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Neuseeland

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Als im Jahre 1769 die ersten Europäer ihren Fuß auf neuseeländischen Boden setzten, wurden sie von den braunhäutigen Maori empfangen. Sie waren im 14. Jahrhundert, also mehr als 400 Jahre vor den Weißen, mit ihren Kanus auf diese entlegenen Inseln gekommen. Ein Historiker bemerkt: „Die Erzählungen von der Flotte A. D. 1350, die von den Maori selbst stammen, sind durch äußere Beweise so überzeugend bestätigt worden, daß sie an Bedeutung authentischer Geschichte gleichkommen.“

Um das Jahr 1840, als nur etwa 2 000 Weiße Neuseeland bewohnten, interessierten sich Tausende von Maori für die Bibel. So wurden Anfang der 1840er Jahre 60 000 Exemplare der Christlichen Griechischen Schriften in der Maori-Sprache hergestellt. Um diese Zeit konnten verhältnismäßig mehr Maori als Weiße lesen und schreiben.

Als immer mehr Europäer eintrafen, begannen Kriege mit den Maori. Die Maoribevölkerung verringerte sich stark, während die Zahl der Weißen schnell zunahm. Gegenwärtig hat Neuseeland eine Bevölkerung von 3 000 000, aber nur acht Prozent von ihnen sind Maori. Immer noch gibt es jedes Jahr viele Einwanderer in Neuseeland; 15 Prozent der Bevölkerung sind im Ausland geboren.

Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt auf den beiden Hauptinseln, Nordinsel und Südinsel genannt. Eine 26 Kilometer breite Meerenge, unter dem Namen Cookstraße bekannt, trennt die beiden Inseln. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung leben auf der Nordinsel, obwohl sie die kleinere der beiden ist. Die Gesamtfläche Neuseelands beträgt 269 057 Quadratkilometer; es hat etwa die Größe von Jugoslawien.

Der Liebreiz des Landes, das die Maori Aotearoa — „das Land der langen weißen Wolke“ — nannten, besteht in dem grünen, hügeligen Weideland, den malerischen Seen und Fjorden, einer Thermallandschaft mit heißen Quellen und Schlammvulkanen, einer Pflanzenwelt, die sich durch besondere Schönheit auszeichnet, sowie in Hunderten von Sandstränden, zerklüfteten schneebedeckten Bergen, großartigen Gletschern und in Städten, die verhältnismäßig wenig Luftverschmutzung aufweisen. Die bedeutendsten Städte der Inseln haben alle mehr als 100 000 Einwohner und sind der Größe nach Auckland, Wellington, Christchurch und Dunedin.

Die große Mehrheit der Neuseeländer bekennt sich zum Christentum. Mehr als 900 000 gehören zur anglikanischen Kirche, etwa 570 000 sind Presbyterianer, 480 000 bezeichnen sich als Katholiken, und 170 000 zählen sich zu den Methodisten. Unter den 7 000 Zeugen Jehovas gibt es 1 000 Maori. Die Geschichte der Zeugen Jehovas in Neuseeland beginnt vor 75 Jahren.

KLEINE ANFÄNGE

Ungefähr im Jahre 1904 trafen Bruder und Schwester Richardson aus den Vereinigten Staaten ein, und zwar in Auckland auf der Nordinsel. Hier wurde eine kleine Bibelklasse gegründet. Im Jahre 1907 kam im Haus von H. S. Tarlton in Christchurch auf der Südinsel ebenfalls eine Gruppe zusammen. Bald darauf zogen sich jedoch einige wegen einer Meinungsverschiedenheit über die Bedeutung der Taufe zurück.

Doch in jenen Tagen wurde guter Same in Christchurch gesät. Ein Kolporteur, wie Vollzeitprediger der Zeugen Jehovas damals genannt wurden, machte einen Besuch in der Coronation Street 1. Frau Barry, eine freundliche Frau, nahm sechs Bände der Bücher von Pastor Russell entgegen, „weil sie Mitleid mit dem alten Herrn hatte“. Anfang 1909 unternahmen ihr Sohn William und sein Freund eine sechswöchige Schiffsreise nach England. Sie sahen die sechs Bände und dachten daran, daß sie auf der Reise viel Zeit hätten. Daher legten sie die Bände in eine ihrer Reisetaschen. Als sie um die halbe Welt gefahren waren, vorbei an Valparaiso, Kap Hoorn, Rio de Janeiro und Teneriffa, und schließlich nach England kamen, hatte Bill Barry die Bände so gründlich studiert, daß er bereit war, ihre Botschaft als Wahrheit anzuerkennen.

Jahre später, im Juni 1914, schrieb ihm sein Reisegefährte: „Bill, die Welt hat nie friedlicher ausgesehen; Pastor Russell muß sich geirrt haben.“ Aber dann kamen die Monate Juli und August, und der Erste Weltkrieg brach aus. Es war eine Zeit großer Schwierigkeiten, etwas, was die Bibelforscher für jenes Jahr erwartet hatten.

In den 20er Jahren wurde die Wahrheit in der Geschäftswelt von Christchurch unter dem Namen „Bill Barrys Religion“ gut bekannt. In seinen jüngeren Jahren hatte sich Bruder Barry öfter mit einigen ihm bekannten Geistlichen über die Wahrheit unterhalten. Er sagte, daß er vor dem Ersten Weltkrieg einige „anständige“ Pfarrer gekannt habe, aber danach habe er nicht einen einzigen ausfindig machen können. Er führte das darauf zurück, daß sie aufgrund ihrer Unterstützung des Krieges Blutschuld auf sich geladen hätten und daher von Jehova gerichtet und verworfen worden seien.

Später bemühte sich Bill erfolgreich, die biblische Wahrheit in das Herz seiner Kinder zu pflanzen. Im Laufe der Zeit entschied sich sein Sohn Lloyd, den Betheldienst in Australien aufzunehmen. Danach verbrachte er 25 Jahre als Missionar in Japan, und in den letzten sechs Jahren hat er als Glied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas in Brooklyn (New York) gedient.

Um das Jahr 1910 wohnten in Wellington, der Hauptstadt, die zwei Schwestern Evans und Blick. Ein Kolporteur, der im Reisedienst stand, machte bei einem Farmer in Taita, etwa 24 Kilometer außerhalb von Wellington, einen Besuch, der bei den Schwestern später große Freude auslösen sollte. Der Farmer, der von dem Kolporteur besucht wurde, war Jack Walters. Jack bestellte drei Bände der Schriftstudien. Seine Frau Edith berichtet:

„Es dauerte zwei Monate, bevor die Bücher eintrafen, und dann las mein Mann Tag und Nacht, bis er fertig war, und wir sprachen von nichts anderem mehr. Er schrieb nach Amerika, bat um eine Bibel und weitere Bücher. Zu seiner Freude und Überraschung sandten sie den vierten, fünften und sechsten Band der ,Schriftstudien‘, von denen wir nichts wußten. Sie teilten uns auch die Adresse des Zweigbüros in Melbourne mit.“

Jack Walters bestellte in Melbourne (Australien) einen Karton Bücher. Als er sie erhielt, lud er sie auf sein Fahrrad und fuhr in das Nachbartal Wainuiomata, jenseits des Berges, um mit den Farmern in dieser abgelegenen Gegend über seinen neugefundenen Glauben zu sprechen. Heute befindet sich dort eine ausgedehnte Wohnsiedlung sowie ein Königreichssaal der Zeugen Jehovas.

Als das Zweigbüro in Melbourne die Literaturbestellung von Jack Walters erhalten hatte, teilte es Schwester Evans und Schwester Blick mit, daß ein gewisser J. F. Walters im nahen Taita interessiert sei. Wie freuten sie sich doch, diesen 26jährigen jungen Mann, einen Glaubensbruder, zu finden! So wurde im Jahre 1911 der Grundstein für die Versammlung in Wellington gelegt. Die Mutter von Jack Walters kam in die Wahrheit, ebenso seine Schwester und sein Bruder und noch weitere Familienangehörige.

VORKÄMPFER FÜR DAS PREDIGTWERK

Ed Nelson hatte einen bedeutenden Anteil an der Entwicklung der wahren Anbetung in Neuseeland. Er war ein Mann voll Energie und Eifer. Zwar war er nicht sehr taktvoll, setzte sich aber ganzherzig für das Werk des Herrn ein. Er war kompromißlos in seinen Äußerungen und sprach mit einem finnischen Akzent. Im Sommer 1902 hatte er sich in Los Angeles (USA) taufen lassen, und in den Jahren 1909 und 1910 arbeitete er im Büro der Gesellschaft in Melbourne, bevor er nach Neuseeland kam. Als er im August 1961 starb, hatte er 50 Jahre lang als Pionier gedient. Von den Kauriwäldern im Norden Neuseelands bis zum „Bluff“ (südlichster Zipfel Neuseelands) kann man immer noch Leute treffen, die sich an die Besuche von Ed Nelson erinnern.

Die erste Hauptversammlung des Volkes Jehovas in Neuseeland wurde von Bruder Nelson im Dezember 1912 organisiert. Ungefähr 20 Personen fanden sich auf einem Privatgrundstück in Wellington zusammen. Acht Personen aus dieser Gruppe meldeten sich für die Taufe. In jenen Tagen war die Taufe ein feierlicher Anlaß; die Taufbewerber kleideten sich in schwarze Gewänder.

Im Jahre 1914 gesellte sich Frank Grove zu Ed Nelson. Frank war im Dezember 1913 getauft worden. Bald darauf gab er seine Buchhandlung in Christchurch auf. Er wollte sich wenigstens einige Monate am Pionierdienst erfreuen, bevor das erwartete Ende des gegenwärtigen Systems im Herbst 1914 käme. Später hörte man Frank gern den Text aus Jeremia 20:7 zitieren, wo es heißt: „Du hast mich betört, o Jehova, so daß ich mich habe betören lassen.“ Sein Pionierdienst, von dem er glaubte, er sei nur kurz, erstreckte sich über mehr als 50 inhaltsreiche Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 1967.

Beim Ausfüllen eines Fragebogens für die Gesellschaft vermerkte Frank Grove einmal hinsichtlich seines Gesundheitszustandes: „Sehr schlechte Sehkraft“. Diejenigen, die ihn kannten, erinnern sich an die außerordentlich starken Gläser seiner Brille und an seine durchdringende männliche Stimme, die nie ihre Kraft verlor. Wenn Verkündigergruppen Mittagspause machten, versammelten sie sich oft um Frank, der dann lange Passagen aus der Schrift auswendig hersagte, manchmal sogar ganze Kapitel aus dem 3. Buch Mose und anderen Bibelbüchern. Viele Jahre hatte er die Aufsicht in der Versammlung Christchurch, und später, vom Jahre 1940 bis 1945, diente er als Versammlungsdiener in Invercargill.

Frank Grove war bei der zweiten Hauptversammlung Neuseelands im Dezember 1913 zugegen, bei der 50 Personen aus dem ganzen Land anwesend waren. Es gab in jenen Tagen keine Automobile; so reisten die Teilnehmer mit dem Zug bis zu der Station „Lower Hutt“. Dort wurden sie von Pferdewagen in Empfang genommen, die sie an den Versammlungsort auf einer Farm brachten. Nur sehr wenige der Anwesenden kannten sich, und so erfreuten sie sich einer anregenden Gemeinschaft. Eine große Scheune war für die Hauptversammlung hergerichtet worden. Für die Brüder hatte man Betten geliehen und auf dem gereinigten Heuboden aufgestellt. Die Schwestern brachte man in dem Farmhaus und in einem gemieteten möblierten Haus unter.

