Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Vereinigte Staaten von Amerika (Teil 3)

Vereinigte Staaten von Amerika (Teil 3)

Vereinigte Staaten von Amerika (Teil 3)

GEWALTTÄTIGKEIT IN LITCHFIELD

Etwa zur selben Zeit, als die Königreichsfarm angegriffen und in Brand gesetzt werden sollte, flammte in Litchfield (Illinois) Verfolgung gegen Jehovas Zeugen auf. „Irgendwie müssen die Verfolger in Litchfield erfahren haben, was wir vorhatten, so daß sie uns schon erwarteten, als wir in die Stadt gefahren kamen“, erinnert sich Clarence S. Huzzey. „Der Priester des Ortes läutete als Signal die Kirchenglocken, und dann trieben sie die Brüder zusammen, um sie ins Gefängnis zu bringen. Einige Brüder wurden heftig geschlagen, und die Pöbelrotte drohte sogar damit, das Gefängnis anzuzünden. Einige von ihnen fanden die Autos der Brüder und verwüsteten sie, bis nur noch ein Haufen Blech übrigblieb.“

Walter R. Wissman sagt: „Nachdem die Brüder von der Pöbelrotte geschlagen worden waren, wurden sie von Angehörigen der Landesverkehrspolizei zu ihrem eigenen Schutz im Gefängnis eingepfercht. Charles Cervenka, einer der Brüder, wurde zu Boden geschlagen, als er sich weigerte, die Fahne zu grüßen. Man schlug ihn mit der Fahne ins Gesicht und trat ihn heftig in den Leib und an den Kopf. Er war von allen Brüdern der am schwersten Verletzte. Er erholte sich nie völlig von den Schlägen. Wenige Jahre darauf starb er. Er sagte einmal, er habe während der Schläge gedacht, daß er froh sei, daß dies ihm passiert sei und nicht einem der neueren Brüder, da er wußte, daß er es ertragen konnte, während vielleicht ein neuerer schwach geworden wäre und nachgegeben hätte.“

„Die Stadt Litchfield war sehr stolz auf das, was sie getan hatte“, erinnert sich Bruder Wissman. „Eine ganze Reihe von Jahren später, Ende der 1950er Jahre, veranstaltete Litchfield seine Hundertjahrfeier mit einem Umzug von Festwagen, die die besonderen Ereignisse der Geschichte der Stadt darstellten. Einer dieser Festwagen war zur Erinnerung an die Pöbelaktion gegen die Zeugen Jehovas im Jahre 1940 gestaltet worden. Die Stadtväter waren der Ansicht, daß dies ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte ihrer Stadt gewesen sei. Möge Jehova es ihnen vergelten!“

UNBEACHTETE AUFFORDERUNGEN

Die gewalttätigen Angriffe gegen die Zeugen Jehovas waren so schwerwiegend und zahlreich, daß der Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staaten, Francis Biddle, und Eleanor Roosevelt, die Frau von Präsident Franklin D. Roosevelt, die Öffentlichkeit zur Einstellung der Tätlichkeiten aufriefen. Am 16. Juni 1940, dem Tag des Zwischenfalls in Litchfield, stellte Biddle in einer Rundfunksendung der National Broadcasting Company, die im gesamten Land ausgestrahlt wurde, folgendes fest:

„Jehovas Zeugen sind wiederholt angegriffen und geschlagen worden. Obwohl sie keines Verbrechens schuldig waren. Der Pöbel sprach sie jedoch schuldig und übte Lynchjustiz. Der Justizminister ordnete eine sofortige Untersuchung der Ausschreitungen an.

Das Volk muß auf der Hut und wachsam sein und vor allem einen klaren Kopf behalten. Da Pöbelausschreitungen die Arbeit der Regierung ungemein erschweren, werden sie nicht geduldet. Wir besiegen den Nazi-Terror nicht dadurch, daß wir seine Methoden nachahmen.“

Doch solche Bitten konnten der Welle der Feindseligkeit gegen Jehovas Zeugen nicht Einhalt gebieten.

CHRISTLICHE ZUSAMMENKÜNFTE WERDEN GESPRENGT

Während jener bewegten Jahre wurden Christen in den Vereinigten Staaten manchmal angegriffen, während sie friedlich zum Studium der Bibel versammelt waren. Dies geschah zum Beispiel während des Jahres 1940 in Saco (Maine). Während die Zeugen Jehovas in ihrem Königreichssaal im ersten Obergeschoß alles vorbereiteten, um einen auf Schallplatte aufgenommenen biblischen Vortrag abzuspielen, rotteten sich nach Aussage Harold B. Duncans 1 500 bis 1 700 Menschen zusammen. Er erinnert sich noch genau, daß ein Priester dabei war, der in einem Wagen vor dem Königreichssaal saß. „Der Mann im [benachbarten] Rundfunkreparaturgeschäft drehte jedes Radio, das funktionierte, auf volle Lautstärke, um den Vortrag zu übertönen, sagt Bruder Duncan. Er fährt fort: „Dann begann die Pöbelrotte, die Fensterscheiben mit Steinen einzuwerfen. Polizisten in Zivil zeigten mit dem Lichtstrahl ihrer Taschenlampe auf die Fenster, die eingeworfen werden sollten. Das Polizeirevier war nur etwas mehr als eine Querstraße entfernt. Ich bin zweimal dorthin gegangen und sagte Bescheid, was vorginge. Man antwortete mir: ,Wenn ihr die amerikanische Fahne grüßt, helfen wir euch.‘ Die Menge warf 70 [kleine Fensterscheiben] des Saales ein, und ein Stein, der so groß war wie meine Faust, ging ganz knapp an Schwester Gertrude Bobs Kopf vorbei und schlug ein Stück Putz aus der Wand.“

Pöbelgewalttaten gab es auch auf dem Kongreß in Klamath Falls (Oregon) im Jahre 1942. Don Milford erzählt, daß Angehörige der Pöbelrotte die Telefondrähte durchschnitten, durch die ein Vortrag aus einer anderen Kongreßstadt übertragen wurde. Aber ein Bruder, der eine Abschrift des Vortrages hatte, sprang sofort ein, so daß das Programm fortgesetzt werden konnte. Schließlich brach der Pöbel in den Saal ein. Die Zeugen wehrten sich, und als die Tür wieder geschlossen wurde, lag einer der Angreifer — „ein großer, kräftiger Mann“ — bewußtlos im Saal. Er war Polizeibeamter, und man fotografierte ihn mit seinem Dienstabzeichen. „Wir riefen beim Roten Kreuz an“, sagt Bruder Milford, „das dann zwei Frauen mit einer Trage schickte, die ihn hinausbrachten. Später soll er gesagt haben: ,Ich hätte nicht gedacht, daß sie kämpfen würden.‘ “ Die Polizei weigerte sich, den Zeugen zu helfen, und es dauerte über 4 Stunden, bis die Nationalgarde die Menge zerstreut hatte.

IM STRASSENDIENST ANGEGRIFFEN

Wenn auch die Polizei an manchen Orten die Zeugen Jehovas nicht beschützte, so war dies doch nicht überall so. Als zum Beispiel L. I. Payne vor vielen Jahren in Tulsa (Oklahoma) Straßendienst verrichtete, sah er, daß ein Polizist ständig in seiner Nähe war. „Deshalb“, sagt Bruder Payne, „fragte ich ihn eines Tages, warum er immer so dicht dabeistehe. Er sagte, er sei zwar zuständig für einen großen Bezirk, doch er bleibe trotzdem in der Nähe, weil er nicht wolle, daß mich jemand wegjage oder verprügele. Er hatte davon gelesen, wie man die Zeugen in den Kleinstädten behandelte, und konnte nicht verstehen, warum irgend jemand etwas gegen diese Tätigkeit haben könnte.“

Doch so, wie die Dinge lagen, kam es oft vor, daß Jehovas Diener während des Zeugnisgebens auf der Straße mit dem Wachtturm und der Zeitschrift Trost von gewalttätigen Pöbelrotten angegriffen wurden. George L. McKee berichtet zum Beispiel, daß in einer Gemeinde Oklahomas die Zeugen, die sich am Straßendienst beteiligten, Woche für Woche von Pöbelrotten, bestehend aus 100 bis zu weit über 1 000 wütenden Männern, angegriffen wurden. Der Bürgermeister, der Polizeichef und andere Beamte kümmerten sich nicht um ihren Schutz. Wie Bruder McKee sagt, wurden die Pöbelmengen meistens von einem bekannten Arzt und Führer der American Legion angeführt, der ein Cousin von Belle Starr, einer berüchtigten Verbrecherin, war. Zuerst begannen Betrunkene, die Zeugen zu belästigen. Darauf folgte die Pöbelrotte, bewaffnet mit Billardstöcken, Keulen, Messern, Hackbeilen und Feuerwaffen, um sie damit aus der Stadt zu jagen. Doch jeden Samstag legten die Königreichsverkündiger im voraus fest, wie lange sie Straßendienst verrichten wollten, und obwohl sich die Pöbelrotte oft schnell zusammenfand, blieben sie doch so lange, wie sie es beschlossen hatten. Sie gaben viele Zeitschriften bei denen ab, die einkauften.

Eines Samstags wurden etwa 15 Zeugen belästigt. „Uns wurde bewußt, daß wir uns auf Jehova Gott und auf ein gutes Unterscheidungsvermögen verlassen mußten, wenn wir mit dem nackten Leben davonkommen wollten“, sagt Bruder McKee. Er fährt fort: „Ohne Vorwarnung fingen sie an, drei von uns mit Messern und Knüppeln anzugreifen. ... Mit gebrochenen Armen, Platzwunden am Kopf und anderen Verletzungen versuchten wir es bei 4 verschiedenen Ärzten am Ort, doch keiner wollte uns behandeln. Wir mußten 80 Kilometer weit fahren, um einen Arzt zu finden, der uns half. Doch die blauen Flecken heilten schnell, und wir faßten bald wieder Mut. Am nächsten Samstag standen wir wieder mit der guten Botschaft vom Königreich an der Straßenecke. Diesen Geist hatten die Brüder während all der Zeit der Schwierigkeiten durch die Verfolgungswelle.“

RASEREI IN CONNERSVILLE

Unter den Pöbelaktionen ragten besonders die Vorfälle hervor, die sich 1940 in Connersville (Indiana) ereigneten. Dort standen einige Christinnen vor Gericht, fälschlich der „aufrührerischen Verschwörung“ angeklagt. Als Bruder Rainbow, ein Zonendiener, sowie Victor und Mildred Schmidt am ersten Tag der Verhandlung aus dem Gerichtsgebäude fuhren, stürzten etwa 20 Männer auf ihr Auto zu, drohten, sie zu töten, und versuchten, das Fahrzeug umzustürzen.

Am letzten Tag der Verhandlung verwendete der Staatsanwalt den größten Teil seines Plädoyers, um zum Aufruhr anzustacheln, wobei er sich bisweilen direkt an die bewaffneten Männer im Gerichtssaal wendete. Gegen 21 Uhr kam der Urteilsspruch: „Schuldig.“ Dann brach ein Sturm der Gewalttat los. Schwester Schmidt erzählt, daß sie zusammen mit ihrem Mann Victor, der einer der Rechtsanwälte bei dem Fall war, und zwei anderen Brüdern von den anderen Zeugen abgeschnitten und von einer Pöbelrotte, die zwischen 200 und 300 Personen stark war, belästigt wurde. Sie sagt uns:

„Gleich darauf ging ein Sperrfeuer von allem möglichen Obst und Gemüse sowie von Eiern auf uns nieder. Später erzählte man uns, daß die Pöbelrotte eine ganze Lastwagenladung voll auf uns abgeladen hatte.

Wir versuchten, zu unserem Wagen zu rennen, doch man kam uns zuvor und trieb uns zur Landstraße, die aus der Stadt hinausführte. Dann ging der Pöbel auf uns los. Die Brüder wurden zusammengeschlagen, und mich schlugen sie auf den Rücken, was wie Peitschenhiebe wirkte. Mittlerweile war ein Gewitter in vollem Gange. Der Regen strömte unablässig vom Himmel, und der Wind peitschte wütend auf uns ein. Die ,Wut‘ des Sturms war jedoch gar nichts im Vergleich mit der Wut dieser dämonenbesessenen Pöbelrotte. Wegen des Gewitters holten sich viele ihr Auto und fuhren neben uns her, wobei sie brüllten und uns verfluchten und dabei immer Jehovas Namen in ihren Flüchen gebrauchten, was uns zutiefst im Herzen traf.

Doch es schien, daß uns trotz des Gewitters wenigstens 100 Männer zu Fuß umringten. Einmal versuchte Schwester Jacoby (jetzt Schwester Crain) aus Springfield in Ohio, die Brüder im Wagen hatte, uns zu Hilfe zu kommen, doch die Pöbelrotte stürzte den Wagen beinahe um, trat dagegen und riß an den Türen. Während der Pöbel versuchte, uns von dem Wagen wegzureißen, erhielten wir nur noch mehr Schläge. Die Freunde mußten ohne uns weiterfahren. Während wir weitergetrieben wurden und das Gewitter unvermindert anhielt, rief die Menge fortwährend im Chor: ,Werft sie in den Fluß! Werft sie in den Fluß!‘ Dieser endlose Sprechchor erfüllte mich mit Schrecken. Als wir uns der Brücke näherten, um den Fluß zu überqueren, hörte der Sprechchor plötzlich auf. Kurz darauf hatten wir die Brücke tatsächlich hinter uns. Es war, als ob die Pöbelrotte durch Einwirkung der Engel Jehovas nicht merkte, wo wir waren. Ich dachte: ,O Jehova, hab Dank!‘

Dann fingen die großen, stämmigen Männer wieder an, die Brüder zu schlagen. Es war sehr schwer, zusehen zu müssen, wie jemand, den man liebt, geschlagen wird. Victor wankte bei jedem Schlag, doch er fiel nie hin. Diese Schläge waren Schläge des Entsetzens für mich ...

Immer wieder kamen sie von hinten an mich heran und versetzten mir diesen peitschenhiebgleichen Schlag. Zum Schluß wurden wir von den beiden Brüdern getrennt, und während wir fest eingehakt gingen, sagte Victor: ,Wir haben noch nicht soviel ertragen wie Paulus. Wir haben noch nicht bis aufs Blut widerstanden.‘ [Vergleiche Hebräer 12:4.]

Es war sehr dunkel und wurde spät (wie ich später hörte, etwa 23 Uhr). Wir waren aus der Stadt heraus und nahe dem Zusammenbrechen, als plötzlich ganz dicht neben uns ein Wagen anhielt. Eine bekannte Stimme sagte: ,Schnell! Steigt ein!‘ Es war Ray Franz, der junge tüchtige Pionierbruder, der uns aus den Händen dieser gewalttätigen Pöbelrotte befreite. ...

Auch hier hatten wir alle wieder das Gefühl, daß die Engel Jehovas die Feinde nicht sehen ließen, wie wir in den Wagen stiegen. Im Auto, geschützt vor der Menge, waren unser lieber Bruder Rainbow, seine Frau und noch drei andere. Irgendwie paßten wir alle acht in das kleine Auto. Wir alle fühlten, daß es Jehovas Engel waren, die dafür sorgten, daß der Feind nicht sah, wie wir in den Wagen einstiegen. Die Pöbelrotte war immer noch wütend gegen uns und gab keine Anzeichen, daß sie uns freigelassen hätte. Es war so, als ob Jehova mit seinen liebenden Armen zugepackt und uns gerettet hätte. Später fanden wir heraus, daß die beiden Brüder, die von uns abgedrängt wurden, in einem Heuhaufen Zuflucht gefunden hatten, und früh am Morgen wurden sie von einigen Brüdern entdeckt. Einer der beiden war durch einen Gegenstand schwer verletzt worden, mit dem sie nach ihm geworfen hatten.

Gegen 2 Uhr morgens kamen wir zu Hause an; wir waren naß und froren, da das Gewitter eine Hitzewelle beendet und kalte Luft gebracht hatte. Unsere Brüder und Schwestern betreuten uns. Sie mußten in Victors Gesicht fünf offene Wunden verbinden. Wie dankbar waren wir doch, von unseren Brüdern so liebevoll versorgt zu werden!“

Doch Jehova stützt und stärkt seine Diener trotz solcher harten Prüfungen. Schwester Schmidt sagt: „Jehova hat uns in seiner Barmherzigkeit geholfen, daß wir eine weitere Prüfung ertrugen und daß ,das Ausharren sein Werk vollständig‘ hatte“ (Jak. 1:4).

WEITERE PÖBELGEWALTTATEN

Pöbelaktionen, die sich gegen Jehovas Zeugen richteten, gab es sehr viele. In Winnsboro (Texas) wurde im Dezember 1942 eine Gruppe von Zeugen Jehovas im Straßendienst von einer Pöbelrotte belästigt. Unter den Zeugen befand sich O. L. Pillars, ein Diener für die Brüder (Kreisaufseher). Während die Pöbelrotte näher kam, sahen die Zeugen, daß unter diesen Umständen kein Straßendienst mehr möglich war. So machten sie sich auf den Weg zu ihren Autos. „Mitten auf der Hauptstraße stand der Baptistenprediger C. C. Phillips mit seinem Lautsprecherwagen“, erinnert sich Bruder Pillars. „Er hatte gerade über Christus und seine Kreuzigung gepredigt, doch sobald er uns sah, änderte er seine Predigt. Er begann, dagegen zu lärmen und zu toben, daß Jehovas Zeugen die Fahne nicht grüßten. Er sagte, daß er mit Freuden für das Sternenbanner sterben würde und daß jeder, der die Fahne nicht grüße, aus der Stadt gejagt werden solle. Als wir an seinem Wagen vorbeigingen, sahen wir uns einer weiteren Pöbelrotte gegenüber, die uns entgegenkam. Sie hatte uns bald umringt und hielt uns fest, bis die Polizei kam und uns festnahm.“

Später drang ein Teil der Pöbelrotte in die Amtsräume des Polizeichefs ein, der keinerlei Anstalten traf, die Zeugen zu schützen, so daß sich der Pöbel ihrer bemächtigte. Bruder Pillars war einer von denen, die auf der Straße mit Fäusten geschlagen wurden. Er sagt: „Ich verspürte dabei einen ungewöhnlichen Beistand. Ich mußte entsetzliche Prügel über mich ergehen lassen. Das Blut strömte aus der Nase, dem Mund und aus Wunden im Gesicht, doch ich fühlte wenig oder gar keinen Schmerz. Sogar während all dies geschah, konnte ich darüber staunen, und mir war, als ob dies ein Ausdruck der Hilfe der Engel wäre. ... Es half mir zu verstehen, wie unsere deutschen Brüder die Glut der Naziverfolgung standhaft und treu ertragen konnten.“

Bruder Pillars wurde mehrfach bewußtlos geschlagen, darauf wieder zu Bewußtsein gebracht und nochmals geschlagen. Als sie ihn schließlich nicht mehr zum Bewußtsein bringen konnten, übergossen sie ihn mit kaltem Wasser und versuchten, ihn zu veranlassen, eine 5 × 10 Zentimeter große Fahne zu grüßen, nach den Worten Bruder Pillars „die einzige Fahne, die diese großen ,Patrioten‘ auftreiben konnten“. Während sie die Fahne hochhielten, hielten sie auch seinen Arm zum Fahnengruß hoch, doch er ließ die Hand sinken, um zu zeigen, daß er nicht grüßen würde. Kurz darauf legten sie ihm einen Strick um den Hals, stießen ihn zu Boden und schleppten ihn zum Gefängnis. Er konnte gerade noch verstehen, wie sie sagten: „Kommt, wir hängen ihn! Dann sind wir diese Zeugen Jehovas für immer los.“ Es dauerte nicht lange, und sie begannen damit. Bruder Pillars schreibt: „Sie legten ein neues Hanfseil von über einem Zentimeter Dicke um meinen Hals, banden eine Schlaufe hinter meinem Ohr und zerrten mich hinaus auf die Straße. Dann warfen sie den Strick über ein Rohr, das aus dem Gebäude hervorragte. Vier oder fünf Mann fingen an, an dem Seil zu ziehen. Ich wurde vom Boden abgehoben, die Schlinge zog sich zu, und ich wurde bewußtlos.“

Das nächste, woran sich Bruder Pillars erinnern kann, war daß er wieder in dem ungeheizten Gefängnis lag. Ein Arzt untersuchte ihn und sagte: „Wenn ihr wollt, daß er am Leben bleibt, dann bringt ihn schnell ins Krankenhaus, denn er hat schon viel Blut verloren, und seine Pupillen haben sich geweitet.“ Darauf erwiderte der Polizeichef: „Das ist der verstockteste Kerl, den ich je gesehen habe.“ „Diese Worte ermutigten mich sehr“, sagt Bruder Pillars, „denn jetzt wußte ich, daß ich keine Kompromisse geschlossen hatte.“

Nachdem der Arzt gegangen war, kam einer nach dem anderen von der Pöbelrotte durch das kalte, dunkle Gefängnis. Sie zündeten Streichhölzer an, um Bruder Pillars Gesicht zu sehen, und er hörte, wie sie fragten: „Ist er schon tot?“ Einer antwortete: „Nein, aber er wird bald sterben.“ Bruder Pillars, der naß bis auf die Haut war und sehr fror, versuchte, nicht zu zittern, in der Hoffnung, daß sie ihn für tot halten würden. Schließlich gingen sie, und alles war still. Nach einer Weile öffnete sich die Tür, und Angehörige der Landespolizei von Texas kamen herein. Sie ließen Bruder Pillars mit dem Krankenwagen nach Pittsburg (Texas) ins Krankenhaus bringen. Er war der Pöbelrotte 6 Stunden lang ausgeliefert gewesen. Doch was war geschehen, als sie ihn hängten? Wieso war er noch am Leben? „Das habe ich erst am Ende des nächsten Tages erfahren“, sagt Bruder Pillars. Er berichtet:

„Bruder Tom Williams besuchte mich in der Gefangenenabteilung des Krankenhauses von Pittsburg, wo ich mich wieder etwas erholte. Er war Anwalt in Sulphur Springs und war ein richtiger Kämpfer für die Gerechtigkeit. Nachdem er sich erfolglos bemüht hatte, herauszufinden, wo ich war, hatte er gedroht, die Stadt zu verklagen. Daraufhin hatten sie zugegeben, daß ich im Krankenhaus war. Wie gut war es doch, einen Bruder zu sehen! Dann erzählte er mir, was zur Zeit das Stadtgespräch war — ich war gehängt worden, doch das Seil war gerissen.

Als später das FBI eine offizielle Untersuchung anstellte und einen Prozeß vor einem Geschworenengericht empfahl, war eine Gruppe von Anhängern der Pfingstgemeinde bereit auszusagen. Sie sagten: ,Heute sind es Jehovas Zeugen, morgen wir.‘ Über das Hängen sagten sie: ,Wir haben gesehen, wie er am Seil baumelte. Dann riß es. Als wir sahen, wie das Seil riß, wußten wir: Das hat der Herr getan.‘ “

Der Polizeichef und andere Beamte flüchteten in einen anderen Bundesstaat. So kamen sie nie vor Gericht. Bruder Pillars erholte sich wieder und war weiterhin als Diener für die Brüder in jenem Gebiet tätig.

AUSHARREN UNTER UNMENSCHLICHER VERFOLGUNG

Du magst sagen: „Solch unmenschliche Verfolgung könnte ich nie aushalten!“ Aus eigener Kraft kannst du es auch nicht. Doch Jehova kann dich stärken, wenn du dir seine Vorkehrungen, geistig stark zu werden, jetzt zunutze machst. Der Hauptgrund für die Verfolgung hängt mit der Streitfrage der universellen Souveränität zusammen. Satan forderte praktisch Gott heraus und behauptete, daß kein Mensch Jehova treu bleiben würde, wenn er, der Teufel, ihn prüfte. Es ist ein großes Vorrecht, gegenüber Gott die Lauterkeit zu bewahren, wodurch man Satan zum Lügner stempelt und die Seite Jehovas in der Streitfrage unterstützt (Hiob 1:1 bis 2:10; Spr. 27:11).

In den Jahren, die seit den aufregenden Tagen der vielen Pöbelangriffe auf Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten vergangen sind, ist es dem Volke Gottes immer mehr bewußt geworden, daß es sich vollständig auf Jehova verlassen muß. Obwohl Gottes Diener sich und ihre Familie in Übereinstimmung mit christlichen Grundsätzen verteidigen würden, rüsten sie sich doch nicht mit todbringenden Waffen aus, um auf Angriffe vorbereitet zu sein (Matth. 26:51, 52; 2. Tim. 2:24). Sie erkennen vielmehr, daß ‘die Waffen ihrer Kriegführung nicht fleischlich sind’ (2. Kor. 10:4; siehe Wachtturm vom 1. September 1968, S. 537—542).

THEOKRATISCHER KONGRESS IN SAINT LOUIS

Die Menschheit war in die Kämpfe des Zweiten Weltkrieges verstrickt, und Verfolgung entbrannte gegen Gottes Diener. Doch ‘Jehova der Heerscharen war mit ihnen’ (Ps. 46:1, 7). Er sorgte dafür, daß sie geistig reichlich mit guten Dingen versorgt wurden. Dabei ragt besonders der „Theokratische Kongreß“ der Zeugen Jehovas in Saint Louis (Missouri) vom 6. bis 10. August 1941 hervor.

Jehovas Dienern war sehr daran gelegen, bei diesem Kongreß zugegen zu sein. Es waren also viele von ihnen in Richtung Saint Louis unterwegs. „Wir fanden bald heraus“, sagt Schwester A. L. McCreery, „daß die Zeugen alle eine Zeitschrift [Der Wachtturm oder Trost] am Wagenfenster anbrachten und sich so kenntlich machten; so taten wir es auch. Während der ganzen Fahrt winkten wir völlig fremden Leuten zu, die wir aber an ihrem freundlichen Gesicht und ihrem Winken als unsere Brüder erkannten.“

Trotz des Drucks von seiten der Katholischen Aktion und einer Kriegsveteranenvereinigung ließ sich die Stadionverwaltung nicht bewegen, den Vertrag mit Jehovas Zeugen rückgängig zu machen. Doch die katholischen Gemeinden verbreiteten Propaganda, die viele Wohnungsinhaber veranlaßte, die Zimmer abzusagen, die sie eigentlich an Delegierte vermieten wollten. „Nonnen gingen von Haus zu Haus und sagten den Leuten, sie sollten keine Zimmer an Jehovas Zeugen vermieten“, erzählt Robert E. Rainer. Bei der Ankunft in Saint Louis waren daher „so viele Zeugen ohne Unterkunft, daß man Säcke mit Stroh vollstopfen mußte, die als Matratzen dienen konnten, damit sie auf dem Gelände des Stadions schlafen konnten“, sagt Margaret J. Rogers.

Zum Unterkunftsproblem stellen Bruder und Schwester G. J. Janssen fest: „Während des Kongresses erschien in der Zeitung ein Bild von einer Schwester mit ihrem Kind, wie sie in der Nacht auf dem Rasen des Kongreßgeländes schlief. Das genügte. Die Stadtbewohner, die ein weicheres Herz hatten als ihre falschen Lehrer, riefen beim Unterkunftsbüro an, um mitzuteilen, daß ihre Gästezimmer den Zeugen zur Verfügung ständen.“ Es dauerte nicht lange, und Zimmerangebote trafen per Telegramm, Telefon, Brief, durch persönliche Vorsprache und auf anderen Wegen ein. Man hielt die Verkündiger sogar auf der Straße an, um ihnen Unterkunft anzubieten.

Manche Zeugen begaben sich nach ihrer Ankunft in die „Theokratische Wohnwagenstadt“. Sie wuchs an, bis es auf dem Gelände wimmelte: Es gab 677 Wohnwagen, 1 824 Zelte, 100 Autos mit Liegesitzen, 99 Lastwagen und 3 Busse — insgesamt 15 526 Bewohner. „Es war riesig“, sagt Edna Gorra. „Die Straßen trugen Namen, und es gab Waschgelegenheiten, ordentliche Toiletten usw. Es war einfach wunderbar, Menschen aus den verschiedenen Staaten der USA zu sehen, die in ihren Wohnwagen, Zelten und Bussen beisammenlebten, alle in Harmonie.“

PROGRAMMHÖHEPUNKTE

Das Kongreßprogramm erwies sich wirklich als geistig ergiebig. Hazel Burford, die jetzt als Missionarin in Panama dient, sagt zum Beispiel: „Wir waren begeistert, daß uns die Streitfrage der Universalherrschaft Jehovas als höchster Souverän klargemacht wurde und auch, wie die Lauterkeit der Diener Jehovas damit zusammenhängt. ... Deutlicher denn je verstanden wir, warum Jehova eine derart heftige Verfolgung seines Volkes auf der ganzen Erde zuließ.“ Bruder Rutherford wies in seiner Ansprache „Lauterkeit“ darauf hin, daß Satan in den Tagen Hiobs die Frage aufwarf: „Kann Jehova Menschen auf die Erde setzen, die sich unter der schwersten Prüfung Gott als treu und wahrhaftig erweisen würden?“ Doch es wurde gezeigt, daß die Streitfrage sich zuallererst um die Oberherrschaft drehte. Der Redner appellierte an seine Zuhörer unter anderem, der theokratischen Regierung Jesu Christi völlig, unbedingt und restlos ergeben zu sein, da sie wüßten, daß Jehovas Name durch diese Regierung gerechtfertigt würde und daß sie allen, die Gerechtigkeit liebten und Jehova dienten, Befreiung bringen würde.

Ein Ereignis des Kongresses berührte das Herz der Teilnehmer besonders. Sonntag, der 10. August 1941, war der „Tag der Kinder“ auf dem Kongreß in Saint Louis. Am frühen Vormittag jenes Tages wurde eine Taufansprache gehalten, und 3 903 Personen wurden untergetaucht, darunter 1 357 Kinder. Doch für die Kinder — und auch für die Erwachsenen — war dieser Tag etwas ganz Besonderes. „Alle Kinder geweihter Eltern im Alter von 5 bis 18 Jahren, die Platzkarten haben, versammeln sich in der Stadionmitte, unmittelbar vor der Bühne“, so stand es im Programm geschrieben. Bruder Rutherfords Vortrag „Kinder des Königs“ war für 11 Uhr morgens angesetzt.

