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Surinam

Surinam

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In den Regenwäldern des Berglands, die den größten Teil Surinams bedecken, schleichen Schlangen und Jaguare umher. Es ist zwar das kleinste südamerikanische Land, gemessen an der Bodenfläche und der Einwohnerzahl, was aber die unerschrockenen Anbeter Jehovas Gottes betrifft, ist es unübertroffen.

AM 31. Juli 1667 unterzeichneten zwei ständig rivalisierende Weltreiche — das britische und das niederländische — einen Friedensvertrag und machten einen Tauschhandel: Die Niederländer gaben den Briten Neuamsterdam, und die Briten überließen den Niederländern Surinam. Wahrscheinlich kennst du den Anteil, den die Briten bei dem Tausch erhielten — Neuamsterdam, das sie in New York umbenannten. Aber was ist über Surinam zu sagen?

Surinam, das früher Niederländisch-Guayana hieß, liegt an der Nordostküste Südamerikas und grenzt an Guyana, Brasilien und Französisch-Guayana. Das tropische Klima Surinams läßt sich mit dem in Florida (USA) vergleichen, nur ist das Land ein wenig kleiner als diese Halbinsel. Doch halt! Wenn du gern im blauen Meer badest oder dich an weißen Stränden entspannen möchtest, ist Surinam für dich vielleicht nicht der richtige Ort. Tatsächlich sieht die schlammige Küste des Landes so wenig einladend aus, daß frühe Siedler sie die „wilde Küste“ nannten. Bist du hingegen ein Abenteurer, dann nimm dein Insektenschutzmittel, deine Malariatabletten und dein Moskitonetz und komm, erforsche das üppigste und geheimnisvollste aller Naturgebiete: den gewaltigen Regenwald.

Von einem Flugzeug aus betrachtet, sieht der Baldachin des Regenwalds wie ein eintöniger grüner Teppich aus, der lediglich von zahlreichen Flüssen durchschnitten ist, die sich Richtung Norden zum Atlantischen Ozean schlängeln. Doch schaut man unter diesen Teppich, findet man ein derart vielfältiges Habitat wie nirgendwo anders: die Welt des scheuen Jaguars, des bunten Aras, des Brüllaffen und der Riesenanakonda.

Auch die Bevölkerung Surinams zeichnet sich durch Vielfalt aus. Die Ureinwohner waren Indianer. Dann kamen die schwarzen Sklaven Westafrikas, die man als Arbeiter für die Kaffeeplantagen ins Land holte. Später bildeten entflohene Sklaven oder Buschneger Stämme, die den fast undurchdringlichen Regenwald, der 80 % von Surinam bedeckt, dünn besiedelten. Anschließend trafen Inder und Indonesier ein. Hinzu kommen noch Chinesen, Libanesen, Juden und Nachkommen niederländischer Siedler — sie alle gehören zu den 400 000 Einwohnern Surinams, das aus diesem Grund manchmal „die Welt im Kleinformat“ genannt wird.

Die ebenso vielfältigen Glaubensansichten der in dem Land lebenden Hindus, Muslime, Angehörigen der Herrnhuter Brüdergemeine (Protestanten), Katholiken, Animisten, Fetischisten und anderer haben zu dem religiösen Gemisch beigetragen. Obendrein werden noch rund zehn Sprachen gesprochen, angefangen von Niederländisch (der Amtssprache) bis zu Sranangtongo (der Umgangssprache). Nun versteht man, warum es in dem Buch Suriname—Land of Seven Peoples heißt, daß die nationale Einheit noch „lange nicht erreicht ist“.

Aber gleich zu Beginn dieses Jahrhunderts fand eine weitere Sprache — die „reine Sprache“ biblischer Wahrheit — Eingang in Surinam und trug, wo immer man sie erlernte, zur Einheit bei (Zeph. 3:9). Doch man brauchte Mut, Ausharren, Opferbereitschaft und vor allem die Unterstützung Jehovas Gottes, wollte man die Wahrheit der Bibel in die Städte, Landgebiete und in den Regenwald bringen. Hatten Jehovas Diener Erfolg? Wir laden dich ein, mit uns die Höhepunkte der neun Jahrzehnte des Königreichspredigtwerkes noch einmal zu durchleben. Gehen wir also zum Jahre 1903 zurück, und zwar nach Nordwestsurinam.

Die Wahrheit trifft mit der Fähre ein

Die Fähre stampfte mühselig quer über die Mündung des Corantijn und beförderte Passagiere von Guyana zu der kleinen Stadt Nieuw Nickerie in Surinam. Ein Passagier namens Herbonnet, ein Kaufmann Mitte 20, konnte es kaum abwarten, an Land zu gehen und seinen Freunden die Bücher zu zeigen, die er mitgebracht hatte.

Seine Freunde — der Bäcker Marie Donk, der Lebensmittelhändler Alfred Buitenman und der Schuhmacher Julian Dikmoet — waren sogleich von den einfachen Erklärungen biblischer Wahrheiten in den Büchern fasziniert. Kurz danach bildeten die vier Freunde eine Bibelstudiengruppe in der Wohnung des Bäckers Marie Donk. Dort studierten sie weitere Veröffentlichungen des Autors der Bücher, Charles T. Russell, des ersten Präsidenten der Watch Tower Society, aus den Vereinigten Staaten.

Marie Donk, ein redegewandter Jude, übernahm die Führung und ermunterte seine Kunden nachdrücklich, sich der Studiengruppe anzuschließen. Nur wenige Kunden nahmen das Angebot an, bis der Bäcker den Slogan „Nyan brede sondro frede!“ („Iß Brot ohne Angst!“) verwendete, woran sich ältere Einwohner von Nickerie heute noch erinnern können. „Das bedeutete“, erklärt die 83jährige Lien Buitenman, Alfred Buitenmans Tochter, „daß die Leute nach den Zusammenkünften kostenlos Brot erhielten.“

Es funktionierte. Die Anwesendenzahl ging in die Höhe wie frisch gekneteter Teig, d. h., bis Bäcker Donk seine Zuhörerschaft bat, sich sonntags am Predigen in den Landgebieten zu beteiligen. Daraufhin kamen die meisten Besucher nicht mehr.

Von 1910 bis 1914 folgten dennoch einige Treue Bruder Donk zu einem Polder außerhalb von Nickerie und wateten in den Entwässerungskanal einer Kakaoplantage, wo sie getauft wurden. „Diese Taufen zogen Hunderte von Schaulustigen an“, berichtet James Brown, der heute 86 Jahre alt ist. Bei einer Gelegenheit schaute er wie gebannt zu, als Bruder Donk einen völlig bekleideten neuen Jünger ins Wasser tauchte und dabei ausrief: „Im Namen des Vaters.“ Dann tauchte er dieselbe Person ein zweites Mal unter und sagte: „Im Namen des Herrn“ und ein drittes Mal, wobei er sprach: „Im Namen des heiligen Geistes.“ Sobald er damit fertig war, wandte er sich an die Zuschauer mit den Worten: „Kommt! Laßt euch taufen, und bleibt am Leben!“ Einige kamen, aber meistens aus Angst, die Welt würde 1914 untergehen. Als das Jahr 1914 kam und verging, wandte sich eine beträchtliche Zahl ab.

„Gottes Königreich ist gekommen“

Um 1920 erhielten die Bibelforscher, die nicht aufgegeben hatten, eine echte Ermunterung, als ein Bruder aus den Vereinigten Staaten mit dem Schiff eintraf und das Photo-Drama der Schöpfung vorführte.

„Es war das Stadtgespräch“, erzählt James Brown. „Ich ging frühzeitig in den Schuppen auf der Kakaoplantage und setzte mich in die erste Reihe. Schließlich war er mit 500 Personen bis zum Bersten gefüllt. Die Vorführung begann. Ich hatte so etwas vorher noch nie gesehen — die Dias, der Film, die Musik! Ein Mann stand auf und sagte: ‚Heute abend ist Gottes Königreich nach Nickerie gekommen!‘ “

Nun setzte wieder Mehrung ein, und zu Beginn der 30er Jahre errichteten die Brüder im Hof von Bruder Donk eine kleine Zusammenkunftsstätte. Aber erneut mußte die Versammlung Nickerie mit Problemen fertig werden.

Ein bescheidener Bruder unternimmt etwas

Mitte der 30er Jahre wurde bekannt, daß Marie Donk ein Leben führte, das den Sittenmaßstäben der Bibel widersprach. Trotzdem leitete er weiterhin die Zusammenkünfte. Wer würde die Sache richtigstellen?

Alfred Buitenman, ein ruhiger Mann von kleiner Statur, hatte die Versammlung seit seiner Taufe im Jahre 1903 finanziell unterstützt, ohne dabei besonders in den Vordergrund zu treten. „Aber während einer Zusammenkunft“, erinnert sich Lien, „war ich verblüfft, daß mein Vater etwas unternahm und ankündigte, daß die Zusammenkünfte ab sofort im Wohnzimmer unseres Hauses stattfinden würden.“ Glücklicherweise unterstützten die meisten Brüder den Umzug, aber einige blieben bei Bäcker Donk, doch diese Gruppe löste sich allmählich auf.

Bruder Buitenman nahm dann Kontakt auf mit dem Hauptbüro der Gesellschaft in New York und erhielt Literatur. Von 1936 an hütete er treu die ihm anvertraute Versammlung.

Nun wollen wir uns jedoch 240 km Richtung Osten begeben und das Rad der Zeit um 25 Jahre zurückdrehen. Wir sind in der Hauptstadt Paramaribo angekommen und befinden uns im Jahre 1911.

Ein armer Anstreicher gibt ein gutes Beispiel

Bei einem kurzen Aufenthalt im Hafen von Paramaribo trafen die Pilgerbrüder (wie man Kreisaufseher damals nannte) Blake und Powell aus den Vereinigten Staaten einen bescheidenen Mann namens Frederic Braighwaight an. Frederic, der Ende Dreißig war und auf Barbados geboren worden war, arbeitete als Anstreicher. Er nahm die Wahrheit an und interessierte seine Frau Cleopatra sowie einen seiner Freunde dafür. In seinem winzigen Holzhaus fing er an, Zusammenkünfte durchzuführen.

Ebenso wie die Pilgerbrüder hielt auch Frederic nach Gelegenheiten Ausschau, die biblischen Wahrheiten anderen mitzuteilen. Also gab er an seiner Arbeitsstelle dem Zimmermann Willem Telgt Zeugnis. Dem Zimmermann gefiel, was er hörte, und zusammen mit einem seiner Freunde begann er, die Zusammenkünfte der „Ernsten Bibelforscher“ zu besuchen, was die Zahl der Interessierten von drei auf fünf erhöhte.

Bruder Braighwaight schätzte diese Zusammenkünfte. „Obwohl er arm war“, erzählte Willem Telgt vor einigen Jahren, „trug Bruder Braighwaight stets einen frisch gebügelten weißen Anzug zu den Zusammenkünften. An manchen Tagen, wenn er sich keine Mahlzeit leisten konnte, hörte man, wie sein leerer Magen knurrte, aber dessenungeachtet leitete er jede Zusammenkunft mit der gleichen Begeisterung.“

Von Bruder Braighwaights Beispiel angespornt, ließ sich Willem Telgt am 19. Februar 1919 taufen. Später spielte er bei der Förderung der Königreichsinteressen eine bedeutende Rolle.

An die Öffentlichkeit treten

In den 20er Jahren waren die Bibelforscher in der Hauptstadt wenig bekannt. Das änderte sich allerdings Mitte der 30er Jahre, als einer von ihnen, ein gewisser Bruder Graham, vor einem Laden gegenüber dem belebten Markt eine Bank aufstellte. Er öffnete seinen abgenutzten Koffer und stellte die verschiedenfarbig gebundenen Bücher der Gesellschaft aus. An jedem Wochentag postierte sich dieser alte englischsprechende Bruder auf seinem Platz.

