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Kolumbien

Kolumbien

Kolumbien

Kolumbianisches Gold: Ist es das kostbare gelbe Metall oder die schädliche Droge Kokain? Nein. Das wahre Gold dieses südamerikanischen Landes ist unter seinem Volk zu finden — die Tausende, die sich einen guten Namen bei Gott machen.

AN WAS denkst du, wenn du von dem südamerikanischen Land Kolumbien hörst? Viele denken dabei an den aromatischen kolumbianischen Kaffee, an erlesene Smaragde, an wunderschöne Chrysanthemen und an prächtige Orchideen — um nur einige Besonderheiten des Landes zu nennen. Bei anderen ruft nur der Hinweis auf Kolumbien Schreckensbilder in den Sinn: Bilder vom Kokainschmuggel und den erbitterten Rauschgiftkriegen. Das ist ein schlimmer Zustand. Rauschgift und Mord aber sind keinesfalls typisch für das eigentliche Kolumbien und auch nicht für die Mehrheit seiner Bürger.

Überzeuge dich daher selbst, wie es in Kolumbien aussieht. Vielleicht bist du erstaunt und angenehm berührt, zu erfahren, daß das Land nicht so primitiv und nicht so gefährlich ist, wie du es dir vorgestellt haben magst. Und du wirst bestimmt verstehen, warum es Jehovas Zeugen in Kolumbien so viel Freude bereitet, in diesem traditionell katholischen Land die gute Botschaft vom Königreich Gottes zu verkündigen.

Spanische Krone — katholisches Kreuz

Ein Blick auf die Landkarte wird deine geographischen Kenntnisse über jenen Teil der Erde wieder auffrischen. Wie du siehst, reicht der Isthmus von Panama an der Nordwestspitze Südamerikas nach Kolumbien hinein. Dadurch hat Kolumbien, das nach dem europäischen Entdecker der Neuen Welt benannt ist, den Vorteil, sowohl am Pazifik als auch am Atlantik eine Küste zu haben.

Den denkwürdigen Reisen des Christoph Kolumbus folgte sehr schnell die Erforschung und Eroberung der gesamten Karibik. Spanien konzentrierte seine ganze Kraft auf ein Ziel: die Herrschaft über die ungeheuren Reichtümer der Neuen Welt, über sein Gold und Silber zu erlangen. Bald darauf griff Spanien nach der Weltherrschaft. Kaum jemand wird bestreiten, daß das 16. Jahrhundert von Spanien beeinflußt wurde.

Aber das 16. Jahrhundert war auch das Jahrhundert der Reformation, bei der die Völker Mittel- und Nordeuropas die Fesseln der katholischen Kirche und des Heiligen Römischen Reiches abwarfen. Nicht lange danach wurde die Bibel übersetzt und verbreitet, und die Heilige Schrift fehlte in fast keinem Haushalt. Ganz anders war die Situation in den spanischen Kolonien. Als hier die spanischen Konquistadoren im Namen der Krone an Land gingen, pflanzten sie auch das Kreuz des Katholizismus auf. Dort stand es 400 Jahre lang als Symbol eines religiösen Monopols.

Um Kolumbien und die dort lebenden Menschen zu verstehen, muß man etwas von seiner Geschichte kennen. Und um Jehovas Zeugen in Kolumbien zu verstehen, muß man die historische Vergangenheit kennen und auch wissen, wie diese mit ihrer theokratischen Vergangenheit verflochten ist.

Die interessantesten Punkte

Der größte Teil der Bevölkerung Kolumbiens lebt im westlichen Drittel des Landes, in den ertragreichen Flußtälern und an den fruchtbaren Hängen der drei Andenketten, die sich von der ecuadorianischen Grenze aus in Richtung Norden wie Finger auseinanderspreizen. Unser Interesse gilt vor allem sechs Städten des Landes: der Hauptstadt Bogotá, die in einem Hochbecken der Ostkordillere liegt, den drei tropischen Häfen an der Karibikküste — Barranquilla, Santa Marta und Cartagena — sowie dem weltberühmten Medellín im Westen mit seinem ewigen Frühling und dem subtropischen Cali im Südwesten, gegen Ecuador hin, wo das ganze Jahr die Sonne scheint.

Vor dem Aufkommen des Flugreiseverkehrs in den 20er Jahren war der Río Magdalena die wichtigste Verkehrsader ins Landesinnere. Etwa auf halber Strecke flußaufwärts liegt westlich der schneebedeckte Vulkan Nevado del Ruiz — der an klaren Tagen aus der Luft zu sehen ist. Unten im Tal befand sich einst die blühende ländliche Stadt Armero, bis zu jener schicksalhaften Nacht im November 1985, als eine mörderische Lawine aus Schlamm, Eis und Lava die 28 000 Einwohner zählende Stadt von der Landkarte verschwinden ließ. Auch etwa 40 Zeugen Jehovas und interessierte Personen kamen bei dieser Katastrophe ums Leben. *

Auf nach Bogotá

Ankommende Flugzeuge lassen das breite Tal des Río Magdalena hinter sich und gleiten über die saftgrüne Savanne hoch oben in den Bergen, wo Bogotá, die 450 Jahre alte Hauptstadt und größte Stadt Kolumbiens, liegt. Aufmerksame Fluggäste, die rechts aus dem Flugzeug schauen, können kurz die rotbraunen Dächer der Gebäude auf dem neuen Baugelände des Zweigbüros der Watch Tower Society etwas westlich der Hauptstadt erblicken. Einige der Mitarbeiter mögen ihrerseits hinaufschauen und sich fragen, ob mit dem Flugzeug weitere Mitarbeiter ankommen, die im Rahmen des internationalen Bauprogramms anreisen, um die Arbeit zu beschleunigen. Während der große Jet seinen langen Landeanflug Richtung Bogotás internationalem Flughafen El Dorado fortsetzt, sieht man am weit entfernten Ende der Hochebene die Wolkenkratzer von Bogotá, die sich der Sonne entgegenrecken und von der steil abfallenden Ostkordillere umrahmt werden.

Wenn die Passagiere den Flughafen verlassen, staunen sie oft über die frische, kühle Luft. In 2 600 Meter Höhe ist man froh über einen Mantel oder einen dicken Pullover.

Kolumbien erfreut sich ungehinderter Religionsausübung

Oben auf der Bergkette steht eine Kultstätte, die die Hauptstadt überragt — ein stummer Zeuge davon, daß Kolumbien ein katholisches Land ist. Es ist „Dem Heiligen Herzen Jesu“ geweiht und hat mit dem Heiligen Stuhl ein Konkordat abgeschlossen, das seit 1887 in Kraft ist. Darin stand ursprünglich, der Katholizismus sei Staatsreligion, wodurch die Meinung des spanischen Königs Philipp II. bestätigt wurde, politische Einheit könne nicht ohne Einheit im Glauben bestehen.

Erfreulicherweise gibt es seit 1958 in Kolumbien Religionsfreiheit. Jehovas Zeugen schätzen die fortschrittliche Einstellung der Regierung.

Zeugnisgeben in Bogotá

Wir möchten dir Agustín Primo vorstellen, ein Glied des Zweigkomitees in Kolumbien. Er hat die Wahrheit 1972 kennengelernt, und zwar von einem ausländischen Zeugen, der in Bogotá tätig war, als dort dringend Königreichsverkündiger benötigt wurden. Mit sechzig Jahren ist Agustín nun pensioniert und arbeitet ganztägig im Zweigbüro. Wie er uns berichtet, sind das bestehende Zweigbüro und die Druckerei viel zu klein, um für die über 40 000 Verkündiger und 600 Versammlungen angemessen zu sorgen, obwohl die Gebäude erst vor 10 Jahren ihrer Bestimmung übergeben wurden.

Aus welchen Bevölkerungsschichten kommen die neuen Verkündiger? Sieht man sich das Evangelisierungswerk einmal näher an, das in dieser weit ausgedehnten Stadt von rund fünf Millionen Einwohnern verrichtet wird, erhält man einige Hinweise.

Das Predigen in reicheren Stadtteilen ist schwierig, weil es dort bewachte Apartmenthäuser und Eigentumswohnanlagen gibt, wo die Wohnungsinhaber meistens mit dem Auto ankommen und abfahren. Und wenn Verkündiger in diesen Gebieten in Privatwohnungen vorsprechen, ist es problematisch, die Familienglieder zu erreichen, da das Hausmädchen versucht, die Zeugen abzuwimmeln. Aber in dem wachsenden Gebiet der Mittelschicht kann man häufig lebhafte biblische Gespräche führen.

In den weniger feinen Arbeitervierteln findet man viele Menschen, die sehr gut über Weltereignisse Bescheid wissen. Folglich ist es leichter, bei ihnen Bibelstudien einzurichten, und sie machen in der Wahrheit ziemlich schnell Fortschritte.

Und schließlich gibt es noch die Slums und Elendsquartiere — der Fluch so vieler übervölkerter Großstädte der Entwicklungsländer —, die scheinbar über Nacht auf unbebautem Flachland und an kahlen Hängen aus dem Boden schießen. Sie sind der letzte Lagerplatz für den endlosen Strom von Menschen, die die Landgebiete verlassen, um ein für sie ungewohntes Leben in der Stadt zu beginnen. Von den Abertausenden, die dort wohnen, hören sich viele die tröstende Botschaft der Zeugen Jehovas an, und manche machen sich die Königreichshoffnung zu eigen.

Die ersten zwei Königreichsverkündiger Kolumbiens

Euclides González, der in der Dienstabteilung des Zweigbüros tätig ist, erzählt uns: „Seit dem Eintreffen der ersten Gileadmissionare im Sommer 1945 ist ein ausgezeichnetes Wachstum zu verzeichnen gewesen. Aber es hat schon 20 Jahre zuvor in Kolumbien Zeugen gegeben.“

Etwa um die gleiche Zeit, als Charles Taze Russell und seine kleine Gruppe von Bibelforschern ihre Bibelstudienklassen in Allegheny (Pennsylvanien, USA) einrichteten, wurde Heliodoro Hernández in dem etwa 300 km nördlich von Bogotá gelegenen Bergland geboren. Das war 1871. Einundfünfzig Jahre später wurde er der erste Zeuge in Kolumbien.

Als Jugendlicher war Heliodoro ein begeisterter Leser mit dem brennenden Wunsch, eine Bibel zu besitzen. Doch Bibeln waren damals rar. Schließlich erwarb er im Alter von 25 Jahren eine eigene Bibel, und während des nächsten Vierteljahrhunderts las er mit Vorliebe darin.

Im Jahre 1922 borgte er von einem Bekannten mehrere Ausgaben der Zeitschrift Der Wachtturm sowie die Broschüre Millionen jetzt Lebender werden nie sterben. Begeistert von dem, was er in diesen Veröffentlichungen las, fing Heliodoro an, jedem, den er traf, von der guten Botschaft zu erzählen. Zwei Jahre später fand er bei dem jungen Juan Bautista Estupiñán, der gerade vom Militärdienst in Bogotá zurückgekehrt war, ein hörendes Ohr. Heliodoro war damals 53 und Juan 25. Später heiratete Juan Heliodoros Nichte. Diese beiden christlichen Männer säten in zahlreichen Dörfern und Städten Nordostkolumbiens Samen der Königreichswahrheit aus.

Außer Reichweite, wenn Gegner mit Steinen warfen

In den 30er Jahren schickte die Gesellschaft Heliodoro und Juan eine batteriebetriebene Sprechmaschine, die ihnen eine Hilfe sein sollte, die gute Botschaft noch wirkungsvoller zu verbreiten. Zu Fuß gingen sie in Nachbarstädte, wobei sie die schwere Maschine sowie ihren Literaturvorrat tragen mußten. Man stelle sich vor, welche Wirkung es gehabt haben muß, als sie Vorträge wie „Dreieinigkeit bloßgestellt“ und „Ende der Welt“ auf den öffentlichen Plätzen dieser katholischen Städte abspielten! Kein Wunder also, daß sie bei der Ankunft in jeder Stadt einen Abstellplatz für ihre Maschine in einem Haus suchten, bevor sie sie in Betrieb setzten! Auf diese Weise war der Verstärker nicht nur außer Sichtweite, sondern auch außer Reichweite, wenn Gegner mit Steinen warfen.

Heliodoro starb 1962 im Alter von 91 Jahren, und sein Predigtdienstpartner Juan Bautista Estupiñán starb 1976 in Treue.

Wer würde der Aufforderung nachkommen?

Im Jahre 1930, nach 43 Jahren kirchlich beeinflußter Herrschaft, trat ein Regierungswechsel ein, der den Weg zu größerer Religionsfreiheit ebnete. Verschiedene protestantische Gruppen begannen ihre Tätigkeit in Kolumbien auszudehnen, was auch Jehovas Zeugen taten.

Bei dem Kongreß 1935 in Washington (D. C.) ermunterte Joseph F. Rutherford, der zweite Präsident der Watch Tower Society, das Volk des Herrn nachdrücklich, die Möglichkeit zu erwägen, in Südamerika zu predigen. Doch Hilma Sjoberg und Käthe Palm, zwei eifrige Pionierinnen, predigten bereits in Kolumbien. Schwester Sjoberg wurde in Schweden geboren und war die Witwe eines texanischen Baumwollfarmers. Käthe Palm hatte die Wahrheit in ihrer Heimat, Deutschland, kennengelernt und war, bevor sie den Dienst in Südamerika aufnahm, in den Vereinigten Staaten Pionier gewesen.

Schwester Palm erinnert sich: „Hilma Sjoberg sandte im November 1934 einen Geldbetrag an die Watch Tower Society, um eine Schiffsreise von den Vereinigten Staaten nach Kolumbien zu finanzieren. Die Gesellschaft fragte mich, ob ich bereit sei, Schwester Sjoberg in Südamerika zu unterstützen. ... So traf ich im Dezember in Buenaventura (Kolumbien) ein.“ Nur mit einer spanischen Zeugniskarte und begrenzten Sprachkenntnissen ausgerüstet, machte sie sich allein daran, in dieser Hafenstadt zu predigen.

Dann fuhr sie mit dem Zug die Westkordillere hinauf und durch das fruchtbare Tal des Río Cauca nach Cali. Während sie hier auf Hilmas Ankunft aus Ecuador wartete, gab sie in Cali und dann in Palmira auf der anderen Seite des Tals Zeugnis. Sobald Schwester Sjoberg eintraf, reisten die beiden Schwestern, die sich erst kurze Zeit kannten, zum Hochland, wo Bogotá liegt. Schwester Palm erzählt, daß sie die Hauptstadt über ein Jahr lang bearbeiteten und dabei kartonweise Bücher abgaben.

„Weiße Handschuhe“ für Geschäftsviertel

In den Jahren 1939, 1941 und 1942 gab das Mutter-und-Tochter-Team, Marian und Kate Goas aus Mexiko, in Bogotá und in mehreren anderen Städten Zeugnis, sogar in der Goldminenstadt Condoto, in der sumpfigen und dichtbewaldeten pazifischen Küstenebene gelegen. Sie besuchten außerdem die Hafenstädte Cartagena, Barranquilla und Santa Marta an der Karibikküste. Käthe Palm berichtete, daß diese Pionierinnen „elegant gekleidet waren — mit weißen Handschuhen —, als sie hauptsächlich die Geschäftsviertel bearbeiteten“.

Die Reaktion der Leute in den Städten ließ darauf schließen, welche Fortschritte das Königreichswerk machen würde. Über das religiöse Medellín beispielsweise berichteten die Schwestern, daß kaum ein Tag verging, an dem sie nicht von Schüler-Pöbelrotten, die der Pfarrer aufgehetzt hatte, angegriffen wurden. Über Barranquilla schrieben sie: „Es gibt viele freundliche, aufrichtige Menschen in Barranquilla, und ich glaube, es wäre möglich, dort eine ganz ansehnliche Gruppe für Studien zusammenzubringen, gäbe es hier einen Verkündiger, der seine ganze Zeit diesem Werk widmen würde.“

Zuvor hatte in Barranquilla ein Zeuge aus einem anderen Land einen jungen Geschäftsmann palästinischer Herkunft angesprochen. Der junge Mann hieß Farah Morán. Farah besaß eine Bibel und las gern darin. An einem warmen Samstagnachmittag Mitte der 30er Jahre sprach in seinem Herrenbekleidungsgeschäft ein Ausländer vor, um „über Regierung zu reden“. Farah erklärte, er diskutiere nie über Politik. „Aber es geht um Gottes Regierung.“ Das war natürlich etwas anderes. Farah nahm das Buch Regierung entgegen, das die Gesellschaft herausgegeben hatte.

Er fing sofort an, darin zu lesen, und war so gefesselt, daß er an diesem Tag sein Geschäft schloß, um zu Hause weiterzulesen. Gegen vier Uhr morgens hatte er es halb durchgelesen. Um sechs Uhr morgens stand er auf, wusch sich und ging zum Hotel, um den Mann ausfindig zu machen, der ihm das Buch gegeben hatte. Farah erwarb noch mehr Literatur von dem Zeugen. Um die biblische Wahrheit zu erfassen, las er die Bücher in den nächsten 14 Jahren immer wieder durch.

