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Österreich

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DIE österreichischen Alpen sind voller Volksmusik. Außer den grandiosen Kompositionen von Haydn, Mozart, Schubert, der Familie Strauß und anderen hat die Schönheit des Landes Österreich bekannt gemacht. Dichte Wälder, klare Seen und weite Täler trennen viele der schneebedeckten Alpengipfel voneinander, die majestätisch bis zu 3 797 Meter in den Himmel ragen. Im Osten weichen die Berggipfel dem Hügelland und einer landwirtschaftlich reichen Ebene. Die Schönheit dieser großartigen Landschaft wurde noch gesteigert durch die geistige Schönheit der biblischen Wahrheit, die Anfang des Jahrhunderts in Österreich in Erscheinung trat. Und seither hallen in Österreichs hohen Bergen und grünen Tälern „Lieder, die Gott erhöhen“ (Psalm 149:6).

Jahrhunderte hindurch war Österreich Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Später war es mit Ungarn in der österreichisch-ungarischen Monarchie verbunden. Es sollte uns demzufolge nicht überraschen, daß 98 Prozent der Bevölkerung Deutsch sprechen und ethnische Gruppen auch Ungarn, Kroaten und Slowenen einschließen. Sowohl zu der Zeit, als Wien noch die Hauptstadt eines großen Reiches war, wie auch in der Zeit nach den Weltkriegen strömten viele in diese bunte Stadt an der Donau, um hier zu leben. Mehr als 20 Prozent der 7 575 700 Einwohner Österreichs haben in Wien ihren Wohnsitz.

Unter dem Diktat der Herrscher aus dem Hause Habsburg war jahrhundertelang der römisch-katholische Glaube die offizielle Religion in Österreich. Sogar heute bekennen noch 84 Prozent der Bevölkerung, römisch-katholisch zu sein, und ein Konkordat zwischen Österreich und dem Vatikan sichert der katholischen Kirche finanzielle Unterstützung von seiten der Regierung zu. Weitere 6 Prozent der Bevölkerung werden als Protestanten angeführt. Diese Zahlen sagen jedoch nichts über die tatsächliche religiöse Einstellung der Bevölkerung aus. Die Ergebenheit religiösen Einrichtungen gegenüber hat stark nachgelassen, dennoch wagen es viele nicht, traditionelle religiöse Bindungen offiziell aufzugeben. Die Bedenken des Durchschnitts-Österreichers sind: „Was werden da wohl die Leute sagen?“

Es waren viele Anstrengungen und der Segen des Geistes Jehovas nötig, um gottesfürchtige Personen zu finden und sie die Wege Jehovas zu lehren. So beweisen heute in Österreich 17 705 Personen, daß sie sich eher über die Frage Gedanken gemacht haben: „Was wird Gott sagen?“ Aus ihnen allen bestehen die 246 Versammlungen der Zeugen Jehovas.

Erste Versuche, ein Zeugnis zu geben

Anfang des 20. Jahrhunderts war das religiöse Leben in Österreich hauptsächlich von der katholischen Kirche geprägt. Den Protestanten wurden 1781 gemäß dem sogenannten „Toleranzpatent“ gewisse Rechte gewährt. Den meisten anderen waren religiöse Handlungen nur im privaten Bereich gestattet. Dennoch beschloß Charles Taze Russell, der erste Präsident der Watch Tower Society, im Jahre 1911 nach Wien zu reisen, um seine Aufmerksamkeit der jüdischen Bevölkerungsgruppe zuzuwenden.

Mit dem Zug kam er nach Wien, wo für den 22. März der große Saal des Continental-Hotels gemietet worden war. Sein Vortrag „Zionismus in der Prophezeiung“ sollte aufrichtige Juden ansprechen. Wie würde wohl die jüdische Bevölkerungsgruppe auf die Erklärung der biblischen Prophezeiung reagieren? Von New York aus hatte bereits ein jüdischer Rabbi eine ausführliche Falschdarstellung telegrafiert, um die Juden vor den „Ernsten Bibelforschern“ zu warnen, wie man Jehovas Zeugen damals nannte. Demzufolge stellte Bruder Russell, als er die Bühne betrat, bald fest, daß der Saal zwar überfüllt war, aber etwa ein Drittel der Zuhörerschaft entschlossen war, ihn am Sprechen zu hindern.

Bruder Russell berichtete später: „Schon von Beginn der Ansprache an hörten wir von allen Seiten des Saales schrille Schreie und Rufe. Einige schienen von Dämonen besessen zu sein ... Wir versuchten einige beschwichtigende Worte zu sprechen, aber ohne Erfolg. ... Eine Anzahl wollte Hand an uns legen; doch ein starker Kordon derer, die vernünftig waren, bildete eine Barrikade um uns herum. Wir hatten zwar keine Furcht, diejenigen jedoch, die unsere Gegner besser kannten, hegten unseretwegen Befürchtungen. Als wir sahen, daß wir gar nichts ausrichten konnten, winkten wir wohlwollend, um anzuzeigen, daß wir unser Bemühen aufgeben würden, und verließen das Podium. Die gleichen Juden [die den Kordon gebildet hatten] öffneten den Weg, hielten die Gegner fern und führten uns aus dem Saal hinaus. ... Etwa fünfzehn von ihnen kamen am nächsten Tag und stellten Fragen hinsichtlich des göttlichen Planes.“

Zum Nutzen aufrichtiger Wahrheitssucher wurde dafür gesorgt, daß der gesamte Inhalt von Bruder Russells Vortrag in der Zeitung Neues Wiener Journal veröffentlicht wurde.

Das war nicht das erste Mal, daß Bruder Russell in Wien war. Zwanzig Jahre zuvor, im Jahre 1891, befand er sich auf einer Reise, die ihn von Dresden aus über Wien nach Kischinew in Rußland führte. In seinem Kommentar zur Situation bemerkte er im Watch Tower vom Juli 1891: „Wir sehen keine offene Tür oder Bereitschaft für die Wahrheit in Rußland, ... nichts, was uns auf eine Ernte in Italien, der Türkei, in Österreich oder Deutschland hoffen lassen würde.“

Es wurde trotzdem ein weiterer Versuch unternommen, um wenigstens einigen hier zu helfen. Maxwell G. Friend (Sohn jüdischer Eltern, damals unter dem Namen Freschel bekannt) wurde Anfang des Jahres 1914 gebeten, vom Bethel in Deutschland nach Österreich-Ungarn zu gehen, um dort die gute Botschaft vom messianischen Königreich unter den Juden zu verkündigen. Es gelang ihm, in Wien bei zwei Abonnenten des Wachtturms ein reguläres Heimbibelstudium einzurichten. Er berichtete jedoch: „Es kam selten vor, daß Juden die gute Botschaft annahmen, denn sie verwechselten uns stets mit den Missionaren der Christenheit. Sie hatten für die Christenheit nichts übrig, da sie ihretwegen jahrhundertelang von einem Land ins andere gehetzt und erbarmungslos mit Feuer und Schwert umgebracht worden waren.“

Wenige Monate später brach der Erste Weltkrieg aus. Würde dies allen Bemühungen, die gute Botschaft der Bevölkerung Österreichs zu überbringen, ein Ende setzen?

Die Nachkriegsernte setzt ein

Inmitten der Schrecken des Weltkrieges gab es Personen, die an geistige Dinge dachten und auch darüber sprachen. Johann Brotzge, obwohl noch ein junger Mann, war tiefreligiös. Auf seiner Arbeitsstelle in der Stadt Dornbirn mußte er für einen Mann namens Degenhart, der als Heizer beschäftigt war, die Kohlen heranschaffen. Eines Tages, es war im Frühherbst des Jahres 1917, kam Degenhart auf die Botschaft vom Königreich Gottes zu sprechen. Bald darauf wurde der junge Johann zum Militärdienst einberufen. Würde der Same der Wahrheit, die er gehört hatte, Wurzel fassen?

Nachdem er die Greuel des Krieges erlebt hatte, kehrte er nach Hause zurück. Die Worte vom Königreich Gottes hatten einen tiefen Eindruck hinterlassen und waren immer noch in seinem Sinn, und somit begab er sich auf die Suche nach Degenhart. Traurigerweise war dieser in der Zwischenzeit verstorben. Im Frühjahr 1919 kam Johann Brotzge jedoch in Kontakt mit Xaver Klien, der damals schon Bibelforscher war, ebenso mit Otto Mathis, von dem er dann biblische Literatur erhielt, die er sich so sehr gewünscht hatte. Das waren die ersten „Bibelforscher“ im westlichen Teil von Österreich.

Etwa 680 Kilometer davon entfernt fand die Wahrheit in einem anderen empfänglichen Herzen Eingang. Dort war der junge Johannes Ehm in der Ortschaft Deutsch Wagram, die in der Marchfeldebene, im östlichen Landesteil, liegt, während der Jahre 1919 und 1920 als Musiklehrer tätig. Bei einem mit ihm befreundeten Ehepaar war ein Ingenieur aus Deutschland als Untermieter eingezogen. Das Ehepaar berichtete Johannes, daß dieser Ingenieur, ein gewisser Herr Goller, von ganz neuen, fremdartigen Dingen rede. Er sage, daß das Ende der Welt nahe sei, auch gebe es kein Höllenfeuer, und die Mehrheit der Gläubigen würde nicht in den Himmel kommen, sondern einmal ewig auf Erden leben. Nicht nur das, er behaupte auch, all das, was er sage, anhand der Bibel beweisen zu können. „Würdest du auch gerne einem solchen Gespräch beiwohnen?“ fragte das Ehepaar den jungen Musiklehrer.

Bei diesem Gespräch sah Johannes zum allerersten Mal in seinem Leben eine Bibel. Er sagte später: „Goller strahlte Ruhe aus und beantwortete in einer überlegenen Art alle meine Fragen — und das waren nicht wenige.“ Bald darauf bestellte Johannes die sechs Bände der Schriftstudien, geschrieben von C. T. Russell, und begann sie eifrig zu studieren.

In der Zwischenzeit war in Klagenfurt, im Süden des Landes, der junge Buchhalter Franz Ganster mit einem Schweizer namens Egg durch Briefkontakte bekannt geworden. Die beiden tauschten Ansichtskarten und Briefmarken aus. Ihre Korrespondenz schloß jedoch mehr ein, als das Sammeln von Briefmarken. Egg war bereits einer der „Ernsten Bibelforscher“, und durch ihn hörte der junge Buchhalter aus Österreich von der biblischen Botschaft. Franz Ganster bestellte in der Schweiz alle bis dahin greifbare Wachtturm-Literatur, die ihm dann auch persönlich durch den Faßbinder Leopold König überbracht wurde, der im Jahre 1921 aus der Schweiz nach Österreich zurückkehrte. Was damit eingeleitet wurde, werden wir später noch erfahren.

Etwa um dieselbe Zeit überließ eine Bibelforscherin aus Deutschland einem Ehepaar, das in Linz, im nördlichen Landesteil, wohnte, eine Broschüre. Sie trug den Titel Millionen jetzt Lebender werden nie sterben. Das Ehepaar las sie und gab sie dann einem Freund, dem Landwirt Simon Riedler. „Sie ist in einem sensationellen Stil verfaßt“, bemerkte das Ehepaar. Simon Riedler blätterte sie somit flüchtig und etwas voreingenommen durch. „Wahrscheinlich Unsinn“, dachte er bei sich.

Nichtsdestoweniger las er sie ein zweites Mal. Und dann ein drittes Mal. Würde er schließlich die Juwelen der Wahrheit in dieser Broschüre finden? Ja, und zwar so viele, daß er sich wegen seines ursprünglichen Vorurteils schämte.

Das Verlangen kam in ihm auf, der Botschaft noch mehr auf den Grund zu gehen, so daß Simon an die Adresse in Wien schrieb, die auf der Rückseite der Broschüre angegeben war. Wie lange hatte er sich schon gewünscht, eine Bibel zu besitzen! So kam er mit Bruder König in Kontakt, dem Faßbinder, der aus der Schweiz zurückgekehrt war und jetzt als Kolporteur diente. Als Bruder König dem Landwirt eine Taschenausgabe der Lutherbibel sandte, konnte er sich wohl kaum vorstellen, wieviel Freude er damit auslöste. Jetzt hatte Simon Riedler eine eigene Bibel! In Verbindung damit las er den Wachtturm und Speise für denkende Christen. Seine Familie, die Verwandten und Nachbarn überhäuften ihn mit Spott. Doch Simon Riedler hatte die Wahrheit gefunden. Das war das, was zählte. Er sagte später einmal: „Mein Herz war voll, und meine Lippen flossen über.“

Hörende Ohren bei einem denkwürdigen Vortrag

In den geräumigen Sofiensälen Wiens wurde im Spätherbst des Jahres 1921 der bemerkenswerte Vortrag „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“ gehalten. Die Reaktion auf die Botschaft war grundverschieden im Vergleich zu dem, womit Bruder Russell 10 Jahre zuvor konfrontiert worden war.

Die Zusammenkunft betreffend sagt ein Bericht: „Die Botschaft machte einen gewaltigen Eindruck. Die Ankündigung verursachte ungeheures Aufsehen und rief bereits vor der Versammlung auf den Straßen viele Diskussionen hervor. Der Saal war lange vor Beginn überfüllt, die Türen wurden geschlossen und Hunderte wurden fortgeschickt. Die Menge lauschte gefesselt der wunderbaren Botschaft von der Aufrichtung des Königreiches Gottes und den tröstenden Verheißungen der Schrift, daß ‚Millionen jetzt Lebender nicht mehr sterben werden‘ “. Am Vortragsabend wurden 2 100 Exemplare der Millionen-Broschüre abgegeben, und 1 200 Adreßkarten wurden zurückgelassen, so daß Rückbesuche gemacht werden konnten.

Einer der Zuhörer, bei denen dieser Vortrag einen tiefen Eindruck hinterlassen hatte, war Hans Ronovsky. Er war allerdings nicht beim Vortrag in den Sofiensälen. Doch einige Wochen später, als er eine der Wiener Geschäftsstraßen entlangspazierte, wurde seine Aufmerksamkeit durch ein Plakat erregt, das denselben Vortrag ankündigte. Diesmal wurde er im Konzerthaus gehalten. Er ging hin, aber nicht um einen Walzer von Strauß oder ein Konzert von Mozart zu hören, sondern die liebliche Melodie der biblischen Wahrheiten. Durch das, was er hörte, trat in seinem Leben ein Wendepunkt ein.

Die Tätigkeit in den Bundesländern

Die Aufmerksamkeit wurde nun auch anderen Orten mit großer Bevölkerung zugewandt. Eines Tages erhielt Franz Ganster eine Postkarte aus Wien. Er sollte den größten Saal, den es in Klagenfurt gab, für einen Vortrag mieten, den Bruder Emil Wetzel halten sollte, der von Dresden nach Österreich gesandt worden war, um das Werk hier zu beaufsichtigen. „Gut, das mag der Saal im Sandwirt-Hotel sein“, dachte sich Bruder Ganster. Er begab sich auf den Weg, um mit dem Hotelbesitzer zu sprechen.

„Ich schlage vor“, sagte der Hotelbesitzer, „Tische und Stühle im Saal aufzustellen, damit es voller aussieht, denn es werden ja sicherlich nur wenige Leute kommen.“

„Ich habe den Auftrag, den Saal nur mit Bestuhlung zu mieten“, erwiderte Bruder Ganster entschlossen.

Nun gut, doch wer sollte die vielen Einladungen zu dem Vortrag verteilen? Franz Ganster, selbst berufstätig, hatte eine Idee. Er bezahlte einige Dienstmänner, und diese verbreiteten 3 000 Handzettel in der Stadt. Wie die Besucherzahl später erkennen ließ, hatten sie offensichtlich gute Arbeit geleistet. Gemäß einer Schätzung des Hotelbesitzers waren etwa 2 000 Besucher beim Vortrag anwesend. Nicht nur der Saal, sondern auch der Balkon war überfüllt.

Unter den Anwesenden war Richard Heide, damals ein 20jähriger Student. Nachdem ihm das Plakat mit der Ankündigung des Vortrages „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“ aufgefallen war, sagte er zu seinem Vater: „Vater, ich höre mir den Vortrag an, egal, was immer die Leute sagen mögen. Ich will wissen, ob das nur ein Bluff ist oder ob etwas Wahres daran ist.“ Er ging hin, und sein Vater und seine Schwester Therese beschlossen, mit ihm zu gehen.

Nach dem Vortrag ließen viele ihre Adresse mit der Bitte zurück, weiter mit Literatur versorgt zu werden. Um solchen Wünschen nachkommen zu können, bestellte Franz Ganster einen ausreichenden Vorrat an Schriftstudien. Es trafen so viele Pakete ein, daß sich die Vermieterin fragte, wo er sie wohl alle unterbringen werde. Sein Zimmer war bis zur Decke mit Literatur vollgestopft, so daß für Franz kaum Platz übrigblieb.

Herr Heide, begeistert von dem, was er im Vortrag gehört hatte, war einer von denen, die die sieben Bände der Schriftstudien bestellten. Er las sie begierig durch. Es dauerte nicht lange, bis in seiner Wohnung Zusammenkünfte abgehalten wurden. Nicht selten drängten sich bis zu 30 Personen in sein Wohnzimmer.

Auch in Graz wurden schon im Frühjahr 1922 Zusammenkünfte abgehalten. In anderen Landeshauptstädten wurden ebenfalls Vorträge gehalten. Jehovas Werk nahm somit auch in den Bundesländern verstärkt zu.

Wie eifrig die Verkündigergruppe in Klagenfurt war! Die Verkündiger waren noch gar nicht getauft. Erst am 5. Juli 1922 fand eine Taufe in Wien statt. Eine Woche später gab es eine Taufe in Kärnten. Die Erstlingsfrüchte aus diesem Gebiet wurden im Wasser des schönen Wörthersees getauft. Dies waren: Franz Ganster, Bruder und Schwester Heide (die Eltern), ihre zwei Kinder, Richard und Therese, und auch Bruder Kopatsch, der wegen seines großen Eifers und Freimuts der Rede damals wohlbekannt war.

In der Zwischenzeit hatte sich etwas in Wien ereignet, was nicht nur für das Volk Gottes, sondern auch für andere Gesprächsstoff lieferte.

Tumult bei einer Zusammenkunft in Wien

Als Bruder Rutherford, der zweite Präsident der Watch Tower Society, 1922 unterwegs war, um verschiedene Zweigbüros zu besuchen, schloß dies auch einen Besuch in Wien ein, und zwar vom 30. Mai bis zum 1. Juni. Es war ein Vortrag in der geräumigen Katharinenhalle geplant. Würde die Aufnahmebereitschaft diesmal günstiger sein, als 11 Jahre zuvor, als Bruder Russell in Wien zu sprechen versuchte?

