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Jamaika und die Cayman Islands

Jamaika und die Cayman Islands

Jamaika und die Cayman Islands

DIE INSEL Jamaika gehört zu den schönsten Gegenden der Erde. Sie liegt im Karibischen Meer etwa 150 km südlich von Kuba und ist ungefähr 760 km von Miami (Florida, USA) entfernt. Die 2 300 000 Einwohner erfreuen sich das ganze Jahr hindurch eines warmen, milden Klimas. Als im Jahre 1494 Christoph Kolumbus die Insel betrat, lebten hier Indianer vom Stamm der Aruak. Sie waren es, die der Insel den Namen Xaymaca gaben, was „Land von Wald und Wasser“ bedeutet. Es ist tatsächlich ein Land mit immergrünen Bergen und Tälern, mit üppiger tropischer Vegetation, mit herabstürzenden Wasserfällen und mit wunderschönen weißen Sandstränden, die die klare blaue See säumen. Besucher preisen die Schönheit der paradiesischen Insel, wie man Jamaika nennt.

DIE BIBLISCHE WAHRHEIT ERREICHT DIE INSEL

Etwas weit Erhabeneres als die landschaftliche Schönheit der Insel erreichte im Jahre 1897 Jamaika — die gute Botschaft von Gottes Königreich (Jes. 52:7). Folgendes geschah: Zwei Jamaikaner, die nach Costa Rica ausgewandert waren und dort die Wahrheit kennengelernt hatten, fühlten sich gedrängt, diese wunderbare gute Botschaft nun auch in ihrem Heimatland zu verkündigen. So kam es, daß H. P. Clarke und Louis Facey die beiden ersten Zeugen waren, die die gute Botschaft vom Königreich auf Jamaika predigten.

Es wird berichtet, daß sie in das Bergdorf Camberwell fuhren, das zum Pfarrbezirk St. Mary gehört, und dort Patrick Davidson und seinem Bruder Zeugnis gaben. Beide nahmen die biblische Wahrheit an und beteiligten sich sofort am Predigtdienst. Die Reaktion auf die Botschaft war ermunternd, und zwei Jahre später, am 26. März 1899, besuchten 300 Personen einen Kongreß und die Feier zum Gedächtnis an den Tod Jesu Christi.

DIE GESELLSCHAFT SCHICKT EINEN BEAUFTRAGTEN

Die Interessierten wurden sehr bald zu Studiengruppen zusammengefaßt. Sechs Jahre nachdem die ersten Lichtstrahlen der Wahrheit dieses Land erreicht hatten, war so viel Interesse vorhanden, daß die Gesellschaft es für nötig befand, einen Beauftragten, und zwar J. A. Browne, nach Jamaika zu senden, um das Werk zu beaufsichtigen. Im Wacht-Turm vom 15. Dezember 1904 (englische Ausgabe) wurde auf der Seite 373 folgendes im Hinblick auf die in jenem Jahr verrichtete Arbeit gesagt: „Jamaika war im letzten Jahr [1903] das Zentrum fleißiger Tätigkeit. Fast alle Interessierten sind Schwarze, und Bruder Browne ... hat offensichtlich ausgezeichnete Arbeit geleistet; er konzentrierte sich nicht so sehr darauf, Neue für die Wahrheit zu interessieren, als vielmehr darauf, die Personen, die bereits interessiert waren, anzuleiten, zu stärken und ihr Verständnis zu vertiefen.“

Ja, ein erfreulicher Fortschritt war zu verzeichnen, denn die Jamaikaner haben die Bibel stets geschätzt. Schon in der Schule werden sie gelehrt, die Bibel als Gottes Wort zu respektieren. Auswendig gelernte Bibeltexte aufzusagen gehört zum Unterricht. Wenn also ein Verkündiger über das Königreich spricht, braucht er nicht erst zu beweisen, daß die Bibel Gottes Wort ist, denn das wird im allgemeinen von der Mehrheit der Bevölkerung anerkannt.

GEGNERSCHAFT VON SEITEN DER GEISTLICHKEIT BEGINNT

Im Jahre 1905 besuchten in Kingston 600 Personen (eine Höchstzahl) einen dreitägigen Kongreß. Damals waren 24 Kolporteure (die wir heute Pioniere nennen) damit beschäftigt, überall auf der Insel Literatur zu verbreiten. Die Gruppen wurden von acht Pilgerbrüdern (reisenden Vertretern der Watch Tower Society) durch biblische Vorträge und erbauende Gemeinschaft unterstützt. Diese Tätigkeit erregte bald die Aufmerksamkeit der Geistlichkeit, die nicht gerade freundlich auf die Predigttätigkeit der Bibelforscher reagierte.

Der letzte Programmpunkt am Schlußtag des Kongresses wurde in Form von Fragen und Antworten dargeboten. Wer würde erscheinen? Natürlich ein Vertreter der Geistlichkeit, der sich durch Hetzschriften und verletzende Reden gegen die Bibelforscher hervorgetan hatte. So sehr er auch versuchte, Unruhe zu stiften — der Spieß wurde umgedreht, und dieser Gegner wurde als falscher Hirte bloßgestellt. In der englischen Ausgabe des Wacht-Turms vom 1. November 1905 hieß es auf Seite 326: „Wir sind froh, daß seine Fragen dank göttlicher Vorsehung zur Erleuchtung unserer Besucher zugelassen wurden, denn viele von ihnen sind aufgrund dessen Freunde der Wahrheit geworden.“

DAS WORT TROTZ SCHWIERIGKEITEN VERBREITEN

Um die Botschaft in abgelegenen Gebieten zu verbreiten, war damals ziemlich viel Mut, Glaube und Entschlossenheit erforderlich. Es gab keine Autos, keine Verkehrsmöglichkeiten auf dem Land und keine gepflasterten Straßen. Bruder Browne berichtete in der englischen Ausgabe des Wacht-Turms vom 1. Januar 1907 auf Seite 7:

„Die Geschwister, die als Kolporteure tätig sind, sollten besonders erwähnt werden. Die Arbeit hier ist äußerst schwierig, manchmal sogar entmutigend, und wir sind sicher, daß nur die Liebe zur Wahrheit jemanden dazu veranlassen kann, sein Leben dieser Tätigkeit zu widmen.

Es gibt keine Beförderungsmittel und keine Möglichkeit, Bücher zu versenden. Die gesamte Tätigkeit in den Bergen wird von den Geschwistern zu Fuß bewältigt, wobei sie etwa 30 bis 100 km weit 15 bis 30 Bücher auf ihrer Schulter tragen. Es ist nicht einfach, über Berge und durch Täler zu wandern, da man manchmal vom Regen überrascht wird und des öfteren im Freien schlafen muß, weil keine Herberge zu finden ist. Häufig kommt es vor, daß die bestellte Literatur nicht abgenommen wird, was enttäuschend ist. Dann müssen sie — beladen mit den Büchern — wieder den weiten Rückweg antreten. Und dennoch betrachten es einige als ein gesegnetes Vorrecht, so beschäftigt zu sein. Ihre Wertschätzung bewirkt, daß sich andere ihren Reihen anschließen.“

Bruder Amos Wilkinson, der inzwischen verstorben ist, berichtete, daß eines Abends in einem Dorf nur in der Wohnung eines Geistlichen eine Unterkunft zu bekommen war. Als der Geistliche hörte, daß Bruder Wilkinson ein reisender Prediger war, erklärte er sich sofort bereit, Bruder Wilkinson bei sich übernachten zu lassen. Sobald er jedoch erfuhr, daß er ein Bibelforscher war, nahm er sein Angebot zurück und wies ihm die Tür.

Nachdem Bruder Wilkinson das Haus des Geistlichen verlassen hatte, kam er an der Kirche vorbei, faßte an die Türklinke und fand die Tür unverschlossen. Er ging hinein und schlief dort eine Nacht. Bevor er am Morgen wegging, legte er einige Traktate der Gesellschaft in die Bibel auf der Kanzel. Später, als er das Dorf wieder besuchte, erfuhr er, daß der gleiche Geistliche anhand der Traktate eine Predigt gehalten und die Traktate danach an die Gemeinde verteilt hatte.

Trotz der bestehenden Probleme wurden allein im Jahre 1906 über 1 200 000 Druckschriften einschließlich der Traktate verbreitet. Im gleichen Jahr eröffnete die Gesellschaft in Kingston ein Zweigbüro. Das Königreichspredigtwerk dehnte sich in den folgenden neun Jahren so sehr aus, daß dem jamaikanischen Zweig die Verantwortung für das Werk in Costa Rica übertragen wurde — dem gleichen Land, aus dem die beiden ersten jamaikanischen Zeugen die Wahrheit mitgebracht hatten.

JAMAIKA WIRD VON EINEM SCHWEREN ERDBEBEN BETROFFEN

Am 14. Januar 1907 wurde Kingston durch ein schweres Erdbeben fast völlig zerstört. Bruder Browne schrieb folgendes an die Gesellschaft: „Wir sind froh, berichten zu können, daß — soweit wir gehört haben — niemand vom Volk des Herrn zu Schaden gekommen ist mit Ausnahme eines Interessierten, der ein regelmäßiger Besucher der Zusammenkünfte war. Er kam dabei um. ... Aber was mich immer noch erstaunt, ist die Tatsache, daß von den religiösen Anbetungsstätten der Stadt unser Versammlungssaal der einzige ist, der noch steht und benutzt werden kann. Das Haus besteht — wie die anderen — ganz aus Backsteinen, nur die beiden oberen Räume, die wir benutzen, sind ein Rahmenbau, der auf das untere Gebäude aufgesetzt ist, wodurch der Saal bei Erdbeben noch gefährdeter ist. Unser Glaube wurde durch das Erlebnis sehr gestärkt.“ (Siehe englische Ausgabe des Wacht-Turms vom 15. Februar 1907, Seite 53.)

DAS ZEUGNISWERK AUSDEHNEN

Im Jahre 1908 wurde zum ersten Mal außerhalb von Kingston ein Kongreß abgehalten, und zwar in dem Küstenstädtchen Annotto Bay, etwa 8 km von Camberwell entfernt, wo das Königreichspredigtwerk auf Jamaika seinen Anfang genommen hatte. Auf diesem Kongreß war eine Höchstzahl von 350 Personen anwesend.

