene Häuser in den Bergen. Das Jahrbuch 1938 hatte über die erfolgreiche Verbreitung der guten Botschaft folgendes zu berichten: „In dem ungarischen Dorf Serné mit ca. 2 000 Einwohnern gibt es etwa 50 Zeugen, und ihr Einfluß in diesem Dorfe geht so weit, daß die Leute die Kirche nicht mehr besuchen. Der Geistliche verließ dann das Dorf, weil er nichts mehr ausrichten konnte. Der Bürgermeister weigerte sich, dafür einen anderen Geistlichen kommen zu lassen, weil er selber die Kirche nicht besuchte, und er sagte, wenn er etwas über die Bibel wissen wolle, so würde er zu den Zeugen Jehovas gehen.“

UNTER DEM DRUCK DER NATIONALSOZIALISTEN

Aber es ballten sich Wolken herannahender Schwierigkeiten zusammen. Deutschland war aus dem Völkerbund ausgetreten und wurde völlig militarisiert. Für den größten Teil der deutschen Bewohner der tschechischen und mährischen Grenzgebiete war der Nationalsozialismus anziehend. Die meisten waren römisch-katholisch, und ihre Kirche war den Nationalsozialisten kein Hindernis. In diesem Gebiet mußten die Brüder dem scharfen Widerstand und dem politischen Einfluß der Partei Henleins, die dem nationalsozialistischen Deutschland als Sprachrohr diente, begegnen.

Nur die tschechischen Gebiete boten den Zeugen ein Tätigkeitsfeld. Die Tschechen ließen sich nicht übermäßig von der römisch-katholischen Propaganda beeinflussen. Sie fühlten sich freier, die Königreichsbotschaft selbst zu lesen und zu prüfen. So verging der erste Teil des Jahres 1938. Dann stellte Hitler im Sommer seine Gebietsforderungen gegenüber der Tschechoslowakei. Die schnelle Folge politischer Ereignisse brachte große Schwierigkeiten mit sich. Schon im August jenes Jahres wurden alle Zusammenkünfte verboten, so daß sich die Brüder in kleineren Gruppen zu Studien und Predigtdienst-Zusammenkünften versammelten.

Bald danach besetzten Hitlers Streitkräfte mit Billigung der römisch-katholischen Kirche die Grenzgebiete Böhmens und Mährens. Die Häuser der Zeugen Jehovas wurden streng bewacht, viele Brüder wurden geschlagen und in Gefängnissen festgehalten, und einige, selbst alte Personen nicht ausgenommen, wurden in deutsche Konzentrationslager geschickt. Das Königreichswerk in dieser Gegend war vollständig lahmgelegt worden.

BESATZUNG UND KRIEG

In der ersten Hälfte des Dienstjahres 1939 berichtete nur noch eine kleine Zahl Verkündiger dem Zweigbüro in Prag, und zwar die, die außerhalb des deutschen Einflußbereiches lebten. Aber sie setzten ihren Dienst loyal fort.

Hitler verlor keine Zeit, seine Expansionspläne zu verwirklichen. Am 15. März 1939 überschritten seine Armeen die Grenze und marschierten nach Prag. Ganz Böhmen und Mähren, nicht nur die von Deutschen besiedelten Gebiete, wurden zum Protektorat des Deutschen Reiches erklärt. Inzwischen besetzte Ungarn einen großen Teil der Slowakei, und der Rest wurde ein unabhängiger Staat unter dem römisch-katholischen Prälaten Tiso. Sofort wurde das Zweigbüro der Gesellschaft angewiesen, alle Druckmaschinen abzubauen und aus dem Land zu schaffen. Innerhalb von zwei Wochen waren alle Maschinen zur Ausfuhr nach den Niederlanden bereit, und in den Tagen danach folgte die ganze Setzereiausrüstung. Die tschechischen Behörden erteilten die Genehmigung für die Ausfuhr und verzichteten auf sämtliche Formalitäten.

Am 30. März suchten Gestapobeamte das Prager Büro zum erstenmal auf und beschlagnahmten eine kleine Menge deutscher Schriften und Bibeln. Ein Bruder, der schon früher in Deutschland verhaftet worden war, wurde bei dieser Gelegenheit wieder verhaftet. Da Brüder tschechischer Nationalität noch nicht belästigt wurden, konnten drei Brüder, František Kapinus, Bohumil Müller und Vojtech Matejka, bleiben und im Zweigbüro alles regeln.