Im Saal und auch in den Gängen war bereits alles besetzt, als Bruder Rutherford und sein Dolmetscher, Bruder Binkele (aus der Schweiz), das Podium betraten. Einige Zuhörer saßen sogar auf dem Podium, bis dicht an den Redner heran. Immer noch standen andere vor den Türen und versuchten hereinzukommen. Unter den mehreren tausend Anwesenden gab es jedoch einige hundert, die nicht gekommen waren, um dem Vortrag zu lauschen, sondern ihn zu vereiteln. Gegner der biblischen Botschaft hatten ihre Handlanger inmitten der Zuhörerschaft, vornehmlich im hinteren Teil des Saales, postiert.

Während der ersten vierzig Minuten des Vortrages nahm alles einen guten Verlauf. Bruder Rutherford war jedoch zuvor unterrichtet worden, daß die Absicht bestehe, den Vortrag gewaltsam abzubrechen. Er ging daher zuerst einmal alle Hauptpunkte der Ansprache durch mit der Absicht, auf Einzelheiten später einzugehen. Sobald die Hauptpunkte behandelt worden waren, brach ein Tumult aus. Etwa 200 bis 300 Störenfriede begannen zu schreien und wie eine Herde Rinder zu trampeln. Junge Männer und Frauen sprangen auf Stühle und gaben in alle Richtungen hin Signale. Mit einem Schlag brachten die Störenfriede den Vortrag zu einem jähen Ende.

Bruder Rutherford appellierte an die Zuhörer, sich zu beruhigen und sich anständig zu verhalten. Jedoch vergeblich. Noch einmal versuchte Bruder Rutherford, mit Hilfe eines Dolmetschers zu den Zuhörern zu sprechen, und sagte: „Ich möchte die Zuhörerschaft abstimmen lassen und sehen, wie viele diesen Vortrag zu Ende hören möchten.“ Der größte Teil der Anwesenden erhob zustimmend die Hand. Doch die Krawallmacher taten mit Geschrei ihr Mißfallen kund. Mit fester Stimme sagte nun Bruder Rutherford: „Diejenigen, die nicht zuhören möchten, sollten gefälligst auf der Stelle den Saal verlassen, um die Leute, die zuzuhören wünschen, zuhören zu lassen.“

Damit war der Zorn der Störenfriede bis zum Übermaß erregt. Die Anführer des Tumults erkämpften sich den Weg durch die Gänge und drängten zum Podium hin. Als sie nur noch fünf Meter davon entfernt waren, begannen sie die „Internationale“ zu singen. Ihr Verhalten war so ungestüm, daß es den Eindruck machte, Dämonen seien in sie gefahren.

Der Verwalter der Halle kam herzu und bestand darauf, daß der Redner sogleich das Podium verlasse. Bruder Rutherford hingegen hoffte, daß der Sturm nachlasse und es der Polizei gelänge, die Situation unter Kontrolle zu bringen, damit er seinen Vortrag fortsetzen könne. Dem war nicht so. Der Saalverwalter löschte einige Lampen aus, jedoch andere aus der Zuhörerschaft schalteten sie wieder ein. In seiner zunehmenden Besorgnis lief der Verwalter mit zwei oder drei seiner Gehilfen zum Rednerpult, faßte Bruder Rutherford am Arm und zog ihn hinter die Bühne.

Als der Mob bereits die Vorderseite des Podiums erreicht hatte, sangen die Störenfriede noch immer, während einige von ihnen riefen: „Wo ist er? Wo ist er? Unsere Fahne ist rot.“ Der Mob, der Bruder Rutherford nicht finden konnte, postierte seine Wachtposten an die Saalausgänge. Sie hatten offensichtlich eine Tür hinter dem Rednerpodium übersehen. Diese Tür, die sonst zugesperrt und verriegelt war, wurde plötzlich geöffnet. Bruder Rutherford und Bruder Arthur Goux, der von New York mit ihm gekommen war, eilten hindurch, und gleich wurde die Tür wieder geschlossen und verriegelt.

Die Zeitung Neues Wiener Journal berichtete: „Große Skandalszenen bei einem Bibelvortrag“ — „Kommunisten sprengen die Versammlung“.

Emil Wetzel, der damals das Werk der Gesellschaft in Österreich beaufsichtigte, schrieb später einmal, daß während der ersten sechs Monate nach seiner Ernennung nahezu alle öffentlichen Zusammenkünfte gestört wurden. Andererseits gab es viele unter den Anwesenden, die nach der Wahrheit hungerten, und es wurden Vorkehrungen getroffen, sie zu betreuen. Um die Betreuung zu erleichtern, eröffnete dann die Gesellschaft im Jahre 1923 ihr erstes Büro in Österreich, Pouthongasse 12, Wien.

„Ich will dich keineswegs im Stich lassen“

Im Jahre 1924 wurde zum ersten Mal eine Hauptversammlung der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher in Wien abgehalten. Im darauffolgenden Jahr, als wieder ein Kongreß in Wien stattfand, war auch Johannes Schindler aus Dresden unter den Delegierten. Dieser Kongreß bedeutete einen Wendepunkt in seinem Leben. Inwiefern? Einer der Vorträge gipfelte in dem Aufruf: „Wer ist bereit, in Österreich als Hilfsmissionar zu dienen?“ (Heute würden wir eine solche Person als Pionier bezeichnen.) Sechs Brüder folgten sogleich dem Ruf; einer von ihnen war Johannes Schindler.

Bruder Schindler kehrte zuerst kurz nach Dresden zurück, um seinen Arbeitgeber von seiner Kündigung in Kenntnis zu setzen. Er arbeitete damals als Spezialoptiker für die bekannten Ernemann-Zeiss-Ikon-Werke. Doch wie würde Bruder Schindler ohne diese Beschäftigung für seine materiellen Bedürfnisse sorgen können? Es war ihm zugestanden worden, für persönliche Bedürfnisse einen gewissen Teil des Betrages, den er für abgegebene Literatur erhielt, zurückzubehalten. Allerdings durfte in Österreich gemäß der damaligen Gesetzeslage keine Literatur von Haus zu Haus verkauft werden, und das Gesetz wurde so ausgelegt, daß es sich auf unser Werk bezog. Das einzige, was getan werden konnte, war, dem Wohnungsinhaber gegenüber freundlich zu bemerken: „Wenn Sie etwas für die Unterstützung der missionarischen Tätigkeit beizutragen wünschen, steht es Ihnen frei, dies zu tun.“ Es erforderte völliges Vertrauen zu Jehova, eine Zuteilung unter diesen Umständen anzunehmen. Doch hat nicht Jehova seinen Dienern versprochen: „Ich will dich keineswegs im Stich lassen noch dich irgendwie verlassen.“ (Heb. 13:5)?

Bruder Schindler, damals 24 Jahre alt, hatte bereits in Deutschland, seinem Heimatland, zwei Jahre hindurch Erfahrungen als Verkündiger der guten Botschaft gesammelt. Nun kam er mit 100 Reichsmark in der Tasche nach Österreich und begann hier seine Tätigkeit am 17. Oktober 1925 in der Stadt Wels und Umgebung.

Er versuchte so wirtschaftlich wie möglich zu leben. Er mußte allerdings schon im ersten Monat auf seine finanziellen Reserven zurückgreifen. Am Ende von drei Monaten waren seine Geldmittel aufgezehrt. Von nun an wurden sein Glaube und sein Vertrauen zu Jehova wirklich auf die Probe gestellt. Und Jehova sorgte für seine Bedürfnisse auf seine Weise:

An einem Samstagabend hatte Bruder Schindler gerade mit dem letzten Geld für sich und seinen Pionierpartner die Miete für den Raum bezahlt, in dem sie wohnten, und gedanklich beschäftigte er sich schon mit dem nächsten Tag. Er und sein Partner wandten sich im Gebet an ihren himmlischen Vater. Als erstes ging Bruder Schindler am Sonntagmorgen zum Postamt, das nur für eine Stunde geöffnet war, um zu sehen, ob Post für ihn da sei. Zu seiner Überraschung wurde ihm ein Paket ausgehändigt. Der Inhalt? 500 Broschüren und ein Begleitbrief mit dem Hinweis, daß sie ihm kostenlos zur Verfügung stünden.

Der Gottesdienst in der Kirche am Ort war gerade zu Ende, und die Männer begaben sich, wie sie es gewohnt waren, in die Gaststätte, um ihren Sonntagstrunk zu genießen und Karten zu spielen. Auch Bruder Schindler ging hinein, wandte sich an den Gastwirt, bot ihm eine Broschüre an und fragte, ob er auch zu den Gästen an den Tischen gehen dürfe, um mit ihnen zu sprechen. Die Bitte wurde ihm gewährt.

Bruder Schindler ging an einen Tisch, legte vor jeden der am Tisch sitzenden Männer eine Broschüre und sagte: „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben. Diese Prophezeiung aus der Heiligen Schrift wird sich bald erfüllen. Diese Broschüren werden nicht verkauft, doch wenn jemand etwas für unsere missionarische Tätigkeit beitragen will, so steht es ihm frei, dies zu tun.“ Sobald einer der Männer etwas Kleingeld auf den Tisch gelegt hatte, holten andere ebenfalls ihre Geldbörsen hervor, um es ihm gleichzutun. Furchtlos verbreitete Bruder Schindler die Broschüren von Tisch zu Tisch.

Und da es am Ort noch einige andere Gasthäuser gab, war seine Tasche nach eineinhalb Stunden leer. Bruder Schindler und sein Partner hatten wieder einmal das Geld, um Lebensmittel kaufen und ihre Unterkunft bezahlen zu können. Auf Jehova vertrauend, sahen sie dem nächsten Tag entgegen.

Johannes Schindler war bis zu seinem Tod am 23. Dezember 1986 im Pionierdienst, zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland.

Beerdigung erregt Aufmerksamkeit

In dem gleichen Jahr, in dem Bruder Schindler seinen Pionierdienst in Österreich antrat, wurde Georg Gertz von Deutschland aus in das Wiener Zweigbüro gesandt. Er war ein ausgezeichneter Redner und in allen größeren Städten des Landes gut bekannt.

Als Bruder Heide aus Klagenfurt verstarb, fiel es Bruder Gertz zu, die Beerdigungsansprache zu halten. Bruder Heide war wegen seines unermüdlichen Anteils an der Proklamation der biblischen Wahrheit wohlbekannt. Unter Zuhilfenahme eines Adreßbuches hatte er als Probeexemplare Zeitschriften und verschiedene Traktate, wie Offene Anklage gegen die Geistlichkeit und Der Fall Babylons, in alle Teile Kärntens versandt. Seine Kinder hatten ihm geholfen, die Briefumschläge, die bereits nach verschiedenen Bestimmungsorten sortiert waren, in einem Wäschekorb zum Postamt zu bringen. Immer wieder erhielt Bruder Heide aus Städten und Dörfern Kärntens Briefe interessierter Personen, und soweit er es einrichten konnte, machte er auch persönliche Besuche bei ihnen.

Nachdem Bruder Heide verstorben war, überraschte es daher nicht, daß viele Interesse an seiner Beerdigung bekundeten. Beerdigungen bedeuten der ländlichen Bevölkerung in Österreich sehr viel. Die Menschen mögen einerseits davon in höchsten Lobestönen reden oder umgekehrt auch Worte großen Mißfallens darüber äußern. Nun, dieser ersten Beerdigung eines Zeugen Jehovas in Österreich wohnten etwa 2 000 Personen bei. Und da der Österreicher gern über Beerdigungen spricht, sprachen die Leute noch 10 Jahre später davon.

Kleine Anfänge, beharrliche Anstrengungen

Allein in Linz und Umgebung (Oberösterreich) gibt es heute 16 Versammlungen. Die biblische Wahrheit faßte in diesem Gebiet jedoch nur sehr langsam Fuß. Religiös gesehen, war es eine Hochburg der katholischen Kirche, und es war wirklich nicht leicht, die Botschaft vom Königreich dort zu verkündigen.

Simon Riedler, der demütige Landwirt, sprach mit anderen in dieser Gegend über die kostbaren biblischen Wahrheiten, die er kennengelernt hatte. Später, um 1930, wurde er dabei von Bruder Nasl aus München unterstützt. Die Brüder fanden einige interessierte Personen, und Bruder Riedler hielt Ansprachen oder las ihnen aus den Publikationen der Gesellschaft vor. Im allgemeinen versammelten sich jeweils zwischen 30 und 35 Personen. Unter dem Druck der Situation schwächte sich aber das Interesse wieder ab, und Berichte aus dem Jahre 1940 lassen erkennen, daß es bis dahin in Linz nur eine einzige treue Schwester gab.

Im Westen, nahe der Grenze zu Liechtenstein, in Feldkirch, hatte der Zollbeamte Wilhelm Coreth schon im Jahre 1922 seinen Arbeitskollegen Zeugnis gegeben. Demzufolge hörten Agathe Thaler und ihre Mutter, die zu der Zeit in der Ortschaft Lauterach lebten, die gute Botschaft. Es wurde eine Diskussion im Haus von Agathes Eltern vereinbart, der der Priester aus dem Ort beiwohnte. Zwischen 20 und 25 Personen waren anwesend. Der Priester vermochte nicht eines der biblischen Argumente zu widerlegen. Das Ergebnis? Die ganze Familie nahm die Wahrheit an. Im Jahre 1925 wurde dann die Stadt Dornbirn Zentrum der Zusammenkünfte, und aus der nahe gelegenen Schweiz kamen Brüder, um Vorträge zu halten. Johann Brotzge, der schon 1917 zum ersten Mal von der Wahrheit gehört hatte, hatte auch schon so weit Fortschritte gemacht, daß er Vorträge halten konnte.

Der im ganzen Land erreichte Fortschritt spiegelt sich in der Zahl der Gedächtnismahlbesucher wider. Im Jahre 1926 berichteten Wien 312 Anwesende, Graz 43, Klagenfurt 26 und einige andere Orte zusammengefaßt 52.

Im gleichen Jahr wurde die Aufsicht über das Königreichswerk in Österreich dem deutschen Zweigbüro übertragen. Ein fähiger Bruder wurde nach Österreich gesandt, um die erforderliche örtliche Aufsicht zu übernehmen.

Vorandrängen trotz Drangsalen

In jenen Tagen wurde das Predigtwerk unter schwierigen Verhältnissen durchgeführt. Jeder, der die gute Botschaft vom Königreich Gottes verkündigte, machte bald die Bekanntschaft mit der Gendarmerie. Das war besonders in ländlichen Gebieten der Fall.

Eines Tages mieteten die Brüder einen Bus, um einige Dörfer des Waldviertels (ein ländliches Gebiet nördlich von Wien) aufzusuchen und dort Predigtdienst zu verrichten. Aus irgendeinem Grund wurden sie bei ihrer Ankunft schon erwartet. Am Dorfeingang sahen sie sich einer vom Dorfgeistlichen aufgehetzten Bevölkerung gegenüber. Unter ihnen waren auch Männer mit Stahlhelmen und Gewehren, die zur sogenannten „Heimwehr“, einer Art Bürgermiliz, gehörten, verstärkt durch einige Gendarmen. Kaum hatten die Brüder den Bus verlassen, wurden sie auch schon tätlich angegriffen, und sämtliche Literatur wurde ihnen weggenommen.

Es ist zu verstehen, daß die Brüder nun bei der Bearbeitung ländlicher Gebiete den Bus schon außerhalb der Ortschaften verließen und Umwege einschlugen, um in die Ortschaften zu kommen. Doch auch die Feinde der Wahrheit paßten ihre Vorgangsweise schnell der neuen Methode der Brüder an. Manche Gebiete waren fest in den Händen der Geistlichkeit, und die örtliche Gendarmerie war nur zu schnell bereit, mit ihnen zusammenzuarbeiten und gegen die Brüder vorzugehen.

Die Feindseligkeiten, denen sich die Brüder gegenübersahen, schienen jede Facette des Lebens zu berühren, ja sie schienen manchmal sogar mit dem Tod noch nicht zu Ende zu sein. Es war im Jahre 1923, als das Ehepaar Geisberger, das nahe der Kleinstadt Schärding wohnte, die Wahrheit annahm und sich von der katholischen Kirche zurückzog. Es dauerte nicht lange, und Schwester Geisberger verlor ihre Stellung als Handarbeitslehrerin. Dann, als ihr Gatte verstarb, setzte es sich der Ortsgeistliche zum Ziel, zu verhindern, daß Bruder Geisberger auf dem Ortsfriedhof beerdigt würde. Von Rechts wegen konnte natürlich niemandem eine Beerdigung dort verweigert werden. Die Brüder legten die Angelegenheit dem Bezirkshauptmann vor. Welche Vorkehrungen konnten nun getroffen werden, um diesen Mann zu beerdigen, der gläubig und entschlossen gewesen war, in Harmonie mit der Bibel zu leben? Das Begräbnis durfte dann in jenem Teil des Friedhofes stattfinden, der den Selbstmördern vorbehalten war. Es wurde jedoch Bruder Wetzel aus Wien erlaubt, die Beerdigungsansprache zu halten.

Als Christen verfolgt

Die Bibel verschweigt nicht die Tatsache, daß es Härten mit sich bringt, wenn man sich in dieser Welt als Christ erweist. Jesus sagte seinen Nachfolgern: „Behaltet das Wort im Sinn, das ich euch gesagt habe: Ein Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen ... Alle diese Dinge aber werden sie euch um meines Namens willen antun, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat“ (Joh. 15:20, 21). Dies war gewiß auch die Erfahrung derer, die während jener Zeit in Österreich entschlossen waren, in den Fußstapfen Jesu Christi zu wandeln. Manchmal kam die Gegnerschaft von engen Familienangehörigen, so wie Jesus es im voraus gesagt hatte (Mat. 10:32-39). Dies hinderte die Brüder jedoch nicht, ihren Stand auf der Seite des Königreiches Gottes einzunehmen.

Beatrice Lojda war Sprecherin der sozialistischen Bewegung, und sie hatte sich für die Wahl in den Nationalrat (die gewählte Volksvertretung) aufstellen lassen. Eine ihrer Freundinnen — ihr Name war Bretschneider —, die sie von ihrer politischen Tätigkeit her kannte, war eine Zeugin Jehovas geworden und sprach verständlicherweise zu ihr über Gottes Königreich. Beatrice war in das Hotel Continental eingeladen worden, um dort einen Vortrag zu hören. Das war jenes Hotel, in dem Bruder Russell im Jahre 1911 vergeblich versucht hatte, eine Ansprache zu halten. Beatrice glaubte nicht an Gott und tat die Sache vorerst mit der Bemerkung ab: „Gott müßte sich zuerst einmal bei mir vorstellen.“ Doch sie wollte ihrer Freundin eine Freude machen und ging somit hin, um sich den Vortrag anzuhören. Sie konnte nicht umhin, schon während der Ansprache mehrmals zu Schwester Bretschneider zu sagen: „Das ist die Wahrheit! Das ist die Wahrheit!“

Es nahm nicht viel Zeit in Anspruch, und Beatrice Lojda zog sich aus dem politischen Leben zurück in Übereinstimmung mit den Worten Jesu, der zu seinen Jüngern sagte: „Ihr nun [seid] kein Teil der Welt“ (Joh. 15:19). Mit einem Schlag setzten Schwierigkeiten ein. Ihr Mann drohte ihr mit Scheidung, es sei denn, sie „komme wieder zu Sinnen“, wie er sich ausdrückte. Aber sie blieb fest, und dies treu bis zu ihrem Tod.