Vor der Ankunft der Absolventen der Wachtturm-Bibelschule Gilead hatten also ausländische Pioniere bereits mit Selbstaufopferung hervorragende Arbeit geleistet, und das, obwohl sie beim Aussäen des Königreichssamens im ganzen Land Härten und Widerstand ertragen mußten.

Keine strohgedeckten Hütten

Im August 1945, dem Monat, in dem der Krieg endete, landete das Flugzeug, das die ersten drei Gileadabsolventen nach Kolumbien brachte, auf dem alten Flughafen in Bogotá. Ihre erste Aufgabe bestand darin, geeignete Räumlichkeiten für ein Missionarheim zu finden, da in Kürze noch weitere Missionare ankommen würden.

Vor der Ankunft in Kolumbien hatten einige dieser Missionare von einem Land mit karibischen Küsten geträumt, von wiegenden Palmen, malerischen strohgedeckten Hütten und freundlichen Menschen, die nur darauf warteten, in die Wahrheit zu kommen.

Als die Absolventen allerdings in Bogotá eintrafen, erwartete sie eine 500 000 Einwohner zählende Stadt, die gerade dabei war, ihre koloniale Vergangenheit zu bewältigen. Hier kleideten sich die Leute meistens schwarz und grau, der Himmel war oft wolkig, das Klima feucht, und in einer Höhe von nahezu 2 700 m waren die Nächte kühl. Ja, die Missionare leisteten zwar wieder Pionierarbeit, aber diesmal mit einer neuen Sprache und in einem schwierigen Gebiet, wo es keine strohgedeckten Hütten gab und man nicht jene „freundlichen Menschen, die nur darauf warteten, in die Wahrheit zu kommen“, antraf.

Heute Großmütter — und im Herzen immer noch Missionarinnen

Die meisten Missionare haben ihre Zuteilung liebengelernt. „Es machte Freude, mit Regenmantel und Schirm im Regen zu gehen“, erinnert sich eine ehemalige Missionarin. „Und an vielen Tagen war das Wetter einfach herrlich, nur Sonne und blauer Himmel. Die vielen Blumen, die Häuser im Kolonialstil, die neuen Sitten, die es kennenzulernen gab, und die Herausforderung mit der Sprache. In unseren Augen war diese Missionarzuteilung einfach wunderbar!“

Die Missionare begannen zunächst in ihrer Nachbarschaft zu predigen, wo Leute des Mittelstandes wohnten, die aufgeschlossen und gastfreundlich waren — typisch für Kolumbianer. Aber sobald die Missionare auf die Bibel hinwiesen, um den Zweck ihres Besuchs zu erklären, kamen tiefverwurzelte religiöse Ängste zum Vorschein, und das Gespräch wurde beendet. Es bestand wenig Aussicht auf Rückbesuche, und Bibelstudien einzurichten war schwierig.

Es war auch nicht leicht, sich daran zu gewöhnen, mit einer Gruppe im Missionarheim zu leben. Mehrere Missionare verließen das Heim aus Unzufriedenheit. Manche kehrten später wegen Krankheit in ihr Heimatland zurück. Und Satan gelang es, die sittliche Reinheit einiger zu untergraben.

Dennoch verloren drei der jungen Schwestern aus der ersten Gruppe nie den Missionargeist: Marian Brown, Jewel Harper und Helen Langford. Zwar gaben sie den Missionardienst später auf und heirateten, aber sie blieben in ihrer Zuteilung — heute sind sie alle Großmütter — und im Herzen immer noch Missionarinnen.

„Es hatte den Klang der Wahrheit“

Aber es gab in Bogotá tatsächlich freundliche Menschen, die nur darauf warteten, in die Wahrheit zu kommen. Einer von ihnen war der 23jährige David Guerrero. Er stammte aus einer streng katholischen Familie. Im Alter von zehn Jahren verlor er seinen Vater, was ihn an der Religion zweifeln ließ. Dieser persönliche Unglücksfall überzeugte ihn — entgegen den katholischen Lehren —, daß die Toten ohne Bewußtsein sind. Als David Jahre später in einer kleinen Pulloverfabrik seines Bruders arbeitete, war er geradezu darauf vorbereitet, von zwei Missionarinnen, die im Laden vorsprachen, die Wahrheit zu hören.

Nun erzählt David: „Eines Morgens bat mich mein Bruder, nach vorne zu kommen und mit Ausländern zu reden, die Schwierigkeiten hätten, den Zweck ihres Besuchs zu erklären. Ich konnte nur wenig Englisch. Zu meiner Überraschung standen zwei adrett gekleidete junge Nordamerikanerinnen vor mir. Sie wollten mit uns über die Bibel sprechen. ‚Man braucht viel Mut, um solch ein Werk in dieser Umgebung zu verrichten‘, dachte ich bei mir. Nun, der Besuch endete, und ich hatte zwei Bücher mit interessanten Titeln erworben; der eine lautete ‚Die Wahrheit wird euch frei machen‘, und der andere hieß Kinder. Die jungen Damen versprachen wiederzukommen.“

David fing an, große Teile der Bücher zu lesen, mal in dem einen Buch, mal in dem anderen. „Mir gefiel der Inhalt“, sagt er. „Es hatte den Klang der Wahrheit. Und die Leute machten es richtig: Sie brachten diese Botschaft direkt zu den Menschen.“

Die Zeuginnen kehrten ein paar Tage später mit einem Missionarehepaar zurück und richteten ein Bibelstudium ein. Bald besuchte David die Zusammenkünfte. „Und ehe ich mich’s versah, war ich ein Königreichsverkündiger“, erzählt er.

Die ersten zwei Taufen

Die erste Taufe fand 1932 statt. Ein reisender Vertreter der Gesellschaft taufte die ersten zwei kolumbianischen Königreichsverkündiger in einem Schwimmbecken in Bogotá, und zwar Bruder Hernández und Bruder Estupiñán. Außerdem wurden zwei Frauen getauft. Eine der beiden Frauen war Alejandrina Moreno. Sie starb 1950 in Treue, und ihre Beerdigung war die erste in Kolumbien, die von Jehovas Zeugen durchgeführt wurde.

Am letzten Sonntag im Januar 1946 fand in Kolumbien die zweite Taufe statt, über die es Aufzeichnungen gibt. 30 Personen waren zugegen. Sieben der neuen Verkündiger symbolisierten ihre Hingabe durch die Taufe, auch David Guerrero. Die Missionare freuten sich über den subtropischen Rahmen bei der Taufe, 1 200 m unterhalb der Savanne. Zahlreiche bunte Vögel, viele Blumen und Kaffeepflanzen sowie ein klarer Gebirgsfluß inmitten von Bambus und Bananenbäumen zierten die Taufstätte — genau das, was sich viele unter einer Zuteilung in den Tropen vorgestellt hatten.

Später heiratete David Guerrero die Missionarin Helen Langford. Nachdem sie eine Zeitlang in den Vereinigten Staaten gelebt hatten, kehrten sie nach Kolumbien zurück, um dort Pionierdienst zu verrichten, und danach hatten sie das Vorrecht, im Reisedienst tätig zu sein.

Als Zweig organisiert — am 1. Mai 1946

Einen Monat nach der zweiten Taufe herrschte große Freude, als der Besuch des dritten Präsidenten der Gesellschaft, Nathan H. Knorr, und des damaligen Vizepräsidenten, Frederick W. Franz, für den 12. bis 17. April 1946 angekündigt wurde. Am Feiertag der Christenheit, am Palmsonntag, versammelten sich 87 Personen im Missionarheim, um Bruder Knorrs Vortrag „Seid fröhlich, ihr Nationen!“ zu lauschen. Beim Gedächtnismahl zwei Tage später waren 29 anwesend, und Bruder Franz hielt eine Stegreifrede in Spanisch.

Während ihres Besuchs wurde das kolumbianische Zweigbüro eingerichtet, das am 1. Mai 1946 seine Arbeit aufnahm. Einige Monate danach wurden fünf Missionare nach Barranquilla versetzt, um dort ein Missionarheim zu eröffnen und das Predigtwerk in dieser Küstenstadt in Gang zu bringen.

John Green, der erste Zweigaufseher, diente bis zum November jenes Jahres in dieser Stellung. Dann traf Robert Tracy ein. Bruder Green mußte in die Vereinigten Staaten zurückkehren, weil seine Frau krank geworden war.

Nachdem Robert Tracy, ein Absolvent der sechsten Gileadklasse, ein paar Monate im Kreisdienst tätig gewesen war, erhielt er vor seiner Reise nach Kolumbien im Brooklyner Bethel eine Schulung. Er war ein freundlicher und tatkräftiger Bruder, der beim Aufbau der Organisation in Kolumbien eine Schlüsselrolle spielen sollte.

La Violencia

Das Jahr 1946 war auch noch aus einem anderen Grund bemerkenswert. Gerade als die Zeugen gute Fortschritte im Werk des Jüngermachens erzielten, rollte eine politische Flutwelle über das Land, die Kolumbien in den Totalitarismus und in religiöser Hinsicht zurück ins Mittelalter riß. Diese Kette von Ereignissen stürzte Kolumbien in einen der blutigsten Abschnitte seiner Geschichte — La Violencia.

Nach den Präsidentschaftswahlen 1946 trat der Kandidat der Verliererpartei, Jorge Eliécer Gaitán, lautstark und nachdrücklich für die Unterdrückten ein. Er genoß sehr große Popularität. Am Mittag des 9. April 1948 wurde dieser Fürsprecher des Volkes von einem Attentäter erschossen. Die Wut des Volkes über den Tod seines Helden äußerte sich in Straßenkämpfen sowie in hemmungslosem Morden, Plündern und Zerstören. Aufgebrachte Pöbelrotten verwüsteten oder beschädigten fast alle Kirchen in der Hauptstadt, wodurch sie ihrer antiklerikalen Einstellung auf gewaltsame Weise Luft machten. Selbst von der Residenz des päpstlichen Nuntius blieben nur Trümmer übrig.

Kolumbiens berüchtigte Violencia hatte begonnen. Durch sinnloses Töten mit teuflischer Brutalität wurde in dem darauffolgenden Jahrzehnt das Blut von rund 200 000 Kolumbianern vergossen. 100 Jahre alte politische Streitigkeiten schürten die Flammen lodernden Hasses und sorgten dafür, daß es auch in den Landgebieten und Berggegenden zu Schießereien und Messerstechereien kam. Dorfpfarrer ergriffen in dem Konflikt ebenfalls Partei. Mit welchem Ergebnis? Man hörte immer mehr Leute sagen: „Ich bin Katholik. Ich glaube an Gott, aber ich kann die Pfarrer nicht leiden.“

Pöbelaktionen richteten sich auch gegen die Zeugen, und die von der Geistlichkeit angestiftete Verfolgung durch die Polizei sollte die Brüder an ihrer Religionsausübung hindern. Während die Brüder predigten, versuchten sie, einer Verhaftung zu entgehen, indem sie häufig das Gebiet wechselten und manchmal Wachtposten aufstellten, die vor Gefahr warnten. Obgleich sich Jehovas Zeugen politisch neutral verhielten, wurden viele in verschiedenen Landesteilen festgenommen, und einige wurden zu kurzen Gefängnisstrafen verurteilt. Soviel man weiß, ist allerdings kein Zeuge umgekommen, aber einige Protestanten verloren ihr Leben, weil sie in den Auseinandersetzungen Partei ergriffen.

Merkwürdigerweise ging das Leben in den größeren Städten wie gewohnt weiter. Ausländer, die die Hauptstadt kurz besuchten, merkten nicht, daß im Hinterland der Bürgerkrieg tobte.

Begrenzte Sprachkenntnisse kein Hindernis

Im Frühjahr 1948 predigte Robert Tracy in der Nähe des Geschäftsviertels von Bogotá und sprach auch bei der Familie Rojas vor. Der Vater war Radiotechniker. Er, seine Frau und vier Kinder lebten in einem einzigen Raum, in dem der Vater auch seine weltliche Arbeit verrichtete. „Trotz meiner begrenzten Spanischkenntnisse“, erzählt Bruder Tracy, „machte die Familie Fortschritte, und schließlich wurden alle Glieder Königreichsverkündiger. Luis, der Älteste, nahm den Sonderpionierdienst auf, gefolgt von Gladys und Marlene.“

Gladys heiratete einen Missionar und diente mit ihrem Mann in Bolivien und Ecuador. Und Luis ist heute einer der drei Bezirksaufseher in Kolumbien.

Zweigbüro nach Barranquilla verlegt

Im Dezember 1949 trafen drei neue Gileadabsolventen — Dewey Fountain, seine Frau Winnie und ihre Tochter Elizabeth — in Bogotá ein, so daß nun insgesamt neun Missionare im Land dienten. Bis dahin befanden sich die meisten Königreichsverkündiger an der nördlichen Karibikküste, und das Werk dort begann zu gedeihen.

Aus diesem Grund verlegte die Gesellschaft im Dezember 1951 das Zweigbüro von Bogotá nach Barranquilla. Robert Tracy war weiterhin Zweigaufseher dort, bis er im April 1952 nach Bogotá zurückkehrte, um „Libby“ (Elizabeth) Fountain zu heiraten. James Webster, ein Missionar in Barranquilla, ersetzte Bruder Tracy als Zweigaufseher und diente in den darauffolgenden 13 Jahren in dieser Stellung. Wir werden später mehr über diese Männer erfahren.

Nichtkatholische Tätigkeit untersagt

Im Jahre 1953 war der totalitäre Präsident dabei, eine neue Verfassung in Kraft zu setzen, die die Grundsätze eines faschistischen Staates beinhaltete. Seine Pläne wurden durchkreuzt, als das Militär einschritt und seine Regierung stürzte. Der Armeegeneral Gustavo Rojas Pinilla wurde der neue Diktator. Das bedeutete für die Zeugen nichts Gutes.

Gabriel Piñeros, der heute in einer Versammlung in Cali als Ältester dient, kannte General Rojas persönlich. Gabriel war früher Oberst in der kolumbianischen Luftwaffe und der Pilot des Generals. Bruder Piñeros hat ihn als einen freundlichen Mann in Erinnerung, der der Gewalttat ein Ende machen und das Land stabilisieren wollte. „Der General machte einen guten Anfang, aber Macht und Ehrgeiz stiegen ihm zu Kopf“, sagt Bruder Piñeros. „Er war zwar kein besonders religiöser Mensch, ließ sich aber von der Kirche beeinflussen.“

Weil General Rojas seine Stellung als Präsident festigen wollte, bemühte er sich um die Unterstützung der katholischen Kirche. Schließlich gab er bekannt, seine Regierung werde streng katholisch geführt. Drei Monate nach der Machtübernahme verbot er jegliche nichtkatholische religiöse Tätigkeit in 18 katholischen Missionsgebieten. Dann folgte im Juni 1954 ein weiterer Erlaß. Dieser untersagte nichtkatholische religiöse Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Lediglich Privatzusammenkünfte in den Räumlichkeiten anerkannter nichtkatholischer Gruppen oder in bestehenden religiösen Tempeln waren erlaubt.

Einband von Bibeln abgerissen

Im Mai 1953 planten Glieder der Versammlung in Bogotá einen Ausflug, aber es sollte keine Vergnügungsreise sein. Bei der Fahrt von ihrer hochgelegenen Stadt in das subtropische Dorf Tocaima überwanden sie rund 1 200 m. Die Brüder wollten dort eine Taufe unter freiem Himmel und noch etwas anderes durchführen. Nach der Taufe strömten die Verkündiger nämlich aus, um in dem Ort Zeugnis zu geben.

Es dauerte nicht lange, bis die Polizei eine Schwester festnahm und sie ins Gefängnis brachte. Bruder Tracy und andere versuchten, ihre Freilassung zu erwirken, doch auch sie wurden eingesperrt. Bald befanden sich acht Zeugen in Haft. Der wütende Wachtmeister schrie, sie seien Kommunisten und hätten kein Recht, in dem katholischen Dorf zu predigen. Nachdem die Polizei von den Büchern und Bibeln den Einband abgerissen hatte, ließ der Bürgermeister die Literatur der Zeugen in einen großen Wasserbottich werfen, der im Innenhof der Polizeistation stand. Eine Stunde später beruhigten sich die Beamten und ließen die Zeugen frei.

Während der vierstündigen Rückreise in die Berge hinauf waren die Brüder der Versammlung freudig gestimmt, ‘weil sie für würdig erachtet worden waren, um Jesu Namens willen in Unehre zu kommen’ (Apg. 5:41).

Die Versammlung in Bogotá auf sich allein gestellt

Im Jahre 1954 zählte Bogotá bereits mehr als 600 000 Einwohner und wurde immer größer. Doch nach über acht Jahren Missionartätigkeit hatte die Versammlung in Bogotá durchschnittlich immer noch 30 Verkündiger. Da trotz großer Anstrengungen so geringe Ergebnisse erzielt worden waren, schloß man das Missionarheim in Bogotá und sandte die Missionare woandershin. Aber wohin? Nach Cali, wo Schwester Käthe Palm 18 Jahre zuvor gepredigt hatte. Cali war nun eine ständig wachsende Industriestadt; es war nur vernünftig, hier ein Missionarheim zu eröffnen.