Bruder Müller erinnert sich an einige Erfahrungen aus jenem Frühjahr: „Damals wußte die Gestapo nur von Bruder Kapinus. Anfang April meinte Bruder Kapinus, es sei am besten, wenn sie mich überhaupt nicht sähe. Er empfahl, den Haupteingang zum Bethel stets abgeschlossen zu halten, damit die Gestapo, wenn sie käme, läuten müßte. Bruder Kapinus wollte sich dann im ersten Stock aus dem Fenster lehnen und mir, wenn nötig, ein Warnzeichen geben, damit ich über den Hof des Bethels laufen und mich in einem großen Garten, der an unser Grundstück grenzte, verstecken konnte. Wenn die Gestapo kam, was sie danach oft tat, hielt ich mich also immer im Gebüsch versteckt. Bezüglich der vorhandenen tschechischen Literatur hatte die Gestapo bei ihrem ersten Besuch bemerkt: ,Ihr könnt den Tschechen geben, was immer ihr wollt.‘ Als sie jedoch im April kam und keine einzige Broschüre mehr vorfand, war sie überrascht und ärgerlich. Der ganze Vorrat war zur Lagerung in die leerstehende Wohnung einer älteren Schwester gebracht worden, aber bald war alles auf die Wohnungen der Verkündiger in der ganzen Stadt verteilt.“

Im Mai 1939 beschlossen die drei Brüder, das Zweigbüro zu verlassen und unterzutauchen. Bruder Müller sollte weiter in Prag bleiben, um alles zu reorganisieren, Bruder Kapinus sollte in seine Heimatstadt, nach Mähren, gehen und Übersetzungsarbeiten etwas Zeit widmen, und Bruder Matejka sollte in die Slowakei zurück, zu der man bereits nur schwer Verbindung bekommen konnte. Bald zeigte es sich, daß diese Entscheidung vernünftig war, denn in den Jahren 1940 bis 1945 waren die Brüder in Böhmen und Mähren Gegenstand bitterer Verfolgung seitens der Gestapo, und einige mußten sogar um ihres Glaubens willen den Tod erleiden. Nachdem das Werk in der Slowakei die anfänglichen Schwierigkeiten überstanden hatte, ging es ruhig, wenn auch im verborgenen, voran. Bruder Kapinus wurde schließlich 1940 und Bruder Müller 1941 verhaftet, und beide litten vor Kriegsende in mehreren nationalsozialistischen Gefängnissen und Konzentrationslagern. Vom Jahre 1943 an mehrten sich die Verhaftungen, und bald war die Hälfte der Zeugen Jehovas in Böhmen und Mähren im Gefängnis eingesperrt.

Diejenigen, die noch frei waren, ließen trotz des Mangels an Literatur nicht nach, Zeugnis für Jehova und sein Königreich abzulegen. Mit der Bibel in der Hand gingen sie zu den Menschen, um sie über Gottes Willen zu belehren. Einige Personen lernten Jehova und seinen Weg der Rettung selbst unter diesen kritischen Umständen kennen. Andere lernten die Wahrheit über Gottes Wort in den Konzentrationslagern kennen, und nach dem Krieg kehrten sie völlig verändert nach Hause zurück. Sie waren als politische Gefangene von zu Hause weggegangen und kamen als Zeugen des höchsten Gottes zurück. Diejenigen Treuen, die die Schrecknisse der nationalsozialistischen Lager überlebten, kehrten — körperlich vielleicht geschwächt, aber durch die erduldeten Prüfungen gestärkt — zurück. Der Feind hatte ihren Glauben an Gott und ihre Loyalität ihm gegenüber nicht zerstören können.

WIEDERAUFBAU NACH DEM KRIEG

Nach der Kapitulation der nationalsozialistischen Armeen im Mai 1945 kamen die Überlebenden aus den Konzentrationslagern allmählich nach Hause zurück. Für viele gab es ein freudiges Willkommen, als sie wieder anfingen, mit ihren Versammlungen und Studiengruppen zusammenzukommen. Aber es gab auch Herzeleid. Häuser waren zerstört, liebe Angehörige waren nicht mehr. In einigen Fällen warteten die Familien immer noch auf die Rückkehr eines Familiengliedes. Vielleicht hatte man sie benachrichtigt, daß der Betreffende umgekommen war, aber sie hofften immer noch verzweifelt.