Um das Jahr 1914 gab es einen sehr kleinen, aber soliden Grundstock von Königreichsverkündigern. Vier Verkündiger waren Kolporteure, und acht andere waren mit dem Freiwilligendienst-Werk beschäftigt, wie man es damals nannte. Dieses Werk bestand darin, daß man die Flugblätter Die Volkskanzel und Der Schriftforscher (Monatsheft) sonntags morgens unter die Haustüren schob. Diese Handvoll Königreichsverkündiger, 12 an der Zahl, verbreiteten im Jahre 1914 3 172 Bücher und 75 Zeitschriften.

„PHOTO-DRAMA DER SCHÖPFUNG“

Das „Photo-Drama der Schöpfung“ war eine Kombination von Filmen und Lichtbildern über Gottes Vorsätze, wie sie in der Bibel gelehrt werden. Es wurde von der Watch Tower Society hergestellt und 1914 zur Vorführung freigegeben. Bruder Lee aus Vancouver (Kanada) brachte es nach Neuseeland. Am 1. Oktober 1914 wurde das Photo-Drama dann in der Stadthalle von Wellington gezeigt.

Manchmal war die aufgenommene Stimme von Pastor Russell mit dem Film in Übereinstimmung, oft war das aber auch nicht der Fall; dennoch war es eine ausgezeichnete Vorführung. Eine ganze Reihe Interessierter nahmen die Wahrheit an, nachdem sie das Photo-Drama gesehen hatten. Eine dieser Personen war Alice Webster, die immer noch eine fleißige Verkündigerin in der Versammlung Lower Hutt ist.

In Christchurch gab es zu dieser Zeit nur drei Bibelforscher, so daß drei weitere aus Wellington mithelfen mußten, den Film und die Lichtbilder zu zeigen. Sie mieteten den größten Saal von Christchurch, nämlich das Königstheater. Es war jeden Abend bis auf den letzten Platz gefüllt — und das einen Monat lang! Damals war das Rauchen in öffentlichen Vortragssälen noch nicht gesetzlich verboten. Die Luft war so von Rauch erfüllt, daß eine Bogenlampe von 7 000 Candela (Lichtstärkeeinheit) erforderlich war, um den Dunst zu durchdringen.

Da die Bogenlampe nur 45 Volt hatte, benutzten die Brüder große Rollen gewöhnlichen Draht, um die 110-Volt-Spannung zu verringern. Die Drahtrollen wurden manchmal sehr heiß, und bei einer Gelegenheit fing das Vorführgerät Feuer. Ein wachsamer Feuerwehrmann schaltete schnell den Strom aus. Danach hielten die Brüder immer einige nasse Wolldecken bereit, um solchen Notfällen gewachsen zu sein. Aber weder der Dunst noch die primitive Ausrüstung minderte den Erfolg der Vorführung. Die Anwesenden waren einfach hingerissen.

EINE ZEIT DER PRÜFUNG

Als Charles Taze Russell, der Präsident der Watch Tower Society, im Jahre 1916 starb und Joseph F. Rutherford sein Nachfolger wurde, drangen die Mißtöne der Unstimmigkeiten selbst bis nach Neuseeland. Einige in der Organisation wandten sich offen gegen die Ernennung von Bruder Rutherford. In dem Versuch, Trennungen zu verursachen, schrieben gewisse Aufwiegler aus den Vereinigten Staaten Briefe an die Brüder in Neuseeland. Zur gleichen Zeit waren Angriffe von außerhalb zu verspüren. Die Zeitungen Neuseelands griffen Jehovas Zeugen in unflätiger Weise an. Einmal waren Detektive bei einem Bibelstudium in Wellington anwesend in der Hoffnung, umstürzlerische Elemente unter den Brüdern zu finden.

Nichtsdestoweniger ging das Predigtwerk erfolgreich voran, und die Zahl der Königreichsverkündiger erhöhte sich von 12 im Jahre 1914 auf 18 im Jahre 1918. Einer der Neuen, die während der Kriegsjahre zu der kleinen Versammlung in Wellington stießen, war Oliver Canty, ein ehemaliger Offizier der Heilsarmee. Nachdem er die Schriftstudien gelesen hatte, war er überzeugt, daß er die Wahrheit gefunden hatte, und wandte sich von der Heilsarmee ab. Im Jahre 1917 heiratete er eine Schwester aus der Versammlung Wellington und zog nach Dunedin, wo er als Versammlungsdiener bis zu seinem Tod im Jahre 1934 tätig war. So entstand in der viertgrößten Stadt des Landes eine Versammlung, wodurch die Gesamtzahl der Versammlungen vom Norden bis zum Süden auf 6 stieg. Sie bildeten das Rückgrat für das Predigtwerk in den 20er Jahren.

WIE SICH DIE WAHRHEIT AUSBREITETE

Die Pioniere in jenen Tagen waren im wahrsten Sinne des Wortes Bahnbrecher. Sie drangen in die unzugänglichsten Gebiete des Landes vor, und das zu einer Zeit, als die Beförderungsmittel sehr primitiv waren und die meisten Straßen nur mit besseren Ochsenfährten zu vergleichen waren. Schwester Early war ein solcher Bahnbrecher. Oft stellten zum Beispiel Pioniere, wenn sie ein Gebiet bearbeiteten, fest, daß Schwester Early schon vor ihnen dort gewesen war. Kurioserweise bedeutet der Name „Early“ „früh“, und das traf immer auf unsere Schwester zu.

Im Jahre 1943 starb Schwester Early im Alter von 74 Jahren, von denen sie 34 Jahre im Pionierdienst verbracht hatte. Sie bearbeitete das ganze Land mit dem Fahrrad. Selbst als sie später an Gelenkentzündung litt und nicht mehr radfahren konnte, benutzte sie das Fahrrad als Bücherträger und um sich darauf zu stützen, wenn sie im Geschäftsviertel von Christchurch tätig war. Sie konnte Treppen steigen, mußte sie aber wegen ihrer Behinderung rückwärts hinuntergehen. Eines Abends fragte ihr Doktor sie: „Sind Sie bereit für den Himmel, Fräulein Early?“

„Es ist niemals zu früh, Herr Doktor“, antwortete sie. Zweifellos war sie sich ihrer Hoffnung bewußt. Und ‘die Dinge, die sie getan hat, gingen gleich mit ihr’ (Offb. 14:13).

Durch öffentliche Vorträge von Brüdern aus dem australischen Zweigbüro wurde das theokratische Wachstum in den 20er Jahren sehr gefördert. Zum Beispiel hörte Bill Cooper den Vortrag „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben“, den William Johnston im Jahre 1920 in der Stadthalle von Wellington hielt. Bill nahm die Wahrheit an und war viele Jahre lang vorsitzführender Aufseher in Wellington.

Als der gleiche Vortrag in der Goldminenstadt Waihi gehalten wurde, folgten der junge Bill Samson und seine Frau der Einladung. Sie ließen Namen und Adresse zurück und wurden von Ed Nelson und seiner Frau besucht. Später wurde der Rückbesuch Fred Franks übergeben, der den Samsons half, in die Wahrheit zu kommen.

Unter denen, die sich in den 20er Jahren in der Versammlung Christchurch in einem spärlich beleuchteten Innenraum der „Builders’ Chambers“ versammelten, befand sich auch Michael Cassidy O’Halloran, ein ehemaliger Soldat, der im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren hatte. Ja, Mick war Irländer und war Katholik gewesen. Später, als man ihn ins Krankenhaus einlieferte, um sein zweites Bein zu amputieren, konnte das Krankenhauspersonal gar nicht fassen, daß ein Mann mit einem solch typisch irischen Namen ein Zeuge Jehovas sein konnte. Trotz seiner Behinderung war Mick viele Jahre in Neuseeland und Australien im Vollzeitdienst tätig. Immer guter Dinge und bekannt für seinen irischen Witz, tat er sehr viel, um jung und alt auf dem Weg der Wahrheit zu ermuntern.

Die von eifrigen Brüdern verbreitete Literatur der Gesellschaft hat vielen zur Erkenntnis der Wahrheit verholfen. Reg Johnston, der in Thames, einer anderen Goldminenstadt nahe Waihi, wohnte, konnte sich nicht erinnern, daß die sechs Bände der Schriftstudien jemals im Bücherregal der Familie fehlten. Bevor seine Mutter im Jahre 1916 starb, erzählte sie ihm einiges aus den Büchern. Reg wollte mehr wissen und machte „Opa“ Franks ausfindig, wie Fred Franks’ Vater genannt wurde. Reg berichtete:

„Abend für Abend half mir dieser alte Bruder, die Wahrheit zu verstehen, die wir für so kostbar erachteten. Wenn es auf Mitternacht zuging — was nicht selten vorkam —, sagte er: ,Es ist Zeit, nach Hause zu gehen, Reg.‘

Mein Vater, der noch am Leben war, und andere Verwandte waren wütend über meine neue Religion, die man in Thames ,Franks’ Religion‘ nannte. Schließlich kam es zur endgültigen Auseinandersetzung. Vater jagte mich aus dem Haus, weil ich nichts mehr mit der Kirche von England zu tun haben wollte.“

Reg Johnston heiratete später und diente mit seiner Frau Reta dreieinhalb Jahre im Bethel in Australien. Im Jahre 1940 kehrte er nach Neuseeland zurück und diente in der Zeit von 1940 bis 1946 als „Diener für die Brüder“, wie man Kreisaufseher damals nannte.

Ken Pepin aus England kam 1924 nach Neuseeland. Eines Tages im September 1928, als er seinen Arbeitsplatz nach einem langen Arbeitstag verließ, hörte er einen Mann mit einem Seufzer der Erleichterung ausrufen: „Ach ja! Wieder ein Tag dem Grab näher!“

Ken wandte sich an einen Arbeitskollegen, der neben ihm ging, und sagte: „Er meint, einen Tag dem Himmel näher, nicht wahr?“

„Nein, er hat recht“, kam die unerwartete Antwort. Sie unterhielten sich ein paar Minuten, bis sie sich einer Straßenbahnhaltestelle näherten. Hier trennten sich ihre Wege, weil sie in verschiedenen Richtungen nach Hause fuhren. Doch am nächsten Morgen gab Kens Arbeitskollege ihm die Broschüre Wo sind die Toten? Ken berichtet:

„Ich las die Broschüre, um zu beweisen, daß ihr Inhalt nicht stimmte. Ich verglich jede Aussage und die Schriftstellenangaben mit der Bibel. Doch mußte ich feststellen? daß meine früheren Glaubensansichten falsch waren. Ich ging nie wieder in die Kirche.“ Später war Ken jahrelang als Pionier in Neuseeland tätig.