Oft stellten sich Leute um Bruder Grahams Koffer herum und wollten mit ihm debattieren. „Bruder Graham faßte sich jedoch immer kurz, sehr kurz“, erklärte Leo Muijden, der kürzlich im Alter von 78 Jahren verstarb. „Eines Tages sah ich in seinem Koffer eine Broschüre mit dem Bild eines rennenden jungen Mannes. Ich fragte Bruder Graham: ‚Wohin rennt er?‘ Der alte Bruder blickte auf und sagte: ‚Wenn du die Broschüre liest, wirst du es herausfinden.‘ Das war alles. Also las ich die Broschüre Zuflucht zum Königreich und fand es heraus.“

Die Königreichsbotschaft wird verstärkt

Außer durch Bücher erfuhren die Bewohner von Paramaribo die Königreichsbotschaft auch mit Hilfe von Schallplatten. Wie? An Sonntagabenden stellte Cornelus Voigt, ein Ladenbesitzer, der den Zeugen freundlich gesinnt war, seinen Schallplattenspieler und starken Lautsprecher im zweiten Geschoß seines Hauses auf. „Dann“, so berichtete Bruder Telgt, „spielte er eine Schallplatte mit einer katholischen Messe ab und anschließend religiöse Musik. Danach, sobald sich genug Leute versammelt hatten, legte er eine andere Schallplatte auf und drehte den Apparat auf volle Lautstärke. Plötzlich dröhnte die Stimme des zweiten Präsidenten der Wachtturm-Gesellschaft, Joseph F. Rutherford, aus dem Lautsprecher, und sie war weithin zu hören.“

An den Abenden während der Woche brauchte Herr Voigt allerdings nicht die Aufmerksamkeit der Leute zu erregen, sondern nur zu warten, bis sein Sohn, ein bekannter Arzt, seine Sprechstunden in einer Klinik neben seinem Haus hielt. Sobald das Wartezimmer voller Patienten war, spielte Herr Voigt die Schallplatten ab. Helen Voigt, die Frau des Arztes, erinnert sich: „Die Patienten mußten Bruder Rutherford zuhören, ob sie wollten oder nicht.“ Ja, mit Hilfe von Büchern und Schallplatten waren die Zeugen nun an die Öffentlichkeit getreten.

Aus einer werden drei — aber keine Mehrung

Da der Zweite Weltkrieg weit entfernt von den Grenzen Surinams ausgefochten wurde, litten die Brüder nicht unter den todbringenden Begleiterscheinungen des Krieges. Dessenungeachtet hatte die Versammlung Paramaribo mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen. Mit welchen? Streitigkeiten unter Brüdern.

Der 80jährige Leo Liefde, der seit 1938 die Zusammenkünfte besucht, erzählt: „Um das Jahr 1945 hatte sich die Versammlung in drei verschiedene Gruppen gespalten und kam an drei verschiedenen Orten zusammen, obgleich sich alle drei Jehovas Zeugen nannten.“ Als dann 1946 angekündigt wurde, daß der dritte Präsident der Gesellschaft, Nathan H. Knorr, Surinam besuchen werde, „freuten sich drei Gruppen darauf, ‚ihren‘ Präsidenten willkommen zu heißen“, fügt Bruder Muijden hinzu. Was würde Bruder Knorr dazu sagen?

Am Montag, den 1. April 1946 traf Bruder Knorr zusammen mit Frederick W. Franz, dem damaligen Vizepräsidenten der Gesellschaft, in Paramaribo ein. Noch am selben Abend versammelten sich 39 Brüder aus den drei Gruppen auf neutralem Boden, einem Schulhof, um den Ansprachen von Bruder Franz und Bruder Knorr zu lauschen. Als die Brüder danach Fragen stellten, wurde klar, daß erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestanden. Der Präsident hörte sich das eine Weile an, bis er genug gehört hatte.

„Bruder Knorr machte es kurz“, berichtet Bruder Muijden. „Er sagte: ‚Wer von euch möchte, daß ein Missionar hierherkommt?‘ Wir alle hoben die Hand. ‚Gut‘, sagte Bruder Knorr, ‚diesen Monat wird er hier sein.‘ “ Und tatsächlich traf am 27. April 1946 der Gileadabsolvent Alvin Lindau ein.

Eine neue Ära beginnt: Missionar trifft ein

Der 26jährige Amerikaner Alvin Lindau zog zu Bruder Baptista und fing an, aus den verschiedenen Gruppen e i n e Gruppe zu machen. Einen Monat später berichtete Bruder Lindau voller Freude: „Die Verkündigerzahl stieg von 2 auf 18.“ Bruder Knorr hatte ebenfalls eine gute Nachricht für Surinam. Er schrieb, daß am 1. Juni 1946 ein Zweigbüro eingerichtet werde. „Ich bin sicher“, fügte Bruder Knorr hinzu, „daß es jetzt an der Zeit ist, das Werk in Paramaribo zu beschleunigen.“

Bruder Lindau, der zum Zweigaufseher ernannt worden war, machte sich an die Arbeit. Zuerst verlegte er das Zweigbüro von Bruder Baptistas Wohnung in den ersten Stock eines geräumigen zweigeschossigen Gebäudes in der Zwartenhovenbrugstraat 50 und richtete im Erdgeschoß einen Königreichssaal ein. Dann begann er, wöchentlich ein Buchstudium, eine Dienstzusammenkunft und ein Wachtturm-Studium abzuhalten. Danach zeigte er den Brüdern, wie man Heimbibelstudien durchführt.

Als nächstes kündigte Bruder Lindau an: „Wir gehen zum Angriff über!“ Ein älterer Bruder erinnert sich: „Er lud uns ein, beim Verbreiten des Buches Kinder von Haus zu Haus mitzumachen. Anfänglich zögerte ich, aber Bruder Lindau sagte zu mir: ‚Entweder du schwimmst, oder du gehst unter.‘ Also packte ich meine Tasche mit Büchern voll und bot die neue Publikation den Leuten an, die in der Nähe des Königreichssaales wohnten. Zu meiner Freude war die Tasche nach kurzer Zeit leer.“

Doch ein paar Brüder, die lieber Ansprachen hielten, statt Bücher zu verbreiten, murrten: „Wir haben nichts mit der Watchtower Society zu tun. Wir glauben an Pastor Russell.“ Die Folge war, daß sie „untergingen“. Die meisten Brüder unterstützten jedoch den Bücherfeldzug. Aber sie benötigten Belehrung. Genau diese erhielten sie in den folgenden Monaten.

Ein Jahr fortschreitender Belehrung

Im September 1946 wurde die Theokratische Predigtdienstschule in der Versammlung Paramaribo eingeführt. Im gleichen Monat wurde damit angefangen, eine Serie öffentlicher Vorträge im Königreichssaal zu halten. Durch Handzettel machte man die Öffentlichkeit darauf aufmerksam — auch die Polizei.

Am Mittwoch vor dem ersten Vortrag wurde der Redner auf die Polizeistation zitiert. „Ist dies das erste Land, in dem die Watch Tower Society tätig ist?“ wollten die Beamten wissen. Als sie erfuhren, daß Surinam tatsächlich eines der letzten Länder war, in dem die Gesellschaft tätig war, hatten sie nichts mehr einzuwenden. Seither sind immer öffentliche Zusammenkünfte abgehalten worden.

Im darauffolgenden Monat, Oktober, begrüßte die Versammlung die Gileadabsolventen Max und Althea Garey sowie Phyllis und Vivian Goslin. Indem die Missionare Seite an Seite mit den einheimischen Brüdern zusammenarbeiteten, halfen die „fünf Amerikaner vom Wachtturm“, wie man sie in der ganzen Stadt schließlich nannte, den Verkündigern, Fortschritte zu machen.

Bis Ende 1946 war durch die harte Arbeit und liebevolle Fürsorge der Missionare viel geleistet worden: Der Einsatz im Predigtdienst hatte sich erhöht, und statt Uneinigkeit herrschte Einheit. Aber es sollten noch weitere Fortschritte gemacht werden.

Im Dezember fand der „Theokratische Kongreß fröhlicher Nationen“ statt — es war der allererste Kongreß. Angespornt durch die Freigabe des Buches „Gott bleibt wahrhaftig“, verteilten 20 Verkündiger in nur einer Stunde 8 000 Handzettel, um den öffentlichen Vortrag anzukündigen. Zweihundertdreizehn waren anwesend — eine noch nie dagewesene Höchstzahl!

Im gleichen Monat marschierten die Brüder durch die Geschäftsstraßen, wobei sie die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! vor sich hertrugen. Neugierige Passanten scharten sich um die Verkündiger. Ein Mann auf einem Eselskarren erblickte eine Schwester mit den Zeitschriften und fuhr mit seinem Wagen direkt auf die Ecke zu, wo sie stand. Er wollte die Zeitschriften haben. An jenem Morgen wurden 101 Zeitschriften abgegeben. Der Straßendienst war im Kommen!

Wieder von vorn anfangen

Im Jahre 1948 stieg die Verkündigerzahl auf über hundert. Aber so schnell wie die Dunkelheit in den Tropen hereinbricht, so rasch setzte ein Rückgang ein. Im März 1949 gab es nur noch 88 tätige Verkündiger. Wieder loderten Streitigkeiten auf. Was war der Grund?

Ein Missionar deckte schwerwiegende Unstimmigkeiten im Missionarheim auf. Als Bruder N. H. Knorr und Bruder M. G. Henschel im April 1949 Surinam besuchten, überprüften sie die Angelegenheit. Später wurde John Hemmaway, der damals als Missionar in Guyana diente, nach Surinam gesandt, um die Sache zu untersuchen. Schließlich verließen drei Missionare das Land, so daß die Gareys mit einer Versammlung von 59 Verkündigern zurückblieben. Die Brüder mußten wieder von vorn anfangen. Wie konnte man sie erneut zur Tat anspornen?

Max Garey wurde vorübergehend zum Zweigaufseher ernannt, und er erwies sich als fürsorglicher Hirte während einer düsteren Zeit. Die Pionierin Nellie van Maalsen, heute 76 Jahre alt, erinnert sich: „Wie viele in der Versammlung war ich damals traurig und verwirrt, aber“, so sagt sie, „Max war ein liebevoller Bruder. Man fühlte sich bei ihm wohl. Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich an Bruder und Schwester Garey denke.“

Drei Monate lang verband Max Garey sozusagen die Wunden der kleiner gewordenen Gruppe. Dann trafen im November 1949 die neuen Gileadabsolventen J. Francis Coleman und S. „Burt“ Simmonite ein, um den Brüdern wieder auf die Beine zu helfen. Beide stammten aus Kanada.

Zuvor hatte man das Zweigbüro und das Missionarheim in kleine Räume in der Gemeenelandsstraat 80 verlegt. Damit die Neuankömmlinge untergebracht werden konnten, mietete man eine zweite Wohnung in der Prinsenstraat. Der 27jährige Burt Simmonite wurde zum neuen Zweigaufseher ernannt.

Am 22. Januar 1950 verspürten die Brüder auf ganz persönliche Weise die Zuneigung der Organisation Jehovas. An jenem Tag unternahm Bruder Knorr eine besondere Reise nach Surinam, um die Brüder zu ermuntern. „Selbst wenn die Leute klatschen und Schlechtes über Jehovas Zeugen erzählen“, sagte Bruder Knorr zu den 75 Brüdern, „dürft ihr euch nicht beirren lassen. Durch das Leben, das ihr führt, und die Botschaft, die ihr predigt, werdet ihr jene trösten können, die Wahrheit und Gerechtigkeit suchen. Das müssen wir tun, ungeachtet dessen, was andere getan haben oder in Zukunft noch tun werden.“

Nach drei Tagen erbaulicher Gemeinschaft verabschiedete sich Bruder Knorr von den Brüdern. Gestärkt setzten sie ihre Tätigkeit fort.

Wieder auf dem richtigen Weg

Da sich die Versammlung Paramaribo nun wieder auf dem richtigen Weg befand, wandten die Missionare ihre Aufmerksamkeit dem im Westen liegenden Nickerie zu, wo Bruder Buitenman sowie fünf weitere Verkündiger — unbeeinflußt von dem Kommen und Gehen in Paramaribo — die Königreichsbotschaft seit 1936 ohne Unterlaß gepredigt hatten. Um den bereits 71jährigen Bruder Buitenman zu unterstützen, zogen die Gareys nach Nickerie. Später verlegte man die Zusammenkünfte von Bruder Buitenmans Wohnung ins Missionarheim in der Gouverneurstraat.

John und James Brown, zuverlässige Brüder, die damals Ende Vierzig waren, halfen Bruder Garey und wurden von ihm wiederum gründlich geschult. Schließlich hielten John und James mittwochs abends in Nickerie und in umliegenden Ortschaften beim Schein einer Kerosinlampe öffentliche Vorträge unter freiem Himmel.

Dann nahm auch ihr Bruder, Anton Brown, die Wahrheit an, und die „Browns-Kirche“, wie die Einheimischen die Versammlung nannten, beschleunigte ihre Tätigkeit. Als im Februar 1953 der erste Kreiskongreß in Nickerie stattfand, hatte sich die Verkündigerzahl verdreifacht und betrug nun 21. Offensichtlich zog die Versammlung aus der Arbeit der Missionare Nutzen. Aber wie erging es den anderen Missionaren, Burt Simmonite und Francis Coleman, in Paramaribo?

Predigtdienst contra Arznei

Burt und Francis taten ihr Bestes, um einige der ehemaligen Verkündiger wiederzubeleben, aber ohne Erfolg. Häufig drückten sich diese Verkündiger vor Predigtdienstverabredungen, indem sie die Standardausrede benutzten: „Bruder, ich konnte nicht kommen. Ich mußte Arznei nehmen.“

Diese Äußerung hatte zwar hin und wieder schon ihre Berechtigung, da es in den Tropen viele Darmparasiten gibt. „Aber“, sagte Burt, „wie dem auch sei, ich kam zu dem Schluß, daß die Brüder in dieser kleinen Versammlung riesige Mengen Arznei schluckten.“ Was konnte jedoch dagegen getan werden?