Die nächsten vier Jahre zeichneten sich durch intensive Bemühungen aus, das Wort durch Druckschriften und öffentliche Vorträge zu verbreiten. Die Geistlichkeit übte verstärkt Druck aus, um die Menschen davon abzuhalten, die Literatur der Gesellschaft zu lesen. Das führte dazu, daß Bestellungen rückgängig gemacht und Beträge, die bereits für die Literatur bezahlt worden waren, zurückerbeten wurden. Die Brüder ließen sich jedoch nicht entmutigen. Sie drangen sogar in ausländische Gebiete vor. Zwei Pilgerbrüder wurden nach Costa Rica und Barbados gesandt, um dort Versammlungen zu organisieren. Damals hatte das Zweigbüro auf Jamaika auch die Aufsicht über das Werk in Panama.

DER BESUCH VON BRUDER RUSSELL

Im Februar des Jahres 1913 machte Charles Taze Russell, der erste Präsident der Watch Tower Bible and Tract Society, einen dreitägigen Besuch auf Jamaika. Zur gleichen Zeit hatte man auch Vorbereitungen für einen Kongreß getroffen. Am ersten Tag kamen etwa 600 Brüder und Schwestern sowie interessierte Personen von der ganzen Insel herbeigeströmt, um Bruder Russell zu hören. Die englische Ausgabe des Wacht-Turms (15. März 1913, Seite 94) berichtete darüber wie folgt: „Einige der lieben Freunde gaben fast alles her, was sie besaßen, um den Kongreß besuchen zu können. Wir stellten fest, daß es sich um eine sehr beachtenswerte Gruppe handelte, die tiefes Interesse am Herrn und an der Wahrheit bekundete.“

Typisch für den Eifer und die Entschlossenheit der Bibelforscher war das Beispiel von Schwester Eveline Prendergast, die von Camberwell aus etwa 57 km über staubige Straßen marschieren mußte, um den Kongreß zu besuchen. Der Eifer kam auch durch das lebhafte Singen der jamaikanischen Brüder zum Ausdruck. Der Präsident der Gesellschaft sagte: „Sie haben großartig gesungen.“

Der öffentliche Vortrag des Kongresses zog eine so große Menschenmenge an, daß zwei Vortragssäle benötigt wurden — einer für die Öffentlichkeit und ein weiterer für die Bibelforscher. In den Saal für die Öffentlichkeit drängten sich 1 800 Personen. Über 2 000 fanden keinen Einlaß! Unter den Zuhörern befand sich auch eine Reihe von Geistlichen, von denen sich einige über die Menschen äußerten, die begierig waren, die Botschaft zu hören. Ein Vertreter der Episkopalkirche bemerkte, das Geheimnis des Interesses liege darin, daß die Botschaft ein „Evangelium der Hoffnung“ sei.

Auch die Presse äußerte sich sehr günstig über den Kongreß. So hieß es in der englischen Ausgabe des Wacht-Turms vom 15. März 1913, Seite 94, 95: „Die Zeitungen erwähnten die Kongreßbesucher, indem sie unter anderem ihre Sauberkeit und Ordnung lobten; außerdem bemerkten sie, daß weder geraucht noch Alkohol genossen wurde und daß man die Polizei nicht benötigte. ... Weiterhin fiel ihnen auf, daß auf dem Kongreß weder über Geld noch über Sammlungen gesprochen wurde.“ Dieser im Jahre 1913 abgehaltene Kongreß blieb bei denen, die das Vorrecht hatten, ihn zu besuchen, noch lange in Erinnerung.

PRÜFUNGEN UND ERPROBUNGEN IM ERSTEN WELTKRIEG

Wie überall blickten auch unsere Brüder auf Jamaika mit Spannung dem Jahr 1914 und dem Ende der „Heidenzeiten“ entgegen. Auch sie waren enttäuscht, als ihre Erwartung, ein frühes Ende des satanischen Systems zu erleben, nicht in Erfüllung ging. Nachdem Bruder Russell im Oktober 1916 gestorben war, wurden die Brüder im Glauben geprüft. Nicht wenige kehrten der Organisation den Rücken und begannen, Druck auf die Loyalen auszuüben. Der Druck nahm noch zu, als Paul S. L. Johnson aus den Vereinigten Staaten die Insel besuchte. Er hatte sich von der Wahrheit losgesagt und war gekommen, um die Untreuen zu unterstützen. Diejenigen, die glaubten, Jehova gebrauche weiterhin das Instrument, das er bis dahin benutzt hatte — die Watch Tower Society —, blieben standhaft und sorgten dafür, daß das Licht der Wahrheit auch in diesen schwierigen Zeiten weiter erstrahlte.

Das Sichtungswerk in jenen Jahren führte dazu, daß viele ihre Verbindung zur Organisation lösten. Schließlich spalteten sie sich in kleine Gruppen auf, und heute hört man nichts mehr von ihnen. Man kann sie mit einem Zweig vergleichen, der vom Baum abgebrochen wird. Eine Weile sieht der Zweig noch grün aus, aber schließlich welkt er und stirbt ab.

Während des Ersten Weltkriegs verspürten die Bibelforscher keinen Druck von außen. Jamaika war damals eine britische Kolonie, und obwohl Großbritannien Krieg führte, gab es keine Wehrpflicht oder Einberufung. Somit bestanden im Hinblick auf die Frage der Neutralität keine Probleme. Es war der Druck von innen, der für die Brüder eine schwere Prüfung bedeutete und das Evangelisierungswerk verlangsamte. Aber das Photo-Drama der Schöpfung (bestehend aus biblischen Lichtbildern und Filmen in Farbe, mit Musikplatten und Phonographsprechplatten synchronisiert) war eine große Hilfe, das Interesse an der Königreichsbotschaft in dieser Zeit wachzuhalten, denn es wurde oft vor einer großen Zuhörerschaft gezeigt.

DIE „MILLIONEN“-BROSCHÜRE WIRD ÜBERALL VERBREITET

Im Jahre 1920 fand die Broschüre Millionen jetzt lebender Menschen werden nie sterben eine weite Verbreitung. Der Titel wurde zu einem geflügelten Wort, an das sich viele Jamaikaner noch erinnern. Die Anzahl derer, die in jenem Jahr das Gedächtnismahl auf der Insel besuchten, belief sich nur auf 44 Personen, was auf den Abfall von der Wahrheit zurückzuführen war, der während der Zeit des Sichtens nach dem Ende der Heidenzeiten stattgefunden hatte. Diejenigen jedoch, die sich als standhaft erwiesen hatten, ließen sich nicht entmutigen und waren weiterhin reichlich beschäftigt im Werk des Herrn. Im Jahre 1921 stieg die Zahl der Gedächtnismahl-Anwesenden auf 132 (1. Kor. 15:58).

GLAUBENSSTÄRKENDER BESUCH EINES PILGERBRUDERS

Der Besuch des Pilgerbruders George Young half sehr, den Glauben der loyalen Brüder zu stärken. Seine Anwesenheit in der wunderschönen nördlichen Küstenstadt Port Antonio trug zu einem großartigen Zeugnis bei. Ein prominenter Katholik und Mitglied der gesetzgebenden Versammlung sagte nach dem Vortrag von Bruder Young: „Es ist mir egal, wer mir zuhört. Ich habe heute abend Dinge gehört, von denen ich nicht wußte, daß sie in der Bibel stehen. Ich schätze die Botschaft.“

Als Bruder Young den Erholungsort Mandeville im Inneren der Insel, wo ein kühleres Klima herrscht, aufsuchte, hörten 365 Personen seinen Vortrag. Unter ihnen war ein weiteres Mitglied der gesetzgebenden Versammlung. Dieser Mann, der Bruder Young willkommen hieß, sagte zu den Zuhörern: „Sie werden überrascht sein, mich hier auf der Bühne zu sehen. Die meisten glauben, ich sei nicht an biblischen Dingen interessiert. Das ist ein Irrtum. Es ist die Lehre von der ewigen Qual, gemäß der man verbrannt und geröstet wird, die mich aus den Kirchen vertrieben hat!“ Besuche und Zusammenkünfte in dieser Stadt und in anderen Städten legten die Grundlage für eine Zunahme in späteren Jahren.

KEINE GEGNERSCHAFT VON SEITEN DER REGIERUNG

Seitdem die Wahrheit in diesem Land gepredigt wurde — etwa seit dem Ende des 19. Jahrhunderts —, hatte die Regierung das Predigtwerk niemals behindert. Als jedoch die Resolution, betitelt Offene Anklage gegen die Geistlichkeit, auf dem Kongreß in Columbus (Ohio, USA), der vom 20. bis 28. Juli 1924 stattfand, angenommen wurde und in Jamaika eine weite Verbreitung fand, versuchte die Geistlichkeit, wie berichtet wird, auf heimtückische Weise die Regierung zu beeinflussen, „das Werk der Bibelforscher zu unterbinden“. Die kleine Gruppe von Zeugen dachte nicht daran, sich wegjagen zu lassen oder mit dem Predigen aufzuhören, sondern setzte die Königreichspredigttätigkeit fort. Die Brüder legten weite Strecken zu Fuß zurück und benutzten bei ihren Reisen auch Esel, Maultiere und Fahrräder, um die Botschaft zu Menschen in entlegenen Gebieten zu bringen. Ein Bruder berichtete, daß er morgens um 6 Uhr das Haus verließ und mit dem Fahrrad in entlegene Orte fuhr. Zwölf Stunden später kehrte er, nachdem er die mitgenommene Literatur in einem großen Gebiet verbreitet hatte, wieder nach Hause zurück.

GRUPPENWEISES ZEUGNISGEBEN MIT DEM AUTOBUS

Gegen Ende der 20er Jahre erwarb die Versammlung in Kingston einen Autobus, wodurch es einer Gruppe möglich war, an Sonntagen abgelegene Gebiete zu bearbeiten. Auf diese Weise wurde in Gebieten — ob fern oder nah — eine gewaltige Menge von Königreichssamen ausgesät. Im Jahre 1929 wurden zum Beispiel von der kleinen Schar treuer Zeugen auf der ganzen Insel 23 447 Bücher und Broschüren verbreitet. Einige Brüder und Schwestern, die damals diese Reisen mitmachten, sind noch am Leben und auch noch tätig. Sie können sich lebhaft an diese Predigtdienstreisen erinnern.