Cliff Keoghan war als Metzger in Taumarunui im Zentrum der Nordinsel beschäftigt. Im Jahre 1928 schrieb ihm seine Verlobte aus Auckland, daß sie gerade ein Buch gelesen habe, das die Bibel sehr deutlich erkläre. Sie verpackte das Buch — Die Harfe Gottes — und sandte es ihm per Post zu. An diesem Tag brannte ihre Wohnung völlig aus. Alles war verloren, außer dem Buch, das auf dem Wege zu ihm war.

Das Buch änderte Cliffs Leben. Als er nach Auckland zurückkehrte, besuchte er die Zusammenkünfte der örtlichen Versammlung, die etwa 30 Personen einschloß. Gegenwärtig dient er als Ältester in Auckland, wo es 21 Versammlungen und etwa 1 800 Königreichsverkündiger gibt.

Ende der 20er Jahre war die Arbeitslosigkeit in Neuseeland ein Problem. Es war eine Zeit, in der unter normalen Umständen niemand seine Arbeit aufgab. Aber im Jahre 1928 tat Bert Christensen genau das und schloß sich den Reihen der Pioniere an. „Ich habe es nicht einen Moment bereut“, erklärte er. Was war seine Zuteilung? Die gesamte Westküste der Südinsel! Bert brauchte sechs Monate, um dieses Gebiet zu bearbeiten. Er übernachtete bei Freunden oder in Pensionen.

Um das Jahr 1928 gab es in Neuseeland 10 Pioniere und 63 Personen, die einen Teil ihrer Zeit für das Werk einsetzten. Sie verbreiteten etwa 12 000 Bücher und 28 000 Broschüren in diesem Jahr. Um diese eifrigen Prediger weiter mit Nachschub zu versorgen, wurde im Jahre 1928 in Wellington ein Literaturdepot eingerichtet. Man erwarb schließlich das Haus Nr. 69 in der Kent Terrace in Wellington, wo das Literaturdepot untergebracht wurde. Dieses Gebäude war die Zentrale der Zeugen Jehovas in Neuseeland, bis im Jahre 1947 ein Zweigbüro gegründet wurde.

MAORI-ZUSAMMENKUNFT

Die erste Maori-Zusammenkunft wurde im Jahre 1928 im Haus von Tuiri Tareha in Taradale an der Ostküste der Nordinsel abgehalten. Tuiri hatte von Verwandten Literatur der Gesellschaft erhalten und war schnell davon überzeugt, daß er die Wahrheit gefunden hatte. So trat er aus der Kirche aus. Sein Sohn Charles beschreibt, was geschah:

„Dies verursachte in der anglikanischen Hierarchie einen Aufruhr, da Papa in der Maori-Gesellschaft eine prominente Stellung einnahm. In der Absicht, ihn zu veranlassen, seine Austrittserklärung zu widerrufen, bat man umgehend um eine besondere Zusammenkunft. Papa stimmte zu; die Zusammenkunft sollte aber nicht in der Kirche stattfinden, sondern auf unserem Grundstück. Für diesen Anlaß wurde dort eine große Plattform errichtet. Eine Anzahl Geistlicher, darunter F. Bennett, der anglikanische Bischof von Neuseeland, sowie eine Menschenmenge von etwa 400 Leuten — Weiße und Maori — fanden sich schließlich zusammen.

Der Kirchensprecher, ein Maori, schien absichtlich den Gebrauch der Bibel vermeiden zu wollen. Statt dessen appellierte er an die Gefühle. ,Unsere Vorfahren glaubten, daß die Seele nach dem Tod weiterlebt‘, gab er zu bedenken, ,dennoch hast du dir eine Religion erwählt, die das Fortbestehen der Seele leugnet.‘ Daraufhin zeigte Papa anhand der Bibel, daß der Mensch selbst die Seele ist und daß deshalb beim Tod des Menschen die Seele stirbt. Er erklärte auch, daß Gott einen Menschen wieder als lebendige Seele auferwecken kann.

Als der anglikanische Geistliche merkte, daß er eine verlorene Sache vertrat, machte er eine ungeduldige Geste in Richtung auf die in der Nähe stehende Kirche, die mein Urgroßvater gebaut hatte, und rief in einem Gefühlsausbruch aus: ,Ich appelliere zum letztenmal an dich: Gib dieses heilige Erbe, das dir deine ehrenwerten Vorfahren hinterlassen haben, nicht auf!‘

Nun erhob sich Papa, dankte allen für ihr Kommen und erklärte, daß er jetzt mehr denn je davon überzeugt sei, die Wahrheit gefunden zu haben. Er teilte jedem Tag und Stunde unseres Bibelstudiums mit und lud alle ein, es zu besuchen. Dies taten auch viele.“

DIE WAHRHEIT ERREICHT EINEN EINSAMEN SCHAFHIRTEN

Im Jahre 1929 arbeitete Lew James auf einer großen Schafzuchtfarm in der Nähe von Cheviot auf der Südinsel. Als er an einem warmen, sonnigen Tag gerade sein Mittagsmahl beendet hatte und sich zu einem Mittagsschläfchen in der Arbeiterbaracke niedergelegt hatte, tauchte im Türrahmen eine Gestalt auf. Es war Ben Brickell, ein junger Mann, der sich bemühte, „allen Menschen zu helfen, durch ein persönliches Studium eine Erkenntnis des Wortes Gottes zu erlangen“. Lew bombardierte ihn mit Fragen: „Was geschieht, wenn man stirbt? Gibt es wirklich einen Ort ewiger Qual?“

„Die Leichtigkeit, mit der der Mann die Bibel handhabte und die Schrifttexte vorlas, um meine Fragen zu beantworten, erstaunte mich“, erklärte Lew. „Fast eine Stunde lang fesselten mich seine Erklärungen über die Auferstehung, den sich nähernden tausendjährigen Frieden das wiederhergestellte Paradies auf der Erde und besonders über die Tatsache, daß Jehova der wahre Gott ist.“

Lew erwarb die vier Bücher Schöpfung, Prophezeiung, Befreiung! und Regierung und bat darum, ihm weitere Literatur zu senden. Bis in die Nacht hinein diskutierte er mit seinen Freunden, den anderen Schafhirten, die Bibel. Sie lasen auch den Wachtturm. Schließlich schrieb er an das Zweigbüro in Australien und stellte sich als Pionier zur Verfügung. Es wurde ihm gesagt, Frank Grove in Christchurch aufzusuchen. Er verließ die Schafzuchtfarm und reiste nach Christchurch, wo für ihn eine neue Laufbahn als Pionier im Dienst Jehovas begann.

KÖNIGREICHSINTERESSEN AN DIE ERSTE STELLE GESETZT

Zu dieser Zeit dachte Cliff Keoghan an das Heiraten. In unserem monatlichen Bulletin (jetzt Unser Königreichsdienst) erschien die fettgedruckte Überschrift „GEHET AUCH IHR HIN IN DEN WEINBERG“. „Dies bedeutete für uns die elfte Stunde“, sagte Cliff. So verbrachten er und seine Frau Edna dann im Jahre 1930 ihre zwei Flitterwochen im Pionierdienst. Ihr Gebiet erstreckte sich von Opotiki bis Dannevirke — nahezu ein Viertel der Nordinsel! Cliff beschrieb eine ihrer Schlafgelegenheiten:

„In Opotiki mieteten wir eine kleine Blechhütte, wo wir auf einer Matratze aus Drahtgeflecht schliefen. Sie lag auf Kisten, und nur eine Decke war auf dem Drahtgeflecht ausgebreitet. Wir nannten sie unsere ,Druckpresse‘ wegen des Druckmusters, das sie während der Nacht auf unserem Körper hinterließ.“

Im Jahre 1931 bekamen die Keoghans einen Sohn, und deshalb verbrachten sie den Winter in Auckland. Aber schon nach einigen Monaten nahmen sie ihren Sohn mit und verkündigten weiter die Königreichsbotschaft.

PIONIERDIENST IN SCHWIERIGEN ZEITEN

Die Keoghans schlossen sich anderen Pionieren an. Unter ihnen waren Norman und Olive Cochrane, Wally Wood und seine Tochter Eileen, Len und Arthur Rowe sowie Len Belcher. Die Gruppe begann unmittelbar südlich von Auckland und bearbeitete alle Bezirke von Küste zu Küste.

Neuseeland befand sich damals in einer Wirtschaftskrise, und die Leute hielten sich nur mühsam über Wasser. Notlager der Regierung waren in den Hauraki-Ebenen errichtet worden, die vorwiegend aus Sumpfland bestanden. Aus allen Teilen der Nordinsel kamen Männer — unter anderem auch Ärzte und Rechtsanwälte — in das Lager. Einige kamen sogar aus Wellington, was einen Fußmarsch von 480 Kilometern bedeutete. Sie waren damit beschäftigt, das Land zu entwässern und Kanäle auszuheben, um das Sumpfland zu erschließen. Die meisten dieser Männer hörten den Pionieren zu, aber sie waren nicht in der Lage, die Literatur zu bezahlen.

Als der Dezember des Jahres 1932 herannahte, reisten die Pioniere zum Landeskongreß nach Wellington. Diesen Kongreß besuchten auch Bruder MacGillivray, der Zweigdiener von Australien, und Harold Gill, der beauftragt worden war, das Predigtwerk in Neuseeland zu organisieren. Hier erhielten die Pioniere die Zuteilung, beide Hauptinseln zu bearbeiten.

ARBEIT AUF DER NORDINSEL

Eine Gruppe der Pioniere wurde angewiesen, ihr Standquartier 145 Kilometer nördlich von Wellington, in Palmerston North, zu errichten. Sie hatten ein Auto und einen Wohnwagen (Marke Buick), zwei Zelte und vier Fahrräder. Die Fahrräder waren auf einer Plattform vorn am Auto befestigt. An Seitenstraßen wurde gehalten, ein Fahrrad wurde abgeladen, und ein Pionier stieg aus, um das Gebiet zu bearbeiten. Gewöhnlich predigten die Schwestern in den Städten, während die Brüder die Außengebiete bearbeiteten.

Als in Eketahuna gezeltet wurde, machten sich die Brüder morgens um 6 Uhr mit dem Fahrrad auf den Weg und legten täglich über 40 Kilometer auf holperigen Kieswegen zurück. In ihrem Dienst von Farm zu Farm fanden sie oft verlassene Gehöfte vor. Die Familien hatten ihr Zuhause einfach im Stich gelassen, weil sie durch die Wirtschaftskrise alles verloren hatten. Sogar das Mobiliar war zurückgelassen worden. Leute, die angetroffen wurden, freuten sich gewöhnlich über die gute Botschaft vom Königreich und auch darüber, daß sie zu Jehovas bestimmter Zeit ‘das Werk ihrer Hände lange genießen werden’ (Jes. 65:22, Authorized Version).

Damals ereignete sich etwas Unerwartetes. Eigenmächtige Handlungen einiger Wahlältester führten in der Versammlung Auckland zu ernsthaften Schwierigkeiten. Das Zweigbüro von Australien forderte die Pioniere auf, nach Auckland zurückzukehren, um die Treuen zu unterstützen und am Ort ein Pionierheim einzurichten. So wurde die geplante Gruppentätigkeit auf der Nordinsel unterbrochen.

DIE PIONIERGRUPPE AUF DER SÜDINSEL

Die Gruppe auf der Südinsel bestand aus 12 bis 14 Pionieren. Harold Gill organisierte die Gruppe, zu der sich auch bald Jim Tait gesellte.