Ein einheimischer Bruder, Porfirio Caicedo, wurde zum Aufseher der Versammlung in Bogotá ernannt, und er sollte sich um das Königreichswerk dort kümmern. Er war ein geschickter Tischler, der Formen für Metallgüsse herstellte. Als er 1950 die Wahrheit kennenlernte, ging er bei der Unterweisung seiner großen und noch wachsenden Familie „in der Zucht und in der ernsten Ermahnung Jehovas“ mit dem für ihn typischen Elan vor (Eph. 6:4).

Porfirios zweiter Sohn, Raúl, begann gleich nach der Schule im Frühling 1960 mit dem Pionierdienst. Er nahm seinen Dienst ernst und diente im Kreis- und im Bezirksdienst. Nachdem er die Gileadschule besucht hatte, kehrte er als Missionar nach Kolumbien zurück und erhielt seine letzte Zuteilung, nämlich als ein Glied des Zweigkomitees zu dienen. Es war ein trauriger Tag für alle, als Raúl Caicedo 1981 im Alter von 38 Jahren an Krebs starb. Sein Vater Porfirio starb zwei Jahre danach.

Viele können sich heute noch an die Treue von Porfirio Caicedo und seiner großen Familie erinnern. * Alle 17 lebenden Kinder sind getaufte, eifrige Zeugen. Von den rund 50 Enkeln sind 20 getauft, und die jüngeren werden in der Wahrheit erzogen.

An der Küste kennt jeder Jehovas Zeugen

Sehen wir uns nun das Königreichswerk an der Karibikküste an. Erinnert ihr euch noch an den Bericht von Schwester Kate Goas, nachdem sie 1942 in Barranquilla gepredigt hatte? Sie glaubte, es gebe dort viele aufrichtige Menschen, die günstig auf die Wahrheit reagieren würden. Vier Jahre später trafen fünf Missionare aus Bogotá ein, die sich daranmachten, in dieser Küstenstadt zu predigen.

Das tropische Barranquilla hat seinen eigenen Reiz: die unbeschwerten, aufgeschlossenen Menschen und der besondere Klang ihrer Stimme. Ja, die Costeños sind zugänglich und recht oft fröhlich und ausgelassen. Man muß sie einfach gern haben.

Die fünf Missionare, die 1946 von Bogotá nach Barranquilla umzogen, erhielten im November jenes Jahres weitere Hilfe. Der schlaksige 28jährige James Webster, ein ehemaliger Farmerjunge aus den Vereinigten Staaten, traf ein. „Welch eine plötzliche Veränderung!“ sagte Bruder Webster. In der Gileadschule war Robert Tracy sein Klassenkamerad gewesen, und wie er hatte Bruder Webster vor seiner Ankunft im Kreisdienst gestanden.

Sechs Monate später, im Mai 1947, kam Olaf Olson aus Bogotá, um die Missionargruppe zu unterstützen. Er war ein Nordamerikaner norwegischer Herkunft, weshalb er Spanisch mit starkem skandinavischem Akzent sprach. Die Stadt Barranquilla zählte damals rund 160 000 Einwohner, aber nur eine Handvoll Einheimische versammelten sich regelmäßig mit den sieben Ausländern. Bruder Olson erklärte, Barranquilla werde eines Tages 500 Verkündiger haben. Das schien damals unmöglich, doch dieses Ziel wurde im Januar 1959 erreicht.

Die meisten Neuinteressierten gehörten der ärmeren Schicht an, el pueblo, wie Kolumbianer sie nennen. Während der schrecklichen Violencia waren es Zeugen aus el pueblo, die unerschrocken die Wahrheit in andere Küstenstädte und ins Landesinnere trugen und dabei echte Pionierarbeit leisteten.

„Heute gibt es in Barranquilla 62 Versammlungen, mehr als in jeder anderen Stadt des Landes außer Bogotá“, sagt Rogelio Jones, der als Stadtaufseher dient. Er ist Bauunternehmer und hat der Gesellschaft seit den 50er Jahren bei Bauprojekten geholfen. „Und durch das Predigtwerk an der Küste sind gute Ergebnisse erzielt worden. Fast jeder in Barranquilla hat einen Angehörigen, Freund oder Arbeitskollegen, der ein Zeuge Jehovas ist. Die karibische Küstengegend ist vielleicht das einzige Gebiet in Kolumbien, wo die Leute stets zwischen Jehovas Zeugen und anderen nichtkatholischen Gruppen unterscheiden.“

Losverkäufer ist heute allgemeiner Pionier

Den Fremden, die Kolumbien besuchen, fallen sofort die überall anzutreffenden Losverkäufer auf — der Inbegriff von Geschäftigkeit und Hartnäckigkeit. José Villadiego, einer dieser Straßenverkäufer, nahm von einem Missionar, der gerade Straßendienst verrichtete, Literatur entgegen. Ihm gefiel, was er las. Ein paar Tage danach traf er zufällig einen Königreichsverkündiger im Dienst von Haus zu Haus. Als erfahrener Geschäftsmann, der allerdings ein ganz anderes Produkt an den Mann zu bringen versuchte, begann er, den Verkündiger zu begleiten. Zunächst paßte er auf, wie der Verkündiger beim Predigen vorging. Dann mischte er sich selbst in das Gespräch ein, um die Wichtigkeit der Botschaft nachdrücklich zu betonen.

Am darauffolgenden Sonntagmorgen kam José in den Königreichssaal, bereit für den Predigtdienst. (Damals wurden die Erfordernisse für neue Verkündiger noch nicht so deutlich herausgestellt wie heute.) Bald gab José seinen Losverkauf auf, um sich Gott hinzugeben und sich taufen zu lassen. Sechs Monate nach seiner Taufe, im April 1949, wurde er der erste allgemeine Pionier in Barranquilla. José Villadiego dient heute als Ältester in einer Versammlung in Barranquilla und ist als allgemeiner Pionier immer noch ein Beispiel an Fleiß und Begeisterung.

Die Freundlichkeit des Mannes beeindruckte sie

Auch unter den Reicheren gab es freundliche Menschen, die darauf warteten, die Wahrheit zu erkennen. Im Distrikt von El Prado lebte beispielsweise eine verzweifelte Witwe, Inez Wiese. Sie wurde in Jamaika geboren und hatte in Kolumbien ihre Kindheit verbracht. Ihre Eltern waren Briten. Später heiratete sie und zog nach Deutschland, wo sie während des Zweiten Weltkriegs ihren deutschen Mann und ihre beiden Adoptivsöhne verlor. Nach dem Krieg kehrte sie nach Kolumbien zurück. 1947 klopfte eines Tages Olaf Olson an ihre Tür und bot ihr das Wachtturm-Abonnement an. Später erzählte sie: „Ich hatte noch nichts von Jehovas Zeugen gehört und wußte sehr wenig von der Bibel. Doch ich entschloß mich, die Zeitschrift zu abonnieren, weil der Mann so freundlich und rücksichtsvoll war.“ Zwei Jahre später nahm Inez im Alter von 59 Jahren den Pionierdienst auf.

Sie machte großzügige Spenden für das Königreichswerk, u. a. schenkte sie dem Missionarheim einen Kühlschrank und eine Waschmaschine — dringend benötigte Gegenstände. Dem Zweigbüro schenkte sie einen großen neuen Kombiwagen, Baujahr 1953. All die Jahre ist sie außerdem eine gute Spanischlehrerin für die neuen Missionare gewesen. Bis zu ihrem Tod 1977 gab Inez ein ausgezeichnetes Beispiel. Ihr Sinn für Humor und ihre Wertschätzung für die Wahrheit waren sowohl für die Missionare als auch für die einheimischen Brüder eine Ermunterung. *

„Jetzt kam wirklich etwas in Bewegung“

Farah Morán, der zuvor erwähnte Besitzer eines Herrenbekleidungsgeschäfts, der etwa 14 Jahre lang die von Bruder Rutherford verfaßten Bücher gelesen hatte, war überzeugt, die Wahrheit gefunden zu haben. Im September 1949 sprach einer der Missionare in Farahs Geschäft vor. Bruder Webster stellte sich als Prediger vor und wollte gerade mit seiner Darlegung fortfahren, als ihn Farah mit den Worten unterbrach: „Ich bin nicht daran interessiert, über irgendeine Religion etwas zu erfahren, außer über die, die von Richter Rutherford erklärt wird.“ Sobald ihm gezeigt wurde, daß es sich um die gleiche Botschaft handelte, nahm Farah gern das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“ entgegen. Noch in derselben Woche fing Farah an, die Zusammenkünfte zu besuchen.

Bruder Webster erzählt: „Farahs Frau und einige ihrer Angehörigen kamen zur Wahrheit. Auch Farahs alter Jagdkamerad César Roca, einschließlich seiner Frau und seiner großen Familie, sowie mehrere andere Freunde nahmen die Botschaft an. Farahs protestantische Brüder und deren Familien sowie einige ihrer angeheirateten Verwandten wurden ebenfalls Zeugen Jehovas. Jetzt kam wirklich etwas in Bewegung.“

Das Wachstum in Barranquilla ging schnell voran, und bald gründete man eine zweite Versammlung. Farah Moráns Wohnung diente als Königreichssaal. Olaf Olson war vorsitzführender Aufseher. Zweiundfünfzig Personen waren bei der ersten Zusammenkunft anwesend. Bruder Olson schulte Farah, so daß dieser als Aufseher der Gruppe dienen konnte. Im September 1953 wurde eine dritte Versammlung gebildet. Zwei Jahre später gründete man eine vierte.

Das Mikrofon des Pfarrers blieb eingeschaltet

Bruder Webster berichtet, wie das Evangelisierungswerk großen Aufschwung erhielt:

„Im März 1953 erhielten wir den neuen Kombiwagen, den Schwester Wiese für das Zweigbüro gespendet hatte. Wir begannen, in den umliegenden Vororten und nahe gelegenen Dörfern regelmäßig gruppenweise Zeugnis zu geben. Bald hatten wir im Departement Atlántico in zehn Orten gepredigt, die vorher unberührt gewesen waren. Dauerte die Reise länger als einen Tag, fuhren nur Brüder mit. Man teilte sich die Kosten. Gewöhnlich übernachteten wir bei gastfreundlichen Familien und schliefen in Hängematten, auf dem Boden oder in La Theocratica, wie unser Kombiwagen schließlich genannt wurde. Mehr als einmal beschwerte sich der Ortspfarrer beim Bürgermeister und veranlaßte, daß die Polizei das Werk behinderte.“

An einem Sonntagmorgen traf eine Verkündigergruppe auf dem öffentlichen Platz von Tubará ein. Plötzlich ertönte die Stimme des Pfarrers aus Lautsprechern, die man auf dem Kirchturm installiert hatte: „Ich begrüße unsere Freunde, Jehovas Zeugen! Ich lade Sie ein, herüberzukommen und mit mir zu sprechen, um herauszufinden, wer recht hat.“ Mehrere Brüder gingen zur Kirche hinüber, und der Pfarrer bat sie, ihm den Unterschied zwischen dem Katholizismus und dem Protestantismus zu zeigen.

James Webster begann mit der Geschichte des Christentums im ersten Jahrhundert und beschrieb den Abfall, der im zweiten und dritten Jahrhundert einsetzte. Nach einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der katholischen Kirche bis zur protestantischen Reformation im 16. Jahrhundert betonte er, daß sowohl der Katholizismus als auch der Protestantismus die gleichen Grundlehren heidnischen Ursprungs haben — die Dreieinigkeit, die Unsterblichkeit der Seele und die Hölle. Dann fuhr er fort zu erläutern, was die Bibel wirklich über Jehova Gott, Jesus Christus, das Königreich und eine paradiesische Erde lehrt.

Das 15minütige Gespräch fand direkt neben dem Mikrofon des Pfarrers statt, das eingeschaltet geblieben war. Da die Lautsprecher vom Kirchturm aus überall in der Stadt zu hören waren, verfolgten gemäß einer Zählung 169 Personen auf dem Platz und viele weitere in den Häusern die Unterhaltung.

Dem Pfarrer fiel ein, daß das Mikrofon nicht abgeschaltet worden war, und er sagte plötzlich, er habe einen Termin für eine Hochzeit, und beendete das Gespräch. Als die Brüder zu den anderen aus der Gruppe zurückkehrten, erschallte aus den Lautsprechern von einer Schallplatte das Lied “¡Palo con esa gente!” („Verprügelt diese Leute!“). Aber es bildete sich keine Pöbelrotte. Die Zeugen begannen friedlich mit dem Haus-zu-Haus-Dienst, sehr zum Ärger des Pfarrers.

Verhaftet und aufgefordert, die Stadt zu verlassen

Der Schneider Antonio Carvajalino trat einst für die kommunistische Partei ein, als er in der kleinen Stadt Aracataca lebte. Später wohnte er in Barranquilla, wo ihn Bruder Webster und Bruder Olson im Predigtdienst antrafen. Bei den nächsten Besuchen kam es zu lebhaften biblischen Gesprächen. Antonios vier ledige Schwestern lauschten in einem Nebenzimmer angestrengt jedem Wort. Schließlich sah Antonio ein, daß Gottes Königreich die einzige Hoffnung für die armen Menschen in Kolumbien und in der übrigen Welt ist. Er ließ sich einige Zeit danach taufen. Seine vier Schwestern hatten ebenfalls Wertschätzung für die Wahrheit und nahmen bald zusammen mit ihrem Bruder den Pionierdienst auf.

Später erhielt die ganze Familie Carvajalino und der Neffe Tomás Dangond als Sonderpioniergruppe das Erdölraffineriezentrum Barrancabermeja, etwas weiter oben am Río Magdalena gelegen, als Zuteilung. Diese Gegend gehörte zum katholischen Missionsgebiet, und somit war dort gemäß dem Erlaß des Generals und Diktators Gustavo Rojas Pinilla jegliche nichtkatholische Missionstätigkeit verboten. Die evangelischen Bürger der Stadt versammelten sich hinter verschlossenen Türen in ihrem eigenen Kirchengebäude. Sobald sie erfuhren, daß Jehovas Zeugen in der Stadt predigten, liefen sie sogleich zum katholischen Bischof mit den Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in der Hand, um ihm zu berichten, daß die Zeugen diejenigen seien, die diese Zeitschriften verteilten, und nicht die evangelische Kirche.

Der Polizei wurde befohlen, die Zeugen festzunehmen. Zunächst verhaftete man die vier Schwestern. Dann gingen Detektive zur Unterkunft der Pioniere und nahmen die beiden Brüder fest, wobei sie deren Aktentaschen und Literaturvorrat von 20 Kartons beschlagnahmten. Der Polizeirichter befahl den Pionieren, eine Geldstrafe zu zahlen und eine Erklärung zu unterschreiben, daß sie nicht mehr in der Stadt predigen würden. Alle weigerten sich, weshalb man alle sechs zu je 90 Tagen Gefängnis verurteilte.

Am nächsten Tag erklärten die beiden Brüder dem Bürgermeister, seine Beamten hätten eine schreckliche Schandtat begangen, als sie vier christliche Frauen unter solch erbärmlichen Verhältnissen wie Kriminelle einsperrten. Sie baten darum, die für die Schwestern bestimmte Strafe ihrer eigenen hinzuzufügen und die vier Frauen freizulassen. Der Bürgermeister war einverstanden, und Antonio und sein Neffe Tomás wurden zu je neun Monaten Gefängnis verurteilt.

Der Zweigaufseher, James Webster, flog nach Barrancabermeja und suchte einen Rechtsanwalt, der die Zeugen verteidigen würde. Aber keiner hatte den Mut. Dann flog Bruder Webster nach Bogotá, um den Fall persönlich dem Sekretär des Präsidenten vorzutragen. Nachdem der Sekretär ihn angehört hatte, rief er den Bürgermeister von Barrancabermeja an und wies ihn an, die Brüder auf freien Fuß zu setzen und ihnen ihre Literatur zurückzugeben unter der Bedingung, daß die Gruppe innerhalb von 48 Stunden die Stadt verlasse.

Sie halfen über 300 Personen, die Wahrheit kennenzulernen

Innerhalb der festgesetzten Zeit bestiegen die Carvajalinos unter Polizeiaufsicht einen Bus, der in das nahe gelegene Bucaramanga fuhr, die Hauptstadt des Departements oder der Provinz Santander. Das durch La Violencia verursachte Banditenwesen machte die ländliche Umgebung immer noch unsicher, weshalb die Menschen vor Fremden Angst hatten und diesen gegenüber mißtrauisch waren. Dessenungeachtet gingen die Pioniere im Predigtdienst taktvoll vor und gewannen so das Vertrauen der Einheimischen. Während eines Jahres gründeten sie eine Versammlung von 13 Verkündigern. Und sehr zur Überraschung der Brüder besuchten 65 Personen den öffentlichen Vortrag, den der Kreisaufseher anläßlich seines Besuchs hielt.