Das erste Stadium des theokratischen Wiederaufbaus bestand darin, alle Versammlungen und alleinstehenden Verkündigergruppen und Verkündiger aufzufinden und sie mit dem Zweigbüro, das seine Tätigkeit wiederaufgenommen hatte, in Verbindung zu bringen. Das war keine leichte Aufgabe, denn viele Adressen waren jetzt wertlos; Personen waren gestorben oder umgezogen, oder die Häuser waren zerstört. Erfolgreicher war die Arbeit in dem Gebiet des früheren slowakischen Staates, wo es keine solche bittere Verfolgung gegeben hatte und wo die Organisation selbst während des Krieges bestehengeblieben und gewachsen war. Dann gab es viele Brüder und Schwestern unter der deutschsprachigen Bevölkerung Böhmens und Mährens, die viel Verfolgung erlitten hatten und die, obwohl sie niemals irgendein Vergehen gegen die Tschechoslowakische Sozialistische Republik begangen hatten, gezwungen wurden, ihre Wohnung zu verlassen und mit der übrigen deutschsprachigen Bevölkerung nach Deutschland auszuwandern.

Aufgrund der Tatsache, daß die Kriegsverhältnisse den größten Teil der Kommunikations- und Transportwege unterbrochen hatten, war es zunächst sehr schwierig, sich mit anderen Zweigen der Gesellschaft oder dem Büro in Brooklyn in Verbindung zu setzen. Aber sobald der Kontakt wiederaufgenommen worden war, wurde Bruder Bohumil Müller zum Zweigdiener ernannt. Das war im Herbst 1945. Jedoch hatten unsere gesetzlichen Körperschaften das Innenministerium schon von der Wiederaufnahme der Tätigkeit in Kenntnis gesetzt. Das Ministerium hatte diese Mitteilung bestätigt. Man unternahm auch Schritte, um die Zweigstelle der International Bible Students Association in Bratislava (Preßburg, Slowakei) wiedereinzurichten.

Die Wohnungsnot in Prag machte es eine Zeitlang fast unmöglich, einen geeigneten Sitz für das Zweigbüro zu bekommen. Aber Anfang 1946 wurden schließlich zweieinhalb Zimmer für das Büro gemietet, und in der Mladoňovicovastraße in Žižkov wurde ein Verkaufsraum gemietet und in ein Literaturlager umgewandelt. Am Ende des Jahres waren wir in der glücklichen Lage, in Suchdol, nahe bei Prag, ein ziemlich neues dreistöckiges Haus zu kaufen und dorthin zu ziehen.

Trotz der Nachkriegsprobleme, einschließlich der Rationierung von Papier und der Überwachung durch das Nachrichtenministerium, war es uns möglich, große Mengen Broschüren sowie den Wachtturm in tschechischer Sprache, Traktate, Einladungszettel für unseren Feldzug in Verbindung mit den Zusammenkünften für die Öffentlichkeit und andere Drucksachen herzustellen. Wir erhielten auch Geschenksendungen an Literatur aus Brooklyn; allein eine Lieferung machte eine ganze Waggonladung aus.

Etwas, was den Brüdern und Schwestern in der Tschechoslowakei zu Herzen ging, war die materielle Hilfe, die ihren die Brüder aus den Vereinigten Staaten und Kanada zukommen ließen. Zwei große Sendungen mit Kleidung und Schuhwerk und eine große Sendung Lebensmittel wurden an die Bedürftigen unter den Pionieren und in unseren Versammlungen verteilt. Während der Wiederaufbauzeit waren diese wunderbaren Gaben unschätzbar und kamen gerade zur rechten Zeit.

Im Jahre 1946 waren jeden Monat durchschnittlich 974 Verkündiger tätig, und die Höchstzahl belief sich sogar auf 1 209. Es gab 159 meist recht kleine Versammlungen. Eine Anzahl Brüder wurden für mehrere Monate zur Schulung ins Bethel geholt und dann ausgesandt, um die Versammlungen zu besuchen und sie zu stärken. Das blühende Werk des Volkes Jehovas war denen, die gegen Gott und gegen die Gerechtigkeit waren, wohlbekannt. Nicht Atheisten, sondern Führer in der römisch-katholischen und in der protestantischen Kirche waren es, die die Ausbreitung der biblischen Wahrheit haßten. Sie unternahmen Versuche, die Zeugen durch voreingenommene Erklärungen in der Presse in ein schlechtes Licht zu rücken. In den katholischen Gebieten der Slowakei ging die Geistlichkeit noch weiter. Ihre Lieblingsmethode bestand darin, fanatische Gemeindeglieder aufzuhetzen und sie zu gebrauchen, um gewaltsam ihren Haß an Jehovas Volk auszulassen.