Bruder Charles Crawford denkt gern an diese Zeit zurück und berichtet, daß die Brüder und Schwestern am Sonntag schon um 3 Uhr morgens aufstehen mußten. Der Bus fuhr um 4 Uhr ab und legte bis zu 130 km zurück. Die Verkündiger stiegen jeweils in Ortschaften aus, die an der Strecke lagen. Da einige Verkündiger ihre Zuteilung vor Sonnenaufgang erreichten, mußten sie einige Stunden warten, bis die Leute aufgewacht waren. „Wir erlebten gemeinsam viele frohe Stunden“, bemerkte Bruder Crawford. „Manchmal verbreiteten wir die ganze Literatur, die wir bei uns hatten. ... Der Bus war für die Menschen in diesen abgelegenen Städtchen ein so vertrauter Anblick geworden, daß einige ihn ‚Einheit‘ nannten.“ Vielleicht geschah dies, weil die Insassen dieses Busses sich durch vereinte Bemühungen und durch einen einheitlichen Geist auszeichneten. Bruder Crawford brachte seinen aufrichtigen Dank dafür zum Ausdruck, daß er es noch erleben konnte, wie in den Orten, die er damals mit dem Bus besuchte, um Königreichssamen auszusäen, blühende Versammlungen entstanden. Inzwischen ist er 82 Jahre alt geworden und dient als Pionier in einem kleinen Ort auf dem Land.

ZEUGNISGEBEN MIT HILFE VON GRAMMOPHON UND LAUTSPRECHERWAGEN

Mit der Einführung des tragbaren Grammophons, des Plattenspielers mit elektrischem Verstärker und des Lautsprecherwagens trat das Werk 1933 in eine neue Phase ein. Diese Apparate waren für dieses Land wie geschaffen. Die Leute strömen schnell zusammen, wenn Musik ertönt; und so war der Klang des Grammophons das Zeichen dafür, sich beim Nachbarn zu versammeln, um der Königreichsbotschaft zu lauschen. Der Plattenspieler mit elektrischem Verstärker hingegen war weithin hörbar und bewirkte, daß die Menschen aus dem Hinterland auf die Hauptstraßen kamen, um zuzuhören.

Es waren drei Lautsprecherwagen mit den dazugehörigen Plattenspielern im Einsatz. Ein Lautsprecherwagen wurde von Schwester Amy Foote bedient, die in Spanish Town wohnte — der ersten Hauptstadt Jamaikas unter der Herrschaft Spaniens. Schwester Foote berichtete kurz vor ihrem Tod, daß sie bei dem damaligen Präsidenten der Watch Tower Bible and Tract Society, J. F. Rutherford, angefragt hatte, ob es einer Frau erlaubt sei, einen Lautsprecherwagen zu bedienen. Die Antwort war ein Ja, und so setzte sie sich ans Steuer des alten Ford und fuhr begeistert durch Städte und Dörfer, wo sie die gute Botschaft öffentlich verkündigte. Schwester Foote verrichtete Arbeit, die eigentlich Männersache war, und lockerte den Boden für künftiges Säen und Ernten.

Ein weiterer Lautsprecherwagen wurde von Robert Logan, einem eifrigen Bruder, der auch Arzt war, bedient. Tausende von Personen in Kingston und in anderen Städten erinnern sich noch an seine Predigttätigkeit und an den Lautsprecherwagen. Sein Eifer ging so weit, daß jeder Patient vor der ärztlichen Untersuchung zunächst einmal ein gründliches Zeugnis erhielt. Selbst Brüder wurden vor ihrer Untersuchung an Dinge in Verbindung mit ihrem Glauben erinnert.

Der dritte Lautsprecherwagen wurde von Bruder P. H. Davidson, dem Zweigaufseher, bedient. Der durchdringende Ton des Lautsprechers beschwor den Zorn der Geistlichkeit herauf, so daß im Jahre 1936 die Regierung auf ihr Drängen hin die Benutzung der Lautsprecherwagen auf öffentlichen Plätzen untersagte. Das Verbot wurde jedoch im Jahre 1938 aufgehoben, und die Botschaft vom Königreich erklang erneut von den Hügeln, und ihr Schall pflanzte sich fort in die Täler bis zu den Wohnungen der Menschen.

DIE KENNZEICHNUNG DER „GROSSEN VOLKSMENGE“ REGT DEN EIFER AN

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Volkes Jehovas wurde 1935 errichtet, als auf dem Kongreß in Washington (D. C.) die „große Volksmenge“ aus Offenbarung 7 eindeutig als eine irdische Klasse erkannt wurde, die vor Harmagedon eingesammelt werden sollte. Dieses neue Verständnis diente als ein Ansporn zu größerer Tätigkeit, und die Berichte ließen eine ständig steigende Zahl von Lobpreisern Jehovas in Jamaika erkennen. Die Zahl stieg von 100 im Jahre 1914 auf 390 im Jahre 1938, und 1939 belief sich die Zahl derer, die andere einluden, Lobpreiser Jehovas zu werden, auf 543.

Ja, das Werk wurde immer besser organisiert, und die Heimbibelstudientätigkeit begann sich zu entwickeln. Das Einsammeln der „großen Volksmenge“ hatte begonnen, und diese Klasse sollte einen großen Anteil am Königreichspredigtwerk haben. Tatsächlich erwies sie sich als genauso eifrig und furchtlos wie der gesalbte Überrest.

ERMUNTERUNG DURCH DEN BESUCH VON THOMAS BANKS

Im Jahre 1936 besuchte Thomas E. Banks, ein Pilgerbruder aus den Vereinigten Staaten, Jamaika. Bruder Davidson nahm in seinem Brief vom 4. Mai 1936 an Bruder Rutherford auf diesen Besuch Bezug und schrieb: „Ich möchte mich persönlich bei Dir bedanken, daß Du als Präsident veranlaßt hast, Bruder Banks nach Jamaika zu senden. Sein Besuch hat ein Stück Brooklyn nach Jamaika gebracht und einen langgehegten Wunsch erfüllt, nämlich die Dinge hier genauso durchzuführen wie in Brooklyn. So hat sich aufgrund des Beispiels und der Vorschläge von Bruder Banks vieles in Verbindung mit unserem Bethelheim, unseren Studien, dem Dienstwerk, dem Besuch der Bibelklassen, den Kongressen und der öffentlichen Predigttätigkeit verbessert.“

Anläßlich des Besuchs von Bruder Banks fand in Kingston ein Kongreß statt, bei dem 2 000 Personen, eine Höchstzahl, anwesend waren.

DER PAPST ERHÄLT EINEN BRIEF

Typisch für den damaligen Eifer war das, was Bruder Ronald Feurtado tat. Er stammte aus einer strengkatholischen Familie und war selbst ein eifriger Katholik gewesen. Als er die Wahrheit kennengelernt hatte, fühlte er sich verpflichtet, dem Papst Zeugnis zu geben und die falschen Lehren der katholischen Hierarchie bloßzustellen. Das tat er schriftlich. Der Vatikan sandte den Brief zurück, und zwar an den höchsten Vertreter der katholischen Kirche der Insel. Dieser geistliche Würdenträger unterrichtete den Gouverneur von Jamaika über die Angelegenheit, da Bruder Feurtado ein Staatsbeamter war. Der Gouverneur lud Bruder Feurtado vor und forderte ihn auf, sich schriftlich beim Papst zu entschuldigen. Das lehnte er höflich ab, denn er war davon überzeugt, daß das, was er geschrieben hatte, der Wahrheit entsprach. Bruder Feurtados Strafe bestand darin, daß er nicht befördert wurde. Aber er blieb bis zu seinem Tode treu und war glücklich, daß er dem Papst und dem Gouverneur Zeugnis gegeben hatte.

EIN NEUER ZWEIGAUFSEHER

Im Jahre 1939 übertrug die Gesellschaft dann Thomas E. Banks die Aufsicht im Zweigbüro auf Jamaika. Bruder Banks sagte: „Damals gab es nicht soviel Arbeit im Zweigbüro der Gesellschaft wie heute. So bestand meine Arbeit hauptsächlich darin, die ganze Insel mit dem Lautsprecherwagen zu bereisen und biblische Vorträge abspielen zu lassen, und an den Abenden hielt ich biblische Ansprachen.“

Bruder Banks tat sehr viel, um die Brüder zu ermuntern und die Königreichsinteressen auf Jamaika zu fördern. Bis zum Jahre 1946, als er 75 Jahre alt war, setzte er seinen Dienst als Zweigaufseher fort. Wegen schlechter Gesundheit und nachlassender Kraft wurde es dann nötig, jemandem, der jünger und kräftiger war, die Verantwortung zu übertragen. Bruder Banks berichtete: „Mir wurde freigestellt, in die Vereinigten Staaten zu meinen Kindern zurückzukehren oder im Hauptbüro der Gesellschaft auf Jamaika zu bleiben, wo ich irgendeine Arbeit verrichten könne, die mir meine Gesundheit erlauben würde. Da Jamaika meine Zuteilung war, entschied ich mich zu bleiben.“

Als Bruder Banks das Alter von 93 Jahren erreicht hatte, bemerkte er: „Ich nutze jede Gelegenheit, um über Jehovas Vorsatz und die Wahrheiten seines Wortes mit meinen Besuchern zu sprechen, und schreibe auch viele Zeugnisbriefe. Ich bin sehr glücklich, noch in Jehovas Vollzeitdienst zu stehen und meine Tage hier auf der Erde in meiner Auslandszuteilung zu vollenden. Meine ganze Zeit im Dienst Jehovas zu verbringen ist die Freude meines Lebens gewesen, und ich sehne mich danach, diesen Dienst für immer in Gemeinschaft mit Jesus Christus und seinen ‚Heiligen im Licht‘ fortzusetzen“ (Kol. 1:12). Er blieb treu in seiner Zuteilung, bis er im Jahre 1967 mit 96 Jahren seinen irdischen Lauf beendete.

DER ZONENDIENST WIRD ORGANISIERT

Im Jahre 1939 organisierte man den Zonendienst. Die Insel wurde in vier Zonen aufgeteilt. Die zu Zonendienern ernannten Brüder erhielten die Anweisung, eine Woche mit jeder Versammlung zu verbringen, um sie zu stärken und in ihrer Predigttätigkeit zu unterstützen. Bruder Charles Laurent bekam die östliche Zone zugeteilt, Bruder Conrad Anderson die westliche, Bruder Headley Graham die nördliche und Bruder Edgar Carter die südliche.