Zu diesem Zeitpunkt war die Zahl der Zuhörer bereits auf die erstaunliche Höhe von 115 000 angestiegen. Unmittelbar vor der Bühne und auf den Logenplätzen darum herum war eine ganz besondere Zuhörerschaft versammelt: alles Kinder zwischen 5 und 18 Jahren. Als Bruder Rutherford zur Bühne ging, jubelten und klatschten sie. Er winkte mit seinem Taschentuch, und Tausende junger Hände winkten zurück. Darauf schritt er zur Vorderseite der Bühne, begeistert strahlend von dem Anblick.

J. F. Rutherford hatte all den Kindern und Jugendlichen und den Tausenden anderen in dieser riesigen Zuhörerschaft viel zu sagen. Dorothy Wilkes bemerkt zum Beispiel: „Die Hoffnung auf ein Paradies auf Erden wurde für uns viel wirklichkeitsnaher, als Bruder Rutherford dem Sinne nach sagte: ,Die Häuser, die ihr auf eurem Weg zum Kongreß gesehen habt, waren gar nichts im Vergleich zu dem, was ihr einmal haben werdet!‘ “ Neal L. Callaway, der damals zu den Kindern in der Zuhörerschaft gehörte, schrieb einmal: „... nachdem der Präsident der Gesellschaft seine Ansprache beendet hatte, sagte er ungefähr folgendes: ‚Ich habe jedem von euch eine Frage vorzulegen. Ihr alle, die ihr euch bereit erklärt habt, den Willen Gottes zu tun, und die ihr eure Stellung auf der Seite der theokratischen Herrschaft unter Christus Jesus bezogen habt und die ihr Gott und seinem König gehorchen wollt, STEHT bitte AUF!‘

Wir erhoben uns wie e i n Mann. ,Seht‘, rief der Präsident der Gesellschaft aus, ,mehr als 15 000 neue Zeugen für das Königreich!‘ Nach langem Beifall sagte er: ,All ihr, die ihr tun wollt, was ihr könnt, anderen von Gottes Königreich und den damit verbundenen Segnungen zu erzählen, sagt bitte ja!‘ Darauf ertönte ein donnerndes ,Ja‘ von 15 000 Kindern, die sich erhoben hatten.

Und dann sagte der Präsident der Gesellschaft: ,Wenn ihr ein Instrument in euren Händen hättet, das ihr zur Ehre des Namens Jehovas gebrauchen könntet, würdet ihr es fleißig benutzen?‘ Wir antworteten: ‚Ja!‘ ,Dann setzt euch, und ich will euch etwas über dieses Instrument erzählen. Der Herr hat es ermöglicht, daß dieses Buch als Botschaft für euch verfaßt worden ist. Der Titel dieses Buches lautet Kinder.‘ Welch ein gewaltiger Beifall doch folgte!“ Jedes Kind, das in den reservierten Sitzreihen im Stadion und in der Wohnwagenstadt saß, erhielt ein Gratisexemplar des neuen Buches Kinder, verfaßt von Bruder Rutherford.

„Viele, die jenes großartige Ereignis als Kinder miterlebten, machten weiterhin Fortschritte“, bemerkt George D. Caron. „Sie wurden Pioniere, besuchten die Gileadschule und nahmen Missionarzuteilungen an, gingen ins Bethel oder machten auf andere Weise Fortschritte innerhalb der Organisation Jehovas. In vielen Versammlungen auf der ganzen Erde sind sie heute Stütze und Rückgrat.“

Am Sonntagnachmittag, am 10. August 1941, sprach J. F. Rutherford, dem es nicht gutging, zum letzten Mal zu den Kongreßdelegierten. Er sprach ungefähr fünfundvierzig Minuten lang frei und ohne Notizen.

Er machte sehr bedeutsame Äußerungen über die Führung des Volkes Gottes und sagte: „Ich möchte irgendwelche Fremden, die hier anwesend sind, nachdrücklich und unmißverständlich wissen lassen, ob ihr meint, daß ihr einem Menschen nachfolgt. Immer, wenn eine Bewegung entsteht und zu wachsen beginnt, sagt man, alles folge einem Menschen als Führer. Wenn hier irgend jemand in der Zuhörerschaft ist, der meint, daß ich, der ich hier stehe, der Führer der Zeugen Jehovas bin, so sage er ja. [Einstimmiges NEIN.]

Wenn ihr, die ihr hier anwesend seid, glaubt, daß ich nur ein Diener des Herrn bin und daß wir Schulter an Schulter in Einheit zusammenarbeiten und Gott und Christus dienen, dann sagt ja. [Einstimmiges JA.]

Ihr brauchtet mich gar nicht als irdischen Führer, um solche Menschen zu veranlassen zu arbeiten; Menschen wie diese würden gegen den Teufel mit einem Eichenknüppel kämpfen, und sie kämpfen auch, aber sie kämpfen mit dem Schwert des Geistes; und das ist viel wirkungsvoller.“

Während seiner letzten Ansprache forderte Bruder Rutherford seine Zuhörer wiederholt auf, das Werk des Predigens der Königreichsbotschaft voranzutreiben.

DIE LETZTEN TAGE IN BETH-SARIM

Im November war die Krankheit Bruder Rutherfords so schlimm geworden, daß er sich in Elkhart (Indiana) operieren lassen mußte. Darauf sprach er den Wunsch aus, nach Kalifornien zu gehen. Man brachte ihn nach San Diego, in ein Haus, das als „Beth-Sarim“ bekannt war. Schon seit einiger Zeit hatten seine Mitarbeiter und die besten Ärzte den Eindruck gehabt, daß er sich nicht mehr erholen würde.

Es sei kurz erwähnt, daß Bruder Rutherford nach der Freilassung aus seiner ungerechten Haft im Jahre 1918/19, die er wegen seiner Treue zu Jehova verbüßt hatte, eine schwere Lungenentzündung davontrug. Von da an war nur noch ein Lungenflügel in Ordnung. Es war für ihn buchstäblich unmöglich, während des Winters in Brooklyn (New York) zu bleiben und seine Pflichten als Präsident der Gesellschaft zu erfüllen. In den 1920er Jahren ging er auf Anraten eines Arztes nach San Diego. Das Klima war dort außergewöhnlich günstig, und der Arzt drängte ihn, soviel Zeit wie nur möglich in San Diego zu verbringen. Das tat Rutherford schließlich auch.

Im Laufe der Zeit spendete jemand einen Betrag, der dafür gedacht war, in San Diego ein Haus für Bruder Rutherford zu bauen. Man baute es nicht auf Kosten der Watch Tower Society. Das Buch Rettung schrieb 1939 über dieses Grundstück: „In San Diego, Kalifornien, ist im Jahre 1929 auf einem kleineren Grundstück ein Haus erbaut worden, das die Bezeichnung Beth-Sarim trägt und unter diesem Namen bekannt ist.“

Schwester Hazel Burford war eine der Krankenschwestern, die Bruder Rutherford in den letzten Tagen seiner Krankheit in Beth-Sarim betreuten, wohin man ihn im November 1941 gebracht hatte. Sie erzählt uns: „Wir hatten genug Abwechslung, denn zum Schluß schlief er den ganzen Tag, und wir mußten dann die ganze Nacht über rennen, da er Angelegenheiten der Gesellschaft erledigte.“ Eines Morgens gegen Mitte Dezember trafen drei Brüder, darunter Bruder Knorr, aus Brooklyn ein. Schwester Burford erinnert sich: „Sie blieben mehrere Tage bei ihm und besprachen den Jahresbericht für das Jahrbuch und andere organisatorische Angelegenheiten. Nach ihrer Abreise wurde Bruder Rutherford immer schwächer, und etwa drei Wochen später, am Donnerstag, dem 8. Januar 1942, beendete er seinen irdischen Lauf in Treue und stieg in die Höhen seines himmlischen Vaters zu größeren Dienstvorrechten auf.“ Um 17.15 Uhr gab man dem Hauptbüro in Brooklyn die Nachricht von seinem Tod durch ein Ferngespräch bekannt.

Wie war die Reaktion auf die Nachricht von J. F. Rutherfords Tod im Bethel Brooklyn? „Ich werde den Tag nie vergessen, an dem wir von Bruder Rutherfords Ableben erfuhren“, sagt William A. Elrod. „Es war nur eine kurze Bekanntmachung. Keiner hielt eine Ansprache.“

EIN REIBUNGSLOSER ÜBERGANG

Am Donnerstag, dem 8. Januar 1942, beendete der zweiundsiebzigjährige Joseph Franklin Rutherford seinen irdischen Lauf. Fünfundzwanzig Jahre lang war er Präsident der Watch Tower Society gewesen. Als der erste Präsident der Gesellschaft, Charles Taze Russell, im Jahre 1916 starb, waren die Bibelforscher erschüttert, und viele fragten sich, was sie noch im Dienste des Herrn tun sollten. Außerdem versuchten selbstsüchtige Männer, die Gesellschaft unter ihre Kontrolle zu bekommen, und das verursachte eine Zeitlang Probleme, obwohl ihr Widerstand und ihre Intrigen mit Gottes Hilfe völlig überwunden wurden. Der Tod von J. F. Rutherford hatte jedoch nicht solche Folgen. Natürlich glaubten Feinde des Volkes Gottes, das Werk der Zeugen Jehovas werde sich jetzt totlaufen, aber sie irrten sich. „Die theokratische Organisation ging ohne Unterbrechung oder Behinderung weiter“, erklärt Grant Suiter.

Am 13. Januar 1942 kamen alle Vorstandsmitglieder der beiden Körperschaften, deren sich Gottes Volk bedient, der pennsylvanischen und der New Yorker Körperschaft, gemeinsam im Brooklyner Bethel zusammen. Mehrere Tage davor hatte sie der Vizepräsident der Gesellschaft, Nathan H. Knorr, darum gebeten, durch Gebet und Nachsinnen ernstlich Gottes Weisheit zu suchen, und das taten sie. Ihre gemeinsame Versammlung wurde mit einem Gebet um Jehovas Leitung eröffnet, und nach sorgfältiger Erwägung wurde Bruder Knorr zum Präsidenten der Gesellschaft nominiert und einstimmig gewählt. „Niemand, den ich kannte, stellte die Ernennung Bruder Knorrs auch nur in Frage“, erzählt C. W. Barber, „und wir alle waren entschlossen, Schulter an Schulter zu kämpfen, ihn zu unterstützen und unsere Ergebenheit gegenüber der Organisation Jehovas zu beweisen. Unter allen Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft herrschte vollständige Einheit.“ Viele Telegramme und Briefe, die eingingen, zeigten, daß Jehovas Diener auf der ganzen Erde vereint entschlossen waren, das Predigtwerk fortzusetzen.

Nathan Homer Knorr wurde im Jahre 1905 in Bethlehem (Pennsylvanien) geboren. Seine Eltern waren gebürtige Amerikaner. Im Alter von sechzehn Jahren trat er mit der Versammlung der Bibelforscher in Allentown in Verbindung, und im Jahre 1922 besuchte er den Kongreß in Cedar Point, auf dem er sich entschloß, aus der reformierten Kirche auszutreten. Eine Gelegenheit, im Wasser untergetaucht zu werden als Zeichen der Hingabe an Jehova Gott, bot sich am 4. Juli 1923, als Frederick W. Franz aus dem Brooklyner Bethel die Versammlung Allentown besuchte. Bruder Fred Franz hielt die Taufansprache, und der achtzehnjährige Nathan H. Knorr war einer von denen, die an jenem Tag im Little Lehigh River getauft wurden. An diesen freudigen Tag hat sich Bruder Knorr immer gern erinnert, und welch eine Freude und ein Vorrecht ist es doch für ihn, mit Bruder Fred Franz nun schon seit über einundfünfzig Jahren Seite an Seite zu arbeiten!

Etwa zwei Monate später, am 6. September 1923, wurde Bruder Knorr ein Glied der Brooklyner Bethelfamilie. C. W. Barber kann sich noch daran erinnern: „Er war um die Mittagszeit eingetroffen, und als wir zum Mittagessen nach Hause kamen, sahen wir einen jungen Bruder, der damit beschäftigt war, seine Kleidung und andere Sachen in einem der Schränke im Raum A-9 unterzubringen. Da wir nicht wußten, daß eine Änderung vorgenommen worden war und daß er die Stelle eines Bruders einnahm, der zum [Sender] WBBR nach Staten Island versetzt worden war, mußte er einigen Protest über sich ergehen lassen. ‚Was machst du denn hier?‘ ,Wir sind schon genug im Zimmer, und es ist überbelegt.‘ Wir dachten, noch einer im Zimmer wäre zuviel. Aber wir beruhigten uns wieder, und es stellte sich heraus, daß der junge Bruder niemand anders war als Bruder N. H. Knorr. Das war nicht gerade ein passendes Willkommen, aber wir haben noch Jahre später gern über diese Situation gesprochen und herzlich darüber gelacht. Von Anfang an war es offensichtlich, daß er nicht ins Bethel gekommen war, um zu faulenzen. Er setzte sich eifrig in der Versandabteilung ein und machte schnell Fortschritte im Erledigen von Pflichten, und er tat alles, was ihm zu tun aufgetragen wurde.“

Später diente er in der Druckerei der Gesellschaft im Dispatchbüro, und am 8. Februar 1928 wurde er von Bruder Rutherford zum Mitherausgeber der Zeitschrift Das Goldene Zeitalter ernannt. Clayton J. Woodworth war der Herausgeber, Robert J. Martin der Geschäftsführer und Nathan H. Knorr der Sekretär und Kassierer. Als der Fabrikleiter Robert J. Martin am 23. September 1932 starb, ernannte J. F. Rutherford an seiner Stelle N. H. Knorr. Am 11. Januar 1934 wurde Bruder Knorr zum Vorstandsmitglied der Peoples Pulpit Association (jetzt Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc.) gewählt. Nach dem Tode von E. J. Coward wurde er am 10. Januar 1935 zum Vizepräsidenten dieser Körperschaft eingesetzt. Am 10. Juni 1940 wurde Bruder Knorr Vorstandsmitglied der pennsylvanischen Körperschaft, der Watch Tower Bible and Tract Society, und wurde als Vizepräsident eingesetzt. Seine Wahl zum Präsidenten beider Gesellschaften erfolgte am 13. Januar 1942. Er wurde auch Präsident der International Bible Students Association. Über Bruder Knorrs Einstellung zur Arbeit erzählt J. L. Cantwell: „Im Jahre 1940, als es so viel Verfolgung gab, wurden Zweigbüros geschlossen, und es fanden Pöbelaktionen statt. Eines Abends machten wir in der Fabrik Überstunden. Eine ,Feuerlöschübung‘ wurde einberufen, und Bruder Knorr, der den Vorsitz bei der anschließenden Besprechung hatte, sagte u. a.: ,Ich weiß, daß es für das Werk schlecht aussieht. Aber an eines sollte jeder von uns hier denken: Wenn Harmagedon morgen kommt, wird es unser Wunsch sein, daß die Fabrik heute die ganze Nacht in Betrieb ist.‘ “

SCHULUNG FÜR DAS LEBEN

Lange Zeit hatten Jehovas Diener die Zeugniskarte und das Grammophon in ihrem Predigtdienst benutzt. Sie sollten aber die Fähigkeit haben, von sich aus über die Bibel zu sprechen. Sie sollten ihre Hoffnung begründen können. Das war die Ansicht des neuen Präsidenten der Gesellschaft, N. H. Knorr. C. James Woodworth sagt in einem Rückblick auf die Vergangenheit: „Während zu Bruder Rutherfords Zeit besonders das Thema ,Religion ist eine Schlinge und ein Gimpelfang‘ hervorgehoben wurde, dämmerte nun eine Zeit globaler Ausdehnung, und es begann eine Schulung auf biblischem und organisatorischem Gebiet in einem Ausmaß, wie es Jehovas Volk bis dahin noch nicht erlebt hatte.“

In den folgenden Jahren sollte noch größerer Nachdruck auf biblische Schulung gelegt werden. Jehovas Zeugen waren tatsächlich in eine Zeit der Schulung für das Leben eingetreten.

KURS IM THEOKRATISCHEN DIENSTAMT

„Bruder Knorr war gerade ein paar Tage länger als einen Monat Präsident der Gesellschaft“, erklärt Henry A. Cantwell, „als Vorkehrungen für einen sogenannten Fortbildungskurs im theokratischen Dienstamt getroffen wurden.“ Und worum handelte es sich hierbei? Um eine Schule, die im Februar 1942 im Brooklyner Bethel eingeführt wurde.

C. W. Barber erklärt: „Alle männlichen Angehörigen der Brooklyner Bethelfamilie wurden eingeladen, sich eintragen zu lassen ... Der Kurs bestand zunächst aus einem Vortrag, der vor allen Teilnehmern gehalten wurde. Die Schwestern wurden eingeladen, anwesend zu sein, aber sie wurden damals noch nicht in die Schule eingetragen. Nach dem Vortrag begaben wir uns in kleinere Räume, wo alle eingetragenen Studierenden unter der Aufsicht geschulter Ratgeber Ansprachen hielten.“ L. E. Reusch fügt hinzu: „Jeden Monat hatten wir eine Wiederholung, die unser Schulunterweiser, Bruder T. J. Sullivan, vorbereitete.“

Kommt dir das bekannt vor? Wenn du ein Zeuge Jehovas bist, dann weißt du, was vor über drei Jahrzehnten im Brooklyner Bethel eingeführt wurde: die Theokratische Predigtdienstschule. Bald zogen auch andere Lobpreiser Jehovas aus dieser Schulung Nutzen. Auf ihrem Kongreß „Aufruf zur Tat“, der am 17. und 18. April 1943 in 247 Städten der Vereinigten Staaten stattfand, wurde der „Kurs im theokratischen Dienstamt“ angekündigt und demonstriert. Überraschung bereitete eine 96seitige gleichnamige Broschüre, in der erklärt wurde, wie die neue Schule in jeder Versammlung durchgeführt werden sollte, und die auch Anregungen für die wöchentlichen Unterrichtsreden enthielt. Der eingesetzte Unterweiser sollte als Vorsitzender amten und konstruktiven Rat zu sechsminutigen Studierendenansprachen geben, die die männlichen Teilnehmer über verschiedene biblische Themen halten würden.

Wenn du in die heutige Theokratische Predigtdienstschule eingetragen bist, warst du wahrscheinlich vor deiner ersten Studierendenansprache etwas nervös. Aber stell dir vor, wie es damals, Anfang der 1940er Jahre, der Fall war, als die ganze Schule noch neu war. Die erste Ansprache eines Bruders in der Schule konnte ein ziemlich aufregendes Erlebnis für ihn sein. „Meine Knie schlotterten, meine Hände zitterten, und meine Zähne klapperten“, gesteht Julio S. Ramu. „Ich blieb keine sechs Minuten auf der Bühne, denn ich hielt die fünfte Ansprache in drei Minuten. Das war mein erstes Erlebnis auf der Bühne, aber ich gab nicht auf.“ „Der König der Ewigkeit“ war das Thema der ersten Studierendenansprache von Angelo Catanzaro. „Ich werde das nie vergessen“, erzählt er. „Meine Mutter sagte, ich hätte die Ansprache mehrere Nächte lang im Schlaf gehalten.“ Aber das Gebet und das Vertrauen zu Jehova spielten eine wichtige Rolle. „Sie waren willig und versuchten es“, erklärt Louisa A. Warrington, „und es war wunderbar zu sehen, wie Jehovas Geist ihnen half ..., gewandte und sichere Redner zu werden.“

Seit Beginn des Jahres 1959 haben auch Schwestern in den Versammlungen des Volkes Gottes das Vorrecht, sich in die Theokratische Predigtdienstschule eintragen zu lassen. Sie sollten demonstrieren, wie sie sechsminutige Predigten in den Wohnungen der Menschen halten würden — eine ziemliche Herausforderung an sie! Jetzt waren sie an der Reihe, nervös zu werden. Grace A. Estep hatte eine Predigt an dem Abend zu halten, an dem Schwestern zum erstenmal in der Theokratischen Predigtdienstschule Aufgaben hatten. „Hatte ich ein Lampenfieber!“ gesteht sie. „Aber es war ein leichtes Thema, ich war sehr gut damit vertraut, und irgendwie habe ich es geschafft. Wie dankbar war ich doch hinterher für diesen zusätzlichen Segen Jehovas, obwohl es mir so schwer gefallen war!“ Ergeht es dir ebenso?

Ja, all das begann damals, im Februar 1942, im Brooklyner Bethel. Heute ist die Theokratische Predigtdienstschule ein regulärer Bestandteil des christlichen Schulungsprogramms, das auf der ganzen Erde in den Versammlungen des Volkes Jehovas durchgeführt wird. Seit ihrer Einführung hat die Theokratische Predigtdienstschule viel Gutes für Jehovas Volk bewirkt. Schon bald ließ sich eine Verbesserung der Redefähigkeit feststellen. Und so wurde die jahrzehntelange Verwendung des Grammophons nach dem Jahre 1944 durch das mündliche Zeugnisgeben der theokratischen Prediger an den Türen und in den Wohnungen der Menschen ersetzt.

Ein wichtiger Bestandteil der Theokratischen Predigtdienstschule ist das Lesen des Wortes Gottes. Es ist ein regelmäßiger Bestandteil des Programms. Eine der ersten Publikationen für die Theokratische Predigtdienstschule war das Buch „Ausgerüstet für jedes gute Werk“, das im Jahre 1946 veröffentlicht wurde. Mabel P. M. Philbrick wird dir erzählen, daß dieses Buch „ein besseres Verständnis über die Niederschrift und Bewahrung der Bibel ermöglichte sowie darüber, wie der Zusatz der Apokryphen entstand. Zum erstenmal erfuhr ich, was der Talmud, der massoretische Text und viele andere Dinge waren. Am besten von allem war die Analyse jedes Bibelbuches.“

In den darauffolgenden Jahren wurden verschiedene Publikationen für die Theokratische Predigtdienstschule vorbereitet. Darunter war das im Wachtturm-Format gedruckte Buch „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich“, das 1963 erschien. Alice Babcock spricht zweifellos vielen aus dem Herzen, wenn sie es treffend als „eine wahre Fundgrube geistiger Schätze“ bezeichnet. Dies war eine weitere Publikation, in der jedes einzelne der sechsundsechzig Bibelbücher gründlich besprochen wurde, und es wurde darin besonders hervorgehoben, inwiefern jedes Bibelbuch für Christen hellte nützlich ist.

Gegenwärtig wird in der Theokratischen Predigtdienstschule und auch zum persönlichen Bibelstudium ein Werk benutzt, das das Ergebnis von sechs Jahren Forschungsarbeit ist. Etwa 250 Brüder in über 90 Ländern lieferten dafür Beiträge, und dann überarbeitete ein besonderer Redaktionsstab das eingegangene Material im Brooklyner Hauptbüro der Gesellschaft. Das Ergebnis war ein 1 700seitiges Werk, das biblische Stichwörter von „Aaron“ bis „Zuzim“ (Susim) behandelt. Der Titel? Aid to Bible Understanding, vollendet im Jahre 1970. Es hat sich wirklich als eine Vorkehrung Jehovas erwiesen.

EIN FELDZUG ÖFFENTLICHER VORTRÄGE

Die Theokratische Predigtdienstschule brachte damals, in den 1940er Jahren, bald viele befähigte Brüder hervor, die öffentliche Vorträge halten konnten. Daher wurde im Januar 1945 ein weltweiter Feldzug öffentlicher Vorträge eingeleitet. Jeder Redner arbeitete seinen eigenen Vortrag aus, aber die Watch Tower Society sorgte für eine einheitliche Darbietung, indem sie die Themen stellte und Redepläne (von einer Seite Umfang) für diese einstündigen Vorträge zur Verfügung stellte. Dieser Vortragsfeldzug begann mit einer Serie von acht Vorträgen; das Thema des ersten lautete „Wird der Mensch als Welterbauer Gelingen haben?“

Außer dem Redner hatten auch andere Königreichsverkündiger Anteil an dem Feldzug. Inwiefern? Indem sie den Vortrag durch die Verbreitung von Handzetteln auf den Straßen und von Haus zu Haus ankündigten. Manchmal trugen die Verkündiger, die die gedruckten Einladungen verteilten, Plakate, auf denen der Vortrag angekündigt wurde. Häufig wurde der Vortrag im Königreichssaal gehalten, aber eine Vortragsserie konnte auch in einem gemieteten Saal oder irgendwo anders in einem abgelegenen Teil des Versammlungsgebietes stattfinden. Wenn du die christlichen Zusammenkünfte regelmäßig besuchst, kannst du noch heute aus diesen Zusammenkünften für die Öffentlichkeit Nutzen ziehen.

In jenen Jahren war es natürlich eine große Aufgabe, einen öffentlichen Vortrag zu halten. Das war etwas ganz Neues. W. L. Pelle erzählt: „Viele, viele Jahre lang habe ich mich immer an dem Abend, bevor ich einen öffentlichen Vortrag halten sollte, an meinem Bett niedergekniet und zu Jehova gebetet, er möge mir die Fähigkeit und Kraft geben, den Vortrag auf eine ihm wohlgefällige Weise zu halten. Ich gebe jungen Brüdern in der Theokratischen Predigtdienstschule den Rat, das gleiche zu tun, denn Jehova hat meine Bitte immer erhört, und er wird auch ihre erhören“ (Ps. 65:2).

JEHOVA SORGT FÜR EIN WELTWEITES ZEUGNIS

Vor etwa drei Jahrzehnten befand sich die Menschheit inmitten der Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Einigen mag es als unpraktisch erschienen sein, in dieser Zeit Pläne für eine weltweite Ausdehnung des Königreichspredigtwerkes zu schmieden. Aber Jehovas Geist stärkte seine Diener und veranlaßte sie voranzugehen. Es war lebenswichtig, Menschen für das Leben zu schulen.

Im September 1942 billigten Bruder Knorr und die anderen Vorstandsmitglieder der Watch Tower Society einstimmig die Gründung einer Schule, in der Missionare für die Predigttätigkeit in verschiedenen Ländern der Erde ausgebildet werden sollten. Wo sollte sie durchgeführt werden? Auf dem Besitztum der Gesellschaft in der Fingersee-Gegend im Norden des Staates New York — auf der Königreichsfarm in der Nähe von South Lansing.

Dort stand ein großes, dreistöckiges Backsteingebäude, das die Watchtower Society im Jahre 1941 gebaut hatte. Es war als Zufluchtsort für Glieder der Brooklyner Bethelfamilie gebaut worden, für den Fall, daß heftige Verfolgung ihre Versetzung an diesen Ort nötig machen sollte. Aber es hatte nie diesem Zweck gedient. Vielleicht hatte Jehova die ganze Sache gelenkt und dieses Gebäude für einen einzigartigen Zweck vorgesehen. Nun wurden Pläne für eine neue Einrichtung zur theokratischen Schulung gemacht. Die Schule selbst würde Watchtower Bible College of Gilead heißen. Später wurde sie Watchtower Bible School of Gilead (Wachtturm-Bibelschule Gilead) genannt.

Es herrschte eine fieberhafte Tätigkeit. Anfang Oktober 1942 bereiteten A. D. Schroeder, Maxwell G. Friend und Eduardo F. Keller die Kurse vor, die von der leitenden Körperschaft umrissen worden waren, arbeiteten Vorträge aus, beschafften sich Lehrbücher und stellten eine Bibliothek zusammen. Gleichzeitig wurden die bestehenden Gebäude auf der Königreichsfarm umgebaut, um Platz für eine Bibliothek, einen Hörsaal, Klassenzimmer, Schlafräume und andere Räumlichkeiten zu schaffen. Das waren aufregende Monate.

Stell dir die Überraschung gewisser Pioniere vor, die plötzlich einen Bewerbungsbogen für die neue Schule erhielten! Doch noch größere Aufregung herrschte, als die Bewerbungen angenommen wurden. „Wir fühlten uns völlig ungeeignet, aber wir waren dankbar für das Vorrecht“, erklären Bruder Charles Eisenhower und seine Frau. „Unsere Bewerbungen wurden angenommen. Wir verkauften unser Auto und den Wohnwagen und fuhren zur Schule. Es war die erste Klasse Gileads. Die Schule war neu, die Klassen waren neu, und die Unterweiser und Studenten waren neu.“

Nun kam der mit Spannung erwartete Eröffnungstag — Montag, der 1. Februar 1943. Schnee lag auf den Feldern der Königreichsfarm. Es war ein kalter Wintertag. Doch im Verwaltungsgebäude waren 49 Männer und 51 Frauen — teils verheiratet, teils ledig — freudig versammelt. Außerdem waren zur Eröffnungsfeier der Schule die Vorstandsmitglieder der Gesellschaft, die Unterweiser sowie Freunde und Verwandte erschienen — insgesamt 161 Personen.

F. W. Franz und W. E. Van Amburgh sowie andere Brüder hielten Vorträge. Bruder Knorr selbst hielt die Willkommens- und Eröffnungsansprache. Zweifellos stimmten alle Anwesenden völlig mit seinen Äußerungen überein: „Jehova Gott hat dafür gesorgt, daß dieses Land und dieses Gebäude, das ,Gilead‘ heißt, für seinen Zweck bereitstanden. Ihm zollen wir allen Dank, und ihn müssen wir loben.“ Ohne Frage war die Gründung dieser Schule ein bedeutender Schritt in der theokratischen Entwicklung.

Bibelkunde, Theokratischer Predigtdienst, Öffentliches Sprechen, Göttliches Recht, Biblische Themen — das waren einige der Fächer, denen die fleißigen Studenten während ihres fünfmonatigen Kurses ihre Aufmerksamkeit schenkten. Außerdem erlernten sie eine Fremdsprache — in der ersten Klasse war es Spanisch. Es gab wirklich vieles zu lernen. Die Gileadstudenten verrichteten aber auch an jedem Schultag bestimmte Arbeiten auf der Farm und im Haushalt. Das half ihnen unter anderem, ihre Nervosität zu überwinden. Wochentags waren die Abende dem persönlichen Studium gewidmet. Die Wochenenden boten gute Gelegenheiten, sich an dem lebenrettenden Königreichspredigtwerk zu beteiligen. Studenten und Unterweiser beteiligten sich gemeinsam am Predigtdienst.

Der Zweite Weltkrieg tobte noch, als die ersten Klassen die Gileadschule absolvierten. Da es damals praktisch unmöglich war, Missionare nach Europa und nach Westen auf die Inseln des Meeres sowie nach Asien zu senden, wurden sie zunächst nach Kuba, Mexiko, Costa Rica, Puerto Rico, Kanada und Alaska geschickt. Seither sind sie bis an die Enden der Erde ausgezogen, um die gute Botschaft vom Königreich „zu einem Zeugnis“ zu predigen (Matth. 24:14).