Schwester van Maalsen trug zur Lösung des Problems bei. Nachdem sie eines Tages nicht zum Predigtdienst erschienen war, sagte sie: „Bruder, ich muß dir die Wahrheit sagen. Ich war einfach zu müde.“ Von ihrer Ehrlichkeit gerührt, beugte sich Burt zu ihr hinunter, umarmte sie und sagte: „Nellie, soviel ich weiß, bist du die erste, die mir in dieser Sache die Wahrheit sagt.“ Burt dachte sich, diese Bemerkung werde sich unter den Brüdern herumsprechen. „Es muß so gewesen sein“, erzählte er, „denn die Brüder schienen bei weitem nicht mehr so viel Arznei einzunehmen.“

„Meine Jungs“

Viele in der Versammlung schätzten die hart arbeitenden Missionare. Es dauerte deshalb nicht lange, bis Burt und Francis sowohl in die Wohnungen als auch in das Herz der Verkündiger Eingang gefunden hatten. Selbst wenn man heute mit einem älteren Bruder oder einer älteren Schwester über Burt und Francis spricht, strahlen ihre trüben Augen, ein Lächeln erhellt ihr faltiges Gesicht, und es werden wieder Erinnerungen wach.

„Burt und Francis waren für uns wie Familienangehörige. Sie waren meine Jungs“, sagt Oma (Grannie) de Vries, die heute 91 Jahre alt ist. Von ihrem Schaukelstuhl aus deutet sie auf das zweite Geschoß des Nachbarhauses. „Dort haben sie gewohnt. Sie waren fröhliche Nachbarn.“

„Wenn wir Burt pfeifen hörten, wußten wir, daß er sich für den Predigtdienst zurechtmachte“, beginnt Omas Tochter Loes.

„Und wenn Francis auf der Geige spielte und mit zwei Löffeln irgendwie Musik machte, wußten wir, daß er sich entspannte“, fügt Tochter Hille hinzu. „Aber wenn wir Burt das Königreichslied Nr. 81 ‚Erwecke das Lied der Königreichsfreude!‘ schmettern hörten, wußten wir, daß er gerade duschte.“

„Und“, wirft Tochter Dette ein, „wenn es nach verbranntem Essen roch, wußten wir, daß die Jungs studierten.“ Also versorgte Oma sie mit Mahlzeiten. Herzlich lachend rundet sie die Geschichte ab: „Ich band eine Pfanne gefüllt mit Essen an einem Besen fest und hielt ihn im zweiten Geschoß zum Fenster hinaus. Dann ergriff Burt von nebenan mit seinen langen Armen die Pfanne, und das Abendessen war fertig.“

Wie traurig waren die Brüder doch, als Francis an der schlimmen Tropenkrankheit Filariose erkrankte! Obwohl er immer wieder Fieber bekam und seine Beine weiter anschwollen, setzte Francis seinen Missionardienst noch zwei Jahre lang fort. Aber seine Krankheit zwang ihn schließlich, nach Kanada zurückzukehren. Bruder Coleman war für die Versammlung eine große Stütze gewesen. Dank seiner Hilfe hatte sich der Geist der Versammlung sichtlich verbessert, und die Verkündigerzahl stieg auf 83.

Erinnerungen an geschätzte Mitarbeiter

Da die Verkündigerzahl wuchs, schrieb Burt Simmonite nach Brooklyn: „Es wäre großartig, wenn wir noch dieses Jahr die 100er-Grenze überschreiten würden!“ Und so geschah es. Im April 1952 gab es eine 30%ige Mehrung — 109 Verkündiger.

Wir wollen nun zwei geschätzte Mitarbeiter aus jener Zeit kennenlernen: Hendrik Kerk und William Jack. Hendrik, ein großer Mann mit einem gewinnenden Lächeln und freundlichen Augen, war Bandenführer gewesen, den eher die Polizisten als die feinen Leute kannten. „Hendrik war ein roher Diamant“, erinnert sich Burt. Er nahm die Wahrheit an, unterstützte ganzherzig die Versammlung und wurde später der erste einheimische Sonderpionier.

William war ein fröhlicher, fleißiger Arbeiter in den Siebzigern. Er wohnte in einer armseligen Hütte und trug geflickte, aber saubere Kleidung. Stundenlang fuhr er mit seinem Einbaum am Flußufer entlang und gab den dort verstreut wohnenden Menschen Zeugnis. Trotz seines schwachen Herzens unternahm er lange Fahrten, um Interessierte zu besuchen.

Burt erzählt: „Einmal fuhren wir mit dem Kanu frühmorgens etliche Stunden stromaufwärts, um eine interessierte Familie zu besuchen. Schließlich kamen wir an, ruhten uns ein wenig aus und fingen gegen sechs Uhr abends mit dem Studium an. Zuerst studierte Bruder Jack mit der Familie das Buch ,Die Wahrheit wird euch frei machen‘. Dann setzte er das Studium anhand des Wachtturms fort, und danach, während mir vor Müdigkeit immer wieder der Kopf auf die Brust sank, besprach er eine dritte Publikation. Wegen der Entfernung konnte er diese Familie nur jede zweite Woche besuchen, und so nutzte er die Zeit aus. Am darauffolgenden Tag fuhren wir zurück. Es war eine schöne Zeit.“

Die besondere Strategie des Zweigaufsehers

Im Dezember 1951 gab es eine gute Nachricht: Vier weitere Missionare hatten Surinam als Zuteilung erhalten, Shedrick und Wilma Poyner, Muriel Simmonite und Connie McConnell. Aber bald folgte eine schlechte Nachricht: Der Generalstaatsanwalt, von der Kolonialgeistlichkeit der Christenheit beeinflußt, weigerte sich, ihnen die Einreise zu erlauben.

Der Zweigaufseher suchte ihn trotzdem immer wieder auf. Schließlich sagte der Generalstaatsanwalt: „Zwei Missionare dürfen einreisen. Sie können entscheiden, welche Sie wollen.“ Da die Versammlung einen weiteren Bruder benötigte, suchte Bruder Simmonite die Poyners aus. „Bitte stattgegeben“, war die Antwort. Doch der Zweigaufseher gab sich damit nicht zufrieden.

„Ich erwähnte dann, daß Muriel Simmonite meine Schwester sei“, berichtet Burt, „und daß ich hoffte, er werde uns nicht durch eine Einreiseverweigerung trennen.“ Der Generalstaatsanwalt konnte ihm diese Bitte schlecht abschlagen. Wieder hieß es: „Bitte stattgegeben.“ Aber es gab keine Möglichkeit, für Connie McConnell eine Genehmigung zu erhalten. Von den vier Missionaren fehlte immer noch einer. Burt ließ den Mut allerdings nicht sinken. Er änderte nur die Strategie.

Er erklärt: „Durch die Briefe meiner Schwester, die sie mir schickte, als sie mit Schwester McConnell in Quebec (Kanada) diente, wußte ich schon ziemlich viel über diese junge Schwester. Als ich sie dann 1953 auf dem Kongreß in New York traf, verlobten wir uns, und als meine Verlobte bekam sie eine Einreiseerlaubnis. Wir heirateten in Surinam, und schließlich fehlte keiner mehr von den vier Missionaren. Das war mir eine Genugtuung und für uns alle ein Grund, herzlich zu lachen.“

Erster Schritt in die Landgebiete

Bis dahin hatten sich die Brüder auf die Städte Paramaribo und Nickerie konzentriert. 1953 gelangte die Wahrheit indes auch in das Dorf Meerzorg, als Leo Tuart sich dort niederließ.

Leo, der damals 40 Jahre alt war, hatte 1944 das erste Mal von der Wahrheit gehört. Er war von kleiner Statur, lebhaft und trug immer einen braunen Filzhut. Leo arbeitete als Stauer im Hafen von Paramaribo und genoß wegen seiner Ehrlichkeit einen ausgezeichneten Ruf. Obwohl er in seinem Dorf ein geachteter Mann war, konnte er, was das Werk des Jüngermachens betrifft, noch keine Erfolge unter den Dorfbewohnern erzielen, d. h., bis das Zweigbüro einen „Stoßtrupp“ schickte — Hendrik Kerk.

Nach kurzer Zeit trafen Hendrik und Leo drei Männer an, die in ein Bibelstudium einwilligten. Von Jehovas Geist angetrieben und von Hendrik gründlich geschult, machten die drei so weit Fortschritte, daß sie sich taufen ließen. Zusammen mit Leo bildeten sie ein harmonisches Team.

Zusammenarbeit war auch der Schlüssel für das nächste Projekt: der Bau eines Königreichssaals. Keiner hatte Geld, aber die drei neuen Brüder bauten auf Teilen ihrer Felder Reis an und spendeten den Erlös der Ernte für das Bauprojekt.

Doch Bruder Tuart besaß kein Land, auf dem er Reis hätte anbauen können. Um aber etwas zu dem Projekt beizusteuern, lieh er 200 Gulden bei der Bank und zahlte sie nach und nach von seinen geringen Einkünften zurück. Diese vier armen Brüder erreichten ihr Ziel und bauten einen hübschen Königreichssaal.

Dann stellten sie mitten in ihrem Bauprojekt die Arbeit ein, um einem besonderen Kongreß in Paramaribo beizuwohnen. Am Montagabend des 18. Januar 1954 befanden sie sich unter den 159 Anwesenden, die den Vorträgen von Bruder Knorr und Bruder Henschel lauschten.

„Auf dem Kongreß erklärten Bruder Knorr und Bruder Henschel, sie würden gern unseren neuen Saal besichtigen“, erinnert sich Bruder Leo Tuart, der heute 77 Jahre alt ist. „Ich war ein bißchen nervös“, sagt Bruder Tuart und rückt dabei seinen Filzhut zurecht, „doch das brauchte ich gar nicht zu sein. Die beiden Brüder lobten uns für unsere Arbeit. ‚Aber‘, bemerkte Bruder Knorr, ‚haut den schönen Mangobaum vor dem Saal nicht um. Er wird euch kühlen Schatten spenden.‘ Wir befolgten Bruder Knorrs Rat. Der Baum steht immer noch dort und liefert uns kühlen Schatten und Mangos.“

Weiter in die Landgebiete

Um mit der Mehrung Schritt halten zu können, verlegte man das Zweigbüro in ein viergeschossiges Haus in der Zwartenhovenbrugstraat. Ein Schuhgeschäft, Fathma genannt, befand sich im Erdgeschoß. Im ersten Stock waren der Königreichssaal und die Küche untergebracht, der zweite Stock diente als Zweigbüro und Missionarheim, und das Obergeschoß wurde als Literaturlager verwendet.

Von diesem Heim aus unternahm die 28jährige Muriel Simmonite regelmäßig Predigtdienstfahrten zu den etwa 30 km südlich von Paramaribo gelegenen Dörfern Onverwacht und Paranam. „Frühmorgens fuhren wir kostenlos mit dem Arbeiterbus zu einer Bauxitmine“, erzählt Helen Voigt, die Muriel einmal in der Woche begleitete. „Dann predigten wir den Menschen in der Nähe der Mine, aßen mittags unser Brot, predigten weiter und fuhren mit den Arbeitern zurück. Müde, aber zufrieden kamen wir gegen sechs Uhr abends zu Hause an.“

Nach einiger Zeit traf Muriel den ruhigen, hageren Rudie Pater an, der schließlich zur Wahrheit kam. Auch Rudie wollte die Wahrheit weiterverbreiten und hatte auch das Transportmittel dafür — ein großes Harley-Davidson-Motorrad.

Er erzählt: „Muriel fuhr frühmorgens nach Paranam und predigte dort den ganzen Tag. Abends fuhr ich dann mit der Harley nach Paranam und führte zusammen mit Muriel Bibelstudien durch. Kurz vor Mitternacht schwang sich Muriel hinten auf die Harley, und wir brausten heim.“

Eine Hochzeit oder ein Auto?

Die Reaktion in diesen Dörfern war derart vielversprechend, daß Rudie später daran dachte, ein Auto zu kaufen, damit mehrere Verkündiger mitfahren konnten. „Ich besaß ein paar Ersparnisse“, sagt er, „aber ich brauchte das Geld, um die Unkosten für meine bevorstehende Hochzeit zu decken. Ich besprach die Sache mit Mary, meiner Verlobten, die ebenfalls die Bibel studierte, und sie war damit einverstanden, die Hochzeit aufzuschieben. Also kaufte ich einen englischen Hillman, und von da an konnten fünf von uns in den Landgebieten predigen.“ Das Ergebnis? 1954 gab es Studiengruppen in Paranam, Onverwacht und drei weiteren Orten außerhalb der Stadt.

Die Hochzeit fand übrigens statt, und heute sind Bruder und Schwester Pater äußerst geschätzte Verkündiger in Paramaribo.