Bruder Carter erinnerte sich gern an die Tage, als er ein eifriger junger Pionier war, der schier unerschöpfliche Kräfte hatte. Er leistete gute Arbeit beim Organisieren von Versammlungen in den Gemeinden von Clarendon, Saint Catherine und Manchester. Sein Beförderungsmittel im Zonendienst war ein Fahrrad, zu dem ein kleiner Anhänger für seine Habseligkeiten gehörte. Entfernungen und Berge waren für ihn kein Hindernis. Später, als es den Zonendienst nicht mehr gab, bereiste er mit seinem Fahrrad die ganze Insel und diente den Versammlungen als Diener für die Brüder (Kreisaufseher). Im Jahre 1945 wurde ihm als erstem Jamaikaner die Schulung in der Wachtturm-Bibelschule Gilead zuteil. Nach Abschluß der Gileadschule im Januar 1946 setzte er seinen Dienst in Verbindung mit den Versammlungen auf Jamaika fort, wurde aber bald sehr krank und mußte den Vollzeitdienst aufgeben. Trotz seiner Behinderung blieb er im Dienst Jehovas aktiv, und zwar bis zu seinem Tod im August 1983.

SCHWIERIGKEITEN BEI AUSBRUCH DES ZWEITEN WELTKRIEGES

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 stiegen bei den Zeugen die Fragen auf: Wie wird sich der Krieg auf das Predigtwerk in Jamaika auswirken? Wird es diesmal zur allgemeinen Wehrpflicht kommen? Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten, da immer mehr Nationen in den totalen Krieg hineingezogen wurden.

Die Brüder hörten nicht auf, Zeugnis zu geben, sondern machten ohne Unterlaß das Königreich als die Hoffnung für die Menschheit bekannt. Es gab keine allgemeine Wehrpflicht. Jamaika war immer noch eine britische Kolonie, und zur Mobilmachung wurde nicht aufgerufen, so daß die christliche Neutralität der Brüder nicht geprüft wurde. Aber es gab andere Prüfungen für die Treuen. Kurz nach dem Ausbruch des Krieges wurden vom Gouverneur der Kolonie vier Wachtturm-Publikationen, die unter das Gesetz über unerwünschte Veröffentlichungen fielen, verboten. Es waren die Bücher Licht, Band I und II, Feinde und die Musterstudien-Broschüre Nr. 2.

Einige Brüder hielten es für eine gute Idee, die verbotenen Bücher sofort unter die Menschen zu bringen, die nun sehr neugierig auf ihren Inhalt geworden waren. Bruder Conrad Anderson packte zum Beispiel seine Bücher in einen Karton und schrieb darauf: „Für die Polizeistation in Montego Bay“. Jedem, der nach dem Grund für das Verbot der Bücher fragte, wurde ein Exemplar angeboten. Schließlich waren alle Bücher aus dem Karton verbreitet worden, so daß für die Polizei keins zum Beschlagnahmen übrigblieb.

EIN VOLLSTÄNDIGES VERBOT WIRD VERHÄNGT

Im Jahre 1941 wurde aus dem Teilverbot ein vollständiges Verbot. Keine einzige Veröffentlichung der Watch Tower Society oder International Bible Students Association (Wachtturm-Gesellschaft oder Internationale Bibelforscher-Vereinigung) durfte ins Land eingeführt werden. Das wurde in der offiziellen Regierungszeitung, Jamaica Gazette vom 19. Oktober 1941, bekanntgemacht. Die Organisation wurde jedoch nicht als gesetzwidrig erklärt, und so bestand weiterhin Versammlungsfreiheit.

Hörten die Brüder mit dem Predigen auf, weil es keine Literatur mehr gab, die sie den Leuten anbieten konnten? Keinesfalls! Nur mit der Bibel ausgerüstet, setzten sie ihre Predigttätigkeit von Haus zu Haus fort.

KEIN MANGEL AN GEISTIGER SPEISE

Mußten die Zeugen wegen des Verbots geistigen Hunger leiden? Alles andere als das! Auf wunderbare Weise gelangten Publikationen auf die Insel, unter anderem auch jede Ausgabe des Wachtturms. Die Zeitschriften wurden im Zweigbüro vervielfältigt und jeder Versammlung zugesandt, so daß kein Wachtturm-Studium ausfiel. Exemplare des Wachtturms, auf deren Titelblatt nur die Themen aufgeführt waren, gelangten ohne Schwierigkeiten mit der Post ans Ziel. Andere Publikationen, wie zum Beispiel der Kurs im theokratischen Dienstamt, wurden ebenfalls versandt, und die Theokratische Predigtdienstschule wurde in den Versammlungen eingeführt, während das Verbot noch bestand.

Auf welche Weise Literatur manchmal ins Land gelangte, zeigt die folgende Erfahrung: Zollbeamte beschlagnahmten Wachtturm-Veröffentlichungen, die Gastarbeiter bei sich hatten, als sie aus den Vereinigten Staaten auf die Insel zurückkehrten. Die Zollbeamten warfen die Literatur auf den Boden des Flughafengebäudes. Ein Bruder, der auf dem Flughafen arbeitete, nahm heimlich einiges davon an sich, und zwar nachdem die Zollbeamten weggegangen waren und bevor die beschlagnahmte Literatur wieder aufgesammelt und beseitigt wurde. Ja, Jehova benutzte viele Mittel und Wege, um sein Volk weiterhin geistig zu ernähren!

BEMÜHUNGEN, DIE AUFHEBUNG DES VERBOTS ZU ERWIRKEN

Die Bemühungen, die Aufhebung des Verbots zu erreichen, waren ohne Erfolg. Das Gesuch vom 23. Oktober 1941 wurde abgelehnt, ebenso die dem damaligen Gouverneur vorgetragene Bitte, eine Abordnung einheimischer Brüder zu empfangen, um die Angelegenheit zu besprechen. Trotzdem ließen die Brüder sich nicht entmutigen, sondern drängten mit dem Königreichspredigtwerk voran, so daß die Zahl der Verkündiger — 1939 waren es noch 543 — bei Kriegsende (1945) auf 884 angestiegen war. Es wurden auch Kongresse organisiert, wie zum Beispiel die Kongresse „Aufruf zur Tat“ im Jahre 1943. Mit den öffentlichen Vorträgen begann man hier zur gleichen Zeit wie in den Vereinigten Staaten, trotz der begrenzten Anzahl Redner, die öffentliche Vorträge halten konnten.

DAS VERBOT WIRD AUFGEHOBEN

Am 23. Juni 1945 machte das Zweigbüro die Regierung in einem Brief darauf aufmerksam, daß die Einschränkungen des Werkes der Zeugen Jehovas in England und in anderen Ländern des Commonwealth aufgehoben worden waren. Aber erst Anfang 1946 unterrichtete die Regierung schließlich das Zweigbüro davon, daß das jamaikanische Verbot der Literatur aufgehoben und die Einfuhr wieder erlaubt sei. Die Reaktion der Zeugen war begeisternd. Im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1947 hieß es: „Die wenigen von der Regierung beschlagnahmten Bücher wurden zur Verbreitung freigegeben und in kaum einem Monat unter das wahrheitshungrige Volk gebracht.“ Viele waren besonders an dem Buch Feinde interessiert, denn es war als das erste Buch der Gesellschaft bekannt geworden, das in Jamaika verboten worden war.

BEGINN DER AUSDEHNUNG NACH KRIEGSENDE

Im November 1945 kam William Johnson als der erste in Gilead geschulte Missionar nach Jamaika. Bruder Johnson schlug kleine Änderungen in der einzigen Versammlung von Kingston vor. Zum Beispiel standen die Brüder und Schwestern jedesmal auf, wenn sie in der Zusammenkunft einen Kommentar gaben, und in der Dienstversammlung diente der Versammlungsdiener stets als Vorsitzender und saß während der ganzen Zusammenkunft auf der Bühne. Bruder Johnson wies darauf hin, daß dies nicht notwendig sei, und die Brüder nahmen seine Vorschläge dankbar an.

Das Jahr 1946 könnte man, was das Königreichspredigtwerk auf Jamaika betrifft, als ein Jahr der Wende bezeichnen. In diesem Jahr wurden Pläne verwirklicht, die eine überaus rasche und anhaltende Zunahme unter den Königreichsverkündigern auf dieser Insel bewirkten. Die Voraussetzungen dafür wurden durch den Besuch von Bruder N. H. Knorr und Bruder F. W. Franz geschaffen.

Kurz vor dem Besuch von Bruder Knorr und Bruder Franz trafen zwei weitere Gileadmissionare ein — Lee Dillon und Aleck Bangle. Sie begannen sofort mit ihrer missionarischen Tätigkeit in der Hauptstadt Kingston, wo sie bei den Menschen eine positive Reaktion feststellten.

AUSDEHNUNG IN KINGSTON

Bruder Knorr kam kurz nach seiner Ankunft mit der Versammlung in Kingston zusammen, die damals über 100 Verkündiger zählte, und machte Vorschläge hinsichtlich der Ausdehnung des Werkes in Kingston. Er schlug vor, aus der einen Versammlung in Kingston drei zu machen und das zweite Geschoß des Zweigbüros, das als Königreichssaal diente, in ein Missionarheim umzuwandeln. Die Brüder stimmten freudig zu. Drei Versammlungen waren schnell organisiert, und man nannte sie nach ihrer Lage in der Stadt Ost, West und Zentral.

Während seines Besuches sprach sich Bruder Knorr für die sofortige Wiederbelebung des Königreichswerkes aus, und er setzte sich dafür ein, auf der Insel das Sonderpionierwerk einzuführen.

RASCHE ZUNAHME

In der Versammlung Kingston-Ost, in der der Missionar Aleck Bangle als Versammlungsdiener tätig war, erhöhte sich die Zahl der Verkündiger von 26 im April 1946 auf 67 im August desselben Jahres. Ähnliche Zunahmen waren auch in den anderen beiden Versammlungen zu verzeichnen. Die Folge war, daß die Zahl der Verkündiger in Kingston innerhalb von sechs Monaten auf 265 stieg, und auf der ganzen Insel berichteten zum ersten Mal 1 000 Verkündiger, von denen 35 als Pioniere tätig waren.