Die 35. Klasse der Gileadschule hatte ihre Abschlußfeier am 24. Juli 1960 auf der Königreichsfarm. Die 36. Klasse begann am Montag, dem 6. Februar 1961, in dem Besitztum der Watch Tower Society in Brooklyn (New York), Columbia Heights 107. Wie nützlich ist es doch, diese Schule im Hauptbüro der Gesellschaft zu haben! Die Studenten haben jetzt das Vorrecht, mehr Vorträge von Brüdern zu hören, die zum Mitarbeiterstab der Gesellschaft gehören, zum Beispiel von Gliedern der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas.

Drei Jahrzehnte sind vergangen, seit die Wachtturm-Bibelschule Gilead ihren Anfang nahm. Bis heute haben über 5 500 Studenten diese Institution zur theokratischen Schulung besucht. Davon sind noch über 2 500 im Vollzeitdienst tätig und predigen die gute Botschaft vom Königreich in allen Teilen der Welt.

KÖNIGREICHSDIENSTSCHULE

Im Laufe der Jahre wurde immer mehr Nachdruck auf die theokratische Schulung für das Leben gelegt. Im Jahre 1958 wurde ein Studienkurs für eine neue Schule vorbereitet. Diese Schule war für Aufseher bestimmt. Sie wurde als Königreichsdienstschule bezeichnet, und ihr Kurs umfaßte ursprünglich 24 Schultage mit 96 Unterrichtsstunden und 20 Unterrichtsreden oder Vorträgen. Die Fächer waren „Königreichslehren“, „Felddienst“, „Redeschulung“ und „Aufseher“. Die erste Gruppe, die an der Königreichsdienstschule teilnahm, bestand aus 25 Teilnehmern: aus Kreisdienern (-aufsehern) und ihren Frauen, die noch keine Gileadabsolventen waren. Der erste Kurs lief vom 9. März bis 3. April 1959 in den Räumlichkeiten der Gesellschaft in der Nähe von South Lansing (New York). Am 9. April 1967 wurde die Schule in das Hauptbüro nach Brooklyn verlegt.

Im Laufe der Zeit gab es einige Änderungen in der Königreichsdienstschule. So wurde der Kurs zum Beispiel von vier auf zwei Wochen verkürzt. Zum Nutzen des Volkes Jehovas gibt es in vielen Ländern der Erde Königreichsdienstschulen. In einer Anzahl Länder reisen die Unterweiser von einem Ort zum anderen und benutzen Königreichssäle zur Durchführung der Schule. Diese Vorkehrung dient zum Nutzen der Ältesten, die so die Möglichkeit haben, die Schule an einem für sie günstig gelegenen Ort zu besuchen. Wie dankbar kann Jehovas Volk für diese großartige Schulung sein! Die Königreichsdienstschule hat viel dazu beigetragen, christliche Aufseher für ihre Pflichten und Vorrechte auszurüsten.

Eine weitere interessante Seite der theokratischen Schulung für das Leben darf nicht übersehen werden. Viele Menschen, die im Laufe der Jahre biblische Erkenntnis erlangen wollten, sind Analphabeten gewesen, aber ihr Problem ist nicht außer acht gelassen worden. In vielen Ländern hat die Organisation des Volkes Gottes Klassen eingerichtet, in denen das Lesen und Schreiben gelehrt wird. In einigen Fällen haben Regierungsvertreter diese Einrichtungen sehr gelobt. Männer und Frauen haben lesen und schreiben gelernt, und viele von ihnen haben Fortschritte gemacht und erfreuen sich großartiger Dienstvorrechte zu Jehovas Ruhm und Ehre.

„VORWÄRTS!“ LAUTET DAS SIGNAL

Im Jahre 1942 erkannten Bruder Knorr und seine Mitarbeiter, daß noch viel Arbeit zu tun war. Und so wurde auf dem „Theokratischen Neue-Welt-Kongreß“ der Zeugen Jehovas, der vom 18. bis 20. September 1942 stattfand, das „Vorwärts!“-Signal gegeben. Cleveland (Ohio) war die Hauptkongreßstadt, und mit ihr waren 51 andere Kongresse überall in den Vereinigten Staaten verbunden.

Den Schlüsselvortrag des Kongresses hielt F. W. Franz am Freitag, dem 18. September 1942, abends. Das Thema lautete: „Das einzige Licht“ und stützte sich auf Jesaja, Kapitel 49 und 60. In diesem Vortrag erklang ganz deutlich das Signal „Vorwärts!“ Julia Wilcox schreibt: „Ich glaube nicht, daß am Schluß des Schlüsselvortrages ,Das einzige Licht’ irgend jemand unter den Zuhörern dachte, nun sei die Zeit gekommen, im Eifer nachzulassen und auszuruhen. Nein, jetzt war es für Gottes Volk an der Zeit, ‘aufzustehen und zu leuchten’, um weiterhin das einzige Licht in der Finsternis dieser alten Welt widerzuspiegeln.“

Bruder Knorr folgte F. W. Franz im Programm und sprach über das Thema „ ‚Das Schwert des Geistes‘ präsentieren“. Er begann seinen Vortrag mit den bedeutsamen Worten: „Es ist noch Arbeit zu tun, viel Arbeit!“

Ein weiteres Anzeichen dafür, daß es noch Arbeit zu tun gab, waren Äußerungen, die während des öffentlichen Vortrages am Sonntagnachmittag, am 20. September, gemacht wurden. Das Thema? Das war tatsächlich merkwürdig, da die Nationen tief in den Zweiten Weltkrieg verstrickt waren. Es lautete: „Weltfriede — ist er von Bestand?“

Bruder Knorr erkannte, daß dies ein sehr wichtiger Vortrag sein würde. Er war entschlossen, mit Jehovas Hilfe sein Bestes zu geben. „Schon Monate vorher“, erzählt L. E. Reusch, „konnte ich hören, wie er buchstäblich Dutzende von Malen seinen öffentlichen Vortrag, Weltfriede — ist er von Bestand?’ laut übte. Mein Zimmer im Bethel befand sich direkt unter dem Zimmer des Präsidenten. Daher weiß ich persönlich, wie lange und gründlich er den Vortrag geübt hat.“

In diesem flüssigen einstündigen Vortrag wurde der Völkerbund mutig als das scharlachfarbene politische Tier aus Offenbarung, Kapitel 17 identifiziert. Es wurde erklärt, daß der Völkerbund, der sich damals im Abgrund der Untätigkeit befand, ‘nicht war’, aber nicht im Abgrund bleiben würde (Offb. 17:8). Er würde wieder hervorkommen. „Aber beachte folgendes“, erklärte N. H. Knorr, „die Prophezeiung zeigt, daß, wenn das ,Tier‘ am Ende dieses totalen Krieges wieder aus dem Abgrund herauskommt, es mit der Hure ,Babylon’ auf seinem Rücken herauskommen wird oder sie sich auf seinen Rücken setzen wird, sobald es wieder herauskommt.“ Doch weder der von Menschen gemachte Friede noch das scharlachfarbene wilde Tier würden von Bestand sein. Bald würde das wilde Tier selbst völlig vernichtet werden.

Über diesen Vortrag sagte Marie Gibbard später: „Wie klar wurde uns doch die Prophezeiung aus Offenbarung 17, als gezeigt wurde, daß der Völkerbund aus dem Abgrund hervorkommen und ein unsicherer Friede herrschen würde, der nicht von Bestand wäre! Welch ein wunderbarer Schutz war das doch für uns davor, von den darauffolgenden Weltereignissen mitgerissen zu werden — von dem Jubel, der in diesem Lande herrschte, als ... [die Siege über Deutschland und Japan bekannt wurden] und als dann, im Jahre 1945, die Vereinten Nationen als die Lösung für künftigen Frieden gepriesen wurden! Dieser Vortrag hinterließ bleibende Eindrücke, und wir konnten ihn praktisch anwenden.“ Auch die Schlußfolgerung war offensichtlich. Jehovas Diener hatten ein Werk zu tun, und es würde noch einige Zeit verbleiben, um es zu verrichten.

REISENDE HIRTEN DER HERDE

Auf jenem Kongreß im Jahre 1942 wurde angekündigt, daß Beauftragte der Watch Tower Society regelmäßig Versammlungen des Volkes Gottes besuchen würden. (Früher hatten die Zonendiener diese Arbeit verrichtet, aber ihre Tätigkeit und die der Bezirksdiener sowie das Abhalten von Zonenversammlungen war mit Wirkung vom 1. Dezember 1941 eingestellt worden.) Ab 1. Oktober 1942 sollten nun wieder reisende Beauftragte der Gesellschaft ausgesandt werden. Diese Brüder waren als „Diener für die Brüder“ bekannt und waren mit den heutigen Kreisaufsehern vergleichbar. „Sie überprüften die Aufzeichnungen der Versammlungen und halfen den Brüdern bei der Förderung der Königreichsinteressen“, erzählt Schwester J. Norris. „All das führte uns vor Augen, wie Jehova für sein Volk durch seine Organisation sorgt.“

Vom 15. Oktober 1946 an sollten in Verbindung mit dieser Tätigkeit einige Neuerungen eingeführt werden. Das Feld sollte in Kreise mit jeweils etwa 20 Gruppen (Versammlungen) aufgeteilt werden. Jede dieser Gruppen sollte eine Woche lang von einem reisenden Aufseher besucht werden, der in erster Linie daran interessiert wäre, den Zeugen in ihrem Predigtdienst von Haus zu Haus zu helfen. Zweimal jährlich sollten sich alle Versammlungen eines Kreises an einem bestimmten Ort zu einem dreitägigen Kreiskongreß versammeln, dessen Vorsitzender ein „Bezirksdiener“ wäre. In den folgenden Jahren gab es einige Änderungen in dieser Vorkehrung, und falls du ein Zeuge Jehovas bist, kommen sie dir heute noch zugute. Doch wie war es vor einigen Jahren?

Nehmen wir den Bezirksdienst der 1940er Jahre als Beispiel für die Anstrengungen, die diese willigen Hirten der Herde Gottes unternahmen. Blicken wir zum Beispiel auf das Ende der 1940er Jahre zurück, als Nicholas Kovalak jr. einer der wenigen Brüder war, die damals in den Vereinigten Staaten als Bezirksdiener tätig waren. Über den Oktober 1949 sagt er: „In jenem Monat reiste ich über 6 430 Kilometer mit dem Auto.“ Er erzählt: „Ich hatte fünf Kreiskongresse an den Wochenenden zu besuchen, und zwischendurch diente ich in verschiedenen Versammlungen. So reiste ich, hielt Ansprachen, gab Zeugnis, überprüfte die Unterlagen, aß, studierte, las und hatte ein wenig Zeit zum Schlafen.“ In einer Woche reiste er über 3 000 Kilometer, um zwei Versammlungen zu dienen und am Wochenende einen Kreiskongreß zu besuchen. Natürlich mußte er nicht immer so weit fahren. „Heute, wo es mehr Versammlungen gibt, ist alles viel einfacher“, gesteht Bruder Kovalak. „Jehova ist gut zu uns und hilft uns.“

Auch heute sind die Kreis- und Bezirksaufseher ernsthaft an ihren Mitanbetern interessiert. Sie bemühen sich, ihnen im Predigtdienst zu helfen und sie geistig zu erbauen. Kreiskongresse spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Förderung der Königreichsinteressen. Wußtest du, daß in den Vereinigten Staaten im vergangenen Dienstjahr jede Woche durchschnittlich 20 Kreiskongresse mit einer durchschnittlichen Besucherzahl von 1 605 Personen abgehalten wurden? Im ganzen Jahr waren es 1 064 Kreiskongresse mit einer Besucherzahl von 1 708 143 Personen.

NEUTRALE CHRISTEN BEZIEHEN STELLUNG

Als die neue Verwaltung der Watch Tower Society Anfang der 1940er Jahre ihre Arbeit aufnahm, war der Zweite Weltkrieg im Gange, und eine Anzahl christlicher Männer erlebten eine Prüfung ihrer Lauterkeit gegenüber Jehova. Im Jahre 1940 trat in den Vereinigten Staaten, die damals noch nicht in den Krieg eingetreten waren, das Aushebungs-, Ausbildungs- und Wehrdienstgesetz (Selective Training and Service Act) in Kraft. Dieses Gesetz ermöglichte die Aushebung junger Männer von über achtzehn Jahren zum Militärdienst, aber „regelmäßig wirkende oder rechtmäßig ordinierte Prediger [Geistliche]“ konnten in die Klasse IV-D eingestuft und davon befreit werden. In den meisten Fällen lehnte man es ab, Jehovas Zeugen als Prediger einzustufen. Sie waren weder aufrührerisch, noch mischten sie sich in militärische oder andere Bestrebungen menschlicher Regierungen ein. Aber sie waren entschlossen, als Christen strenge Neutralität zu bewahren (Joh. 17:16). Außerdem hatten sie ‘ihre Schwerter zu Pflugscharen geschmiedet’ (Jes. 2:2-4).

In Tausenden von Fällen argumentierten die Staatsanwälte, Jehovas Zeugen müßten zuerst in die Armee eintreten, bevor sie bei den Bundesgerichten um Befreiung ersuchen könnten. Daher wurden diejenigen, die ihre Lauterkeit bewahrten, von den Bundesbezirksgerichten ins Gefängnis geschickt, und eine ganze Anzahl erhielt die Höchststrafe von fünf Jahren Haft und eine Geldstrafe von 10 000 Dollar. Interessanterweise wies bei der Verurteilung von Eugene R. Brandt und sechs anderen Zeugen der Richter auf die Flagge, die hinter seinem Richterstuhl an der Wand hing, und sagte, wie sich Bruder Brandt erinnert: „Sehen Sie diese Fahne? Nun, ich kann das Angesicht meines Gottes in dieser Fahne sehen, und daher lehne ich es nicht ab, sie zu verehren, und genauso sollten auch Sie denken.“

DIE ZEIT IM GEFÄNGNIS GUT AUSNUTZEN

Die erste Nacht hinter Gefängnisgittern war ein Erlebnis. Der Pionier Daniel Sydlik (der jetzt im Brooklyner Bethel dient) wurde im Jahre 1944 wegen seiner christlichen Neutralität eingesperrt. Er erinnert sich noch, wie er auf seiner Pritsche lag und zuhörte, wie sich die Stahltüren donnernd schlossen. Das Geräusch der sich schließenden Türen kam immer näher, bis seine Zellentür plötzlich zitterte, dann langsam rollte und sich schließlich schloß. Er sagt: „Plötzlich überwältigte mich ein Gefühl der Übelkeit. Ich fühlte mich in einer Falle gefangen, ohne Ausweg. Dann überkam mich ein anderes Gefühl, das genauso überwältigend war, und ich verspürte großen Frieden und Freude, den Frieden, von dem die Bibel spricht — ‘den Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft’ “ (Phil. 4:7).

Bruder Sydlik wurde schließlich, wie so viele andere, ins Bundesgefängnis gebracht. Was taten diese neutralen Christen dort? Sie nutzten ihre Zeit gut. Es wurde ihnen erlaubt, nach ihrer Arbeit im Gefängnis Zusammenkünfte abzuhalten, um die Bibel und Veröffentlichungen der Watch Tower Society zu studieren. Sie verbesserten auch ihre Allgemeinbildung, indem sie Fremdsprachen lernten, zum Beispiel Spanisch oder Griechisch. Über die Christen, die in Mill Point (West Virginia) eingesperrt waren, erzählt Rudolph J. Sunal: „Wir hatten unser Versammlungsbuchstudium ... Jede Schlafraumgemeinschaft hatte ihre Dienstzusammenkunft und die Theokratische Predigtdienstschule. ... Sonntags hatten wir unser Wachtturm-Studium in der Bibliothek. ... Eine weitere Vorkehrung, die wir einrichten konnten, war das Vorrecht von Minikongressen. ... In einem Sommer benutzten wir dazu den Fußballplatz, und wir hatten ein Klavier und andere Musikinstrumente und erlebten ein äußerst lehrreiches Programm.“

Bezüglich des christlichen Schulungsprogramms, das damals im Gefängnis durchgeführt wurde, sagt F. Jerry Molohan: „Unsere Studienzusammenkünfte aller Art waren ausnahmslos gut besucht, und sie waren so lehrreich, daß wir die ,Ehrenfarm des Leavenworth-Gefängnisses‘ humorvoll ,Stonewall College‘ nannten.“

Die Watch Tower Society war sehr um das geistige Wohl dieser jungen Männer besorgt. Daher wurden Vorkehrungen getroffen, daß bestimmte Brüder, zum Beispiel A. H. Macmillan und T. J. Sullivan, sie regelmäßig besuchten. Wozu? Um ihnen biblischen Rat zu geben und sie zu ermuntern.

Ob frei oder im Gefängnis, suchen Jehovas Zeugen immer Möglichkeiten, ihren Auftrag, Jünger zu machen, zu erfüllen (Matth. 28:19, 20). Zwar hatten diese neutralen Christen damals nur begrenzte Möglichkeiten, aber dadurch wurden sie nicht völlig zum Schweigen gebracht. Bruder Molohan äußert sich diesbezüglich: „Aus einer Gelegenheit machte ich das Beste. Ein gutmütiger Mann, Frank Ryden, der zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden war, wurde mein erster ‘Empfehlungsbrief’; er wurde in einem Maultiertrog getauft“ (2. Kor. 3:1-3).

EIN GNADENGESUCH

Am 10. August 1946 wurde eine wichtige Resolution von 60 000 Delegierten des „Theokratischen Kongresses fröhlicher Nationen“, den Jehovas Zeugen in Cleveland (Ohio) durchführten, einstimmig angenommen. Darin wurde der Präsident der Vereinigten Staaten ersucht, über 4 000 unrechtmäßig verurteilten und eingesperrten Zeugen volle Amnestie zu gewähren. Durch eine solche Gnadenerweisung würden diese neutralen Christen, denen die Wehrdienstbehörden und Bundesgerichte in den Jahren 1940 bis 1946 ihre Rechte verweigert hatten, die Bürgerrechte wiedererlangen.

„Zu meiner Überraschung“, erzählt Edgar C. Kennedy, „kündigte der Vorsitzende an, daß ein Beauftragter der Gesellschaft die Resolution, in der für all diese Männer um volle Amnestie gebeten wurde, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten persönlich überreichen würde. Da Präsident Harry Truman ein früherer Offizier war, mit dem ich im Ersten Weltkrieg gedient hatte, dachte ich, es wäre gut, wenn ich dies dem Büro des Vorsitzenden mitteilte, und das tat ich auch.“ Und so kam es, daß am Freitag, dem 6. September 1946, der Rechtsberater der Gesellschaft, ein weiterer Rechtsanwalt und Bruder Kennedy, ein Pionier, mit dem Präsidenten um 12.30 Uhr für etwa vierzig Minuten zusammenkamen. Wie Bruder Kennedy erzählt, hörte Truman, während der Rechtsanwalt der Gesellschaft die Punkte der Resolution vortrug, aufmerksam zu bis zu der Stelle, in der um Amnestie gebeten wurde. An dieser Stelle, erinnert er sich, „brach Truman in Wut aus und sagte: ,Ich habe keine Verwendung für einen Hurensohn, der nicht für sein Land kämpfen will. Außerdem kann ich die Respektlosigkeit nicht leiden, die Sie gegenüber der Fahne zeigen.‘ “ Bruder Kennedy erzählt weiter:

„Jetzt wußte ich, daß ich an der Reihe war zu sprechen. Ich gab mich als früherer Offizierskamerad zu erkennen und sagte, ich sei dafür verantwortlich gewesen, daß seine Batterie mit all der Munition versorgt worden sei, die sie während des Krieges verschossen habe. Ich nahm eine Fotografie der Regimentsoffiziere aus meiner Aktentasche und legte sie auf seinen Schreibtisch. Er sah sie sich an und sagte, das gleiche Bild hänge in seiner Bibliothek über seinem Schreibtisch. Darauf erklärte ich ihm, es sei schwerer, für christliche Grundsätze zu kämpfen, als im Krieg zu kämpfen. Ich erklärte ihm kurz den Grund, weshalb Jehovas Zeugen nicht die Fahne grüßen. Er hörte zu und sagte dann: ,Ich habe mich wohl geirrt.‘ “

Wie Bruder Kennedy erzählt, schenkte der Präsident danach dem Rechtsanwalt der Gesellschaft seine Aufmerksamkeit, „der nun das Gesuch um die Freilassung der Zeugen Jehovas, die aufgrund des Wehrdienstgesetzes im Gefängnis gehalten wurden, zu Ende vortrug. Truman sagte schließlich, er werde die Sache mit dem Justizminister besprechen.“

Einige Zeit später setzte Präsident Truman einen Amnestieausschuß ein. Dieser untersuchte Tausende von Gerichtsakten und Unterlagen der Wehrdienstbehörden und empfahl darauf, einige Personen zu begnadigen. Aber am 23. Dezember 1947 begnadigte Truman nur 136 Zeugen Jehovas, wohingegen er insgesamt 1 523 Personen Amnestie gewährte. Andere religiöse Gruppen, von denen insgesamt 1 000 Männer im Gefängnis saßen, verglichen mit den 4 300 Zeugen, erhielten den Löwenanteil. Folglich wurde die große Mehrheit dieser neutralen Christen diskriminiert, und zwar deshalb, weil sie fest entschlossen waren, Jehova Gott gegenüber die Lauterkeit zu bewahren.

DER GESETZLICHE KAMPF WIRD FORTGESETZT

In den Fällen Smith und Estep entschied das Oberste Bundesgericht am 4. Februar 1946, daß die unteren Bundesgerichte unrecht gehandelt hatten, als sie Jehovas Zeugen das Recht auf ein unparteiisches Verhör versagt und bestimmt hatten, daß sie zuerst in die Armee eintreten müßten, bevor sie sich vor Gericht verteidigen könnten. Am 23. Dezember 1946 erweiterte das Oberste Bundesgericht in Verbindung mit den Fällen Gibson und Dodez das Gesetz in dem Sinne, daß den Zeugen Jehovas, die angeklagt worden waren, sich nicht in den Lagern für Kriegsdienstverweigerer gemeldet zu haben oder nicht in solchen Lagern geblieben zu sein, nachdem sie sich gemeldet hatten, gestattet wurde, sich vor Gericht zu verteidigen.

Die Staatsanwälte argumentierten, die Vollzeitpioniere seien nicht berechtigt, vom Wehrdienst und von der militärischen Ausbildung befreit zu werden, weil sie keine festen Versammlungen hätten. Außerdem vertraten die Staatsanwälte die Ansicht, daß Gruppendiener (vorsitzführende Aufseher) keinen Anspruch auf Befreiung hätten, da sie keine aus Laien bestehenden Versammlungen hätten, sondern den Vorsitz über Versammlungen führten, die aus Zeugen Jehovas beständen. Diese Argumente wurden am 30. November 1953 vom Obersten Bundesgericht im Fall Dickinson widerlegt, der zugunsten der Zeugen Jehovas entschieden wurde. Dadurch wurde ein Präzedenzfall geschaffen, nach dem sich alle Bundesgerichte zu richten hatten.

FEST IM GLAUBEN TROTZ GEFÄNGNISHAFT

Wenn man drei Jahrzehnte zurückblickt auf die Zeit, in der so viele Christen aufgrund ihrer Lauterkeit ins Gefängnis kamen, mag man sich fragen, wie man sich wohl selbst unter ähnlichen Umständen verhalten würde. Es spielt wirklich keine Rolle, welche Entschuldigung der Feind benutzt, um Gottes Diener anzugreifen. Mit Jehovas Hilfe kann man seine Lauterkeit bewahren, wie das schon jene Hunderte von neutralen Christen vor vielen Jahren taten. Im Jahre 1965 sprach Stanley Ernest Jones zu über 34 700 Personen im New Yorker Yankee Stadium, nachdem er sieben Jahre in Rotchina inhaftiert gewesen war. Im Gefängnis hatte er viel über die Heilige Schrift nachgedacht und gebetet, und er hatte sich mit Hilfe des Geistes Jehovas geistig stark erhalten. Aber er erwähnte noch etwas: „Schließlich werden wir nur ,zehn Tage lang’ Drangsal haben. Mit anderen Worten, die Drangsal wird ein Ende haben. Alles hat zur bestimmten Zeit ein Ende, darum harren wir einfach aus; Gott hilft uns, standhaft zu bleiben“ (Offb. 2:10).

Ein Mitmissionar, Harold King, verbrachte fast fünf Jahre in einem chinesischen Gefängnis. Auch er war geistig stark geblieben. Wußtest du, daß er, während er in Haft war, sogar Lieder komponierte, die sich auf biblische Gedanken stützten? Ja, das Liederbuch, das Jehovas Zeugen heute benutzen — „Singt und spielt dabei Jehova in euren Herzen“ —, enthält eine Melodie, die Bruder King im Gefängnis komponiert hat. Es ist das Lied Nr. 10: „Von Haus zu Haus“. Habe also keine Furcht vor der Zukunft. Jehova kann dich genauso stützen, wie er die inhaftierten neutralen Christen in den Vereinigten Staaten sowie viele andere, die ihre Lauterkeit bewahrten, stützte, wie zum Beispiel Bruder Jones und Bruder King, die die harte Erfahrung machten, im kommunistischen China in einem Gefängnis eingesperrt zu sein.

HELFENDE HÄNDE RÜHREN SICH

Mit dem 2. September 1945 kam das Ende des Zweiten Weltkrieges. Bald wurden in vielen Ländern die Zweigbüros der Watch Tower Society wiedereröffnet. Versammlungen wurden neu gegründet, und immer mehr geistige Speise wurde erhältlich. Doch benötigten die Christen in den vom Krieg zerrissenen Ländern auch materielle Dinge. Daher setzte Jehovas Volk aus christlicher Liebe zu ihren bedürftigen Mitgläubigen eine zweieinhalbjährige weltweite Hilfsaktion in Gang (Joh. 13:34, 35). Zeugen Jehovas in den Vereinigten Staaten, in Kanada, der Schweiz, in Schweden und anderen Ländern spendeten Kleidung und Geld für Nahrungsmittel, um Christen in Belgien, Bulgarien, China, Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, in Norwegen, Österreich, auf den Philippinen, in Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und in Ungarn zu helfen.

„Am Ende des Zweiten Weltkrieges“, erinnern sich Hazelle und Helen Krull, „kehrten unsere Brüder aus den Gefängnissen zurück. Viele von ihnen waren krank und hatten all ihr Hab und Gut verloren, andere waren von ihrer Familie getrennt worden und wußten nicht, ob ihre Angehörigen noch am Leben waren. Aber trotz alledem waren sie in geistiger Hinsicht erstaunlich stark. Sie wurden von ihren Brüdern auf der ganzen Welt willkommen geheißen. Sie waren in erster Linie daran interessiert, das Königreichswerk zu reorganisieren, die gleiche gute Botschaft zu predigen, für die sie ins Gefängnis gegangen waren, und ihre biblische Erkenntnis aufzufrischen. Zu beobachten, welch großen Eifer sie nach solch großen und langwährenden Mühsalen hatten, war für uns ein Ansporn, und wir waren glücklich über das Vorrecht, ihnen wenigstens ein bißchen zu helfen, ihre materiellen Bedürfnisse zu stillen. Es wurden Kleider, Schuhe und andere notwendige Artikel gesammelt und in den Königreichssälen sortiert und schließlich von Lastwagen abgeholt, um an unsere Brüder versandt zu werden. Auf diese Weise wurden viele, viele Tonnen liebevoll gespendet.“

Die Gesamtmenge der Kleidersendungen betrug 479 114 Kilogramm. Die Gesamtmenge der Lebensmittel belief sich auf 326 081 Kilogramm. Außerdem wurden im Rahmen dieser Hilfsmaßnahmen 124 110 Paar Schuhe an bedürftige Christen geschickt. All dies belief sich auf einen Wert von 1 322 406.90 $. Diese Liebesgaben wurden sehr geschätzt. Über eine Äußerung der Dankbarkeit berichtet Esther Allen: „Als ich den Dankesbrief las, der zurückkam, kamen mir die Freudentränen.“ So kam es, daß die amerikanischen Brüder im Austausch für die materiellen Gaben große Dankbarkeit zu verspüren bekamen und einen ermutigenden Bericht der Lauterkeit erhielten.

Im Laufe der Jahre hatten Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten verschiedene Gelegenheiten, ihren Mitgläubigen im eigenen Land und auch im Ausland in materieller Hinsicht zu helfen. Zum Beispiel wurde Peru im Jahre 1970 von Erdbeben heimgesucht. Versammlungen in Lima sammelten Kleider, Nahrung und Geld und brachten unverzüglich ungefähr 7 Tonnen Vorräte in das betreffende Gebiet. Jehovas Zeugen in New York spendeten über 10 Tonnen Kleider. Das war tatsächlich mehr Kleidung als benötigt wurde. Außerdem schickte die Watch Tower Society ihrem Zweigbüro 20 000 $, damit das besorgt werden konnte, was die Brüder in dem heimgesuchten Gebiet benötigten. Ähnliche Hilfe wurde geboten, als ein Erdbeben im Jahre 1972 Managua (Nicaragua) zerstörte. Solche Beispiele christlicher Liebe erinnern an die von Herzen kommende Großzügigkeit der Christen des ersten Jahrhunderts (2. Kor. 9:1-14).

Doch Jehovas Zeugen helfen ihren Mitanbetern nicht immer nur in materieller Hinsicht. Wußtest du, daß Jehovas Diener in den Vereinigten Staaten und in anderen Ländern im Jahre 1961 Tausende von Briefen an die spanische Regierung schrieben und darum baten, sie möge Gottes Volk in diesem Land Religionsfreiheit gewähren? Und im Jahre 1968 schrieben sie an die Regierung Malawis und protestierten gegen die Mißhandlung der dortigen christlichen Zeugen Jehovas. Sie haben ein wahrhaft liebevolles Interesse an ihren Brüdern auf der ganzen Erde.