Was wissen wir heute von der Familie Carvajalino? Antonio Carvajalino starb 1958, seine Schwester Inés 1987. Der Neffe Tomás Dangond ist Ältester. Er, seine Frau und seine Tochter dienen gegenwärtig als Sonderpioniere im Nachbarland Venezuela. Antonios Schwestern sind ledig geblieben, ‘um dem Herrn ohne Ablenkung zu dienen’ (1. Kor. 7:35). Insgesamt hat die Familie über 300 Personen geholfen, eine Erkenntnis der Wahrheit zu erlangen. *

Auch andere Sonderpioniere wurden in jenen Jahren eingesperrt. In der Hafenstadt Magangué am Río Magdalena verbrachten 1956 Miguel Manga und seine Frau Leonor auf Anstiften des Ortsgeistlichen 11 Tage im Gefängnis. In der damals fanatischen Stadt Sahagún (Córdoba) verhaftete ein irregeleiteter Bürgermeister den Sonderpionier Carlos Alvarino und verurteilte ihn zu zwei Wochen Zwangsarbeit.

„Wie das Leben in einer anderen Welt“

Paulus schrieb an Timotheus: „Die Dinge, die du von mir ... gehört hast, diese Dinge vertraue treuen Menschen an, die ihrerseits hinreichend befähigt sein werden, andere zu lehren“ (2. Tim. 2:2). Zwei solcher voraussichtlichen treuen Menschen waren Benjamín Angulo und Armando Gómez.

Benjamín Angulo, ein 27jähriger Fabrikarbeiter aus Santa Marta, hatte den Glauben an die Kirche verloren, und Politik interessierte ihn nicht. Er dachte immer bei sich: „Überall gibt es Ungerechtigkeit und Leid. Das ist einfach nicht in Ordnung. Wie kann es da einen Gott geben?“

Dann, 1955, sprach eines Tages ein Arbeitskollege mit ihm über Jehova Gott und sein Königreich und bot ihm ein wöchentliches Bibelstudium anhand des Buches „Gott bleibt wahrhaftig“ an. Benjamín willigte ein, bestand aber darauf, daß das Studium sechsmal in der Woche während der einstündigen Mittagspause durchgeführt werde.

Ein Monat verging. Der Zeuge meinte, es sei nun an der Zeit, seinen neuen Interessierten zu den Zusammenkünften einzuladen. Natürlich wollte er sie besuchen! Benjamín freute sich zwar über diese erste Zusammenkunft, war aber auch etwas verärgert. Er fragte, warum der Zeuge ihm nicht vorher etwas über diese wunderbaren Zusammenkünfte erzählt habe. So habe er einen ganzen Monat wertvolle Belehrung verloren.

Es gab wenige Brüder in der Versammlung in Santa Marta, und obwohl Benjamín sehr schüchtern war, bekam er gleich Aufgaben in der Theokratischen Predigtdienstschule zugeteilt und bald auch in anderen Zusammenkünften. Das Lehrbuch für die Theokratische Predigtdienstschule wurde sein ständiger Begleiter. Er las es aufmerksam und wandte den darin enthaltenen Rat an. Vor Freude darüber, daß sein Leben einen neuen Sinn hatte, rief Benjamín aus: „Es ist wie das Leben in einer anderen Welt — die Wahrheit, die Zusammenkünfte, die Liebe der Brüder, die Vorrechte, die man mir überträgt!“

Der Jünger wird wie sein Lehrer

Benjamín erhielt 1958 eine Zuteilung als Sonderpionier nach Montería am Río Sinú, wo er bald einen weiteren dieser voraussichtlichen treuen Menschen fand — den 20jährigen Sohn der neuen Versammlungsverkündigerin Schwester Gómez. Der junge Mann hieß Armando.

Benjamín verließ Montería, um eine Zuteilung im Kreisdienst anzunehmen, während Armando in der Heimatversammlung weitere Fortschritte machte. Er hielt seinen Blick auf das Beispiel des älteren Hermano (Bruder) Benjamín gerichtet. Sagte Jesus nicht: „Es genügt, wenn der Jünger wie sein Lehrer wird.“ (Mat. 10:25)? Auch Armando wurde Sonderpionier und dann Kreisaufseher. Er dient heute im Bethel in Bogotá als eines der fünf Glieder des kolumbianischen Zweigkomitees, und zwar zusammen mit Benjamín Angulo, der ihn vor mehr als 30 Jahren in Montería mit in den Predigtdienst nahm.

Rauhbeine reagieren auf die Wahrheit

Die gute Botschaft vom Königreich verbreitete sich schnell von Montería aus in die ländliche Umgebung und dann in die entlegenen Gebiete von Córdoba. Im 16. Jahrhundert durchkämmten europäische Goldsucher dieses Gebiet auf der Suche nach indianischen Höhlen und Gräbern, in denen eine Fülle von goldenen Gegenständen verborgen waren. Diese Glücksjäger machten reiche Beute, die sie auf dem Río Sinú zum Meer hinunter und dann an der Küste entlang nach Cartagena bringen ließen, um sie von dort nach Spanien zu verschiffen.

Später machten sich dort andere Spanier seßhaft. Und Córdoba wurde als ein Land der rauhbeinigen Rancher und Farmer bekannt, die das Gesetz selbst in die Hand nahmen und ihre Streitigkeiten mit Macheten und Revolvern schlichteten. Interessanterweise reagierten viele dieser Männer und ihre Familien günstig auf die Königreichsbotschaft und gingen zu Nachbarranchern und -farmern, um ihnen davon zu erzählen. Als daher die Zahl Neuinteressierter wuchs, gründete man Versammlungen, die schließlich von Kreisaufsehern besucht wurden. Viele reisende Aufseher in Kolumbien sammelten im Kreis von Córdoba ihre ersten Erfahrungen im Kreisdienst, und manche beschrieben scherzhaft ihre Erlebnisse dort als eine Art Schulung für das Überleben „der großen Drangsal“ (Offb. 7:14).

Benjamín Angula erinnert sich an jene Zeit: „Ich hatte so viele Erlebnisse in dem Kreis in Córdoba — den ganzen Tag auf Pferden und Eseln reiten, durch schlangenverseuchte Flüsse waten, die Bedrohung durch Guerillagruppen, schwere Fieberanfälle —, ich könnte ein Buch schreiben.“

Interessanterweise sind die abgelegenen Gebiete von Córdoba die einzigen ländlichen Gegenden in Kolumbien, die bis jetzt gründlich mit der Königreichsbotschaft bearbeitet worden sind.

„Lösen Sie den Kongreß auf!“

Im Dezember 1952 fand in Kolumbien der erste Bezirkskongreß im Zweigbüro in Barranquilla statt, das gleichzeitig als Missionarheim diente. Brüder kamen aus sechs Departements oder Provinzen; manche fuhren vier Tage mit dem Schiff den Río Magdalena hinunter, um anwesend zu sein. Die Besucherhöchstzahl betrug 452, und 58 ließen sich taufen. Der Schlußvortrag war gerade zu Ende, als man schon über den nächsten Kongreß zu sprechen begann.

Für den Landeskongreß „Triumphierendes Königreich“ 1955 mieteten die Brüder einen Tanzsaal, der auch für andere Anlässe benutzt wurde. Aber der Bürgermeister und der Gouverneur schritten ein und lösten den Vertrag — auf Anordnung des katholischen Bischofs. Nur ein Tag verblieb den Zeugen, um ihre Pläne zu ändern, und wieder mußten sie einen Kongreß im Zweigbüro abhalten.

Der erste Teil des Abendprogramms, bei dem 600 Personen anwesend waren, fing gerade an, als bewaffnete Beamte erschienen. Der Hauptmann stürmte herein und befahl: „Lösen Sie den Kongreß auf!“ Am nächsten Morgen wandten sich die Brüder an den Bürgermeister, der ihnen das Recht zusicherte, in ihren eigenen Räumlichkeiten religiöse Zusammenkünfte abzuhalten. Der Sekretär des Bürgermeisters entschuldigte sich für die unbefugte Unterbrechung des Kongresses. Am zweiten Abend stieg die Anwesendenzahl auf 700, und nahezu 1 000 Menschen drängten sich am vierten und letzten Tag auf dem Grundstück des Zweigbüros zusammen.

Das Ende der totalitären Regierung

Im Mai 1957 wurde Kolumbiens Militärdiktatur gestürzt. Die neue Regierung verschlang die Flut des Totalitarismus, die Ende der 40er Jahre angefangen hatte, sich über das Land zu ergießen. Es garantierte die gesetzlichen Grundfreiheiten und brachte politischen Frieden sowie relative politische Stabilität. Nun konnten weitere Missionare eine Zuteilung für Kolumbien erhalten, um mitzuhelfen, das Königreichswerk im ganzen Land noch schneller auszudehnen.

Nachdem das Werk nun frei geworden war, strömten 1958 anläßlich des Besuchs von Milton G. Henschel aus Brooklyn (heute ein Glied der leitenden Körperschaft) 1 200 freudige Personen in gespannter Erwartung in den Königreichssaal und in den Innenhof sowie auf die Zufahrt des Zweigbüros in Barranquilla. Im nächsten Jahr würde die Zusammenkunft sicherlich in einem größeren, geeigneteren Saal stattfinden.

„Schwierigkeiten mit dem Bischof“

Nahezu zehn Jahre Kriegsrecht und Diktatur, in denen man der katholischen Kirche besondere Rechte eingeräumt hatte, waren zwar zu Ende, aber die Kirche war entschlossener denn je, weiterhin Gewalt über das kolumbianische Volk auszuüben. Dies trat beim Bezirkskongreß „Wachsame Diener Gottes“ 1959 ganz deutlich zutage.

Das klimatisierte Teatro Metro mit 2 000 Sitzplätzen war zu jener Zeit eine der besten Zusammenkunftsstätten in Barranquilla. Die Brüder entschlossen sich, das Theater während des geplanten viertägigen Kongresses für die letzten drei Tage zu mieten. Alles ging gut, oder zumindest schien es so. Die Zeugen hatten einen unterschriebenen und notariell beglaubigten Vertrag, einen Einzahlungsbeleg und eine schriftliche Erklärung des Bürgermeisters in Händen, die bestätigte, daß die Zeugen ihren Kongreß abhalten konnten, „wo immer sie wünschten“.

Am Montagmorgen, nur drei Tage vor Kongreßbeginn, rief der Theaterverwalter im Zweigbüro an und sagte aufgeregt, der katholische Bischof bedränge ihn, den Vertrag rückgängig zu machen. Was konnte getan werden? Delegierte aus verschiedenen Landesteilen reisten bereits an. Die Brüder eilten zum Bürgermeister, der ebenfalls in Aufregung war. Er wollte auf keinen Fall „Schwierigkeiten mit dem Bischof“ und bat die Brüder, den Kongreß abzusagen.

Am Dienstagmorgen gingen die Zeugen wieder zum Bürgermeister und machten darauf aufmerksam, daß die kolumbianische Verfassung im Artikel 53 deutlich erklärt: „Freiheit ist garantiert für alle Religionen, die nicht der christlichen Moral und dem Gesetz widersprechen.“ Ohne Erfolg. Der Bürgermeister gab nicht nach.

Als nächstes wandten sich die Brüder an das Regierungsministerium in Bogotá. Die Regierungsbeamten waren entgegenkommend. „Es liegt auf der Hand, daß Sie im Recht sind“, versicherten sie den Brüdern. Doch die Beamten waren nicht gewillt, das schriftlich zu bestätigen, weil sie befürchteten, es „würde Probleme mit der Kirche verursachen“. Man unterrichtete den Gouverneur des Departements Atlántico von ihrer Entscheidung. Er sprach daraufhin mit dem Bürgermeister.

Am Donnerstagmorgen begann der Kongreß planmäßig auf dem Gelände des Zweigbüros. Am Ende des Tages kamen die Brüder schließlich triumphierend aus dem Büro des Bürgermeisters — mit einer schriftlichen Genehmigung in der Hand. Jehova hatte ihnen den Sieg geschenkt! Die Zeugen freuten sich, die letzten drei Tage des Kongresses im klimatisierten und bequemen Teatro Metro abhalten zu können. Die Besucherhöchstzahl am letzten Tag betrug 2 200.

Nach dem Kongreß war der Theaterverwalter ganz verändert. Der reibungslose Ablauf, das anständige Benehmen der Zeugen, der ruhige Programmverlauf — all dies hatte ihn sichtlich beeindruckt. Er sagte, er würde den Zeugen gern die Räumlichkeiten auch für den nächsten Kongreß vermieten, was er auch tat.

Wo sind sie heute?

James Webster diente vom April 1952 an als Zweigaufseher, bis er und seine Frau Phyllis im Januar 1965 in die Vereinigten Staaten zurückkehrten. Seine Frau erwartete ein Baby. Bis heute erinnern sich ältere Brüder an der kolumbianischen Küste gern an ihren Hermano Jaime: „Er war immer freundlich und liebenswürdig und hatte für jeden ein Ohr.“ Die Websters sind Sonderpioniere in einer der vielen spanischsprechenden Versammlungen in den Vereinigten Staaten. Ihr Sohn Jaime jr. und seine Frau dienen gegenwärtig im Brooklyner Bethel.

James’ ehemaliger Partner, Olaf Olson, hat in allen größeren Städten Kolumbiens gedient. Er ist der älteste Missionar im Land und wohnt heute in Neiva am Oberlauf des Río Magdalena. *

Und damit beenden wir den Bericht über das Werk in Barranquilla. Als nächstes wenden wir uns dem historischen Seehafen Cartagena südwestlich von Panama zu.

Cartagena de Indias

Startet man von Barranquilla aus mit dem Flugzeug, kommt bereits nach 16 Minuten Cartagena mit seinem ausgezeichneten natürlichen Hafen und seinen vielen Schiffahrtswegen in Sicht. Der spanische Kolonisator Pedro de Heredia ist wirklich dafür zu loben, daß er 1533 Cartagena de Indias an dieser Stelle gründete. Auch entdecken jedes Jahr immer mehr Urlauber Cartagena. Sie kommen her, um sich an den Stränden der Halbinsel Boca Grande zu sonnen und zu baden sowie alte Stätten zu besuchen, die aus der Kolonialzeit der Stadt stammen.

Von Fort San Felipe de Barajas aus ist es möglich, die Bucht zu überblicken, und Touristen, die sich für Geschichte interessieren, stellen sich vielleicht vor, wie der Hafen unter ihnen aussah, als er voll von spanischen Segelschiffen war, wie beispielsweise der berühmten Galeonenflotte Tierra Firme, die mit Gold vom Festland beladen wurde und bei günstigen Winden mit ihrer wertvollen Fracht Richtung Spanien in See stach.

Aber einst fürchtete Cartagena Ausländer wegen der Überfälle durch Seeräuber. Flotten französischer, britischer und holländischer Piraten plünderten spanische Häfen und Galeonen. Cartagena wurde von dem Freibeuter John Hawkins und später von seinem verwegenen Neffen Sir Francis Drake — beide Protestanten —, die im Auftrag Englands reisten, ausgeplündert. Tatsächlich war Drakes Vater ein protestantischer Prediger. Sir Francis Drake eroberte Cartagena 1586 und hielt es so lange besetzt, bis ein Lösegeld bezahlt wurde. Diese Vorfälle veranlaßten 1588 den verärgerten Philipp II. u. a., die große spanische Armada gegen das protestantische England auslaufen zu lassen — ein Wendepunkt sowohl in der europäischen Geschichte als auch in der Weltgeschichte.

Frei von abergläubischen Ängsten

Die Geschichte des kolumbianischen Goldes wäre unvollständig, würde man nicht die Sklaven erwähnen. Afrikanische Neger wurden die wichtigsten Minenarbeiter, und Cartagena „wurde zum bedeutendsten Sklavenmarkt der Karibik — vielleicht der ganzen Neuen Welt“. Hier bekehrte man die Afrikaner zur Religion des weißen Mannes. Und als Ersatz für ihre Fetische gab man ihnen Kruzifixe und Medaillons. Anstelle des Animismus brachte man ihnen bei, vor Statuen und Gemälden von „Heiligen“ zu beten. Ihren früheren Ansichten über die Toten wurden noch weitere heidnische Vorstellungen hinzugefügt, wie das Fegefeuer, die Hölle und der Limbus. 1851 kam für die Afrikaner die Befreiung von der Sklaverei, aber bis zu ihrer Befreiung vom Aberglauben und von der Angst vor den Toten dauerte es noch ein Jahrhundert.

Gregorio de la Rosa, ein Cartagenero, ist ein bemerkenswertes Beispiel. Er wurde in eine sehr religiöse Familie hineingeboren, die viele Heiligenbilder und einen Familienaltar besaß. Die Lehre von der Hölle und vom Fegefeuer versetzten ihn als Kind immer in Angst und Schrecken. Selbst als erwachsener, verheirateter Mann plagten ihn Gedanken über den Tod.

Dann fing der Sonderpionier Leonor Manga mit Gregorios Frau Lilia ein Bibelstudium an. Zunächst saß Gregorio unbeobachtet in einem anderen Zimmer und hörte nur zu. Ihm gefiel, was er hörte, und zusammen mit seinen fünf Töchtern beteiligte er sich bald an dem Studium. Nach kurzer Zeit übernahm Gregorio die Führung im Predigtdienst. Dann erhielt er die Zuteilung, beim Bau des Zweigbüros in Facatativá mitzuhelfen, und heute dient er als Kreisaufseher.

Fortschritte in Cartagena

Nach den 50er Jahren stieg die Zahl der Zeugen in Cartagena nur langsam. Doch seit 1980 bis heute ist in der Stadt eine 100%ige Zunahme an Königreichsverkündigern zu verzeichnen, und zwar auch wieder in erster Linie aus el pueblo. Die mehr als 1 000 Verkündiger in den 17 Versammlungen führen monatlich nahezu 3 000 Bibelstudien durch.