Es dauerte nicht lange, und alle drei Versammlungen kauften Grundstücke und bauten ihren eigenen Königreichssaal. Das Werk dehnte sich im Laufe der Jahre aus. Anfangs ziemlich schnell, etwas langsamer, aber beständiger in den 60er und 70er Jahren. Gegenwärtig gibt es in Kingston mit seinen Vororten 12 Königreichssäle, 22 Versammlungen und insgesamt 2 156 Verkündiger.

DIE ROLLE DER GILEADMISSIONARE

Die Rolle, die die Gileadmissionare bei der Ausdehnung des Königreichswerkes gespielt haben, kann nicht genug betont werden. Insgesamt waren in der Zeit von 1946 bis 1962 29 Missionare Jamaika zugeteilt worden. In dieser Zeit stieg die Zahl der Königreichsverkündiger von 899 auf 4 465. Und die Zahl der Versammlungen in Kingston, wo die meisten Missionare tätig waren, erhöhte sich in diesen 16 Jahren von 1 auf 14. Heute ist von der ursprünglichen Gruppe nur noch Aleck Bangle in seiner Missionarzuteilung, in der er schon 38 Jahre lang treuen Dienst verrichtet. Gegenwärtig dient er als Koordinator des Zweigkomitees auf Jamaika. Der Bedarf an Missionaren ist sehr zurückgegangen, weil das Land nun mit 153 allgemeinen Pionieren und Sonderpionieren gut betreut wird. Aber das Fundament wurde von den Missionaren gelegt, von denen einige in neue Zuteilungen gesandt wurden, wo ein größerer Bedarf bestand.

Den Missionaren war es möglich, in Gebiete vorzudringen, in denen die wohlhabendere Oberschicht wohnte und in denen die einheimischen Verkündiger selten ein hörendes Ohr fanden. Auf diese Weise erhielten die Menschen dieser früher unerreichbaren Bevölkerungsschicht ein gutes Zeugnis.

FRÜHERER BRITISCHER PREMIERMINISTER HÖRT DIE KÖNIGREICHSBOTSCHAFT

So manch prominenter Bürger hörte von der Königreichsbotschaft durch den inzwischen verstorbenen Theodore Nunes, einem Maßschneider, der viele von der Oberschicht zu seinen Kunden zählte. Er war sehr eifrig und erzählte allen Kunden während der Anproben von der Königreichsbotschaft. Auf diese Weise wurde viel Literatur verbreitet.

In der örtlichen Tageszeitung The Gleaner vom 5. Juni 1980 erschien ein kurzer Artikel über die eifrige Predigttätigkeit von Bruder Nunes. Es wurde berichtet, daß er einmal von dem Gouverneur Jamaikas, Sir Edward Denham, gerufen wurde, um dem ehemaligen Premierminister von England, David Lloyd George, der im Jahre 1920 die Insel besuchte, einen Anzug zu schneidern. Bruder Nunes ergriff die Gelegenheit und sagte ihm, daß Gottes Königreich die einzige Hoffnung für die bedrängte Menschheit sei. Lloyd George stimmte Bruder Nunes zu und meinte, „die Welt wird nie mehr in Ordnung gebracht werden“. Daraufhin wurde er gefragt, warum er der Bevölkerung von England dann nicht sage, daß Gottes Königreich die einzige Hoffnung für die Menschheit sei. Lloyd George erwiderte, daß die Leute „es nicht hören wollen“. Genau das ist es, was vorhergesagt wurde — die Menschen „werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden“ und es bevorzugen, ‘sich dagegen unwahren Geschichten zuzuwenden’ (2. Tim. 4:4).

DIE GEISTLICHKEIT REAGIERT AUF DIE ZUNEHMENDE TÄTIGKEIT

Wie erwartet, reagierte die Geistlichkeit auf das vermehrte Vordringen in ihre besten Weidegründe. Im Jahre 1952 suchte man unter einem Vorwand Widerstand zu leisten, und zwar als Pläne für die Errichtung eines Königreichssaals an die zuständige Stadtratsbehörde in Kingston eingereicht worden waren. Das Grundstück befand sich in der Nähe der 200 Jahre alten Pfarrkirche Saint Andrew — ein ehrwürdiges Gebäude der Kirche von England —, zu der viele von der Oberschicht des Landes gehörten.

Die Geistlichkeit behauptete, bei den Zusammenkünften der Zeugen Jehovas würde es so geräuschvoll zugehen, daß der Gottesdienst in der Kirche Saint Andrew gestört würde. Außerdem müßte in dem Gebiet mit Verkehrsstauungen gerechnet werden. Als die Angelegenheit vor die Baukommission des Stadtrates gebracht wurde, konnten diese „Gründe“ von dem Rechtsanwalt der Gesellschaft, Enos Finlason, der selbst ein Zeuge Jehovas war, erfolgreich widerlegt werden. Somit gab die Baukommission dem Antrag statt und wies die Einwände des Vertreters des Laienstandes der anglikanischen Kirche zurück. Die Angelegenheit wurde von der örtlichen Presse ausgiebig und anhaltend bekanntgemacht, und zwar von dem Zeitpunkt an, als die Beschwerde eingereicht worden war, bis dem Antrag stattgegeben wurde.

Die Geistlichkeit und der Kirchenvorstand wollten sich nicht geschlagen geben und versuchten, die Entscheidung umzustoßen. Sie legten beim Stadtrat Revision ein. Dies geschah, nachdem die Pläne wie üblich von den Bevollmächtigten unterschrieben und an die Antragsteller abgeschickt worden waren und nachdem man mit dem Bau begonnen hatte.

BAUPLÄNE WIDERRUFEN

Der Bürgermeister, der zur Baukommission gehörte und gegen den Antrag gestimmt hatte, ordnete an, mit dem Bauen aufzuhören und die Pläne zurückzuschicken. Es wurde behauptet, sie seien nicht richtig unterzeichnet worden — der Stadtbaumeister und der Stadtschreiber hätten nicht persönlich unterschrieben, wie das Gesetz es fordere. Das Ziel dieser Scheinmaßnahme bestand darin, eine weitere Anhörung vor der Baukommission zu erzwingen, wodurch die Geistlichkeit hoffte, die Entscheidung zu ihren Gunsten verändern zu können.

Der Vorsitzende der Kommission, Cleveland Walker — ein gerechter Mann —, entschied sich, vor einer erneuten Anhörung ein Rechtsgutachten einzuholen. Dies tat er. Gemäß diesem Rechtsgutachten waren die Pläne richtig unterzeichnet und sollten an die Antragsteller zurückgeschickt werden, und die Bautätigkeit sollte fortgesetzt werden. In dem Rechtsgutachten hieß es weiter, falls die fehlenden Unterschriften des Stadtschreibers und des Stadtbaumeisters das Gebäude gesetzwidrig machten, wären Hunderte von Gebäuden gesetzwidrig erbaut worden und müßten abgerissen werden, denn die Pläne für diese Gebäude seien auf ähnliche Weise unterzeichnet worden. Wiederum hatten die Kirche von England und der Rat der Kirchen auf Jamaika (der acht religiöse Gemeinschaften repräsentiert, die einen von den Führern ihrer Organisationen unterzeichneten Protestbrief geschrieben hatten) den Kampf gegen Jehovas Volk verloren.

Die religiösen Gegner setzten einen Pressefeldzug gegen die Zeugen in Gang, der von einem vielgelesenen Kolumnisten angeführt wurde. Als nächstes weigerte sich die Regierung — offensichtlich beeinflußt von den geistlichen Führern —, die abgelaufene Aufenthaltsgenehmigung von zwei Missionaren zu erneuern. Es handelte sich um Louis und Cora Woods, denen man nicht erlauben wollte, im Land zu bleiben. Die ortsansässigen Zeugen machten dies weithin bekannt. Viele Versammlungen reichten wegen dieser Maßnahme bei der Regierung Protestresolutionen ein. Schließlich gaben die Behörden nach und verlängerten die Aufenthaltsgenehmigung der Missionare.

LITERATUREINFUHR ERNEUT BESCHRÄNKT

Schon bevor die Aufenthaltsgenehmigung für das Ehepaar Woods verlängert wurde, waren die zuständigen Behörden angewiesen worden, der Watch Tower Society keine Devisen zur Bezahlung der nach Jamaika eingeführten Literatur zu genehmigen. So wurde eine Literaturlieferung im Einfuhrhafen zurückgehalten und schließlich verbrannt (ausgenommen die Bibeln), obwohl aus den Dokumenten klar ersichtlich war, daß das Hauptbüro in Brooklyn bereit war, die Ladung als Geschenk einzuführen. Nachdem schriftliche Protestnoten und eine Bittschrift eingereicht worden waren, die 145 000 Personen unterzeichnet hatten (ungefähr jeder 14. Jamaikaner), wurde eine Erlaubnis erteilt, Literatur aus England einzuführen, nicht aber aus den Vereinigten Staaten. Nur Bibeln durften aus den Staaten eingeführt werden. Erst als weitere Protestbriefe und Gesuche eingingen, und zwar von Einheimischen und von Engländern (denn das Land befand sich noch unter britischer Herrschaft), erlaubte die Regierung schließlich am 19. Juli 1954 die Einfuhr von Literatur aus den Vereinigten Staaten als Geschenk. Diese Regelung ist wegen Devisenmangel immer noch in Kraft.

BRUDER KNORR KOMMT WIEDER ZU BESUCH

Bevor versucht wurde, die Zeugen zum Schweigen zu bringen und ihre Predigttätigkeit zu behindern, wurden die Brüder durch den Besuch von Bruder Knorr und Bruder Henschel für diese Prüfungen gestärkt.

In den vier Jahren, die seit dem ersten Besuch von Bruder Knorr vergangen waren, war eine so große Zunahme zu verzeichnen, daß es an der Zeit war, für weitere Ausdehnung zu planen. Die Zahl der Verkündiger in Kingston war um 25 Prozent gestiegen. So wurde ein Baukomitee unter der Leitung von Bruder Robert Clarke eingesetzt, das sich um den Kauf von Land und um die Errichtung von zwei Königreichssälen kümmern sollte, die zur Gründung von zwei neuen Versammlungen benötigt wurden. Eine davon war die Versammlung Kingston-Nord. Es war der Bau dieses Königreichssaales, der — wie zuvor beschrieben — den Zorn der Geistlichkeit hervorgerufen hatte. Kein Wunder, daß in der Zeitung ein Bild des Saales erschien unter der Überschrift „Die Kirche, die Streit heraufbeschwor“.