HISTORISCHE KONGRESSE ZUR EHRE JEHOVAS

Große Zusammenkünfte des Volkes Gottes waren stets, in alter und in neuer Zeit, Gelegenheiten zur geistigen Erbauung. Oft waren sie auch Zeiten großer Freude (5. Mose 31:10-13; Neh. 8:8, 12). Das traf auf den „Theokratischen Kongreß fröhlicher Nationen“ zu, den Jehovas Zeugen im ersten Nachkriegsjahr, vom 4. bis 11. August 1946, in Cleveland (Ohio) abhielten. Dieser Kongreß war anders als alle vorhergehenden. Zwar hatte es schon in früheren Jahren Kongresse gegeben, bei denen mehrere Städte in verschiedenen Ländern durch Radio oder Telefon miteinander verbunden und die von großen Zuhörerscharen besucht worden waren. Aber auf dem „Theokratischen Kongreß fröhlicher Nationen“ hatte Gottes Volk zum erstenmal einen internationalen Kongreß von solchem Ausmaß, daß in einer Stadt Delegierte aus allen Teilen der Erde zusammengebracht wurden.

Eine gewaltige Aufgabe vor dem Kongreß bestand darin, Unterkünfte für die Delegierten zu finden. Dies wurde durch eine gründliche Suche von Haus zu Haus erreicht. Viele Delegierte wurden jedoch im Wohnwagenlager der Zeugen untergebracht, wo schließlich eine Gemeinschaft von 20 000 Menschen entstand, die dort bequem und billig lebten. Natürlich benötigten die Delegierten auch physische Nahrung, und so gab es auf dem Kongreßgelände eine beachtliche Cafeteria. Dort konnten innerhalb einer Stunde 15 000 bis 20 000 Personen verköstigt werden.

Am wichtigsten war natürlich die geistige Speise, und diese wurde in Fülle dargereicht. Zum Beispiel sprach F. W. Franz über das Thema „Die Ernte, die Vollendung des Zeitalters“ — eine interessante Erklärung des Gleichnisses Jesu Christi vom Weizen und vom Unkraut (von der Spreu) (Matth. 13:24-30, 36-43). Auf dem gleichen Kongreß sprach L. A. Swingle über das Thema „Erwachet!“ Er beschrieb die Welt des zwanzigsten Jahrhunderts als eine künstliche, harte, kontrollierte, elektronische Welt der Atomzertrümmerung und der Düsenflugzeuge, die sich an den Rand der Vernichtung begebe, da sie es versäume, hinsichtlich der wahren Probleme, denen die Menschheit gegenüberstehe, zu erwachen. Bruder Knorr sprach über das Thema „Eine Antwort auf den Weckruf“ und forderte seine Zuhörer auf, wach zu sein, wach zu bleiben und Erwachet! zu lesen. Ja, die neue Zeitschrift Erwachet! sollte die Zeitschrift Trost ersetzen, die früher als Das Goldene Zeitalter bekannt war. Viele Jahre später konnte Henry A. Cantwell sagen: „Die Zeitschrift Erwachet! ist zweifellos ihrem Namen gerecht geworden, indem sie vielen geholfen hat, aus dem Schlaf der Lethargie zu erwachen und sich der wahren Anbetung zuzuwenden.“

Andere werden sich an diesen begeisternden Kongreß erinnern, weil sie damals ein ausgezeichnetes Bibelstudienhilfsmittel erhielten: das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“. Von der ersten Ausgabe wurden innerhalb von sechs Jahren über 10 500 000 Exemplare gedruckt. Am 1. April 1952 wurde es revidiert, und bis Anfang 1971 waren insgesamt 19 246 710 Exemplare dieses Buches in 54 Sprachen gedruckt worden. „Gott bleibt wahrhaftig“ stand damals auf der Bestsellerliste der Sachbücher des zwanzigsten Jahrhunderts an vierter Stelle.

Donnerstag, der 8. August, war ein besonders bemerkenswerter Tag dieses Kongresses im Jahre 1946. Bruder Knorr sprach über das Thema „Die Aufgaben des Wiederaufbaus und der Ausdehnung des Werkes“. Edgar Clay aus England schrieb später über dieses Ereignis: „Ich hatte das Vorrecht, an jenem Abend hinter ihm auf der Bühne zu sitzen; während er das Werk umriß und dann von Plänen zur Erweiterung des Brooklyner Bethelheimes und der Fabrik erzählte, brach die gewaltige Zuhörerschaft immer wieder in Applaus aus. Von der Bühne aus konnte man zwar kein Gesicht erkennen, aber es war nicht schwer, ihre Freude zu spüren.“

EIN BLICK AUF DIE WELTSZENE

Theokratischer Wiederaufbau und Ausdehnung waren nötig geworden. Das war offensichtlich. Daher begaben sich der Präsident der Gesellschaft, N. H. Knorr, und sein Sekretär, M. G. Henschel, am 6. Februar 1947, etwa sechs Monate nach dem „Theokratischen Kongreß fröhlicher Nationen“, auf eine Dienstreise, die sie um die ganze Erde führen sollte. Aufgrund persönlicher Beobachtungen während dieser 76 472 Kilometer weiten Reise konnten sie feststellen, welche Schritte unternommen werden mußten, um die weltweite Organisation zu stärken und zu vereinheitlichen.

Diese Reise zeitigte wertvolle Ergebnisse. Unter anderem wurden im Anschluß an die Reise Gileadmissionare in bestimmte Länder Asiens und auf pazifische Inseln geschickt. Auf diese Weise wurden die Königreichsinteressen gefördert. Die Theokratie erlebte einen Aufschwung.

MEHRUNG DER THEOKRATIE

Jehova kann dafür sorgen, daß ‘der Kleine zu einem Tausend wird und der Geringe zu einer mächtigen Nation’ (Jes. 60:22). Er bewirkte dies, als er die ins Exil verbannten Israeliten vor Jahrhunderten von Babylon in ihr Heimatland zurückführte. Auf ähnliche Weise hat Gott geistige Israeliten aus der Knechtschaft Babylons der Großen, des Weltreiches der falschen Religion, befreit. Darüber hinaus hat er sie mit Mehrung gesegnet. Im Jahre 1938 gab es auf der ganzen Erde eine Höchstzahl von 59 047 Königreichsverkündigern. Dann kamen die Kriegsjahre, die Christenverfolgung und danach der organisatorische Wiederaufbau unter Gottes Volk. Mit welchem Ergebnis? Nun, im Jahre 1949 gab es bereits 317 877 christliche Zeugen Jehovas. Die Mehrung der Theokratie war offensichtlich.

Wie passend war es daher, daß sich Gottes Diener zu dem Kongreß „Mehrung der Theokratie“ versammelten! Mit dem Auto, Bus, Zug, Schiff und Flugzeug kamen sie in Scharen nach New York, um vom 30. Juli bis zum 6. August 1950 im berühmten Yankee Stadium den achttägigen internationalen Kongreß zu erleben. Der Zustrom von etwa 10 000 Ausländern alarmierte die US-Einwanderungsbehörde, die gegen diese Besucher diskriminierende Maßnahmen einleitete. Später protestierten die versammelten Kongreßdelegierten energisch gegen solche Vorkommnisse.

Wie beim internationalen Kongreß in Cleveland (Ohio) im Jahre 1946 wurde auch diesmal eine große Cafeteria eingerichtet, um die vielen Tausend zu ernähren. Wie eindrucksvoll dies doch war! In der New York Times wurde ein Inspektor des Gesundheitsamtes zitiert, der gesagt hatte: „Ich bin fasziniert. Ich habe noch nie etwas gesehen, was so reibungslos ablief.“

Viele Delegierte wurden in Privatwohnungen und in Hotels untergebracht. Über 13 000 kampierten jedoch im Wohnwagenlager der Zeugen in New Jersey, 65 Kilometer von New York entfernt. Marie M. Greetham erinnert sich: „Die Brüder aus ganz New York und New Jersey arbeiteten viele Wochen lang, um die Wasser- und die Gasleitungen sowie die elektrischen Leitungen zu verlegen und um die Toiletten und Waschgelegenheiten zu installieren. ... Diese Stadt war durch eine direkte Leitung mit dem Kongreß in New York verbunden, so daß jeder Programmpunkt des New Yorker Kongresses im Wohnwagenlager gehört werden konnte.“

Als der 2. August 1950 anbrach — es war ein Mittwoch —, hatten Jehovas Zeugen im allgemeinen keine Vorstellung von den wunderbaren Segnungen, die an jenem „ ‚Predige-das-Wort‘-Tag“ auf sie warteten. An jenem Nachmittag sprach Bruder Knorr über das Thema „Den Völkern eine reine Sprache zuwenden“ (Zeph. 3:9). Unter anderem erwähnte er, daß die Watch Tower Society im Jahre 1902 in den Besitz einer Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften, bekannt als The Emphatic Diaglott, gekommen sei, die am 21. Dezember 1926 zum erstenmal auf eigenen Pressen gedruckt worden sei. Später habe die Gesellschaft noch weitere Bibeln gedruckt.

Aber bei jener Ansprache kam etwas besonders Begeisterndes ans Tageslicht. Bei jener denkwürdigen Gelegenheit hatte Bruder Knorr das große Vergnügen, die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Englisch freizugeben. Eine überraschte und hocherfreute Zuhörerschaft von 82 075 Personen im Stadion und im Wohnwagenlager nahm sie mit größter Begeisterung, anhaltendem Beifall und tiefer Wertschätzung entgegen. Die Kongreßdelegierten nahmen sogleich Zehntausende von Exemplaren entgegen. Welch eine begeisternde Überraschung für alle Versammelten!

DIE „FÜRSTEN“ SIND DA

Jahrelang glaubten Jehovas Diener, daß treue Männer der alten Zeit, wie zum Beispiel Abraham, Joseph und David, noch vor Ende dieses bösen Systems der Dinge auferweckt würden. Diese Diener Gottes der Vergangenheit wurden „die alttestamentlichen Überwinder“, „die treuen Männer der alten Zeit“ und „die Fürsten“ genannt. Der Psalmist hatte verkündet: „An Stelle deiner Vorväter werden deine Söhne sein, die du zu Fürsten einsetzen wirst auf der ganzen Erde“ (Ps. 45:16). Wenn Gottes Diener daher vor Jahren zu einem Kongreß fuhren, waren sie immer in einer gewissen Erwartung. Vielleicht würden bei diesem Kongreß ein oder mehrere solche auferweckten Fürsten oder Männer der alten Zeit erscheinen.

Und nun versetze dich in die Lage der 82 601 Kongreßteilnehmer, die am Samstag, den 5. August 1950 abends aufmerksam F. W. Franz zuhörten. An einem Höhepunkt in seinem fesselnden biblischen Vortrag fragte er: „Würde sich dieser internationale Kongreß freuen zu erfahren, daß sich HEUTE ABEND HIER, in unserer Mitte, eine Anzahl der voraussichtlichen FÜRSTEN DER NEUEN ERDE befinden?“

Welch eine Reaktion auf diese Frage folgte! Hier sind einige lebhafte Erinnerungen: „Ich erinnere mich noch gut, wie wir alle vor Überraschung den Atem anhielten und dann erwartungsvoll um uns zu schauen begannen ... War David hier oder Abraham oder Daniel oder Hiob? Viele von uns Schwestern hatten Tränen in den Augen“ (Grace A. Estep). „Ich war so aufgeregt, daß ich auf der Kante meines Stuhls saß und zum Unterstand [aus dem die Redner zur Bühne kamen] starrte. Ich war fest überzeugt, daß jeden Moment ein oder mehrere Männer der alten Zeit auf die Bühne kämen“ (Schwester Kenyon). „Diejenigen, die in den Gängen standen, eilten zu den Eingängen des Stadions, um das Rednerpult sehen zu können. Vielleicht erwarteten sie, Abraham, David oder sogar Moses zu sehen. Die Menge stand auf — die Atmosphäre war spannungsgeladen. Ich bin fest überzeugt, wenn jemand mit einem langen Bart auf die Bühne gekommen wäre, wäre die Menge nicht mehr zu halten gewesen“ (L. E. Reusch).

Darauf legte sich eine tiefe Stille über die Zuhörerschaft. Jeder bemühte sich angestrengt, sich keines der Worte des Redners entgehen zu lassen. Er sprach über die wirkliche Bedeutung des mit „Fürst“ wiedergegebenen hebräischen Wortes. Er erklärte, daß die „anderen Schafe“ der Neuzeit für ihren Glauben ebensoviel gelitten hätten wie Jehovas Zeugen in der Vergangenheit. Daher spreche nichts dagegen, daß Christus Glieder dieser „anderen Schafe“ zu „Fürsten auf der ganzen Erde“ einsetze (Ps. 45:16; Joh. 10:16). Am Schluß seiner Ansprache sagte Bruder Franz dann: „Mit diesen hinreißenden Aussichten auf das uns so nahe Gerückte laßt uns an der theokratischen Organisation festhalten, und möge Gott sie als eine Neue-Welt-Gesellschaft weiterhin verbessern. Blicken wir nie zurück nach dem modernen Sodom, das zur Vernichtung bestimmt ist, sondern richten wir unser Angesicht in vollem Glauben geradeaus! Vorwärts denn beständig, wir alle zusammen, als eine Neue-Welt-Gesellschaft!“

BEWEISE FÜR DIE MEHRUNG DER THEOKRATIE

Sonntag, der 6. August, war ein begeisternder Tag für die Kongreßbesucher. Das Yankee Stadium war am Nachmittag mit 87 195 Personen gefüllt. Weitere 25 215 Personen befanden sich auf den Bürgersteigen oder in nahe gelegenen Zelten. Weitere 11 297 Zuhörer waren im Wohnwagenlager.

Somit hörten insgesamt 123 707 Personen Bruder Knorrs fesselnden, weithin angekündigten öffentlichen Vortrag „Kannst du ewig in Glück auf Erden leben?“ Dieser logisch aufgebaute, das Herz ansprechende Vortrag bot genügend biblische Beweise dafür, daß es Menschen gibt, die ewig in Glück auf Erden leben können.

DIE NEUE-WELT-GESELLSCHAFT VERSAMMELT SICH

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Theokratie wurde im Jahre 1953 erreicht. Die Zeit vom 19. bis 26. Juli wurde von Jehovas Dienern mit Spannung erwartet. Aus 96 Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten kamen sie herbei, bis Tausende das New Yorker Yankee Stadium füllten. Dieser achttägige Neue-Welt-Gesellschaft-Kongreß lieferte der Welt einen wunderbaren Beweis für die internationale Einheit, die unter Jehovas christlichen Zeugen herrscht.

Wieder wurden Tausende von Unterkünften in Privatwohnungen für die Kongreßdelegierten beschafft. Andere übernachteten in Hotels, und weitere 45 000 lebten in der „Wohnwagenstadt der Neuen-Welt-Gesellschaft“, die in der Nähe von New Market (New Jersey) lag, 65 Kilometer vom Stadion entfernt. Übrigens erhielt ein Lieferant auf dem Markt der Wohnwagenstadt ein stummes Zeugnis über christliche Ehrlichkeit (Hebr. 13:18). Da viele Zeugen vor der Eröffnungszeit zum Stadion fuhren, um Freiwilligendienst zu leisten, und erst nach Geschäftsschluß wieder zurückkehrten, nahmen sie sich die Waren und ließen das entsprechende Geld in unbewachten Kästchen zurück. R. D. Cantwell erzählt: „Dieser Herr [der Lieferant] beobachtete das mit Erstaunen und stellte schließlich fest: ,Mr. Cantwell, eines kann ich Ihnen sagen: In meiner Kirche könnte man das nicht tun, denn da kann man keinem trauen.‘ “

Der internationale Charakter dieses Kongresses wurde durch neunzig farbenprächtige Banner hervorgehoben, die zwischen dem ersten und dem zweiten Rang des Stadions aufgespannt waren. Die Delegierten wurden mit folgenden Worten begrüßt: „Salaams aus dem Land der Zedern, Libanon“ und „Christliches Aloha aus Hawaii“ usw. An jedem Tag war das Motto auf ein bestimmtes Gebiet abgestimmt. Zum Beispiel gab es den „Nordamerikatag“ und den „Tag der Inseln des Atlantiks“.

In Übereinstimmung mit dem Kongreßmotto hielt Bruder Knorr am 20. Juli die zeitgemäße Ansprache „Jetzt als eine Neue-Welt-Gesellschaft leben“. Über jenen Nachmittag schreibt C. W. Barber: „Als die vielen Tausende so als eine ,Neue-Welt-Gesellschaft‘ versammelt waren, bot sich dieser großen Volksmenge eine glänzende Gelegenheit zu einer Kundgabe ihrer Solidarität und Einigkeit.“ Wie? Durch die Annahme einer Resolution, in der das Bewußtsein der Zeugen Jehovas, eine vereinte Neue-Welt-Gesellschaft zu sein, zum Ausdruck kam. Die Resolution wurde von den 125 040 Menschen, die im Stadion, in den Zelten und in der Wohnwagenstadt anwesend waren, einstimmig angenommen.

EIN WARNRUF ERSCHALLT

An diesen großartigen Kongreß sollte man sich noch lange erinnern, denn besonders ein Programmpunkt war nach den Worten von Webster L. Roe „ein Thriller“. Über diesen Vortrag schreibt Roger Morgan: „Der Vortrag, der mich 1953 auf dem Kongreß im Yankee Stadium am meisten beeindruckte, war derjenige von Bruder Franz über das Thema ,Neue-Welt-Gesellschaft angegriffen vom hohen Norden her‘.“

An jenem Donnerstag, den 23. Juli 1953 erscholl abends tatsächlich ein Warnruf. Der Vizepräsident der Gesellschaft, F. W. Franz, malte ein anschauliches Bild von dem kommenden Angriff Gogs von Magog und seiner Horden auf Jehovas Volk. Gog, die Hauptperson der Prophezeiung, wurde als Satan identifiziert. Und das Land Magog ist, wie Fred Franz zeigte, der Aufenthaltsort der bösen Geistermächte, ein begrenztes geistiges Reich in der Umgebung der Erde, in dem sie sich seit ihrer Vertreibung aus dem Himmel im Jahre 1918 (u. Z.) befinden (Offb. 12:7-9). Der Redner erklärte, daß Gog und seine Heere durch die gegenwärtige Wohlfahrt, Einheit und Sicherheit des Volkes Jehovas zum Angriff gereizt würden. Aber Jehova würde die Neue-Welt-Gesellschaft durch diesen schrecklichen Sturm hindurch bewahren. Wie dankbar waren doch die 112 700 Zuhörer für diese Warnung und für die Ermahnung, weiterhin auf Jehova zu vertrauen und die gute Botschaft von seinem messianischen Königreich zu verkündigen!

DER BEWEGENDE ABSCHLUSS DES KONGRESSES

Am 26. Juli kamen die Delegierten zu einem besonders schönen Sonntagnachmittagsprogramm zusammen. Zu N. H. Knorrs öffentlichem Vortrag „Nach Harmagedon — Gottes neue Welt“ versammelten sich 165 829 Personen im Yankee Stadium, in Zelten und in der Wohnwagenstadt. Im Stadion selbst befanden sich 91 562 Personen. Kurz vor dem öffentlichen Vortrag wurden Tore geöffnet, und Tausende strömten hinein, um auf dem Rasen des Spielfeldes Platz zu nehmen. Weitere Tausende hörten die Ansprache über die Rundfunkstation der Gesellschaft, WBBR.

Diese spannende Stunde ging schnell vorüber, und bald war der öffentliche Vortrag zu Ende. Eine kühle Brise erfrischte die Tausende, die noch zum Schlußprogramm des Kongresses blieben. Bruder Knorr hielt einen einstündigen Vortrag, der sich auf Psalm 145 stützte und die Notwendigkeit hervorhob, Jehova zu lobpreisen, ihn als Gott zu erhöhen, ihn als Souverän des Universums bekannt zu machen und sein Königtum zu verkündigen. Mit den Strophen des Liedes „Singt jubelnden Lobpreis!“ und einem abschließenden Gebet kam der bis dahin größte christliche Kongreß zu einem glücklichen Ende.

INTERNATIONALER KONGRESS „GÖTTLICHER WILLE“

„Wenn das Jahr 1958 erwähnt wird“, schrieb Angelo C. Manera jr., „kommt Jehovas Zeugen auch heute noch ein großes Ereignis in den Sinn: der ,große Kongreß‘, der internationale Kongreß der Zeugen Jehovas ,Göttlicher Wille‘. Welch ein Kongreß!“ Diese beachtenswerte Veranstaltung brachte Delegierte aus mindestens 123 Ländern und Inselgruppen zusammen. In einer Zeit gespannter internationaler Beziehungen und angesichts eines drohenden Krieges im Nahen Osten versammelten sich Jehovas Zeugen in Frieden und Einheit im New Yorker Yankee Stadium und in den nahe gelegenen Polo Grounds vom 27. Juli bis zum 3. August 1958.

In den zwei Wochen vor dem Kongreß kam Bruder Knorr mit über 80 Zweigaufsehern der Gesellschaft und deren Gehilfen zusammen. Sie besprachen die neuen Richtlinien für die Zweigbüros, die er in Form eines Buches zusammengestellt hatte, nachdem er in Brooklyn das größte Zweigbüro, nämlich das für die Vereinigten Staaten, persönlich inspiziert hatte. Während des Kongresses fanden noch weitere ersprießliche Zusammenkünfte mit diesen Männern sowie mit den Missionaren, Sonderpionieren und Kreis- und Bezirksaufsehern statt.

Am Mittwoch, dem 30. Juli, geschah etwas, was Ernest Jansma zu der Bemerkung veranlaßte: „Ich bin sicher, daß ihre Größe noch lange in den Annalen der Geschichte der Theokratie verzeichnet sein wird.“ Tatsächlich hatte sich seit der Taufe zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z., als an einem einzigen Tag ungefähr 3 000 neue Nachfolger Jesu Christi in Jerusalem getauft wurden, nichts Derartiges wieder ereignet (Apg. 2:41). Im Anschluß an die Ansprache „Taufe gemäß dem göttlichen Willen“ ließen sich 7 136 Personen (2 937 Männer und 4 199 Frauen) einige Kilometer entfernt, am Orchard-Strand, taufen und symbolisierten damit ihre Hingabe an Jehova Gott. Das war die größte Massentaufe der Neuzeit.

Während dieses großartigen Kongresses wurden das irdische, das geistige und das himmlische Paradies besprochen, und zwar in dem Vortrag, den Bruder Knorr über das Thema „Unser geistiges Paradies bewahren“ hielt. Nach diesem fesselnden Vortrag erzählte der Redner, daß Missionare in Thailand einmal gefragt hätten, ob die Gesellschaft ein Studienbuch herstellen würde, in dem nicht falsche Lehren widerlegt würden, sondern lediglich die wahre biblische Lehre dargelegt würde. Um ihren Bedürfnissen und den Bedürfnissen der Christen überall zu entsprechen, habe die Gesellschaft das neue Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies hergestellt. Das Paradies-Buch ist in einfacher Sprache geschrieben und reichlich bebildert, und es ist von jung und alt gern gelesen worden. „Eine ganze Generation von Kindern ist aufgewachsen, die im Paradies-Buch herumblätterten“, meint Grace A. Estep, „es zu den Zusammenkünften mitnahmen, mit ihren kleinen Spielkameraden darüber sprachen und die, schon lange bevor sie lesen konnten, allein über die Bilder eine ganze Menge biblische Geschichten zu erzählen wußten.“

Samstag, der 2. August, stand unter dem Motto „Dein Wille geschehe“. Das war auch das Thema des fesselnden Vortrages, den der Präsident der Gesellschaft an jenem Nachmittag hielt, worauf er seine 175 441 Zuhörer mit der Freigabe des neuen Buches „Dein Wille geschehe auf Erden“ begeisterte. Wie sehr sich doch die Delegierten darauf freuten, die Erklärungen des Buches über verschiedene Prophezeiungen, besonders über die des Buches Daniel, zu erforschen!

„WELCH EIN ZEUGNIS FÜR JEHOVA!“

Wie könnte man das beschreiben, was sich am Sonntag, dem 3. August, auf dem internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ abspielte? In einem gedruckten Kongreßbericht hieß es: „Welch ein Zeugnis für Jehova!“ Und das war es bestimmt. „Der Sonntag war ein Tag, den niemand, der den Kongreß besucht hat, je vergessen wird“, sagt Edgar C. Kennedy. „Der Strom von Menschen, der sich zum öffentlichen Vortrag in das Yankee Stadium ergoß, war ein Anblick, der sehenswert war. Von unseren Sitzen aus konnten wir sehen, wie die Menschen ständig in das Stadion strömten, die Tribünen füllten und das Spielfeld überfluteten. Für alle, die das beobachteten, war es eine überwältigende Zurschaustellung der ,großen Volksmenge’, die sich dem gesalbten Überrest angeschlossen hat, um Jehovas Namen zu lobpreisen und seinen ,göttlichen Willen’ zu tun. Wir danken Gott, daß wir unter dieser Menschenmenge sein konnten. Als das Stadion bis zum letzten Platz gefüllt war, geschah das gleiche in den Polo Grounds. Um 15 Uhr herrschte dann eine tiefe Stille unter den über eine viertel Million Anwesenden, als sich der Vorsitzende erhob, um den Redner, N. H. Knorr, den Präsidenten der Watch Tower Bible and Tract Society, einzuführen und das Thema seines Vortrages, ,Gottes Königreich herrscht — ist das Ende der Welt nahe?‘ anzukündigen.“

Diese gewaltige Menschenmenge zählte 253 922 Personen. Nach der großen Zuhörerschaft von Freitag zu urteilen, müssen etwa 60 000 Außenstehende anwesend gewesen sein. Während dieser Stunde hörte die große Menschenmenge überzeugende biblische Beweise dafür, daß Gottes Königreich seit 1914 u. Z. herrscht und daß das Ende der Welt nahe ist.

GOTTES WORT ERHÄLTLICH GEMACHT

Damit Menschen für das Leben geschult und die irdischen Interessen des Königreiches Gottes gefördert werden konnten, war es unbedingt nötig, daß das Buch, dem das Königreichsthema zugrunde liegt, leicht erhältlich gemacht wurde. Das war schon jahrelang Bruder Knorrs Wunsch. Und während er in der Fabrik der Gesellschaft arbeitete, hatte er lange Zeit in seinem Schreibtisch tatsächlich gewisses Material, das zum Drucken einer vollständigen Bibel hätte verwendet werden können. Aber die Umstände erlaubten es nicht, diese Idee auszuführen. Doch nachdem Bruder Knorr Präsident der Gesellschaft geworden war, verlor er keine Zeit, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Wichtig war auch die Herstellung preiswerter Bibeln, damit die breite Öffentlichkeit das Wort Gottes erwerben und lesen konnte.

Als N. H. Knorr im Jahre 1942 auf dem „Theokratischen Neue-Welt-Kongreß“ der Zeugen Jehovas in Cleveland (Ohio) über das Thema „ ,Das Schwert des Geistes‘ präsentieren“ sprach, bezeichnete er die Bibel als die größte Angriffswaffe, als das „Schwert des Geistes“ (Eph. 6:17). Er brachte die Empfindungen zum Ausdruck, die Jehovas Diener im allgemeinen hatten, und sagte sinngemäß: „Wenn wir nur den Text finden könnten, den wir suchen, dann könnten wir unsere Gegner in Schach halten, wir könnten die Trauernden trösten, wir könnten anderen das, was uns so klar ist, mit einer Fülle von Beweisen klarmachen. Wenn wir doch nur eine Bibel mit einem Anhang hätten, in dem wir schnell finden könnten, was wir suchen!“

Auf diesem Kongreß wurde der Wunsch Wirklichkeit — die neue Watch-Tower-Ausgabe der King James Version wurde herausgegeben, die erste vollständige Bibel, die auf den Pressen der Gesellschaft gedruckt worden war. Über 150 Diener Jehovas hatten Monate darauf verwandt, eine Konkordanz als Teil dieser Veröffentlichung zusammenzustellen, die besonders für den Gebrauch des Volkes Gottes im Predigtwerk bestimmt war. Wie sich James W. Filson ausdrückt, erfüllte diese Bibel „ein wirkliches Bedürfnis“. „Wir benötigten sie für uns selbst; wir benötigten sie auch, um sie den Menschen in unserem Gebiet zu geben. ... Es war großartig, eine gute, preiswerte Bibel zu haben, die man ihnen für nur 1 $ anbieten konnte. In vielen Familien, die nicht in der Wahrheit sind, ist dies bis heute die einzige Bibel, die sie in der Wohnung haben.“

Bruder Knorr hatte noch einen anderen wichtigen Gedanken im Sinn — die Bewahrung des Namens Jehovas in allen Sprachen. Es gab eine Bibelübersetzung, die den Namen Gottes in den Hebräischen Schriften verwandte. Das war die American Standard Version. Die Gesellschaft erwarb das Recht auf die Benutzung der Druckplatten, um diese Bibel drucken zu können, und diese Watch-Tower-Ausgabe wurde den begeisterten Teilnehmern der „Theokratischen Versammlung der Vereinten Verkündiger“ im Jahre 1944 zur Verfügung gestellt und mit großer Dankbarkeit aufgenommen. „Wir benutzten diese Bibel gründlich bei unseren Rückbesuchen und Bibelstudien“, erklärt Edgar C. Kennedy.

EINE NEUE BIBELÜBERSETZUNG

Besonders vom Jahre 1946 an hatte der Präsident der Gesellschaft eine Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften gesucht, die die Wahrheit noch besser erschließt, indem sie den Sinn der Originalschriften getreu wiedergibt. Als Bruder Knorr während des internationalen Kongresses „Mehrung der Theokratie“ am 2. August 1950 zu 82 075 Zuhörern sprach, berichtete er, daß im Bethel Brooklyn am 3. September 1949 eine gemeinsame Sitzung der Vorstände der pennsylvanischen und der New Yorker Gesellschaft stattgefunden hatte, bei der nur ein Vorstandsmitglied gefehlt und bei der er das Vorhandensein eines „Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitees“ bekanntgegeben hatte. Das Komitee hatte eine Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften fertiggestellt und der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania zu ihrer freien Verfügung übereignet. Am 29. September 1949 hatte die Fabrik begonnen, den ersten Teil des Manuskripts zu setzen.

An jenem Nachmittag, dem 2. August 1950, freute sich Bruder Knorr, den begeisterten Kongreßteilnehmern die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Englisch freizugeben. Es handelte sich nicht um die Revision einer schon vorhandenen Übersetzung. Sie war völlig neu übersetzt. Das Neue-Welt-Übersetzungskomitee hatte den bekannten griechischen Grundtext der Gelehrten Westcott und Hort benutzt, doch auch andere griechische Texte der Bibel zu Rate gezogen. Veraltete Ausdrücke wie „thee“ und „thou“ in der Anrede Gottes erschienen nicht mehr. Die Bibel war in zeitgemäßem, leichtverständlichem Englisch geschrieben.