Von 1983 bis 1987 beherbergte ein Missionarheim in dem Erholungsgebiet Boca Grande Missionare aus Mexiko, Dänemark, Finnland, Kanada und den Vereinigten Staaten. Sie überbrachten vielen die Königreichsbotschaft, einschließlich Geschäftsleuten. „Im Geschäftsviertel von Cartagena zu arbeiten ist eine Freude“, erklärte einer der Missionare. „Viele Geschäftsleute nehmen sich Zeit, zuzuhören und sich mit uns zu unterhalten. Einige sind in die Wahrheit gekommen.“

Antioqueños, streng katholische Leute

Wenden wir uns jetzt dem international bekannten Medellín zu, einer Stadt in der Provinz Antioquia, die von Cartagena aus landeinwärts mit dem Flugzeug in 45 Minuten zu erreichen ist. Spanische Basken und Asturier besiedelten dieses Gebiet in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ihre heutigen Nachkommen sind ein stolzes, tatkräftiges und streng katholisches Volk, das den Ruf hat, klug und sparsam, aber auch freundlich und vor allem redselig zu sein. Vor mehr als einem Jahrhundert fingen Antioqueño-Farmer an, Kaffee anzubauen, wodurch sie dazu beitrugen, daß sich Kolumbien nach Brasilien zum zweitgrößten Kaffee-Erzeuger der Welt entwickelte.

Medellín, die zweitgrößte Stadt Kolumbiens, liegt in einem Tal, das von 500 m hohen Hügelketten im Osten und Westen begrenzt ist. Überall stößt man auf Zeichen des Wohlstands: Industrie und Handel, ein fast fertiggestelltes Hochbahnsystem für den Nahschnellverkehr (das erste in Kolumbien), Autobahnkreuze, attraktive Einkaufszentren und im Südwesten Hochhäuser mit Luxuswohnungen. Es gibt aber auch Armut. Elendsviertel dehnen sich an den kahlen Hängen immer mehr aus. Die Bewohner denken oft nicht an die Gefahr, von jahreszeitlich bedingten Erdrutschen und Lawinen verschüttet zu werden.

Eugene Iwanycky ist der Stadtaufseher. Er wurde in Österreich geboren, lernte aber die Wahrheit in Kanada kennen und zog 1969 mit seiner Familie nach Kolumbien. Wie er berichtet, gibt es jetzt 33 schnellwachsende Versammlungen in der Stadt — würde man die Vororte dazuzählen, wären es noch mehr.

Religiöse Hauptstadt

Am Mittwoch, den 1. Oktober 1958 trafen die ersten Gileadabsolventen in Medellín ein, um im Evangelisierungswerk dort die Führung zu übernehmen. Obwohl die Diktatur zu Ende war und Jehovas Zeugen bereits in anderen Städten des Landes Fuß gefaßt hatten, war die Situation in Medellín anders. Medellín stand damals in dem Ruf, die religiöse Hauptstadt Kolumbiens zu sein. Trotzdem freuten sich die Missionarehepaare nach einem Jahr im heißen, tropischen Barranquilla über ihre neue Zuteilung in Medellín, das ein mildes, frühlingshaftes Klima hatte und eine saubere Stadt mit zahlreichen bunten Blumen war, darunter viele Orchideen.

Richard und Virginia Brown war eines dieser Missionarehepaare. Richard, der heute als Koordinator des kolumbianischen Zweigkomitees dient, beschreibt, wie die Missionare empfanden: „Man hatte uns erzählt, die Bewohner der Stadt seien ausgesprochen religiös, was sich durchaus bestätigte. Überall sah man schwarzgekleidete Priester und Nonnen — an den Straßen, in den Geschäften, in den Bussen. In der Stadt sah man überall Kirchen, Kapellen und Konfessionsschulen. Trotz unserer begrenzten Spanischkenntnisse versuchten wir, informell Zeugnis zu geben, wurden aber mit mißbilligenden Blicken abgewiesen.

Wir waren zwar nur vier Missionare in der Stadt, aber dennoch erschienen Äußerungen über unsere Tätigkeit in den Zeitungen: ‚Warnung an alle Katholiken: Jehovas Zeugen haben einen großen Feldzug gestartet ... Lehnen Sie jegliche Literatur ab, oder vernichten Sie sie, falls sie Ihnen in die Hände fällt.‘ Trotzdem wurde Interesse vorgefunden, und im Juni 1959 wurde mit 23 Verkündigern die erste Versammlung in Medellín gegründet. 5 von ihnen waren gekommen, um dort zu dienen, wo Hilfe not tut.“

„Bewerft die Zeugen mit Steinen“

Im März 1960 traf ein neuer Missionar in Medellín ein — George Koivisto aus Kanada. Er war finnischer Herkunft, blond und ledig. Nach einem Monat intensiven Spanischunterrichts im Missionarheim ging er zum erstenmal in den Predigtdienst. George wird nie seinen ersten Morgen im Zeitschriftendienst vergessen.

„Ich arbeitete gerade mit einer kleinen Gruppe von Pionieren und einheimischen Verkündigern zusammen“, erzählt George, „und ich konnte nur sehr wenig Spanisch sprechen und verstehen. Der Verkündiger, den ich begleitete, verstand kein Englisch. Am späten Vormittag kam eine schreiende Rotte von Schulkindern auf uns zu und bewarf uns mit Steinen und Lehmklumpen.

Die Wohnungsinhaberin nahm uns schnell in ihr Haus und knallte gerade noch rechtzeitig die hölzernen Fensterläden zu. Größere und kleinere Steine hagelten gegen die Vorderseite des Hauses, auf das Lehmziegeldach und in den Innenhof.

Kurze Zeit später fuhr ein Streifenwagen vor. Die Polizei wollte wissen, wer den Aufruhr angezettelt habe. Einige erklärten lautstark, der Lehrer sei es gewesen. Lange vor der Mittagspause hatte er ungefähr 300 Kindern freigegeben. Ein anderer rief: ‚Nein! Es war der Pfarrer! Er hat über Lautsprecher gesagt, die Schüler sollten hinausgelassen werden, um „die Protestantes mit Steinen zu bewerfen“.‘ “

Nach dem Vorfall änderten die Leute in dem ganzen Gebiet ihre Einstellung, und bald stießen die Zeugen auf Interesse und richteten Bibelstudien ein.

Im Jahre 1961 heiratete George eine einheimische Pionierin, und bald darauf wurden ihnen zwei Söhne geboren. Die Koivistos blieben weitere 18 Jahre in Kolumbien. 1980 zog George mit seiner Familie zurück nach Kanada. Die Koivistos — George, Leonilde und ihre beiden Söhne — dienen seit 1983 im kanadischen Bethel.

Schuljungen verblüfft

Bei einer anderen Gelegenheit war eine Missionarin in Medellín gerade allein im Predigtdienst, als eine Gruppe Jugendlicher der Wohnungsinhaberin zurief, sie solle der Missionarin nicht zuhören. Die Frau bekam es mit der Angst zu tun. Also beendete die Missionarin ihr Gespräch und wollte ruhig das Gebiet verlassen, aber die Jungen umringten sie und ließen sie keinen Schritt weitergehen.

Sie fragten, ob sie protestantische Literatur in ihrer Tasche habe. Die Schwester erwiderte, sie habe die Bibel dabei, und fragte die Jungen, ob die Bibel ein protestantisches Buch sei. Sie wußten nicht, was sie antworten sollten, weshalb sie behaupteten, die Zeugen würden nicht an die Jungfrau glauben. Die Missionarin nahm gelassen ihre Bibel heraus und bat die Jugendlichen, ihr zu zeigen, wo die Jungfrau in der Bibel erwähnt werde. Aber keiner war dazu imstande.

Hierauf sagte die Schwester: „Ich weiß wo. Möchtet ihr, daß ich es euch zeige?“ Dann schlug sie Lukas 1:26-38 auf und ließ sie den Bericht über den Besuch des Engels Gabriel bei der Jungfrau Maria vorlesen. Daraufhin versicherte sie ihnen, daß Jehovas Zeugen glauben, was in der Bibel steht. Die Jungen entgegneten, man habe ihnen erklärt, Jehovas Zeugen würden nicht an die Jungfrau glauben. Nun waren sie verblüfft und wußten wieder nicht, was sie sagen sollten. Die Schwester steckte ihre Bibel in ihre Literaturtasche und ging ruhig fort, während die Schuljungen ganz verdutzt und nachdenklich dastanden.

Hier, in den 60er Jahren, schließen wir den Bericht über die Geschichte des Werkes in Medellín ab und wenden uns als nächstes der Stadt Cali zu, die 1536 gegründet wurde, in dem Jahr, als man den Bibelübersetzer William Tyndale auf dem Scheiterhaufen verbrannte.

Richtung Süden nach Cali

Die 450 km lange Fahrt Richtung Süden nach Cali auf dem Panamerican Highway dauert mit dem Auto einen Tag und ist landschaftlich reizvoll. Sie führt durch Berge und grüne Kaffeeplantagen sowie durch ein Tal mit Zuckerrohrplantagen. Heute sind Jehovas Zeugen in allen größeren Städten dieser Gegend zu finden.

Cali liegt an den Ausläufern und den Hauptzügen von Gebirgsketten, die bis zu einer Höhe von 4 000 m ansteigen und dann auf der anderen Seite zur Pazifikküste hin abfallen. Von der Stadt aus ist die Küste mit dem Auto in weniger als drei Stunden zu erreichen. Die von den Hängen der Kordillere wehenden angenehmen Brisen lassen einen die Hitze des Tages besser ertragen. Drei Kreuze auf einem Berggipfel und eine große Statue von Cristo Rey (Christus, dem König) auf einem anderen Berg überragen die Stadt.

Freundliche, für die Wahrheit zugängliche Menschen

Als Käthe Palm hier 1936 predigte, war Cali eine kleine Stadt. Später, im Frühjahr 1949, schrieb der Zweigaufseher Robert Tracy nach einem kurzen Besuch an die Zentrale der Gesellschaft in Brooklyn: „Cali ist eine der fortschrittlichsten Städte Kolumbiens.“

Bruder Tracy hatte sich in seine Predigtdiensttasche 15 Bücher gesteckt und außerdem die Namen mehrerer interessierter Personen aufgeschrieben. Die Menschen, die er antraf, waren freundlich und zugänglich, und innerhalb von nur zwei Stunden ging ihm die Literatur aus. „So bald wie möglich sollten Missionare hierhergesandt werden“, schrieb er am Schluß seines Berichts.

Während des Zweiten Weltkriegs fing die Industrialisierung in Cali an, und bald entstanden in dem ganzen Gebiet Fabriken und Geschäfte, die im Besitz von Ausländern, multinationalen Konzernen oder Einheimischen waren. Heute gibt es in dieser Stadt von rund zwei Millionen Einwohnern 3 657 Zeugen in 39 Versammlungen.

Ein Arbeitsvertrag in nur einem halben Tag

Im Jahre 1954 verließen die Tracys und die Fountains Bogotá, um ein Missionarheim in Cali einzurichten. Ein paar Monate später, im Dezember, trafen zwei neue Missionare, Jesse und Lynn Cantwell, ein. Jesse, der Jüngste in einer Familie von acht Pionieren in den Vereinigten Staaten, hatte seine Laufbahn im Predigtwerk als 12jähriger Schuljunge begonnen, und zwar 1934 während der Weltwirtschaftskrise.

Die Cantwells reisten in Kolumbien als Touristen ein, da 1954 immer noch diktatorische Erlasse in Kraft waren. Obwohl Jesse nicht sehr viel Schulbildung besaß und lediglich über Grundkenntnisse der spanischen Sprache verfügte, suchte er eine Arbeit, die es ihm und seiner Frau ermöglichen würde, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. In nur einem halben Tag hatte er einen Vertrag mit der dortigen Universität (Universidad del Valle). Er war als Englischlehrer an der medizinischen Fakultät angestellt worden. „Das war nur mit Jehovas Hilfe möglich“, erklärte Jesse. Die sechs Missionare in der Stadt sorgten dafür, daß das Königreichswerk in Cali Wurzeln faßte und zu wachsen begann.

Als sich die politische Situation änderte und religiöse Einschränkungen aufgehoben wurden, kündigte Bruder Cantwell seine Arbeit an der Universität, um den Dienst als reisender Aufseher in einem der beiden Kreise aufnehmen zu können, die es damals in Kolumbien gab. Danach war er Bezirksaufseher und diente schließlich im Zweigbüro in Barranquilla. 1970 wurden die Cantwells der Dominikanischen Republik zugeteilt, wo Bruder Cantwell die Arbeit als Zweigaufseher versah. Gegenwärtig stehen Jesse und Lynn Cantwell in den Vereinigten Staaten im Kreisdienst.

Arroganter Priester — sympathische Polizei

In einem Stadtteil von Cali, wo hauptsächlich Bürger des Mittelstandes wohnen, führte ein Priester namens Arango einen unerbittlichen Kampf gegen Jehovas Zeugen. Eines Tages machten Schwester Fountain und eine neue Verkündigerin, Ana Valencia, gerade einen Rückbesuch, als Priester Arango in das Haus stürmte und die Wohnungsinhaberin mit den Worten anfuhr: „Sorgen Sie dafür, daß diese Indianer von hier verschwinden!“ Wütend rief er selbst die Polizei an. Inzwischen baten die Schwestern die Frau, ein Taxi zu rufen. Der Streifenwagen und das Taxi trafen zur gleichen Zeit ein. Schnell ging Schwester Valencia zum Polizeiauto hinüber und sagte in überzeugender Weise zu dem Fahrer: „Sehen Sie, der Priester hat die grüne Minna für sich bestellt. Wir haben das Taxi gerufen und fahren deshalb mit dem Taxi.“ Der Beamte war einverstanden, und die Schwestern stiegen in das Taxi ein, das sie zur Polizeiwache brachte. So kam es, daß der Priester in der „grünen Minna“ mitfahren mußte.

Auf der Polizeiwache brachte der zornige Priester die Beschuldigung vor: „Diese Frauen gehen in meiner Gemeinde umher und stiften Unfrieden, indem sie die Leute aufwiegeln und andere Bräuche lehren.“

„Da Sie den Priester beleidigt haben“, sagte der Richter zu den Schwestern, „muß ich Sie in Untersuchungshaft nehmen.“ Die Schwestern wurden sechs Stunden lang in Einzelhaft festgehalten, bis Bruder Fountain und Bruder Cantwell sie schließlich fanden und ihre Freilassung erwirkten. Der Richter entschuldigte sich bei den Schwestern: „Ich weiß, daß Ihre Religion gut ist, aber hätte ich Sie nicht festgehalten, würde ich morgen meine Arbeit verlieren.“

Nie mehr bezweifelt, daß es weise war umzuziehen

Im Jahre 1959 endete nicht nur die Diktatur in Kolumbien, sondern es war auch der Anfang der Vorkehrung, „dort zu dienen, wo Hilfe dringender benötigt wird“. Die Brüder kamen in zwei Schüben nach Kolumbien: Ende der 50er und zu Beginn der 60er Jahre; dann setzte zehn Jahre später eine zweite Einwanderungswelle ein — beinahe eine Flut.

Nehmen wir einmal Elbert Moore und Stephania Payne Moore, Absolventen der dritten Klasse der Gileadschule (1944), die in Paraguay bzw. Chile als Missionare gedient hatten. Nach ihrer Heirat zogen sie später mit ihrer Tochter und ihrem kleinen Sohn wieder in die Vereinigten Staaten. Das Ehepaar gehörte zu den ersten, die dem Ruf folgten, in Kolumbien zu dienen, wo Hilfe dringender benötigt wurde. Elbert traf im Januar 1958 zunächst allein in Barranquilla ein. Auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt kam er durch ein Armenviertel. Zweifel stiegen in ihm auf, und er fragte sich: „Was um alles in der Welt mache ich an solch einem Ort?“ Rund 15 Minuten danach wurde er von begeisterten Missionaren im Zweigbüro herzlich empfangen, wodurch sich seine Einstellung völlig änderte. „Ich habe nie wieder bezweifelt, daß es weise war, nach Kolumbien zu ziehen“, sagte er.

Am nächsten Tag fand er eine Anstellung als Englischlehrer, so daß das Problem, eine Arbeit zu finden, gelöst war. Also ließ er seine Familie kommen. Nach einem Jahr in der Küstenstadt Barranquilla packten die Moores ihre Habseligkeiten in einen alten kleinen Studebaker-Wagen und fuhren auf staubigen Straßen 1 300 km durch malerische Gegenden mit Bergen und Tälern — in denen sich auch Guerrillas und Banditen aufhielten — nach Cali, wo Hilfe noch dringender benötigt wurde. Bruder Moore bekam sogleich Arbeit in der Versammlung in Cali übertragen und fand auch eine Anstellung an der sprachlichen Fakultät der dortigen Universität (Universidad del Valle), wo er 20 Jahre bis zu seiner Pension blieb.