Franz Monfreda aus Salzburg war ein eifriger Katholik, doch schließlich erreichte die Wahrheit sein Herz. Er verließ am 12. März 1927 die katholische Kirche und gab sein Leben Jehova Gott hin. Seine Familie war darüber nicht erfreut und überhäufte ihn mit Spott und bitterer Feindschaft. Dies führte sogar so weit, daß er sowohl sein Haus wie auch sein Lebensmittelgeschäft verlor. Sein Glaube wurde auf eine harte Probe gestellt, denn es dauerte geraume Zeit, bis er wieder eine andere Beschäftigung fand. Aber er hielt treu zu Jehova. Was sagte er später über jene Zeit? „Heute bin ich glücklich, daß ich diese Zeit durchgestanden und mich fest an die Wahrheit geklammert habe. Jehovas Arm hat sich nie als zu kurz erwiesen.“ (Vergleiche Jesaja 59:1.)

Als nur e i n Fahrrad zur Verfügung stand

Die Brüder im Gebiet von Riedlingsdorf (Burgenland) bekundeten besonderen Eifer im Werke des Herrn. Ihr Predigtdienstgebiet war weit ausgedehnt, und es gab kaum Transportmittel. An den Besitz eines Motorrades, geschweige denn eines Autos war gar nicht zu denken. Viele besaßen nicht einmal ein Fahrrad. Einige Brüder gingen daher im Predigtdienst folgendermaßen vor:

Zuerst ging ein Bruder ein Stück des Weges zu Fuß und predigte in den Häusern entlang der Straße. Ein zweiter Bruder fuhr mit dem Fahrrad ein Stück voraus und ließ es an einer vereinbarten Stelle stehen. Dann setzte er den Dienst zu Fuß fort. Der erste Bruder kam darauf zu der Stelle, wo das Fahrrad abgestellt war, stieg auf und fuhr damit bis zum nächsten vereinbarten Platz. Wenn das Fahrrad einen Kilometerzähler gehabt hätte, wäre eine gewaltige Anzahl an Königreichspredigtkilometern zusammengekommen.

Da den Brüdern nur der Sonntag für ihre Felddiensttätigkeit verblieb, kauften sie ihre Zeit voll aus. Bisweilen verließen sie ihr Heim um 3 Uhr morgens und kehrten erst spätabends wieder zurück. Ganzherziger Einsatz kennzeichnete ihren Dienst.

Der Kampf um gesetzliche Rechte

Es war nicht ungewöhnlich, daß angesichts der Ausdehnung des Predigtwerkes Brüder wegen ihrer Predigttätigkeit vor die Behörden geladen wurden. Soweit sie dazu in der Lage waren, verteidigten sie sich selbst. In anderen Fällen wurde Rechtshilfe geleistet, aber die rechtlichen Schritte führten nicht immer eine Entscheidung zu ihren Gunsten herbei.

Doch noch viel schwieriger, als Bestrafungen abzuwenden, erwies sich das Bemühen, die gesetzliche Eintragung eines Zweiges der Watch Tower Society zu erreichen. An eine gesetzliche Anerkennung als religiöse Organisation war zu jener Zeit gar nicht zu denken. Die Brüder versuchten, zumindest die Eintragung als Verein zu erwirken, doch die Behörden waren ablehnend. Ihr Argument lautete sinngemäß: „Sie haben die Absicht, eine religiöse Organisation zu bilden, aber eine Organisation dieser Art kann gemäß dem österreichischen Gesetz nicht gebildet werden.“

Die Brüder legten beim Verfassungsgericht Berufung ein und beklagten sich, daß ihnen das gesetzliche Recht verwehrt worden sei, einen Verein zu bilden. Mit dem abweisenden Bescheid vom 7. Dezember 1929 reagierten die Glieder des Verfassungsgerichts prompt gegen die Berufung der Brüder. Als nächstes versuchten die Brüder, wenigstens die Eintragung eines Vereins zu erwirken, der lediglich der Verbreitung der Bibel und biblischer Literatur dienen sollte, ohne dabei religiöse Funktionen auszuüben. Dieser Antrag wurde nicht zurückgewiesen. Somit konnte am 24. Mai 1930 ein lokaler Verein gegründet werden, der den Brüdern als Rechtsinstrument diente.

Mit der rechtlichen Anerkennung der Wachtturm-Gesellschaft waren aber die Schwierigkeiten, mit denen die Brüder zu kämpfen hatten, keineswegs zu Ende. Jehovas Diener hielten jedoch an ihrer biblischen Verpflichtung fest. Sie erkannten, daß auch den Amtspersonen ein Zeugnis gegeben werden muß (Mar. 13:11).

Neue Versammlungen, wachsende Anwesendenzahlen

Um nicht zu viele Kontroversen auszulösen, hatten die Brüder beschlossen, davon Abstand zu nehmen, größere Zusammenkünfte abzuhalten. Nur das Photo-Drama der Schöpfung, das in Wien im Jahre 1922 zum ersten Mal vorgeführt worden war, wurde auch in kleineren Provinzstädten gezeigt.

In manchen Gebieten waren bei den Versammlungszusammenkünften dennoch beträchtlich viele anwesend. Das traf auch auf die Stadt Leoben zu, in der Eduard Payer Vollzeitdienst verrichtete. Vor seiner Ankunft hatte noch niemand so recht von den Bibelforschern gehört. Er predigte mit so großem Eifer, daß in kurzer Zeit die Zahl der Besucher bei den Zusammenkünften auf 200 Personen anstieg. Um 1932 diente er in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark. Auch hier waren es einige hundert, die zu den Zusammenkünften kamen. Einer der Zuhörer war Leopold Pitteroff, früher ein Angehöriger der französischen Fremdenlegion, der sich nun für die Wahrheit interessierte. Später sperrte man ihn in ein Konzentrationslager, wo er sich als treu erwies. Die Zahl der organisierten Bibelstudiengruppen (oder auch Klassen, wie sie damals genannt wurden) war in Österreich bereits auf 30 angestiegen.

Zunehmende Gegnerschaft

Zu jener Zeit ergab sich ein Wechsel in der politischen Szene, der den Geistlichen, die ja hauptsächlich unsere Gegner waren, sehr gelegen kam. Der christlich-soziale Politiker Dr. Engelbert Dollfuß hatte am 20. Mai 1932 sein Amt als Bundeskanzler angetreten. Bei dieser Gelegenheit erhielt er ein Glückwunschtelegramm von Kardinal Pacelli, dem päpstlichen Staatssekretär. Während seiner Amtszeit kam es zu spürbaren Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten. Geschickt nützte er im Jahre 1933 eine Notsituation aus, um einen Vorwand zu haben, das Parlament auszuschalten. Da er nun alle Fäden in der Hand hatte, errichtete er das, was er „die erste katholische Musterregierung in Europa“ nannte. Klerikale Kreise beschrieben Dollfuß als das Ideal eines katholischen Staatsmannes.

Würde es unter diesen Umständen überraschen, wenn Versuche unternommen würden, unsere Zusammenkünfte zu verbieten? In Graz, wo Hunderte unsere Zusammenkünfte besuchten, wurde bald darauf ein solches Verbot ausgesprochen. Die Brüder ließen sich nicht einschüchtern. Sie legten sogleich Berufung ein, der auch stattgegeben wurde, da auf seiten der Brüder keine Gesetzesübertretung vorlag. Die Behörden entzogen jedoch einigen Pionieren die Aufenthaltsgenehmigung, und diese waren somit gezwungen, die Stadt zu verlassen. Nahezu jede Woche gab es irgendwelche Falschanklagen gegen die Brüder. Eine katholische Zeitschrift forderte die Regierung auf, unserem christlichen Werk ein Ende zu setzen, und ließ damit klar erkennen, wer hinter diesen Aktionen stand.

Gerade zur rechten Zeit leistete Jehovas Organisation erbauende Hilfe. Weil Bruder Rutherford im Jahre 1933 nicht kommen konnte, wie er es geplant hatte, sandte er N. H. Knorr und M. C. Harbeck, die mit den Brüdern im Etablissement Wimberger in Wien zusammenkamen. Diese Zusammenkunft trug sehr zur Stärkung der Brüder bei.

Zensur und Beschlagnahme von Literatur

In Harmonie mit den klaren Aussagen der Bibel, daß die Menschenherrschaft dem himmlischen Königreich Gottes Platz machen muß, hoben unsere Publikationen freimütig die traurigen Ergebnisse der Menschenherrschaft hervor (Dan. 2:44; 7:13, 14, 27). Die Regierungsbehörden nahmen an solchen Erklärungen Anstoß, da sie sich dadurch in ein schlechtes Licht gerückt sahen. Als Folge kam es in den frühen 30er Jahren zu einer Reihe von Beschlagnahmen unserer Literatur.

In den Jahren 1933 bis 1934 wurden die Brüder fast Woche um Woche von den Behörden vorgeladen, und sie mußten sich alle Arten von Einwänden anhören. Die Behörden verlangten dann auch oft, daß gewisse Absätze in den Publikationen unleserlich gemacht wurden. Um ganz sicher zu sein, daß alle betreffenden Absätze auch wirklich unleserlich gemacht wurden, wies man einen Polizisten an, seinen Posten im Büro der Gesellschaft zu beziehen. Die Arbeit zog sich manchmal in die Länge, und es mochte Mitternacht werden. Und da das „Auge des Gesetzes“ zuweilen auch müde wurde, blieben manche Passagen in den Publikationen nach allem doch noch leserlich.

Politische Unruhen bringen Einschränkungen mit sich

Die Gegensätze zwischen den verschiedenen politischen Parteien verschärften sich dramatisch. Der sozialdemokratische „Schutzbund“ (eine Art paramilitärische Einheit innerhalb der Partei) setzte sich zur Wehr. Der Widerstand der Arbeiterbewegung wurde im Februar 1934 brutal niedergeschlagen. Die sozialdemokratische Partei wurde verboten. Weitere Einschränkungen der persönlichen Freiheit folgten.

Wie zur Bestätigung, daß für Österreich eine neue Ära begonnen hatte, erhielt es im Mai 1934 eine neue Verfassung. Die einleitenden Worte klingen wie ein Glaubensbekenntnis: „Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständiger Grundlage diese Verfassung.“ Im benachbarten Deutschland hingegen saß Hitler, ebenfalls ein Katholik, der jedoch eine unterschiedliche politische Ideologie vertrat, bereits fest im Sattel. Im Juli wurde Österreichs Bundeskanzler Dr. Dollfuß von einem Anhänger der nationalsozialistischen Partei Hitlers ermordet.

Auch die kommenden Monate, in denen die Regierungsgewalt in den Händen von Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg lag, brachten jenen, die „Gott, dem Allmächtigen“, wirklich zu dienen suchten, keine Erleichterung. Noch immer wurde ihnen biblische Literatur weggenommen, und man brachte sie weiter vor die Schranken der Gerichte. In zahlreichen Fällen wurden auch öffentliche biblische Zusammenkünfte verboten.

Die Behörden lösen die Vereinigung auf

Schließlich kam es soweit, daß der Bundessicherheitskommissär für Wien mit dem Bescheid vom 10. September 1934 die Wachtturm-Gesellschaft, das rechtliche Instrument, dessen sich Jehovas Zeugen bedienten, auflöste. Aufgrund einer Berufung seitens der Brüder wurde jedoch dieser Bescheid durch das Bundeskanzleramt, in seiner Eigenschaft als Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, wieder aufgehoben.

Doch die Behörden, die besonders darauf aus waren, das Werk der Zeugen Jehovas auszulöschen, gaben nicht auf. Sowohl am 17. Juni als auch am 17. Juli 1935 erließ diesmal der Sicherheitsdirektor des Bundes den Bescheid, daß die „Wachtturm-Gesellschaft, Zweigstelle der Watch Tower Bible and Tract Society, Brooklyn, N.Y.“ aufgelöst worden sei. Wieder versuchten die Brüder, gegen diesen Bescheid Einspruch zu erheben, doch diesmal war es vergebens.

Trotz Hindernissen die Königreichsinteressen an die erste Stelle gesetzt

Die Brüder setzten den Haus-zu-Haus-Dienst fort, gingen dabei jedoch sehr vorsichtig vor. Trotz ihrer Vorsicht wurde des öfteren jemand festgenommen und zu einer Geldstrafe oder ersatzweise zu einer Haftstrafe verurteilt. Obwohl das einige Wochen Arrest bedeuten mochte, zogen sie eine Haftstrafe dem Bezahlen einer Geldstrafe vor, da sie im Sinn hatten, auf diese Weise ein Zeugnis geben zu können.

Leopold Engleitner trat in jenen Tagen der Unruhe und der wirtschaftlichen Unsicherheit den Vollzeitdienst an. Im Jänner 1934 begab er sich in ein ihm zugeteiltes Gebiet in der Obersteiermark, wo bis dahin kaum ein Zeugnis gegeben worden war.

Der Nationalsozialismus hatte in der Obersteiermark bereits einen starken Einfluß gewonnen. Als Folge war in einigen Gebieten der Ausnahmezustand erklärt worden. Dies traf auf Schladming zu, das wegen der von Nationalsozialisten verursachten Unruhen durch eine Art Bürgermiliz besetzt war. Im Hinblick auf den Ernst der Situation trug Bruder Engleitner nur ein wenig Literatur in seiner Jackentasche mit sich, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Er bearbeitete zuerst die Randgebiete einer Ortschaft und bot Literatur nur Personen an, von denen er dachte, daß sie vertrauenswürdig seien.

Eines Tages wurde er verhaftet. Auf dem Gendarmerieposten wurde er gefragt, ob er Waffen mit sich führe. Unser Bruder bejahte dies, zog die Bibel hervor und legte sie vor ihnen offen auf den Tisch (Eph. 6:17). Die anwesenden Gendarmen brachen in Gelächter aus, und nachdem sie sich davon erholt hatten, wurde er entlassen.

Die Geistlichkeit hingegen war wegen dieses einen Dieners Jehovas sehr beunruhigt. Wann immer er seine Tätigkeit in einer größeren Ortschaft begann, sorgte sie dafür, daß jeder darüber informiert wurde, auch die Gendarmerie. Bruder Engleitner wurde immer wieder verhaftet. Bald folgten Arreststrafen. Anfangs nur für 48 Stunden. Die Strafen wurden jedoch länger und länger. Schließlich mußte Bruder Engleitner seine Tätigkeit in ein anderes Gebiet verlegen.

In seinem neuen Gebiet war er bemüht, kein Haus zu übersehen, ja selbst nicht in einem abgelegenen Gebirgstal. Und dort, wo niemand zu Hause war, ließ er etwas zum Lesen zurück.

In einem Fall kam der Knecht als erster nach Hause. Er fand das Traktat, las es sorgfältig, bestellte mehr Literatur und wurde schließlich ein treuer Bruder. Erst 32 Jahre später lernte er Bruder Engleitner durch Zufall auf einem Bezirkskongreß kennen.

Warum waren sie anwesend?

Eine Episode aus der Ortschaft Riedlingsdorf vermittelt uns ein klares Bild von den damals vorherrschenden Spannungen. In der Ortschaft war eine Beerdigung angesetzt, und Bruder Ronovsky aus Wien sollte die Ansprache halten. Beerdigungsansprachen boten damals die einzige Möglichkeit, einer größeren Personengruppe Zeugnis zu geben. Als jedoch unser Bruder an das Grab trat, war er über den ungewöhnlichen Rahmen überrascht. Fünfzig Mann der Gendarmerie und der „Heimwehr“ (Bürgermiliz) standen ihm mit ihren Helmen auf dem Haupt und den Gewehren in der Hand gegenüber — wie es schien, einsatzbereit. Es waren etwa 100 Personen gekommen, auch der Ortspfarrer. Unser Bruder versuchte, so gut er nur konnte, ein Zeugnis über Jehova Gott, seinen Sohn und die Auferstehungshoffnung zu geben. Doch warum waren diese bewaffneten Männer dort?

Bruder Ronovsky erfuhr erst später den Grund für seine nervenaufreibende Erfahrung. Die Brüder aus der Ortschaft erzählten ihm, daß die Männer von der Gendarmerie und der Bürgermiliz sehr erstaunt waren, Erklärungen aus der Bibel zu hören, denn der Pfarrer hatte zuvor das Gerücht verbreitet, daß wir Kommunisten seien, die es auf den Sturz der Regierung abgesehen hätten.

Unter gesetzlichen Einschränkungen zusammenkommen

Ab dem Jahre 1935 konnten die Zusammenkünfte nicht mehr in der Öffentlichkeit abgehalten werden. Alle Wachtturm-Studien waren verboten worden. Dies galt sogar für Privatwohnungen. Einmal begründeten die Behörden dies damit, daß die öffentliche Sicherheit in Gefahr sei, und ein andermal damit, daß die katholische Bevölkerung an solchen Zusammenkünften Anstoß nehme. Gottes Wort gebietet jedoch: „Laßt uns unser Zusammenkommen nicht aufgeben“ (Heb. 10:25).

Die Brüder kamen weiterhin zusammen, jedoch nur in Privatwohnungen und dabei in kleinen Gruppen zwischen acht und zehn Personen. Der Ort der Zusammenkunft wurde ständig gewechselt. Auf diese Weise zogen sie nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich. Bei ihrem Beisammensein besprachen sie die Bibel mit Hilfe des Wachtturms oder anderer Publikationen, wie z. B. Die Harfe Gottes, Schöpfung, Prophezeiung, Regierung und Licht. Sie lauschten auch biblischen Ansprachen auf Schallplatten, sofern sie solche zur Verfügung hatten. Trotz des Verbotes durch die Regierung nahm Gottes Volk beständig an Zahl zu.