In einer Gemeinde in der Ostslowakei predigten ein paar Zeugen fleißig von Haus zu Haus das Königreich. Als der griechisch-katholische Priester davon erfuhr, wurde er sehr ärgerlich und hetzte Männer und Frauen auf die friedlichen Prediger. Damit nicht zufrieden, ging er zur Schule des Ortes und forderte den Lehrer auf, etwa 300 Schulkinder loszuschicken, um die Zeugen mit Steinen zu bewerfen. Die Verkündiger wurden zur Polizeiwache gebracht und vernommen. Doch die Polizei behandelte sie freundlich, nahm Literatur entgegen, schüttelte ihnen die Hände und ließ sie gehen. Aber der Pöbel, nun noch mehr in Wut geraten, jagte sie mit Stöcken und Steinen aus dem Dorf.

In Klenová, auch in der Ostslowakei gelegen, hetzte ein Priester die Bevölkerung gegen die Zeugen auf. Der Pöbelhaufen mißhandelte die Zeugen, bis sie von einer Grenzpatrouille gerettet wurden. Wie heuchlerisch doch diese Geistlichen waren! In den Kriegsjahren versuchten sie, die nationalsozialistischen Machthaber davon zu überzeugen, daß die Zeugen Kommunisten seien, und nun beschuldigten sie dieselben Zeugen des Widerstandes gegen das kommunistische Regime und gegen die Freiheit der Republik!

Es gab hier viele Beweise für Jehovas liebende Fürsorge seinem Volk gegenüber während jener Zeit von 1945 bis 1948. Die Theokratische Predigtdienstschule war eine wunderbare Vorkehrung zur Verbesserung unseres Predigtdienstes und zur Schulung von Vortragsrednern. Es wurde ein lebhafter Feldzug mit Zusammenkünften für die Öffentlichkeit durchgeführt, der so groß war, daß während jener drei Jahre 1 885 öffentliche Vorträge gehalten wurden. Immer mehr Pioniere und Sonderpioniere waren im Felddienst tätig. Es fanden auch große Kongresse statt. Ungefähr 1 400 Personen nahmen an dem Kongreß teil, der 1946 in Brno abgehalten wurde. Fast 1 700 Personen hörten den öffentlichen Vortrag „Der Fürst des Friedens“, und 131 neue Verkündiger symbolisierten ihre Hingabe an Gott.

Dann kamen 1947 die Brüder Knorr und Henschel vom Hauptbüro Brooklyn, um an einem anderen eindrucksvollen Kongreß in Brno teilzunehmen. Diesmal hörten etwa 2 300 Personen aufmerksam und mit Wertschätzung den Hauptvortrag von Bruder Knorr „Freude für alles Volk“. Jetzt waren es 173 Taufbewerber. Das waren bestimmt drei unvergeßliche Tage glücklicher Gemeinschaft.

Unser bester Kongreß fand jedoch vom 10. bis 12. September 1948 in der schönen Lucerna-Halle in Prag statt. Zweifellos war das ganze Programm darauf abgestimmt, die Brüder auf bevorstehende Prüfungen vorzubereiten. Höhepunkt war der öffentliche Vortrag mit dem Thema „Die Königreichshoffnung der ganzen Menschheit“, den Bruder Müller hielt und dem 2 862 Personen aufmerksam zuhörten. Weitere Besonderheiten des Kongresses waren die Taufe von 254 neuen Brüdern und Schwestern und die Verlesung einer Resolution, die einstimmig von allen 2 135 Anwesenden angenommen wurde und die unsere Entschlossenheit zum Ausdruck brachte, unserem Auftrag als Zeugen Jehovas weiterhin treu zu bleiben, sei es in günstiger Zeit, sei es in unruhvoller Zeit.

Schon elf Wochen später mußten viele Glieder des Volkes Jehovas in der ganzen Tschechoslowakei die Festigkeit dieses in ihrer Resolution ausgedrückten Entschlusses beweisen.