Die Kinder der Moores sind nun beide verheiratet und leben immer noch in Kolumbien. Der Sohn und der Schwiegersohn sind Älteste. Nachdem Bruder Moore das Rentenalter erreicht hatte, diente er mehrere Jahre im Kreis- und Bezirksdienst. Heute dient er im Bethel als eines der fünf Glieder des kolumbianischen Zweigkomitees und ist mehr denn je davon überzeugt, daß es weise war, vor über 30 Jahren nach Kolumbien zu ziehen. Seine Frau Stephania starb im November 1988.

„Die goldenen Jahre“

Seine Zelte abzubrechen und in ein fremdes Land zu ziehen ist kein leichter Schritt, besonders nicht für jemand, der vier kleine Kinder und nur 100 $ für die Reise hat. So erging es im Frühling 1959 der Familie Zimmerman aus den Vereinigten Staaten. Harold und Anne, Absolventen der 18. Klasse der Gileadschule (1952), hatten drei Jahre als Missionare in Äthiopien gedient. Nun war Kolumbien ihr Ziel, aber sie besaßen keine ausreichenden Mittel. Sie dachten sorgfältig über den Rat nach, der voraussichtlichen Pionieren bei einem Kreiskongreß gegeben wurde. Der Redner hatte gesagt: „Wartet nicht, bis ihr ein Auto, einen Wohnwagen und Geld auf der Bank habt. Legt das Datum fest, und dann werdet Pionier!“ Aber wie konnten sie die Reisekosten bezahlen?

In der darauffolgenden Woche, gerade als Harolds Frau Anne einen Platz für seinen Flug von Los Angeles nach Kolumbien hatte reservieren lassen, kam ein Briefumschlag mit der Post an. Es befand sich ein Scheck über 265 $ darin, eine Einkommenssteuerrückzahlung. Nach dieser unverhofften finanziellen Hilfe überreichten am nächsten Tag mehrere Familien von Zeugen Jehovas den Zimmermans 350 $ als Geschenk. Das Geld für den ersten Teil des Projekts stand nun zur Verfügung.

Sobald Harold in Cali ankam, traf ihn fast der Schlag: Er sah Zeitungsberichte über Krieg, mit Bildern von verstümmelten Leichen, die in Reihen auf dem Erdboden lagen — die berüchtigte Violencia. „Warum habe ich vorher nichts darüber erfahren?“ fragte er sich. „Soll ich denn wirklich eine Frau und vier Kinder hier wohnen lassen?“

„Richtige Entscheidungen“, erinnerte er sich, „werden getroffen, indem man nach biblischen Grundsätzen sucht, die auf den jeweiligen Fall zutreffen.“ Er dachte an die Israeliten, die auf die zehn furchtsamen Kundschafter hörten, die das Land der Verheißung ausgekundschaftet hatten. Sie fürchteten, daß ‘ihre Frauen und ihre Kleinen Plündergut werden würden’, und wollten daher nach Ägypten zurückkehren. Jehova erklärte, daß sie während der 40jährigen Wüstenwanderung sterben müßten. Ihre Kleinen jedoch sollten überleben und das Land der Verheißung betreten (4. Mo. 14:3, 31, 32). Das war die Antwort. Harold verfolgte seinen Plan weiter.

Wie beurteilt Harold die 30 Jahre, in denen er in Kolumbien gelebt und Jehova gedient hat? Er sagt: „Wir kamen in dieses Land, um ‚ein paar Jahre bis Harmagedon‘ zu dienen. Die Jahre kamen und gingen. Zugegeben, es sind mehr geworden, als wir dachten, aber dafür sind es Jahre voller Vorrechte und Segnungen für die ganze Familie gewesen, in denen wir ‘die Gegenwart des Tages Jehovas fest im Sinn behielten’ (2. Pet. 3:12).

Unsere Kinder sind alle verheiratet und wandeln in der Wahrheit, und wir sind nie ein Opfer der Gewalt geworden. Meine Frau und ich wohnen jetzt in einem kleinen Bungalow neben der Baustelle des neuen Bethels in Facatativá und genießen unsere ‚goldenen Jahre‘ als Bethelmitarbeiter.“ *

Zweites Vatikanisches Konzil — half den Zeugen beim Einrichten von Studien

Die katholische Kirche in Rom war zu der Einsicht gelangt, daß sich ihre jahrhundertelange mittelalterliche Politik der religiösen Intoleranz in der Welt des 20. Jahrhunderts nicht länger durchsetzen ließ. Sie mußte sich der modernen Zeit angleichen, wollte sie ihre Glaubwürdigkeit bewahren. Dies führte zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962—1965). Aber einigen höhergestellten Geistlichen der kolumbianischen Kirche gefiel diese Liberalisierung nicht. Katholiken hörten nun die Messe in Spanisch, statt in Lateinisch. Heiligenbilder verschwanden langsam aus den Kirchen. Protestanten genossen jetzt den Status „getrennter Brüder“ und wurden nicht länger als „Feinde der Kirche“ gebrandmarkt.

Darüber hinaus ermunterte man die Kirchenmitglieder, die Bibel zu lesen. Schulkinder kauften sich ihr eigenes Exemplar für den Religionsunterricht. Überall entstanden Gebetsgruppen, die Bibellesestunden durchführten. Allmählich wich die Angst vor der Bibel. Häufig fragten Katholiken die Zeugen: „Was ist der Unterschied zwischen Ihrer Bibel und der katholischen Bibel?“, wodurch der Weg für weitere Bibelstudien geebnet wurde.

„Das Fieber ist noch nicht abgekühlt“

In der Hafenstadt Buenaventura am Pazifik lebte ein junger Katholik namens Óscar, ein ausgezeichneter Schüler in seinem letzten Jahr an einer weiterführenden Schule. Der Bischof gehörte zu seinen persönlichen Freunden. Óscars Mutter fing an, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren. Óscar willigte ebenfalls in ein Bibelstudium ein, weil er den jungen Pionier, der das Studium mit seiner Mutter durchführte, verwirren wollte. Die Bibelbetrachtungen arteten in hitzige Diskussionen aus; es ging dabei um verschiedene Themen — die Dreieinigkeit, die Seele, die Hölle, die Unfehlbarkeit des Papstes.

Óscar suchte den Bischof auf, damit dieser ihm half, Argumente für seinen katholischen Glauben an die Dreieinigkeit zu finden. Welch eine Enttäuschung, als er von ihm keine Hilfe erhielt! Als nächstes fragte er den Priester im Religionsunterricht. Der Priester erwiderte: „Ich weiß, daß die Dreieinigkeit keine biblische Stütze hat, Óscar, aber ich habe 13 Jahre lang bis spät in die Nacht studiert und muß mich mit dem zufriedengeben, was man mir beigebracht hat.“ Auch von dieser Seite keine Hilfe.

Schließlich war Óscar davon überzeugt, daß Jehovas Zeugen die Wahrheit haben, und begann, ernsthaft zu studieren. Innerhalb von sechs Monaten ließ er sich taufen und gab seine Pläne auf, ein Biologiestudium an der Universität anzustreben. Die kritischen Zeiten, in denen wir leben, und die biblische Chronologie überzeugten ihn von der Dringlichkeit, statt dessen den Pionierdienst aufzunehmen. Seine ehemaligen Schulkameraden sagten, sein Fieber werde bald abkühlen, und in fünf oder sechs Jahren, wenn sie alle im Beruf erfolgreich Karriere gemacht hätten, werde Óscar zu ihnen kommen und sie um Arbeit bitten.

In der Ölraffineriestadt Barrancabermeja führte Óscar den Pionierdienst durch, diente in dem schwierigen Kreis von Córdoba vier Jahre als Kreisaufseher und dann in anderen Kreisen — insgesamt 12 Jahre. Heute sind Óscar Rivas und seine Frau Otilia Glieder der Bethelfamilie in Bogotá. Wenn er daran zurückdenkt, wie ihn seine ehemaligen Schulkameraden verspotteten, sagt er: „Einundzwanzig Jahre sind vergangen, und das Fieber ist noch nicht abgekühlt. Tatsächlich wird der glühende Eifer, den ich in meinem Herzen für Jehovas Wahrheit empfinde, immer stärker.“

Nichts konnte den Fortschritt mehr aufhalten

Nachdem die Religionsfreiheit verfassungsmäßig zugesichert worden war, entstanden in den 60er Jahren in allen größeren Städten und selbst in kleineren Gemeinden Versammlungen. Südlich von Cali trugen einheimische Pioniere und Missionare die gute Botschaft in die religiösen Hochburgen Popayán und Pasto an der ecuadorianischen Grenze und hinüber nach Tumaco an der Pazifikküste. Einheimische Zeugen übernahmen auch in der Organisation immer mehr die Führung. Nichts konnte den theokratischen Fortschritt aufhalten. Bald würde in allen Landesteilen Jehovas Lobpreis erschallen.

Bei unserem geschichtlichen Rückblick auf das Königreichswerk in Kolumbien unterbrachen wir den Bericht über die Versammlung von Bogotá Mitte der 50er Jahre. Sie mußte damals ohne Hilfe von Missionaren zurechtkommen. Wir werden den Bericht dort weiterverfolgen und diesmal die nächsten drei Jahrzehnte bis zur Gegenwart beleuchten.

Bruder Knorr löste eine Völkerwanderung aus

Von 1960 an machte das Königreichswerk in der Hauptstadt Bogotá Fortschritte. Neue Gileadabsolventen trafen ein, die sowohl im Nord- als auch danach im Südteil der Stadt ein Missionarheim einrichteten. Während die Zahl der Versammlungen stieg, zogen Familien aus anderen Ländern nach Bogotá, um das Werk zu unterstützen. In dieser Zeit bis zum Ende der 60er Jahre trug noch ein weiterer wichtiger Faktor zum Wachstum der Organisation in Kolumbien bei.

Im Jahre 1966 organisierte die Gesellschaft in Verbindung mit den Kongressen „Gottes Söhne der Freiheit“ Rundreisen durch Lateinamerika. Der damalige Präsident der Gesellschaft, Nathan H. Knorr, ermunterte die anwesenden Delegierten, den Mitbrüdern in ihren Heimatländern zu erzählen, daß Mittel- und Südamerika ein großes und ertragreiches Feld für diejenigen ist, die Missionargeist besitzen.

Bruder Knorrs Empfehlung löste eine Völkerwanderung aus, denn viele ausländische Brüder zogen in diese lateinamerikanischen Länder. Der Zustrom hielt bis in die 70er Jahre an. Auf diese Weise kamen Hunderte von Zeugen nach Kolumbien.

„Bis 1970 hatten sich viele Zeugen aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Österreich und sogar Australien mit ihren Familien in Medellín niedergelassen“, erzählt Eugene Iwanycky. „Die meisten dieser ausländischen Brüder siedelten sich in den Wohnvierteln der Mittelschicht an, wo sie anfingen, Geschäftsleute und Akademiker in den Wohnungen aufzusuchen. Das trug nach kurzer Zeit Königreichsfrüchte. Viele einheimische Älteste sind die Früchte der harten Arbeit dieser ‚zeitweilig Ansässigen‘.“

Der gegenwärtige Koordinator des Zweigkomitees, Richard Brown, fügt eine weitere bedeutende Einzelheit über diese ausländischen Brüder hinzu, die in viele kolumbianische Städte zogen. Er sagt: „Allein was den Bau von Königreichssälen betrifft, war es der Initiative und der Erfahrung dieser ausländischen Brüder zu verdanken, von denen manche Architekten, Ingenieure und Bauhandwerker waren, daß geräumige, hübsche Zusammenkunftsstätten entstanden, die dem Werk echten Aufschwung verliehen.“

Einen Sinn im Leben gefunden

Jehovas Zeugen suchen nach Menschen, die bereit sind, innezuhalten und über das Thema Religion nachzudenken. Meistens hat die katholische Kirche ihre Mitglieder dies nicht gelehrt.

Mitte der 60er Jahre beispielsweise spielte ein junges Mädchen aus einer kolumbianischen Familie mit dem Gedanken, Gott zu dienen und als Nonne in einem Kloster Zufriedenheit im Leben zu finden. Als sie später in einem Kloster in Costa Rica lebte, verbrachte sie viel Zeit damit, Philosophie zu studieren. Aber statt geistig erbaut zu werden, verlor sie ihren Glauben und zweifelte sogar die Existenz Gottes an. Das Klosterleben wurde zunächst bedeutungslos für sie und dann unerträglich. Sie beschloß, es aufzugeben und nach Kolumbien zurückzukehren.

In ihrem Heimatland angekommen, reiste sie in die pazifische Küstengegend von Chocó, um bei einem Indianerstamm im Wald zu leben und ihm zu helfen. Nach einem Jahr in dieser primitiven Umgebung gelangte sie zu der Überzeugung, daß auch diese Lebensweise für sie nutzlos war. Sobald sie in die Zivilisation zurückgekehrt war, schloß sie sich einer revolutionären politischen Bewegung an — aber wieder eine Enttäuschung.

Nach diesen drei bitteren Enttäuschungen wollte sie versuchen, sich einen Platz in der kapitalistischen Gesellschaft zu sichern. Aber bevor sie in die Vereinigten Staaten auswandern konnte, sprach ein Zeuge Jehovas bei ihr vor. Angetan von der Königreichsbotschaft und besonders von der Beschreibung, wie Jehovas Organisation funktioniert, gab die ehemalige Nonne ihre Reisepläne auf, um die Sache näher zu untersuchen. Sie lernte kennen, daß Gott gute Gründe hat, Ungerechtigkeit zuzulassen, und daß das Leben einen Sinn hat, und zwar mit einer echten Hoffnung für die Zukunft. Heute dient sie als Vollzeitpredigerin und führt nicht nur das befriedigende Leben, nach dem sie so lange gesucht hat, sondern ist auch gern anderen dabei behilflich, ebenfalls einen Sinn im Leben zu finden.

Sogar seine eigenen Kameraden hatten Angst vor ihm

Im August 1968 stattete Papst Paul VI. Kolumbien einen Besuch ab, der ein Meilenstein in der Geschichte des Landes war. Es war der erste Papstbesuch in Lateinamerika überhaupt. Darauf folgte die zweite Konferenz des „Lateinamerikanischen Bischofsrats“ in Medellín (Kolumbien) im August/September 1968. Bei der Konferenz beanstandeten katholische Bischöfe Lateinamerikas die Armut großer Teile der Bevölkerung dieser Länder, wodurch die Bischöfe der umstrittenen Befreiungstheologie starken Auftrieb verliehen. Nachdem diese Äußerungen bekanntgeworden waren, versuchten noch mehr Menschen aus der ärmeren Schicht, mit Gewalt einen größeren Anteil am Reichtum des Landes für sich zu ergattern.

Einer dieser verbitterten Menschen — wir werden ihn Gonzalo nennen — schloß sich einer Guerillagruppe an, die sich 1971 in den Bergen versteckt hielt. Er wurde so gewalttätig, daß sogar seine eigenen Kameraden Angst vor ihm hatten. Zunächst war er erstaunt, daß es auch Priester und Nonnen unter den Guerillas gab. Sie behaupteten, „gegen soziale Ungerechtigkeit zu kämpfen, die durch nichts anderes bekämpft werden könne als durch Gewalt“. Eines Tages kam einer der Priester bei einem Gewaltakt ums Leben. Das war der Todesstoß für jeglichen Glauben an Gott, der in Gonzalos Herz noch verblieben war.

Schließlich wurde Gonzalo gefaßt und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. „Das vergiftete mein Herz nur noch mehr“, erzählt er. Bevor er sich den Guerrillas angeschlossen hatte, hatte er mit einer Frau namens Susana zusammengelebt. Im Gefängnis kam ihm das Gerücht zu Ohren, sie lebe bei einem anderen Mann. Gonzalo schwor, sie nach seiner Freilassung umzubringen.

Nach seiner Freilassung stellte er allerdings fest, daß Susana bereits sehnsüchtig auf ihn wartete. Während seines Gefängnisaufenthalts hatte ein Nachbar, ein Zeuge, begonnen, Susana von den Segnungen des Königreiches Jehovas zu erzählen. Ihr gefiel, was sie hörte. Unnachgiebig bestand sie nun darauf, daß sie und Gonzalo heirateten.

„Ich bin zu alt, um ans Heiraten zu denken“, protestierte er. „Wenn du mich nicht heiraten willst“, erklärte sie nachdrücklich, „werde ich mich von dir trennen müssen, und zwar endgültig.“

Gonzalo dachte, es sei besser, den neuen Glauben Susanas zu prüfen. Er willigte zwar ein, eine Zusammenkunft im Königreichssaal zu besuchen, tat es aber mit der Absicht, zu beweisen, daß diese Religion genausowenig taugte wie die anderen. Außerdem nahm er zwei Pistolen mit. „Für alle Fälle“, sagte er.

Positiv beeindruckt von dem, was er sah und hörte, nahm Gonzalo das Angebot an, die Bibel zu studieren. Schließlich erklärte er: „Es ist ein Wunder, daß ich überhaupt noch am Leben bin. Jetzt werde ich Jehova dienen.“ Er und Susana heirateten und wurden Königreichsverkündiger. „Gonzalo ist nun so sanft wie ein Lamm, dank der Macht der Wahrheit Jehovas“, bemerkte der Kreisaufseher, der die Erfahrung erzählte.