Jim war ein ernster junger Mann, der die Einladung zu einem Schallplattenvortrag von J. F. Rutherford im Stadttheater von Christchurch annahm. Als er dort ankam, wurde er Harold Gill vorgestellt. Harold fragte, ob er ihn am folgenden Abend draußen vor dem Stadttheater sprechen könne, denn er hatte erfahren, daß sich Jim wirklich für die Dinge interessierte, die er gehört hatte. Am nächsten Abend beeilte sich Jim beim Melken der Kühe und fuhr mit seinem Fahrrad die etwa 10 Kilometer bis zum Stadttheater. Sie unterhielten sich in Harolds Wagen. Schließlich sagte Harold Gill: „Wenn du sicher bist, daß es sich um Gottes Organisation handelt, solltest du jetzt den Pionierdienst aufnehmen.“

„Was meinst du mit ,Pionierdienst‘?“ fragte Jim.

So erklärte man Jim die Vorkehrung des Pionierdienstes und der Gruppentätigkeit. Würde er seine weltliche Beschäftigung und die damit verbundene Sicherheit in einer so schwierigen Zeit aufgeben? Er entschloß sich für den Pionierdienst und berichtete, was geschah:

„Bruder Gill holte mich — wie besprochen — von zu Hause ab. Es war ein heißer Tag, und ein starker Nordwestwind wehte. Ich trug einen marineblauen Anzug und einen nagelneuen Hut. Meine Habseligkeiten und mein Fahrrad wurden auf sein Auto geladen. Ich sagte meinen Eltern Lebewohl und schloß mich der Gruppe von Pionieren an, obwohl mir noch nicht völlig klar war, was Pionierdienst wirklich bedeutete. Eines allerdings glaubte ich fest: Ich hatte mich der Organisation Gottes angeschlossen.“

MUTIGE VERKÜNDIGER DER GUTEN BOTSCHAFT

Diese abgehärteten Pioniere waren willig und imstande, harte Arbeit unter widrigen Verhältnissen zu leisten. Sie arbeiteten jeden Tag 8 bis 10 Stunden, ohne ein Taschengeld zu erhalten. Ihre einzige Einnahme ergab sich aus der abgegebenen Literatur, die ihnen zu niedrigeren Kostensätzen überlassen wurde.

Der Winter auf der Südinsel stellte ihre Ausdauer auf die Probe. Wenn die Pioniere am Morgen erwachten, hingen in ihrem Zelt Eiszapfen, die in der Nacht durch ihren Atem entstanden waren. Die Zeltwände waren so hart gefroren, daß sie einen Brett glichen. Um sich waschen zu können, mußten sie erst eine 1 cm dicke Eisdecke durchstoßen. Oftmals frühstückten die Brüder im Wintermantel, um sich warm zu halten.

An einem Tag der Woche überholte und reparierte man die „Stahlrosse“ und wusch die Wäsche. Letzteres erfolgte auf primitive Weise in einem offenen Petroleumfaß, das auf einem Petroleumkocher stand. Die Schwestern bügelten mit einem Petroleumbügeleisen, während die Brüder ihre Hosen zum Pressen nachts unter die Matratze legten.

Die Erfahrung des Apostels Paulus, die wir in 2. Korinther 11:26 finden, wo es heißt: „in Gefahren von Flüssen“, wiederholte sich, als die Pioniere die kleine Stadt Tuatapere, tief im Süden, erreichten. Zu dieser Zeit hatten sie zwei Gruppen von je sechs Personen gebildet. Einige der Brüder zelteten unmittelbar außerhalb von Tuatapere, am Ufer des Flusses Waiau. Sie fanden eine baufällige kleine Hütte, die nicht benutzt wurde, und zogen hinein.

Das Wetter war ungewöhnlich mild und brachte eine verfrühte Schneeschmelze in den Bergen mit sich. Der Fluß stieg an, aber die Pioniere waren nicht übermäßig besorgt, während sie ihr Abendessen einnahmen. Doch als die Dunkelheit hereinbrach, bemerkten sie mit Schrecken, daß das Wasser gegen die Dielen des Fußbodens schwappte. Die Lage war aussichtslos! Für die Beleuchtung der Hütte standen ihnen nur zwei Kerzen zur Verfügung. Spät in dieser Nacht schliefen sie schließlich ein, nachdem sie zu Jehova gebetet hatten.

Während der Nacht trat der Fluß über die Ufer. Bald schlugen Treibholz und Baumstämme gegen ihre baufällige Hütte, und sie wachten auf. Bei dem Versuch, die Bettdecke hochzuziehen, griff ein Pionier entsetzt ins Wasser. Es war ein erschreckendes Erlebnis! Am nächsten Morgen dankten sie Jehova, als sie feststellten, daß der Wasserspiegel bis unter den Hüttenboden gesunken war. Zurück blieb eine stinkende Schicht Schlamm und Schlick. Sie waren immer noch von der Außenwelt abgeschnitten, und erst nachdem sie eine weitere Nacht dort zugebracht hatten, konnten sie sicher bis zur Straße waten, um ihren Dienst für Jehova unerschrocken fortzusetzen.

Die Südinsel wurde zweimal von der Gruppe bearbeitet. Interessanterweise wurde Jim Tait erst im Jahre 1933 — nachdem er ein Jahr lang mit der Gruppe im Pionierdienst gestanden hatte — an einem kalten Oktobertag im Meer getauft. Während sie das zweite Mal die Insel bearbeiteten, versuchte Jim, genügend Geld von der Literaturabgabe zurückzulegen, um sich ein Gebiß machen zu lassen. Als sie ihre Runde beendet hatten, stellte er fest, daß er genau den erforderlichen Betrag hatte, nämlich 25 £ (50 Dollar). Wie froh war er, daß Jehova ihm auf diese Weise geholfen hatte, diese nötige Anschaffung zu machen! Dann, kurz bevor er sich die Zähne machen lassen konnte, erhielt er einen Brief von der Gesellschaft. Er wurde gefragt, ob er auf die Chatham-Inseln gehen würde, die zu dieser Zeit jungfräuliches Gebiet waren.

Die Chatham-Inseln befinden sich ungefähr 800 Kilometer östlich von Christchurch und gehören zu Neuseeland. Die Bevölkerung bestand damals aus 800 Maori, die sich hauptsächlich mit der Landwirtschaft und der Fischerei befaßten. Die Menschen lebten sehr einfach; sie kannten noch nicht einmal das Fahrrad. Das einzige Transportmittel war das Pferd. Jim mußte mit dem Schiff von Lyttelton nach Waitangi fahren, einer kleinen Hafenstadt auf der Hauptinsel der Chatham-Inseln, und er mußte sein Fahrgeld selbst bezahlen — genau 25 £!

DIENST AUF DEN CHATHAM-INSELN

So machte sich Jim auf zu den Chatham-Inseln, und seine künstlichen Zähne blieben ein Zukunftstraum. Mit einigen Kartons Büchern und Broschüren traf er ein. Er berichtete:

„Auf der Insel kannte ich niemanden, und so wurde ich auch nicht abgeholt. Jedermann hatte ein Pferd. Es gab keine Straßen und auch keine motorisierten Fahrzeuge irgendwelcher Art. Ich wandte mich an einen Farmer und mietete ein Pferd. Dann machte ich Taschen aus Säcken, packte Bücher hinein und hing sie auf beiden Seiten an den Sattel. Mit einem Sack auf dem Rücken, in dem sich mein Rasierzeug und mein Handtuch befanden, machte ich mich auf und verkündigte die Königreichsbotschaft den Inselbewohnern.

Die Leute waren neugierig was bedeutete, daß ich nachts immer eine Unterkunft hatte. Wie dankbar ich Jehova dafür war! Manche Tage ritt ich viele Meilen und traf nur eine oder zwei Familien an. Einmal erhielt ich die seltsamste Wegbeschreibung, um eine 40 Kilometer entfernt gelegene Schafzuchtfarm zu erreichen. Zum Beispiel bestand ein Wegweiser in einem Haufen trockener Knochen, die von einem verendeten Ochsen stammten. Von hier aus führte der Weg zu einem bestimmten Punkt an einem flachen See, der sechs Kilometer in gerader Linie zu durchqueren war. Eine Kursabweichung hätte bedeutet, daß das Pferd und ich in einer Art Treibsand versunken wären. Ich fragte mich: ,Wird Jehova in dieser Nacht für mich sorgen? Wird man mir Unterkunft gewähren? Was geschieht, wenn mich keiner aufnimmt?‘

Es war schon spät, als ich mein Pferd vor dem Haus festband. Mit meiner Büchertasche näherte ich mich der Tür und klopfte. Eine Frau öffnete die Tür, blickte mich an und rief aus: ,Jim Tait! Was in aller Welt machst du hier?‘ Ja, es handelte sich um eine junge Frau, die als Kind mit mir zur Schule gegangen war. Ich wurde herzlich willkommen geheißen. Jehova Gott hatte wiederum für mich gesorgt. Wie glücklich ich war! Fast alle meine Bücher wurden auf dem Gehöft entgegengenommen, und schon am nächsten Tag trat ich die Rückreise nach Waitangi an.“

Nach zweimonatiger Zeugnistätigkeit auf den Chatham Inseln, wo Jim viele Kartons Bücher zurückgelassen hatte, kehrte er nach Lyttelton, dem Hafen von Christchurch, zurück. Er verglich seine Ausgaben mit den Einnahmen von der Literatur und stellte fest, daß er noch genau 25 £ übrig hatte. So war er schließlich in der Lage, sich seine künstlichen Zähne machen zu lassen. Jahre später hatte er die Freude, auf einem Kongreß eine Schwester mit ihren Kindern zu treffen, die sich noch daran erinnerte, daß er sie in ihrer Wohnung auf den Chatham-Inseln besucht hatte.

INFORMATIONSMARSCH IN CHRISTCHURCH

Die Versammlung Christchurch plante einen öffentlichen Vortrag in einem Theater mitten in der Stadt. Es handelte sich um den Schallplattenvortrag „Faschismus oder Freiheit“ von Joseph F. Rutherford, Präsident der Watch Tower Society. Der Stadtrat erlaubte einen Informationsmarsch zur Ankündigung des Vortrags. Die Marschroute wurde festgelegt und den Brüdern bekanntgegeben, damit ein Zusammenstoß mit einem gleichzeitig stattfindenden Umzug von Musikkapellen, die an einem Wettbewerb teilnahmen, vermieden würde.

Die Brüder machten sich mit ihren Plakaten auf den Weg, immer zwei nebeneinander. Als sie sich der Hauptstraße näherten, hörten sie den Klang einer Musikkapelle näher kommen. Gerade als sie die Kreuzung erreichten, zog eine Musikkapelle vorbei, die flotte Marschmusik spielte. Zwischen dieser und der nächsten Kapelle ergab sich eine Lücke von etwa 15 Metern. Was würden die Brüder tun? Mit ihren Plakaten, die den Vortrag ankündigten, marschierten sie geradewegs in diese Lücke hinein. Den Tausenden von Schaulustigen, die beide Seiten der Straße säumten, wurde ein gutes Zeugnis gegeben. An diesem Sonntag hörten in der kleinen Versammlung von Christchurch 500 Anwesende den öffentlichen Vortrag. Welch ein machtvolles Zeugnis!