Besonders beachtenswert war die Verwendung des göttlichen Namens „Jehova“, der im Haupttext der Neuen-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften 237mal erschien. Im Vorwort gab das Übersetzungskomitee die stichhaltigen Gründe für den Gebrauch des Namens deutlich an. Die Neue-Welt-Übersetzung hatte viele gute Merkmale.

Im Laufe der Zeit übte die Neue-Welt-Übersetzung einen weitreichenden Einfluß auf den Sprachgebrauch des Volkes Gottes im allgemeinen aus. Zum Beispiel sagte sie anstelle von „brethren“ „brothers“, und so gebrauchten Gottes Diener diesen zeitgemäßen Ausdruck (im Deutschen ließ man den Ausdruck „Geschwister“ fallen) (Röm. 1:13). Von Anfang 1953 an verwendete man auch das in der Neuen-Welt-Übersetzung erscheinende Wort „Versammlung“ anstatt „Gruppe“, um eine Gemeinde des Volkes Gottes zu bezeichnen. (Vergleiche Apostelgeschichte 20:17; Kolosser 4:15, Neue-Welt-Übersetzung.)

Im Laufe der Jahre wurden fünf Bände der Neuen-Welt-Übersetzung der Hebräischen Schriften fertiggestellt und auf Kongressen des Volkes Gottes freigegeben. Auf den Bezirkskongressen „Vereinte Anbeter“ im Jahre 1961 waren Jehovas christliche Zeugen hoch erfreut, die vollständige einbändige Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift zu erhalten. Inzwischen gab es weltweit bereits 965 169 Königreichsverkündiger. Jehova hatte ihre Anstrengungen gewiß gesegnet und durch seinen Geist für das Wachstum gesorgt (1. Kor. 3:6, 7).

DIE HERSTELLUNG VON BIBELN BEGINNT

Jehovas Diener waren auch weiterhin beständig bemüht, das Wort Gottes in die Hände der Menschen zu legen. Sie haben daher die verschiedensten Bibelausgaben veröffentlicht. Auf dem Kongreß der Zeugen Jehovas „Ewige gute Botschaft“ im Jahre 1963 wurde beispielsweise eine Taschenausgabe der 1961 erschienenen revidierten englischen Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift herausgegeben. Außerdem erschien, ebenfalls in Englisch, die wertvolle Erstausgabe in Großdruck in einem Band mit Parallelstellen, Fußnoten und einem umfangreichen Anhang. Doch man stelle sich die Freude der italienischen, niederländischen, französischen, deutschen, portugiesischen und spanischen Delegierten vor, die die Freigabe der Neuen-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in ihrer Sprache erlebten! Ein italienisch sprechender Delegierter rief aus: „Bravo! Bravissimo!“ Ein deutscher Delegierter sagte: „Welch eine Gelegenheit für Jehovas Zeugen, das Interesse an der Bibel wiederzuentfachen, das die Deutschen einmal hatten!“ Später kam auch die vollständige Neue-Welt-Übersetzung in den erwähnten Sprachen heraus.

Auf den Bezirkskongressen „Göttlicher Name“ im Jahre 1971 wurde u. a. die 1971 revidierte Großdruckausgabe der Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift in Englisch freigegeben. Für diejenigen, die an einem tiefer gehenden Studium der Bibel interessiert sind, wurde 1969 die 1 184seitige Kingdom Interlinear Translation of the Greek Scriptures veröffentlicht.

Der beständige Wunsch, den Namen Jehovas unter den Menschen bekanntzumachen, war auch der Beweggrund für eine weitere Bibelveröffentlichung. Im Jahre 1972 druckte die Watch Tower Society The Bible in Living English des verstorbenen Steven T. Byington. Sie gibt das hebräische Tetragrammaton durchgehend mit „Jehovah“ wieder.

Von der Neuen-Welt-Übersetzung sind seit 1950 Millionen von Exemplaren auf der ganzen Erde verbreitet worden, davon viele in englischer Sprache. Darum wurde auch die umfassende Konkordanz zur Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift sehr geschätzt, die 1973 in Englisch freigegeben wurde und unter mehr als 14 700 Stichwörtern etwa 333 200 Anführungen enthält. Viele Glieder der Bethelfamilie in Brooklyn hatten fleißig beim Zusammenstellen, Korrekturlesen usw. mitgeholfen. Mit diesem Werk spart man beim Auffinden von Bibelstellen viel Zeit.

Die ganze Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift ist jetzt in 7 Sprachen erhältlich. Darüber hinaus wird an den Christlichen Griechischen Schriften in 5 weiteren Sprachen gearbeitet. Dabei handelt es sich keineswegs um teure Bibelausgaben, denn die Normalausgabe der englischen Neuen-Welt-Übersetzung der ganzen Bibel kostet immer noch 1 $ je Exemplar, und in fremden Währungen kostet diese ausgezeichnete Übersetzung der Bibel in anderen Sprachen etwa dasselbe. Warum wird der Preis so niedrig gehalten? Dies geschieht, damit die Heilige Schrift allen zugänglich ist, so daß Ehrlichgesinnte sie lesen und „nicht als Menschenwort ..., sondern als das, was es wahrhaftig ist, als das Wort Gottes“, annehmen können (1. Thess. 2:13).

Es sind nun mehr als drei Jahrzehnte verflossen, seitdem das erste Exemplar der Wachtturm-Ausgabe der King-James-Bibel von den Druckpressen der Gesellschaft kam. In all diesen Jahren haben sich viele Gott hingegebene Mitarbeiter angestrengt, damit immer mehr Exemplare des Wortes Gottes verbreitet werden konnten. In der Druckerei der Gesellschaft in Brooklyn wurden von 1942 bis zum Ende des Dienstjahres 1974 28 533 890 Bibeln oder Bibelteile hergestellt. Während des Jahres 1974 waren 15 Rotationsdruckpressen der Watchtower Society in Brooklyn vollauf allein damit beschäftigt, Bibeln zu drucken.

Neben der Herstellung dieser enormen Anzahl von Bibeln wurden auch Millionen von Bibelstudienhilfsmitteln veröffentlicht, darunter das Buch „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich“ sowie das Nachschlagewerk Aid to Bible Understanding. Sie alle haben dazu beigetragen, aus Tausenden von Personen aller Lebensbereiche tüchtige Erforscher der Bibel und fähige Verkündiger der guten Botschaft zu machen. Da einige die Glaubwürdigkeit der Bibel anzweifelten, bemühte man sich besonders, nachzuweisen, daß sie wirklich göttlichen Ursprungs ist. Eine bemerkenswerte Veröffentlichung auf diesem Gebiet ist das 192seitige Buch Ist die Bibel wirklich das Wort Gottes?, von dem mehr als 18 768 000 Exemplare in 27 Sprachen gedruckt wurden. Dieses Buch, das die Gesellschaft 1969 herausgab, zeigt meisterhaft, daß die Wahrhaftigkeit der Bibel nicht von dem abhängt, was die Archäologen zutage fördern. Die Bibel ist nicht auf die Unterstützung von weltlichen „Kapazitäten“ angewiesen. Die Beweisführung des Buches gründet sich auf die kraftvolle Aussage der Bibel, auf ihr eigenes machtvolles Zeugnis, ihre Vernünftigkeit und auf die Tatsache, daß sie Fragen beantwortet, die sonst unbeantwortet blieben. „Dieses Buch kam zu einer Zeit heraus, als die Geistlichen sich immer offener gegen die Bibel aussprachen“, sagt Webster L. Roe, „und trug so dazu bei, den schwindenden Glauben vieler Menschen so weit zu stärken, daß sie ernsthaft die Bibel zu studieren begannen.“

‘OB WIR LEBEN ODER STERBEN, WIR GEHÖREN JEHOVA’

Jehovas Zeugen hausieren nicht mit dem Wort Gottes (2. Kor. 2:17). Sie treten aufrichtig dafür ein und glauben auch selbst daran. Deshalb halten sie an Gottes Gesetz über das Blut unerschütterlich fest. Weltweit sind sie dafür bekannt geworden, daß sie der Verordnung Gottes gegenüber treu bleiben, kein Blut zu essen oder in den Körper aufzunehmen, um die Lebenskraft zu erhalten (Apg. 15:28, 29). Selbst wenn anscheinend das Leben in Gefahr stand, haben Christen wiederholt dem Sinne nach gesagt: ‘Ob wir leben oder sterben, wir gehören Jehova’ (Röm. 14:7, 8).

Der Wacht-Turm vom 15. Januar 1928 hob die Heiligkeit des Blutes hervor. In dem Artikel „Ein Grund für Gottes Rache“ hieß es u. a.: „Gott sagte Noah, daß jedes lebende Wesen Speise für ihn sein sollte, daß er jedoch nicht das Blut essen dürfe, weil das Leben in dem Blute ist.“ Einige Jahre später stellte Der Wachtturm (englisch: 1. Dezember 1944; deutsch [Ausgabe Bern]: 15. Dezember 1946) fest: „Nicht allein als Nachkommen Noahs, sondern auch als einem, der durch Gottes dem Volke Israel gegebenes Gesetz gebunden ist, ... war dem Fremdling verboten, Blut zu sich zu nehmen, sei es durch Blutübertragung oder durch den Genuß von Speisen (1. Mose 9:4; 3. Mose 17:10-14).“ In den Jahren darauf wurde das Verständnis noch klarer.

Im Wachtturm (englisch) vom 1. Juli 1945 wurde die Haltung des Christen gegenüber dem Blut klargestellt. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, daß es zwar schon zur Zeit der Ägypter Bluttransfusionen gab, der erste geschichtliche Fall jedoch aus dem Jahre 1492 berichtet wird, als man sich vergeblich bemühte, das Leben des Papstes Innozenz VIII. zu retten, was drei jungen Männern das Leben kostete. Was noch wichtiger war, diese Ausgabe des Wachtturms zeigte, daß das Gesetz Gottes über das Blut, das er Noah gab, für alle Menschen gültig ist und daß Christen sich des Blutes enthalten müssen (Apg. 15:28, 29). Zusammenfassend hieß es im Wachtturm:

„Wir sehen also, daß der allerhöchste und heilige Gott im Zusammenhang mit seinem ewigen Bund mit Noah und allen seinen Nachkommen unmißverständliche Anweisungen über die Verwendung des Blutes gab; wir erkennen weiter, daß der einzige Verwendungszweck, den er für das Blut zur Vermittlung von Leben für die Menschheit vorsah, dessen Verwendung zur Sühnung von Sünden war; und wir sehen, daß dies auf seinem heiligen Altar oder Gnadenstuhl getan werden sollte und nicht durch die direkte Aufnahme des Blutes in den menschlichen Körper; daher gehört es sich für alle Anbeter Jehovas, die ewiges Leben in seiner neuen Welt der Gerechtigkeit erlangen möchten, die Heiligkeit des Blutes zu achten und sich den gerechten Anforderungen Gottes in dieser lebenswichtigen Angelegenheit anzupassen.“

Damit war der Standpunkt des Christen gegenüber Bluttransfusionen klargestellt. Samuel Muscariello sah sich einer Prüfung seiner Lauterkeit in dieser Frage gegenüber. Blosco Muscariello erzählt uns: „Kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis [wo er wegen seiner christlichen Neutralität eingesperrt war] zog sich mein jüngerer Bruder Samuel eine Halsentzündung zu, die Harnvergiftung zur Folge hat. Die Ärzte verordneten eine Operation, bei der natürlich Blut transfundiert werden sollte, und sagten, er würde höchstens noch 2 Jahre leben, falls man ihn nicht operiere und ihm kein Blut geben würde. Sam ließ sie einfach stehen und ging weg. Das war im Jahr 1947. ... Außer dem, was im Wachtturm stand, klangen uns die Worte Bruder Sullivans [der sie im Gefängnis besucht hatte] in den Ohren ...: ,Es ist nicht richtig, Blut zu sich zu nehmen.‘ Genau zwei Jahre darauf brachte man Sam wieder ins Krankenhaus. Er lag im Sterben. Unter Druck gesetzt, ging ich zu ihm ans Bett und sagte: ,Sam, sie wollen dir Blut geben.‘ Von den Drogen benommen, versuchte er aus dem Bett zu steigen [damit man ihm kein Blut übertragen würde, was dann auch nicht geschah]. ... als Familie waren wir zwar betrübt [über seinen Tod], doch wir waren gestärkt, weil Sam selbst bis zum Tode klares Denken gezeigt und seine Lauterkeit gegenüber Jehova bewahrt hatte.“

Anfang der 1950er Jahre begann sich eine Kontroverse zu entwickeln, weil Jehovas Zeugen sich kein Blut übertragen ließen. Am 18. April 1951 ging die Behörde in Chicago vor Gericht, um ein Kind seinen Eltern zu entziehen, damit die Ärzte ihm eine Bluttransfusion geben könnten. Es hieß, die sechs Tage alte Cheryl Labrenz leide an einer seltenen Blutkrankheit, die die Zerstörung der roten Blutkörperchen bewirke. Die Ärzte waren der Meinung, daß nur eine Blutübertragung ihr Leben retten könnte. Als christliche Zeugen Jehovas betrachteten ihre Eltern, Darrell und Rhoda Labrenz, Bluttransfusionen als eine Verletzung des Gesetzes Gottes, womit sie auch recht hatten, und verweigerten ihre Zustimmung. Sie waren um das ewige Wohl ihres Kindes besorgt, denn Aussicht auf ewiges Leben hat nur, wer Gottes Gesetz befolgt. Durch einen Gerichtsbeschluß übertrug man Cheryl aber trotz der Einwände ihrer Eltern Blut.

Doch der Fall Labrenz war nur der Anfang. Da Jehovas Zeugen das Gesetz Gottes über das Blut achten, stehen sie seit nunmehr über zwei Jahrzehnten im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Marie M. Greetham kann sich noch gut entsinnen, was mit ihrem Bruder Dan Morgan geschah. Er hatte Krebs im Endstadium und war schon dreimal aus einem Krankenhaus in New York entlassen worden, weil er sich standhaft gegen Bluttransfusionen wehrte. Als man ihn das vierte Mal einwies, weigerte er sich immer noch. Schwester Greetham berichtet: „Das war im August 1951, und im Oktober 1951 starb Dan mit 54 Jahren. Er war so friedlich und glücklich. Ganze vier Tage vor seinem Tode sagte er einer anderen Schwester, daß er sehr bald seine Augen schließen werde und doch glücklich sei, da er treu gewesen sei und eine große Belohnung erhalten werde, da er zur ,kleinen Herde‘ der Nachfolger Jesu gehörte“ (Luk. 12:32; Offb. 2:10).

Muß jemand aber unbedingt sterben, wenn er eine Bluttransfusion verweigert? Ganz sicher nicht! Das wird deutlich an Gladys Bolton. Ihr Arzt sagte ihr, daß die Hauptarterie zu ihrer Milz krankhaft erweitert sei und daß die Milz entfernt werden müsse. Sie stimmte einer Operation unter der Bedingung zu, daß man ihr kein Blut übertragen würde. Obwohl der Arzt überrascht war, hörte er sich ihre Erklärungen an und stellte fest, daß sie gegen „Blutersatzmittel“ nichts einzuwenden hatte. Er erklärte sich bereit, ohne Blut zu operieren. Dies geschah am 21. Mai 1959. Bevor jedoch die Milz entfernt werden konnte, riß die Arterie, und Schwester Bolton verlor über 70 Prozent ihres Blutes. Obwohl die Ärzte und Krankenschwestern im Operationsraum auf Blutübertragung drängten, hielt ihr Arzt sein Versprechen. Zwei Wochen lang war sie bewußtlos, und drei Wochen mußte sie in einem Sauerstoffzelt bleiben. Sie hatte eine Komplikation nach der anderen, doch ihr Arzt kümmerte sich sehr um sie, und so besserte sich ihr Zustand allmählich. Sie schreibt: „Einmal, als niemand im Zimmer war, sagte er: ,Frau Bolton, geben Sie Ihren Gott Jehova niemals auf! Nach allem, was der Medizin bekannt ist, müßten Sie jetzt eigentlich tot sein. Noch nie hat jemand so viel Blut verloren und ist doch am Leben geblieben!‘ Ich erwiderte: ‚Doktor Davis, ich habe nicht vor, Jehova untreu zu werden, doch Jehovas Zeugen lehren nicht, daß Gott heute Menschen heilt. Wir sind sehr dankbar für gute Ärzte und Krankenschwestern, und Sie alle haben hart daran gearbeitet, mich am Leben zu erhalten. Aber da wir Jehovas Gebot über das Blut befolgt haben, sind wir alle gesegnet worden.‘ Er schien über meine Antwort erfreut zu sein und dankte mir.“ Am 1. Juli 1959 wurde Schwester Bolton aus dem Krankenhaus entlassen.

Im Laufe der Jahre hat Jehova durch seine unverdiente Güte reichlich für die gesorgt, die sein Gesetz über das Blut befolgen möchten. Zu diesem beständigen Fluß geistigen Beistandes gehört vor allem die 64seitige Broschüre Blut, Medizin und das Gesetz Gottes, die 1961 herauskam. Hast du anhand dieser Broschüre dieses wichtige Thema mit deinem Arzt schon besprochen?

DIE WAHRE ANBETUNG WIRD VORANGETRIEBEN

Jehovas Diener wissen, daß sie sich der Gunst Gottes nur erfreuen können, wenn ihre Anbetung rein und unbefleckt ist (Jak. 1:27). Sie müssen sittlich und geistig rein sein (Jes. 52:11; 1. Kor. 6:9-11). Es war daher angebracht, daß solche Themen in Ansprachen auf Kongressen, in Wachtturm-Artikeln usw. hervorgehoben wurden, insbesondere in jüngster Zeit, da die Welt im allgemeinen immer tiefer in den Morast der sittlichen Entartung sinkt.

Im Jahre 1951 lernten Unterstützer der wahren Anbetung etwas Wichtiges über den Ausdruck „Religion“ kennen. Manche von ihnen konnten sich noch gut an das Jahr 1938 entsinnen, als sie zu besonderen Anlässen ein auffälliges Plakat mit der Aufschrift „Religion ist eine Schlinge und ein Gimpelfang“ bei ihren Märschen mitgeführt hatten. Gemäß dem damaligen Standpunkt galt „Religion“ schlechthin als unchristlich und vom Teufel stammend. Im Wachtturm vom 1. Juli 1951 dagegen wurde der Gebrauch der Worte „wahr“ und „falsch“ im Zusammenhang mit Religion gutgeheißen. Darüber hinaus sagte das packende Buch Was hat die Religion der Menschheit gebracht? (das im Jahre 1951 [deutsch: 1953] veröffentlicht und während des Kongresses „Reine Anbetung“ im Wembley-Stadion in London freigegeben wurde) folgendes: „Nach der einfachsten Erklärung bedeutet das Wort ,Religion‘, so, wie es gebraucht wird, ein System der Verehrung, eine Form der Anbetung, sei es die wahre oder falsche Anbetung. Dies stimmt mit dem Sinn des dafür gebrauchten hebräischen Wortes ’abohdáh überein, das buchstäblich ,Dienst‘ bedeutet, ungeachtet, wem er dargebracht wird.“ Von da an waren die Ausdrücke „falsche Religion“ und „wahre Religion“ unter Jehovas Zeugen üblich.

Das Volk Gottes war entschlossen, die wahre Religion auszuüben und für den Dienst Jehovas sittlich und geistig rein zu bleiben. Dies wurde besonders im Wachtturm vom 1. Mai 1952 hervorgehoben, der die äußerst bedeutenden Artikel „Die Organisation rein erhalten“, „Die Richtigkeit eines Gemeinschaftsentzuges“ und „Sünde, welche die Wiederaufnahme verunmöglicht“ enthielt. Die Zeitschrift zeigte, daß es angebracht sei, einen getauften Übeltäter, der nicht bereut, aus der Christenversammlung auszustoßen (1. Kor. 5:1-13). Falls er seine Sünde später bereute, so wurde gezeigt, daß er wiederaufgenommen werden konnte (2. Kor. 2:6-11).

Dies war nicht das erste Mal, daß Der Wachtturm davon sprach, Sünder, die nicht bereuten, aus der Versammlung auszustoßen. Doch vom Jahr 1952 an wurde die Notwendigkeit, die Christenversammlung geistig rein zu erhalten, besonders hervorgehoben. Im Laufe der Jahre verstand man auch immer besser, daß man denen, die bereuen, Barmherzigkeit erweisen muß (Jak. 2:13). Aufseher konnten daher Irrende geistig wieder zurechtbringen, bevor ein Gemeinschaftsentzug notwendig war (Gal. 6:1).

Christen verbinden sich mit Personen, denen die Gemeinschaft entzogen wurde, nicht in einem Geist der Bruderschaft, noch dulden sie jemand in ihren Reihen, der Böses verübt. Was wird aber getan, wenn jemand, dem die Gemeinschaft entzogen wurde, seine verkehrte Handlungsweise nicht mehr fortsetzt? Dies ist genau die Frage, die in den Artikeln „Gottes Barmherzigkeit weist Sündern den Weg zurück“ und „Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnehmen“ im Wachtturm vom 1. November 1974 behandelt wird. Diese Artikel zeigen, daß man solchen Ausgeschlossenen eine wirkliche Ermunterung geben kann, damit sie wieder auf den Weg des Lebens zurückgelangen.

Eine Reihe von Kongreßvorträgen spielte bei der Reinerhaltung der Organisation eine beträchtliche Rolle. L. E. Reusch erwähnt zum Beispiel besonders die Ansprache „Die Organisation öffentlicher Diener rein erhalten“, die F. W. Franz im Jahr 1964 hielt. Bruder Reusch sagt: „Er verglich ein junges Mädchen, das großzügige Moralbegriffe hat, mit einem schmutzigen Handtuch in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Offen und freimütig wurde hier in klarer Sprache über Sittlichkeit gesprochen. ... Dies war äußerst zeitgemäßer Rat, der uns auf den lawinenartigen Verfall der Sittlichkeit vorbereitete.“

Durch die Jahre hindurch hat es weiterhin gesunden, schriftgemäßen Rat in unverminderter Fülle gegeben. Geistig gesprochen, wurde dem Volk Gottes durch die Veröffentlichungen der rechte Weg, auf dem es wandeln sollte, gezeigt.

AUSDEHNUNG DES KÖNIGREICHSZEUGNISSES

In den 1950er Jahren wurden entschiedene Anstrengungen unternommen, das Werk der Verkündigung der Königreichsbotschaft auszudehnen. Im Jahr 1951 unternahm man einen sehr bedeutenden Schritt in dieser Richtung. Im Oktober 1951 gab Bruder Knorr auf einem Kongreß in Washington (D. C.) bekannt, daß fast 50 Prozent der Landkreise in den Vereinigten Staaten (1 469 von 3 062) entweder überhaupt nicht oder nur teilweise bearbeitet wurden. Doch das sollte sich ändern. In den Monaten Juni, Juli und August 1952 würden diese Gebiete Verkündigern und Pionieren zugeteilt werden. Dies wurde mit Begeisterung aufgenommen. Auch heute noch wird diese Tätigkeit in abgelegenen Gebieten durchgeführt.

Die Bezirkskongresse „Lebengebende Weisheit“ im Jahr 1957 waren durch einen weiteren beachtenswerten Schritt zur Förderung des Königreichszeugnisses gekennzeichnet. Marie Gibbard schreibt: „Damals hörten wir zum erstenmal den Ausdruck ,Dort dienen, wo Hilfe not tut‘. Familien konnten jetzt praktisch wie Missionare dienen. Diese neue Dienstvorkehrung war eine gute Gelegenheit für Alleinstehende und für Familien, die die Gileadschule nicht besuchen und nicht offiziell als Missionare dienen konnten.“

Viele Christen, die in Gebiete der Vereinigten Staaten oder ins Ausland gezogen sind, wo der Bedarf an Königreichsverkündigern größer war als in ihrer Heimatversammlung, konnten Mitgläubige ermuntern und erbauen, Neuen helfen, zu einer Erkenntnis der Wahrheit Gottes zu kommen, oder sogar einen Anteil an der Gründung einer Versammlung haben.

ZU BESSEREN PREDIGERN DER GUTEN BOTSCHAFT GESCHULT

„Jeder einzelne sollte in der Lage sein, die gute Botschaft von Haus zu Haus zu predigen“, erklärte Bruder Knorr und sagte, daß dies eines der Hauptziele eines Christen sei. Das war am 22. Juli 1953 auf dem internationalen Neue-Welt-Gesellschaft-Kongreß. In der Vergangenheit hatten Jehovas Zeugen Schallplattenaufnahmen und Zeugniskarten beim Predigen der guten Botschaft verwendet, doch damit hatte man jetzt aufgehört. Trotzdem war noch viel Schulung nötig. Bruder Knorr kündigte in seiner Ansprache über das Thema „Hauptarbeit aller Diener“ ein neues Haus-zu-Haus-Schulungsprogramm an. Die Kreis- und Bezirksdiener (-aufseher) hätten daran einen großen Anteil, doch würden alle ernannten Diener in den Versammlungen Hilfe leisten, so daß jeder Königreichsverkündiger mit der Zeit regelmäßig die gute Botschaft von Tür zu Tür predigen könnte. Der Kreisdiener sollte während seiner Besuche in den Versammlungen Verkündiger, die Erfahrung in der Arbeit von Haus zu Haus hätten, auswählen, damit sie mit Neuen und Unerfahrenen im Schulungsprogramm zusammenarbeiteten. Dies war eine tiefgreifende Vorkehrung, durch die viele christliche Zeugen zu Predigern geschult wurden. Das Programm begann am 1. September 1953 und war bald in vollem Gange.

„Das Schulungsprogramm ... war etwas ganz Ausgezeichnetes“, sagt James W. Filson. „Manche, die schüchtern waren, bekamen die Gelegenheit, sich zu verbessern. Einige, die meinten, sie würden nur einen Zweig des Dienstes beherrschen — zum Beispiel den Zeitschriftendienst —, erhielten jetzt Hilfe, auch an anderen Zweigen [des Dienstes Gottes] einen Anteil zu haben. Viele verbesserten sich in ihrem eigenen Dienst, während sie bemüht waren, anderen zu helfen.“

DAS „SCHWERT DES GEISTES“ MIT FREIMUT GEBRAUCHEN

Ein Christ muß in der Lage sein, „das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort“, zu gebrauchen (Eph. 6:17). Das Schulungsprogramm half dabei sehr. Im Laufe der Zeit veröffentlichte die Watchtower Society im monatlichen Dienstanweisungsblatt Informator und in seinem Nachfolger, im Königreichsdienst, verschiedene Vorschläge für 3-bis-8-Minuten-Predigten für die Tätigkeit von Haus zu Haus und 10-bis-15-Minuten-Predigten für den Gebrauch bei Rückbesuchen. Manche Zeugen fanden es später einfacher oder günstiger, kurze Predigten zu verwenden, die sich auf eine Schriftstelle stützen, beispielsweise auf Jesaja 2:4 oder Johannes 17:3.

Nach Ansicht Walter R. Wissmans war es „ein Meilenstein in unserem theokratischen Fortschritt“, daß jetzt in der Predigttätigkeit von Haus zu Haus und bei Rückbesuchen biblische Predigten gehalten wurden. Die Öffentlichkeit brachte Gottes Volk immer öfter mit der Bibel in Verbindung. R. D. Cantwell sagt dazu: „Es dauerte nicht lange, und man hörte an der Tür kaum noch den alten Vorwurf, Jehovas Zeugen seien ,Bücherverkäufer‘.“

Myrtle Strain äußert sich begeistert: „Wir haben uns in unserem Haus-zu-Haus-Dienst wirklich sehr verbessert! Wir brauchen den Leuten jetzt keine Karte mehr zum Lesen in die Hand zu drücken oder ihnen eine Schallplatte vorzuspielen oder uns hinzusetzen und ihnen das ganze Vorhaben Gottes in einer Stunde zu erklären. Jetzt wissen alle von uns, wie man an der Tür eine kurze Predigt hält, die gut vorbereitet ist, ein bestimmtes Thema hat und von zwei oder drei treffenden Schriftstellen untermauert wird. Uns stehen viele kurze Predigten zur Verfügung, die sich alle auf wichtige, zeitgemäße Schrifttexte stützen. Außerdem sind wir immer sehr bemüht, den Wohnungsinhaber ins Gespräch zu ziehen.“ So wird den Menschen ein Zeugnis gegeben, ob sie die Botschaft nun annehmen oder nicht.

EIN FALSCHES LICHT WIRD BLOSSGESTELLT

Während Jehovas Zeugen im Gebrauch der Heiligen Schrift an den Türen der Menschen immer wirkungsvoller wurden, verloren sie nichts von dem Feuereifer, der für ihre Tätigkeit in den früheren Jahren so kennzeichnend war. Daher verbreiteten sie Anfang des Jahres 1955 furchtlos eine Botschaft, die ein falsches Licht bloßstellte.

Am Sonntag, dem 3. April 1955, wurde eine kühne Gerichtsbotschaft gegen die Christenheit verkündet, die sich in Wahrheit gegen das ganze System der falschen Religion richtete. Auf der ganzen Erde wurde ein öffentlicher Vortrag zur gleichen Zeit in vielen Sprachen gehalten. Er hatte das Thema „Christenheit oder Christentum — was ist ,das Licht der Welt‘?“ und wurde vor über einer halben Million Menschen gehalten.

Jehovas Diener waren darauf bedacht, die Menschen wissen zu lassen, daß die Christenheit ein falsches Licht ist. Im Laufe der Zeit druckte die Watch Tower Society wegen der großen Nachfrage diese Botschaft auch in Form einer Broschüre und veröffentlichte 22 Millionen Exemplare in 30 Sprachen. Tausende neuer Verkündiger nahmen im April 1955 das erste Mal am Predigtdienst teil, weil auch sie einen Anteil an der Verbreitung dieser Botschaft haben wollten. In jenem Monat erreichte man eine noch nie dagewesene Höchstzahl von 625 256 Königreichsverkündigern auf der ganzen Erde. Ende Juli des Jahres 1955 verschickten Jehovas Zeugen diese eindrucksvolle Broschüre zusammen mit einem Brief an Geistliche und Zeitungsherausgeber.

„DAS WORT“ — VON WEM SPRICHT JOHANNES?