Jemand anders übernimmt die Aufsicht

Bis Ende 1954 hatten einige Änderungen stattgefunden. Die erfolgreichen Missionare Shedrick und Wilma Poyner hatten das Land verlassen. Max und Althea Garey waren nach Curaçao gezogen, wo sie weitere zehn Jahre als Missionare dienten, bevor sie in die Vereinigten Staaten zurückkehrten. Die ersten einheimischen Sonderpioniere, Hendrik Kerk und Melie Dikmoet, die Tochter des Schuhmachers Julian Dikmoet, waren in neue Gebiete gesandt worden. Und Burt Simmonites Frau Connie erwartete ein Baby, weshalb es erforderlich wurde, einen anderen Missionar zu schicken, der mit der Zeit Bruder Simmonite als Zweigaufseher ersetzen konnte.

So kam es, daß Burt Simmonite im November 1954 die Aufsicht über das Werk Dirk Stegenga übertrug, einem schüchternen niederländischen Missionar, der erst 22 Jahre alt war. Natürlich brauchte Bruder Stegenga eine Weile, bis er sich zurechtfand.

Sich an das Missionarleben gewöhnen

„Zwei Tage nach meiner Ankunft“, erinnert sich Dirk, der heute 57 Jahre alt ist, „gingen Burt und Connie in den Kreisdienst, und Muriel befand sich im Ausland. Da stand ich also, furchtbar nervös und allein in dem großen Haus.“

Als Dirk gerade einschlafen wollte, zerriß ein durchdringendes iiih, iiih die Stille seines Schlafzimmers. Eine pfeifende Dampfeisenbahn bog neben dem Haus in eine Kurve ein. Als der Zug wieder beschleunigte, ging der ganze Straßenlärm in dem schu, schu, schu der Maschine unter. Schmieriger Rauch und feurige Funken erfüllten die Straße, das Haus und sein Zimmer. „Danach“, fährt Dirk fort, „schaute ich mit offenem Mund zu, wie tanzende Funken auf den Nylonhemden, die ich aus New York mitgebracht hatte, landeten und in alle Hemden Löcher hineinbrannten. Ich fühlte mich elend.“

Am nächsten Tag gab es wieder Hitze, Lärm, Rauch, Funken und Löcher in den Hemden. „Nun geschah etwas, was die Sache noch verschlimmerte“, fügt Dirk hinzu. „Ich sah große Ratten durch die Küche huschen. Da konnte ich einfach nicht mehr.“ Glücklicherweise hatte Helen Voigt Mitleid mit dem einsamen Missionar und half ihm, sich wohler zu fühlen, indem sie ihm Mahlzeiten zubereitete. „Helen“, sagt Dirk dankbar, „war wie eine Mutter.“

Doch nachdem die anderen Missionare zurückgekehrt waren, ging es Dirk bald wieder gut, und unter der Anleitung von Burt machte er sich an die Arbeit.

Einige Monate später wandten Dirk und Burt ihre Aufmerksamkeit einem schwierigen Gebiet zu: dem unberührten Regenwald. Sie fragten sich, ob sie dort wohl je Fuß fassen könnten. Um das herauszufinden, packten sie im September 1955 ihre Taschen, bestiegen die Dampfeisenbahn und fuhren in den dichten Wald. Ein aufregendes Kapitel im Königreichspredigtwerk begann.

Erwachet!-Korrespondenten in feindlichem Gebiet

Bisher hatte kein Bewohner des Regenwaldes, weder ein Indianer noch ein Buschneger, die Wahrheit angenommen. 1947 hatten allerdings einige Buschneger zum erstenmal von der Königreichsbotschaft gehört, als Vorträge in Kasernen gehalten wurden, wo Buschneger während ihres Aufenthalts in der Hauptstadt übernachteten.

Im Jahre 1950 besuchten auch zwei Brüder Gansé, ein Dorf mit 1 300 Buschnegern am Fluß Suriname. Aber der Pastor der Brüdergemeine dort verkündete lautstark: „Zwei falsche Propheten verkaufen Bücher!“ Sobald die Zeugen vier Bücher in der Hütte eines älteren Mannes zurückgelassen hatten, jagten Hunderte von aufgehetzten Kirchenmitgliedern die Zeugen zum Fluß zurück. Die Brüder kletterten in ihre Kanus und paddelten fort. Beinahe hätte man sie gelyncht.

Nun, fünf Jahre später, dachten sowohl Burt als auch Dirk an diese Begebenheit, als der Zug in Kabel einfuhr. Es war die Endstation, und sie mußten noch zwei Stunden mit dem Einbaum fahren, bis sie ihr endgültiges Ziel, Gansé, erreichten. Wie würde man sie diesmal behandeln? Um Feindseligkeiten zu verhindern, hatte das Zweigbüro den Dorfhäuptling zuvor schriftlich um Besuchserlaubnis für zwei Erwachet!-Korrespondenten gebeten, die für einen Artikel über Buschneger Informationen sammeln wollten. Der Häuptling hatte geantwortet, daß die Korrespondenten willkommen seien.

Als Burt und Dirk an diesem Tag mit dem Kanu in Gansé ankamen, wurden sie gleich vom Häuptling und seinen Gehilfen begrüßt. „Wir wurden königlich empfangen“, erzählt Dirk. „Sie zeigten uns unsere Unterkunft, eines der besten Häuser im Dorf, und begleiteten uns dann zum Fluß, wo sie uns höflich den Rücken zudrehten, bis wir uns gebadet hatten. Danach waren wir gesellig mit ihnen zusammen, während sich hauptsächlich Burt, der Sranangtongo beherrscht, mit ihnen unterhielt.“

Am darauffolgenden Tag gaben die Brüder bei einem Rundgang durch das Dorf einigen Dorfbewohnern vorsichtig Zeugnis. Ein paar Tage später, am frühen Sonntagmorgen, machten sie sich auf den Weg nach Kabel. Dort übernachteten sie in einem Gasthaus und warteten auf den Zug, der am nächsten Tag fahren sollte. *

Den Missionaren hinterhergepaddelt

Doch einige Stunden nachdem die Missionare Gansé verlassen hatten, kam der 18jährige Buschneger Frederik Wachter dort an. Freunde erzählten ihm, daß in Gansé zwei große, weiße Männer gewesen seien, vermutlich Zeugen Jehovas. Frederik war enttäuscht. Ein Jahr lang hatte er nach den Zeugen gesucht, und nun waren sie dagewesen und wieder fortgegangen. Aber als Frederik erfuhr, daß die Missionare am nächsten Tag mit dem Zug abfahren würden, sagte er: „Ich muß sie einholen, bevor der Zug wegfährt.“ Würde er es schaffen?

Am Montagmorgen, als die Missionare erwachten, bemerkten sie einen kleinen, schüchternen Buschneger, der draußen auf sie wartete. „Haben Sie in meinem Dorf gepredigt?“ fragte Frederik. „Ja“, antworteten die überraschten Missionare. „Warum fragen Sie?“

„Ich habe Ihren Besuch verpaßt, aber ich bin gekommen, um Ihre Lehren noch besser kennenzulernen.“ Die Missionare setzten sich mit Frederik hin, beantworteten seine Fragen über den Sabbat, die Taufe, das Königreich und andere Themen, doch sie wollten wissen, wann dieser intelligente junge Mann zum erstenmal von Jehova gehört hatte. Das kam so:

Vier Jahre nachdem sein Onkel 1950 die vier Bücher von den zwei Brüdern entgegengenommen hatte, die man kurz danach aus Gansé hinausgejagt hatte, fand Frederik die Bücher, las sie und lernte etwas über den Zustand der Toten kennen. Von da an weigerte er sich, bei den abergläubischen Zeremonien seines Stammes mitzumachen. Er trat auch aus der Herrnhuter Brüdergemeine aus und hatte den Wunsch, eines Tages Zeugen Jehovas zu treffen.

An diesem Montagmorgen war sein Wunsch in Erfüllung gegangen. Aber nun fuhr der Zug ein. Bevor die Missionare einstiegen, gaben sie ihm das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“ und luden ihn ein, bei seinem nächsten Besuch in der Hauptstadt auch das Zweigbüro zu besuchen. Frederik versprach zu kommen.

Der erste Buschneger wird ein Bruder!

Im darauffolgenden Monat, Oktober, klopfte ein barfüßiger junger Mann an die Tür des Missionarheims. Dirk Stegenga erinnert sich: „Frederik hatte das Buch ,Gott bleibt wahrhaftig‘ gelesen, wußte jede Einzelheit und verstand die Wahrheit. Zwei Wochen lang kam er täglich ins Missionarheim, um zu studieren. Aber er besuchte nicht die Zusammenkünfte. Wir wunderten uns.“

„Als ich ihn eines Tages wieder einlud“, fährt Dirk fort, „senkte Frederik den Kopf und murmelte: ‚Ich habe keine Schuhe.‘ Er schämte sich, ohne Schuhe zu kommen. Natürlich wollten wir keinen ‚Reis‘christen aus ihm machen, indem wir ihm Schuhe gaben. Ich sagte statt dessen zu ihm: ‚Wir werden einen Film zeigen. Es wird also dunkel sein. Keiner wird sehen, daß Sie keine Schuhe haben.‘ Wie freuten wir uns doch, Frederik an diesem Abend unter den Anwesenden zu sehen!“ Und wie sehr er sich freute, durch den Film „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ zu erfahren, daß Tausende von Afrikanern Jehova fröhlich dienten — ohne Schuhe!

Nach zwei Wochen kehrte Frederik nach Hause zurück, und zwar mit einem weiteren Wunsch: den Kongreß „Triumphierendes Königreich“ im Dezember zu besuchen. Tag für Tag arbeitete er, um Geld für die Kongreßreise zu sparen. Er schaffte es. Am 11. Dezember ließ er sich taufen. Oh, welch eine Freude es doch war, den ersten Buschneger als Bruder willkommen zu heißen! Heute macht Bruder Wachter als Sonderpionier guten Gebrauch von seinem hervorragenden Gedächtnis für Bibelstellen. „Frederiks Erfahrung“, erklärt Dirk zusammenfassend, „machte mir klar, daß wir unbedeutende Werkzeuge in Jehovas Hand sind. Schließlich fand Frederik uns, nicht wir ihn.“

Film der Gesellschaft beeinflußt Entscheidung der Regierung

Der Film, der Bruder Wachter geholfen hatte, war einige Zeit zuvor auf andere Weise verwendet worden. Wie? Nun, nachdem das Zweigbüro erfahren hatte, daß zwei neue Missionare Surinam zugeteilt wurden, beantragte man Einreisegenehmigungen, die der Generalstaatsanwalt, ein streng protestantischer Mann, jedoch verweigerte. Aber als er in Urlaub ging, arrangierte man schnell ein Gespräch mit dem Justiz- und Polizeiminister, einem Muslim. Konnte er überzeugt werden? Dirk berichtet:

„Nachdem er mich angehört hatte, zog der Minister einen Umschlag mit angezeichneten Wachtturm-Ausgaben heraus. Aus einer der Zeitschriften las er vor, daß Jehovas Zeugen nicht die Fünfjahrespläne dieser Welt unterstützen würden. ‚Surinam hat einen Fünfjahresplan‘, sagte er. ‚Wir wünschen keine Religionsorganisation, die gegen unseren Plan ist.‘ “

Der Zweigaufseher machte ihm unsere Ansicht über den Gehorsam gegenüber Regierungen deutlich, und der Minister schien damit zufrieden zu sein. In Wirklichkeit verhinderte nämlich die Geistlichkeit der Christenheit die Erteilung der Genehmigungen. „Da der Minister ein Muslim war“, fährt Dirk fort, „sagte ich ihm, daß die Christenheit uns nicht leiden könne, weil wir nicht an die Dreieinigkeit glaubten. Wie Muslime glauben wir an einen einzigen wahren Gott. Der Minister fand das interessant, wurde noch zugänglicher und versprach, uns zu helfen.“

Wochen vergingen ohne eine Nachricht. Dann machte Dr. Louis Voigt, der später ein Zeuge Jehovas wurde, den Vorschlag: „Der Minister und der stellvertretende Generalstaatsanwalt sind meine Patienten. Ich werde sie und ihre Frauen in mein Haus einladen. Und ihr Missionare kommt ebenfalls und führt den Film der Gesellschaft vor. Vielleicht baut das die Vorurteile ab.“

Die Regierungsbeamten sahen sich tatsächlich den Film der Gesellschaft an und waren beeindruckt. „Zwei Wochen später“, erzählt Dirk, „bekamen wir die Genehmigungen.“ Die Missionare Willem, „Wim“, und Grietje, „Gré“, van Seijl reisten an.

Ein kühler Empfang

Am 7. Dezember 1955 konnte der Generalstaatsanwalt, der inzwischen aus dem Urlaub zurückgekehrt und sehr verärgert war, es kaum erwarten, bis der alte Frachter Cottica anlegte. Als die Passagiere Wim und Gré van Seijl ausstiegen, ließ er sie sogleich zu sich kommen. „Der Generalstaatsanwalt sah uns an, als wären wir Verbrecher“, erinnert sich Wim. „Er erklärte uns: ‚Sie dürfen nur in Paramaribo tätig sein. Wenn Sie nur einen Schritt außerhalb der Stadt evangelisieren, werden Sie des Landes verwiesen!‘ Er händigte uns ein Dokument aus, in dem diese Einschränkungen vermerkt waren. Dann durften wir gehen. Das war vielleicht ein herzlicher Empfang“, witzelt Bruder van Seijl.