EIFRIGE SCHWESTERN

In den 30er Jahren wurde das Predigtwerk auf der Nordinsel von Schwester Ida Thompson und von den Schwestern Barton, Jones und Priest vorangetrieben. Diese Schwestern bearbeiteten Städte und Farmen bis zu Hunderten von Kilometern nördlich von Wellington und blieben jeweils neun Tage von zu Hause fort. Die Literatur wurde fast immer restlos verbreitet. Oft übernachteten sie in Scheunen oder schliefen in ihrem Auto. Sie hatten sich zugunsten des Königreiches auf das „rauhe Leben“ eingestellt und verrichteten diese Predigttätigkeit acht Jahre lang — von 1932 bis 1940. Der Sohn von Ida Thompson, Adrian, war einer der ersten Missionare, die 1949 nach Japan kamen. Dort offenbarte er als erster Kreisaufseher einen ähnlichen „Pionier“geist.

In diesen frühen Jahren wurde ausschließlich auf die Verbreitung von Literatur Wert gelegt. Die Leute wurden ermuntert, die Publikationen zu lesen und zu studieren. Heimbibelstudien, wie wir sie heute kennen, waren unbekannt. Dennoch wurde erreicht, daß der Same der Wahrheit weithin verbreitet wurde.

LAUTSPRECHERWAGEN IM EINSATZ

Die Verkündigung der Königreichsbotschaft erfolgte damals hauptsächlich mit Hilfe von Lautsprecherwagen. Bruder Rutherfords Stimme wurde durch den Lautsprecher verstärkt, so daß seine Vorträge manchmal noch in fünf Kilometer Entfernung zu hören waren. Einmal sagte eine Wohnungsinhaberin zu Jim Tait: „Heute morgen habe ich etwas höchst Seltsames gehört. Aus den Wolken klang Musik an mein Ohr, und ich hörte die Stimme eines Mannes. Ich dachte, das Ende der Welt sei gekommen!“ Nachdem man dieser Frau das „Phänomen“ erklärt hatte, nahm sie bereitwillig biblische Literatur entgegen.

In Auckland wurde die Tätigkeit in Verbindung mit Lautsprecherwagen unterschiedlich aufgenommen. Manchmal wurden die Verkündiger, die dem Lautsprecherwagen folgten, schon von den Wohnungsinhabern erwartet, die Geld für Literatur bereithielten. Zu anderen Zeiten schaukelte eine aufgebrachte Menschenmenge das Auto hin und her und versuchte, den Lautsprecher vom Dach herunterzuziehen.

DER BESUCH VON J. F. RUTHERFORD

Im April 1938 stattete J. F. Rutherford auf dem Weg zu einem Kongreß in Australien Neuseeland seinen ersten und einzigen Besuch ab. In der Fountain of Friendship Hall sprach er zur Versammlung Auckland. Noch am selben Abend ging die Reise per Schiff weiter nach Sydney (Australien), und zwar in Begleitung von 14 Brüdern aus Neuseeland, die am 15. April alle zur Feier des Gedächtnismahls in seine Privatkabine auf dem Schiff eingeladen wurden.

Auf der Rückreise — zwei Wochen später — wurde an Bord des Schiffes ein wirkungsvolles Zeugnis gegeben. Bevor jemand merkte, was vor sich ging, hatte man frühmorgens unter jede Kabinentür ein Flugblatt geschoben. Da Bruder Rutherford in Auckland einige Stunden Aufenthalt hatte, hielt er am 2. Mai 1938 um die Mittagszeit einen öffentlichen Vortrag in der Stadthalle von Auckland.

TÄTIGKEIT IN STÜRMISCHEN ZEITEN

Im Jahre 1939 erhielt Robert Lazenby die Aufgabe, sich um das Literaturdepot von Neuseeland in Wellington zu kümmern. Zu ihm gesellte sich Reg Johnston, der im Bethel von Australien gedient hatte. Zu der Zeit gab es nur etwa 12 Brüder in der Versammlung Wellington. Sie versammelten sich im Wohnzimmer des Hauses Kent Terrace Nr. 69, wo sich auch das Literaturdepot befand. Im Jahre 1939 gab es in Neuseeland 320 Königreichsverkündiger, einschließlich 35 Pionieren, die sich auf 19 Versammlungen verteilten.

Von seiten der religiösen Gegner drohte mittlerweile Unheil. Besonders die katholische Kirche ärgerte sich darüber, daß ihre Lehren und ihre Handlungsweise in der Literatur, die die Zeugen verbreiteten, bloßgestellt wurden. Die Ausgabe der neuseeländischen katholischen Zeitschrift Tablet vom 19. April 1939 wies auf Jehovas Zeugen hin und stellte fest: „Mittlerweile ist es die Pflicht aller rechtschaffenen Bürger geworden, bei ihren Abgeordneten im Parlament gegen diese drohende Gefahr zu protestieren. Bei ausreichendem Protest wäre die Regierung verpflichtet zu handeln.“

DAS PREDIGTWERK WIRD VERBOTEN

Ein Jahr später, am 13. Oktober 1940, kündigten die Brüder in der kleinen Stadt Oamaru auf der Südinsel den Schallplattenvortrag von Bruder Rutherford an, der das Thema „Herrschaft und Friede“ trug. An diesem Abend waren etwa 40 Personen bei der Veranstaltung zugegen, unter ihnen sogar ein Polizist. In Europa war der Zweite Weltkrieg im Gange, und die Verfolgung der Zeugen war verstärkt worden. So hielten George Edwards und Hallett Ridling Wache an der Tür. Ein gewisser William Meehan näherte sich ihnen mit einem Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett. „Jetzt habe ich euch beide vor dem Lauf“, sagte er. „Hände hoch! Ich schieße, wenn ihr nicht gehorcht.“

In dem Handgemenge, das sich daraufhin ergab, versuchten die beiden Brüder den Mann zu entwaffnen. Ein Schuß löste sich, und Frederick MacAuley, der in der Nähe stand, fiel zu Boden. Er war am Bein verletzt worden. Die Wunde blutete stark, und so wurde er schnell ins Krankenhaus gebracht. Sechs Tage später war sein Zustand so kritisch, daß man sein Bein amputieren mußte. Danach erholte er sich gut. Als Meehan vor Gericht gestellt wurde, erklärte man ihn lediglich für schuldig, Edwards und MacAuley mit einem Gewehr bedroht zu haben. Er wurde zu zwei Monaten Gefängnis mit Schwerarbeit verurteilt.

Drei Tage nach dem bedauerlichen Vorfall schrieb Mister A. C. Piper, Geschäftsführer des Veteranenvereins (R.S.A.) in Oamaru, an den Generalsekretär des Veteranenvereins von Neuseeland in Wellington folgendes:

„Anläßlich einer Sitzung des Vorstandes des Veteranenvereins in Oamaru wurde die folgende Resolution einstimmig angenommen: Angesichts der tragischen Vorfälle am 13. Oktober 1940 in Oamaru bei dem Treffen der Sekte, die sich selbst ,Jehovas Zeugen‘ nennt, und aufgrund der starken öffentlichen Ablehnung der Sekte am Ort möchten wir die Regierung bitten, die Sekte im gesamten Gebiet von Neuseeland zu verbieten. ... Ihre Tätigkeit sollte unterbunden werden, bevor weitere Schwierigkeiten in anderen Teilen des Landes verursacht werden.“

So wurde also im Oktober 1940 die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Neuseeland verboten. Doch interessanterweise sagte Premierminister P. Fraser sechs Wochen später in der Debatte über die Notstandsverordnungen im Kriegsfalle:

„Ich vertrete keine bestimmte Kirche, aber als Premierminister betrachte ich es als meine Pflicht, ... darauf zu achten, daß während des Krieges Beleidigungen von Personen wegen ihrer Religion unterbleiben oder, wenn möglich, unter den gegenwärtigen Umständen ganz vermieden werden. ... Ich hoffe, daß der Generalstaatsanwalt zu einer Übereinkunft mit Jehovas Zeugen kommt, denn ich zweifle nicht an ihrer Aufrichtigkeit oder Redlichkeit. Wir haben nichts gegen sie, und wir stellen ihr Recht auf freie Religionsausübung gemäß ihrem Gewissen nicht in Frage.“

Am 8. Mai 1941 erließ die Regierung eine Zusatzbestimmung zu dem Verbot der Zeugen Jehovas. Dadurch wurden ihre Zusammenkünfte „für das Bibelstudium, das Gebet oder die Religionsausübung“ für gesetzlich erklärt. Praktisch bedeutete dies, daß es den Brüdern und Schwestern erlaubt war, von Haus zu Haus zu gehen, vorausgesetzt, sie benutzten nur die Bibel. Und das taten sie.

TÄTIGKEIT WÄHREND DES VERBOTS

Kurz vor dem Verbot wurde in der Daniell Street 177 ein Gebäude als Bethelheim erworben, weil die Räumlichkeiten in der Kent Terrace Nr. 69 zu klein geworden waren. Das Haus in der Kent Terrace wurde bis nach der Aufhebung des Verbots im Jahre 1945 als Pension vermietet. Bei Bekanntgabe des Verbots wurde die Literatur auf alle Versammlungen des Landes verteilt. Sie wurde unter Betten, in Schuppen und auf Dachböden versteckt. In dem Haus in der Daniell Street teilte Reg Johnston einen großen Teil des Dachbodens ab, setzte eine Falltür ein und lagerte dort Literatur. Diesen Vorrat benutzte er, um Postbestellungen zu erledigen. Und wenn es nötig war, füllte er das Lager aus den Beständen in den Wohnungen der Brüder in der Stadt wieder auf.

Die Polizei traf unangekündigt bei den Brüdern ein und suchte nach Literatur der Gesellschaft. Oft war sie so gut versteckt, daß man sie nicht finden konnte. Eine Schwester hatte zum Beispiel Literatur unter dem Teppich versteckt, und die Polizei ging darauf umher, ohne etwas zu bemerken. Ein anderer Bruder berichtet: „Alles, was sie fanden, waren unsere persönlichen Studienexemplare. Sie wußten natürlich nicht, daß 50 Kartons Literatur über der Zimmerdecke lagerten.“

Molly Thompson schrieb jeden Studienartikel des Wachtturms auf Matrizen. Danach sandte man Abzüge für Studienzwecke an alle Versammlungen. Das neue Buch Kinder schrieb man ebenfalls auf Matrizen; tausend Exemplare wurden hergestellt. Diese versandte man dann zusammen mit Studienfragen für die wöchentlichen Buchstudien an die Brüder. Die Vervielfältigungsausrüstung verbarg man hinter Wand und Deckenvertäfelungen in der abgelegenen Wohnung von George Covacich in Auckland.