Auch wenn es besonderer Anstrengungen bedurfte, setzten es sich die Brüder zum Ziel, regelmäßig mit ihren Mitbrüdern Gemeinschaft zu pflegen. Da die tschechoslowakische Stadt Bratislava (Preßburg) nicht weit von Wien entfernt liegt, mieteten die Brüder aus Wien jedes zweite Wochenende einen Bus speziell zu dem Zweck, nach Bratislava zu fahren und dort das Wachtturm-Studium abzuhalten. Am 9. Juni 1935 wohnten Brüder aus Österreich einer Bezirksversammlung in Marburg (Maribor [Jugoslawien]) bei, und im Jahre 1936 reisten sie zu einem Kongreß nach Luzern in der Schweiz. In Österreich nahmen die Spannungen jedoch fortwährend zu.

Vorbereitungen auf die zu erwartende Verfolgung

Berichte aus Deutschland gaben einigermaßen Einblick in all das, was unsere Brüder dort zu erdulden hatten, und dies ließ die Verkündiger in Österreich schaudern. Sie beteten zu Jehova, er möge auch ihnen, wenn erforderlich, die nötige Kraft verleihen, damit sie solche Leiden und Schmerzen ertragen könnten und treu bleiben würden. Aber es war noch nicht soweit.

Im Sommer 1937 wurden alle, die dazu in der Lage waren, eindringlich aufgefordert, einem Kongreß beizuwohnen, der in Prag (Tschechoslowakei) geplant war. Drei Busse waren erforderlich, um all jene zu befördern, die sich für die Reise von Wien nach Prag gemeldet hatten. Es war nahezu eine Tagereise. Jedoch nicht alle konnten es sich leisten, mit dem Bus zu reisen. Bruder Engleitner und fünf andere Brüder aus Bad Ischl und Umgebung bewältigten die Strecke von 360 Kilometern mit dem Fahrrad.

Alle, die dem Kongreß beiwohnten, hatten das Gefühl, daß dies wahrscheinlich die letzte große Zusammenkunft sein würde, deren sie sich noch in Freiheit erfreuen könnten. Die Themen der Ansprachen eigneten sich ausgezeichnet dazu, die Brüder für die kritischen Zeiten, die vor ihnen lagen, vorzubereiten. Im Verlauf des Kongresses wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß die Brüder mit Riesenschritten einer Zeit schwerer Prüfungen entgegengingen. Die Brüder wurden durch besondere Anweisungen hinsichtlich des Verhaltens unter Verfolgung gestärkt. Sie wurden vor allem davor gewarnt, irgendwelche Listen mit Namen von Brüdern aufzubewahren, um zu vermeiden, daß im Fall von Hausdurchsuchungen andere in Gefahr kamen (Mat. 10:16). Das standhafte Ausharren der Brüder in Deutschland wurde immer wieder als ein vorzügliches Beispiel hervorgehoben. Die Kongreßbesucher wurden angespornt, treu auszuharren und gehorsam zu sein, und zwar im vollen Vertrauen zu Jehova, ganz gleich, was geschehen mochte (Spr. 3:5, 6).

Und so kam der Kongreß zum Abschluß. Schweren Herzens sangen alle: „Gott mit dir, bis wir uns wiedersehn!“, und dann sagten sie Lebewohl zu ihren Brüdern und der gastlichen Stadt Prag. Viele Tränen wurden beim Auseinandergehen vergossen. Allen war nun klar, warum sie angespornt worden waren, diesem Kongreß beizuwohnen.

Als deutsche Truppen die Grenze überschritten

Alles wies darauf hin, daß bald mit einem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich zu rechnen war. Einige erwarteten sehnlichst einen wirtschaftlichen Aufschwung, sobald Österreich an Deutschland angeschlossen worden sei. Doch diejenigen, die nicht mit der Ideologie Hitlers einiggingen, befürchteten Repressalien. Was die Brüder anbelangt, sie waren sich dessen bewußt, daß ihre Loyalität gegenüber Jehova ganz sicher geprüft würde. Wie befürchtet, setzten sich Hitlers Truppen in Bewegung und überschritten am 12. März 1938 die österreichische Grenze.

Ungefähr eine Woche zuvor war angesichts der zu erwartenden Ereignisse das Eigentum der Watch Tower Society in Wien verkauft worden. Dann verließ der verantwortliche Bruder zusammen mit seiner Frau Österreich in Richtung Schweiz. Als die Brüder im Land dies erfuhren, fragten sie sich: „Was hat das alles zu bedeuten?“ „Wie soll das Werk weitergehen?“ „Woher werden wir die geistige Speise erhalten?“

Bruder August Kraft, auch als Kraftzig bekannt, der im Büro der Gesellschaft gearbeitet hatte, wurde es auch freigestellt, Österreich zu verlassen. Er erklärte jedoch: „Ich möchte bei den Schafen bleiben.“ Liebevoll ermunterte und stärkte er sie, und er kümmerte sich um sie. Wie dankbar waren sie für diesen gottesfürchtigen Bruder und Hirten, der so liebevoll für sie sorgte, obwohl sein Name bereits auf der Liste derer stand, auf die die deutsche Gestapo Jagd machte. Er war ständig unterwegs, besuchte die Brüder in Innsbruck, Klagenfurt und anderen Teilen des Landes. Äußerst vorsichtig begab er sich spät abends in die Wohnungen der Brüder und verließ sie wieder früh am Morgen des nächsten Tages.

Forderungen der neuen Machthaber

Der 10. April erwies sich als ein Tag voller Spannung. Die österreichische Bevölkerung sollte durch Abstimmung entscheiden, ob sie einem Anschluß Österreichs an Deutschland zustimmte. Dies war aber in Wirklichkeit schon lange zuvor entschieden worden. Niemandem konnte die nachdrückliche Aufforderung an die Öffentlichkeit entgehen, die überall an den Plakatwänden zu lesen war: „Dein JA für Hitler“.

Was taten die Brüder? Was auch immer sie tun würden, sie waren sich dessen bewußt, daß man Mittel hatte, bei der Auszählung der Stimmen herauszufinden, welche Entscheidung der einzelne Wähler getroffen hatte. Johann Viereckl aus Wien ging frühmorgens am Wahltag in den Wald und kehrte erst spätabends zurück, als es bereits dunkel war. Wie ihn Nachbarn später wissen ließen, waren Abgesandte des Wahlausschusses fünfmal an seine Tür gekommen. Ohne dies vorher abzusprechen, hatten andere Brüder in dem Bemühen, ihre Neutralität zu bewahren, das gleiche getan. Doch eines war den Brüdern klar geworden: Die neuen Machthaber hatten sie im Auge.

Um ihrer Übereinstimmung mit dem neuen Regime Ausdruck zu verleihen, wurde von den Leuten verlangt, ihre Fenster mit der Hakenkreuzfahne zu schmücken. Schwester Altenbuchner, die in der Kleinstadt Knittelfeld lebte, hatte eine Wohnung an der Straßenseite. Örtliche Vertreter des Regimes traten immer und immer wieder mit der Aufforderung an sie heran, die Hakenkreuzfahne aus ihrem Fenster zu hängen. Sie wurde darauf aufmerksam gemacht, daß sie sonst die ganze Nachbarschaft gegen sich haben werde. Offensichtlich stand sie einer geschlossenen Front gegenüber. Doch aus Gewissensgründen entschloß sie sich, keine Fahne hinauszuhängen. Die Folgen: Aufgrund eines Gerichtsbeschlusses mußte sie die Wohnung an der Straßenfront aufgeben, und es wurde ihr eine auf der Hofseite zugewiesen. Dort wurde das Hinaushängen einer Fahne nicht verlangt. Das war eine Lösung, mit der sie nicht gerechnet hatte.

Vorkehrungen für die benötigte geistige Speise

Nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich konnten es die Brüder in Wien noch eine Zeitlang einrichten, im kleinen Rahmen zusammenzukommen — aber mit viel Vorsicht. In den Studiengruppen in jedem Wiener Gemeindebezirk trug jeweils ein Bruder die Verantwortung, für die geistige Speise zu sorgen.

Anfangs reiste Bruder Kraft nach Vorarlberg, um dort Wachtturm-Ausgaben abzuholen, die von Brüdern aus der Schweiz über die Grenze gebracht wurden. Auf dem Weg nach Wien machte er Zwischenaufenthalt in Innsbruck, um sich mit Bruder Defner und Bruder Setz zu treffen, die die Ausgaben für Tirol entgegennahmen. Bruder Setz verstaute das kostbare Material unter dem Brennholz, das er auf der Rückseite seines Hauses aufgeschichtet hatte. Das alles klingt recht einfach. Doch man darf nicht vergessen, daß die Gestapo und ihre Informanten überall waren.

Mutige Schwestern übernehmen wichtige Aufgaben

Ohne Verzug traf Bruder Kraft Vorkehrungen, so daß die Versorgung der Brüder mit geistiger Speise auch im Falle seiner Verhaftung fortgesetzt werden konnte. Mutige Schwestern schätzten sich glücklich, sich für die Arbeit zur Verfügung zu stellen. Therese Schreiber aus Wien war eine von ihnen. Bruder Kraft unterwies sie in der Herstellung von Wachtturm-Ausgaben mit einem einfachen Vervielfältigungsapparat.

Diese Art der Untergrundtätigkeit nahm viel von ihrer Zeit in Anspruch, doch sie fand eine Teilzeitbeschäftigung, die es ihr ermöglichte, für sich und ihre Mutter zu sorgen. Sie war bemüht, so vorsichtig wie nur möglich zu sein. Eine Anzahl Brüder war bereits verhaftet worden, und zudem war ihre Mutter schwer herzkrank. Wie würde es wohl der Mutter ergehen, wenn es zur Verhaftung ihrer Tochter käme? Sie tröstete ihre Mutter immer wieder und versicherte ihr, daß Jehova sie bestimmt nicht verlassen würde.

Auch andere mutige Schwestern waren bereit, den Interessen Jehovas zu dienen, ganz gleich, wofür sie benötigt würden. So erklärte sich Schwester Stadtegger aus Wels bereit, in den westlichen Landesteil zu reisen und den Brüdern in Tirol Studienmaterial zu überbringen. Dies tat sie so lange, bis sie der Gestapo in die Hände fiel. Ohne ein Gerichtsverfahren wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert. Sie kam nie wieder zurück. Einige Zeit später wurde auch ihr Mann eingesperrt.

Hat sich Satan als siegreich erwiesen?

Nachdem Bruder Kraft im Mai 1939 wieder einmal die Brüder besucht hatte, um sie zu stärken, war ihm nur ein kurzer Aufenthalt in seiner bescheidenen Wiener Wohnung beschieden, denn die Gestapo schlug erbarmungslos zu. Er wurde am 25. Mai verhaftet. Die Tore der Vernichtungsmaschinerie des Konzentrationslagers Mauthausen öffneten sich, und dort wurde sein Leben ausgelöscht. Tiefe Trauer erfüllte die Herzen der Brüder, als sie von seinem Tod hörten. Er ist vielen wegen seiner außergewöhnlichen Liebe zu Jehova und zu seinen Brüdern in Erinnerung.

Hatten sich Satan und seine Handlanger als siegreich erwiesen, weil sie diese Diener Gottes verhaften und einkerkern und einige sogar zu Tode bringen konnten? Im Gegenteil! Wie aus dem Fall Hiobs hervorgeht, behauptet Satan, daß ein Mensch Jehova nur dient, solange für ihn alles gutzugehen scheint. Somit hat jeder Zeuge, der sich unter Bedrückung als treu erwies, zu der Fülle von Beweisen beigetragen, daß der Teufel ein großer Lügner ist und sie Jehova, den wahren Gott, mit ganzem Herzen lieben. Jehova wird alle seine Loyalen reichlich belohnen (Hiob 1:6-12; 2:1-5; Jak. 5:11).

Zwei Arten von Speise in Einkaufstüten

Der Bruder, der mit der Verantwortung für das Predigtwerk betraut worden war, arbeitete nicht im Büro der Gesellschaft, sondern er führte ein kleines Lebensmittelgeschäft, um für sich und seine Frau zu sorgen. Es war Peter Gölles. „Ohne irgendeine organisatorische Unterweisung zu erhalten“, wie er sagte, wurde er gebeten, darauf zu achten, daß die Tätigkeit des Volkes Gottes, soweit es unter den bedrückenden Umständen möglich war, fortgesetzt werde.

Da nun Bruder Kraft nicht mehr länger unter ihnen war, mußte Bruder Gölles Vorkehrungen für die Vervielfältigung von Studienmaterial treffen und für die Verteilung im ganzen Land sorgen. Nachts arbeitete er in kalten Kellerräumen, und tagsüber stand er in seinem Lebensmittelladen. Literatur wurde durch Kuriere überbracht, da es zu unsicher war, sich der Post zu bedienen. Die eingehenden Spenden reichten nicht immer, um die Reisekosten zu decken, und so zahlte Bruder Gölles das Fehlende aus seiner eigenen Geldbörse. Da Kunden öfter ihr Gemüse oder andere Lebensmittel in Papier verpackt entgegennahmen, fiel es gar nicht weiter auf, wenn Leute das Geschäft mit Papiertüten verließen, die einen anderen Inhalt hatten. Einige Zeit hindurch konnten die Kuriere und auch Brüder aus Wien auf diese Weise geistige Speise im Geschäft von Bruder Gölles erhalten.

Unterstützung für den verantwortlichen Bruder

Es wurde von 1938 an zunehmend schwieriger, die Kontakte mit der Schweiz und den Niederlanden aufrechtzuerhalten, um wenigstens einige Wachtturm-Ausgaben in das Land zu bringen. Zufolge von Verhaftungen waren viele Kontakte abgebrochen, und Reisen mit dem Zug, die eine Woche oder mehr in Anspruch nahmen, waren erforderlich, um geistige Speise aus dem Ausland herbeizuschaffen. Bruder Gölles versuchte, über Preßburg (Tschechoslowakei) Nachschub zu bekommen, indem er Schwester Kattner bat, von dort aus Studienmaterial zu bringen. Diese Verbindungslinie wurde aber auch bald unterbrochen.

In jenen Tagen erschien ein gewisser Ernst Bojanowski. Er kam aus Deutschland, war aber bereits zuvor mit Brüdern aus Österreich in Kontakt gewesen. Bruder Bojanowski bot Bruder Gölles seine Dienste an und arbeitete zusammen mit Schwester Schreiber an der Vervielfältigung von Studienmaterial. Er vermittelte den Eindruck, ein mutiger Mann mit viel Initiative zu sein. Und er machte auch Fahrten, um Literatur zu überbringen. Bei drei Gelegenheiten taufte er sogar neue Brüder und Schwestern.

In Wien wurde im Keller einer Gärtnerwohnung ein Vervielfältigungsapparat aufgestellt. Seine Verwendung war mit viel Mühe verbunden, denn vor jeder Benutzung mußte er erst aus dem Versteck ausgegraben werden. Trotzdem fiel niemandem auf, was da vor sich ging, da der Eigentümer emigriert und nur der Gärtner, der einer unserer Brüder war, zurückgeblieben war, um nach dem Haus zu sehen.

Im Westen, nahe der italienischen Grenze, waren wiederum andere tätig. Schwester Gelmi vergrößerte Diapositive von Wachtturm-Artikeln, die Bruder Narciso Riet über die italienische Grenze brachte. Sie schrieb dann die Matrizen für die Vervielfältigung, und die Abzüge wurden schließlich zu einer vereinbarten Stelle, auf eine hochgelegene Alm, gebracht. Von dort aus wurde die weitere Verteilung vorgenommen. Außer anderen Treuen waren Schwester Tammerl aus Innsbruck und die beiden Schwestern Entacher (Mutter und Tochter) aus Schwaz an der Verteilung von Studienmaterial an Mitgläubige beteiligt. Sie wußten, was geschehen konnte, wenn sie gefaßt würden, und sie waren darauf vorbereitet, dem zu begegnen.

Ein Bruder arbeitet den Feinden in die Hände

Ganz plötzlich setzte eine neue Verhaftungswelle ein, die sich besonders in den Monaten September und Oktober 1939 auswirkte. Unter den Brüdern war die Rede davon, daß ein Bruder der Behörde Namen preisgegeben habe. In Gestapodokumenten, die heute noch eingesehen werden können, kann man schwarz auf weiß darüber Einzelheiten nachlesen, und zwar im Tagesrapport für Wien mit dem Datum vom 2. November 1939:

„Der im Tagesbericht vom 31. 10. 1939 genannte Kuderna hat zugegeben, daß die illegale Tätigkeit der I.B.V. [Internationale Bibelforscher-Vereinigung] in Wien bis in die jüngste Zeit betrieben wurde. Er gab ferner die Namen der Leiter der I.B.V. in fast sämtlichen Wiener Gemeindebezirken bekannt.“

Johann Kuderna war seit 1924 ein Glaubensbruder. Aus Gründen, die heute nicht mehr bekannt sind, hatte er offensichtlich unbeabsichtigt dem Feind in die Hände gearbeitet.

Ein weiterer Schlag war, daß die Liste, die die Schwestern für die Verteilung der Zeitschriften benutzten, in die Hände der Behörde fiel. Es war nicht schwer, zu verstehen, was mit „20 Stück für Resi“ gemeint war, denn Schwester Schreibers Vorname lautete Therese, und sie wurde kurz „Resi“ genannt. Ohne irgendeine Gerichtsverhandlung wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert. Doch wie stand es um ihre Mutter? Nun, diese war zwei Monate zuvor verstorben.

Mutiges Zeugnis vor Gericht

Es war schon einige Zeit vergangen, als Schwester Schreiber aus dem Konzentrationslager wieder nach Wien zurückgebracht wurde. Was war geschehen? Was hatte man mit ihr vor? Sie sollte es bald herausfinden. Während die Gerichtsverhandlung gegen sie vor dem Landesgericht in Wien ihren Verlauf nahm, bemerkte sie eine Anzahl Wachtturm-Ausgaben auf dem Tisch. Sie waren im Untergrund hergestellt worden, und es kam auch Hitlers Name darin vor. Schwester Schreiber schloß daraus, daß man über ihre Teilnahme sowohl an der Produktion als auch an der Verteilung der Publikationen Bescheid wußte.

„Haben sie diese Abzüge hergestellt?“ fragte der Richter nachdrücklich. Schwester Schreiber hatte schon vor ihrer Verhaftung zu Jehova gebetet, daß er ihr die richtigen Worte in den Mund legen möge, damit sie ein gutes Zeugnis für ihn geben könne. Mit einem festen „Ja“ nahm sie die Verantwortung dafür auf sich.

Schwester Schreiber hatte eine angenehme äußere Erscheinung und ein vornehmes Benehmen. Der Richter, offensichtlich davon beeindruckt, wollte sie freisprechen, doch die Gestapo behielt sie weiter in Gewahrsam und sandte sie zurück in das Konzentrationslager. Eine spätere Verlegung in ein Arbeitslager rettete ihr das Leben, allerdings mußte sie insgesamt fünfeinhalb Jahre Haft ertragen.