Die Bloßstellung der Christenheit als falsches Licht war sicher nicht nach dem Geschmack vieler Geistlicher, doch sollte dies bei weitem nicht die letzte Botschaft sein, die sie von Jehovas Zeugen erhalten würden. Viele Geistliche leugneten die göttliche Inspiration der Heiligen Schrift. Andere behaupteten, die Bibel zu vertreten, verbreiteten dabei aber Gott entehrende Lehren. Zu diesen falschen Lehren gehörte auch die von der Dreieinigkeit. Zu diesem Thema erhielten die Geistlichen, ob sie dies nun gern mochten oder nicht, Ende 1962 eine Botschaft von Jehovas christlichen Zeugen.

Es handelte sich um eine 64seitige Broschüre mit dem Titel „Das Wort“ — von wem spricht Johannes? Darin wurde die Lehre von der Dreieinigkeit als unhaltbar bloßgestellt. Für den November des Jahres 1962 war eine besondere Tätigkeit zur Verbreitung dieser Broschüre geplant. Sie wurde nicht nur von den Königreichsverkündigern im Haus-zu-Haus-Dienst angeboten, sondern jeder protestantische und katholische Geistliche erhielt ein Exemplar, zusammen mit einem Begleitschreiben, das die Gesellschaft vorbereitet hatte. Auf diese Weise wurde ein großartiges Zeugnis gegeben, indem darauf hingewiesen wurde, daß das „Wort“ in Johannes 1:1 nicht Gott ist, sondern der Sohn Gottes, Jesus Christus, in seiner vormenschlichen Existenz.

„KONGRESSE AUF REISEN“

Die regelmäßigen Kongresse des Volkes Gottes haben beträchtlich dazu beigetragen, den christlichen Freimut im Predigtwerk zu fördern. Einige dieser Kongresse waren in besonderer Hinsicht ungewöhnlich. Es waren „Kongresse auf Reisen“, wobei einige der Delegierten von einem Ort zum anderen um die ganze Welt reisten. Diese Kongresse übten einen großen Einfluß auf die Einheit aus. Christen mögen zwar über die Erfahrungen und die Tätigkeit ihrer Mitgläubigen in anderen Ländern lesen, sie hingegen kennenzulernen und mit ihnen zusammen zu sein, selbst wenn Sprachenschranken vorhanden sind, lohnt sich wirklich. Obwohl Gottes Diener sich nicht in derselben Sprache unterhalten können, so sprechen sie doch — ganz gleich, welcher nationalen oder rassischen Herkunft — nur eine einzige Sprache, die „reine Sprache“ der Wahrheit, die Gott in seiner unverdienten Güte all denen auf Erden gegeben hat, die ihn lieben (Zeph. 3:9).

Unter den „Kongressen auf Reisen“ ist besonders im Jahr 1955 der Kongreß der Zeugen Jehovas „Triumphierendes Königreich“ hervorzuheben. In nur 10 Wochen fanden in den Vereinigten Staaten und im Ausland 13 Kongresse statt, und viele Delegierte reisten zu mehreren Kongressen. Eine Zeitung schrieb, daß dies „wahrscheinlich der größte Massendurchzug von Amerikanern durch Europa seit der Invasion der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges“ gewesen sei.

Die Watch Tower Society charterte 42 Flugzeuge und 2 Überseedampfer, Arosa Kulm und Arosa Star. Diese Schiffe wurden zu schwimmenden Kongreßsälen, in denen zur Erbauung aller Passagiere an Bord jeden Tag besondere Programme durchgeführt wurden.

Eine der Versammlungsstätten in Europa war die Zeppelinwiese in Nürnberg, wo 107 423 Personen zusammenkamen. „Wir in Amerika waren voller Freude“, sagt C. James Woodworth, „zu erfahren, daß Jehovas Zeugen dort, wo Hitler geschrien hatte, sie ‚auszurotten‘, jetzt den größten ihrer Kongresse ,Triumphierendes Königreich‘ abhielten! Und Hitler?“

EIN KONGRESS RUND UM DIE WELT

Ein Ereignis von besonderer Bedeutung für Jehovas Volk begann am 30. Juni 1963 in Milwaukee (Wisconsin) und endete am 8. September 1963 in Pasadena (Kalifornien). Es war der Kongreß der Zeugen Jehovas „Ewige gute Botschaft“, ein Kongreß, der rund um die Welt in mehr als 24 Städten abgehalten wurde. Insgesamt 583 Delegierte nahmen an der Reise rund um den Erdball teil. Die Weltreisenden folgten teilweise unterschiedlichen Reiserouten und versammelten sich mit Tausenden ihrer Mitgläubigen in vielen Städten, so zum Beispiel in London, Stockholm, München, Jerusalem, Neu-Delhi, Rangun, Bangkok, Singapur, Melbourne, Hongkong, Manila, Seoul und Honolulu.

Viele Delegierte des Kongresses in London besuchten das Britische Museum. Dort sahen sie unter anderem die Chronik des Nabonid, die dazu beiträgt, daß man den Sturz Babylons auf das Jahr 539 v. u. Z. festlegen kann. Von Interesse war auch eine Leber aus Ton, wie man sie in der Religion Babylons zum Wahrsagen verwendete. (Vergleiche Hesekiel 21:21.)

Die Kongreßteilnehmer, die die biblischen Länder bereisten, besuchten viele bedeutende Orte der Bibel. Die berühmten Zedern des Libanon, die Ebene Moabs oder das Tal Hinnom zu sehen trug sehr zu einem besseren Verständnis des Wortes Gottes bei.

Im Fernen Osten konnten die Delegierten die Auswirkungen der Religion Babylons sehen. Nahe am Wat Po in Bangkok (Thailand) sahen die Delegierten ein Phallussymbol, vor dem unfruchtbare Frauen Gebete darbrachten in der Hoffnung, Kinder zu bekommen. Im buddhistischen Wat Saket, das sich in derselben Stadt befindet, konnten sie Wandbilder besichtigen, in denen sowohl das Nirwana als auch eine Hölle der Qual abgebildet waren. Die Delegierten sahen die Ähnlichkeiten zu Dantes Inferno so deutlich, daß man den gemeinsamen Ursprung dieser beiden religiösen Vorstellungen nicht mehr bezweifeln konnte.

Nach der Besichtigung dieser Merkmale falscher Religion verstanden die Delegierten den Kongreßvortrag „Die Vollstreckung des göttlichen Urteils an der falschen Religion“ besser. In diesem Vortrag wurden die Zuhörer in das alte Babel (Babylon) versetzt. Als Gott in jener Stadt die Sprache der Turmbauer verwirrte, zogen sie in andere Länder und nahmen dabei ihre unreine Religion mit. Sie übten sie in den verschiedenen Sprachen aus, und so entstand ein Weltreich der falschen Religion. Da es seinen Ursprung in Babylon hat, nennt die Bibel es in Offenbarung „Babylon die Große“ (Offb. 18:2). In Verbindung mit diesem Vortrag erhielten die Kongreßdelegierten das neue 704seitige englische Buch „Babylon die Große ist gefallen!“ Gottes Königreich herrscht! Es waren eigentlich zwei Bände in einem, wobei der erste Teil das Verhältnis des alten Babylon zum Volke Gottes behandelt; Teil 2 schließt eine Vers-für-Vers-Betrachtung von Offenbarung, Kapitel 14 bis 22 ein.

FILME UND DIAS TRAGEN ZUM JÜNGERMACHEN BEI

In den Monaten nach dem Kongreß stellte die Gesellschaft einen Film her, der zum Nachdenken anregte. „Gewaltig!“ „Begeisternd!“ „Aufschlußreich!“ „Gewagt!“ Das waren die Äußerungen vieler Zuschauer über den zweistündigen Farbfilm „Eine ,ewige gute Botschaft‘ geht rund um die Welt“. Der Film behandelt die weltumspannenden Kongresse „Ewige gute Botschaft“ des Jahres 1963, bei denen eine Gesamtzahl von 580 509 Anwesenden beim Hauptvortrag „Wenn Gott König ist über die ganze Erde“ gezählt wurde. Der Film ist aber mehr als nur ein Reisebericht. Er zeigt deutlich, daß eine Stadt, die jetzt in Trümmern liegt, noch heute das Leben von Millionen von Menschen beeinflußt. Aus jener Stadt, dem alten Babylon, stammen Symbole und Zeremonien, die in das Leben beinahe aller Menschen auf Erden eingedrungen sind. Es wird hervorgehoben, wie wichtig es jetzt ist, Babylon die Große zu verlassen. Die herzliche Liebe wahrer Christen wird deutlich, die auf allen ihren Kongressen rund um die Welt zum Ausdruck gebracht wurde. Die Zuschauer können erkennen, daß es eine Organisation gibt, mit der man sich verbinden sollte, nachdem man Babylon die Große verlassen hat. Gerechtigkeitsliebende Menschen werden ermutigt, das Weltreich der falschen Religion zu verlassen und sich mit Anbetern Jehovas zu verbinden (Offb. 18:4, 5).

Im Jahre 1963 waren es schon 10 Jahre, daß die Watch Tower Society begonnen hatte, Filme als Anschauungsmaterial beim Jüngermachen einzusetzen. Nach dem internationalen Kongreß 1953 hatte die Gesellschaft den fesselnden Film „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ freigegeben. Dies war der erste Film, den die Gesellschaft fast 40 Jahre nach dem Photo-Drama fertiggestellt hatte. Der Film dauerte 80 Minuten und erwies sich als ein wirksames Mittel, die Zuschauer mit dem Umfang der irdischen Organisation Gottes vertraut zu machen sowie mit der enormen Arbeit, die die Bethelfamilie leistet, der Tätigkeit der Zeugen Jehovas im allgemeinen, ihren großen Kongressen, dem reibungslosen Ablauf und der Leistungsfähigkeit der Neuen-Welt-Gesellschaft. H. A. Cantwell stellt fest: „Er war eine wunderbare Hilfe, Neuinteressierten zu zeigen, wie groß und umfassend die Organisation ist.“

Weitere Filme, die die Gesellschaft nach den großen Kongressen 1955 und 1958 freigab, waren „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ und „Internationaler Kongreß der Zeugen Jehovas ,Göttlicher Wille‘ “. Jehovas Diener setzten den Film auch gegen die „Gott-ist-tot“-Philosophie ein. Im Jahr 1966 stellte die Watch Tower Society den packenden Farbfilm „Gott kann nicht lügen“ her. Dieser glaubensstärkende Film erbrachte den Beweis, daß Gott lebt und sein Vorhaben mit der Erde und den Menschen darauf ausführt. Farbaufnahmen und eindrucksvolle bunte Zeichnungen halfen den Zuschauern, sich die wichtigsten der in der Bibel berichteten Geschehnisse vorzustellen und deren Bedeutung für uns heute zu begreifen. Ein Zuschauer erklärte: „Mir gefiel der Film besonders deshalb, weil er mit Hilfe historischer Tatsachen, durch die biblische Prophezeiungen erfüllt wurden, beweist, daß ,Gott nicht lügen kann‘. Die verschiedenen Ruinen zum Beispiel, die gezeigt wurden, bezeugen jedermann, daß Gott nicht gelogen hat. Seit ich dies gesehen habe, bin ich jetzt noch überzeugter davon, daß das, was Gott über unsere Zeit und die Zukunft voraussagen ließ, auch keine Lüge ist.“

Der Film „Heritage“, den die Watch Tower Society ebenfalls 1966 herstellte, behandelte verschiedene Versuchungen, denen sich junge Leute heute gegenübersehen. Angelo C. Manera jun. weist jedoch darauf hin, daß der Film zeigte, „was die Jugendlichen in der Neuen-Welt-Gesellschaft tun und wie sie mit diesen Versuchungen fertig werden und einem christlichen Lebenswandel folgen“. Im Gegensatz zu den anderen Filmen der Gesellschaft hatte dieser Film eine Tonspur und wurde von vielen Fernsehanstalten gesendet. So sahen ihn Tausende daheim in ihrer Wohnung. „Heritage“ wurde auch auf Kreiskongressen und bei anderen Zusammenkünften für die Öffentlichkeit vorgeführt.

In den letzten Jahren haben die Kreisaufseher während ihrer Besuche den Versammlungen des Volkes Gottes in der Zusammenkunft für die Öffentlichkeit Lichtbilder vorgeführt. Der erste Vortrag dieser Art wurde im September 1970 gehalten. Er trug das Thema „Ein Besuch in der Weltzentrale der Zeugen Jehovas“ und war dazu gedacht, die Menschen mit der Organisation Gottes auf eine Weise vertraut zu machen, die sie zum rechten Handeln anspornen würde. Ein anderer Diavortrag, „Eine nähere Betrachtung der Kirchen“, half den Zuhörern erkennen, daß die Kirchen der Christenheit nichts für Menschen sind, die Wahrheit und Gerechtigkeit lieben. In diesen Menschen wurde nicht nur der Wunsch geweckt, sich vom Weltreich der falschen Religion abzusondern, sondern sie wurden auch dazu angeregt, anderen bei der Flucht aus Babylon der Großen behilflich zu sein. Dies sind nur einige der Diavorträge, die die Kreisaufseher vorführten, um damit biblische Belehrung zu vermitteln.

EINE BEGEISTERNDE NEUERUNG!

„Höre auf Daniels Worte für unsere Tage“. Erinnerst du dich an diesen Programmpunkt der Bezirkskongresse „Gottes Söhne der Freiheit“ im Jahre 1966? Während die Delegierten dem Vortrag zuhörten, geschah plötzlich etwas Überraschendes. Aus dem Lautsprecher kamen verschiedene Stimmen, die Daniel, die drei treuen Hebräer und sogar Engel darstellten. Es ertönte Musik, und die drei Hebräer erhielten eine letzte Gelegenheit, vor dem Bild von Gold niederzufallen, das Nebukadnezar in der Ebene Dura aufgerichtet hatte. Sie blieben jedoch standhaft in ihrer Lauterkeit und weigerten sich niederzufallen, und Jehova befreite sie (Dan., Kap. 3).

Dies war eine neuartige und ganz andere Art, biblische Belehrung zu vermitteln. Die Zuhörer hatten das Gefühl, sie seien in das alte Babylon versetzt worden. Ähnlich begeistert waren sie von der Darbietung mit dem Thema „Betrachtet das in unseren Tagen benötigte Ausharren Jeremias“. Die Zuschauer konnten das Ausharren Jeremias tatsächlich „betrachten“. Vor ihren Augen lief ein Bibeldrama ab, in dem kostümierte Schauspieler das Leben und die Verhältnisse zur Zeit des hebräischen Propheten im alten Jerusalem darstellten. Die Wirkung wurde noch durch den Einsatz von Schalleffekten erhöht. Die schwere Glaubensprüfung und die Treue Jeremias, der allein inmitten einer schreienden Volksmenge stand, die forderte, ihn umzubringen — all dies kam den Zuhörern viel deutlicher zu Bewußtsein. Auf besondere Weise wurde hier hervorgehoben, welch ein Vertrauen Anbeter Jehovas zu ihrem Gott haben müssen. Sie sahen sehr deutlich, daß man selbst angesichts des Todes im Dienst Gottes ausharren muß.

Mit dem Jahr 1966 begann daher etwas Neuartiges: eine neue Lehrmethode für die Kongresse des Volkes Gottes. In den Jahren, die seit 1966 vergangen sind, gehörten Bibeldramen regelmäßig zum Programm der großen Kongresse von Jehovas Zeugen. Oft wurden sie vorher bei Graduierungen der Wachtturm-Bibelschule Gilead aufgeführt, wobei die Studenten die Rollen der Charaktere aus alter und neuer Zeit übernahmen.

James W. Filson sagt über die Segnungen und guten Auswirkungen dieser Bühnenstücke folgendes: „Ich glaube, die Dramen sind ein ausgezeichnetes Mittel gewesen, uns den Rat und die Lehren der Bibel einzuprägen.“ Mancher fühlte sich sogar durch Kongreßdramen gedrängt, verkehrte Handlungen zu bekennen und geistigen Beistand zu suchen (Spr. 28:13; Jak. 5:13-20).

BEFÜRWORTER DES KÖNIGREICHES GOTTES — KEINER ANDEREN REGIERUNG

Jehovas christliche Zeugen unterstützen das Königreich Gottes. Dies haben sie im Laufe der Zeit wiederholt gezeigt. Gehen wir zum Beispiel ein Vierteljahrhundert zurück zum Dienstag, dem 1. August 1950, dem „Tag der theokratischen Hingabe“ auf dem Kongreß der Zeugen Jehovas „Mehrung der Theokratie“. An diesem Tag wies Bruder Knorr in seinem Vortrag „Die Mehrung Seiner Herrschaft“ auf zahlreiche Beweise hin, die zeigten, daß die Anschuldigung religiöser Gegner, Jehovas Zeugen unterstützten den Kommunismus, nicht stimmte. Verschiedene Behörden der Regierung der USA hatten sich geweigert, die Zeugen zu den umstürzlerischen Organisationen und Mitläufern des Kommunismus zu zählen. Darüber hinaus bewiesen die Veröffentlichungen der Watch Tower Society seit 1879 eindeutig, daß Jehovas Diener gegen den Kommunismus sind. Bruder Knorr zeigte deutlich, daß nicht wahres Christentum, sondern die heuchlerische Christenheit dem Entstehen und Anwachsen des Kommunismus den Weg bereitet. Nach dieser Ansprache legte der Präsident der Gesellschaft eine Resolution gegen den Kommunismus vor, die von den 84 950 Zuhörern begeistert angenommen wurde.

Ein paar Jahre später nahmen 462 936 Delegierte von 199 Kongressen der Zeugen Jehovas, die zwischen Juni 1956 und Februar 1957 abgehalten worden waren, einstimmig eine Petition an. Jeder Kongreß sandte eine Petition an Nikolai A. Bulganin, den damaligen Ministerpräsidenten der UdSSR. In der Petition wurde beschrieben, wie Jehovas Zeugen in Rußland und Sibirien behandelt wurden. Man ersuchte darum, die Zeugen aus dem Gefängnis freizulassen und ihnen zu gestatten, sich zu organisieren. Ferner wurde darum ersucht, daß ihnen gestattet würde, normale Beziehungen mit ihrer leitenden Körperschaft anzuknüpfen sowie biblische Literatur zu veröffentlichen und einzuführen. Die Petition verwies darauf, daß Jehovas Zeugen das Königreich predigten und dabei weder politische Interessen verfolgten noch politische Bindungen unterhielten. Darüber hinaus wurde in der Petition ein Gespräch zwischen Vertretern der Watch Tower Bible and Tract Society und der russischen Regierung vorgeschlagen. Es wurde angeregt, daß man einer Delegation der Zeugen gestatte, zu diesem Zweck nach Moskau zu reisen sowie die verschiedenen Lager zu besuchen, in denen Jehovas Zeugen interniert waren.

Am 1. März 1957 sandten die sieben Vorstandsmitglieder der Watch Tower Society eine Petition an die russische Regierung, die sie gemeinsam unterzeichnet hatten. Die Kommunisten antworteten nicht, noch bestätigten sie den Empfang der Resolution. Dennoch haben Jehovas Zeugen in Rußland als Vertreter des Königreiches Gottes und keiner anderen Regierung weiterhin mutig das Wort Gottes verkündigt.

Jehovas Zeugen sind nicht nur unerschütterlich für Gottes Königreich eingetreten, sondern sie haben auch gezeigt, was die Geistlichkeit der Christenheit in dieser Hinsicht zu tun versäumt hat. Am Freitag, dem 1. August 1958, nahm Gottes Volk auf dem internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ eine bedeutsame Resolution an. Die Kongreßteilnehmer waren dringend darum gebeten worden, zum Nachmittagsprogramm anwesend zu sein, und so hatten sich 194 418 Personen versammelt. Sie hörten aufmerksam zu, als F. W. Franz, der Vizepräsident der Watch Tower Society, über das Thema „Warum dieser Kongreß eine Resolution fassen sollte“ sprach. Nach ihm sprach Bruder Knorr, der in eindringlichen Worten eine Resolution vorlegte, die die Geistlichkeit der Christenheit als die verwerflichste Gruppe von Menschen bloßstellte, die heute auf Erden lebt. Ferner wurden die theokratischen Grundsätze, an die sich Jehovas Volk hält, erneut bekräftigt; Gottes Königreich unter Christus wurde freimütig als einziges Mittel zur Rettung verkündet. Jehovas Zeugen seien fest entschlossen, dieses Königreich unablässig in Liebe, Frieden und Eintracht zu verkündigen, bis Jehova das Zeugniswerk in Harmagedon zum Abschluß bringe. Bruder Knorr beantragte, diese Resolution unverändert anzunehmen. Nachdem jemand anders seinen Antrag befürwortet hatte, fragte er die große Zuhörerschaft, ob sie der Resolution zustimme, worauf alle einstimmig mit Ja antworteten.

Später wurden 72 348 403 Traktate mit dieser Resolution in 53 Sprachen gedruckt und weltweit verbreitet, hauptsächlich im Dezember 1958. Die Resolution und ihr Begleitvortrag erfuhren ebenfalls eine weite Verbreitung durch den Wachtturm vom 1. Dezember 1958.

Hatte die Verbreitung Erfolg? Man kann dies bejahen, wenn man zum Beispiel liest, was Peter D’Mura schreibt: „Im Frühjahr 1959 lernte ich einen jungen Mann kennen, den die Resolution dazu veranlaßt hat, die Wahrheit kennenzulernen, sich Gott hinzugeben und später den Pionierdienst aufzunehmen.“ C. James Woodworth fügt hinzu: „Einige, die jetzt in unseren Versammlungen in Cleveland (Ohio) tatkräftige Zeugen Jehovas sind, begannen ihren Auszug aus Babylon, nachdem sie diese Resolution gelesen und das Angebot des Bibelstudiums angenommen hatten“ (Offb. 18:4).

Während ihres Kongresses „Ewige gute Botschaft“, der im Jahre 1963 rund um die Welt abgehalten wurde, hatten Jehovas Diener eine ausgezeichnete Gelegenheit zu zeigen, daß sie einzig und allein Gottes Königreich befürworteten. Sie nahmen begeistert eine Resolution an, durch die sie bekanntmachten, daß sie Jehova als den ewigen Souverän des Universums anerkennen und sich weigern, dem politischen Bild, den Vereinten Nationen, götzendienerische Anbetung darzubringen, so, wie dies die Nationen getan haben, die von unsichtbaren bösen Geistern nach Harmagedon geführt werden (Offb. 13:11-18; 16:14, 16). Jehovas Zeugen seien vielmehr entschlossen, mit der Hilfe der Engel unter der Leitung Christi und des heiligen Geistes Gottes und seines Wortes die „ewige gute Botschaft“ von Gottes messianischem Königreich und seinen Gerichtsurteilen allen Völkern zu verkündigen (Offb. 14:6). Nachdem 454 977 Personen auf den Kongressen „Ewige gute Botschaft“ rund um die Erde diese Resolution angenommen hatten, stimmten ihr auch Delegierte auf Kongressen in anderen Ländern zu. Darüber hinaus wurde sie im Wachtturm vom 15. Januar 1964 in 66 Sprachen veröffentlicht und weltweit verbreitet.

Zusammen mit der einleitenden Ansprache „Warum wir alle eine Resolution fassen sollten“ enthielt diese weitreichende Resolution alle sieben Plagen aus Offenbarung, Kapitel 16. Sie schloß daher die Gerichtsbotschaften ein, die dem Volke Gottes zuerst in sieben aufeinanderfolgenden Resolutionen auf Kongressen in den Jahren 1922 bis 1928 vorgelegt worden waren. Dadurch konnten Hunderttausende, die den damaligen Resolutionen nicht zustimmen konnten, vor aller Öffentlichkeit bekunden, daß sie das Ausgießen der Plagen Jehovas, die in Offenbarung, Kapitel 16 prophetisch beschrieben sind, unterstützten. Auch hier zeigten Jehovas Diener wieder unmißverständlich, daß sie außer für das Königreich Gottes für keine andere Regierung oder politische Einrichtung eintreten.

Auf den Kongressen „Friede auf Erden“ im Jahr 1969 wurde in dem Vortrag „Die letzten Wehe für die Feinde des Friedens mit Gott“ das Blasen der sieben symbolischen Trompeten, die in Offenbarung, Kapitel 8 bis 11 erwähnt werden, behandelt. Diesem Vortrag folgte eine kraftvolle Erklärung, die einprägsam zeigte, daß Friede mit dem Schöpfer nur durch sein messianisches Königreich kommen könne. Durch die Annahme der Erklärung bekräftigte Jehovas Volk, daß Gott die Christenheit gerichtet hat. Es gab seine vollständige Neutralität hinsichtlich aller politischen Streitigkeiten bekannt und ließ keinen Zweifel darüber bestehen, daß es vollständig auf Gottes Königreich vertraute und bis zum Ende nicht aufhören würde, dieses Königreich allen Nationen zu predigen.

Auf den internationalen Kongressen „Göttlicher Sieg“, die zwischen Juni 1973 und Januar 1974 in verschiedenen Städten überall auf der Erde stattfanden, zeigten Jehovas christliche Zeugen wiederum, daß sie für Gottes Königreich und keine andere Regierung eintreten. Einer der Kongreßvorträge, „Den Reichtum des neuen Königs der Erde vermehren“, drehte sich um das fesselnde Gleichnis Jesu von den Minen (Luk. 19:11-27). Nach seiner Ansprache legte der Redner eine Erklärung und Resolution vor, die darauf von den Kongreßteilnehmern mit lautem Ja angenommen wurde. Die Resolution wies unter anderem darauf hin, daß die Zeiten der Heiden mit der Zerstörung des irdischen Jerusalem im Jahre 607 v. u. Z. begannen, 2 520 Jahre dauerten und am „himmlischen Jerusalem“, in dem Jesus Christus 1914 als messianischer König eingesetzt wurde, ihre vollständige Erfüllung erlebten (Hebr. 12:22). Sie wies darauf hin, daß die Menschheit auch weiterhin vor der bevorstehenden „großen Drangsal“ gewarnt werden muß (Matth. 24:21). Jehovas christliche Zeugen sind fest entschlossen, auch in Zukunft an den göttlichen Sieg zu glauben, die Warnung bekanntzumachen und Gottes messianisches Königreich, das Allheilmittel für die bedrängte Menschheit, zu verkündigen.

Es besteht daher kein Zweifel daran, daß Jehovas Diener für Gottes Königreich eintreten und für keine andere Regierung. Die gute Botschaft von diesem Königreich predigen sie weltweit. Sie haben ihre Ergebenheit gegenüber Gottes messianischem Königreich wiederholt bewiesen und tun dies auch weiterhin überall auf Erden.

GEISTIGE SPEISE ZUR RECHTEN ZEIT

Wie konnten Jehovas christliche Zeugen ihre feste Haltung als Verfechter des Königreiches Gottes aufrechterhalten? Wie haben sie es fertiggebracht, „fest im Glauben“ zu bleiben, während andere ihren Glauben verloren? (1. Kor. 16:13). Dies war möglich, weil Jehova Gott barmherzigerweise durch die Gruppe des „treuen und verständigen Sklaven“ für geistige Speise zur rechten Zeit sorgte (Matth. 24:45-47).

Nehmen wir die 1960er Jahre als Beispiel. Auf sozialem und religiösem Gebiet gab es damals überall in den Vereinigten Staaten stürmische Veränderungen. Man hörte immer häufiger, daß Geistliche der Christenheit Teile der Bibel als Mythen ansahen und den biblischen Sittenmaßstab für veraltet hielten. Manche sagten sogar: „Gott ist tot.“

Es waren soziale, psychologische, politische und wirtschaftliche Gründe, die in den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten Rassenkrawalle und Gewalttat hervorriefen. Im sogenannten „langen, heißen Sommer“ des Jahres 1964 wurden zum Beispiel drei Bürgerrechtskämpfer in Mississippi ermordet; darüber hinaus waren Unruhen überall im Süden des Landes. Auch die Städte im Norden wurden davon betroffen. Manche wurden von Zusammenstößen erschüttert. Allein bei Kämpfen, Plünderungen und Brandstiftungen durch Pöbelrotten bei den Unruhen in Los Angeles vom 11. bis 16. August 1965 kamen 35 Personen ums Leben; der Sachschaden wurde auf 200 Millionen Dollar geschätzt.

Inmitten dieser religiösen und sozialen Unruhen vertrauten Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten und in anderen Ländern weiterhin auf Jehova und hielten sich an sein Wort. Er wiederum sorgte dafür, daß sie in der rechten Weise geleitet wurden. Während der Bezirkskongresse „Mutige Diener Gottes“ im Jahr 1962 zogen sie beispielsweise großen Nutzen aus den Ansprachen über die Themen „Ordnet euch unter — Wem?“, „Unterordnung unter die obrigkeitlichen Gewalten — Warum?“ und ähnliche. Dieser wichtige Aufschluß wurde später wieder im Wachtturm veröffentlicht. (Siehe die Ausgaben vom 1. Januar bis zum 1. Februar 1963.)

Darin wurde gezeigt, daß die „obrigkeitlichen Gewalten“ aus Römer, Kapitel 13 weltliche Regierungsgewalten sind, denen Jehova noch gestattet, eine Stellung der Verantwortung zu bekleiden. Alle Diener Gottes von heute wurden aufgefordert, sich den obrigkeitlichen Regierungsgewalten bedingt unterzuordnen und die Gesetze irdischer Regierungen, die dem Gesetz Gottes nicht widersprechen, nicht geringschätzig zu behandeln (Röm. 13:1-7; Apg. 5:29).

„Wie weise uns doch Jehova in unserem Verhältnis zu den politischen Herrschern der Welt geleitet hat“, hebt L. E. Reusch hervor. Er fährt fort: „Wie hätten wir auch wissen sollen, daß 1964 die Bürgerrechtsfrage zu einem solch großen Problem werden und zu Straßenunruhen und offener Gewalttat sowie passivem bürgerlichen Ungehorsam führen würde? ... Wir hätten vielleicht genauso gedacht wie die Geistlichen, die sich an Protestmärschen beteiligten und für die sozialen Tagesprobleme Stellung bezogen. Wir bekamen die ,Speise zur rechten Zeit‘ [Matth. 24:45] genau dann, als wir sie brauchten, nämlich auf den Kongressen im Sommer 1962. ... Es wurde deutlich herausgestellt, daß wir uns bedingt unterordnen sollten, was uns geholfen hat, unsere Stellung vor Jehova und den politischen Gewalten zu bewahren, die er so lange bestehen läßt, bis die Königreichsherrschaft Jesu Christi sie beseitigen wird.“

Jehova Gott hat wirklich für eine Fülle geistiger Speise gesorgt. Man betrachte nur einmal ein Bücherbord, auf dem die Bücher stehen, die die Watch Tower Society in den letzten Jahren veröffentlicht hat. Darunter finden wir das 1958 veröffentlichte Buch „Dein Wille geschehe auf Erden“, in dem das Buch Daniel behandelt wird. Das gesamte Bibelbuch Offenbarung wird in den Büchern „Dann ist das Geheimnis Gottes vollendet“ und „Babylon die Große ist gefallen!“ Gottes Königreich herrscht! Vers für Vers besprochen. Das Buch ‘Die Nationen sollen erkennen, daß ich Jehova bin’ — Wie?, 1971 veröffentlicht, bespricht die Prophezeiung Hesekiels, und die Erfüllung der Wiederherstellungsprophezeiungen von Haggai und Sacharja aus der Sicht des zwanzigsten Jahrhunderts wird in dem Buch Das Paradies für die Menschheit durch die Theokratie wiederhergestellt behandelt.