Die beiden Missionare erwiesen sich als eine Stütze und Bereicherung für die Versammlung. Vor ihrer Ankunft in Surinam hatten sie bereits ausgezeichnete Arbeit im Dienst geleistet. Während der Besetzung der Niederlande durch die Nationalsozialisten hatten beide die Wahrheit kennengelernt, und 1945 wurden sie getauft. Später sammelten sie Erfahrung im Kreisdienst.

Dank ihrer Hilfe stellte sich Mehrung ein. Im Februar 1956 schrieb das Zweigbüro: „Wir teilen die Versammlung.“ Im April hieß es: „Wir haben es geschafft! Wir hatten eine 47%ige Zunahme.“ Und im Juni-Bericht war zu lesen: „Wir haben jetzt 200 Verkündiger.“ Abschließend schrieb das Zweigbüro: „Es bestehen sehr gute Aussichten.“

Bruder Simmonite zog mit seiner Familie — das Baby Candy war noch hinzugekommen — im folgenden Jahr auf eine Kokosnußplantage in Coronie. Er und seine Frau dienten dort als Sonderpioniere. Doch später im Jahre 1957 zwang ihn sein schlechter Gesundheitszustand, nach Kanada zurückzukehren. Während seines achtjährigen Aufenthalts in Surinam hatte Burt mit Herz und Seele gedient. Mit dem Segen Jehovas war es ihm bei seiner Hirtentätigkeit gelungen, der Versammlung so beizustehen, daß aus dem sozusagen unbeständigen Kind ein verläßlicher, verantwortungsbewußter Jugendlicher wurde. Keine kleine Leistung! Heute fördern die Simmonites die Königreichsinteressen in Guatemala.

Die Glaubenstat einer bedürftigen Schwester

Es war im Jahre 1955. Nach einer Zusammenkunft in dem baufälligen Königreichssaal über dem Schuhgeschäft ging Stella Daulat gedankenversunken nach Hause. Sobald sie ihr kleines, von Mango- und Sternapfelbäumen umgebenes Haus betrat, war die Entscheidung gefallen. „Ich werde mein Grundstück der Versammlung anbieten, damit sie darauf einen besseren Saal bauen kann.“ Sie besprach die Sache mit ihrer Mutter, ebenfalls eine Zeugin, und beide beschlossen, das Grundstück kostenlos abzugeben. Da Stella keine andere Wohnung besaß, bat sie nur darum, ihr eigenes Haus in den hinteren Teil des Grundstücks zu versetzen. „Kein Problem“, sagten die Brüder. „Wir werden es versetzen.“

Das Grundstück war ein Erbe von ihrer Urgroßmutter. Diese hatte es 1863 nach der Befreiung aus der Sklaverei erhalten. Das Haus mit dem Grundstück bot Schwester Daulat aber mehr als nur Obdach. Sie verkaufte auch das Obst der Bäume, was eine kleine Einnahmequelle für sie darstellte. Das Grundstück aufzugeben bedeutete also, den Lebensunterhalt aufzugeben. „Stellas Entscheidung“, sagt ein Bruder bewundernd, „war eine Glaubenstat.“

Dankbar nahmen die Brüder das Geschenk an; sie hatten aber kein Geld zum Bauen. Einige Monate danach blieb ihnen allerdings keine andere Wahl. Sie mußten bauen. Warum? Im Dezember 1955, als über hundert Personen in dem alten Königreichssaal saßen, fing das Gebäude an zu schwanken. Es konnte nicht mehr so viele Menschen tragen. „Wir machten uns Sorgen“, erinnert sich Wim van Seijl. „Man hatte das Gefühl, der Boden unter den Füßen rutsche weg, und wir befürchteten, alle würden zwischen den Schuhen im unteren Stockwerk landen.“ Am Ende der Zusammenkunft wurde bekanntgegeben, daß diejenigen, die in der ersten Reihe saßen, aufstehen und die Treppe hinuntergehen sollten, während die anderen sitzen blieben. Dann gingen die Brüder aus der nächsten Reihe hinaus usw., bis der Saal leer war. „An jenem Tag“, fügt Wim hinzu, „gab es kein Zurück mehr, und wir sagten uns: ‚Geld oder keins, wir bauen einen Saal.‘ “

Ein neuer Saal leitet eine neue Ära ein

Willem Telgt, der sich 1919 hatte taufen lassen, beaufsichtigte das Projekt. „Du brauchst die Möbel nicht hinaustun“, sagte er zu Stella. „Wir versetzen dein Haus, wie es ist.“ Passanten staunten, als die Brüder das zerbrechliche Haus auf Baumstämme hoben und es nach hinten rollten. „Wäre es möglich, daß mein Fenster an der Straßenseite ist?“ fragte Stella. „Dann habe ich eine bessere Aussicht.“ Kein Problem. Ihr Haus wurde um 90 Grad gedreht. Später ging Stella in das Haus hinein, rückte die Bilder an der Wand wieder gerade, stellte ihren Stuhl vor das Fenster und konnte nun der Baumannschaft bei der Arbeit zusehen. Was sah sie?

Zuerst entwurzelten die Brüder die Bäume. Als nächstes legten sie einen Grund und errichteten dicke, stabile Betonmauern. Aber dann hatten sie kein Geld mehr. Die Gesellschaft half jedoch mit einem Darlehen aus, und der Bau ging weiter. Sechs Monate später war ein Saal mit 200 Sitzplätzen fertiggestellt. Er hatte 13 000 Gulden (7 000 $) gekostet. Die Bestimmungsübergabe war für den 13. Januar 1957 geplant.

Während des Baus meinten viele Verkündiger: „Dieser Saal wird bis Harmagedon ausreichen.“ Aber nach der Bestimmungsübergabe waren sie sich nicht mehr so sicher, denn 899 Personen waren zugegen. Die Zuhörer im Saal, auf den Fensterbänken und draußen erfreuten sich an dem Programm, das aus Ansprachen und Diavorführungen bestand, sowie schönen Darbietungen eines Chors aus Brüdern und Schwestern. Als die Brüder an jenem Abend frohgestimmt nach Hause gingen, hatten sie das Empfinden, daß in Paramaribo eine neue Ära der Ausdehnung begonnen hatte.

Ein Schlangenbeschwörer als Nachbar

Nach einiger Zeit mußte das Missionarheim in bessere Räumlichkeiten verlegt werden, denn es beherbergte nicht nur Ratten, sondern auch Schlangen. Wie kam das? Ein Medizinmann, der mit Hilfe von tapijtslangen (Boa constrictors) Dämonenanbetung trieb, wohnte mit seinen Schlangen im Hinterhof des Missionarheims. Manchmal entkamen die 2 m langen Boas aus ihren Körben und krochen in den Fahrradschuppen des Missionarheims. „Wenn Gré und Muriel ihre Räder holen wollten“, erzählt Wim van Seijl, „sahen sie plötzlich die von der Decke hängenden Boas.“ Gré fügt hinzu: „Die Schlangen krochen sogar die Treppen zur Küche hinauf.“

Kein Wunder, daß die Missionare nicht traurig waren, als das Zweigbüro und das Missionarheim in Paramaribo in die Weidestraat verlegt wurden.

„Auf Wiedersehen!“ und „Gute Reise!“

Nachdem Muriel Simmonite Surinam 1958 verlassen hatte, zählte die Missionarfamilie nur noch vier Glieder. Diese fleißige Schwester hatte vielen Menschen geholfen, die Wahrheit anzunehmen. Sie heiratete den Missionar Walter Klinck, der damals als Zweigaufseher in Liberia diente. In diesem Land wurde sie wegen der Wahrheit oft mißhandelt. Krankheit zwangen sie und ihren Mann, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Heute begleitet Muriel ihren Mann dort im Kreisdienst.

Im Jahre 1958 wünschten die Brüder auch dem 25jährigen Max Rijts, dem ersten einheimischen Pionier, der die Gileadschule besuchen würde, eine gute Reise. Max, ein zuvorkommender Bruder, der als Lehrer in Coronie tätig war und dort die Wahrheit durch Burt kennengelernt hatte, besuchte die 32. Klasse der Gileadschule und kehrte nach Surinam zurück. Welch eine Menge Arbeit in diesem Land auf ihn wartete!

Bewohner des Regenwalds bitten um Hilfe

Kurz nach dem Besuch der Gileadschule erhielt Max eine schwierige Zuteilung: Er sollte nach Interessierten suchen, die entlang den Flüssen im Regenwald lebten. Einige Wochen nach Max’ erster Reise bekam das Zweigbüro einen Brief aus einem Buschnegerdorf. „Vielen Dank, daß Sie Bruder Rijts geschickt haben. Er hat mir das Evangelium erklärt, worüber ich mich freue“, schrieb ein Stammesangehöriger. „Ich versuche, die gute Botschaft von Haus zu Haus zu predigen. Ich möchte noch mehr darüber erfahren und viele andere ebenfalls.“ Die Nachricht war laut und deutlich: „Wir sind bereit, aber wir brauchen Hilfe.“

Der Kreis half den Brüdern und kaufte ein kleines Boot mit einem 10-PS-Außenbordmotor. Die dreiköpfige Besatzung fuhr auf dem Suriname flußaufwärts. Die Brüder hatten einen zweifachen Auftrag: in allen Dörfern predigen und einen Ort ausfindig machen, wo sich Sonderpioniere niederlassen konnten.

Nachdem die Brüder rund 100 km ins Landesinnere vorgedrungen waren, überraschte es sie, ein Dorf zu sehen, das nicht auf der Landkarte eingezeichnet war. Wie sie erfuhren, hatten sich 800 Buschneger aus jedem Teil des Regenwalds dort vorübergehend angesiedelt, um am Bau eines Wasserkraftwerks und eines Staudamms mitzuarbeiten. Den Brüdern wurde klar, daß sie eine weitreichende Entdeckung gemacht hatten. Dieses Dorf, Suralcokondre genannt, bot die einmalige Gelegenheit, Gliedern vieler verschiedener Stämme zu predigen — den Saramacca, den Aucanern, den Matuari, den Alukus, den Paramacca und den Kwintis —, allen an e i n e m Ort. Sicherlich war dies der geeignete Ort für Sonderpioniere.

Zwei Monate später kam das Boot wieder. Die Literaturladung, die Reissäcke, das Kochgeschirr und die Hängematten ließen darauf schließen, daß die Besatzung, Max Rijts und Frederik Wachter, vorhatte zu bleiben. Und da kein gegnerischer Dorfältester oder -geistlicher in Sicht war, studierten bald 20 Buschneger aus verschiedenen Stämmen die Bibel mit den Gado Wortu sma (Leuten des Wortes Gottes), wie die Dorfbewohner die Brüder nannten. Später organisierte man Zusammenkünfte, und im darauffolgenden Jahr wurde in Suralcokondre die erste Versammlung im tropischen Regenwald gegründet.

Als dann Ende 1963 der Damm fertiggestellt war, kehrten die Buschneger von Suralcokondre in ihre Heimatorte zurück. Doch 21 von ihnen nahmen etwas Kostbares mit: eine genaue Erkenntnis über Jehova Gott. Auf diese Weise gelangte die Wahrheit in mehrere Dörfer im ganzen Regenwald. „Die Entdeckung von Suralcokondre“, stellt Bruder Rijts fest, „war der Leitung Jehovas zuzuschreiben.“

„Jehova bringt sie herein“

Jehovas Leitung war auch bei dem zu erkennen, was an einem anderen Fluß geschah, dem Saramacca. Eines Morgens Ende 1960 fuhr ein gottesfürchtiger Buschneger namens Seedo mit dem Kanu zur Kirche. Jahre zuvor hatte er sich vom Animismus abgewandt und sich als Angehöriger der Brüdergemeine taufen lassen, worauf er in die Nähe seiner Kirche gezogen war, um Gott besser dienen zu können.

Als er sich an jenem Morgen der Kirche näherte, hörte er Lärm. Dann sah er vor der Kirche Tische voller Waren. Er befand sich mitten in einem Kirchenbasar. Er dachte an den Bibelbericht, in dem beschrieben wird, wie Jesus die Verkäufer aus dem Tempel hinaustrieb, und fragte sich: „Wie können sie nur hier einen Markt abhalten?“ Angewidert drehte er sich um, paddelte nach Hause und sagte zu seiner Frau: „Ich werde nie mehr in die Kirche gehen.“

Doch sein Wunsch, Gott zu dienen, blieb. So kam es, daß sein Interesse sofort geweckt wurde, als ein Bekannter ihm von den Zeugen erzählte. „Vielleicht sind sie wahre Christen“, überlegte er und beschloß, es herauszufinden. Im Januar 1961 reiste Seedo zusammen mit seinem Freund Baya Misdyan in die Hauptstadt und ging in das Fußballstadion, wo gerade ein Kongreß stattfand. Viele drehten sich um.