Vervielfältigung von Literatur

Es waren schwierige Zeiten für Bruder Gölles, als ein Mitarbeiter nach dem anderen festgenommen wurde. Er versuchte, was die weitere Versorgung mit geistiger Speise anbelangt, sein Bestes. Doch wer würde ihm dabei helfen? Er erinnerte sich an eine Schwester, die sich einige Monate zuvor mit der Bemerkung an ihn gewandt hatte: „Bruder Gölles, ich würde gern etwas für das Werk des Herrn tun.“ Es war Hansi Hron (jetzt Buchner), die im Jahre 1931 getauft worden war. Sie hatte einige Jahre im Ausland verbracht. Jetzt, in dieser kritischen Zeit, war sie nach Österreich zurückgekehrt. Und sie war von Herzen bereit, den schwierigen Dienst eines Kuriers aufzunehmen.

Ludwig Cyranek, der bereits eine zweijährige Gefängnisstrafe in Deutschland abgesessen hatte, nahm, sobald er entlassen worden war, die Untergrundtätigkeit wieder auf und stellte seine Erfahrung den Brüdern in Wien zur Verfügung. Er beteiligte sich an der gefahrvollen Aufgabe, den Wachtturm zu vervielfältigen.

Der Vervielfältiger wurde zuerst an einen bestimmten Platz gebracht, dann aber wieder an einen anderen, da sich die Brüder fragten, ob nicht der Standort bereits verraten worden sei. Während Bruder Cyranek die Matrizen schrieb, diktierten Bruder Josef Schön, der aus Prag gekommen war, und Schwester Anna Voll aus Wien den Text. Ernst Bojanowski, unterstützt von einem anderen Bruder, machte die Vervielfältigungen. Wieder an einem anderen Ort nahm Hansi Hron die Literatur entgegen, um sie den Brüdern zu überbringen.

Erneut mußte der Vervielfältigungsapparat verlagert werden, und Bruder Schön bereitete dafür ein Versteck in einem Schrebergartenhaus vor. Dort stellte er mit der Unterstützung eines anderen Bruders Vervielfältigungen her. Dann begab er sich auf den Weg, um das Studienmaterial den Brüdern zu überbringen. Einmal baten sie ihn, etwas zu verweilen. Das war jedoch ein Fehler, denn er wurde bald darauf verhaftet.

Schwester Hron lernte aus dieser traurigen Erfahrung. Sie machte die Übergabe schnell und war dann gleich wieder auf dem Weg. Etwa sechs Monate später wurde auch sie verhaftet. Doch ihrem ernsthaften Verlangen, „etwas für den Herrn zu tun“, war sie nachgekommen.

Im Laufe der Zeit wurden die Brüder gewandter, sowohl was das Verbergen von Literatur als auch das Geheimhalten ihrer Studiengruppen betrifft. Somit wurde bei überraschenden Hausdurchsuchungen der Polizei keine Literatur gefunden. In manchen Gegenden gingen die Brüder in die Berge oder Wälder, um dort zu studieren. Wenn der Mais schon hoch genug war, konnten kleine Gruppen ihr Studium zwischen den Maisstengeln in der Mitte eines Feldes durchführen, wo sie von der Straße her nicht gesehen werden konnten. Wie zeitgemäß damals die Studienartikel waren! Es handelte sich um Artikel, wie z. B. „Glaubende Nation“ und „Ausharren in der Wahrheit“. Es war wahrlich „Speise zur rechten Zeit“ (Mat. 24:45).

Feinde suchen nach dem Vervielfältigungsapparat

Die Behörden bereiteten einen neuen Schlag vor. Sie wünschten einerseits so viele Zeugen Jehovas wie möglich zu fassen, andererseits suchten sie auch verzweifelt die Ausrüstung, mit der der Wachtturm vervielfältigt wurde.

Gestapounterlagen, die noch zur Einsichtnahme vorhanden sind, enthalten auch einen Erlaß, der am 8. Juni 1940 herausgegeben wurde und wie folgt lautet: „Auf Grund eines Erlasses des RSHA [Reichssicherheitshauptamt] Berlin sind am 12. Juni 1940 alle Angehörigen der I.B.V. sowie alle in dieser Bewegung tätigen als auch als Bibelforscher bekannten Personen in Schutzhaft zu nehmen. ... Die für die Schutzhaft in Frage kommenden Personen, gilt auch für Frauen ... Diese staatpolizeiliche Aktion ist generell für das ganze Reichsgebiet und ist am 12. Juni 1940 schlagartig durchzuführen. Bei den Verhaftungen sind auch Haussuchungen vorzunehmen und ev. vorgefundenes, die Bibelforscherbewegung betreffendes Material zu beschlagnahmen.“

Alles, was dann geschah, spielte sich so rasch ab, daß es unmöglich ist, die Details zu rekonstruieren. Aber wir wissen, daß mit einem Schlag 44 Brüder und Schwestern verhaftet wurden, auch Hansi Hron, die als Kurier diente.

Die Beweise lassen jedoch erkennen, daß die Feinde entschlossen waren, nicht nur Menschen in die Hände zu bekommen. Dies geht aus einem Wiener Gerichtsurteil mit Datum vom 28. Jänner 1941 hervor. Es lautet: „Erst nach umständlichen Ermittlungen konnte der Herstellungsort der Druckschriften festgestellt, der Schacht entdeckt und die darin untergebrachten Vervielfältigungsapparate mitsamt der Schreibmaschine und dem übrigen Material aufgefunden und sichergestellt werden.“ In diesen Worten spiegelt sich die unverkennbare Schadenfreude der Feinde des Volkes Jehovas wider.

Hatte er Kompromisse gemacht?

Später, als Schwester Hron verhört wurde, unterbrach der Beamte die Befragung und verließ den Raum. Schwester Hron ergriff die Gelegenheit, sich ein Dokument, das auf dem Tisch lag, näher anzusehen. Was sie dabei lesen konnte, schockierte sie. Es war das Vernehmungsprotokoll von Ernst Bojanowski. Es enthielt so viele Namen von Brüdern und andere Einzelheiten, daß sie den Verdacht nicht los wurde, daß Bojanowski mit den Behörden zusammengearbeitet hatte.

Hatte der Beamte absichtlich diese Unterlagen für sie erreichbar hingelegt, um ihren Widerstand zu brechen und sie zu veranlassen, mehr Informationen preiszugeben? Das Vernehmungsprotokoll von Ernst Bojanowski ist durch die Kriegsjahre hindurch erhalten geblieben. Es liest sich wie eine Geschichte über das Werk der Zeugen Jehovas in Österreich von den Jahren 1938 bis zum Januar 1940. Kein Wunder, daß man unter den Brüdern sagte: „Wir wurden verraten!“

Bojanowski war im Dezember 1939 nach Deutschland gegangen, um sich dort an bestimmten Untergrundaktivitäten zu beteiligen. Anna Voll und er wurden dann in Dresden verhaftet. Ein Artikel im Völkischen Beobachter, dem offiziellen Nachrichtenblatt des NS-Regimes, vom 21. März 1941 fügt etwas zu diesem Bild hinzu. Wir lesen dort:

„Dresden, 20. März. Das Sondergericht Dresden verurteilte ... Ludwig Cyranek ... wegen Zersetzung der Wehrkraft in Tateinheit mit Teilnahme an einer wehrfeindlichen Verbindung und Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Internationalen Vereinigung ernster Bibelforscher zum Tode ... Weiter wurden wegen der gleichen Verbrechen verurteilt Ernst Bojanowski aus Berlin zu zwölf Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust.“

Der zuvor erwähnte Ludwig Cyranek war jener treue Bruder, der sich nach seiner zweijährigen Haftstrafe furchtlos für die weitere Untergrundtätigkeit zur Verfügung gestellt hatte. Und Ernst Bojanowski? War er brutal geschlagen worden? Hatte ihn übermäßige Besorgtheit um seine eigene Sicherheit veranlaßt, Informationen über seine Brüder preiszugeben? War das Protokoll teilweise gefälscht worden? Wir wissen es nicht, doch unter Brüdern in Deutschland war es im Gespräch, daß er nur eine kurze Zeit im Gefängnis verbracht hätte.

Jung, jedoch loyal

Die amtlichen Unterlagen, die aus der Zeit der NS-Zeit erhalten geblieben sind, sagen nicht alles aus. Sie berichten jedoch über viele, deren Lauterkeit gegenüber Jehova nicht zu brechen war. Auguste Hirschmann (jetzt Bender), deren Eltern auch Zeugen Jehovas waren, war ein Mädchen von 17 Jahren, als sie von der Gestapo verhört wurde. Ihre Standhaftigkeit spiegelt sich in dem folgenden Bericht vom Oktober 1941 wider:

„Sie wurde von ihren Eltern im Sinne der Lehren der I.B.V. erzogen und bekennt sich auch heute noch als Zeugin Jehovas. Die Genannte studierte bis zu ihrer Festnahme wiederholt mit ihren Eltern gemeinsam die Bibel, damit sie sich, wie sie selbst angibt, im ‚Glauben bezw. in der Bekenntnistreue‘ stärke und die Kraft erhalte, an den von den I.B.V. vertretenen Lehren festzuhalten ... Die Hirschmann weigert sich, Auskünfte über Gleichgesinnte zu geben. Sie muß als unbelehrbar bezeichnet werden.“

Elisabeth Holec, obwohl ein zartes, kränkliches Mädchen im Alter von 18 Jahren, war gleicherweise fest entschlossen. Die Behörden konnten gemäß dem Protokoll vom 17. Dezember 1941 nur sagen: „Elisabeth Holec bekennt sich auch heute noch zu den Ideen der I.B.V. und gibt die Zusammenkünfte mit Gleichgesinnten zu. Sie lehnt es aber ab, Aufschluß über andere Bibelforscher zu geben und erklärt, daß dies ein Verrat wäre und solches in der ‚Organisation‘ nicht gebräuchlich sei.“ Sie kam schließlich zusammen mit ihrer Mutter in das Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie starb.

Jetzt aber wollen wir zum Jahre 1939, dem Jahr nach Hitlers Einmarsch in Österreich, zurückkehren.

Verhaftungen während des Gedächtnismahls

Das Gedächtnismahl am 4. April 1939 erwies sich für viele Brüder als ein Tag schwerer Prüfungen. Sie trafen ihre Vorbereitungen, gingen noch einmal die Hauptpunkte der Ansprache durch und machten die Symbole bereit. Aber auch andere trafen ihre Vorbereitungen.

In Bad Ischl hatten sich im Haus von Franz Rothauer fünf Personen zum Gedächtnismahl eingefunden. Sie hatten sich versammelt, um sich die Bedeutung des Todes Jesu Christi in der Verwirklichung des Vorsatzes Jehovas in den Sinn zu rufen. Sie waren sich auch wohl bewußt, daß Jesus schwere Prüfungen durchzumachen hatte, die schließlich zu seinem Tod führten, daß seine Lauterkeit aber ungebrochen war.

Bruder Engleitner hatte sich auf die Ansprache, die er der kleinen Gruppe halten wollte, gut vorbereitet, doch hatte er keine Notizen bei sich. Kaum hatte er zu sprechen begonnen, klopfte es laut an der Fensterscheibe. Der Wohnungsinhaber öffnete die Tür, und schon stürmten fünf Männer in den Raum, in dem die Brüder versammelt waren. Zwei der Eindringlinge gehörten zur gefürchteten Gestapo, und drei waren von der SS (einer Kampftruppe der Nationalsozialisten). Die Brüder wurden aufgefordert, ihre Hände hochzuhalten und in dieser Position zu verharren, bis sie durchsucht waren. Die Männer stellten in der Wohnung alles auf den Kopf und waren sehr wütend, da sie keinerlei Wachtturm-Literatur finden konnten.

Sie machten den Brüdern dann den Vorschlag, zu erklären, sie seien Angehörige einer religiösen Sekte, die sich bereitwillig den Anordnungen des Führers (Adolf Hitler) unterwerfe und keine Verbindung mit Jehovas Zeugen zu unterhalten wünsche. Natürlich war keiner der Brüder bereit, das zu tun. Daher wurden sie alle verhaftet. Der einzige, dem erlaubt wurde, nach Hause zu gehen, war Bruder Engleitner, doch er wurde zu einem späteren Zeitpunkt festgenommen. Die anderen Brüder brachte man unverzüglich in das Gefängnis von Linz, der Landeshauptstadt. Sie trafen dort viele andere Brüder, die in dieser Nacht ebenfalls verhaftet worden waren. Nicht lange danach ging ein Transport mit den Brüdern in das Konzentrationslager Dachau, die Schwestern wurden dagegen nach Ravensbrück gebracht.

Alois Moser, Josef Buchner und andere Brüder aus Braunau und Umgebung machten in jener Nacht die gleiche Erfahrung. Auch sie wurden während der Gedächtnismahlfeier verhaftet. Bruder Buchner konnte sich später noch an die Ansprache erinnern, die der Lagerführer Grünewald bei ihrer Ankunft in Dachau gehalten hatte: „Und nun, ihr Bibelforscher, ihr bleibt das lebende Inventar in Dachau. Ihr könnt dahinten im Lager vermodern. Ihr kommt hier nicht mehr raus; ja, durch den Kamin geht ihr hinaus.“ Er meinte damit, daß das, was von ihnen übrigbliebe, im Krematorium verbrannt würde.

So wie der eine, dessen Todes zu gedenken sie sich versammelt hatten, wurden auch sie berufen, dem Tod ins Auge zu sehen, dem Tod durch die Feinde der wahren Anbetung. Sie ertrugen sechs Jahre Konzentrationslager, bevor sie endlich wieder freigelassen wurden.

Für christliche Neutralität einstehen

Vor langer Zeit schrieb der Prophet Jesaja: „Und es soll geschehen im Schlußteil der Tage, daß ... viele Völker ... gewißlich hingehen und sagen [werden]: ‚Kommt, und laßt uns hinaufziehen zum Berg Jehovas, zum Haus des Gottes Jakobs‘ ... Und er wird gewißlich Recht sprechen unter den Nationen und die Dinge richtigstellen hinsichtlich vieler Völker. Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden müssen und ihre Speere zu Winzermessern. Nation wird nicht gegen Nation das Schwert erheben, auch werden sie den Krieg nicht mehr lernen“ (Jes. 2:2-4). Im Gegensatz dazu verlangte die NS-Regierung, daß alle wehrtauglichen Männer das Kriegshandwerk erlernten. Was taten Jehovas Zeugen in Österreich?

Nicht lange nachdem Hitler in Österreich einmarschiert war, gab die Regierung einen Erlaß heraus, wonach all die, die bereits während des Ersten Weltkrieges Militärdienst geleistet hatten, zu einer dreitägigen Waffenübung einberufen werden sollten. Demzufolge mußte sich Johann Rainer in den Kasernen in Innsbruck melden.

Welch ein Anblick! Achthundert Mann standen stramm, um den militärischen Eid zu leisten. Und vor allen verweigerte Bruder Rainer, dies zu tun. Ohne viel Aufheben wurde er zum Verhör in einen Raum gebracht. Als er den Raum verließ, sah er den Kaplan Klotz in Militäruniform, ein großes Kreuz um den Hals und viele Medaillen an der Brust, die ihm während des Ersten Weltkrieges verliehen wurden. Mit dem Gruß „Heil Hitler!“ ging der Priester auf den Offizier zu, um seine Meinung über Bruder Rainer zu äußern.

Einige Zeit später wurde Bruder Rainer wieder vor mehrere Offiziere gebracht, um verhört zu werden. Einer der Offiziere erwähnte, daß das, was der Priester ihnen erklärt habe, nicht mit dem übereinstimme, was Bruder Rainer gesagt habe. Bruder Rainer erwiderte, daß sie in Matthäus, Kapitel 23 nachlesen könnten, was Jesus über solche religiösen Führer sagte, nämlich, daß sie Heuchler seien. Ein anderer Offizier rief daraufhin aus: „Dieser Mann hat recht.“ Bruder Rainer wurde eingesperrt, und sein Fall wurde dem Landesgericht übertragen. Jetzt aber setzte sich die Besitzerin des Großhandelsgeschäftes, in dem er beschäftigt war, mit dem Polizeichef in Verbindung und behauptete, daß sie sonst niemanden hätte, der die Arbeit von Bruder Rainer tun könnte. Es wurde ihm somit erlaubt, zu seiner Familie und an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren.

In mehr als einem Fall intervenierten einflußreiche Verwandte oder Arbeitgeber, die keine Zeugen waren, zugunsten der Brüder, oft auch deswegen, weil sie die Ehrlichkeit der Brüder und deren Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit hoch einschätzten. Jedoch nicht allen erging es so gut.

Erfolglose Bemühungen von NS-Beamten

Hubert Mattischek führte immer noch das Predigtwerk durch, obwohl schon ungefähr ein Jahr seit dem Einmarsch Hitlers in Österreich verstrichen war. Im März 1939 jedoch näherte sich seinem Haus ein Auto, dem zwei Gestapobeamte entstiegen. Bruder Mattischek brauchte nicht zu rätseln, wen sie zu besuchen wünschten. Er war gelassen und ruhig.

„Wir müssen das Haus nach illegaler Literatur durchsuchen“, sagte einer von ihnen. Doch vorsichtshalber hatte Bruder Mattischek den größten Teil der Literatur bereits verbreitet und den Rest außerhalb seines Hauses sicher verstaut. Die Hausdurchsuchung erwies sich für die Beamten als eine Enttäuschung.

„Was werden Sie tun, wenn Sie zum Militärdienst einberufen werden?“ fragte einer von ihnen.

Bruder Mattischek erwiderte ohne Zögern: „Ich werde den Eid verweigern und alles ablehnen, was in Verbindung mit dem Krieg steht.“

Daraufhin stellte der zweite Beamte die Frage: „Sind Sie sich auch der Konsequenzen bewußt?“

„Ich bin mir dessen schon längst bewußt“, erwiderte unser Bruder. Daraufhin verhaftete man ihn auf der Stelle.

Einige Wochen später befand er sich zusammen mit anderen Brüdern in einem Viehwaggon auf dem Weg in das Konzentrationslager Dachau. Alles in allem war Bruder Mattischek in drei Konzentrationslagern, bis sich die Tore in die Freiheit für ihn öffneten.

Wenn Brüder im Konzentrationslager Mauthausen ankamen, erklärte der gefürchtete Hauptscharführer Spatzenegger: „Kein Zigeuner und kein Bibelforscher wird hier lebend wieder herauskommen.“ Viele starben dort.