VERHEERENDER WIRBELSTURM — EINE GELEGENHEIT, LIEBE ZU PRAKTIZIEREN

Im Sommer 1951 wurde Jamaika von einem schweren Wirbelsturm heimgesucht, der 168 Menschenleben forderte. Das Dach des Gebäudes, das als Zweigbüro und Missionarheim diente, wurde vollständig abgedeckt, aber alle Brüder blieben unverletzt. Tausende, darunter auch viele Brüder, wurden obdachlos oder verloren ihre Habe. Glaubensbrüder in den Vereinigten Staaten reagierten schnell und auf großzügige Weise. Kleidung wurde tonnenweise verschifft, um den Notleidenden beizustehen. So zeigte sich auf praktische Weise die Liebe, die Jehovas Volk als eine internationale Bruderschaft verbindet. Die Brüder wurden sehr ermuntert, tätig zu bleiben und die zu trösten, die Not litten, und ihnen zu erklären, wer für die Weltbedrängnis verantwortlich sei.

EIN NEUES ZWEIGBÜRO

Im Jahre 1954 machte Bruder M. G. Henschel einen Zonenbesuch und empfahl, das Gebäude des Zweigbüros auf seinen baulichen Zustand hin zu untersuchen. Nachdem dies geschehen war, erkannte man die Notwendigkeit, ein neues Zweigbüro zu bauen. Bruder Knorr machte im darauffolgenden Jahr einen Besuch und gab seine Zustimmung, ein Grundstück zu suchen und Pläne für ein neues Zweigbüro und ein Missionarheim zu erstellen. Schon bald fand man einen passenden Bauplatz in der Trafalgar Road 41 im Vorort Saint Andrew (Pfarrgemeinde). Daraufhin wurden die Baupläne angefertigt und der Baubehörde übergeben.

Mit dem Bau des Zweigbüros wurde 1957 begonnen. Die einheimischen Zeugen unterstützten das Projekt mit Darlehen und Spenden. Am 31. August 1958 wurde das Gebäude vor einer Zuhörerschaft von 1 276 Personen der Bestimmung übergeben.

ERSTER INTERNATIONALER KONGRESS

Im Jahre 1966 wurde Jamaika als Ort für einen der internationalen Kongresse ausgewählt, die in jenem Jahr stattfinden sollten. Es war das erste Mal, daß einheimische Zeugen aufgefordert wurden, Gastgeber bei einer internationalen Zusammenkunft zu sein. Mit Begeisterung gingen sie daran, Unterkünfte zu suchen und Rundreisen zu organisieren. Sie übernahmen auch alle anderen Verantwortlichkeiten, die in Verbindung mit einem großen Kongreß zu erfüllen sind. Sie freuten sich darüber, Besuchern aus 18 Ländern, unter denen auch 246 von den Britischen Inseln und 218 aus den Vereinigten Staaten waren, Gastfreundschaft zu erweisen. Beim öffentlichen Vortrag waren 9 458 Personen anwesend — eine Zuhörerschaft, die es bis zu jenem Zeitpunkt auf keinem Kongreß der Zeugen Jehovas auf Jamaika gegeben hatte.

Das Wachstum hielt auch in den 70er Jahren an. Beim Gedächtnismahl 1970 waren 13 359 Personen anwesend — eine noch nie dagewesene Höchstzahl. In diesem Jahrzehnt ging die Predigttätigkeit unaufhörlich weiter. Es war möglich, die gute Botschaft in Freiheit zu predigen und sich auch in Freiheit zu versammeln. Natürlich gab es immer noch Probleme zu überwinden. Sie erinnerten uns daran, daß wir auf Jamaika noch immer Feinde der Königreichswahrheit hatten.

ERNEUT OPPOSITION GEGEN DEN BAU EINES KÖNIGREICHSSAALES

Im Jahre 1978 zum Beispiel wurden der zuständigen Baubehörde in Kingston Pläne überreicht, damit im Nordwesten der Stadt ein Königreichssaal gebaut werden konnte. Die Stadtplaner baten um Änderung der Pläne, weil sie sich ein stattlicheres Gebäude wünschten, eines, wie sie sich ausdrückten, „das die Gegend aufwerten würde“. Obwohl dies bedeutete, ein wesentlich teureres Gebäude zu errichten, wurde der Bitte entsprochen, und ein Entwurf, dem alle Dienststellen zustimmen konnten, wurde von den Stadtplanern und der Baukommission des Stadtrates gebilligt.

Aber ähnlich wie beim Bau des Königreichssaales im Jahre 1952/53, bei dem es Schwierigkeiten gegeben hatte, entstanden auch jetzt wieder Unstimmigkeiten, denn der Bauplatz befand sich in der Nähe einer anglikanischen Kirche, und der Geistliche war sehr dagegen, daß unweit seiner Kirche ein Königreichssaal gebaut werden sollte.

Man hatte mit dem Bau bereits begonnen, als der Geistliche herausfand, daß ein Königreichssaal gebaut wurde. Er nahm Verbindung zu seinen politischen Freunden im Stadtrat auf, die sich daraufhin erkundigten, ob alle Bauvorschriften eingehalten worden seien. Eine Vorschrift war, ein Bauschild (zur Kennzeichnung genehmigungspflichtiger Bauvorhaben) gut sichtbar auf der Baustelle anzubringen. Personen, die gegen den Bau waren, konnten innerhalb einer bestimmten Zeitspanne schriftlich Protest einreichen. Da der Geistliche das Schild nicht gesehen hatte, dachte er, diese Regel sei umgangen worden. Zu seinem Ärger teilte der Stadtschreiber den Herren des Stadtrates auf ihre Anfrage hin mit, daß alle Bedingungen von den Antragstellern erfüllt worden seien.

FALSCHANKLAGE DES GEISTLICHEN

Als nächstes ließ dieser Gegner ein Flugblatt verbreiten, in dem behauptet wurde, der Königreichssaal werde mit Mitteln des CIA (amerikanischer Geheimdienst) gebaut. Er erhob diese unbegründete Anschuldigung, weil der CIA zu der Zeit von einigen Politikern und auch von diesem Geistlichen beschuldigt wurde, die damals bestehende Regierung Jamaikas zu untergraben.

Natürlich entbehrte die Beschuldigung hinsichtlich der Herkunft der Mittel für den Saal jeder Grundlage. Ein Berichterstatter der örtlichen Tageszeitung machte sofort darauf aufmerksam und widerlegte die Behauptung des Geistlichen. Er schrieb: „Jehovas Zeugen ... glauben an eine künftige von Jesus Christus gereinigte Erde, in der Gerechtigkeit wohnen wird ..., frei von jeder Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. ... Jehovas Zeugen glauben jedoch an eine biblische Lösung, sie grüßen weder die amerikanische Fahne noch irgendeine andere. Sie singen auch keine Nationalhymnen, weder die amerikanische noch eine andere. Sie können wohl schwerlich eine Kirche des CIA sein.“

Vor die vollendete Tatsache gestellt und unfähig, den Bau zu verhindern, schrieb der Geistliche an den Stadtrat und schlug vor, künftig alle Anträge, die kirchliche Gebäude betreffen, dem zuständigen Jamaikanischen Rat der Kirchen zur Befürwortung vorzulegen, bevor die Baukommission die Genehmigung erteile. Der Stadtrat hat diesen Vorschlag klugerweise bis heute ignoriert.

KÖNIGREICHSSAAL FERTIGGESTELLT UND EINGEWEIHT

Der Königreichssaal wurde rechtzeitig fertiggestellt, denn viele Brüder und Schwestern hatten beim Bauen bereitwillig Zeit und Fähigkeiten eingesetzt, besonders an Wochenenden und in den Ferien. Während der Bauzeit stiegen die Materialkosten derart, daß sich die Projektkosten verdoppelten. Um zu helfen, die Mehrkosten zu bestreiten, backten viele Schwestern Kokosnußkuchen und Torten, verkauften sie und spendeten das dafür eingenommene Geld. Andere sammelten Brause- und Sprudelflaschen und spendeten das Pfandgeld für das Projekt. So wurde der Saal vollendet und am 15. Oktober 1980 der Bestimmung übergeben. Den Vortrag für die Bestimmungsübergabe hielt Bruder U. V. Glass aus dem Bethel Brooklyn vor einer Zuhörerschaft von 1 830 Personen. Drei Versammlungen benutzen diesen Saal, und er dient auch als Kongreßsaal für Kreiskongresse. Wieder hatte Jehova seinem Volk geholfen, über den Gegner zu triumphieren.

FLUTKATASTROPHE

Die Liebe, die Gottes Volk als eine weltweite Bruderschaft verbindet, trat im Juni 1979 deutlich zutage, als der Westen der Insel von einer Flutkatastrophe überrascht wurde. Das Wasser schwemmte Häuser und Brücken weg, Vieh auf den Feldern ertrank, und Ernten wurden vernichtet. Dreißig Personen verloren ihr Leben, als Ströme von Wasser sie in der Nacht überraschten.

Bruder Louis Rochester, ein Ältester und Stadtaufseher, der von diesem Gebiet etwa 112 km entfernt wohnte, handelte sofort, nachdem er von dem Unglück gehört hatte. Er lieh sich etwas Geld, kaufte Nahrungsmittel ein, lud sie auf einen kleinen Lastwagen und begab sich damit in das Notstandsgebiet, um den betroffenen Brüdern Hilfe zu leisten. Da viele Straßen unpassierbar waren, mußte er einen Umweg machen und etwa 320 km zurücklegen. Aber Bruder Rochester schaffte es. Die Brüder waren für diesen Beweis der Liebe sehr dankbar.

Bei seiner Rückkehr fand Bruder Rochester 40 Kartons gespendete Kleidung vor, die das Zweigbüro geschickt hatte. So begab er sich das zweite Mal auf die Reise — dieses Mal begleitet von seiner Frau — und übergab den dankbaren Brüdern die benötigte Kleidung. Eine Gruppe von Brüdern war durch einen See, der durch die Überschwemmung entstanden war, abgeschnitten, und so mußte die Kleidung mit dem Boot hinübergeschafft werden.