Die Brüder trafen sich heimlich spätabends und warfen Broschüren in die Briefkästen der Leute. Manchmal kehrten sie erst gegen zwei Uhr morgens nach Hause zurück. Am nächsten Tag war die Aufregung groß, wenn die Leute die Polizei anriefen. In Christchurch wurde Schwester Messervey festgenommen und kam für eine Woche ins Gefängnis. Die Polizei wollte wissen, wer die Führer der Zeugen Jehovas in Neuseeland seien. Sie sagte, sie würde ihnen den Gefallen tun und es ihnen verraten. Als die drei Männer sich gespannt um sie drängten, flüsterte sie ihnen zu, die Führer seien Jehova Gott und Jesus Christus, worüber die Männer sehr ärgerlich waren.

In den vier Monaten unmittelbar nach dem Verbot gab es 14 Gerichtsfälle. Eine Anzahl Brüder erhielt Gefängnisstrafen von drei Monaten, während bei anderen die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Grace Bagnall wurde beim Zeugnisgeben von der Polizei verhaftet, nachdem ein Katholik bei der Polizei angerufen hatte. Als sie sich weigerte, die 5 £ (10 Dollar) Strafe zu bezahlen, mußte sie für 14 Tage ins Gefängnis gehen.

NEUTRALE HALTUNG BRINGT VERHAFTUNGEN MIT SICH

Die Regierung richtete während des Krieges Internierungslager ein. Da die Brüder den Militärdienst verweigerten, wurden sie während des ganzen Krieges und noch sechs Monate danach dort eingesperrt. Es gab acht solche Lager, und ungefähr 80 Brüder verbrachten darin jeweils mehr als viereinhalb Jahre. Sie wurden zum Bäumefällen in den Nadelwäldern, zu Straßenarbeiten und anderen ähnlichen Arbeiten herangezogen. Robert Lazenby und Reg Johnston war es möglich, die Brüder in diesen Lagern einmal im Monat für jeweils eine Stunde zu besuchen.

In den Wintermonaten mußten die inhaftierten Brüder mit rauhen Bedingungen fertig werden. Sie lebten in Hütten, die nicht geheizt werden durften. In den Tintenfässern gefror sogar die Tinte. Die Brüder legten mehrere Bogen Zeitungspapier unter sich und auch zwischen die Decken, um auf diese Weise eine bessere Isolierung gegen die Kälte zu erreichen. Obwohl die Lager von Stacheldraht umgeben waren und Wachen 24 Stunden am Tag patrouillierten, fanden Exemplare des Wachtturms sowie andere neue Publikationen dennoch ihren Weg in die Lager.

Um Literatur in die Lager zu schmuggeln, wurden die verschiedensten Methoden ersonnen. Als zum Beispiel Doris Best ihren Mann Cliff besuchte, wurde ihr Baby zu ihm hineingereicht. Er wiederum reichte das Baby an die anderen Brüder weiter, die es für eine Weile hielten. Nachdem die Literatur, die in der Kleidung des Babys versteckt war, entfernt worden war, wurde das Baby der Mutter wieder zurückgegeben Man wickelte auch Zeitschriften in Pergamentpapier ein und backte sie in einen Kuchen, der dann den Gefangenen per Post zugestellt wurde.

In den Lagern sprachen die Brüder mit allen, die zuhörten, über die Königreichsbotschaft. Es fanden auch Zusammenkünfte statt, und im Lager Strathmore, etwa 60 km von Rotorua entfernt, wurde sogar ein Kongreßprogramm organisiert. Die Brüder besorgten sich die Genehmigung zur Benutzung einer Doppelbaracke, die für religiöse Zwecke zur Verfügung stand. Aufgrund eines Programmheftes, das ins Lager geschmuggelt worden war, stellten sie ein Programm zusammen. Heimlich luden sie andere Gefangene ein, und so erfreuten sich außer den 31 Brüdern viele andere an dem Programm.

VERBOT AUFGEHOBEN

In der Zwischenzeit übten die Brüder draußen weiterhin starken Druck auf die Regierung aus, um die Aufhebung des Verbots zu erreichen. Am 29. März 1945 machten schließlich die Tageszeitungen in ganz Neuseeland die Aufhebung des Verbots bekannt. Die Wellingtoner Zeitung Dominion berichtete unter einer kleinen, einspaltigen Überschrift folgendes:

„Generalstaatsanwalt Mason gab gestern die Aufhebung der besonderen Einschränkungen bekannt, die Jehovas Zeugen auferlegt worden waren. Er sagte, daß er die im Rahmen der öffentlichen Sicherheitsvorkehrungen von ihm herausgegebene Mitteilung, durch die ihre Organisation als staatsgefährdend erklärt worden sei, rückgängig gemacht habe. ... Jehovas Zeugen waren in Australien (wie in anderen Ländern) für längere Zeit keinerlei Einschränkungen unterworfen, was sich als völlig zufriedenstellend erwiesen hat. ... Die Regierung war davon überzeugt, daß sich dieselben guten Auswirkungen, die mit der Aufhebung der Einschränkungen in Australien verbunden waren, auch in Neuseeland einstellen würden.“

Bis heute sagen Gegner unseres Werkes uns gerne nach, daß wir uns während des Krieges staatsgefährdend betätigt hätten. Aber diese Anschuldigung wird eindeutig dadurch widerlegt, daß das Verbot noch während des Krieges aufgehoben wurde. Die Katholische Aktion hatte mit dem Veteranenverein ein Komplott gebildet und zu beweisen versucht, daß Jehovas Zeugen Unruhe stiften und daß der Vorfall in Oamaru, bei dem ein Schuß fiel, auf die Art der Schwierigkeiten hinweise, mit denen die Regierung im ganzen Land rechnen könne, wenn Jehovas Zeugen keine Einschränkungen auferlegt würden.

Für die Brüder brachte die Aufhebung des Verbots einige ungewöhnliche Ereignisse mit sich. In Christchurch zum Beispiel rief die Polizei Andrew Downie an, um ihm zu sagen, er könne die beschlagnahmten Publikationen abholen. Mit typisch schottischer Sturheit sagte Bruder Downie: „Aber mein Herr, wir haben sie Ihnen doch nicht gebracht.“ Er machte unzweideutig klar, daß man erwarte, die Polizei würde die Bücher zurückbringen, weil sie von ihr beschlagnahmt worden seien. Der Polizeiwagen mußte zweimal fahren, um alle Bücher zurückzubringen.

Trotz des Verbots stieg die Zahl der Königreichsverkündiger von 320 im Jahre 1939 auf 536 im Jahre 1945. Nach Kriegsende folgten weitere Zunahmen. Im Jahre 1949 wurde eine Höchstzahl von 1 131 Verkündigern erreicht. In jenem Jahr fand auch der erste Kongreß statt, bei dem mehr als 1 000 Anwesende gezählt wurden.

STÄRKUNG DER ORGANISATION

Im Dezember 1946 traf Charles Clayton ein. Er war der erste Absolvent der Gileadschule, der Neuseeland zugeteilt wurde. Im März des folgenden Jahres besuchte Nathan H. Knorr, der Präsident der Watch Tower Society, Neuseeland, und in Wellington wurde ein Zweigbüro eröffnet. Robert Lazenby wurde der Zweigdiener. Einige Monate danach trafen drei weitere Gileadabsolventen ein: Howard Benesch, Orville Crosswhite und Samuel Betley.

Bruder Betley lernte die Maori-Sprache und half auf diese Weise bei der Ausdehnung des Werkes unter den Maori. Das Jahrbuch von 1950 berichtet:

„Die Aussichten für eine Zunahme unter der Maori-Rasse sind sehr gut. ... Im Laufe des Jahres wurden 20 Maori-Vorträge veranstaltet mit einer Gesamtzuhörerschaft von 470, wovon die meisten Fremde waren. Bevor der Vortrag beginnt und in Anpassung an die Gewohnheit der Maori, heißt einer der Dorfältesten den Sprecher und die Besucher aus anderen Dörfern willkommen. Am Schluß des Vortrages gehen die Leute nicht sofort weg, sondern bleiben, um den Vortrag zu besprechen. Vielleicht halten ein oder zwei eine Stegreifrede, wobei ein jeder seine Ansicht über die durch den Sprecher aufgeworfenen Punkte ausdrückt. Der eine mag in voller Übereinstimmung mit dem Gesagten sein. Ein anderer wird vielleicht seine Mißbilligung bekunden und Fragen aufwerfen. Dann hat der Sprecher das Schlußwort, wobei er die Punkte erhellt, die weiterer Abklärung bedürfen. Solche Diskussionen, die alle in der Maori-Sprache geführt werden, dauern oft lange über den Schluß des öffentlichen Vortrages hinaus.“

Brüder vom Stamme der Maori bauten 1950 in Waima den ersten Königreichssaal in Neuseeland. Das Bauholz stammte größtenteils von Bäumen, die sie auf eigenem Grund und Boden gefällt hatten.

KÖNIGLICHE BESUCHER ERHALTEN LITERATUR

Anfang 1954 erfuhr die Königin von England durch eine Schwester vom Stamm der Maori von der Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Neuseeland. Die Zeitung Dominion von Wellington (Neuseeland) berichtete:

„Eine Bibel und ein Buch, veröffentlicht von der Watch Tower Society, wurden heute der Königin unerwartet von einer Maori-Frau überreicht, die zum Podium im McLean-Park (Napier) gekommen war, um Ihrer Majestät und dem Herzog von Edinburgh vorgestellt zu werden. Herr und Frau Tuiri Tareha gehörten zu den 74 Personen, die den königlichen Gästen vorgestellt wurden. Statt der Königin die Hand zu geben, überreichte Frau Tareha Ihrer Majestät ein kleines, hübsch eingewickeltes braunes Päckchen.“

Das Päckchen enthielt die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften und das Buch „Neue Himmel und eine neue Erde“. Wie in einer Zeitung berichtet wurde, erklärte Bruder Tareha: „Die Königin sagte einmal, sie wünsche, sie besäße die Weisheit Salomos damit sie ihr Volk mit Unparteilichkeit und in Gerechtigkeit regieren könne. Wir waren sicher, daß diese Bücher ihr helfen würden.“

ZUNAHME IN DEN 50ER JAHREN

Anfang und Mitte der 50er Jahre zeichnete sich Neuseeland durch eine bemerkenswerte Zunahme auf theokratischem Gebiet aus. Auf dem Bezirkskongreß, der in der Stadthalle von Wellington im Jahre 1951 stattfand, hörten 1 645 Personen den öffentlichen Vortrag von Bruder Knorr: „Rufet Freiheit aus durchs ganze Land“. Die neuseeländische Zeitung Herald vom 31. Dezember 1953 warf aufgrund einer kurz zuvor erfolgten Volkszählung die Frage auf, wieso sich Jehovas Zeugen einer derartigen Zunahme erfreuten. Es hieß:

„In einigen der Zahlen schlägt sich der anwachsende Einwandererstrom nieder. So zählte beispielsweise die Niederländische Reformierte Kirche im Jahre 1945 nur 37 Anhänger in Neuseeland, aber im Jahre 1951 konnte sie auf 264 verweisen. So einfach läßt sich die Zunahme der Zeugen Jehovas von 650 auf 1 756 im gleichen Zeitraum nicht erklären.“

Vielleicht ist die Erklärung für die Zunahme der Zeugen Jehovas teilweise in dem Kommentar von Dean Chandler, Dekan der anglikanischen Kirche von Neuseeland, zu finden. Er schrieb in der Zeitung Star-Sun von Christchurch über diese Angelegenheit wie folgt:

„Vielleicht ist das ernsthafteste Versäumnis jenes der seelsorgerischen Besuche, denn so wie es für einen Hirten nötig ist, beständig seiner Herde nachzugehen, so ist es nötig, Gelegenheiten zu finden, um mit unseren Leuten über Lebensfragen zu sprechen, die ihren Sinn bedrängen, und . sie aus einigen der ketzerischen Netze, in denen sie sich wahrscheinlich verfangen könnten, zu lösen. Wenn ich dies auch sage, so bin ich mir doch meines eigenen Versäumnisses in dieser Hinsicht schmerzlich bewußt.“

Er fuhr fort:

„Ich bin mehr denn je überzeugt, daß das gedruckte Wort in immer zunehmenderem Maße das gesprochene Wort ergänzen muß. Wenn wir wünschen, daß unsere Leute stark seien im Glauben, müssen wir sie ermuntern, weit mehr zu lesen und zu studieren, als sie dies gegenwärtig tun.“

Genau dazu haben Jehovas Zeugen die Menschen in Neuseeland ermuntert, und sie haben ihnen die nötige Hilfe geboten. Viele haben ihnen Gehör geschenkt und christliche Reife erlangt. Tatsächlich sorgte Neuseeland dafür, auch in anderen Gebieten geistige Hilfe geleistet werden konnte. Um das Jahr 1951 hatten 13 Pioniere aus Neuseeland die Gileadschule absolviert und waren in andere Länder gesandt worden. Unter ihnen befand sich Rudolph Rawiri, der erste Maori, der diese Schule besuchte. Er kehrte später nach Neuseeland zurück und diente als Kreisaufseher.