„Warum sind all diese ,Gringos‘ hier?“

Betrachten wir beispielsweise als nächstes die Geschichte von Carlos, einem Psychologen. Er ist das Kind streng katholischer Eltern, in deren Familie es Tradition war, daß von den Söhnen immer einer ein Doktor und einer ein Priester werden mußte. Carlos wurde dazu bestimmt, Priester zu werden.

Auf der Universität war Carlos von Wissenschaft und Technik fasziniert. Er legte seine katholische Ausbildung als unvernünftig ad acta, übernahm revolutionäre Philosophien und beteiligte sich an Kundgebungen gegen den Yankee-Imperialismus.

Jahre vergingen, und Carlos regte sich noch immer über den „ausländischen Imperialismus“ auf, besonders als ein Zeuge Jehovas, ein Chemieingenieur und der Mann von Carlos’ Cousine, mit ihm das einzige Heilmittel für all die Ungerechtigkeiten in der Welt, Gottes Königreich, erörterte. Carlos verstand, worum es ging. Sowohl er als auch seine Frau, eine Kinderärztin, willigten in ein Bibelstudium ein.

Als sie einen Monat später zum erstenmal in den Königreichssaal kamen, blieb Carlos wie angewurzelt stehen. Nordamerikaner saßen unter den Zuhörern. „Warum sind all diese ,Gringos‘ hier?“ murmelte er vor sich hin.

Nach der Zusammenkunft wandte sich der vorsitzführende Aufseher, zufälligerweise ein Nordamerikaner, an den bärtigen Besucher und fragte ihn, wie ihm die Zusammenkunft gefallen habe. „Sehr gut“, antwortete Carlos knapp. „Aber, sagen Sie mal, was machen all die Gringos hier? Und warum mußte das alles hier in den Vereinigten Staaten von Amerika anfangen?“

Der Älteste erklärte, daß die Zeugen aus Nordamerika als Prediger des Evangeliums in Kolumbien seien und daß sich das Hauptbüro der Zeugen Jehovas in den Vereinigten Staaten befinde. Außerdem erzählte er Carlos, daß Jehovas Zeugen in allen Ländern der Welt politisch neutral sind und daß sie früher in den Vereinigten Staaten schwere Verfolgung erleiden mußten. Deshalb mußten sie viele Gerichtsfälle ausfechten, um ihre verfassungsmäßigen Rechte durchzusetzen.

Heute ist Carlos ein Ältester in der Versammlung, und von Beruf ist er Psychologe. Er zögert nicht, mit seinen Patienten über Gott und die Bibel zu reden, und wenn er merkt, daß sich jemand ernstlich nach Gerechtigkeit sehnt, spricht er mit ihm über einen Gedanken aus der Literatur der Gesellschaft. Auf diese Weise sind etliche in die Wahrheit gekommen.

Der Professor und die Dreieinigkeit

Ein Universitätsprofessor, der seit fünf Jahren Baptist war, war skeptisch gegenüber allen Religionen. An einem Samstagmorgen nahm seine Frau den Wachtturm und Erwachet! von einem Ehepaar entgegen, das an ihrer Tür vorgesprochen hatte. Sie lud die beiden ein, wiederzukommen und mit ihrem Mann zu sprechen, „denn es macht ihm Spaß, alle möglichen Religionen zu prüfen“, sagte sie.

Der Professor begrüßte die Diskussionen. Bevor jedoch ein systematisches Studium begonnen werden konnte, mußten die Zeugen viele Stunden darauf verwenden, die Unterschiede zwischen den Lehren der Zeugen Jehovas und denen der Protestanten zu erklären. Die Schwester des Professors, eine „wiedergeborene“ Fundamentalistin, gab ihm Literatur, in der jedes nur denkbare Argument gegen die Zeugen enthalten war. Jede einzelne falsche Beschuldigung mußte mit Hilfe der Bibel widerlegt werden.

Als die Zeugen einmal zu ihrem wöchentlichen Bibelstudium eintrafen, staunten sie, daß ein protestantischer Missionar sie bereits erwartete. In der folgenden eineinhalbstündigen Diskussion konnte der Protestant die Dreieinigkeitslehre nicht erfolgreich verteidigen. Der Professor kam zu dem Schluß: „Wie dumm zu denken, Satan hätte versucht, den allmächtigen Gott zu verleiten, sich vor ihm niederzubeugen, um dafür alle Reiche der Welt zu bekommen!“

Von diesem Abend an machte der Professor schnell Fortschritte. Es dauerte nicht lange, und eine ganze Familie kam zur örtlichen Versammlung hinzu.

Zurück nach Bogotá

Mitte der 70er Jahre hatte die Arbeit im Zweigbüro in Barranquilla so zugenommen, daß die Räumlichkeiten dafür nicht mehr ausreichten. Als man begann, nach einem Grundstück zu suchen, hätte niemand daran gedacht, daß man dorthin zurückkehren würde, wo der Zweig 1946 zuerst seinen Sitz hatte — nach Bogotá —, oder daß Kolumbien bald ein neues Bethelheim und eine Druckerei hätte, wo die Zeitschriften nicht nur für Kolumbien, sondern auch für vier Nachbarstaaten gedruckt würden.

Man erwarb Land in Bogotá und zeichnete Pläne für ausreichenden Wohnraum zur Unterbringung von 60 Mitarbeitern des Zweiges, und der Platz in der Fabrik war für zwei Offsetdruckmaschinen berechnet. Diese Erweiterung sollte für die kommenden Jahre genügen.

Bruder Frederick W. Franz, der Präsident der Gesellschaft, kam zur Bestimmungsübergabe im September 1979. Im folgenden Dienstjahr begann die Organisation wieder zu wachsen. Das neue Zweigbüro war rechtzeitig fertiggestellt worden.

Robert Tracy wurde 1982 — nachdem er 36 Jahre als Missionar in Kolumbien verbracht hatte, davon 22 Jahre als Zweigaufseher — als Koordinator des Zweigkomitees einem anderen lateinamerikanischen Land zugeteilt. Die kolumbianischen Zeugen haben Bob und Libby Tracy ins Herz geschlossen und erinnern sich gern an sie, und auch den Tracys liegen die Brüder aus Kolumbien sehr am Herzen.

„Unmöglich! Sie brauchen es erst gar nicht zu versuchen“

Über viele Jahre hatte Kolumbien die Zeitschriften der Gesellschaft aus Brooklyn erhalten, zuerst mit der normalen Post und dann als Seefracht. Da der Transport sehr lange dauerte, hinkte Kolumbien immer Monate hinter anderen Ländern her, was sowohl die Verbreitung der Zeitschriften als auch das wöchentliche Wachtturm-Studium betraf. Wie schön wäre es doch, könnte man eines Tages die Zeitschriften in Kolumbien drucken!

Jetzt tun sie es. William (Bill) Lensink, der Druckereiaufseher, erzählt uns nun, wie es dazu kam. Bill ist seit 1969 in Kolumbien. Seine Eltern — er war damals ein kleiner Junge — zogen von Kanada dorthin, um zu dienen, wo Hilfe not tut.

„Im Juni 1982 schrieben uns die Brüder aus Brooklyn, daß sie im Januar 1983 eine Offsetdruckmaschine nach Kolumbien schicken würden“, beginnt Bill. „Hoch erfreut fingen wir an, Pläne zu machen. Anfang November erfuhren wir dann, daß der Zoll für Druckereiausrüstungen am 1. Januar 1983 auf 15 Prozent erhöht würde. Wäre Brooklyn mit einem früheren Versand der Druckmaschine einverstanden? Und könnten sie es überhaupt noch vor Jahresende bewerkstelligen? Erfahrene Importeure und Zollagenten sagten uns: ‚In weniger als zwei Monaten, noch dazu während der Feiertage am Jahresende? Unmöglich! Sie brauchen es erst gar nicht zu versuchen.‘

‚Aber wenn es Jehovas Wille ist‘, und davon waren wir überzeugt, ‚wird es uns gelingen.‘ Der kolumbianische Zweig hatte Brooklyn bereits einen Kostenvoranschlag und den Plan unterbreitet, die Druckmaschine per LKW nach Miami und von dort mit einem Jumbo-Jet nach Bogotá zu bringen — unkomplizierter, dazu preiswerter, viel schneller und fachgerechter. Wir baten die Gesellschaft um eine Entscheidung, und das Verlagskomitee der leitenden Körperschaft war damit einverstanden!

Die Brüder wollten dieses große Projekt selbst beaufsichtigen. Am 16. November beantragten wir bei der Einfuhrbehörde die Lizenz. Sollte sie erteilt werden, würde die Bearbeitung wenigstens einen Monat dauern. Dadurch würde unsere Zeit ziemlich knapp. Als nächstes legte unsere Projektgruppe das Vorgehen beim Zollamt fest und erarbeitete für jeden einzelnen notwendigen Schritt Alternativpläne. Ich hielt es für besser, über alle Ereignisse Buch zu führen.

Tagebuch der Ereignisse

MONTAG, 20. DEZEMBER: Nachricht aus Miami — die LKWs aus New York sind angekommen; Druckwerke und andere Teile können in die Jumbos geladen werden. Noch immer keine Nachricht bezüglich der Einfuhrgenehmigung.

DIENSTAG, 21. DEZEMBER: Bethelmitarbeiter José Granados ging mit einem Zollagenten zum Zollamt, um die Genehmigung zu erhalten, die Einfuhr gleich direkt am Flughafen freizustellen. Der leitende Beamte wollte von derart unüblichen Vorschlägen nichts hören. Darauf ergriff José Granados das Wort und erklärte den Zweck unserer gemeinnützigen Gesellschaft. Er fügte hinzu: ‚Die Gesellschaft wird die ganze Abwicklung selbst durchführen. Die erste Ladung kommt am Donnerstag aus Miami.‘ Die Genehmigung wurde erteilt — die Vollmacht geschrieben, unterzeichnet und versiegelt.

MITTWOCH, 22. DEZEMBER: Der Bethelmitarbeiter Bill Neufeld und ich gingen früh am Morgen zur Einfuhrbehörde. ‚Was ist, wenn die Lizenz nicht erteilt wird?‘ Solche Gedanken schoben wir sofort beiseite. Als wir in das Büro kamen, begrüßte uns die Sekretärin freundlich lächelnd. ‚Die Behörde hat Ihnen gestern die Lizenz erteilt‘, sagte sie. ‚Sie können sie unten abholen.‘

DONNERSTAGMORGEN, 23. DEZEMBER: Unser Team von Zeugen Jehovas war schon früh am Flughafen El Dorado — der Kran und die Tieflader standen bereit —, als der große 747er-Jumbo mit der ersten der drei schweren Lieferungen eintraf. Zollbeamte, Inspektoren, Steuerabwickler und Wirtschaftsprüfer, sie alle brachten ihre Einwände vor. Aber die Fotokopien von der amtlichen Genehmigung ließen allen Widerstand schwinden.

FREITAG, 24. DEZEMBER: Die Ladung des zweiten Jumbos erhalten und freigestellt. Kein Problem, obwohl für die Christenheit am Abend die Feiertage begannen.

MITTWOCH, 29. DEZEMBER: Die letzte Sendung traf wie geplant ein, ging durch den Zoll und wurde ohne die geringste Schwierigkeit per LKW zum Zweigbüro gebracht — gerade rechtzeitig, bevor die amtlichen Tätigkeiten am Jahresende langsam zum Erliegen kamen.

Das ‚Unmögliche‘ war erreicht worden! Die Freude im Bethelheim am Jahresende hatte nichts mit dem Neujahrsfest der Welt zu tun. Wir jubelten, weil Jehova die Anstrengungen mit Erfolg gekrönt hatte, die Offsetdruckmaschine für Kolumbien vor dem 31. Dezember 1982, dem Stichtag, in die Druckerei zu bringen.“

Endlich im Gleichschritt

„Unsere ersten Wachttürme“, fährt Bill Lensink fort, „kamen dreieinhalb Monate später aus der Druckmaschine — es waren die Ausgaben vom 15. April 1983. Die Königreichsverkündiger waren überglücklich. Kurz darauf lagen in allen Königreichssälen im Land La Atalaya und ¡Despertad! vor dem Erscheinungsdatum auf dem Zeitschriftentisch. Jetzt gab es keine Verwirrung mehr, welcher Atalaya in welcher Woche studiert werden sollte. Am Jahresende hatte die Druckmaschine einen Ausstoß von 200 000 Zeitschriften pro Monat allein für Kolumbien. 1984 begannen wir für die Nachbarrepubliken Venezuela, Panama, Ecuador und Peru zu drucken.

Und im Mai jenes Jahres — durch das simultane Drucken der Zeitschriften in Englisch und Spanisch — waren wir geistig endlich im Gleichschritt mit der Leitung der theokratischen Organisation.“

Das wirkliche „Salz der Erde“

Während des zweiten Papstbesuchs in Kolumbien, im Juli 1986 — diesmal war es Johannes Paul II. —, wandte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche besonders an die Jugend Kolumbiens, als er sagte: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ Er erklärte aber nicht, um welche erleuchtende Botschaft es sich handelte, die die katholische Jugend ganz Kolumbien, Lateinamerika und der übrigen Welt mitteilen sollte.

Es gibt jedoch keinen Zweifel in bezug auf die Botschaft, die die jungen Zeugen Jehovas überbringen sollen, noch bezüglich der Art, wie sie sie zu den Menschen bringen sollen. Da sie in der Theokratischen Predigtdienstschule in den Königreichssälen geschult werden und die Einleitungen und Darbietungen, die in dem Buch Unterredungen anhand der Schriften vorgeschlagen werden, verwenden, haben sie beim Predigen der guten Botschaft von Haus zu Haus, wenn sie Interessierte wieder besuchen und Bibelstudien in deren Wohnungen durchführen, großes Geschick entwickelt. Immer mehr jugendliche Zeugen Jehovas folgen auch dem Ruf, den Vollzeitdienst aufzunehmen und Pioniere, Bethelmitarbeiter oder freiwillige Mitarbeiter beim Bau des neuen Zweigbüros zu werden. Hier gibt es tatsächlich junge Leute, die zusammen mit ihren älteren Brüdern und Schwestern auf der ganzen Erde das wirkliche „Salz der Erde“, „das Licht der Welt“, sind (Mat. 5:13, 14).

Der Drogenhändler und die Zeugin

Ende des letzten Jahrzehnts, begannen Kolumbiens Drogenbarone sich durch den Rauschgifthandel riesige Vermögen aufzuhäufen. Ein junger Mann, ein Verbindungsmann im internationalen Drogenhandel, wohnte abgelegen in einem Haus am Rande einer kleinen Stadt. Seine Nachbarn waren Zeugen Jehovas.

Als der junge Drogenhändler und seine Freunde während einer der vielen verschwenderischen Parties, die er gab, einmal ziemlich ausgelassen waren, sagte die Nachbarin, unsere Schwester, zu ihrem Mann, daß sie sich über den Nachbarn Gedanken mache, weil noch nie jemand dort Zeugnis gegeben habe. Ihr Mann entgegnete, daß der Mann gefährlich sei und daß er denke, es sei besser — auf jeden Fall im Moment —, ihn in Ruhe zu lassen. Unsere Schwester konnte diese Angelegenheit jedoch nicht vergessen.

Monate später, als der Drogenhändler von einer seiner längeren Reisen nach Hause gekommen war, dachte die Schwester, daß es an der Zeit sei, ihn zu besuchen und ihm Zeugnis zu geben. Mit der Predigtdiensttasche in der Hand klopfte sie, nachdem sie gebetet hatte, an die Tür.

„Und was wollen Sie?“ begrüßte der Mann sie kurz angebunden.

Die Schwester weiß nicht mehr genau, was sie gesagt hat, aber es war etwas über das Königreich und seine Segnungen. Der junge Mann hörte aufmerksam zu und sagte dann einfach: „Ich glaube an Gott.“ Dadurch ermutigt, gab die Schwester ein gründliches Zeugnis. Der junge Mann reagierte günstig und nahm das angebotene Bibelstudium an.

Der Nachbar war glücklich über die biblischen Wahrheiten, die er kennenlernte, und er begann mit seinen „Geschäftspartnern“ darüber zu sprechen. Diese dachten, er sei durch das Bibellesen verrückt geworden. Um ein neues Leben mit einem anständigen Beruf anzufangen, kaufte er ein Taxi. Predigtdienst, Hingabe und Taufe folgten.

Eines Tages fuhr er einen befreundeten Zeugen Jehovas in seinem Taxi zur Arbeit. Angestellte beobachteten durch ein Bürofenster, wie ihr Kollege aus dem Taxi stieg und dem Fahrer freundlich auf Wiedersehen sagte. Sie sagten ihrem Mitarbeiter warnend, daß er schlechten Umgang habe. „Dieser Mann ist ein bekannter Mafioso!“ erzählten sie ihm. Unser Bruder antwortete darauf mit einem gewissen Stolz: „Früher war er ein Mafioso. Jetzt ist er mein Glaubensbruder, ein Zeuge Jehovas.“

Ermutigende Nachrichten aus Brooklyn

Während eines Besuches von Bruder Lyman Swingle, einem Glied der leitenden Körperschaft, im Januar 1987, erläuterte ihm das Zweigkomitee, daß der Mangel an passenden Königreichssälen den geistigen Fortschritt behindere. Es wurde ihm erklärt, daß wenige Versammlungen genug Geld zum Bauen aufbringen könnten und daß viele Zusammenkunftsstätten Räume seien, in denen kaum noch Platz sei, oder es seien überdachte Innenhöfe in abgelegenen Stadtteilen. Auch für die Kreise sei es schwierig, passende Kongreßsäle zu mieten.