„ ‚Buschneger!‘ entfuhr es uns, als wir sie erblickten“, erinnert sich Natalie Hoyt Stegenga, die früher Missionarin in Uruguay war und heute Dirks Frau ist. „Es war eine Sensation.“ Damals war Frederik Wachter der einzige Buschnegerbruder, und nun tauchten wie aus heiterem Himmel zwei weitere Buschneger auf. Schwester Stegenga fügt hinzu: „Wir Missionare sagten zueinander: ‚Jehova bringt sie herein. Sie kommen!‘ “ Und tatsächlich, Seedo und Baya wurden hereingebracht. Sobald sie Jehovas Erfordernisse kennengelernt hatten, legalisierten sie ihre Ehe, ließen sich taufen und wurden eifrige Verkündiger am Saramacca.

Inzwischen waren auch andere Pioniere auf Interesse gestoßen, und zwar am Maroni, dem östlichsten Fluß des Landes. Zu Beginn der 60er Jahre hatten Jehovas Zeugen an drei Flüssen Fuß gefaßt. Die Grundlage war gelegt, um weiter in den Regenwald vorzudringen.

Die erste Veröffentlichung in Sranangtongo

Viele Buschneger, die während jener Jahre die Wahrheit annahmen, erinnern sich noch an Philie Slagtand. Philie war politisch stark engagiert gewesen, wurde aber eine Zeugin, und obwohl sie an Filariose litt und deshalb ein sehr geschwollenes Bein hatte, übersetzte sie geduldig die Broschüre „Diese Gute Botschaft vom Königreich“ ins Sranangtongo — die erste Veröffentlichung der Gesellschaft in der Umgangssprache. Später übersetzte Schwester Slagtand weitere Publikationen ins Sranangtongo. Schließlich mußte sie sich wegen ihrer Krankheit ein Bein amputieren lassen und in die Niederlande zurückkehren. „Immer wenn ich in die Niederlande reise“, sagte ein Ältester, „geben mir Buschnegerbrüder Briefe an sie mit. Sie haben die liebevolle, harte Arbeit ihres ersten Übersetzers nicht vergessen.“

Tausende in den Landgebieten erreichen

Anfang der 60er Jahre erhielten die Brüder weitere Hilfsmittel für das Königreichswerk. Beim Kongreß 1961 gab Milton G. Henschel das Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies in Niederländisch frei. Acht Monate später waren alle 3 800 Exemplare verbreitet.

Während dieser Kongreßwoche strahlte der Rundfunksender Apinti ein Interview mit Bruder Henschel im ganzen Land aus. Nach dem Interview bat Bruder Henschel um die Erlaubnis, regelmäßig Sendungen zu übertragen. Der Eigentümer der Station war einverstanden, und seitdem wird nun schon fast drei Jahrzehnte lang wöchentlich das 15minütige Programm „Worüber Menschen nachdenken“ gesendet, bei dem biblische Wahrheiten verbreitet werden.

Außer vom Rundfunk machte man auch von den Filmen der Gesellschaft häufig Gebrauch, um die gute Botschaft zu verbreiten, obwohl die Vorführung immer ein schwieriges Unterfangen war. „Irgendwie schaffte ich es, den Bell-&-Howell-Projektor, Kartons mit Filmspulen und einen Generator auf mein Motorrad zu packen und in die Landgebiete zu fahren“, erzählt ein Pionier. „Die Filme zogen Hunderte von Dorfbewohnern und Tausende von Moskitos an.“ 1961 hatten mit Hilfe dieser Filme 30 000 Personen von der Königreichsbotschaft erfahren. Die Ackerkrume der Landgebiete war sozusagen aufgebrochen worden, und man hatte Samen ausgesät. Nun war es an der Zeit, Arbeiter auszusenden, die den Samen der Wahrheit bewässerten. Aber wen?

Willige junge Bahnbrecher

Dirk Stegenga und Wim van Seijl erkannten, daß für die Bearbeitung der Landgebiete Pioniere benötigt wurden, weshalb sie ein Dutzend junge Brüder und Schwestern zusammenriefen. Der damals 20jährige Jusuf Sleman erinnert sich: „Einmal in der Woche besprachen Dirk und Wim biblische Lehren, Einwände von Wohnungsinhabern und Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben würden. Nach dieser Schulung wußten wir, was man von uns erwartete. Wir sollten hinausgehen und uns als Bahnbrecher betätigen.“ Und sie gingen hinaus in ihre neuen Zuteilungen — zu Fuß, mit dem Bus, mit dem Fahrrad und mit dem Einbaum.

Paul Naarendorp, ein fähiger Bruder, der damals Anfang Zwanzig war, weiß noch, wie er mit dem Motorrad fuhr. „Zwischen meine Beine hatte ich ein Feldbett eingeklemmt. Mein Koffer, die Literaturtasche und andere Habseligkeiten befanden sich auf dem Gepäckträger. Aber als ich 1963 heiratete, verdoppelte sich meine Fracht — nun waren es zwei Feldbetten, ein größerer Koffer, zwei Predigtdiensttaschen und natürlich meine Frau.“ Doch er fügt hinzu: „Es war eine schöne Zeit.“

Die damals 23jährige Hille de Vries wurde zusammen mit ihrer 19jährigen Schwester Loes in ein Dorf im nordwestlichen Surinam gesandt. „Von unseren 45 Gulden (25 $) Zuwendung mieteten wir ein Haus für 15 Gulden“, berichtet Hille. „Es gab kein fließendes Wasser, keine Elektrizität. Wir benutzten Kanalwasser zum Waschen und Regenwasser zum Trinken.“

Loes erinnert sich: „Wir besaßen kein Geld, um genügend Kerosin zu kaufen, weshalb wir die Lampe nur während der Zusammenkünfte anzündeten. An den übrigen Abenden saßen wir im Dunkeln. Doch weil wir Nahrungsmittel gegen Literatur eintauschten, kamen wir mit den Einkünften aus. Trotz der Härten waren wir glücklich.“

„Gibt es hier Schlangen?“

Der Besuch von Verkündigern, die abgelegen wohnten, gehörte zu den bewegendsten Erfahrungen dieser jungen Pioniere. Begleiten wir Paul Naarendorp auf seiner Reise mit Richenel Linger, einem armen Fischer, der damals in den Sechzigern war und in einer Hütte nahe der Atlantikküste wohnte.

Bruder Linger war zwar normalerweise allein, unternahm aber jede Woche eine Predigtdienstreise. Diesmal begleitete ihn Paul. Um drei Uhr morgens ging es los. Sie fuhren mit dem Einbaum drei Stunden flußaufwärts zu einem Indianerdorf und predigten den ganzen Tag. Gegen sieben Uhr abends waren sie wieder zu Hause. Zwei Stunden später aßen sie an diesem Tag ihre erste warme Mahlzeit. Wie gut sie ihnen doch schmeckte!

Aber Paul, der Stadtjunge, machte sich Sorgen. „Gibt es hier Schlangen?“ wollte er wissen. „Ja, ein paar“, erwiderte Bruder Linger ruhig, „hauptsächlich sakasnekis [Tropische Klapperschlangen].“ Paul schnappte nach Luft und sagte: „Der Biß dieser Schlange ist tödlich.“ „Letzte Woche war eine hier“, fuhr Bruder Linger fort und zeigte dabei auf das Strohdach über Pauls Kopf. „Ich aß gerade, als ich sie sah, und sagte zu ihr: ‚Wenn du nicht gleich verschwindest, erteile ich dir eine Lektion.‘ Nachdem ich mit Essen fertig war und das Geschirr abgewaschen hatte, tötete ich sie mit einer Machete. Sie war so lang“, fügte er hinzu, wobei er mit seinen Händen 1,2 m andeutete. Erneut schnappte Paul nach Luft.

Bruder Linger wollte seinem Besucher allerdings keine Angst einjagen. Für ihn war das eine ganz normale Sache. „In jener Nacht“, erzählt Paul, „rollte ich mich zusammen, zog mir die Decke über den Kopf und betete lange zu Jehova, bevor ich einschlief.“

Ja, viele dieser jungen Pioniere der 60er Jahre wurden durch ihre Erfahrungen reifer und sind heute noch Säulen in den Versammlungen.

Ein eifriger Interessierter zieht ein

Ein weiterer Pionier jener Zeit, der 19jährige Cecyl Pinas, bearbeitete unermüdlich Wageningen, eine Siedlung ungefähr 190 km westlich der Hauptstadt. Dort traf er Adolf „Jef“ Gefferie, einen 21jährigen Mechaniker, der die Wahrheit hörte und sie förmlich in sich aufsaugte.

Bibelstudien mit Jef dauerten drei oder vier Stunden. Nach einem Studium sagten Cecyl und sein Partner: „Jef, wir sind müde. Wir gehen heim.“ Jef erklärte: „Ich werde euch bis zur Hälfte des Weges begleiten.“ Die Pioniere hielten auf halber Strecke inne, aber Jef fuhr fort, biblische Fragen zu stellen. Die Pioniere gingen weiter, und Jef blieb ihnen auf den Fersen. Zu Hause sagten sie: „Gute Nacht, Jef.“ Aber Jef stellte weitere Fragen. „Hör mal zu, Jef“, erklärte Cecyl, „du kannst noch mehr Fragen stellen, aber ich gehe ins Bett. Wenn ich also nicht mehr antworte, bin ich eingeschlafen.“ „Das ist eine gute Idee“, dachte Jef. Er legte sich auf den Boden, und das Gespräch dauerte so lange, bis Cecyl still war.

Am nächsten Tag brachte Jef seine Habseligkeiten in die Wohnung der Pioniere. „Ehe wir es uns versahen“, erzählt Cecyl lachend, „war er bei uns eingezogen. Wir studierten in jeder freien Minute. Nach drei Monaten ließ sich Jef taufen, und zwei Jahre später wurde er Sonderpionier.“

Vom Schürfkübelbagger zum neuen Königreichssaal

Der begeisterte Jef war einer der drei Mechaniker in Wageningen. Er deutete auf einen ausgedienten Schürfkübelbagger und schlug vor: „Kommt, wir kaufen ihn, reparieren ihn, verkaufen ihn und verwenden den Erlös für einen Königreichssaal.“ Der Besitzer sagte: „Das Ding kann man nicht reparieren. Es ist total verrostet. Nehmt es.“

Nachdem sie das mannshohe Unkraut darum herum entfernt hatten, stellten sie fest, daß das Wrack in mehrere Teile zerfallen war. Also kauften die Brüder die fehlenden Teile und reparierten den Bagger Stück für Stück. Nach zwei Jahren kam der Tag, an dem sie den Motor ausprobieren wollten. „Wir waren gespannt“, erzählt Jef. „Ein Bruder startete den Motor, und er lief! Wir jubelten. Dann bewegte sich der Bagger. Wieder Jubel. Welch ein wunderbarer Augenblick dies doch war!“

Sie verkauften den Schürfkübelbagger für 15 000 Gulden (8 300 $). Mit dem Geld und einem Darlehen errichtete man einen Königreichssaal und ein Haus für Pioniere. Auf diese Weise wurde in den Landgebieten eine weitere Grundlage für die Verbreitung der wahren Anbetung gelegt.

Im Laufe der Jahre haben mehrere Pioniere und Missionare auf dieser Grundlage aufgebaut. Heute wird die Arbeit der Gileadabsolventen Riaan und Martha du Raan aus Namibia in Wageningen sehr geschätzt.

Im Jahre 1963 leitete der betagte Bruder Telgt erneut ein Bauprojekt: die Errichtung eines Zweigbüros und eines Missionarheims in der Hauptstadt. Um die Brüder mit der neuen Stätte vertraut zu machen, hielt man auf der Baustelle einen Kongreß ab. Durch die Hunderte von Menschen wurde der Boden plattgetreten und so für die Bebauung vorbereitet. Später führten hundert Freiwillige, darunter viele pensionierte Handwerker, die Bauarbeiten durch. Nach eineinhalb Jahren waren sie fertig. Es ist ein zweigeschossiges Gebäude mit Büros, einem Königreichssaal und Zimmern für die Missionare. Seit August 1964 dient dieses neue Gebäude in der Wicherstraat als Zweigbüro.

Das Paradies-Buch ebnet den Weg

Sobald das Zweigbüro fertiggestellt war, konzentrierten sich die Brüder auf das Predigen an drei Flüssen, dem Saramacca, dem Suriname und dem Tapanahoni. Nel Pinas, Cecyls Bruder, und Baya Misdyan unternahmen auf dem abgelegenen Tapanahoni eine Reise zu den Aucaner-Buschnegern — ein Gebiet, das bisher noch kein Zeuge besucht hatte. Dennoch war die Königreichsbotschaft auch dort schon gehört worden. Das Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies hatte den Weg geebnet. Wie kam das?