WIEDER IM UNTERGRUND

Am Montagmorgen, den 29. November 1948 kam die Geheimpolizei in das Zweigbüro und Bethelheim sowie in die Wohnung vieler Versammlungsaufseher und anderer Diener im ganzen Land. Das Zweigbüro wurde geschlossen, und in den Versammlungen wurde viel Literatur beschlagnahmt. Drei Tage später wurden alle zehn Glieder der Bethelfamilie und drei Diener der Versammlung Prag verhaftet. Nach zwei Wochen Verhör wurden sie dem staatlichen Gerichtshof in Prag zur weiteren Untersuchung übergeben. Im April erhielt Bruder Kapinus die Mitteilung über das Verbot der Tätigkeit und über die Beschlagnahme sämtlichen Eigentums der Gesellschaft. Da er sich jedoch schon in Pankrác im Gefängnis befand, konnte er wenig tun.

Als im Juli 1949 die Tätigkeit der Gesellschaft und ihrer Beamten völlig untersucht worden war und nichts Beanstandenswertes gefunden wurde, wurde das Verfahren gegen sie aus Mangel an Beweisen eingestellt. Jedoch wurde niemand von den eingesperrten Brüdern und Schwestern freigelassen. Statt dessen kamen sie am 22. Juli in verschiedene Zwangsarbeitslager; die Brüder mußten in Kohlenbergwerken und Steinbrüchen und die Schwestern in der Landwirtschaft arbeiten. Erst viel später benachrichtigte man sie von ihrer Verurteilung zu zwei Jahren Zwangsarbeit.

Die Brüder, die in Freiheit waren, setzten das Predigtwerk heimlich fort. Der Wachtturm und der Informator wurden wieder in Tschechisch, Slowakisch, Deutsch und Ungarisch vervielfältigt. Der Kreisdienst wurde geändert, so daß er nicht während der ganzen Woche durchgeführt zu werden brauchte, denn sonst wären die Brüder ständig in Gefahr gewesen, verhaftet zu werden. Kleine private Zusammenkünfte zum Studium des Wachtturms wurden in den Wohnungen der Brüder abgehalten.

Anfang 1950 wurden die Brüder aus den Zwangsarbeitslagern ganz abweichend von den Urteilen und entgegen allen Erwartungen nach und nach freigelassen. Da es kein Bethelheim gab, in das sie hätten zurückkehren können, schlossen sie sich der Untergrundtätigkeit an, ermutigten ihre Mitverkündiger und halfen, wo immer es in der Organisation nötig war. Die Auswirkung ihrer Haft war zunächst ungünstig, so daß die Zahl der Verkündiger im Dienstjahr 1949 um etwa 17 Prozent sank. Aber die folgenden Jahre wurden von Jehova reich gesegnet, und so wurde die Abnahme des Jahres 1949 wieder ausgeglichen. Im Jahre 1950 war in der Königreichstätigkeit eine Zunahme von 86 Prozent zu verzeichnen, und 1951 folgte eine 38prozentige Zunahme.

Katholische und nichtkatholische religiöse Eiferer versuchten weiterhin angestrengt, weitere harte Maßnahmen gegen die Zeugen zu veranlassen. Religiöse Würdenträger beschuldigten Jehovas Volk in Briefen und persönlichen Interviews der umstürzlerischen Tätigkeit und verleumdeten Gottes Diener in ihren Zeitschriften. Der in der Tatra erscheinende Evangelische Bote unterstützte den Angriff auf die Zeugen durch eine Serie beleidigender und verleumderischer Artikel. Die Synode der lutherischen Kirche in der Slowakei empfahl, daß alle ihre Geistlichen im Verlauf mehrerer Wochen bei jeder Gelegenheit von den Kanzeln aus gegen die Zeugen sprechen sollten. „Babylon die Große“, berüchtigt, wie sie gemäß der Bibel ist, kämpfte bestimmt hart, um ihre Stellung zu halten.

Am 4. Februar 1952 wurden der Zweigdiener und andere Brüder wieder verhaftet, und ihre Wohnungen wurden durchsucht. Während der folgenden Monate wurden 104 Brüder und fünf Schwestern verhaftet und vom Staatssicherheitsdienst viele Monate lang festgehalten. Nach dreizehn Monaten Haft wurden einige verantwortliche Diener der Organisation in Prag endlich vor Gericht gestellt. Die Verhandlungen dauerten drei Tage, und dann, am 31. März 1953, wurde das Urteil gefällt: Der Zweigdiener wurde zu achtzehn und andere Diener wurden zu zehn bis fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt, verbunden mit der Beschlagnahme ihres Eigentums und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte.