GEFÄHRLICHE REISE EINES KREISAUFSEHERS

Der Kreisaufseher Edgar Patterson diente einer Versammlung, die viele Kilometer von der Stadt Savanna-la-Mar, die im Überschwemmungsgebiet lag, entfernt war. Nachdem er von der Katastrophe gehört hatte, lud er von freigebigen Brüdern gespendete Nahrungsmittel in sein Auto und begab sich zusammen mit seiner Frau auf den Weg nach Savanna-la-Mar. Er kam bis zur Küstenstadt Whitehouse, etwa 32 km weit, aber wegen der überfluteten Straßen konnte er nicht weiterfahren. Daher mietete er ein kleines Ruderboot und legte den Rest der Strecke auf dem Meer zurück. Es war eine unruhige Fahrt bei hohem Wellengang. Aus Furcht, das Boot könne jeden Moment kentern, sang Schwester Patterson Königreichslieder und betete im stillen um eine sichere Reise. Der Besitzer des Bootes erwies sich als guter Ruderer, und schließlich kamen sie sicher in Savanna-la-Mar an. Sofort verteilten sie die Nahrungsmittel unter den Brüdern und den interessierten Personen, die sich sehr darüber freuten.

VOR POLITISCHEN GEWALTTATEN BEWAHRT

Im Jahre 1980 fand auf Jamaika zum fünften Mal seit der 1962 erlangten Unabhängigkeit von Großbritannien eine allgemeine Wahl statt. Dieser Wahl ging ein Wahlkampf voraus, der an Gewalttätigkeit alle anderen in diesem Land durchgeführten Wahlkämpfe übertraf. Hunderte von Menschen verloren ihr Leben, und das Predigen von Gottes Königreich war in einigen Gebieten äußerst gefährlich, denn Tag und Nacht waren Feuergefechte im Gange. Die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas erwies sich für sie als Schutz, denn kein einziger Zeuge verlor sein Leben. Die folgende Erfahrung zeigt, wie Jehova Glieder seines Volkes beschützte, die in Gebieten lebten und predigten, in denen die schwersten Gewaltakte verübt wurden.

Ein Ältester machte gerade einen Rückbesuch, als auf der Straße eine Schießerei begann. Er berichtete: „Als der Besuch zu Ende war, versuchte ich, schnell aus der gefährlichen Zone herauszukommen. Unterwegs hielt mich eine Gruppe von Männern an, und einer sagte: ‚Sie sehen aus wie ein Polizist.‘ (Viele Polizisten sind damals umgebracht worden.) Ich gab mich schnell als ein Zeuge Jehovas zu erkennen, indem ich Publikationen und Traktate, die ich bei mir hatte, vorzeigte. Damit waren sie zufrieden, und das rettete mir das Leben. Ich gab jedem ein Traktat und ging meiner Wege.“

Auf dem Weg zur Zusammenkunft wurde eine Schwester angehalten und ebenfalls von einer Gruppe von Männern durchsucht, die ihre Bücher und ihr Geld wegnahmen. Sie sagte zu den Männern: „Ich gehe zum Königreichssaal, und ich brauche die Bücher, die Sie mir weggenommen haben, und das Geld will ich als Spende geben.“ Sie gaben ihr beides zurück!

„VORSICHTIG WIE SCHLANGEN“

Jesu Anweisung an seine Jünger, sich „vorsichtig wie Schlangen und doch unschuldig wie Tauben“ zu erweisen, mußte von den Zeugen, die in den von Unruhen heimgesuchten Gebieten wohnten, befolgt werden (Mat. 10:16). Einige sahen sich gezwungen, von Zeit zu Zeit von der üblichen Route abzuweichen, um zu den Versammlungszusammenkünften zu gelangen. Nicht selten kam es vor, daß Brüder umkehren und einen anderen Weg einschlagen mußten. Bei vielen ging die körperliche Anstrengung, die mit diesen Umwegen verbunden war, bis an die Grenze ihrer Kräfte, aber ihre gute Einstellung kam in den Worten eines Pioniers zum Ausdruck, der sagte: „Ich habe in der ganzen turbulenten Zeit nicht e i n e Zusammenkunft versäumt.“ Ein anderer Verkündiger sagte: „Die im Jahrbuch festgehaltenen Erfahrungen von verfolgten Brüdern in anderen Ländern haben mir sehr geholfen.“

In Gebieten, die von Gewalttätigkeiten heimgesucht wurden, mußte man die Predigtdienstzeiten ändern. Wenn in der betreffenden Gegend starke Kämpfe im Gange waren, wurde der Predigtdienst einige Tage aufgeschoben, bis sich die Lage etwas beruhigt hatte. Die Ältesten übernahmen die Führung und arbeiteten mit den Brüdern zusammen. Sie hielten Exemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in der Hand, so daß sie als Zeugen Jehovas leicht zu erkennen waren. Es wurde vereinbart, daß sich die gesamte Gruppe nach dem Predigtdienst zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einfinden sollte, um sicherzugehen, daß niemand im Gebiet zurückblieb.

DIE NEUTRALE HALTUNG WIRD RESPEKTIERT

Die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas zu politischen Aktivitäten wurde von den meisten respektiert. Zum Beispiel wurde in einem Gebiet das Haus, in dem das Versammlungsbuchstudium stattfand, mit Steinen und anderen Wurfgeschossen beworfen. Während des Angriffs gingen die Zeugen, die in dem Haus wohnten, mit den Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! hinaus, hielten sie hoch und schrien wiederholt: „Wir haben nichts mit Politik zu tun!“ Sofort trat Ruhe ein. Um eine Wiederholung des Vorfalls zu verhindern, schrieben die Brüder an die Wand des Hauses: „Jehova ist unsere Rettung“ und klebten Titelblätter verschiedener Ausgaben der Zeitschriften Erwachet! und Der Wachtturm an die Fensterscheiben. Einige Zeit danach kehrten die Randalierer in dieses Gebiet zurück. Mit Steinen, selbstgemachten Bomben und anderen Wurfgeschossen beschädigten sie viele Häuser, aber das Haus, in dem das Versammlungsbuchstudium stattfand, blieb verschont.

Bei einer anderen Gelegenheit, als eine Gruppe von Brüdern umzog — sie wollten wegen der politischen Unruhen nicht länger in der Gegend bleiben —, hielten 14 bewaffnete Männer den Lastwagen mit den Habseligkeiten der Brüder an und fragten den Fahrer: „Wen haben Sie auf Ihrem Wagen — Anhänger der Labour Party oder Sozialisten?“ (Das waren die beiden Gruppen, die sich bekämpften.) Der Bruder antwortete: „Wir sind Zeugen Jehovas.“ Einige der bewaffneten Männer bestiegen den Lastwagen und nahmen eine Kontrolle vor. Sie öffneten die Tasche eines Bruders und sahen seine Bibel, die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! und andere Wachtturm-Publikationen. Mit dieser Feststellung und der Erklärung der Zeugen, sie seien aufgrund ihres unerschütterlichen Glaubens an Jehovas Königreich unter der Herrschaft Jesu Christi in politischer Hinsicht neutral, gaben sich die Männer zufrieden. „In Ordnung, Sie können weiterfahren“, sagte einer der bewaffneten Männer. Genau das taten die Brüder, und sie dankten Jehova von ganzem Herzen dafür.

Am Tag der Wahl wurden ein Ältester und seine Frau gegen ihren Willen zu einem Wahllokal gebracht, wo man sie unter Androhung von Gewalt aufforderte zu wählen. Sie bewahrten ihre Neutralität trotz körperlicher Mißhandlung. Später mußten sie ihre Wohnung verlassen, aber liebevolle Brüder nahmen sie auf. Sie sind immer noch glücklich und aktiv im Dienst Jehovas. Auch andere wurden wegen ihrer Neutralität bedroht, aber Jehova gewährte seinem Volk Schutz, und niemand kam ernsthaft zu Schaden.

EIN GEWISSES MASS AN RUHE KEHRT WIEDER EIN

Nach dieser Zeit kehrte wieder ein gewisses Maß an Ruhe ins Land ein. Zwar kam das Königreichspredigtwerk auf der Insel nie zum Stillstand, doch die Zunahme verlangsamte sich, verglichen mit der Zeit von 1945 bis Anfang 1960. Ein Grund war der Umstand, daß viele Verkündiger in die Vereinigten Staaten, nach Kanada oder nach Großbritannien auswanderten, und zwar meistens wegen der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse auf Jamaika.

FORTSCHRITT TROTZ AUSWANDERUNGEN

Dennoch wurde im April 1984 eine neue Verkündigerhöchstzahl erreicht — es beteiligten sich nämlich 7 517 Personen am Predigtwerk. In demselben Monat wurden 6 564 Heimbibelstudien berichtet. Das Bibelstudienhilfsmittel Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben hat zu dem gewaltigen Wachstum an Bibelstudien beigetragen. Seit der Freigabe dieses Buches sind über 40 000 Exemplare verbreitet worden, wodurch dem Predigtwerk ein gewaltiger Aufschwung verliehen wurde. Der Kolumnist einer Zeitung empfahl dieses Buch. Er lobte es und sagte unter anderem: „Die Zeugen verdienen es, angehört zu werden. Wenn man ihnen aber schon nicht zuhören will, dann sollte man doch auf alle Fälle das Buch Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben erwerben.“

Diejenigen, die im Land geblieben sind, fahren fort, mit Eifer die gute Botschaft vom Königreich zu predigen, damit die vielen schafähnlichen Personen, die in diesem wunderschönen Land leben, eingesammelt werden. Daß es noch viele einzusammeln gibt, ist an der großen Zuhörerschaft — 23 270 — zu erkennen, die beim Gedächtnismahl im Jahre 1984 anwesend war. Ja, es gibt immer noch Personen, die positiv reagieren und Stellung auf der Seite des Königreiches beziehen, wie die folgende Erfahrung zeigt:

Ein Mann wies immer wieder die Einladung, in den Königreichssaal zu kommen, zurück, obwohl er Versammlungsstätten anderer religiöser Gruppen besuchte. Später erhielt er eine Zeitschrift der Gesellschaft, in der die Blutfrage behandelt wurde, und war davon sehr beeindruckt. Nun wollte er in den Königreichssaal gehen. Er schätzte die biblische Ansprache, die Gottes Vorsatz in Verbindung mit den Menschen zum Thema hatte. Auch die Freundlichkeit der Zeugen machte auf ihn einen guten Eindruck. Das alles bewirkte, daß er nach jedem Buch und jeder Zeitschrift suchte, die er einmal von Jehovas Zeugen bekommen hatte, um sie zu lesen. Bald darauf war er mit einem Heimbibelstudium einverstanden, und nun sind er und zwei seiner Familienangehörigen getaufte Diener Gottes.