Kurz nach seinem Besuch kamen ermutigende Nachrichten aus Brooklyn: Es würden Darlehen für Königreichssäle und Kongreßsäle zur Verfügung gestellt werden. Außerdem müßten christliche Zusammenkunftsstätten geräumig und ansprechend sein und in Stadtteilen liegen, in die die Öffentlichkeit ohne Zögern kommen würde.

Eine Flut einheimischer Zeugen

Wie konnten Menschen, die in abgelegenen Gebieten wohnen, die gute Botschaft hören? Edwin Muller, ein Absolvent der ersten Klasse der Außenstelle der Gileadschule in Mexiko (1980/81), der jetzt in der Dienstabteilung des Zweigbüros in Bogotá arbeitet, erklärt:

„Wir studierten die Landkarte von Kolumbien und stellten eine Liste von mehr als hundert Städten mit über 10 000 Einwohnern auf, die noch kein organisiertes Zeugnis erhalten hatten — die meisten davon lagen in den Anden. Dann trafen wir mit der Zustimmung der leitenden Körperschaft Vorbereitungen, ab September oder Oktober 1988 150 Verkündiger als zeitweilige Sonderpioniere für drei Monate in 30 dieser Städte zu senden.

Die Ergebnisse waren beeindruckend: 1 200 neue Bibelstudien; meistens führten die Pioniere die regulären Zusammenkünfte durch; neue Verkündiger nahmen den Predigtdienst auf; in einer Stadt kamen viele und baten um Bibelstudien, aber die sechs Pioniere — jeder hatte 20 Studien — konnten sie einfach nicht durchführen.

Neue Mitverbundene begannen sich zu sorgen, was geschähe, wenn die 90 Tage zu Ende wären. In einer Stadt unterzeichneten 18 Personen einen Brief an das Zweigbüro, in dem sie ihre Wertschätzung für die Königreichsbotschaft äußerten, die die Pioniere ihnen gebracht hatten. Aber was sollten sie tun, wenn diese besondere Mission vorüber wäre? Würden andere gesandt werden, um ihnen zu helfen? In anderen Städten baten die Leute die Pioniere inständig: ‚Bitte, laßt uns nicht allein. Wir werden euch helfen, Arbeit zu finden, wenn ihr nur bleibt.‘ “

Bruder Muller sagt abschließend: „Jetzt haben wir einen Ruf nach mehr Predigern ergehen lassen, die dort dienen können, wo Hilfe not tut. Brüder schreiben uns oder kommen persönlich zum Zweigbüro, um sich wegen eines Umzugs in abgelegene Gebiete zu erkundigen, damit sie dort helfen können, die gute Botschaft zu predigen. Diesmal ist es nicht eine Flut von Ausländern, die in Kolumbien einwandern, um beim Predigen zu helfen, sondern einheimische Zeugen ergreifen die Gelegenheit, dem Mangel auf bewundernswerte Weise abzuhelfen.“

Kein Platz mehr

Die Tätigkeit im Bethelheim und in der Druckerei hatte unerwartet stark zugenommen. Die Familie hatte schon längst die Zahl von 60 Mitarbeitern, die 1975 ursprünglich für das Heim geplant worden war, überschritten und bewegte sich nun auf die 90 zu. Zusätzliche Büros waren seit langem im Königreichssaal eingerichtet worden, und einige Versammlungen Bogotás, die dort ihre Zusammenkünfte hatten, mußten weichen. Das Drucken und Versenden der Zeitschriften für über 130 000 Verkündiger in fünf Ländern beanspruchte nun den gesamten Platz in der Fabrik. Für das Literaturlager, den Versand und die Bogenoffsetmaschine, auf der der Königreichsdienst und kleine Posten wie Formulare und Traktate gedruckt wurden, war kein Platz mehr. Offensichtlich wurde mehr Raum benötigt. Was konnte getan werden?

Das Hauptbüro der Gesellschaft in Brooklyn genehmigte den Bau eines neuen Zweigbüros für Kolumbien. Eine große Hühnerfarm wurde gekauft, die am Rande der kleinen Stadt Facatativá in der Savanne liegt, im Westen der Hauptstadt, nur 45 Minuten davon entfernt. Erste Kontakte mit Behörden verliefen günstig. Ein illustriertes Handbuch behandelte ausführlich das Projekt, wobei das Drucken der Zeitschrift Erwachet! für den Export besonders herausgestellt wurde. Fotografien vom derzeitigen Zweigbüro und Prospekte vom deutschen Zweigbüro und den Wachtturm-Farmen in den Vereinigten Staaten mit ihren bestellten Feldern beeindruckten die Beamten. Um die Schilderung zu krönen, wurden Erwachet!-Artikel über Umweltschutz und Ökologie gezeigt.

Das Projekt wurde Anfang 1987 in Angriff genommen. Viele freiwillige Mitarbeiter beim internationalen Bauprogramm (IVCWs) flogen nach Bogotá und lebten sich schnell auf La Granja in Faca (der Farm in Facatativá) ein. Während des Jahres 1989 arbeiteten dort ungefähr 75 dieser Mitarbeiter. Auch kolumbianische Helfer vergrößerten die Familie. Im nahe gelegenen Faca schauten Einwohner der Stadt mit Neugier und Bewunderung zu, als eine große baufällige Pension, die die Gesellschaft gekauft hatte, umgebaut und verschönert wurde und in Las Torres (Die Türme) umgewandelt wurde, um 80 weiteren Arbeitern eine behagliche Unterkunft zu bieten.

Unter dem Dröhnen der Planierraupen und Bagger und dem rhythmischen Hämmern des Pfahlrammers begann das Projekt Form anzunehmen. An Wochenenden und Feiertagen kamen begeisterte Freiwillige der etwa 100 Versammlungen in und um Bogotá nach La Granja, um mitzuarbeiten. Sie schaufelten Sand und Beton oder bogen und flochten Eisen für die Betonsäulen und die dicken Wände, die von Kränen aufgerichtet und an Ort und Stelle befestigt wurden. In der Küche halfen Freiwillige beim Zubereiten des Mittagessens und des Abendbrots für die hungrigen Arbeiter.

Hunderte der zeitweiligen IVCWs, die von der Gesellschaft eingeladen werden, bezahlen ihre Reise nach Kolumbien selbst und arbeiten zwei Wochen oder sogar ein oder zwei Monate an dem Projekt mit. Ein ausländischer Arbeiter schrieb, als er wieder zu Hause war, an das Zweigbüro: „Es war mir möglich, zwei Wochen — die schönsten meines Lebens — als Arbeiter auf der Baustelle in Facatativá, Kolumbien, zu verbringen. Ich hatte die Gelegenheit, zu sehen, daß dort etwas Besonderes und Außergewöhnliches geschah.“

Auch einheimische Besucher beeindruckte die Besichtigung des Bethels und der Baustelle in Faca, und sie waren verwundert über die Organisation und die Größe des Werkes der Zeugen Jehovas in Kolumbien. Sie können nicht begreifen, daß alle diese Leute Freiwillige sind und die An- und Abreise selbst bezahlen. Der Geschäftsführer eines Betriebes sagte, daß seine Familie „dies unbedingt sehen mußte“. Der Bürgermeister und Mitglieder des Stadtrats sagten nach einem Essen und nach einer Besichtigung der Baustelle, daß sie sich wünschten, ihre Angestellten bei der Stadt würden „hierherkommen und lernen, wie wirklich gearbeitet wird“.

Zweifellos deutet das neue Zweiggebäude in Facatativá für die Zukunft auf große Dinge im Königreichswerk in diesem Teil der Erde hin.

Noch mehr Arbeit zu tun

In Kolumbien ist im Königreichswerk immer noch sehr viel zu tun. In den späten 60er und den 70er Jahren wurden kleinere und größere abgelegene Städte nur von Zeit zu Zeit bearbeitet, bis dort Versammlungen gegründet wurden. Wie wir gesehen haben, wird nun das gleiche Verfahren in kleineren Gemeinden und ländlichen Gebieten in den Bergen und Tälern der Anden angewendet.

Im Westen, entlang der Pazifikküste, im dortigen dichten Regenwald, und im Osten, in den ausgedehnten Ebenen, die im Amazonasregenwald enden, der an Brasilien grenzt, gibt es immer noch Hunderte verstreute Dörfer und Siedlungen, die noch völlig unberührt sind. Außerdem bleiben die immer mehr werdenden „ummauerten Städte“, die exklusiven Appartementhäuser, Eigentumswohnanlagen und geschlossenen vornehmen Wohngegenden eine Herausforderung. Wie können all jene Leute jemals erreicht werden? Die Aussage in der Bibel: „Die Hand Jehovas ist nicht zu kurz geworden, daß sie nicht retten kann, noch ist sein Ohr zu schwer geworden, daß es nicht hören kann“ ermuntert uns (Jes. 59:1). Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß Jehova Mittel zur Verfügung stehen, seinen Namen und sein Königreich in sehr kurzer Zeit weit und breit bekanntzumachen (Luk. 19:40).

Fast sieben Jahrzehnte christliches Evangelisieren

Menschenmengen, die herbeiströmten, um dem Bischof von Rom während seines Besuchs im Jahre 1986 zuzujubeln, hörten ihn wiederholt von „450 Jahren Evangelisation in Lateinamerika“ sprechen. Was er meinte, war, daß Rom die Eroberung dieser Länder durch das katholische Kreuz als eine Erfüllung des Auftrags betrachtete, den Christus seinen Jüngern vor seinem Weggang gab (Mat. 24:14; 28:19, 20). Aber in dem „Evangelium“, das spanische Missionare an diese Küsten brachten, wurde weder Gottes Königreich noch Christi tausendjährige Herrschaft, noch das ewige Leben auf einer paradiesischen Erde erklärt.

Das wahre Evangelium oder die gute Botschaft erreichte die kolumbianischen Küsten erstmals in den 20er Jahren, als Gottes Geist zwei christliche Männer veranlaßte, sich allein aufzumachen und „diese gute Botschaft“ in den Dörfern Nordostkolumbiens zu verkündigen. Später, in den 30er Jahren, verkündeten mutige christliche Frauen, angetrieben von demselben Geist, diese Wahrheiten in größeren Städten des ganzen Landes. Ihnen folgten Dutzende von Missionaren, und eine große Anzahl Zeugen aus anderen Ländern leisteten ihren Beitrag zum Fortschritt im Werk des Jüngermachens.

Im Jahre 1940 berichteten in Kolumbien nur zwei Zeugen Jehovas regelmäßig über das Predigen vom Königreich: Heliodoro Hernández und Juan Bautista Estupiñán.

Nach vierzig Jahren, 1980, verkündeten 16 000 kolumbianische Jünger vereint die Königreichshoffnung. Nur neun Jahre später, 1989, ist die Zahl der Königreichsverkündiger um 150 Prozent emporgeschnellt, auf über 40 000. Von überall aus dem Land kommen Berichte wie: Königreichssäle überfüllt, neue Versammlungen können gegründet werden, überfüllte Säle bei der Gedächtnismahlfeier. Seit fast sieben Jahrzehnten gedeiht die wahre christliche Evangelisation und bringt in allen Teilen des Landes Königreichsfrüchte hervor.

Damit beenden wir unseren Besuch in Kolumbien, einem Land, reich an landschaftlicher Schönheit und natürlichen Schätzen und mit einer freundlichen und gastfreien Bevölkerung, einem Land, in dem Jehovas Zeugen nun seit fast 70 Jahren das wahre Christentum lehren und in dem sie ein geistiges Paradies errichtet und es bis an die Landesgrenzen ausgedehnt haben.

[Fußnoten]

^ Abs. 12 Siehe Erwachet!-Ausgabe vom 8. Mai 1986, S. 14—19.

^ Abs. 91 Der Lebensbericht der Familie von Porfirio Caicedo ist in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. September 1976, S. 520—524 zu finden.

^ Abs. 104 Ihr Lebensbericht ist in der Wachtturm-Ausgabe vom 15. Oktober 1969, S. 635—638 zu finden.

^ Abs. 124 Ihr Lebensbericht ist in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. August 1972, S. 473—478 zu finden.

^ Abs. 157 Die Lebensberichte von James O. Webster und Olaf Olson erschienen in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. April 1959, S. 220—224 bzw. in der Wachtturm-Ausgabe vom 15. März 1960, S. 189—191.

^ Abs. 216 Der Lebensbericht von Harold L. Zimmerman ist in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. Mai 1984 (englisch), S. 23—27 zu finden.

[Übersicht auf Seite 134]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Kolumbien

Verkündigerhöchstzahl

50 000

41 956

 

 

 

 

16 044

 

 

7 083

1 640

162

1950 1960 1970 1980 1989

Pioniere (Durchschnitt)

6 000

5 884

 

 

 

 

 

 

 

1 014

667

175

16

1950 1960 1970 1980 1989

[Kasten/Karte auf Seite 66]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Karibik

PANAMA

Pazifik

VENEZUELA

KOLUMBIEN

Santa Marta

Barranquilla

Cartagena

Montería

Río Sinú

Río Cauca

Río Magdalena

Bucaramanga

Barrancabermeja

Medellín

Armero

Facatativá

Bogotá

Buenaventura

Palmira

Cali

Neiva

Popayán

Tumaco

Pasto

ECUADOR

PERU

BRASILIEN

Amazonas

[Kasten]

Hauptstadt: Bogotá

Amtssprache: Spanisch

Hauptreligion: römisch-katholisch

Bevölkerung: 31 677 000

Zweigbüro: Bogotá

[Bild auf Seite 70]

Agustín Primo, ein Glied des kolumbianischen Zweigkomitees

[Bilder auf Seite 71]

Zeugnisgeben in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, und im subtropischen Cali (links)

[Bilder auf Seite 73]

Heliodoro Hernández und Juan Bautista Estupiñán, die von der Mitte der 20er Jahre an Samen der Königreichswahrheit aussäten

[Bilder auf Seite 82]

Gabriel Piñeros, ein ehemaliger Oberst der Luftwaffe, dient heute als Ältester in einer Versammlung in Cali

[Bilder auf Seite 84]

Porfirio Caicedo, Vater von 18 getauften Kindern. Sein zweiter Sohn Raúl war ein Absolvent der Gileadschule und bis zu seinem Tod 1981 ein Glied des Zweigkomitees.

[Bild auf Seite 87]

Die Missionare Olaf Olson und James Webster

[Bild auf Seite 88]

Rogelio Jones, ein Bauunternehmer, José Villadiego, ein ehemaliger Losverkäufer, und Farah Morán, der früher ein Herrenbekleidungsgeschäft besaß, gehörten zu den ersten Zeugen und sind heute immer noch in Barranquilla tätig

[Bild auf Seite 95]

Die Carvajalino-Schwestern sind eine beispielhafte Pioniergruppe, die mehr als 300 Personen behilflich war, die Wahrheit kennenzulernen

[Bild auf Seite 96]

Benjamín Angulo und Armando Gómez, Glieder des Zweigkomitees

[Bilder auf Seite 101]

In Cartagena, einem bedeutenden karibischen Seehafen in der spanischen Kolonialgeschichte, wird die gute Botschaft gehört

[Bild auf Seite 102]

Gregorio de la Rosa mit seiner Frau Lilia. Er wurde von abergläubischen Ängsten befreit

[Bild auf Seite 105]

Richard und Virginia Brown richteten 1958 das erste Missionarheim in Medellín ein. Richard ist der Koordinator des Zweigkomitees.

[Bild auf Seite 110]

Elbert S. Moore war einer der ersten, die mit ihrer Familie dem Ruf folgten, in Kolumbien zu dienen. Heute ist er ein Glied des Zweigkomitees.

[Bild auf Seite 113]

Harold und Anne Zimmerman, die in Cali vier Kinder großzogen, helfen nun beim Bau des neuen Zweigbüros in Facatativá mit

[Bild auf Seite 116]

Óscar Rivas schlug eine Laufbahn als Vollzeitdiener ein und dient heute im Bethel

[Bild auf Seite 123]

Bob und Libby Tracy, die 36 bzw. 32 Jahre in Kolumbien dienten, wurden 1982 einem anderen Zweig zugeteilt

[Bilder auf Seite 124]

Obwohl Fachleute sagten: „Unmöglich! Sie brauchen es erst gar nicht zu versuchen“, wurde die Rotationsmaschine mit einem Jumbo-Jet sehr kostensparend nach Kolumbien gebracht. Kolumbien druckt die Zeitschriften „Der Wachtturm“ und „Erwachet!“ für fünf lateinamerikanische Länder.

[Bilder auf Seite 131]

Königreichssaal in Ibagué, der mit der Unterstützung der Watch Tower Society errichtet worden ist

[Bilder auf Seite 132, 133]

Das neue Zweigbüro im Bau; Stahlträger für das neue Fabrikgebäude werden aufgestellt; Modell des neuen Zweigbüros