NEUES ZWEIGBÜRO

Im Jahre 1956 besuchte Bruder Knorr erneut Neuseeland. Dieses Mal lauschten 3 510 Personen dem öffentlichen Vortrag, den er anläßlich des Bezirkskongresses im Carlaw-Park von Auckland hielt. Während seines Besuches wurde entschieden, für ein neues Zweigbüro in Auckland Land zu kaufen.

Wellington ist zwar die Hauptstadt des Landes, und auch das Zweigbüro befand sich dort, doch Auckland ist die schneller wachsende Stadt. Deshalb wurden die neuen Gebäude für das Bethelheim, das Büro, den Königreichssaal, die Versandabteilung und für die Druckerei in Auckland errichtet. Nach Fertigstellung des Baus im März 1958 zog die Bethelfamilie dort ein.

Das interessante Programm in Verbindung mit der Einweihung des Königreichssaales und des Zweigbüros der Gesellschaft erstreckte sich über drei Tage, vom 13. bis zum 15. Juni 1958. In diese Zeit fiel auch der eintägige Besuch von 150 australischen Brüdern, die sich auf der Reise zu dem internationalen Kongreß in New York befanden. Schließlich machten sich auch die 152 Delegierten von Neuseeland auf den Weg, um den denkwürdigen internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ zu besuchen. Die Kongreßbesucher kamen aus mehr als der Hälfte der 87 Versammlungen Neuseelands. Die Brüder wurden durch diese Ereignisse sehr ermuntert, so daß im August in Neuseeland eine neue Höchstzahl von 3 346 Königreichsverkündigern erreicht wurde. Das bedeutete, daß ein Verkündiger auf 616 Einwohner kam.

In demselben Monat, in dem viele der neuseeländischen Brüder den Kongreß „Göttlicher Wille“ besuchten, starb der Zweigdiener, Robert Lazenby. Es geschah plötzlich, während er in der Versammlung Mt. Albert in Auckland eine Dienstansprache hielt. In einem Brief an Bruder Gibbons, der darüber berichtet hatte, schrieb Bruder Knorr:

„Ich war immer sehr gern mit Bruder Lazenby zusammen, und ich bin sehr glücklich, zu wissen, daß er in Treue starb, sozusagen in den Stiefeln, wie wir in Amerika sagen, und daß er stets seinen Brüdern gedient hat. So zu sterben ist sehr wünschenswert. Ich wußte, daß er krank war. Ich hätte mich sehr für ihn gefreut, wenn er den Kongreß hätte besuchen können. Es ist schön, daß ihm von den guten Ergebnissen des Kongresses und von dem, was sich hier ereignet hat, berichtet wurde.“

Benjamin Mason, ein Gileadabsolvent, der seit 1957 im Zweigbüro von Neuseeland gedient hatte, wurde der neue Zweigdiener.

RECHTSSTREIT

Im Januar 1958 beantragten die Brüder die War Memorial Hall (Kriegergedenkhalle) von Levin Borough für einen dreitägigen Kongreß. Der Stadtrat von Levin Borough war damit einverstanden, doch der Veteranenverein (R.S.A.) lehnte es entschieden ab. Es wurde eine Resolution verabschiedet, in der es hieß, daß „eine Kriegergedenkhalle dem Gedenken derer geheiligt ist, die ihrem Land in Zeiten der Gefahr gedient haben“, und daher sollten die Räumlichkeiten den Zeugen Jehovas verweigert werden. Einige Stadträte widersetzten sich zwar dem Druck des R.S.A., doch die Mehrheit gab nach. Das bedeutete, daß Dutzende von Kriegergedenkhallen von Jehovas Zeugen nicht benutzt werden konnten.

Die Brüder bemühten sich auf dem Rechtswege, diesen Diskriminierungsversuch, durch den ihnen die Benutzung dieser Räumlichkeiten versagt werden sollte, zu vereiteln. F. H. Haigh, der Rechtsanwalt der Gesellschaft, erklärte im Mai 1959 bei der Verhandlung:

„Dieses Verbot kann man nur als grotesk bezeichnen. Der Entscheid, daß das, was Leute im Zweiten Weltkrieg taten, im Jahre 1958 für ihr Recht auf die Benutzung einer gemeinnützigen Kriegergedenkhalle ausschlaggebend sein sollte, läßt sich nicht im geringsten rechtfertigen. Das Vorgehen des Stadtrates stellt die Verweigerung eines Grundrechts und eine ungerechtfertigte Diskriminierung dar.“

Richter T. A. Gresson vom Obersten Gerichtshof Neuseelands fällte am 21. August 1959 folgendes Urteil:

„Es ist nicht abzustreiten, daß die Bürger der Gemeinde, die Jehovas Zeugen angehören, einen rechtmäßigen Teil des Gemeinwesens darstellen, und daher müssen sie meiner Ansicht nach, wenn es sich auch nur um eine Minderheit handelt, dieselben gesetzlichen Rechte genießen und denselben gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen wie die Mitglieder des Veteranenvereins. Wenn der beschuldigte Stadtrat dem Kläger die Benutzung der Halle verweigert, verletzt er meiner Meinung nach die umfassenden Verwaltungsbestimmungen.

Unter diesen Umständen erkläre ich: ,Die Watch Tower Bible and Tract Society ... hat Anrecht auf Benutzung der Mount Roskill War Memorial Hall, um biblische Vorträge zu halten, und zwar zu vernünftigen Zeiten und zu den vom Stadtrat von Mt. Roskill zu bestimmenden annehmbaren Bedingungen.‘ “

Am nächsten Tag brachten die Tageszeitungen einen Bericht über die Entscheidung. Unter der Überschrift „Woche der Abbitte auf dem Amt“ hieß es in dem in Auckland erscheinenden Blatt Waiheke Resident:

„Richter Gresson fällte in Sachen religiöser Diskriminierung durch die Ortsbehörden eine Entscheidung, die alle acht unserer unwissenden Beamten erschüttert hat. ... Das Amt beeilte sich — wie eine Anzahl anderer willensschwacher Ortsbehörden überall im Land —, dem R.S.A. zu gehorchen, als er ihm befahl, Jehovas Zeugen die Benutzung von Kriegergedenkhallen nicht ZU gestatten. Richter Gresson erklärte, die Zeugen hätten ebenso viele Rechte wie der R.S.A. Das Amt muß daher den Zeugen Jehovas jetzt die Waiheke Memorial Hall öffnen oder sich ebenso offen über das Gesetz hinwegsetzen, wie es sich über die demokratischen Rechte der Zeugen hinweggesetzt hat. Jetzt können die Zeugen ihren Gott auf ihre Weise anbeten, ohne der Tyrannei des Amtes in Waiheke ausgesetzt zu sein.“

KONGRESS „EWIGE GUTE BOTSCHAFT“

Im Jahre 1963 fand im Stadttheater von Auckland — Neuseelands größtem Theater — der Kongreß „Ewige gute Botschaft“ statt. Aber das Theater erwies sich als zu klein, so daß man die Stadthalle von Auckland mit ihren 2 000 Sitzen zusätzlich benutzte, um alle Besucher unterzubringen. Die Besucherhöchstzahl von 6 005 schloß 191 Besucher aus 16 Ländern ein. Fred W. Franz, damals Vizepräsident der Watch Tower Society, war unter den Delegierten, die im Rahmen der Kongreßserie „Ewige gute Botschaft“ rund um die Welt reisten.

Bei der Ankunft wurde Bruder Franz nach dem Brauch der Maori willkommen geheißen, die sich auf dem Bürgersteig vor dem Stadttheater eingefunden hatten. Vorübergehende wurden unwillkürlich auf die singenden Maori-Tänzer in ihrer hübschen Landestracht aufmerksam. Es war schwer zu sagen, wer mehr Gefallen an der ungewöhnlichen Willkommenszeremonie hatte: die begeisterten Zuschauer oder Bruder Franz und die Schwestern, die ihn mit einem Händedruck und mit Nasereiben begrüßten.

Dieser Kongreß war wirklich ein Meilenstein in der Geschichte Neuseelands. Die Berichterstattung durch Radio und Fernsehen war beispiellos; ein 95 Sekunden dauernder Film über die Taufe bildete den Höhepunkt. Durch die Predigttätigkeit der Kongreßdelegierten sowie durch ihr Verhalten wurde ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben. „Ihr seid bei weitem die ordentlichsten Leute, die ich kennengelernt habe, und euer Benehmen ist beispiellos“, sagte der Verwalter des Stadttheaters.

NEUBAU VON KÖNIGREICHSSÄLEN

Wie bereits erwähnt, hatten die Maori im Jahre 1950 den ersten Königreichssaal in Neuseeland gebaut. Erst im Jahre 1955 wurde Neuseelands zweiter Königreichssaal der Bestimmung übergeben, und zwar in Gisborne. Aber .dann, in den 60er Jahren, wurden 58 Königreichssäle gebaut, so daß die Brüder aus den gemieteten Versammlungsstätten — die oft muffig waren und nach Zigarettenrauch und Alkohol rochen — in wunderschöne, saubere neue Gebäude einziehen konnten, die der Anbetung Jehovas dienen. Wie dankbar doch die Brüder dafür waren!

Dieses Bauprogramm wurde in den 70er Jahren fortgesetzt. Gegenwärtig gibt es 119 Versammlungen der Zeugen Jehovas in Neuseeland, und 112 davon haben ihren eigenen Königreichssaal. Weitere Königreichssäle sind geplant.