Die über 7 000 Zeugen in diesem Land hoffen, daß noch unzählige weitere Personen, so wie die erwähnte Familie, zuerst nach dem Königreich suchen und das Vorrecht erhalten werden, mitzuhelfen, die Erde in ein Paradies umzuwandeln, das an Schönheit bei weitem die paradiesische Insel Jamaika übertreffen wird.

Die Geschichte des Predigtwerkes auf Jamaika wäre jedoch ohne den Bericht über die Cayman Islands unvollständig. Es handelt sich um eine kleine Gruppe von 3 Koralleninseln, die etwa 320 km nordwestlich von Jamaika liegen und sich noch unter britischer Herrschaft befinden.

DIE CAYMAN ISLANDS

Die Inselgruppe besteht aus Grand Cayman, Little Cayman und Cayman Brac — insgesamt leben dort etwa 19 000 Menschen. Die Hauptstadt, Georgetown, liegt auf Grand Cayman, der größten Insel. Das Königreichswerk hier untersteht dem Zweigbüro auf Jamaika. Bruder P. H. Davidson, der inzwischen verstorben ist, besuchte 1929 Grand Cayman und säte den Samen der Wahrheit aus. Im Jahre 1937 machte er einen weiteren Besuch und versuchte, von den 6 000 Bewohnern so viele wie möglich zu erreichen. Außerdem predigte er auf Cayman Brac. Über seinen zweiten Besuch auf der Insel berichtete Bruder Davidson folgendes:

„Es gibt hier alle Arten von Religionen. Der ehemalige Regierungskommissar von Cayman Brac, H. W. Rutty, war 25 Jahre lang ein glühender Verehrer der Wahrheit. Aber die Leute im allgemeinen waren der Wahrheit gegenüber äußerst feindlich eingestellt. Einige Personen sandten Boten aus, um andere davor zu warnen, daß ein Mann, der nicht an die Hölle glaube, aus Jamaika gekommen sei. Ich habe noch nie eine solche Gegnerschaft unter der allgemeinen Bevölkerung beobachtet wie hier. Einige drohten sogar, handgreiflich zu werden.“

EINSTELLUNG GEÄNDERT

Inzwischen hat sich die Bevölkerung der Cayman Islands in ihrer Einstellung zur Wahrheit auffallend geändert. Wodurch wurde diese Änderung bewirkt? Nun, als der damalige Präsident der Watch Tower Society, N. H. Knorr, im Jahre 1950 Jamaika besuchte, schlug er vor, zwei Missionare von Jamaika auf die Cayman Islands zu senden. Aleck Bangle und Louis Woods wurden dafür ausgewählt.

Beladen mit 16 Kartons Bücher, bestiegen sie ein Boot und kamen zwei Tage später in Georgetown an. Es wurde ihnen erlaubt, an Land zu gehen, aber die Literatur wurde einbehalten, weil die Behörden dachten, auf Jamaika sei das Verbot noch in Kraft, und die Cayman Islands waren ja Jamaikas Schutzgebiet. Ein Blick in die Jamaica Gazette, die offizielle Regierungszeitung, bestätigte, daß das Verbot im November 1945 aufgehoben worden war, und so wurde die Literatur wieder herausgegeben.

Das Ziel der Missionare war, überall auf den Inseln den Samen der Königreichswahrheit zu säen. Bruder Bangle erinnert sich, daß sie sich zwei Fahrräder besorgten und die gesamte Insel Grand Cayman bearbeiteten, und zwar begannen sie in den Außenbezirken mit den kleinen Ortschaften und Dörfern, und zuletzt predigten sie in der Hauptstadt. Der Grund für diese Maßnahme bestand, wie er sagte, darin, das Landgebiet der Insel zuerst zu bearbeiten, bevor die Behörden in der Hauptstadt Georgetown von der Predigttätigkeit etwas erfuhren, was unter Umständen das Ende ihres Aufenthalts auf den Inseln hätte bedeuten können.

Ganz im Gegensatz zu der Situation, die Bruder Davidson im Jahre 1937 vorgefunden hatte, trafen die Missionare sehr freundliche Leute an. Diese luden sie stets in die Wohnungen ein, wo sie sich zunächst einmal die ganze Familiengeschichte anhören mußten, bevor sie schließlich Zeugnis geben konnten. Nach sechs Wochen war auf der Hauptinsel überall Literatur verbreitet worden, und Louis Woods reiste nach Cayman Brac und bearbeitete auch diese Insel vollständig. In den sieben Wochen, die die Missionare auf den beiden Inseln verbrachten, verbreiteten sie 2 000 Schriften — eine wahrhaft gewaltige Menge!

DEN AUSGESÄTEN SAMEN BEWÄSSERN

Die Nacharbeit wurde im Jahre 1952 von zwei anderen Gileadabsolventen durchgeführt, und einige Bibelstudien konnten eingerichtet werden. In West Bay (Grand Cayman) wurde ein Missionarheim eröffnet, und Zusammenkünfte wurden organisiert. Im Juli 1956 wurden die Missionare von acht Personen im Predigtwerk unterstützt. Nach 10 Monaten mußten sie die Insel leider wieder verlassen, aber die Grundlage für künftige Ausdehnung war gelegt worden.

Im Jahre 1959 wurde in Georgetown eine Versammlung gegründet, zu der 12 Verkündiger gehörten. Dieses Ergebnis war auf die fleißige Arbeit von Sonderpionieren zurückzuführen.

Nachdem die Sonderpioniere die Insel verlassen hatten, wurde Bruder Wilbert Sterling, ein Einheimischer aus Grand Cayman, zum Aufseher der Versammlung ernannt, um sich der Königreichsinteressen anzunehmen. Er dient immer noch als Ältester in der Versammlung, obwohl er vor vielen Jahren sein Augenlicht verlor. Bruder Sterling ist ein ausgezeichnetes Beispiel, und trotz seiner Behinderung hält er weiterhin öffentliche Vorträge.

Im Jahre 1971 erklärten sich Richard Dunning und seine Frau Eileen bereit, von England nach Cayman überzusiedeln, wo dringend Hilfe benötigt wurde. Sie haben viel getan, um das Interesse, das von anderen Zeugen bereits geweckt worden war, zu vertiefen. Bruder Dunning hat nun seinen ständigen Wohnsitz in Georgetown und dient in der dortigen Versammlung als Ältester.

Ein ansprechender Königreichssaal wurde auf einem Stück Land erbaut, das von einem dort ansässigen Geschäftsmann, mit dem Bruder Dunning freundschaftliche Beziehungen unterhielt, kostenlos zur Verfügung gestellt worden war. Im Laufe der Jahre hat es ein gleichmäßiges Wachstum gegeben, und im Februar 1984 wurde mit 56 Verkündigern eine neue Höchstzahl erreicht. Gegenwärtig plant man, auf der Hauptinsel eine zweite Versammlung zu gründen.

KONGRESSE FÖRDERN DAS INTERESSE

Die Versammlung in Georgetown gehört zum Kreis 2 auf Jamaika. Aber wegen der Reisekosten ist es nicht günstig, einen Kreiskongreß in Grand Cayman zu veranstalten, denn die meisten Verkündiger des Kreises wohnen auf Jamaika und könnten den Kongreß nicht besuchen. Damit auch die Brüder auf den Cayman Inseln Nutzen aus den Kongressen ziehen können, werden in Georgetown Kreiskongresse mit einem abgeänderten Programm dargeboten. Flugzeuge werden gechartert, und Brüder aus allen Teilen Jamaikas werden eingeladen, anwesend zu sein.

Im Jahre 1970 fand der erste Kongreß dieser Art statt, und es waren 94 Personen anwesend. Zwei Jahre später brachten zwei gecharterte Flugzeuge über 200 Brüder zu einem weiteren Kongreß. Ein dritter wurde schließlich am 2. und 3. Mai 1982 abgehalten, und wiederum waren zwei Flugzeuge mit Brüdern aus Jamaika gekommen. Diese Kongresse dienten den einheimischen Brüdern zur Ermunterung, und sie waren auch gleichzeitig ein gutes Zeugnis für die Bevölkerung der Cayman Islands.

Die Insulaner sind sehr freundlich und ansprechbar geblieben, und es bestehen gute Aussichten für eine weitere Zunahme. Von Zeit zu Zeit kommen Brüder aus anderen Ländern, die sich vertraglich verpflichtet haben, auf den Inseln zu arbeiten, und das stärkt die Versammlungsorganisation.

Die Cayman Islands kann man bestimmt zu den Inseln zählen, die auf die Einladung in Psalm 97:1 reagiert haben, wo es heißt: „Jehova selbst ist König geworden! ... Mögen die vielen Inseln sich freuen.“

[Karten auf Seite 71]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

JAMAIKA und die Cayman Islands

CAYMAN ISLANDS

Little Cayman

Cayman Brac

West Bay

Grand Cayman

Georgetown

[Karte]

KARIBISCHES MEER

Montego Bay

Falmouth

Savanna-la-Mar

Annotto Bay

Whitehouse

Port Antonio

Mandeville

Spanish Town

Kingston

[Bild auf Seite 68]

Patrick Davidson, der erste Jamaikaner, der die Wahrheit auf Jamaika annahm (hier beim Zeugnisgeben auf den Cayman Islands)

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Glieder der Versammlung Kingston fuhren mit diesem Bus an Sonntagen zum Predigen ins Landgebiet

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Amy Foote (rechts im Bild) mit dem Lautsprecherwagen, den sie bediente

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Robert Logan, ein Arzt, der all seinen Patienten Zeugnis gab

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Thomas Banks diente viele Jahre als Zweigaufseher

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Edgar Carter mit seinem Fahrrad, das er im Kreisdienst benutzte

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Die ersten Gileadabsolventen treffen auf Jamaika ein. Von links nach rechts: Lee Dillon, Aleck Bangle, Edgar Carter und William Johnson.

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Theodore Nunes, ein Maßschneider, gab dem ehemaligen britischen Premierminister David Lloyd George Zeugnis

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Der Königreichssaal, der in den Jahren 1952/53 Opposition von seiten der Geistlichkeit heraufbeschworen hatte

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Das gegenwärtige Zweigbüro

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Der Königreichssaal, der 1980 fertiggestellt wurde und auch als Kongreßsaal dient