Für alt und jung gleichermaßen wurde geistig gut gesorgt. Schon im Jahr 1958 wurde das Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies herausgegeben, das in einfacher Sprache geschrieben und mit vielen Bildern versehen ist. Im Jahr 1971 trug das 192seitige Buch Auf den Großen Lehrer hören dazu bei, das Aufkommen eines Generationskonflikts zu verhindern. Dieses Buch ist dazu gedacht, daß Eltern es gemeinsam mit ihren Kindern lesen. Die verständliche Sprache und die schönen Bilder geben den Kindern das Gefühl, daß dieses Buch für sie geschrieben worden ist.

DAS JÜNGERMACHEN WIRD BETONT

Einige der christlichen Veröffentlichungen des Volkes Jehovas sind besonders als Hilfe dafür gedacht, den Auftrag zu erfüllen, die gute Botschaft zu predigen und Jünger zu machen (Matth. 24:14; 28:19, 20). Eines dieser Bücher war „Gott bleibt wahrhaftig“, das ursprünglich 1946 (deutsch: 1948) veröffentlicht wurde. Es behandelte grundlegende Lehren der Bibel. Das 1950 (deutsch: 1952) erschienene Buch „Dies bedeutet ewiges Leben“ vermittelte Belehrung über fortgeschrittene biblische Themen und über den christlichen Lebenswandel. Auch das 416seitige Buch „Dinge, in denen es unmöglich ist, daß Gott lügt“, das 1965 herauskam, hat sich in den Händen der Königreichsverkündiger als nützliches grundlegendes Bibelstudienhilfsmittel erwiesen.

Jehovas Diener werden ständig mit dem versorgt, was sie in ihrem Werk des Predigens und Jüngermachens benötigen. C. W. Barber erinnert sich an die Bezirkskongresse 1967 und erwähnt etwas, was er als „Neuerung“ bezeichnet. Er sagt: „Jehovas Organisation sorgt immer wieder von neuem für Begeisterung und Freude. Diesmal handelte es sich um eine neue Art Feldzugsliteratur, ein kleines gebundenes Buch mit dem Titel Hat sich der Mensch entwickelt, oder ist er erschaffen worden? ..., es sollte für 25 Cent angeboten werden. Von Anfang an war klar, daß es denkende Menschen sehr gut ansprechen würde.“

Die Königreichsverkündiger haben von diesem Buch Millionen von Exemplaren im Predigtdienst verbreitet. Im Mai 1968 bemühte man sich besonders, es in die Hände von Lehrern und Erziehern zu legen, wobei ausgezeichnete Ergebnisse erzielt wurden. Marie Gibbard sagt: „In White Plains (New York) ist ein Lehrer heute ein getaufter Zeuge, weil ein zwölfjähriger Schüler bei ihm ein Buch abgab und man dem Interesse nachging.“

ETWAS, WAS DAS WERK DER KOMMENDEN JAHRE BEEINFLUSSEN WIRD

Das Jahr 1968 brachte eine weitere bemerkenswerte Neuerung. In der Ankündigung der Bezirkskongresse „Eine gute Botschaft für alle Nationen“ hieß es im Wachtturm: „Für den Freitag ist etwas vorgesehen, was dich nicht nur begeistern, sondern auch überraschen wird, denn es wird das Werk, das wir in den kommenden Jahren durchführen werden, wesentlich beeinflussen.“

Jehovas Diener waren neugierig. Worum konnte es sich dabei handeln? Sie erhielten die Antwort im Anschluß an den eindringlichen Schlüsselvortrag „Die ,gute Botschaft‘ von einer Welt ohne falsche Religion“, als ein neues 192seitiges Bibelstudienhilfsmittel in Taschenformat freigegeben wurde. Dieses Buch, Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt, wurde sehr freudig aufgenommen. „Wer ist Gott?“, „Wo sind die Toten?“, „Warum hat Gott das Böse bis heute zugelassen?“, „Die letzten Tage dieses bösen Systems der Dinge“, „Das Familienleben glücklich gestalten“, „Die wahre Gottesanbetung — ein Lebensweg“ — so lauten einige fesselnde Kapitel dieses Buches. Die neue Veröffentlichung erweckt das Interesse des Lesers ständig von neuem.

Doch es gab noch eine Überraschung für die Kongreßteilnehmer. Das neue Wahrheits-Buch sollte in einem sechsmonatigen Bibelstudienkurs verwendet werden. Wegen der ansprechenden Darlegungsart des Buches würde jemand, der es durchstudiert hat, entweder für oder gegen die Wahrheit Stellung beziehen. Jehovas Zeugen würden nicht mehr jahrelang mit jemand die Bibel studieren, ohne daß derjenige wirklich Fortschritte in geistiger Hinsicht macht und nach dem handelt, was er gelernt hat.

EINE VORKEHRUNG ZUR RICHTIGEN ZEIT

Zwischen 1960 und 1965 hatte es jährlich etwa 60 000 Täuflinge gegeben. Im Jahr 1966 indessen sank die Zahl auf 58 904. Unter diesen Umständen konnte man sich wirklich fragen, ob das Werk nachließe. Es zeigte sich aber, daß dies nicht der Fall war.

Während des Dienstjahres 1967 wurden 74 981 Personen getauft. Dies war ein Aufschwung, der wieder Grund zu Optimismus gab. Dann kam das Jahr 1968 und mit ihm das Wahrheits-Buch und das sechsmonatige Bibelstudienprogramm. Edgar C. Kennedy sagt dazu: „Viele verbanden es mit der Ankündigung, die 2 Jahre zuvor gemacht worden war, daß 6 000 Jahre [der Existenz des Menschen auf der Erde] 1975 enden würden.“ C. W. Barber spricht gleichermaßen von der „Kürze und Dringlichkeit der Zeit“ und bezeichnet das Jahr 1968 als einen „Wendepunkt“. Er stellt fest: „Überall wachten die Brüder auf und gingen kraftvoll daran, mit Hilfe dieser ‚leichteren‘ Methode die gute Botschaft zu verbreiten. Die Zahl der Verkündiger begann auf der ganzen Erde wieder anzusteigen. Aus Hörern wurden Täter des Werkes. ... Es war wirklich Jehova, der die Herstellung dieses kleinen, doch machtvollen Hilfsmittels zum Jüngermachen geleitet hatte.“

Das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt hat eine erstaunliche Verbreitung erlebt. Wußtest du, daß es jetzt in 91 Sprachen erschienen ist? In den 6 Jahren seit seiner Freigabe sind außerdem schon 74 000 000 Exemplare von den Druckpressen gekommen. Dieses Bibelstudienhilfsmittel hat Hunderttausenden von Personen geholfen, zu einer genauen Erkenntnis der Heiligen Schrift zu gelangen und sich ‘mit festem Griff an das Wort des Lebens zu klammern’ (Phil. 2:16). Obwohl Jehovas Zeugen bei ihren Bibelstudien mit den Menschen nicht nur das Wahrheits-Buch verwenden, so besteht doch kein Zweifel darüber, daß sich die Mehrzahl der 1 351 404 Heimbibelstudien, die Jehovas Zeugen zur Zeit in den Wohnungen der Menschen auf der ganzen Erde durchführen, auf den ausgezeichneten biblischen Stoff stützt, der in diesem Buch zu finden ist.

EINE FLUT VON LITERATUR DIE JEHOVAS KÖNIGREICH VERKÜNDIGT

Heute wird die gute Botschaft von Gottes messianischem Königreich auf der ganzen Erde gepredigt. Und die wahre Flut von Literatur, die Jehovas Königreich verkündigt, spielt bei diesem Werk eine beachtliche Rolle. Nimm zum Beispiel den Wachtturm. Die erste Ausgabe von Zions Wacht-Turm (Juli 1879), wie die Zeitschrift damals genannt wurde, hatte eine Auflage von nur 6 000 Exemplaren. Und nun, im Jahre 1975, werden von jeder Ausgabe durchschnittlich 8 700 000 Exemplare in 79 Sprachen gedruckt.

Seit 1879 hat Der Wachtturm einige Male seinen Namen und sein Format geändert. Ursprünglich hieß er Zions Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi. Heute liest man auf der Titelseite: Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich“. Jahrelang wurden die Titelseiten des Wachtturms in Schwarzweiß gedruckt. Mit der Ausgabe vom 1. Januar 1939 wurde dann eine neue, farbige Umschlagseite eingeführt. Die Zeitschrift hatte damals größere, dafür aber weniger Seiten als heute. Die Ausgabe vom 15. August 1950, die auf dem Kongreß der Zeugen Jehovas „Mehrung der Theokratie“ veröffentlicht wurde, trug ein völlig neues Titelbild, enthielt farbige Illustrationen und hatte nunmehr 32 statt 16 Seiten. Hat Der Wachtturm zur Mehrung der Theokratie beigetragen? Ganz bestimmt! Du wirst zweifellos überrascht sein zu erfahren, daß allein in den Dienstjahren 1942 bis 1974 2 836 041 443 Exemplare des Wachtturms gedruckt worden sind.

Erwachet!, die Begleitzeitschrift des Wachtturms, ist der Nachfolger des Goldenen Zeitalters und der Zeitschrift Trost. Von der ersten Ausgabe an (22. August 1946) hat Erwachet! die zuversichtliche Hoffnung verkündigt, daß Gottes gerechte neue Ordnung in unserer Generation eingeführt wird. Auch diese Zeitschrift ist ein Teil der großen Flut von Literatur, durch die das Königreich verkündigt wird. Tatsächlich sind in den Dienstjahren 1942 bis 1974 2 600 751 501 Exemplare der Zeitschrift Erwachet! (und Trost) gedruckt worden.

Nicht zu übersehen ist die Flut gebundener Bücher, die Jehovas Königreich verkündigen, einschließlich des 1973 erschienenen Buches Gottes tausendjähriges Königreich hat sich genaht. Es mag dich überraschen zu erfahren, daß die Watchtower Society von 1942 an bis zum Dienstjahr 1974 352 513 470 gebundene Bücher in ihrer Zentrale und in anderen Druckereien auf der ganzen Erde hat drucken lassen.

AUSDEHNUNG DER DRUCKEREIEN

Dieser immer größer werdende Strom biblischer Schriften hat eine ständige Ausdehnung der Druckereien der Watch Tower Society erforderlich gemacht, und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in verschiedenen anderen Ländern der Erde. Im Jahre 1927 zog die Gesellschaft in das moderne, feuerfeste Gebäude aus Stahlbeton um, das in Brooklyn (New York), Adams Street 117 steht. Mit 6 500 Quadratmeter Bodenfläche schien dieses Gebäude sehr geräumig zu sein, aber die Beschleunigung des Werkes des Predigens und Jüngermachens erforderte bald eine Ausdehnung der Druckerei der Gesellschaft.

Einen bedeutenden Schritt in dieser Richtung gab Bruder Knorr am 8. August 1946 auf dem „Theokratischen Kongreß fröhlicher Nationen“ bekannt. Er teilte seinen Zuhörern mit, daß die Druckerei und das Bethelheim der Gesellschaft in Brooklyn erweitert würden. Und so wurde das Gebäude auf dem Nachbargrundstück der ursprünglichen Fabrik gekauft, geräumt und dann abgerissen. Die Ausschachtungsarbeiten für die neue Fabrik wurden am 6. Dezember 1948 begonnen, und die Bauarbeiten nahmen dann im Januar 1949 ihren Anfang. Als der neunstöckige Anbau fertig war, war die ursprüngliche Bodenfläche fast verdoppelt worden. Im Jahre 1950 nahm die Druckerei der Gesellschaft in der Adams Street 117 einen ganzen Häuserblock ein.

Im Jahre 1954 stellte die Watch Tower Society ein neues Gebäude in Pittsburgh (Pennsylvanien), Bigelow Boulevard 4100 fertig. Grant Suiter erläutert dazu: „Dieses Gebäude ist nicht nur das eingetragene Büro der Gesellschaft, sondern auch der Tagungsort der Jahresversammlung der pennsylvanischen Körperschaft, und es befindet sich darin auch ein Königreichssaal“, der von einigen Versammlungen der Zeugen Jehovas benutzt wird. Einige Jahre lang, bis zum 4. Mai 1974, wurde darin auch eine der Königreichsdienstschulen durchgeführt.

Mitte der 1950er Jahre dehnte sich das Königreichspredigtwerk sehr schnell aus. Noch wenige Jahre früher, im Jahre 1944, hatte die Gesellschaft von den Zeitschriften Der Wachtturm und Trost (jetzt Erwachet!) 17 897 998 Exemplare gedruckt. Im Jahre 1954 jedoch waren es insgesamt 57 396 810 Exemplare. Daher wurde eine Erweiterung der Einrichtungen der Gesellschaft in Brooklyn (New York) unbedingt erforderlich. Und so begannen im Frühjahr des Jahres 1955 die Ausschachtungsarbeiten für eine neue Fabrik, und im Jahre 1956 wurde ein dreizehnstöckiges Fabrikgebäude fertiggestellt. Dieses Gebäude in der Sands Street 77, „The Watchtower Building“ genannt, hat eine Bodenfläche von 17 837 Quadratmetern, mehr also als die Fabrik in der Adams Street 117, mit der es durch eine Brücke verbunden ist. Im Jahre 1958 erwarb die Gesellschaft eine neunstöckige Fabrik in einem angrenzenden Häuserblock, und diese wird fast ausschließlich für Lagerzwecke benutzt.

Mitte der 1960er Jahre überstieg die Zahl der Königreichsverkündiger auf der ganzen Erde eine Million. Wieder war in der Brooklyner Fabrik der Gesellschaft der Platz knapp geworden, und so begann im Jahre 1966 auf einem Nachbargrundstück die Errichtung einer weiteren großen Fabrik. Durch dieses elfstöckige Gebäude, das am 31. Januar 1968 der Bestimmung übergeben wurde, wurden dem Komplex der Wachtturm-Fabriken 20 995 Quadratmeter Bodenfläche hinzugefügt. Nun nahmen die Fabrikgebäude der Gesellschaft in Brooklyn, die durch Brücken miteinander verbunden wurden, vier Häuserblocks ein.

Ende 1969 wurde dann der Fabrikraum erheblich erweitert. Am 25. November 1969 erwarb die Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc. den gewaltigen, 10 Gebäude umfassenden Komplex der pharmazeutischen Fabrik Squibb in Brooklyn. Durch diesen Kauf wurden dem Hauptbüro der Gesellschaft 58 788 Quadratmeter Bodenfläche hinzugefügt. C. W. Barber erinnert sich noch, wie er vor Jahren einmal beim Bau der Squibb-Gebäude zugeschaut hatte. Jehovas Organisation hatte sich um dieses Grundstück bemüht, aber der Firma Squibb gelang es, es zu erwerben. Er erzählt: „Die Firma Squibb hatte viele Schwierigkeiten, denn es war nicht einfach, ein Fundament für die Gebäude zu legen, da der Boden dort so sandig war.“ Er fügt hinzu: „Schließlich wurde eine Gruppe schöner Gebäude errichtet, und oft dachte ich daran, wie gut es wäre, wenn sie der Gesellschaft gehörten. Und siehe da! Jetzt gehören sie uns.“

AUSDEHNUNG DES BETHELS HÄLT SCHRITT

Während sich die Fabrik der Watchtower Society in Brooklyn ausdehnte, wurde natürlich auch eine entsprechende Erweiterung des Bethelheims erforderlich. Daher wurde im Jahre 1950 ein zwölfstöckiger Anbau vollendet. Aber die Zahl der Mitarbeiter des Hauptbüros wurde immer größer. Und so wurde am 8. Dezember 1958 mit dem Abbruch der alten Gebäude begonnen, die auf einem Nachbargrundstück standen, wo ein neues Bethelheim an der Columbia Heights in Brooklyn entstehen sollte. Die Bauarbeiten begannen im Jahre 1959, und es dauerte nicht lange, bis der zwölfstöckige Neubau vollendet war. Die Bestimmungsübergabe fand Montag, den 10. Oktober 1960 abends in dem schönen Königreichssaal des neuen Gebäudes statt. Anwesend waren Glieder der Bethelfamilie sowie Brüder, die beim Bau mitgewirkt hatten — insgesamt 630 Personen. Die Zahl der Mitarbeiter des Hauptbüros war inzwischen von 355 im Jahre 1950 bis auf 607 im Jahre 1960 angewachsen.

Im Jahre 1965 wurde der Stadtbezirk, in dem das Bethelheim liegt — die Brooklyn Heights —, zu New Yorks erstem „historischen Viertel“ erklärt. Obwohl die Gesellschaft ein weiteres zwölfstöckiges Wohngebäude errichten wollte, kam sie den Wünschen der Denkmalschutz-Kommission entgegen und änderte ihre Baupläne entsprechend ab. Die Fassade dreier alter Gebäude wurde stehengelassen, und dahinter wurde ein siebenstöckiges Wohnheim gebaut und mit der Fassade der alten Gebäude verbunden. Dieses neue Gebäude, Columbia Heights 119, wurde am 2. Mai 1969 seiner Bestimmung übergeben. Daneben steht ein großes Wohnhaus, das Jehovas Zeugen gehört, und zum großen Teil wird es von Mitarbeitern des Hauptbüros bewohnt. Übrigens war die Bethelfamilie (die regulären Mitarbeiter und die Aushilfsarbeiter in Brooklyn und auf den Farmen der Gesellschaft) bis zum Ende des Dienstjahres 1970 auf 1 449 Personen angewachsen. Außerdem wohnten zu dieser Zeit 70 Studenten der Gileadschule im Hauptbüro, so daß die Gesamtzahl 1 519 betrug. Um so viele Menschen unterbringen zu können, mietete die Gesellschaft zusätzlich drei Stockwerke des in der Nähe gelegenen Towers-Hotels.

DIE AUSDEHNUNG GEHT WEITER

Doch mit diesen Entwicklungen war die Ausdehnung der Räumlichkeiten nicht zu Ende. „Im Jahre 1964“, erzählt Grant Suiter, „unternahm die Gesellschaft Schritte, um einen Teil der Königreichsfarm, darunter auch die Gebäude, die früher von der Wachtturm-Bibelschule Gilead [in der Nähe von South Lansing (New York)] benutzt worden waren, zu verkaufen.“ Ein paar Jahre später war der Verkauf abgeschlossen. Damit wurde die Farm verkleinert.

In der Zwischenzeit hatte der Vorstand der Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc. bei Pine Bush (New York) Land gekauft. Die ursprüngliche, 330 ha große Farm wurde im Jahre 1963 erworben und Wachtturmfarm genannt. Im Jahre 1968 wurde dort ein schönes Wohnhaus errichtet, und später folgten noch weitere Gebäude. Außerdem wurde in der Nähe eine weitere Farm gekauft. Heute haben beide Wachtturmfarmen zusammen 688 ha Land.

Die Wachtturmfarmen liefern Gemüse, Obst, Fleisch und Milchprodukte für die Mitarbeiter im Hauptbüro der Gesellschaft. Außerdem befinden sich auf der Farm 1 unter anderem zwei Fabriken. In Fabrik Nr. 1 stehen 4 Rotationsmaschinen, die je 12 500 Zeitschriften pro Stunde drucken können. In Fabrik Nr. 2 ist reichlich Platz für ein Papierlager und für 14 weitere Rotationsmaschinen und andere Maschinen. 6 Rotationsmaschinen sind dort schon in Betrieb, so daß in den beiden Fabriken insgesamt 10 Pressen laufen. Wenn die Bauarbeiten beendet sind, werden diese Fabriken ungefähr 37 000 Quadratmeter Bodenfläche bieten. Im Oktober 1974 dienten über 460 reguläre Mitarbeiter und Aushilfsarbeiter auf den Wachtturmfarmen.

Doch die Watch Tower Society hat ihre Druckereien nicht nur in den Vereinigten Staaten erweitert. Auf der ganzen Erde ist „Ausdehnung“ die Parole geworden. Jehovas Zeugen haben jetzt Druckereien in Australien, Brasilien, Kanada, England, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ghana, Japan, Nigeria, auf den Philippinen, in Südafrika, Schweden und in der Schweiz. Ja, Jehovas Volk hat 37 Druckereien in der ganzen Welt. Und von 1955 an hat sich die Zahl der großen Rotationsmaschinen auf der ganzen Erde von 9 auf 64 erhöht. Es stehen also Druckereien zur Verfügung, um den wachsenden Bedarf an biblischer Literatur zu decken.

Warum ist diese Ausdehnung auf der ganzen Erde vorgenommen worden? Weil diejenigen, die in Jehovas Organisation für solche Entscheidungen verantwortlich sind, daran interessiert sind, daß Menschen geholfen wird, die Bibel kennenzulernen. Ist das auch dein Wunsch? Zweifellos, wenn du zu Jehovas christlichen Zeugen gehörst. Die Mitarbeiter des Hauptbüros haben ebenfalls diesen Wunsch. Deshalb haben sie so fleißig gearbeitet, um biblische Schriften herzustellen. Ihre vereinten Anstrengungen im Dienstjahr 1974 ermöglichten es, daß allein in den Vereinigten Staaten 268 509 382 Exemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! gedruckt wurden sowie 13 874 957 Broschüren, 45 189 920 Bücher und Bibeln und 261 387 772 Traktate.

Wem ist diese theokratische Ausdehnung zu verdanken? Sie ist nicht einfach das Ergebnis menschlicher Pläne und ernsthafter Bemühungen. Der Dank gilt Jehova Gott, der das Wachstum gibt. Er ist es, der seinem Volk beim Predigen der guten Botschaft vom Königreich Gelingen geschenkt hat (1. Kor. 3:5-7).

EIN JAHRHUNDERT GÖTTLICHER FÜHRUNG

Im Jahre 1970 war ein Jahrhundert vergangen, seit Charles Taze Russell und ein paar seiner Gefährten anfingen, zu einem ernsthaften, gebetsvollen Studium der Heiligen Schrift zusammenzukommen. In all diesen Jahrzehnten haben sich Jehovas Diener geistiger Erleuchtung und göttlicher Führung erfreut. Die achtzigjährige Edith R. Brenisen ist seit einem guten Teil dieser Zeit mit Jehovas Organisation verbunden. Als sie 1970 einen der Bezirkskongresse „Menschen guten Willens“ besuchte, war sie tief bewegt. Schwester Brenisen schreibt: „Als ich 1970 den Kongreß in Boston besuchte und die große Menschenmenge im Fenway Park sah, erinnerte ich mich an den ersten eintägigen Kongreß, den ich im Jahre 1902 im Park Square in Boston besuchte, um mir einen Vortrag von Bruder Russell anzuhören. Damals waren wirklich nur eine Handvoll Personen da. Bei dieser Gelegenheit traf ich übrigens zum erstenmal Bruder Macmillan. Ich kann nicht schildern, was ich empfand, als ich achtundsechzig Jahre später dort, in Boston, saß und die große Schar von Zeugen sah, die mich umgab. Wie in jenen frühen Tagen, als wir noch so wenige an Zahl waren, erfüllte der gleiche heilige Geist, der gleiche Eifer und die gleiche Liebe zu Jehova unser Herz.“

In jenem Jahr war die Eröffnungsansprache des Kongreßvorsitzenden betitelt: „Hundert Jahre göttlicher Führung“. Margaret Green erinnert sich, daß dieser Vortrag „uns über das nachdenken ließ, was wir über die Organisation der 1870er Jahre gelesen hatten, und über den kleinen Anfang und das unglaubliche Wachstum in den vergangenen 100 Jahren“. (Vergleiche Sacharja 4:10.)

SICH DER GÖTTLICHEN LEITUNG UNTERSTELLEN

Jehovas Diener waren entschlossen, sich weiterhin Gottes Leitung zu unterstellen. Das ließen sie deutlich auf den fünftägigen Bezirkskongressen erkennen, die im Jahre 1971 unter dem Motto „Göttlicher Name“ durchgeführt wurden. Der Name Jehovas wurde in den Vordergrund gerückt, und es wurde gezeigt, wie man den göttlichen Grundsätzen gehorchen kann, für die dieser Name steht. Unter anderem wurde dargelegt, wie die neuzeitliche Christenversammlung noch theokratischer ausgerichtet werden sollte.

Doch bevor wir die organisatorischen Entwicklungen betrachten, die durch die Bezirkskongresse im Jahre 1971 in den Vordergrund gerückt wurden, sollten wir einen Blick in die Vergangenheit werfen. Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre ereignete sich nämlich etwas sehr Bemerkenswertes. Laßt uns also zunächst das Rad der Zeit um ein paar Jahrzehnte zurückdrehen.

„DIE THEOKRATIE IST MÜNDIG GEWORDEN“

Die Zeit vom 30. September bis 2. Oktober 1944 war für Jehovas Volk hoch bedeutsam. Tausende kamen damals in Pittsburgh (Pennsylvanien) zum „Theokratischen Kongreß“ der Zeugen Jehovas und zur Jahresversammlung der Watch Tower Bible and Tract Society zusammen. Zu diesem Kongreßprogramm gehörten die Vorträge „Zum Schlußwerk organisiert“ von T. J. Sullivan, „Theokratische Organisation in Tätigkeit“ von F. W. Franz und „Heutiges Anpassen an theokratische Richtlinien“ von N. H. Knorr. Der Inhalt dieser Vorträge hob die Wichtigkeit der Beschlüsse hervor, die auf der Jahresversammlung gefaßt werden sollten. Daher blieben Tausende in Pittsburgh zur Geschäftsversammlung der Gesellschaft, die am Montag, dem 2. Oktober 1944, stattfand.

„Hier traf ich Bruder Van Amburgh zum letzten Mal“, erzählt W. L. Pelle. „Als er mich sah, waren seine ersten Worte: ,Bruder Pelle, die Theokratie ist mündig geworden.‘ “ Doch was veranlaßte den alternden Sekretär-Kassierer der Gesellschaft zu einer solchen Bemerkung? Die Ereignisse, die sich bei jener Gelegenheit abspielten, sollten es zeigen.

Von größter Wichtigkeit war die Verabschiedung von sechs Resolutionen, die Vorschläge zur Abänderung der Statuten der Watch Tower Society durch Zusatzartikel beinhalteten. Der erste Änderungsvorschlag, der in Form einer Resolution angenommen wurde, sah eine Erweiterung von Zweck und Ziel der Gesellschaft vor, um die Durchführung des noch bevorstehenden weltweiten Werkes zu ermöglichen. Durch diese Änderung wurde auch der Name Gottes, Jehova, in die Satzung aufgenommen. Durch die dritte Änderung wurde die in der ursprünglichen Satzung vorgesehene Methode, die Mitgliedschaft von einer bestimmten Spende an die Gesellschaft abhängig zu machen, völlig abgeschafft. Nach Inkrafttreten dieser Zusatzartikel würde die Zahl der Mitglieder auf 500 beschränkt sein, und sie sollten alle aufgrund ihrer Beteiligung am Dienste Jehovas ausgewählt werden. Es war so, wie es im Wachtturm vom 1. November 1944 (engl. Ausgabe) ausgedrückt wurde: „Durch diese Änderung wird erreicht, daß die Statuten der theokratischen Ordnung so weit entsprechen, wie es das Gesetz des Landes zuläßt.“ Alle sechs Änderungsvorschläge (bezüglich der Artikel 2, 3, 5, 7, 8 und 10) wurden angenommen.

Obwohl Jehovas Volk es damals noch nicht erkannte, war das, was im Jahre 1944 in organisatorischer Hinsicht geschah, offensichtlich von biblischer Bedeutung. Daniel hatte in seiner Prophezeiung vorausgesagt, daß ein symbolisches „kleines Horn“ (die anglo-amerikanische Weltmacht) 2 300 „Abende und Morgen“ oder Tage Jehovas theokratische „heilige Stätte“, durch Jesu gesalbte Nachfolger auf Erden vertreten, niedertreten würde (Dan. 8:9-14). Das geschah während des Zweiten Weltkrieges.

Zu Beginn der vorhergesagten 2 300 Tage erschien der zweiteilige Artikel „Organisation“ im Wachtturm (engl. Ausgabe vom 1. Juni und 15. Juni 1938). Im ersten Teil hieß es: „Jehovas Organisation ist in keiner Weise demokratisch. Jehova ist der Höchste, und seine Herrschaft oder Organisation ist streng theokratisch.“ Teil 2 enthielt eine Resolution, die von den Versammlungen der Zeugen Jehovas angenommen wurde und in der darum gebeten wurde, daß in sämtlichen Versammlungen alle amtierenden Diener theokratisch (von oben nach unten) ernannt würden.

Wenn man vom 1. Juni 1938 an zählt, endeten die 2 300 Tage am 8. Oktober 1944. Rechnet man sie vom 15. Juni 1938 an, so endeten sie am 22. Oktober 1944. Am Ende dieser Zeit wurde wieder Nachdruck auf die theokratische Organisation gelegt, indem auf dem Kongreß und der Jahresversammlung, die nacheinander vom 30. September bis zum 2. Oktober 1944 in Pittsburgh (Pennsylvanien) stattfanden, Vorträge über die Organisation und die Änderungen gehalten wurden und indem im englischen Wachtturm vom 15. Oktober („Zum Schlußwerk organisiert“) und vom 1. November 1944 („Theokratische Organisation in Tätigkeit“ und „Heutiges Anpassen an theokratische Richtlinien“) Artikel über die theokratische Organisation veröffentlicht wurden. Somit traten Gottes Diener am Ende der prüfungsreichen 2 300 Tage fester für Jehovas theokratische Regierung durch Jesus Christus ein als je zuvor. Wie vorhergesagt, wurde das „Heiligtum“ damals wieder „in seinen rechtmäßigen Stand gesetzt“ (Dan. 8:14, Revised Standard Version; siehe Wachtturm vom 15. März 1972, Seite 167—184).