Es fehlte aber auch nicht an verlockenden Angeboten, die es den Brüdern ermöglicht hätten, dieser Todesmaschinerie zu entgehen. Zum Beispiel wurde eines Tages frühmorgens Hubert Mattischek und seinem Bruder Willi mitgeteilt, sie sollten sich am Tor des Konzentrationslagers Mauthausen melden. Verständlicherweise waren sie nervös und gespannt, als sie dorthin gingen. Sie wurden vor den Lagerkommandanten Ziereis gebracht, der von einer Gruppe hochrangiger Parteiführer und auch von einigen SS-Männern umgeben war. August Eigruber, der Gauleiter von Oberösterreich, war auch zugegen.

Ziereis machte sich zum Wortführer, wandte sich den beiden Brüdern zu und sagte: „Der Gauleiter würde euch beide sogleich nach Hause bringen. Alles, was ihr zu tun habt, ist, ein Schriftstück zu unterzeichnen, das besonders für Jehovas Zeugen vorbereitet wurde, und es würden euch jahrelange Beschwernisse im Lager erspart bleiben.“

Schweigen und Betroffenheit herrschten für einen Augenblick, als die Herren aus dem Munde der Brüder die entschlossenen Worte vernahmen: „Wir wünschen nicht, Jehova Gott und unserem Glauben untreu zu werden.“

Der Lagerkommandant Ziereis wandte sich wieder den anwesenden Herren zu: „Habe ich es Ihnen nicht zuvor gesagt?“ Offensichtlich hatten sie sich vorher über die Unbeugsamkeit der Zeugen unterhalten.

Der Reichsarbeitsdienst

Franz Wohlfahrt war zum Reichsarbeitsdienst eingezogen worden. Als er sich jedoch im Trainingslager befand, wurde ihm klar, daß auch diese Einrichtung eine vormilitärische Ausbildung zum Ziel hatte. Er weigerte sich, die Uniform anzuziehen und das Koppel umzuschnallen. Eines Tages waren 300 junge Männer und etwa 100 Anführer niederen und höheren Ranges auf dem Appellplatz in Reih und Glied angetreten, und Franz Wohlfahrt wurde aufgefordert, mit zum Hitlergruß erhobener Hand an ihnen vorbeizumarschieren und gleichzeitig der Hakenkreuzfahne Ehre zu erweisen. Statt dies zu tun, dachte er an die drei jungen Hebräer und an das, was sie taten, als sie aufgefordert wurden, sich vor dem Standbild zu verbeugen, das Nebukadnezar in Babylon hatte aufrichten lassen (Dan. 3:1-30). Welche Kraft ihm das doch gab! Er folgte ihrem Beispiel.

Nach nicht allzu vielen Tagen versuchte Dr. Almendinger, ein hoher Beamter aus Berlin, persönlich, unseren jungen Bruder umzustimmen. „Du bist dir gar nicht darüber im klaren, was dir widerfahren kann“, sagte Dr. Almendinger während des Gesprächs.

„O doch“, erwiderte der 20 Jahre alte Bruder, „mein Vater wurde aus dem gleichen Grund vor einigen Wochen enthauptet.“ Dr. Almendinger gab auf. Schließlich wurde Bruder Wohlfahrt zu fünf Jahren Haft im Lager Rollwald (Deutschland) verurteilt.

Wegen christlicher Neutralität hingerichtet

Eines Tages im September 1939 war in Salzburg, das am Fuß der Berge liegt, ein beunruhigendes Gerücht im Umlauf. Es erfüllte sogar diejenigen mit Unbehagen, die große Wohltaten von Hitlers Herrschaft erwarteten. Was flüsterte einer dem anderen hinter vorgehaltener Hand ins Ohr? Auf dem Militärschießplatz in Glanegg, nahe der Stadt, seien zwei Männer erschossen worden.

Was zuerst nur ein Gerücht zu sein schien, war bittere Wahrheit. Die beiden Männer Johann Pichler und Josef Wegscheider, zwei unserer Brüder, waren durch ein militärisches Erschießungskommando hingerichtet worden. Beide hatten den Militärdienst verweigert. Die Hinrichtung verlief aber nicht so, wie es sich die Befehlshaber vorgestellt hatten. Die Brüder erklärten, daß es unnötig sei, ihnen die Augen zu verbinden, doch es wurde trotzdem getan. Als dann der Schußbefehl gegeben wurde, weigerten sich die Soldaten zu schießen. Erst auf die zweite Aufforderung hin und nachdem man den Soldaten eindringlich vor Augen geführt hatte, daß sie selbst mit disziplinarischen Maßnahmen zu rechnen hätten, wenn sie nicht gehorchten, schossen die Soldaten auf die unschuldigen Männer. Doch mit alldem war noch mehr verbunden.

Während der Gerichtsverhandlung, die in Salzburg stattfand, hatten der Richter und seine Beisitzer versucht, die Angeklagten umzustimmen. Er ließ auch die Frauen dieser Männer in den Gerichtssaal rufen in der Erwartung, daß die beiden durch ihr Erscheinen zum Nachgeben veranlaßt würden. Aber es kam anders. Eine der Frauen äußerte Worte der Ermunterung und sagte: „Euer Leben ist in Gottes Hand.“ Das machte auf den Richter einen so tiefen Eindruck, daß er in großer Erregung mit seinen Fäusten auf den Tisch hämmerte und ausrief: „Diese Menschen sind keine Kriminellen oder Verräter, sondern sie sind Angehörige einer Gruppe von Gläubigen, deren Zahl nicht auf zwei oder drei beschränkt ist, sondern in die Hunderte und sogar Tausende geht.“ Dessenungeachtet verlangte das Gesetz das Todesurteil.

An dem Tag vor der Hinrichtung wurden die Brüder wieder in ihrer Zelle besucht, und es wurde erneut versucht, sie umzustimmen. Auf die Frage hin, ob sie einen letzten Wunsch hätten, äußerten sie die Bitte, eine Bibel zu bekommen. Sie wurde ihnen vom Richter persönlich gebracht. Er beobachtete sie in der Zelle bis gegen Mitternacht, ging dann weg und bemerkte später: „Diese beiden Männer waren in ihren letzten Stunden mit ihrem Gott vereint. Sie waren wirklich heilige Männer!“

Nachdem die Hinrichtung vollzogen war, wurden die beiden Särge für eine private Beerdigung freigegeben. Ungefähr 300 Personen wohnten dem Begräbnis bei — natürlich unter strengster Polizeiaufsicht. Singen wurde nicht gestattet, und das Gebet wurde schließlich durch die schroffen Worte eines Gestapobeamten unterbrochen, da es ihm zu lang erschien. Die Gestapo hatte es außerdem verboten, den Namen Jehova zu gebrauchen. Das hielt einen Bruder dennoch nicht davon zurück, beim Hinablassen des Sarges auszurufen: „Bis wir uns wiedersehn in Jehovas Königreich!“

Nachdem alles, was mit dieser Hinrichtung in Verbindung stand, in Salzburg bekanntgeworden war, wurde jede künftige Hinrichtung nach Berlin-Plötzensee in Deutschland verlegt.

Worte des Glaubens aus einer Todeszelle

Aus der Haftanstalt Berlin-Plötzensee schrieb der 36 Jahre alte Franz Reiter am 6. Januar 1940 an seine Mutter: „In meinem Glauben bin ich fest überzeugt, daß ich richtig handle. Ich hätte mich hier noch ändern können, aber das wäre Untreue bei Gott. Wir alle hier wollen Gott treu sein, zu seiner Ehre.“

Er sagte: „Wir alle hier“, denn es gab noch fünf weitere Brüder aus der Nähe seiner Heimat, die wie er dem Tod durch das Fallbeil entgegensahen. In seinem Brief heißt es weiter:

„Wenn ich den Schwur [militärischen Eid] gemacht hätte in meiner Erkenntnis, so würde ich eine Todsünde begangen haben. Das wäre ein Übel für mich. Es gäbe für mich keine Auferstehung. Ich halte mich aber daran, was Christus sagt: ‚Wer das Leben sucht, der wird es verlieren, und wer es verliert um meinetwillen, der wird es erhalten.‘ Und nun, meine liebe Mutter und alle Geschwister! Ich habe heute mein Urteil erhalten und, erschreckt nicht, es lautet auf Tod und wird morgen früh ausgeführt. Ich habe meine Stärke von Gott erhalten, so wie es auch jedem wahren Christen ergangen ist von jeher. Die Apostel schreiben: ‚Wer von Gott geboren ist, kann nicht sündigen‘, und so auch ich. Das habe ich Euch bezeugt und Ihr habt es erkennen können. Meine Lieben alle, macht Euch kein schweres Herz. Es wäre für Euch alle gut, die Heilige Schrift besser zu kennen. Wenn Ihr alle standhaft seid bis in den Tod, so können wir uns bei der Auferstehung wiedersehen ...

Euer Franz

Auf Wiedersehen!“

Einige von denen, die solche Briefe erhielten, waren Ehegefährten. Schwester Endstrasser aus Graz war noch eine junge Frau, als ihr der Postbote eines Tages einen Brief mit Datum vom 15. Dezember 1939 aushändigte. Versuche dir vorzustellen, was sie empfunden haben muß, als sie las:

„Meine liebe Erna ...!

Es kam so, wie ich entschieden habe ... Weine nicht, denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, sowohl Engeln als auch Menschen (1. Korinther 4:9). ... Herzlich grüßt Euch nochmals und küßt Euch im Geiste

Euer Dati

Auf Wiedersehen im Königreich!“

Briefe, die von einem solch großen Glauben zeugten, waren eine Ermunterung für die Treuen, die sich noch der Freiheit erfreuten. Sie versuchten ihrerseits trotz der Gefahr, die es für sie selbst bedeutete, ihre inhaftierten Brüder zu ermuntern.

So erhielt zum Beispiel Franz Zeiner, als er in Berlin eingekerkert war, einen Brief mit folgender Ermunterung: „Sei stark im Glauben, denn Jesus Christus wird uns helfen, sowie unser großer himmlischer Vater ...“ Wie zu erwarten war, wurde der Brief vom Zensurbeamten gelesen. Franz Zeiner wurde am 20. Juli 1940 hingerichtet. Doch was ist über Wilhelm Blaschek zu sagen, der ihm diesen Brief mit der Ermunterung, stark im Glauben zu bleiben, geschrieben hatte? Er wurde ausfindig gemacht, verhaftet und am 11. August 1941 wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu vier Jahren Zwangsarbeit in einer Strafanstalt verurteilt.

Gewaltsam von ihren Kindern getrennt

Prüfungen, denen sich andere gegenübersahen, betrafen auch ihre Kinder. Weil sie ihre Kinder den biblisch begründeten Glauben der Zeugen Jehovas lehrten, wurden Richard Heide und Johann Obweger aufgefordert, vor dem Landrat des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan zu erscheinen.

In der Folge wurde Bruder Heide ein Gerichtsbeschluß ausgehändigt mit dem Entscheid, daß ihm sein Kind weggenommen werde. Die Begründung für den Beschluß: „Es ist gefährlich, ihn [den Sohn Gerhard] in der Obhut seines Vaters, der ein Bibelforscher ist, zu belassen, da er seinem Sohn verbietet, den Hitlergruß zu leisten und die Lieder der Nation zu singen.“

Gerhard kam unter andere Aufsicht, und dem Vater wurde nur gestattet, ihn ab und zu zu besuchen. Der Sohn wurde später zusammen mit seiner Schulklasse in das Kinderland-Verschickungslager in Lienz, Osttirol, gebracht, wo er bis zum Kriegsende 1945 blieb. Aber Gerhard vergaß nicht, was seine Eltern ihn gelehrt hatten. Seit 38 Jahren steht er im Pionierdienst.

Jung, jedoch treu

Und wie war das mit der Tochter von Johann Obweger? Hermine war kaum elf, als sie ihren Eltern weggenommen und in ein Umerziehungsheim gebracht wurde. Aber die Eltern hatten ihre Möglichkeiten, ihrer Tochter die Wahrheit einzuschärfen, gut genutzt.

Es gelang den Gegnern der Wahrheit nicht, Hermines Loyalität gegenüber Jehova zu brechen. Alle Anstrengungen, sie zum Singen patriotischer Lieder zu veranlassen oder dazu, „Heil Hitler!“ zu sagen, blieben erfolglos. Standhaft weigerte sie sich, einen Kompromiß einzugehen. Eines Tages wollte die Heimleiterin sie zwingen, die Uniform der nationalsozialistischen Jungmädchenbewegung anzuziehen. Doch so sehr sich auch diese verantwortliche Person selbst mit Gewalt bemühte, ihr die Uniformweste anzuziehen, weiter als bis zum Ellenbogen kam sie damit nicht, und so gab sie schließlich auf.

Trotz der Mißbilligung seitens der Heimleitung war es den Eltern immer noch gestattet, ihre Tochter zu besuchen. Verständlicherweise nutzten sie solche Gelegenheiten, ihre Tochter zu ermutigen, im Glauben festzubleiben. Hermine wurde auch durch die loyale Haltung ihres Bruders Hans ermuntert. Sie wußte, daß er im Gefängnis und später in einem Konzentrationslager war, weil er den Militärdienst verweigert hatte. Sie wußte auch, daß er die ganze Zeit hindurch treu geblieben war. Einer ihrer Brüder war indes zum Militär gegangen. Geschickt spielte die Heimleitung dies als Argument aus, um ihre Loyalität zu brechen. Sie hatten aber nicht mit Hermines Entschlossenheit gerechnet. Ihre standhafte Erwiderung war: „Ich bin nicht ein Nachfolger meines Bruders. Ich bin ein Nachfolger Jesu Christi.“

Weil Hermine nicht willens war, einen Kompromiß einzugehen, und auch um den Besuchen der Eltern ein Ende zu setzen, brachte die Behörde das Kind nach München in ein Kloster. Im Mai 1944 wurde ihr jedoch erlaubt, für einige Tage nach Hause zu gehen. Dies überraschte die Eltern sehr. Doch die Behörden hätten nie mit dem gerechnet, was dann geschah. Während Hermine zu Hause war, wurde sie getauft, und Bruder Ganster, der seinen Brüdern noch in Freiheit dienen konnte, hielt die Taufansprache. Das gab Hermine sehr viel Kraft, auch in der restlichen Zeit bis zum schließlichen Zusammenbruch des NS-Regimes loyal zu Jehova zu stehen.

Achtung, Spitzel und Denunzianten!

Wegen der beständigen Bespitzelung durch Denunzianten in jedem Dorf und jeder Stadt — vor allem auch wegen der Bespitzelung durch die Blockwarte und anderer, die für die Gestapo arbeiteten — wurde die Tätigkeit der Brüder zusehends erschwert. Johann Viereckl wollte eines Tages Peter Gölles, der für das Werk der Zeugen Jehovas in Österreich verantwortlich war, besuchen. Anstatt sogleich in das Geschäft von Bruder Gölles zu gehen, begab sich Bruder Viereckl in ein angrenzendes Haus, um eine Geschäftsfrau, von der es hieß, daß sie an der Wahrheit interessiert sei, und die Bruder Gölles kannte, zu befragen. Er fragte sie, wie es Bruder Gölles gehe und ob er verhaftet worden sei. Sie wollte jedoch keine Auskunft geben. Statt dessen sagte sie ihm, er möge doch in das gegenüberliegende Blumengeschäft gehen. Dort würde er die gewünschte Auskunft bekommen.

Das schien Bruder Viereckl verdächtig, und er ging wieder nach Hause. Bald darauf erfuhr er, daß die Gestapo in dem Blumengeschäft gewartet hatte, um jeden abzufangen und zu verhaften, der Bruder Gölles besuchen wollte. Nicht lange danach wurde Bruder Gölles’ Geschäft geschlossen, denn er und seine Frau wurden am 12. Juni 1940 in Haft genommen.

Eine ungewöhnliche Gerichtsverhandlung

Bruder Gölles wurde wegen der Leitung des Werkes der Zeugen Jehovas in Österreich angeklagt. Nach monatelanger Haft wurde er vor einen Richter gebracht, der wegen seiner Todesurteile berüchtigt war und der wütend die Bibelforscher als eine Eiterbeule am deutschen Volk bezeichnete. Der Staatsanwalt beantragte die Todesstrafe. Nachdem Bruder Gölles auf die Anklagepunkte biblisch geantwortet und sein Verteidiger gesprochen hatte, wurde die Verhandlung vertagt. Doch bevor die Verhandlung wiederaufgenommen wurde, trat eine erstaunliche Wende ein.

Früh am Morgen hörte Bruder Gölles, daß sich der Schlüssel in der Zellentür drehte. Ein Gefängnisbeamter forderte ihn auf mitzukommen und brachte ihn in einen vergitterten Raum. Wer wartete dort auf ihn? Der Richter, und zwar allein.

„Ich will Ihnen gegenüber erwähnen“, begann der Richter, „daß ich meinen Amtseid aufs schwerste verletze, wenn ich mit einem Angeklagten unter vier Augen spreche. Aber ich tue es, weil ich seit der letzten Verhandlung weder Ruhe noch Schlaf finden konnte. Ich würde mich selbst als Mörder betrachten, wenn ich über Sie die Todesstrafe verhängen würde.“

Völlige Stille herrschte im Raum. Schließlich sagte Bruder Gölles: „Satan führt solche Umstände herbei. Satan ist der eigentliche Mörder. Und Sie, Sie sind nur derjenige, der ein Urteil gemäß dem Tatbestand eines Gerichtsfalles ausspricht.“ Die gespannte Atmosphäre lockerte sich.

„Ich will versuchen, den Verhandlungsverlauf so zu steuern, daß Sie Ihr Leben nicht verlieren“, versprach der Richter. Dann sagte er etwas, was für ihn schwere Konsequenzen hätte mit sich bringen können: „Ich möchte wirklich nicht als Ankläger für den Staat auftreten, sondern ich will vielmehr Ihnen helfen, den Klauen des Todes zu entrinnen.“ Dann legte der Richter eine Hand auf die Schulter unseres Bruders, und mit der anderen drückte er fest dessen Hand.

Die Verhandlung nahm, nachdem sie wiederaufgenommen worden war, einen sachlicheren Verlauf, wobei der Richter die ganze Zeit hindurch sehr unruhig war. Das Gericht folgte nicht dem Antrag des Staatsanwaltes auf Todesstrafe, sondern verurteilte statt dessen Peter Gölles zu zehn Jahren Haft in einer Strafanstalt, doch ohne jede Strafmilderung. Bruder Gölles verbrachte die folgenden dreieinhalb Jahre in der Strafanstalt Stein in Niederösterreich.