KONGRESS „FRIEDE AUF ERDEN“

Im November 1969 wurde in dem malerischen Alexandra-Park von Auckland die Trabrennbahn des Trotting-Klubs von 1 500 Freiwilligen in eine wunderschöne Kongreßstätte verwandelt. Mehr als 5 000 Topfpflanzen, 300 Bäume und Sträucher sowie zig Quadratmeter künstlicher Rasen wurden bei der Bühnengestaltung verwandt. Auf einem Blumenbeet vor der Bühne konnte man in Blumenschrift das Wort HAERE-MAI (Maori-Sprache: „Willkommen!“) lesen. Anlaß für all diese Vorbereitungen war der 6tägige internationale Kongreß „Friede auf Erden“, der von N. H. Knorr, F. W. Franz und von vielen weiteren Delegierten aus dem Ausland besucht wurde.

Ein besonderes Programm, das auch Tänze und Gesang der Maori einschloß, wurde für die Gäste aus Übersee zusammengestellt. Ein Bruder vom Stamme der Maori erzählte der begeisterten Zuhörerschaft, daß 193 seiner Verwandten auf dem Kongreß anwesend seien. Dies zeigte, wie gut die Maoribevölkerung auf die Königreichsbotschaft reagierte.

Einige der Komiteeglieder des Trabrennklubs hatten zuvor wegen der Benutzung ihrer Räumlichkeiten durch Jehovas Zeugen Bedenken geäußert. Wie ihre Meinung nach dem Kongreß war, zeigt ein offizielles Schreiben des Sekretärs des Klubs:

„Nachdem Ihr Kongreß nun zu Ende gegangen ist, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, mich im Namen meines Komitees bei Ihnen und Ihren Delegierten dafür zu bedanken, daß Sie Ihre Veranstaltungen in der Alexandra-Park-Rennbahn so hervorragend leiteten.

Wir möchten Ihnen und Ihren Mitarbeitern auch für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und die gute Behandlung der Einrichtungen danken.

Sollten Sie jemals den Wunsch haben, einen weiteren Kongreß in dieser Gegend abzuhalten, so hoffen wir, daß Sie auf die Alexandra-Park-Rennbahn zurückkommen werden.

Abschließend möchte ich allen Beteiligten auch im Namen des Rennbahnverwalters meinen Dank aussprechen und Ihnen versichern, daß es eine Freude war, Sie als Gäste zu haben.“

Ja, Rennbahnangestellte, Hotelbesitzer, Verkehrspolizisten und Geschäftsleute — alle priesen aufrichtig und unaufgefordert die Reinlichkeit, Freundlichkeit und das ausgezeichnete Betragen der Zeugen. Ein Sicherheitsbeamter sagte, daß er etwas Ähnliches in seiner 40jährigen Praxis noch nicht gesehen habe. Einige meinten, daß dies der bestorganisierte Kongreß gewesen sei, der jemals in Neuseeland stattgefunden habe.

Erneut brachten die Nachrichtenmedien gute Berichte. Die Taufe der 421 neuen Zeugen wurde im ganzen Land bekanntgemacht. Ein Kongreßsprecher bemerkte, daß die am 7. November 1969 Getauften ein Zehntel aller in Neuseeland tätigen Zeugen Jehovas ausmachten. Dem öffentlichen Vortrag „Der Weg zurück zum Frieden im Paradies“, den Bruder Knorr hielt, wohnten 8 400 Personen bei.

VERGRÖSSERUNG DES ZWEIGBÜROS

Im Jahre 1973 war eine Höchstzahl von 6 000 Königreichsverkündigern erreicht worden, und das im Jahre 1958 fertiggestellte Zweigbüro war zu klein geworden. Im Juli 1973 wurde mit den Bauarbeiten des großen Nebengebäudes begonnen. Der Königreichsdienst für Dezember 1973 berichtete:

„Am Sonntag, dem 18. November, wurde der letzte Handgriff getan ... Das gesamte Projekt wurde auf den Tag genau in 18 Wochen beendet. Vorläufige Zahlen zeigen, daß in dieser Zeit 248 verschiedene Brüder etwa 16 000 Arbeitsstunden leisteten. Für ihre ausgezeichnete Unterstützung danken wir ihnen sehr. Wir spüren bereits den Nutzen des vergrößerten Arbeitsraumes.“

HERVORRAGENDE KONGRESSE IN DEN 70ER JAHREN

Der internationale Kongreß „Göttlicher Sieg“ bedeutete für Christchurch, die größte Stadt auf der Südinsel, ein noch nie dagewesenes theokratisches Ereignis. Durch die 500 Delegierten aus Australien und weitere 350 aus Nordamerika stieg die Anwesendenzahl im Lancaster-Park auf 11 640, was eine Zunahme von mehr als 3 000 gegenüber dem internationalen Kongreß im Jahre 1969 bedeutete. Leo K. Greenlees von der leitenden Körperschaft war der Hauptsprecher auf dem Kongreß.

Fünf Jahre danach, im Dezember 1978, fand im Eden-Park in Auckland der internationale Kongreß „Siegreicher Glaube“ statt. Es war die größte Zusammenkunft, die Jehovas Zeugen je in Neuseeland abgehalten hatten. Die Höchstanwesendenzahl belief sich auf 12 328. Lloyd Barry, John Booth und Ted Jaracz, alle drei Glieder der leitenden Körperschaft, hatten einen Anteil am Kongreßprogramm.

SICH DER GEISTIGEN BEDÜRFNISSE ANNEHMEN

Im Laufe der Jahre kamen etwa 60 000 Polynesier von den Samoa- und den Tongainseln sowie von Niue und Rarotonga nach Neuseeland, um hier zu leben und zu arbeiten. Ungefähr 36 000 sind im Großraum Auckland ansässig. Um für die geistigen Bedürfnisse dieser Menschen zu sorgen, wurde im Februar 1977 in Auckland eine samoanischsprachige Versammlung gegründet. Sie ist eine der am schnellsten wachsenden Versammlungen im Land; beim Gedächtnismahl im März 1980 wurden 216 Anwesende gezählt.

Um die Brüder auszurüsten, schafähnlichen Menschen besser helfen zu können, wurden besondere Schulen eingerichtet. Im Jahre 1978 besuchten zum Beispiel 700 Älteste in Neuseeland den revidierten 15-Stunden-Kurs der Königreichsdienstschule. Im Jahre 1979 zogen 184 Vollzeitprediger großen Nutzen aus dem zweiwöchigen Kurs der Pionierdienstschule. Ungefähr zur gleichen Zeit nahmen John Wills, Ed Gibbons, Charles Tareha und John Cumming, Glieder des Zweigkomitees von Neuseeland, an dem fünfwöchigen Lehrgang für Glieder der Zweigkomitees in Brooklyn teil. Dort erhielten sie praktische Unterweisung darüber, wie sie ihrer Verantwortung nachkommen können, für die geistigen Bedürfnisse der Menschen in Neuseeland zu sorgen.

Eine andere ausgezeichnete Vorkehrung zur Förderung des theokratischen Erziehungswerkes ist der neue Kongreßsaal der Zeugen Jehovas in Neuseeland. Das alte staatliche Lichtspieltheater in einem Vorort von Auckland aus dem Jahre 1934 wurde erworben und von etwa 400 Zeugen, die ihre Dienste freiwillig zur Verfügung stellten, vollständig renoviert. Dieser schöne Saal wurde im Februar 1978 der Bestimmung übergeben und hat seither sieben Kreisen für ihre halbjährlichen Kongresse gedient.

MIT JEHOVAS UNTERSTÜTZUNG

Wenn man rückblickend die 75jährige Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Neuseeland betrachtet, ist der Segen Jehovas klar zu erkennen. Jede Woche strömen Tausende von Personen in über 100 schöne Königreichssäle, um mehr über ihren Gott, Jehova, und seine großartigen Vorsätze zu lernen. Am 31. März 1980 war eine große Menschenmenge von 15 385 Personen beim Gedächtnismahl anwesend. Viele von ihnen beteiligen sich aktiv am Predigen der Königreichshoffnung.

Gegenwärtig machen über 7 000 Verkündiger in Neuseeland die Königreichsbotschaft bekannt. Etwa 350 davon sind Pioniere. Insgesamt verbringen alle Verkündiger jährlich etwa eine Million Stunden im Predigtdienst, und sie verbreiten über eine Million Exemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! Praktisch wird jeder Wohnungsinhaber in Neuseeland etwa dreimal im Jahr von Jehovas Zeugen besucht.

All das, was hinsichtlich des Predigens der guten Botschaft vom Königreich in Neuseeland oder irgendwo sonst in der Welt erreicht worden ist, geschah nicht aufgrund menschlicher Anstrengungen oder Fähigkeiten, auch ist keine Gruppe von Menschen dafür verantwortlich. Vielmehr ist es so, wie Jehova selbst sagt: „Nicht durch eine Streitmacht noch durch Kraft, sondern durch meinen Geist“ (Sach. 4:6).

[Karte auf Seite 208]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Neuseeland

TASMANSEE

PAZIFIK

Auckland

Thames

Waihi

Rotorua

Opotiki

Gisborne

Taumarunui

Taradale

Dannevirke

Palmerston North

Eketahuna

Lower Hutt

WELLINGTON

Manakau

Cheviot

Christchurch

Lyttelton

Oamaru

Dunedin

Tuatapere

Invercargill

[Bild auf Seite 210]

Bill Barry (rechts). In Christchurch war die Wahrheit als „Bill Barrys Religion“ bekannt. Sein Sohn Lloyd (links) ist jetzt ein Glied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas.

[Bild auf Seite 214]

Frank Grove stand bis zu seinem Tode im Jahre 1967 im Pionierdienst — über 50 Jahre.

[Bild auf Seite 220]

Charles Tareha, ein Maori, dient gegenwärtig im Bethel in Neuseeland. Als sein Vater, ein bekannter Maori, die Wahrheit annahm, erregte dies in den religiösen Kreisen der Maori großes Aufsehen.

[Bild auf Seite 228]

Pionierdienst in den 30er Jahren auf der Südinsel — „in Gefahren von Flüssen“

[Bild auf Seite 230]

Nachdem Jim Talt nur einen Vortrag von J. F. Rutherford gehört hatte, gab er seine Beschäftigung und die damit verbundene Sicherheit auf und wurde Pionier

[Bild auf Seite 232]

Einer der Lautsprecherwagen, mit deren Hilfe die Königreichsbotschaft bekanntgemacht wurde

[Bild auf Seite 237]

Bethelheim in der Daniell Street 177, wo während des Verbots Literatur auf dem Dachboden versteckt wurde

[Bild auf Seite 242]

Brüder vom Stamme der Maori bauten 1950 in Walma den ersten Königreichssaal in Neuseeland.

[Bild auf Seite 247]

Robert Lazenby diente bis zu seinem Tode im Jahre 1958 viele Jahre als Zweigdiener.

[Bild auf Seite 249]

Bruder Franz wurde nach Tradition der Maori mit einem Händedruck und mit Nasereiben anläßlich des Kongresses „Ewige gute Botschaft“ in Auckland begrüßt.

[Bild auf Seite 253]

Zweigbüro in Auckland

[Bild auf Seite 255]

Das alte staatliche Lichtspieltheater in Devonport, einem Vorort von Auckland, wurde gekauft und in einen Kongreßsaal umgewandelt.