Im Jahre 1959 hatte Nel Pinas die Bilder des Buches mit Edwina Apason besprochen, einer Aucanerin, die Analphabetin war und die er in Albina, einem Dorf im Nordosten Surinams, angetroffen hatte. Edwina gefiel, was sie lernte, aber nach sieben Monaten kehrte sie zum Tapanahoni zurück. Die Verbindung brach ab.

Doch acht Jahre später, eine Woche bevor Nel zum Tapanahoni reiste, traf er Edwina in der Hauptstadt. Sie erzählte ihm, daß sie die ganze Zeit ihren Stammesangehörigen gepredigt und dabei die Bilder aus dem Paradies-Buch verwendet hatte. Als sie erfuhr, daß Nel vorhatte, zum Tapanahoni zu kommen, bat sie ihn, zwei Interessierte aufzusuchen — Yabu, einen jungen Mann, und Tyoni, eine junge Frau.

Ein herzerfrischender Widerhall

Zwei Tage nachdem die Brüder den Tapanahoni erreicht hatten, fanden sie Yabus Dorf, Yawsa, aber er war fortgegangen. Doch am nächsten Abend kam Yabu zu den Brüdern. Er sagte ihnen, er habe mit dem Dämonismus gebrochen und wolle Gott dienen. Er nahm fünf Tage von seiner Arbeit frei und studierte mit den Brüdern acht Stunden am Tag. Danach wünschte er, dem wahren Gott, Jehova, zu dienen.

Nun suchten die Brüder nach Tyoni, einer 20jährigen Buschnegerin, die bereits in ihrem Dorf, Granbori, mit Hilfe der Bilder im Paradies-Buch Zeugnis gegeben hatte. Aber ihr Bruder, ein Medizinmann, hatte ihr das Buch weggenommen. Tyoni weinte und betete: „Jehova, bitte gib mir ein anderes Paradies-Buch.“ Kein Wunder, daß die beiden Brüder alles daransetzten, sie zu finden!

Eines Tages erfuhr Tyoni, daß Zeugen im Nachbardorf angekommen waren. Schnell paddelte sie zu dem Dorf, aber die Brüder waren schon weg. Welch eine Enttäuschung! Später kamen die Brüder allerdings zurück und studierten drei Tage lang mit ihr. Sie erzählte, daß ihr die Verwandten, wenn sie nichts zu essen hatte, unausgeblutetes Wild anboten. Sie lehnte immer ab. Ihr Vater drohte ihr, sie zu schlagen, wenn sie ihre Glaubensansichten nicht aufgeben würde. Doch sie sagte: „Selbst wenn sie drohen, mich zu töten, werde ich nicht aufgeben.“ Und das sagte eine Analphabetin, die die Wahrheit lediglich durch Bilder kennengelernt hatte! Von ihrem Glauben beeindruckt, gaben die Brüder ihr das letzte Paradies-Buch, das sie bei sich hatten. Sie drückte das Buch an sich und dankte Jehova überglücklich für die Antwort auf ihr Gebet.

Nach zwei Monaten kehrten die Brüder nach Paramaribo zurück, und später zogen Nel und seine Frau Gerda als Sonderpioniere an den Tapanahoni, um diesen Stützpunkt im Regenwald auszubauen.

Weitere Hilfe aus Gilead

Kurz danach, im Jahre 1968, trafen Roger und Gloria Verbrugge aus Kanada und Rolf und Margret Wiekhorst aus Deutschland ein, so daß die Missionarfamilie auf das Doppelte, nämlich von vier auf acht, anwuchs. Durch ihre Herzlichkeit, verbunden mit ihrem aufrichtigen Interesse am Wohlergehen anderer, gewannen die Missionare schnell die Zuneigung der einheimischen Brüder.

Einige Zeit zuvor war ein anderer Gileadabsolvent, Albert Suhr, ebenfalls in Paramaribo eingetroffen. Nachdem Albert 1953 die 20. Klasse der Gileadschule besucht hatte, diente er 13 Jahre als Missionar in Curaçao, bis ihn Epilepsie zwang, zu seinen Verwandten nach Surinam zu ziehen. Ungeachtet seiner Krankheit nahm er den Pionierdienst auf, bis es seine schwindende Gesundheit erforderlich machte, daß er in ein Altenheim zog. Aber Albert war nicht gewillt, das Predigen aufzugeben. Wir wollen ihn besuchen.

Morgens legt er im Freizeitraum einige Ausgaben der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! aus. Dann schreibt er für seinen 80jährigen sehbehinderten Nachbarn den Tagestext in Großbuchstaben auf. Als nächstes teilt er Zeitschriften an Mitbewohner und an das Pflegepersonal aus. Am Ende des Tages setzt sich Albert hin, um sein persönliches Studium durchzuführen. „Meine schlechte Gesundheit hindert mich daran, mehr zu tun“, sagt Albert, der jetzt 68 Jahre alt ist, „aber es ist immer noch mein Herzenswunsch, Jehova zu dienen.“ Bescheiden wie er ist, erwähnt er allerdings nicht, daß er in einem der letzten Monate 126 Stunden Predigtdienst verrichtete. „Unauffällige, hart arbeitende Brüder wie Albert“, erklärt ein Missionar, „machen einem klar, was echter Glaube ist.“

Der „Wasserkongreß“

Einige Jahre lang hatte die Verkündigerzahl um 500 geschwankt. Aber dann wuchs sie auf über 550 an. Wie kam das? In einem Bericht des Zweigbüros ist zu lesen: „Der internationale Kongreß ‚Friede auf Erden‘ wirkte sich förderlich auf das Werk aus.“

Dieser Kongreß 1970 wurde der „Wasserkongreß“ genannt. In der Nacht vom 16. Januar fiel so viel Regen wie seit 1902 nicht mehr. Paramaribo und das Stadion, wo der Kongreß stattfand, standen unter Wasser. „An jenem Morgen stellten einige Verkündiger nach dem Aufstehen fest, daß ihr Haus knietief im Wasser stand“, erinnert sich Gré van Seijl. „Doch sie gingen schnurstracks zum Kongreß.“ Einer der Organisatoren des Kongresses bemerkte: „Wir staunten, als wir sahen, wie 1 200 Personen durch das schlammige Wasser im Stadion wateten. Nie zuvor hatten wir solch eine Menschenmenge gesehen.“

Oh, diese Busse!

Zu Überschwemmungen kam es nur gelegentlich, dafür gab es vor und nach den Kongressen regelmäßig Pannen mit den Bussen. An einem Sonntag Ende der 60er Jahre warteten 48 Personen auf einen Bus mit 30 Sitzplätzen, der sie nach Paramaribo zurückbringen sollte, aber der Bus kam nicht. „Wir suchten den Fahrer“, berichtet Rolf Wiekhorst, „und fanden ihn. Hunderte von Busmotorenteilen lagen um ihn herum. ‚Ärger mit dem Getriebe‘, sagte der Fahrer, ‚aber ich werde es reparieren.‘ “

Vier Stunden später ging die Reise los. Bald roch es im Bus wie verschmort. „Nur der vierte Gang funktioniert“, erklärte der Fahrer. Nach Mitternacht rollte der Bus einen Hügel hinunter zu einer kleinen Fähre, aber wie sollte man nachher den Bus im vierten Gang wieder den Hügel hinaufbekommen? „Welch ein Anblick“, berichtet Rolf, „jung und alt, sogar Mütter, die Kleinkinder trugen, schoben den Bus nach dem Takt eines Königreichslieds und dem Geräusch des aufheulenden Motors. Langsam bewegte sich der Bus aufwärts. Wir schafften es. Um drei Uhr morgens waren wir zu Hause.“

Einmal mietete auch die Versammlung Nickerie einen Bus für die Fahrt zum Kongreß. Um sieben Uhr morgens fuhr die Gruppe los, doch gegen zehn Uhr blieb der Bus auf einer einsamen, unbefestigten Straße stehen. „Ich bin gleich wieder da“, versprach der Fahrer und ging fort. „Wir sahen ihn nie wieder“, sagt Max Rijts, einer der Fahrgäste. Als die Nahrungsmittel und das Wasser ausgingen, machten sich zwei Brüder auf den Weg und gingen an einem Kanal entlang, um Hilfe zu holen. Fünfzehn Stunden später kehrten sie mit einem Boot zurück, und die Reise ging weiter. Gegen Mittag kamen die Brüder auf dem Kongreßgelände an. Sie hatten in 30 Stunden 240 km zurückgelegt. „Ach ja“, fügt Max lachend hinzu, „auf dem Bus stand der Name ‚Willkommen!‘ “

Entschlossen zu bleiben

Da Natalie Stegenga ein Baby erwartete, verließen die Stegengas das Missionarheim im September 1970. Dirk Stegenga hatte 16 Jahre als Zweigaufseher gedient und gute Arbeit geleistet. Nun wurde die Aufsicht über das Werk im Land dem Missionar Wim van Seijl übertragen.

„Wir waren zwar entschlossen zu bleiben“, erklärt Dirk, „aber es war hart.“ Natalie fügt hinzu: „Wir fanden eine Wohnung, hatten aber kein Geld, die Miete zu bezahlen. Wir besaßen noch nicht einmal einen Waschlappen.“ Doch später halfen ihnen Brüder, und Dirk fand eine Arbeit, die es ihm ermöglichte, für seine Frau und seine Tochter Cheryl zu sorgen. Heute sind die Stegengas immer noch in Surinam, und alle drei stehen im Vollzeitdienst.

Abwanderung führt zur Gründung einer Versammlung und einer Schule

Anfang der 70er Jahre wanderten Tausende von Buschnegern auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt ab. „Einige von ihnen“, erinnert sich Margret Wiekhorst, „zeigten ihr Verlangen nach der Wahrheit dadurch, daß sie die in niederländisch abgehaltenen Zusammenkünfte unserer Versammlung besuchten, obwohl sie die Sprache nicht verstanden.“ Um ihnen zu helfen, trug Frederik Wachter Kongreßzusammenfassungen in ihrer Stammessprache vor. Später organisierte man weitere Zusammenkünfte, und im Juni 1971 wurde in der Hauptstadt die erste aus Buschnegern bestehende Versammlung gegründet.

Zwei Buschnegerschwestern, die erst kürzlich lesen und schreiben gelernt hatten, wurden in dieser neuen Versammlung zu Sonderpionieren ernannt, und sie halfen mehreren Familien, auf Jehovas Seite Stellung zu beziehen. Diese neuen Jünger wollten ebenfalls lesen lernen. Folglich richtete die Versammlung eine Leseschule ein.

Von 1975 an benutzte man die Broschüre Lerne lesen und schreiben in Sranangtongo, um mehrere Klassen zweimal in der Woche zu unterrichten. „Die Teilnehmer besuchen den Unterricht regelmäßig“, erklärt Elvira Pinas, einer der acht Lehrer, „weil sie den sehnlichen Wunsch haben, die Bibel selbst zu lesen. Sie bekunden außerdem Ausharren. Eine ältere Schwester wohnte dem Unterricht sieben Jahre lang bei, und nun kann sie lesen.“ Heute sind 20 % der Bevölkerung Analphabeten, aber dank unserer Schule ist dieser Prozentsatz unter getauften Zeugen auf nur 5 % gesunken.

Gegensätzliche Glaubensansichten

Die Leseschule hatte noch einen anderen Vorteil. 1974 schrieb Edwina Apason (die als Analphabetin die Wahrheit mit Hilfe der Bilder im Paradies-Buch kennengelernt hatte): „Zu meiner Freude bin ich zur Sonderpionierin am Tapanahoni ernannt worden. Als ich von dort fortging, konnte ich nicht lesen, aber jetzt kann ich es. Ich bin nun besser ausgerüstet, meinem Stamm zu helfen.“

Doch Edwinas Rückkehr in ihre Heimat erforderte Mut. Warum? Ihre Stammesangehörigen leben, essen, arbeiten und schlafen in Furcht vor toten Vorfahren, und sie betrachten Amulette als Schutz vor bösen Geistern. Außerdem verehren sie die Natur und glauben, Flüsse, Bäume und Steine seien von lebenden Geistern bewohnt. „Jegliche Änderung dieser Lebensweise“, sagt Edwina, „erregt Aufsehen.“

Biblische Lehren und die Glaubensansichten ihres Stammes prallten zum ersten Mal aufeinander, als Edwina ihre monatliche Periode erwartete. Die Dorfbewohner glauben nämlich, ihre Amulette verlören ihre Kraft, wenn sie sich in der Nähe einer menstruierenden Frau aufhalten, und ein böser Geist könne dann die gesamte Familie mit einer tödlichen Krankheit schlagen. Um dies zu verhindern, müssen alle Frauen, die ihre Monatsblutung haben, in eine Hütte außerhalb des Dorfes ziehen. Da dieser Glaube auf der Furcht vor Dämonen beruht, weigerte sich Edwina, das Dorf zu verlassen, und wie sie sich schon vorher gedacht hatte, bekam sie Schwierigkeiten.