Ein demütiger Diener Jehovas

Die Behörden erkannten, welche wichtige Rolle Peter Gölles, dieser einfache, Jehova völlig ergebene Mann, im Untergrund gespielt hatte. Protokolle, die zusammen mit Gestapoberichten erhalten geblieben sind, lassen dies klar erkennen. Ihrer Beschreibung nach würde man sich eine starke, dynamische Führungspersönlichkeit vorstellen. Doch nichts dergleichen. Er war ein bescheidener Mann, der nie im Vordergrund stehen wollte. Als das NS-Regime 1945 zu Ende war, nahm er am Wiederaufbau der Organisation in Österreich teil, und dann stellte er sich wieder in den Hintergrund. Jahre hindurch half er im Wiener Bethel, Literaturpakete für den Versand fertigzumachen. Durch seine milde und freundliche Wesensart waren er und seine Frau Helene, die unermüdlich die ganze Zeit hindurch fest an seiner Seite stand, eine Quelle der Ermunterung für die Brüder, und das nicht nur unter Verfolgung, sondern auch in der Nachkriegszeit.

Er diente treu bis zu seinem Tod am 2. September 1975. Wenn er sich auch nicht zum Überrest der Miterben Christi bekannte, so zeigte er doch tiefe Wertschätzung für den „treuen und verständigen Sklaven“. Er arbeitete mit ihm zusammen und kümmerte sich während der schwierigen Zeiten um das Werk in Österreich (Mat. 24:45).

Mit der knappen „Speise“ sorgsam umgehen

Während der letzten Kriegsjahre war das Werk der Zeugen Jehovas in Österreich größtenteils wie gelähmt. In den verschiedenen Städten und Dörfern konnten sich die Brüder nur noch gelegentlich zusammenfinden. Große Vorsicht war geboten.

In Klagenfurt jedoch ließ sich die theokratische Tätigkeit offensichtlich besser fortsetzen als anderswo. Bruder Ganster gab Literatur, die er erhielt, an Peter Vajvoda weiter, der dann Abschriften von jeder Wachtturm-Ausgabe machte. Eines Tages war Bruder Ganster mit etwas Literatur zu Fuß von Klagenfurt nach Krumpendorf (etwa 7 km) unterwegs, um die Familie Platzer und Schwester Wanderer zu besuchen. Er hatte die Wachtturm-Ausgaben an seinem Körper verborgen. Und wer war zufällig in der gleichen Richtung zu Fuß unterwegs? Ein Gestapobeamter, und zwar der, der ihn sonst üblicherweise verhörte. Doch der Beamte schöpfte keinen Verdacht, während sie miteinander weitergingen. Und man glaube ja nicht, daß es für Bruder Ganster so einfach war.

In Wien kam mit der Verhaftung von Bruder Gölles die Vervielfältigung des Wachtturms zum Stillstand. Die Brüder in Wien erhielten jedoch dann und wann geistige Speise über einen Bruder aus der Schweiz. Dieser hatte eine weltliche Beschäftigung, die es erforderte, Reisen nach Wien zu machen. Mit der nötigen Vorsicht konnte er Ausgaben des Wachtturms mit sich nehmen. Wenn irgendein Bruder eine Zeitschrift erhielt, konnte er sie nicht für sich behalten. Da es keine weiteren Ausgaben für die anderen Brüder gab, las er sie somit augenblicklich und gab sie an den nächsten vertrauenswürdigen Bruder weiter, doch nicht persönlich, sondern er deponierte sie versteckt in einem Einkaufskorb oder anderswo. Auf diese Weise ging die kostbare Literatur von Hand zu Hand. Die geistige Speise war für die Brüder unter diesen prüfungsreichen Verhältnissen von großer Bedeutung.

Einige weichen zurück

Um den Widerstand der Brüder zu brechen und sie auch zu beeinflussen, eine Erklärung zu unterschreiben, daß sie alle Bindungen zu Jehovas Zeugen abbrechen, behauptete die Gestapo, daß schon viele Brüder unterschrieben hätten und freigelassen worden seien. Das war eine gewaltige Übertreibung.

Die Gestapo versprach jedem, der unterschreiben würde, daß er freigelassen würde und sich somit leidvolle Jahre ersparen könne. In Wirklichkeit hätte dies aber bedeutet, körperliche Leiden gegen jahrelange Gewissensqualen zu tauschen. Der strittige Punkt war die Loyalität gegenüber Jehova und seiner Organisation. Die große Mehrheit der Brüder wankte nicht in ihrer Lauterkeit. Es gab jedoch einige, die unterschrieben. Aber nicht alle, die unterschrieben hatten, wurden wirklich freigelassen. Sie blieben zumindest unter ständiger Überwachung.

Eines Tages begegnete Agnes Hötzl in Wien einem Ehepaar, das wegen der Wahrheit im Konzentrationslager gewesen war. Sie wußte jedoch nichts von den Umständen, die zu der Freilassung der beiden geführt hatten. Voller Freude begrüßte sie die beiden. Ohne ein Wort zu sagen, gingen sie an ihr vorüber, als ob sie eine völlig Fremde wäre. Nun begriff sie, was geschehen war. Bei einer anderen Gelegenheit war sie gerade in der Nähe des Eingangs zu einer Fabrik, die unweit ihrer Wohnung lag. Sie traute ihren Augen nicht: Jemand, den sie für einen Bruder hielt, hatte ein Hakenkreuz auf der Brust. Auch er ging an ihr vorüber, und aus Angst tat er so, als kenne er sie nicht. Das waren zwar schwere Schläge für die Brüder, jedoch konnten sie die Liebe der Loyalen zu Jehova und ihren treuen Brüdern nicht vermindern.

Leiden im Konzentrationslager erdulden

Im Jahre 1939 wurden Alois Moser aus Braunau und Josef Buchner aus Ranshofen zusammen mit 142 anderen Brüdern dem Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich überstellt. Als sie um Mitternacht in Mauthausen angekommen und aus dem Viehwaggon gestiegen waren, wurde ihnen gleich gesagt: „Mauthausen ist kein Sanatorium wie Dachau; wir werden euch alle kaputtmachen.“ Gemäß Schätzungen waren in der Zeit zwischen August 1938 und Mai 1945 insgesamt etwa 206 000 Personen dort inhaftiert, und der Tod von 35 270 Häftlingen ist erwiesen.

In den ersten drei Jahren hatten alle unsere Brüder ausnahmslos harte Arbeit im Steinbruch zu verrichten. Das Wetter war im Winter extrem kalt. Hunderte Gefangene erfroren im Steinbruch. Wenn die Gefangenen abends in das Lager zurückgingen, mußte jeder von ihnen einen großen Stein über die 186 Stufen der Todesstiege, wie sie genannt wurde, zum Lager hinauftragen. Der Kommandoführer Spatzenegger hatte angeordnet, daß Steine von weniger als 10 Kilogramm viel zu leicht seien. Er ließ den Häftlingen Steine von 40 kg Gewicht und mehr auflegen, so daß viele völlig entkräftet zusammenbrachen. Es kam des öfteren vor, daß diese dann auf der Stelle getötet wurden.

Schließlich erhielten Bruder Moser und Bruder Buchner den Auftrag, Leichen aus verschiedenen Bereichen des Lagers zusammenzusammeln. Sie mußten einen Schlitten ziehen, auf dem die unbekleideten Leichen lagen mit einem Zettel an der großen Zehe, auf dem Name und Häftlingsnummer standen. Durch diesen Auftrag kamen sie auch zu den Baracken, in denen meist die Gefangenen untergebracht waren, die an Diarrhöe litten. Dort trafen sie zu ihrer großen Bestürzung August Kraft an. Die beiden Brüder brachen angesichts des ganzen Elends und des unglücklichen Zustandes, in dem sie sich befanden, in Tränen aus. Bruder Kraft dachte indes an die Segnungen, deren er sich durch Jehovas Hand erfreut hatte, und sagte: „Ich danke Jehova für alles.“ Am Tag darauf lag auch Bruder Kraft auf dem Schlitten. Er war bis zum Ende einem Ziel nachgejagt, „dem Preis der Berufung nach oben“ (Phil. 3:14).

Die Brüder gaben in den Lagern liebevoll aufeinander acht. Wenn einige besonders geschwächt waren, erhielten sie von anderen zusätzlich ein paar Eßlöffel voll von ihrer kärglichen Mahlzeit, damit sie wieder zu Kräften kamen.

Theokratische Tätigkeit innerhalb der Lager

Die theokratische Tätigkeit wurde direkt innerhalb der Lager fortgesetzt, jedoch mit großer Vorsicht. Es wurde Zeugnis gegeben, Bibelstudien wurden durchgeführt, auch einige Zusammenkünfte wurden abgehalten, ja es wurden sogar einige getauft.

Franz Desch war von Mauthausen aus dem nicht weit davon entfernten Konzentrationslager Gusen überstellt worden. Dort war es ihm sogar möglich, mit einem SS-Wachebeamten die Bibel zu studieren. Wie groß waren die Fortschritte? Nun, man stelle sich die Freude vor, als sich die beiden Jahre danach auf einem Kongreß als Brüder begegneten.

Aus vielen verschiedenen Ländern wurden neue Gefangene eingeliefert. Um sie mit der Königreichswahrheit bekannt zu machen, verwendeten die Brüder Zeugniskarten in verschiedenen Sprachen. Da die Gefangenen Post erhalten durften, fiel es den SS-Männern, die unverhofft in die Baracken kamen, nicht auf, daß die Männer gar keine Post, sondern etwas anderes lasen.

Im Lager Gusen betreute Bruder Karl Krause eine Schlosserei, und zwar eine ganz besondere. Dort wurden nicht nur Schlösser angefertigt oder repariert, sondern einmal wurden dort fünf Polen heimlich in einem hölzernen Trog getauft, der eigens für diesen Zweck angefertigt worden war.

Um geistig stark zu bleiben, fanden sich die Brüder nachts in kleinen Gruppen zusammen und besprachen Texte aus der Bibel. Bei einer Gelegenheit kamen sie sogar in den Besitz einer Bibel. Sie zerlegten sie in Einzelteile und gaben diese untereinander weiter. In ihrer knappen Freizeit lasen sie darin und legten sich dabei unters Bett.

Den Brüdern gelang es sogar, das Abendmahl zu feiern. Es war ihnen möglich, die Symbole zu beschaffen, und während alle anderen schon schliefen, versammelten sie sich. In Gusen lagen die Wasch- und Toilettenräume zwischen den Baracken, in einer Entfernung von etwa 6 Metern. In einem solchen Waschraum feierten sie beim Schein einer Kerze das Gedächtnismahl. Unter Jehovas liebevollem Schutz verlief alles gut.

Ein Bericht der Treue

Es könnten aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich noch viel mehr Erfahrungen über die Treue unserer Brüder berichtet werden. Was hier berichtet wurde, waren nur Beispiele für durchgestandene Härten und für die ungebrochene Loyalität, die kundgeworden ist.

Bevor Hitlers Truppen in Österreich einmarschierten, gab es 549 Zeugen Jehovas im Land. Insgesamt waren danach 445 von ihnen unterschiedlich lange in Haft. Zwischen 1938 und 1945 wurden 48 von ihnen, auch einige unserer Schwestern, hingerichtet. Dreizehn wurden entweder erschlagen, vergast oder starben als Folge perverser medizinischer Versuche. Und mindestens 81 weitere starben in Gefängnissen und Konzentrationslagern zufolge von Krankheit oder Erschöpfung.

Es läßt sich nicht vermeiden, Zahlen zu nennen, wenn über die Opfer dieser traurigen Epoche gesprochen wird. Doch wir haben es mit mehr als mit bloßer Statistik zu tun. Sie alle waren unsere christlichen Brüder und Schwestern: Ehemänner und Ehefrauen, Väter und Mütter, Söhne und Töchter. Sie haben zu dem über Jahrtausende von treuen Zeugen Jehovas zusammengetragenen Bericht ihr Zeugnis hinzugefügt, einem Bericht, der zeigt, daß Jehovas Diener aus Liebe zu ihm sogar ihr Leben niederlegen, um ihre Loyalität zu ihm als ihrem Gott und Souverän zu beweisen.

Was werden wir als erstes tun?

Im Frühjahr 1945 ging der Krieg und auch die NS-Herrschaft über Österreich zu Ende. Bald kehrten auch Jehovas Zeugen aus den Konzentrationslagern zurück. Sie waren als erstes bemüht, die Kontakte mit den anderen Brüdern wiederherzustellen. Es war zwar schwierig, die Zusammenkünfte wieder in Gang zu bringen, aber bei der ersten organisierten Nachkriegszusammenkunft am 21. Juli 1945 in Klagenfurt waren 27 Anwesende zugegen. Ab Herbst wurden auch wieder Zusammenkünfte in Wien abgehalten.

Treue Brüder unternahmen Schritte zur Reorganisierung des Werkes. In Vorarlberg, dem westlichsten Bundesland, trafen sich mehrere Brüder mit Franz Zürcher, Georg Gertz und David Wiedenmann, alle vom Schweizer Büro in Bern, und besprachen die Maßnahmen, die erforderlich waren, um die Zusammenkünfte und auch das Predigtwerk wieder in Gang zu bringen. Aus Österreich waren die Brüder Peter Gölles, Felix Defner, Leopold Pitteroff und Franz Ganster zugegen. Trotz der harten Erfahrungen während der Kriegsjahre begannen Königreichsfrüchte in Erscheinung zu treten. Im Jahre 1937 gab es in Österreich 549 Verkündiger, doch Ende des Dienstjahres 1946 waren es 730.

Peter Gölles war nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis der erste Nachkriegszweigaufseher in Österreich. Seine Wohnung in der Florianigasse 58 in Wien war gleichsam das Zweigbüro. Von April 1947 an wurde die Büroarbeit in einem durch Bomben schwer beschädigten Schulgebäude erledigt. Die Brüder vervielfältigten dort den Wachtturm und stellten so auch etwa 4 000 Broschüren her. Therese Schreiber, die wegen ihrer Mitarbeit bei der Vervielfältigung biblischer Literatur Gefängnishaft verbüßt hatte, war wieder mit bei der Vervielfältigungsarbeit. In Klagenfurt vervielfältigten die Brüder sogar das gesamte Buch Kinder und versahen es mit einem festen Umschlag. Papier und Druckfarbe waren rar und schwer zu bekommen. Doch mit Jehovas Hilfe war es den Brüdern möglich, das zu bekommen, was sie benötigten.

Das Jahr 1947 gab den Brüdern die Gelegenheit, sich des ersten Nachkriegskongresses zu erfreuen. Er dauerte vier Tage. Verglichen mit Kongressen, die heute abgehalten werden, schien die Anwesendenzahl von 1 700 gering zu sein, doch für die Brüder in Österreich war dies damals eine große Menschenmenge und auch ein Beweis dafür, daß Voraussetzungen für weiteres Wachstum gegeben waren.

Etwas später im gleichen Monat, am Samstag, den 21. Juni, wurde ein weiterer wichtiger Schritt in Verbindung mit dem Wiederaufbau getan. Sieben Brüder hatten sich in einer Schule zusammengefunden, um wieder einen lokalen Verein „Wachtturm-Gesellschaft, Zweigstelle der Watch Tower Bible & Tract Society, Brooklyn, N.Y.“ zu gründen. So stand erneut ein gesetzliches Instrument für die Herausgabe von Literatur zur Verfügung.

Und dann Sibirien

Österreich war bis Mai 1955 von den Truppen der Alliierten besetzt (USA, Frankreich, Großbritannien und die UdSSR), und es war in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Der kleine Ort Deutsch Wagram befand sich in der sowjetischen Zone. Dort lebte Bruder Franz Malina. Er konnte Russisch und gab in einer unerschrockenen Art den Besatzungstruppen Zeugnis, ja er führte sogar mit einigen dieser Männer Bibelstudien durch. Er beschaffte sich auch biblische Literatur in Russisch und verbreitete sie unter den Soldaten.

Was er tat, blieb nicht unbemerkt. Zu Beginn des Jahres 1948 wurde er von zwei ihm gutgesonnenen Männern gewarnt: „Franz, verschwinde, man will dich einsperren. Man hat bei russischen Soldaten Literatur von dir gefunden.“ Bruder Malina floh jedoch nicht. Er entschloß sich, bei seiner kranken Frau und den Kindern zu bleiben. Es dauerte jedoch nicht lange, und er wurde verhaftet. Zuerst wurde er für acht Tage in der örtlichen russischen Kommandantur eingesperrt und schließlich in die Zentrale des russischen Armeestabs gebracht. Während der sechs Wochen, die er dort verbringen mußte, predigte er Soldaten und Offizieren gleicherweise über Jehovas Königreich. Schließlich wurde er wegen „Demoralisierung der russischen Truppen“ zu 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt und nach dem fernen Sibirien abtransportiert.

Schließlich traf er in dem weit ausgedehnten Gebiet hinter den Bergen des Ural ein. Dort ging es von einem Lager zum anderen, meistens zu Fuß. Ein Entkommen war unmöglich. In nahezu allen Lagern traf er Brüder aus den verschiedenen Teilen der Sowjetunion. Verständlicherweise mußte er nach ihnen suchen, wenn er wieder in ein neues Lager kam. Immer wenn er Brüder antraf, stellten sie ihn auf die Probe, um herauszufinden, ob er wirklich einer von ihnen war. Sie taten dies durch Fragen wie: „Wie geht es der Familie Jonadabs?“ „Wer ist der Präsident der Wachtturm-Gesellschaft?“

Wenn sie davon überzeugt waren, daß er wirklich ein Glaubensbruder war, halfen sie ihm liebevoll, das für ihn ungewohnte Lagerleben zu ertragen. Wegen seines Alters wurde er „Papa“ genannt. In fünf Jahren lernte er 30 verschiedene Lager kennen. Im Jahre 1953 wurde er begnadigt und konnte nach Hause zurückkehren. Seine Frau war in der Zwischenzeit gestorben, und die älteste Tochter hatte die Stelle der Mutter eingenommen. War Bruder Malina nun entmutigt und ein gebrochener Mann? Im Gegenteil, innerhalb der nächsten Tage war er bereits wieder im Predigtdienst unterwegs, um die gute Botschaft von Haus zu Haus zu verkündigen. Und er fuhr damit fort bis zu seinem Tod im Jahre 1964.

Pioniere beteiligen sich an der Ernte

In den Jahren, die dem zweiten Weltkrieg folgten, gab es in Jehovas Organisation hier in Österreich eine beträchtliche Zunahme. Eifrige Pioniere, Sonderpioniere und Missionare haben einen großen Beitrag zu dieser Ausdehnung geleistet.