APOSTOLISCHER AUFBAU DER VERSAMMLUNG

Nun wollen wir uns wieder dem Bezirkskongreß „Göttlicher Name“ (1971) zuwenden. Besonders wichtig waren die Programmpunkte, die sich mit der Organisation der Versammlung der ersten Christen befaßten.

Die leitende Körperschaft hatte sich seit einiger Zeit mit dem apostolischen Aufbau der Christenversammlung, wie er in der Bibel dargelegt wird, beschäftigt. Im Laufe dieses Studiums war es offenkundig geworden, daß einige Änderungen in der neuzeitlichen Organisation erforderlich waren. Während in früheren Jahren ein reifer Christ als Versammlungsdiener oder vorsitzführender Aufseher geamtet hatte, dem andere „Diener“ zur Seite gestanden hatten, war in der Zeit der Apostel jede Versammlung von einer Ältestenschaft geleitet worden (Apg. 20:17-28; 1. Tim. 4:14). Außerdem hatte es im ersten Jahrhundert u. Z. offenbar einen turnusgemäßen Wechsel des Vorsitzes gegeben. Daher wurde es für passend erachtet, daß in den Versammlungen, in denen es mehr als einen Ältesten gibt, jedes Jahr jemand anders als Vorsitzender der Ältestenschaft dient.

AUSWAHL DER ÄLTESTEN UND DIENSTAMTGEHILFEN

Die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas sandte an jede Versammlung einen aufschlußreichen Brief und erläuterte darin die Auswahl der „Ältestenschaft“ und auch der Dienstamtgehilfen. Gemäß diesem Brief vom 1. Dezember 1971 sollten alle getauften Männer der Versammlung im Alter von zwanzig Jahren und darüber in Betracht gezogen werden (siehe Esra 3:8). Die Brüder, die an diesen Besprechungen über die Ältesten und Dienstamtgehilfen teilnahmen, bereiteten sich gut vor und betrachteten die Artikel „Die theokratische Organisation inmitten der Demokratien und des Kommunismus“, „Eingesetzte Beamte in der theokratischen Organisation“ und „Eine Ältestenschaft, bei der der Vorsitzende turnusgemäß wechselt“, die im Wachtturm vom 15. Februar 1972 erschienen. Außerdem wurden folgende Wachtturm-Artikel sorgfältig studiert, die in der Ausgabe vom 1. März 1972 veröffentlicht wurden: „Wer ist weise und verständig unter euch?“ und „Ernannte Älteste sollen die Herde Gottes hüten“. Und soweit es ihnen die Zeit erlaubte, lasen die Brüder in dem Buch Aid to Bible Understanding den Aufschluß unter den Stichwörtern „Älterer Mann“, „Aufseher“ und „Diener“.

Als die Glieder des Versammlungskomitees und andere befähigte Brüder zusammenkamen, sprachen sie ein Gebet. Unter anderem lasen und besprachen sie dann die Erfordernisse für Älteste und Dienstamtgehilfen, wie sie in Gottes Wort in 1. Timotheus 3:1-10, 12, 13, Titus 1:5-9 und 1. Petrus 5:1-5 dargelegt werden. „Viele sahen sich zum erstenmal richtig“, bemerkt R. D. Cantwell, „und alle spürten deutlich die Verpflichtung vor Jehova, ehrlich mit sich selbst und anderen zu sein. Einige mußten zugeben, daß sie nicht geeignet waren. Durch diese Vorkehrung kam eine solche Ehrlichkeit und Demut ans Licht, wie es nie möglich gewesen wäre, hätte es nicht diesen Fortschritt im Verständnis der biblischen Grundsätze hinsichtlich der Organisation gegeben.“ (Auch schon in früheren Jahren waren die in der Bibel dargelegten Erfordernisse die Grundlage für die Entscheidung, wer mit Verantwortung in der Versammlung betraut werden sollte. Siehe Rat über Theokratische Organisation für Jehovas Zeugen, S. 19; In Einheit miteinander predigen, S. 26, 27.)

Nachdem dann schließlich die Qualifikationen der Brüder analysiert worden waren, wurden der leitenden Körperschaft Empfehlungen unterbreitet. Nach dem 1. August 1972 erhielten dann die Versammlungen Briefe mit den Ernennungen der Aufseher und Dienstamtgehilfen.

ANERKENNUNG DER GÖTTLICHEN HERRSCHAFT

Während Jehovas Volk gespannt auf die völlige Durchführung dieser Vorkehrung wartete, versammelten sich Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten, in Kanada und auf den Britischen Inseln von Ende Juni bis Ende August 1972 zu den Bezirkskongressen „Göttliche Herrschaft“. Auf diesen Veranstaltungen wurde der göttlichen Herrschaft die Hauptaufmerksamkeit geschenkt.

Eine der bedeutsamen Kongreßfreigaben war das neue 192 Seiten starke Buch Organisation zum Predigen des Königreiches und zum Jüngermachen. Unter anderem wurden darin die Verbesserungen dargelegt, die im Aufbau der Christenversammlung vorgenommen wurden. Das Organisations-Buch und auch das Kongreßprogramm zeigten die praktischen Aspekte dieser Reorganisation und ließen erkennen, wie sich die Neuerungen auswirken würden.

Auf diesen Bezirkskongressen wurde besonders auf die Anerkennung der göttlichen Herrschaft Wert gelegt, zum Beispiel in dem öffentlichen Vortrag „Die göttliche Herrschaft — die einzige Hoffnung für die ganze Menschheit“. Die Delegierten erkannten, daß sie, um ewiges Leben erlangen zu können, als einzelne persönlich Jehovas Herrschaft anerkennen mußten. Im neuen Organisations-Buch und in verschiedenen Programmpunkten des Kongresses wurde aber auch die Wichtigkeit hervorgehoben, daß die Versammlung die göttliche Herrschaft anerkennt.

DIE LEITENDE KÖRPERSCHAFT GIBT EIN BEISPIEL

Doch drehen wir nun die Zeit zurück bis zum Montag, den 13. September 1971. Um 7 Uhr morgens haben die Mitarbeiter des Hauptbüros der Watch Tower Society in den verschiedenen Speisesälen des Brooklyner Bethelheims Platz genommen. Sie sind bereit für die übliche Besprechung des für den Tag vorgesehenen Bibeltextes und das anschließende Frühstück. Bis jetzt hat immer der Präsident der Gesellschaft bei diesen Besprechungen den Vorsitz geführt, wenn er zu Hause gewesen ist. Heute ist Bruder Knorr im Bethel, aber er sitzt nicht am Tischende. Statt dessen führt F. W. Franz, der Vizepräsident der Gesellschaft, den Vorsitz bei der morgendlichen Textbesprechung. Warum? Weil die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas einen turnusgemäßen wöchentlichen Wechsel für die morgendliche Tagestextbesprechung und für das Wachtturm-Studium der Bethelfamilie am Montagabend eingeführt hat.

Somit begann im Brooklyner Bethel ein turnusgemäßer Wechsel, schon ein Jahr bevor eine ähnliche Einrichtung in den Versammlungen des Volkes Gottes im allgemeinen in Kraft trat. Aber die Vorkehrung ging noch weiter. Am 6. September 1971 nahm die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas eine Resolution an, nach der ihr Vorsitzender in alphabetischer Reihenfolge jährlich wechseln sollte. So kam es, daß F. W. Franz am 1. Oktober 1971 für ein Jahr Vorsitzender der leitenden Körperschaft wurde. Auf diese Weise gab die leitende Körperschaft ein passendes Beispiel in der Einführung der neuen organisatorischen Vorkehrung.

„DAS HAT GOTT BEWIRKT“

Als Roger Morgan über die neue Vorkehrung der Ältesten und Dienstamtgehilfen nachdachte, fühlte er sich bewogen zu sagen: „Das hat Gott bewirkt.“ Damit hat er zweifellos anderen aus dem Herzen gesprochen, die über die aus dieser Vorkehrung erwachsenden Vorteile nachgedacht haben. Der erste Wechsel und die damit verbundene Übergabe der Verantwortung begann im September 1972, und bis zum 1. Oktober waren in den meisten Versammlungen die Änderungen vollzogen worden. In vielen Fällen wurde der frühere Hilfsversammlungsdiener jetzt vorsitzführender Aufseher, der frühere Versammlungsdiener wurde Aufseher der Theokratischen Predigtdienstschule usw. Hier war der Beweis, daß Christen Jehovas Herrschaft und seine Verfahrensweise mit der Versammlung seines Volkes anerkennen. Jedes Jahr würden nun die Ältesten einer Versammlung turnusgemäß verschiedene Stellungen bekleiden, und sie würden als eine Körperschaft zusammenwirken und dabei das geistige Wohl der Versammlung sowie die Notwendigkeit, beim Hüten der ihnen anvertrauten Herde Gottes zusammenzuarbeiten, im Sinn behalten (1. Petr. 5:2).

Diese neue Vorkehrung für die Versammlungen hat viele Vorteile. Zum Beispiel meint Edgar C. Kennedy, sie ermögliche „stärkere Solidarität für den Fall, daß eine Versammlung eine Zeitlang von der leitenden Körperschaft abgeschnitten wäre“. „Das ist ganz bestimmt ein außergewöhnlicher Fortschritt in Jehovas Organisation“, erklärt Grace A. Estep, „und es zeigt, wie gut Gott sein Volk für die Zeit nach diesem System der Dinge vorbereitet.“ Nicht ohne Grund schrieb Der Wachtturm in seinem Bericht über die Bezirkskongresse 1972: „In der Tat, Jehova organisiert sein versammeltes Volk heute so, daß es Harmagedon überstehen und dann in seiner neuen Ordnung leben kann — unter der göttlichen Herrschaft.“

INTERNATIONALER KONGRESS „GÖTTLICHER SIEG“

Jehovas christliche Zeugen haben bestimmt bewiesen, daß sie sich der göttlichen Führung unterstellen und sich bereitwillig der göttlichen Herrschaft unterwerfen. Von Ende Juni 1973 bis Januar 1974 hielten sie auf der ganzen Erde einen internationalen Kongreß ab, auf dem sie deutlich zum Ausdruck brachten, daß sie mit Spannung Gottes Sieg erwarten. Diese Veranstaltungen dauerten im allgemeinen fünf Tage und fanden in den Vereinigten Staaten, in Kanada, Europa, Asien, Mittel- und Südamerika, im südpazifischen Raum und in Afrika statt. Viele Diener Gottes reisten in ferne Länder, um dort das geistig erbauende Kongreßprogramm mit ihren Mitgläubigen aus anderen Ländern zu erleben. Gewöhnlich wurde das Programm nur während des Tages abgehalten, so daß die Delegierten früh in ihre Unterkunft zurückkehren konnten und nicht nach Einbruch der Dunkelheit in Gegenden unterwegs sein mußten, in denen das nicht ratsam ist. Oft unterhielten sie sich in den Abendstunden über die Höhepunkte des Kongresses.

Einer der vielen ausgezeichneten Programmpunkte war der fesselnde Vortrag: „Behaltet die Gegenwart des Tages Jehovas fest im Sinn“. Wie eindringlich wurde doch gezeigt, daß Christen den Tag Jehovas in ihrem Sinn nicht einfach hinausschieben dürfen! Die immer schlechter werdenden Weltverhältnisse und die Entwicklungen innerhalb der theokratischen Organisation in Verbindung mit der Vorkehrung für Älteste und Dienstamtgehilfen sowie der große Zustrom von Menschen, die die „große Volksmenge“ bilden werden, sind ein sicheres Anzeichen dafür, daß Jehovas Tag nahe ist (2. Petr. 3:11-13; Offb. 7:9). Im Anschluß an diesen nachdenklich stimmenden Vortrag wurde ein 192seitiges Buch freigegeben, das sehr geschätzt wurde: Wahrer Friede und Sicherheit — woher zu erwarten?

Andere Kongreßfreigaben waren die Umfassende Konkordanz zur Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift (englisch) und das 416seitige Buch Gottes tausendjähriges Königreich hat sich genaht. Herzerfreuend war der öffentliche Vortrag mit dem Thema „Göttlicher Sieg — was bedeutet er für die bedrängte Menschheit?“ Mutig wurde die Aufmerksamkeit auf den universellen Krieg von Har-Magedon gelenkt, in dem sich Jehova durch seinen göttlichen Sieg rechtfertigen wird. Es wurde erklärt, daß die „Könige der ganzen bewohnten Erde“ unter der treibenden Kraft unreiner inspirierter Äußerungen zum Krieg gegen Gott versammelt werden, zu einem Krieg, bei dem es um die Herrschaft über die Erde geht (Offb. 16:13-16). Daher muß jeder Stellung beziehen — entweder auf der einen Seite oder auf der anderen. Nur diejenigen, die auf der Seite Jesu Christi, des Königs der Könige, Stellung beziehen, werden verschont werden. Nur sie werden Zeugen des göttlichen Sieges sein und an dem Fest teilnehmen, das danach folgt.

Auf den 19 internationalen Kongressen „Göttlicher Sieg“, die im Juni und Juli 1973 auf dem Festland der Vereinigten Staaten stattfanden, symbolisierten 15 851 Personen ihre Hingabe an Jehova Gott durch die Wassertaufe. Insgesamt kamen bei diesen Veranstaltungen 665 945 Personen zusammen, um die reichen geistigen Segnungen zu genießen, die Jehova seinem Volk schenkte. Auf der ganzen Erde fanden 140 Kongresse statt, auf denen 81 830 Personen getauft wurden, und die Gesamtbesucherzahl betrug 2 594 305. Welch ein Grund, Gott, dem Sieger, dankzusagen!

EIN BESONDERES WERK BESCHLEUNIGT DIE MEHRUNG

Die internationalen Kongresse „Göttlicher Sieg“ hatten jedoch noch etwas Besonderes zu bieten. Monate im voraus konnte man im Wachtturm lesen, daß das Programm die Aufmerksamkeit besonders auf das Werk des Predigens und Jüngermachens lenken würde. Es hieß dann wörtlich: „Es wird ein besonderes Werk umrissen und gezeigt werden. Alle Versammlungen der Zeugen Jehovas auf der ganzen Erde werden sich zu bestimmten Zeiten nach dem Kongreß daran beteiligen.“ Was war dieses besondere Werk?

Die Antwort wurde im Anschluß an den Schlüsselvortrag des Kongresses, „Die Welt besiegen — ohne Waffengewalt“, offenbar. Danach wurde ein vierseitiges Traktat, Königreichs-Nachrichten Nr. 16, freigegeben, das den Titel trug: „Läuft die Zeit für die Menschheit ab?“ Jedem Zuhörer, der über zwölf Jahre alt war und bei der Verbreitung mithelfen wollte, wurden kostenlos acht Traktate ausgehändigt. Der Sprecher erklärte, daß für die Verbreitung dieser Traktate zehn Tage — der 21. bis 30. September — eingeräumt würden. Die Traktate würden den Menschen persönlich im Haus-zu-Haus-Dienst überreicht oder — wenn niemand zu Hause wäre — unter die Tür geschoben werden. Die Watch Tower Society würde an jede Versammlung 100 Traktate pro Verkündiger schicken. In jeder Wohnung sollte ein Traktat zurückgelassen werden; daher war damit zu rechnen, daß Millionen Exemplare kostenlos verbreitet würden. Jehovas Volk freute sich über die Aussicht, dieses besondere Werk in Verbindung mit der Verkündigung des Königreiches zu verrichten.

Und so verbreiteten Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten und auch in anderen Ländern im Jahre 1973 während der letzten zehn Tage des Monats September Millionen von Exemplaren der Königreichs-Nachrichten Nr. 16. Vom 22. bis 31. Dezember 1973 beteiligten sie sich wieder an einer Massenverbreitung der Königreichs-Nachrichten. Diesmal war es Nr. 17, und darin wurde die Frage aufgeworfen und beantwortet: „Hat die Religion Gott und die Menschen verraten?“ Vom 3. bis 12. Mai zogen sie wieder durch ihre Gebiete, diesmal mit den Königreichs-Nachrichten Nr. 18, in denen die entscheidende Frage aufgeworfen wurde: „Die Regierung Gottes — sind Sie dafür oder dagegen?“

Viele, die die Wahrheit des Wortes Gottes kennen, hatten den Wunsch, die gute Botschaft anderen mitzuteilen, indem sie sich an der Verbreitung der Königreichs Nachrichten beteiligten. Tatsächlich nahmen im September 1973 in den Vereinigten Staaten (ohne Alaska und Hawaii) 512 738 Königreichsverkündiger an diesem Werk teil. Aus Berichten geht hervor, daß sie 43 320 048 Exemplare der Königreichs-Nachrichten Nr. 16 verbreiteten. Im Dezember beteiligten sich sogar 525 007 Verkündiger an der Verbreitung der Königreichs-Nachrichten Nr. 17. Das waren 103 112 Verkündiger mehr als sich nur ein Jahr zuvor am Predigtdienst beteiligt hatten. Und im Mai 1974 waren 539 262 Arbeiter im Predigtdienst tätig.

Erfahrungen zeigen, daß die Verbreitung der Königreichs-Nachrichten das Werk des Jüngermachens beschleunigte. Zum Beispiel ließen zwei Verkündiger ein Exemplar bei einem Herrn zurück und gingen ihres Weges, wurden aber später von ihm wieder zurückgerufen. Als sie zu seiner Wohnung kamen, trafen sie seine Frau, die das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt in einer Mülltonne gefunden hatte. Sie hatte nicht schlafen können, weil sie erkannt hatte, daß sich das, was darin stand, erfüllte. So wurde ein Bibelstudium eingerichtet. Die Frau begann, regelmäßig die christlichen Zusammenkünfte zu besuchen, und machte so weit Fortschritte, daß sie sich später selbst an der Verbreitung der Königreichs-Nachrichten beteiligte und den Wunsch äußerte, sich taufen zu lassen.

Ein Exemplar der Königreichs-Nachrichten entfachte das Interesse zweier langhaariger leiblicher Brüder, die rauchten, Drogen nahmen und in einer Rock-and-Roll-Band spielten. Bald studierten beide die Bibel mit dem Zeugen, der ihnen das Traktat gegeben hatte. Sie ließen sich das Haar schneiden, gaben das Rauchen auf, nahmen keine Narkotika mehr und machten schnell geistige Fortschritte. Nur drei Monate nachdem sie ein Exemplar der Königreichs-Nachrichten erhalten hatten beteiligten sie sich am Predigtdienst und nahmen an der Verbreitung der nächsten Ausgabe teil. Beide wurden im Dezember 1973 getauft, und kurz darauf waren sie schon als Pionier auf Zeit tätig.

EINE „GROSSE VOLKSMENGE“ WIRD EINGESAMMELT

Der Apostel Johannes sah in einer Vision, daß eine „große Volksmenge“ aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Zungen vor dem Throne Gottes stand und ihm in seinem Tempel Tag und Nacht heiligen Dienst darbrachte (Offb. 7:9, 15). Diese Menschen mit einer irdischen Hoffnung haben die gesalbten Nachfolger Jesu Christi in dem ihnen von Gott aufgetragenen Werk der Verkündigung der guten Botschaft vom Königreich ganzherzig unterstützt. Wie begeisternd ist es zu sehen, wie infolgedessen Tausende und aber Tausende zum ‘Berg des Hauses Jehovas’ strömen! (Jes. 2:2-4).

Diese Personen, die sich in den Vorhöfen des ‘Hauses Jehovas’ versammelt haben, haben sich Jehova Gott hingegeben und dies durch die Wassertaufe symbolisiert. Im Anschluß an den Vortrag „Taufe gemäß dem göttlichen Willen“ ließen sich am 30. Juli 1958 in New York 7 136 solche Personen taufen. Seit Pfingsten 33 u. Z. hatte es nichts dergleichen gegeben (Apg. 2:41). Gewiß konnte die Welt diese Taufe im Jahre 1958 nicht ignorieren, denn H. L. Philbrick schrieb vor nicht allzu langer Zeit: „Die Presse brachte gute Bilder von der großen Zahl derer, die getauft wurden ... Alle Zeitungsleser mußten den Eindruck erhalten, daß Jehovas Zeugen nicht mehr als eine kleine ,Sekte‘ betrachtet werden dürfen.“ Die Wahrheit war auf dem Vormarsch.

Doch Jehovas Zeugen sind nicht an bloßen Zahlen interessiert. Wichtig ist, daß die Taufbewerber verstehen, was sie tun. Deshalb wurde die Vorkehrung sehr geschätzt, die in Verbindung mit dem Buch „Dein Wort ist eine Leuchte meinem Fuß“ (1967 veröffentlicht) eingeführt wurde. Auf Seite 7 bis 39 standen 80 biblische Fragen, die reife Brüder mit Taufbewerbern besprechen sollten. „Wenn sie die achtzig Fragen mit dem Versammlungskomitee studiert hatten“, meinen Bruder und Schwester Newell, „erkannten sie, daß ihre Hingabe und ihre Taufe den Beginn eines neuen Lebensweges bedeuteten und daß sie die damit verbundene Verantwortung nicht leichtnehmen durften.“ Das neuere Buch Organisation zum Predigen des Königreiches und zum Jüngermachen (1972 veröffentlicht) enthält eine ähnliche Vorkehrung zur Besprechung biblischer Fragen mit Taufbewerbern. Wenn verschiedene Älteste der Versammlung diese Fragen mit jedem einzelnen besprechen, erhalten diejenigen, die sich taufen lassen möchten, die Gelegenheit, sich zu biblischen Themen zu äußern und ihr Verhältnis zu Jehova Gott richtig einzuschätzen. Diese Vorkehrung hat dazu beigetragen, wahre Jünger zu machen.

Betrachten wir kurz, wie sich das Werk des Jüngermachens und Taufens ausgedehnt hat. Im Jahre 1968 wurden 82 842 Personen getauft. In den Jahren 1969 bis 1973 wurden insgesamt 792 019 Personen getauft. Während die Bemühungen, die „große Volksmenge“ einzusammeln, begeistert fortgesetzt werden, lassen sich jedes Jahr viele Tausende taufen. Ja, allein im Dienstjahr 1974 ließen sich 297 872 Personen zum Zeichen ihrer Hingabe an Jehova Gott taufen. Wie begeisternd ist es doch für Gottes Volk, sich zur Ehre Jehovas an diesem wunderbaren Einsammlungswerk zu beteiligen! Heute predigen über 2 000 000 christliche Zeugen Jehovas die gute Botschaft von Gottes Königreich.

„WACHT ... BEHARRLICH“

Jesus ermahnte seine Nachfolger eindringlich, wachsam zu bleiben und darauf zu achten, wann er komme, um das Gerichtsurteil gegen dieses böse System der Dinge zu vollstrecken. Er tat dies, indem er die Jünger mit einem Türhüter verglich, dem sein Herr gebot, auf seine Rückkehr von einer Auslandsreise zu warten. „Wacht also beharrlich“, lautete Jesu weiser Rat (Mark. 13:32-37).

Der Bezirkskongreß „Gottes Vorsatz“ trug viel dazu bei, Jehovas christliche Zeugen die Dringlichkeit der Zeit verspüren zu lassen und sie zu erhöhter geistiger Wachsamkeit anzuspornen. In den Vereinigten Staaten, in Kanada und auf den Britischen Inseln fanden in den Monaten Juni bis August 1974 85 solche Kongresse statt. Diese Zusammenkünfte halfen Gottes Volk gewiß, zu erkennen, wo wir uns im Strome der Zeit befinden.

Aus jedem der drei bewegenden biblischen Dramen, die aufgeführt wurden, konnte man wichtige Lehren ziehen. Die Notwendigkeit, sich vor Unglauben zu hüten, wurde auf dramatische Weise deutlich gemacht, als die Kongreßteilnehmer ihre Aufmerksamkeit auf die Israeliten richteten, die nach ihrer Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft durch die Wildnis wanderten. Ein anderes Drama lenkte ihre Aufmerksamkeit auf 1. Könige, Kapitel 13 und zeigte, welche Gefahren damit verbunden sind, nicht auf Gottes Autorität zu hören. Und wie ergreifend war doch die Schilderung des Lebens und der Werke des Apostels Paulus als Christ! Sie erfüllte die Zuschauer mit neuem Eifer für die Anbetung und den Dienst Jehovas Gottes.

Wie kann man sich vor dem Materialismus, dem Einfluß von Dämonen und der Ausnutzung durch die falsche Religion schützen? Die Antwort darauf gab der fesselnde Vortrag „Behütet durch den Glauben und die Hoffnung, die auf Jehova gerichtet sind“. Im Anschluß an diesen Kongreßvortrag wurde das neue 192 Seiten starke Buch Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei? freigegeben. Es kritisiert scharf Babylon die Große, das Weltreich der falschen Religion, und gibt den Lesern gleichzeitig vernünftige Gründe für den Glauben, daß mit dem jetzigen Leben längst nicht alles vorbei ist. Dieses Buch stärkt den Glauben an Jehovas Verheißung, eine gerechte neue Ordnung zu schaffen, in der die Menschen ewig leben werden, und an die erhabene Auferstehungshoffnung.

Die gesalbten Nachfolger Jesu Christi und auch ihre Gefährten, die eine irdische Hoffnung hegen, möchten gern Gottes Vorsatz dienen. Sie wissen, daß er nicht scheitern wird, und diese Überzeugung kommt in dem Titel und dem Inhalt einer weiteren Kongreßfreigabe zum Ausdruck — in dem Buch Gottes „ewiger Vorsatz“ jetzt zum Wohl des Menschen glorreich verwirklicht. Wir haben wirklich allen Grund, unser Vertrauen auf Gottes Vorsatz zu setzen. Diese Gründe wurden besonders beim Höhepunkt des Kongresses hervorgehoben, als der öffentliche Vortrag mit dem Thema „Menschenpläne scheitern — Gottes Vorsatz gelingt“ gehalten wurde. Dieser und anderer wichtiger Aufschluß begeisterte die 891 819 Personen, die die 69 Bezirkskongresse „Gottes Vorsatz“ in den Vereinigten Staaten besuchten.

Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten und anderswo wissen, daß sich die Menschen weiterhin bemühen werden, die wankende Welt zu stabilisieren. Doch ganz gleich, wie grandios die Pläne der Menschen auch erscheinen mögen und wie lautstark versichert wird, daß sie gelingen werden, so weiß doch Jehovas Volk, daß nur Gottes Vorsatz glorreich verwirklicht werden wird, und es dankt ihm für das großartige Vorrecht, sein Wort und sein Königreich verkündigen zu dürfen.

Treffend prophezeite Jesaja, daß „im Schlußteil der Tage“ der Berg des Hauses Jehovas über dem Gipfel der Berge fest gegründet sein würde und daß viele Völker zu ihm strömen würden (Jes. 2:2-4). Wir leben jetzt im „Schlußteil der Tage“. Die Tatsache, daß sich immer größere Scharen der „großen Volksmenge“ anschließen, sollte uns vor Augen führen, wie dringlich die Zeit ist. Heute ist es für Jehovas Diener nicht angebracht, selbstgefällig, gleichgültig oder untätig zu werden. Sie haben ein Werk zu tun.

Denke daran, wo wir uns im Strom der Zeit befinden! Die Wichtigkeit dieser Tatsache wurde uns im Jahre 1966 eindringlich eingeprägt. Gottes Volk erhielt damals das fesselnde Buch Ewiges Leben — in der Freiheit der Söhne Gottes. Es dauerte bei den meisten nicht lange, bis sie darin eine Zeittafel entdeckten, in der das Jahr 1975 als das „Ende des sechsten 1 000-Jahr-Tages der Existenz des Menschen (im Frühherbst)“ angegeben wurde.

Das gab natürlich Anlaß zu verschiedenen Fragen. Bedeutet das, daß Babylon die Große 1975 beseitigt ist? Wird dann Harmagedon vorüber und Satan gebunden sein? „Es könnte das bedeuten“, gab F. W. Franz, der Vizepräsident der Watch Tower Society, zu, nachdem er ähnliche Fragen auf dem Bezirkskongreß „Gottes Söhne der Freiheit“ in Baltimore (Maryland) aufgeworfen hatte. Er fügte jedoch hinzu: „Doch wir sagen das nicht. Alle Dinge sind bei Gott möglich. Doch wir sagen das nicht. Und möge auch niemand von euch sich irgendwie bestimmt äußern und etwas sagen, was zwischen der Gegenwart und dem Jahr 1975 vor sich gehen soll. Doch der wichtige Gedanke bei all diesem, liebe Freunde, ist der: Die Zeit ist kurz. Die Zeit läuft ab, darüber besteht keine Frage.“ Unter anderem ermahnte Bruder Franz: „Laßt uns unsere Zeit so gut wie möglich verwenden und die ganze gute, schwere Arbeit für Jehova getan bekommen, während noch Gelegenheit dazu ist.“

Seitdem sind einige Jahre vergangen, aber dadurch ist die Dringlichkeit des Predigtwerkes nur noch größer geworden. Jehovas Diener wissen, daß sie sich Gott nicht bis zu einem bestimmten Jahr hingegeben haben. Sie sind für immer sein ihm hingegebenes Volk. Heute ist die gesamte Menschenwelt Gottes Feld zur Bebauung, und das Werk ist dringlich. Welch ein Vorrecht haben doch Jehovas Diener als seine Mitarbeiter auf diesem Feld, indem sie Gottes Vorsätze und seine Rettungsvorkehrungen bekanntmachen dürfen! Mit tiefer Wertschätzung für Jehovas unverdiente Güte sind diese Gott hingegebenen Christen fest entschlossen, in ihrer Tätigkeit voranzudrängen, „mit ihm zusammenarbeitend“ (1. Kor. 3:9; 2. Kor. 5:18 bis 6:2).

Mit der Hilfe des heiligen Geistes Gottes werden Jehovas christliche Zeugen in den Vereinigten Staaten zusammen mit ihren Mitanbetern auf der ganzen Erde ihrem himmlischen Vater weiterhin treu dienen. Mögen wir doch alle Jehova gegenüber unerschütterlich die Treue bewahren! Mögen wir wachsam und tätig bleiben, während sich das Ende naht! Wir müssen ‘beharrlich wachen’. Jetzt ist es nicht an der Zeit, geistig schläfrig zu sein. Jetzt ist es an der Zeit, im Dienste Gottes, dessen wunderbarer und unvergleichlicher Vorsatz nicht scheitern kann und wird, wachsam, fleißig und treu zu sein.