Natürlich mußten dann weniger erfahrene Männer das Werk fortsetzen. Sie taten ihr Bestes, um die Königreichsinteressen zu fördern, und es besteht kein Zweifel, daß Jehova ihre ernsthaften Bemühungen unterstützte. Zwar ließ 1952 und 1953 die Königreichstätigkeit im Lande stark nach, aber die 23prozentige Abnahme des Jahres 1953 wurde 1954 durch eine 23prozentige Zunahme wieder ausgeglichen. Bruder Konstantin Paukert wurde 1952 die Verantwortung für das Werk übertragen, und als er 1954 verhaftet wurde, wurde er von Vladimir Matejka abgelöst. Ende 1957 wurde ein Komitee organisiert, das die Gesamtverantwortung für das Königreichswerk im Lande tragen sollte.

Die Verhältnisse besserten sich beträchtlich im Jahre 1960, als eine Generalamnestie den meisten Brüdern, die im Gefängnis waren, die Freiheit brachte. Von da an ist die Polizei hier und da gegen einzelne Verkündiger vorgegangen, aber obwohl das Verbot immer noch in Kraft ist, haben wir bis zu diesem Jahr, dem Jahr 1971, keine ernsthaften Schwierigkeiten gehabt. Natürlich müssen die Brüder stets an den guten Rat Christi Jesu, unseres Führers, denken, der sagte: „Erweist euch vorsichtig wie Schlangen und doch unschuldig wie Tauben.“ (Matth. 10:16) Dadurch, daß die Arbeit der Gesellschaft für ungesetzlich erklärt wurde, ist die Verkündigung der guten Botschaft nicht aufgehalten worden.

Während der vergangenen zehn Jahre war es möglich, den Versammlungen zum Wachstum und den einzelnen Verkündigern zur Reife zu verhelfen. Es wurden Anstrengungen unternommen, den Predigtdienst durch wirkungsvollere Heimbibelstudien zu verbessern. Immer mehr Interessierte erlangten ein besseres Verständnis des Vorhabens und der Grundsätze Jehovas. Seit dem Frühjahr 1961 hilft die Königreichsdienstschule den Aufsehern, ihre Pflichten noch genauer zu erkennen und sie treu und mit christlicher Milde zu erfüllen. Insgesamt erhielten bis jetzt etwa 574 Diener die Schulung, einige von ihnen vier Wochen, andere zwölf Tage lang.

Bruder Müller hatte 1969 die große Freude, das Hauptbüro der Gesellschaft in Brooklyn (New York) zu besuchen, und während er dort war, nahm er an einem besonderen Schulungskurs für Zweigdiener teil. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch den Kongreß „Friede auf Erden“ im Yankee-Stadion. Andere Brüder aus der Tschechoslowakei waren glücklich, den Kongreß in Nürnberg besuchen zu können.

Wenn wir darauf zurückblicken, wie uns Jehova allezeit geführt hat, müssen wir ihm für seine schützende Fürsorge seinen loyalen Dienern gegenüber einfach dankbar sein. Angesichts der Angriffe, die durch religiösen Haß hervorgerufen wurden, und all der sich mehrenden Schwierigkeiten, die mit dem Verbot zusammenhingen, ist es wirklich ermutigend, festzustellen, daß die Zahl der Verkündiger von 1948 bis 1960 um 261 Prozent gestiegen ist. Während der letzten zehn Jahre, von 1960 bis 1970, hatten wir eine Zunahme von 76 Prozent. Wir alle in der Tschechoslowakei sind Jehova für die vielen Beweise seiner liebenden Güte dankbar und beten darum, daß er uns für immer in seinem Dienst gebrauchen möge.

[Übersicht auf Seite 131]

DIENST- ZAHL DER ZAHL DER VERBR. VERBR. EINGEREICHTE

JAHR VORFÜH- ZUSCHAUER BÜCHER BROSCHÜ- ADRESSEN

RUNGEN REN

1932 13 59 480 2 872 4 390

1934 41 25 305 10 664 4 738

[Übersicht auf Seite 132]

BÜCHER BROSCHÜREN ARBEITER STUNDEN ZEUGNISSE

KÖNIGREICHS-

PERIODE

30. 9. bis

8. 10. 745 26 464 655 8 130 75 393

DANKSAGUNGS-

PERIODE

24. 3. bis

2. 4. 673 32 961 1 019 11 713 95 605

[Karte auf Seite 129]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

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