Zu diesen eifrigen Arbeitern gehören Hans Rothensteiner und seine Frau. Nicht ganz ein Jahr nachdem Jehovas Zeugen bei ihnen vorgesprochen hatten, waren sie schon im Pionierdienst. Sie wurden im Jahre 1955 zu Sonderpionieren ernannt. Das Gebiet um Kaprun, das in den Bergen liegt, war eine ihrer Zuteilungen. Hans erzählt folgende Erfahrung, die sie dort machten:

„Mit Freude im Herzen machten wir uns an die Arbeit, die Schafe des Herrn zu suchen. Wir fanden in Walchen eine Familie, die bereits früher Literatur erhalten hatte. Es konnte sogleich mit der ganzen Familie ein Studium durchgeführt werden. Die Familie lud auch einige ihrer Bekannten dazu ein. Somit waren manchmal bis zu 12 Personen zugegen. Das Studium machte gute Fortschritte — so gut, daß sich diese Familien bald entschlossen, aus der Kirche auszutreten. Um dies jedoch tun zu können, benötigten sie ihre Taufurkunden. Lois, einer dieser gutgesinnten Menschen, machte sich auf den Weg zum Pfarrhaus, um für alle die Taufurkunden zu holen. Da die Familien kinderreich waren, benötigten sie zusammen 17 Taufurkunden.“ Blenden wir uns nun in das Gespräch ein, das Lois mit dem Geistlichen hatte.

Lois: „Grüß dich, Pfarrer! Du, ich bräuchte einige Taufscheine von dir.“

Pfarrer: „Wieso brauchst du auf einmal so viele Taufscheine?“

Lois: „Weil wir aus der Kirche austreten möchten.“

Pfarrer: „Wieviel brauchst leicht?“

Lois: „Ich hab’ es mir aufgeschrieben. Es wären halt siebzehn!“

Pfarrer: „Was hat denn dazu geführt, daß ihr jetzt auf einmal aus der Kirche austreten möchtet?“

Lois: „Weil wir die Bibel studiert haben! Ihr habt uns ja vieles gelehrt, was gar nicht stimmt und was Jesus, ja die Bibel gar nicht sagt.“

Dieses Gespräch dauerte eine Weile an, und Lois ging ohne Taufurkunden weg. Doch später fand eine Diskussion mit dem Pfarrer statt, bei der auch Hans zugegen war. Am Ende der Diskussion sagte Lois zum Pfarrer: „Beweisen hast du gar nichts können, gib uns auf dem schnellsten Weg unsere Taufscheine!“ Der Geistliche hatte keine andere Wahl und gab der Forderung nach.

Heute gehören 90 Verkündiger zu der Versammlung in dieser alpinen Gegend.

Im Jahre 1978 erfreuten sich im ganzen Land 626 Pioniere der Segnungen des Pionierdienstes, einschließlich 278 Hilfspionieren. Doch bis zum April 1988 stieg die Zahl derer, die in diesem Dienst tätig waren, auf 1 925, darunter 1 102 Hilfspioniere.

Zweigvorkehrungen

Lowell L. Turner, der einen zehnmonatigen organisatorischen Schulungskurs in Gilead absolvierte, erhielt kurz darauf die Zuteilung, ab 1. August 1965 als Zweigaufseher zu dienen. Nach nahezu 10 Jahren Aufenthalt in Österreich verließ Bruder Turner im Juli 1975 das Land, um eine neue Zuteilung in Luxemburg anzutreten. Seit Januar 1976 nimmt sich ein Komitee von Brüdern der Bedürfnisse des Zweiges in Österreich an.

Erweiterungen der Zweiggebäude

Weltweit mußten die Zweigbüros der Gesellschaft ihre Einrichtungen erweitern, um für die Bedürfnisse der ständig wachsenden Zahl von Lobpreisern Jehovas sorgen zu können. War dies in Österreich anders? Sicherlich nicht.

Das Gebäude, das 1957 in einem der Gartenbezirke Wiens gekauft worden war, wurde im Laufe der Zeit für ein Zweigbüro zu klein. Um mehr Platz für die Versandabteilung und für einen Königreichssaal zu schaffen, wurde es 1970/71 erweitert. Jedoch wurde innerhalb weniger Jahre offensichtlich, daß ein weiterer Ausbau nötig war. Wir spürten Jehovas Hand in der Sache, als einer der Nachbarn sein Grundstück zum Kauf anbot. Im Jahre 1983 setzten die Bauarbeiten ein. Und während der Bauphase wurde ein anderes, angrenzendes Grundstück zum Kauf angeboten. Seit der Bestimmungsübergabe der neuen Einrichtungen im Sommer 1987 steht zusätzlich eine Bodenfläche von 5 000 Quadratmetern zur Verfügung. Insgesamt ist das viermal mehr als zuvor. War das alles wirklich notwendig? Die Zahl der Zeugen, die von diesem Büro aus betreut wurden, hatte sich seit dem Erwerb des ursprünglichen Gebäudes bereits verdreifacht. Die Brüder im Zweigbüro mußten auf sehr beengtem Raum arbeiten.

Um den Einwänden der Nachbarn gerecht zu werden, war so manche Abänderung im Plan der Gebäudeanordnung erforderlich, bevor das Bauvorhaben zum Abschluß kommen konnte. Dies brachte eine Menge zusätzlicher Arbeit mit sich. Das Zweigbüro bestätigt jedoch: „Am Ende erwies es sich, daß fast alle erforderlichen Abänderungen zu unserem Nutzen waren.“ Die Brüder mußten in vielen Fällen zugeben: „Es ist jetzt sogar besser, als wir es zuvor beabsichtigt haben.“

Ein vielsprachiges Gebiet

Nicht jeder, der in Österreich lebt, ist ein Einheimischer, und nicht jeder hier spricht fließend Deutsch — die vorherrschende Sprache. Es gibt viele Gastarbeiter aus Jugoslawien und der Türkei. Anfang der 70er Jahre traf der österreichische Zweig Vorkehrungen, um die Gastarbeiter mit der Botschaft der Bibel zu erreichen. Der Same fiel auf fruchtbaren Boden. Es war bald möglich, Studiengruppen zu bilden.

Derzeit gibt es neun Versammlungen, die ihre Zusammenkünfte ausschließlich in Serbokroatisch (eine der Hauptsprachen Jugoslawiens) abhalten. Es gibt auch Studiengruppen der Sprachen Arabisch, Englisch, Japanisch, Polnisch, Spanisch und Türkisch. Bruder Letonja, dessen theokratische Laufbahn über fünfzig Jahre zurückreicht und der mit seiner Frau im Bethel Wien dient, erzählt uns etwas über die Arbeit unter den Gastarbeitern:

„Ich erhielt im Jahre 1971 die Zuteilung, mich den fünf Brüdern anzuschließen, die unter den jugoslawischen Gastarbeitern die gute Botschaft predigten. Zu diesem Zweck erlernte ich die serbokroatische Sprache. Heute, im Jahre 1988, gibt es in Wien und Umgebung mehr als 320 Verkündiger, die zu dieser serbokroatischen Sprachgruppe gehören. Mit diesen Brüdern zusammenzuarbeiten ist höchst erfreulich. Sie haben viel Familiensinn. Ihr Eifer für die Wahrheit ist ansteckend, und sie ermutigen einander. Nicht wenige von ihnen bleiben den ganzen Tag hindurch, ja bis in die Abendstunden hinein im Dienst. Trotz der für Gastarbeiter schwierigen Arbeitsbedingungen nehmen einige regelmäßig am Hilfspionierdienst teil. Ihre lebhaften Gespräche drehen sich vornehmlich um die Wahrheit.

Unter ihnen gibt es auch eine Anzahl Zigeuner, und für sie ist die Versammlung wie ein Zuhause. Von einer Zigeunerfamilie sind schon wenigstens 25 Glieder getauft worden, und mehr als 19 Verwandte sind an der Wahrheit interessiert. Es ist wirklich ein Segen, mit diesen Brüdern zusammenzuwirken.“

Gastgeber bei Kongressen

In den früheren schwierigen Zeiten mußten wir, die Brüder aus Österreich, oft die Grenze überschreiten, um Versammlungszusammenkünften oder größeren Kongressen beiwohnen zu können. Wir erinnern uns gut an die liebevolle Gastfreundschaft, die uns überall, wohin wir gingen, von den Brüdern erwiesen worden war. Nun hatten die Brüder aus Österreich die Gelegenheit, sich als Gastgeber zu erweisen.

Es begann eigentlich im Jahre 1965, als 1 200 aus Griechenland kamen, um einem Bezirkskongreß in Wien beizuwohnen. Es wurden Vorkehrungen für sie getroffen, in einem anderen Teil des für den Kongreß gemieteten Gebäudes das gesamte Programm in Griechisch abzuhalten.

Im Jahre 1967 wohnten 889 Brüder aus Jugoslawien einem Bezirkskongreß in Klagenfurt, im Süden Österreichs, bei. Auch sie konnten das Programm in ihrer eigenen Sprache hören. Die Zahl derer, die aus Jugoslawien herüberkamen, stieg an. Im Jahre 1968 belief sich die Anwesendenzahl bei ihrem Programm in Villach schon auf 2 319.

Es war für uns ein Vorrecht, beim Bezirkskongreß im Jahre 1978 dafür zu sorgen, daß das Programm auch in Ungarisch dargeboten wurde. In Österreich leben einige Älteste, deren Muttersprache Ungarisch ist. Es war somit nicht allzuschwierig, für das Programm zu sorgen. In den Wochen vor dem Kongreß fragten sich aber die für die Kongreßorganisation verantwortlichen Brüder: „Werden Brüder aus Ungarn auch wirklich in der Lage sein, die Grenze zu überschreiten und dem Kongreß beizuwohnen?“ Doch welch eine Begeisterung herrschte, als die Zahl der Anwesenden beim ungarischen Programm auf über 400 stieg! Seit dieser Zeit gibt es bei den Bezirkskongressen in Wien meistens auch ein ungarisches Programm. Im Jahre 1986 stieg die Anwesendenzahl zur großen Freude für jedermann auf 1 781 an. Gab es aber auch noch andere, denen wir Gastfreundschaft erweisen konnten?

Können auch Brüder aus Polen kommen?

„Göttliche Liebe“ war das Kongreßmotto von 1980. Was konnte das Motto wohl besser hervorheben als die Anwesenheit von 1 883 Brüdern und Schwestern aus Polen, die in Wien das Programm in ihrer eigenen Sprache hören konnten? Die polnische Zuhörerschaft war in einem großen Zelt untergebracht, während jeweils eine Halle für das Programm in Ungarisch und in Kroatisch bereitgestellt worden war. Für das Programm in Deutsch war auf dem gleichen Gelände ein Stadion gemietet worden.

Der stellvertretende Kongreßvorsitzende machte einen Vorschlag: „Wie wäre es, wenn am Sonntag auch alle Brüder der anderen Sprachgruppen zum Schlußlied in das Stadion kommen würden?“ Das Kongreßbüro stimmte begeistert zu.

Man muß sich den Anblick vorstellen, der sich zum Abschluß des Kongresses bot: auf der einen Seite des Stadions die 5 000 Delegierten aus Österreich — vor ihnen der hellgrüne Rasen des Spielfeldes. Auf eine Ansage hin begannen sich die gegenüberliegenden Ränge zu füllen. Nach Sprachgruppen geordnet, nahmen die Brüder Aufstellung: Jugoslawen, Ungarn, Polen. Nachdem in vier Sprachen der Einsatz gegeben worden war, vereinten sich nahezu 8 000 Stimmen zu einem Lied des Lobpreises: „Hab Dank, Herr Jehova“.

Der Bruder, der die Schlußworte hatte, wandte sich an die Brüder aus Polen: „Wenn ihr das nächste Mal mehr seid als wir beim deutschsprachigen Programm, dann überlassen wir euch das Stadion.“ Nach Programmschluß wollten sich die Brüder noch lange nicht voneinander trennen. Es war ein herzbewegender Kongreß, und er lieferte den Brüdern diesseits und jenseits der Grenzen noch lange Zeit Gesprächsstoff. Von tiefem Glücksgefühl erfüllt, schrieb danach das Zweigbüro an die leitende Körperschaft:

„Es war etwas, was man erleben muß. Welch eine machtvolle Kundgebung der vereinigenden Kraft des Geistes Jehovas und seiner ‚Göttlichen Liebe‘! Nach Abschluß des Liedes winkten die Brüder noch lange einander zu. Niemand wollte weggehen. Ein Bruder äußerte die Empfindungen vieler anderer Brüder, als er sagte: „Das war mein zehnter Bezirkskongreß; ich habe jedoch noch nie etwas dergleichen erlebt — diese Wärme, Aufrichtigkeit und zärtliche Zuneigung und ein solches Band der Einheit. Am liebsten hätte ich alle in meine Arme geschlossen. In geistigem Sinne habe ich es getan.“

Als im darauffolgenden Jahr, 1981, die Vorbereitungen für den Bezirkskongreß „Loyale Unterstützer des Königreiches“ in die Schlußphase eintraten, war eines klar: Dieses Mal werden wir das Stadion den mehr als 5 000 Brüdern aus Polen überlassen müssen. Und wieder einmal erwiesen sich die Brüder aus Wien und Umgebung als herzliche Gastgeber.

Es gab noch eine zusätzliche Bereicherung für den Kongreß, denn Bruder Theodore Jaracz und Bruder Daniel Sydlik von der leitenden Körperschaft waren nach Wien gekommen. Welch eine großartige Gelegenheit für sie, mit Brüdern aus Ungarn und Polen Gemeinschaft zu pflegen! Ihre ermunternden Ansprachen sowie die herzliche und freundliche Verbundenheit mit den Brüdern aller Sprachgruppen wurden sehr geschätzt. Bruder Sydlik sprach in seinem Vortrag über den christlichen Jünger Barnabas. Die Brüder verfolgten seine Ausführungen mit großer Aufmerksamkeit. Schon nach wenigen Worten waren Sprecher und Zuhörer „ein Herz und eine Seele“, wie man in Österreich zu sagen pflegt.

Unsere Brüder in Polen sind seit 1982 in der Lage, ihre eigenen Kongresse abzuhalten. Doch die Brüder in Österreich freuen sich, daß sie weiterhin Gastgeber für ihre Brüder aus Ungarn sein konnten.

Vorwärts in die Zukunft!

Man sagt, daß sich in Österreich im allgemeinen der Lauf der Dinge „gemütlich“ abspiele. Dies trifft jedoch nicht auf die Verkündigung der guten Botschaft vom Königreich Gottes zu. Es gab zwar kein sensationelles Wachstum, dennoch nahm die Zahl der Lobpreiser Jehovas ständig zu. Einmal, in den 50er Jahren, ermunterte ein damaliger Bezirksaufseher die Brüder mit den Worten: „Es sollte uns nicht überraschen, wenn es auch in Österreich eines Tages 10 000 Verkündiger gibt.“ Das klang ja ganz gut. Doch Österreich ist nur ein kleines Land mit 7,5 Millionen Einwohnern. Zu jener Zeit gab es nicht mehr als 5 000 Verkündiger im ganzen Land. Im Jahre 1971 jedoch wurde die Zahl von 10 000 überschritten, und gegenwärtig ist die Anzahl der Lobpreiser Jehovas auf über 17 000 angewachsen.

Österreich ist als ein Land der Berge und der Musik wohlbekannt. Doch im Leben einer stets wachsenden Menge ist es der „Berg des Hauses Jehovas“, die erhöhte Stellung der wahren Anbetung, der für sie von größter Bedeutung ist. Und die lieblichste Melodie, die in diesem Land zu hören ist, kommt von den 17 705 Verkündigern, die sich am Singen des Neuen Liedes beteiligen, ein Lied, das Jehovas Königreich verherrlicht (Jes. 2:2; Ps. 98:1, 4-6).

[Karte/Kasten auf Seite 72, 73]

Grunddaten: Österreich

Hauptstadt: Wien

Amtssprache: Deutsch

Hauptreligion: römisch-katholisch

Bevölkerung: 7 575 700

Verkündiger: 17 705

Pioniere: 1 398

Versammlungen: 246

Gedächtnismahl: 30 216

Zweigbüro: Wien

[Karte]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

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[Ganzseitiges Bild auf Seite 66]

[Bilder auf Seite 69]

Continental-Hotel, in dem C. T. Russell am 22. März 1911 zu sprechen versuchte

[Bildnachweis]

Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek

[Bilder auf Seite 74]

Simon Riedler (links) und Franz Ganster hörten zum ersten Mal 1921 die Wahrheit

[Bilder auf Seite 79]

J. F. Rutherford sprach 1922 in der Katharinenhalle (Wien)

[Bildnachweis]

Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek

[Bilder auf Seite 81]

Programm des ersten Kongresses der Bibelforscher in Wien, 1924. Der nächste Kongreß war für Johannes Schindler ein Wendepunkt.

[Bild auf Seite 83]

Die Familie Heide im Jahre 1924, österreichische Zeugen Jehovas der ersten Stunde

[Bild auf Seite 87]

Emil Wetzel beaufsichtigte das Werk in Österreich von 1922 bis 1926

[Bild auf Seite 95]

Leopold Engleitner, wegen Predigens im Jahre 1934 inhaftiert

[Bild auf Seite 99]

August Kraft, von den Nationalsozialisten am 25. Mai 1939 verhaftet. Schlußworte des Gestapodokuments über Kraft.

[Bildnachweis]

DÖW, Wien, Österreich

[Bilder auf Seite 108]

Therese Schreiber (links) vervielfältigte Literatur, und Hansi Hron (Buchner) war Kurierin. Beide wurden verhaftet.

[Bild auf Seite 109]

Gestapodokumente offenbaren ausführliche Kenntnisse des unterirdischen Vervielfältigungsnetzes

[Bildnachweis]

DÖW, Wien, Österreich

[Bilder auf Seite 115]

Alois Moser (links) war in sieben Gefängnissen und Konzentrationslagern; Johann Rainer weigerte sich, einen militärischen Eid abzulegen; Franz Wohlfahrt bewahrte die Lauterkeit, obwohl sein Vater und sein Bruder hingerichtet worden waren

[Bilder auf Seite 117]

Eingang des Konzentrationslagers in Gusen. Überlebende Zeugen Jehovas von Mauthausen/Gusen, 1945.

[Bildnachweis]

DÖW, Wien, Österreich

[Bilder auf Seite 120]

Josef Wegscheider (links) und Johann Pichler wurden am 26. September 1939 in der Nähe von Salzburg erschossen

[Bilder auf Seite 124]

Hermine Obweger (links) wurde im Alter von 11 Jahren ihren Eltern weggenommen. Auguste Hirschmann (später Bender) bezog im Alter von 17 Jahren Stellung vor der Gestapo.

[Bilder auf Seite 126]

Peter Gölles wurde am 12. Juni 1940 verhaftet. In diesem Gerichtsgebäude wurde er verurteilt und in diesem Zellenblock eingekerkert.

[Bild auf Seite 137]

Franz Malina verbrachte fünf Jahre in sibirischen Arbeitslagern

[Bild auf Seite 140]

Lowell L. Turner, Zweigaufseher von 1965 bis 1975, mit seiner Frau Margot

[Bild auf Seite 141]

Zweigbüro und Bethelheim, 1957

[Bild auf Seite 142]

Erweitertes Zweigbüro, 1987