Man drohte ihr und schlug sie, aber sie gab nicht nach. Später ahmten einige Frauen, mit denen sie die Bibel studierte, ihre mutige Haltung nach und wurden verstoßen und aus ihrer Hütte hinausgeworfen. Edwina nahm sie auf, und gemeinsam ertrug diese Gruppe furchtloser Frauen die Rache des Stammes, gab aber das Predigen nicht auf. Im Laufe der Zeit kam von unerwarteter Seite Hilfe. Von wem?

Ein Verfluchter erlangt Gottes Gunst

Schon früher hatte Schwester Apason dem Medizinmann Paitu gepredigt, der in den Siebzigern war. Sein Spitzname lautete Amaka (Hängematte), weil der Fluch eines rivalisierenden Medizinmanns seine Gesundheit angegriffen hatte, so daß Paitu in einer Hängematte liegen mußte. Er verstand die biblische Botschaft recht schnell, und eines Tages erhob er sich zur Überraschung der Dorfbewohner aus seiner Hängematte und sammelte seine Götzen, Amulette und Zaubertränke zusammen. Dann stieg Paitu in sein Kanu und warf die Sachen in den Fluß. Danach besserte sich sein Gesundheitszustand, und er ergriff Partei für die Predigerinnen.

Zunächst baute Paitu Hütten für die Frauen, die ihre wegen der Verfolgung verloren hatten. Danach machte er ein Landstück urbar, so daß sie für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten. Nun machten die Frauen schnell Fortschritte und ließen sich taufen. Angetan von der Hilfe, die sie erhalten hatten, rief eine von ihnen, Schwester Dyari, aus: „Wie kann ich Jehova nur danken? Nur dadurch, daß ich Pionier werde!“ Und das ist sie bis auf den heutigen Tag. 1975 ließ sich Paitu taufen, und im selben Jahr wurde in Edwinas Dorf, Godo Olo, eine Versammlung mit 20 Verkündigern gegründet. Welch eine Belohnung für diese Verteidigerinnen der wahren Anbetung!

Andere ethnische Gruppen kommen hinzu

Wie weit war die wahre Anbetung indessen in die muslimischen und hinduistischen Teile der Bevölkerung Surinams vorgedrungen? Bis zum Beginn der 70er Jahre hatten nur wenige aus diesen Gruppen Interesse gezeigt. Aber 1974 konnte das Zweigbüro schließlich berichten, daß eine Anzahl Muslime indonesischer Herkunft auf die Wahrheit reagiert hatten. Das erforderte ihrerseits Mut. Weshalb?

„Viele leben in traditionsbewußten, festgefügten Familien“, erklären Jan und Joan Buis, Gileadabsolventen indonesischer Abstammung, die mehrere Muslime über die Wahrheit belehrten. „Oft müssen sie Verfolgung ertragen, wenn sie sich von diesen Traditionen freimachen“, fügt Jan hinzu. „Einmal studierte ich mit einem jungen Muslim die Bibel. Seine Verwandten gaben mir jedoch zu verstehen, daß ich nicht willkommen war, indem sie wie wild den Boden fegten. Aber wir studierten trotz der Staubwolke.“ Als das nichts half, fingen die Angehörigen heftige Streitgespräche an. Da der Mann auch das ignorierte, warf die Familie ihn hinaus und verstieß ihn. Er zog von der Hauptstadt weg und setzte sein Bibelstudium fort. Er und seine Frau wurden Zeugen.

„Jahre später“, erzählt Jan, „stellten die Verwandten dieses Bruders fest, daß er der einzige in der Familie ist, der keine Eheprobleme hat. Und nachdem er seine Mutter gebeten hatte, zu ihm und seiner Frau zu ziehen, besserte sich die Einstellung der Angehörigen gegenüber den Zeugen.“ Der Mut dieses Bruders veranlaßte andere Muslime, sich uns anzuschließen.

Wie verhält es sich mit den Hindus?

Inder bilden heute die größte Volksgruppe des Landes. In ihrem Leben dreht sich zwar vieles um religiöse Zeremonien, aber die Königreichsbotschaft hat eine wachsende Zahl wahrheitsliebender Hindus bewogen, sich Jehovas Organisation anzuschließen. Shama Kalloe, ein Mädchen, das in eine Hindufamilie hineingeboren wurde, die nahe der Stadt Nickerie wohnte, ist ein Beispiel hierfür.

Ihr Vater, ein hart arbeitender Reisbauer, der fleißig für alle seine 12 Kinder sorgte, ermahnte Shama von Jugend an, dem Hinduismus treu zu bleiben und nur einen Inder, der Hindu ist, zu heiraten. „Wann immer ein Jugendlicher in unserer Gegend dieser Regel zuwiderhandelte“, sagt Shama, „erklärte mir Vater unter Tränen nachdrücklich, was er von mir erwartete.“ Da Shama ihren Vater liebte, war sie entschlossen, ihm keinen Kummer zu bereiten.

Im Jahre 1974 zog die 19jährige Shama nach Paramaribo, um eine Lehrerausbildung zu machen. Dort fielen ihr im Haus ihres Bruders die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in die Hände. Die Artikel fesselten sie, aber es stiegen auch Fragen in ihr auf. „Deshalb betete ich zu Gott, er möge mich mit denen in Verbindung bringen, die diese Zeitschriften verbreiten“, fährt Shama fort, „und am nächsten Tag besuchte mich ein Ehepaar. Es handelte sich um Zeugen Jehovas.“

Die Missionare Roger und Gloria Verbrugge fingen an, zweimal in der Woche mit ihr zu studieren. „Innerhalb kurzer Zeit“, berichtet Roger, „besuchte sie die Versammlungszusammenkünfte und begann, sich am Predigtdienst zu beteiligen. Im September 1976 ließ sich diese eifrige junge Frau taufen.“

Nach ihrer Ausbildung bekam Shama eine Lehrerstelle in Nickerie und zog zu ihren Eltern. Obwohl ihr neuer Glaube ihrem Vater Verdruß bereitete, war er zugleich stolz auf ihre Stellung als Lehrerin. Shama hegte jedoch den Wunsch, unter ihren hinduistischen Landsleuten als Vollzeitdienerin zu predigen. Sie wollte aber auch die Gefühle ihres Vaters nicht verletzen, doch sie fand eine Lösung.

Ihren Eltern zuliebe blieb sie Lehrerin und führte den Pionierdienst in der Freizeit durch. Schon nach wenigen Monaten hatte sie 18 Bibelstudien mit Hindus, und ihr Eifer half vielen von ihnen, so weit Fortschritte zu machen, daß sie sich taufen lassen konnten. Gloria bemerkt: „Shama behandelte ihre Eltern weiterhin liebevoll und befolgte die Familiensitten, blieb jedoch, wenn nötig, auch unnachgiebig.“ Nicht lange danach wurde ihre Liebe zu Jehova auf die Probe gestellt.

„Nur im Herrn heiraten“

Shama war nun bereits Mitte 20. Da die meisten Hindumädchen zwischen 15 und 19 heiraten und es wenige ledige Frauen gibt, sorgten Verwandte dafür, daß Bewerber Shama besuchten, aber sie wollte keinen von ihnen heiraten. Sie bat Jehova inständig um Hilfe, damit sie dem Druck widerstehen konnte, denn sie wollte „nur im Herrn“ heiraten (1. Kor. 7:39). Um ihren Eltern einen Gefallen zu tun, würde sie allerdings versuchen, einen Inder zu heiraten, aber sie nahm sich fest vor: „Wenn es keinen solchen Partner in Jehovas Organisation gibt, werde ich ledig bleiben.“

Im Alter von 28 Jahren wurde ihre Treue belohnt. Shama lernte Alfons Koendjbiharie kennen, einen Versammlungsältesten indischer Abstammung, der in den Niederlanden lebte. Sie verliebten sich und beschlossen zu heiraten. Da ihre Eltern Alfons noch nie gesehen hatten, las Shama ihrer Mutter eines Tages aus der Bibel Jehovas Anforderungen für christliche Älteste vor. Ihre Mutter hörte aufmerksam zu und sagte dann: „Du wirst einen guten Mann bekommen.“ Später, nach einer zu Herzen gehenden Hochzeitsansprache in der Wohnung von Shamas Eltern, ging ihr Vater tief bewegt zu einem Missionar und erklärte: „Euer Gott hat mir einen Sohn geschenkt.“

Seit 1984 dient Shama als Pionierin in den Niederlanden, aber ihr Beispiel ist in Surinam nicht in Vergessenheit geraten. Sie half mit, bei der hinduistischen Bevölkerung einen Durchbruch zu erzielen, und seither sind viele ehemalige Hindus unsere Brüder geworden.

Eine ungewöhnliche Idee

Die positive Reaktion in den verschiedenen Bevölkerungsschichten hatte im August 1974 eine Höchstzahl von 831 Verkündigern zur Folge. Und doppelt so viele Menschen besuchten die Kongresse. Wo konnte man diese wachsende Menge unterbringen? Einige Brüder hatten eine ungewöhnliche Idee:

„Baut einen Königreichssaal, der gleichzeitig als Kongreßsaalbühne dienen kann.“ Wie? „Hebt den Boden des Königreichssaals um etwa 1 m an, und setzt zwei große Schiebetüren in eine der Seitenwände des Saals. Öffnet man diese Türen während der Kongresse, wird der Saal zur Bühne. Baut dann ein großes Dach vor diese Bühne, um die Zuhörer vor Sonne und Regen zu schützen, und ihr habt einen für die Tropen geeigneten Kongreßsaal.“

Ein 40 m × 200 m großes Grundstück wurde gekauft, und der Bau begann. Ein Jahr später, am 28. November 1976, wurde dieser bescheidene Kongreßsaal der Bestimmung übergeben, und er hat den Brüdern in den vergangenen Jahren gute Dienste geleistet.

Noah — das „Flußgespräch“

Am Tapanahoni machte die Mehrung an Verkündigern ebenfalls ein Bauprojekt notwendig: die Herstellung eines korjaal (Einbaum), der groß genug wäre, die ganze Versammlung zu den Kongressen in die Hauptstadt zu befördern. „Dieses Projekt war eine Herausforderung“, erzählt Cecyl Pinas, der das Werk im Landesinnern beaufsichtigt. „Ein korjaal von dieser Größe ist noch nie angefertigt worden. Aber Bruder Paitu sagte: ‚Das schaffen wir schon.‘ “

Bruder Paitu, ein Fachmann auf dem Gebiet der korjaal-Herstellung, wählte einen riesigen Baum aus, und vier Brüder fällten ihn an einem Tag. Dann brauchten sie zwei Monate, um den Baum auszuhöhlen und zu einem 18 m langen Kanu zu verarbeiten, dem größten, das dort je angefertigt worden ist. Bald wurde das Boot der Zeugen zum „Flußgespräch“. Immer wenn es vorbeifuhr, kamen die Dorfkinder angerannt und riefen: „Noa e psa!“ („Noah fährt vorbei!“).

Der erste Königreichssaal im Regenwald

Im September 1976 erhielt die neue Versammlung in Godo Olo weiteren Aufschwung, als sich vier junge Zeugen, die von Beruf Lehrer sind, am Tapanahoni niederließen. „Wir gingen zwar dorthin, um in der Schule zu unterrichten“, erklärt Hartwich Tjon A San, einer der Lehrer, „aber in erster Linie wollten wir mit der neuen Versammlung zusammenarbeiten.“ Und wie sie arbeiteten! Geduldig brachten sie ihren Brüdern, die Analphabeten waren, Lesen und Schreiben bei, und danach boten sie der Versammlung auch bei ihrem nächsten Projekt bereitwillig ihre Hilfe an: dem Bau eines Königreichssaals in Godo Olo.

Zuvor hatte der Dorfälteste Alufaisi den Brüdern ein Landstück angeboten, auf dem sie den Saal errichten konnten. Aber wie sollten sie die Sache in Angriff nehmen? Die Brüder hatten kein Geld. Doch sie überlegten: „Der Wald liefert Holz. Der Fluß liefert Sand und Kies. Und Jehova gibt uns die Kraft, die Materialien zusammenzutragen.“ Das einzige, was ihnen also fehlte, war Zement, aber es war ja auch noch das Kanu Noah da.

Da Noah als sicheres und geeignetes Transportmittel galt, zahlten Regierungsangestellte rund 2 200 Gulden Miete im Jahr für dieses Boot, um damit zur Küste zu fahren. Mit dem Geld kauften die Brüder Zement in der Hauptstadt. Aber wie sollte man diesen nach Godo Olo bringen? Wieder hieß die Lösung Noah.

In Albina luden Do Amedon, ein großer, muskulöser Buschneger und angesehener Steuermann, sowie andere Brüder 40 Zentnersäcke Zement in den korjaal. Dann steuerten sie den tief im Wasser liegenden Einbaum Noah den Maroni hinauf und anschließend Richtung Süden zu den sulas (Stromschnellen), die Namen haben wie Manbari (Menschenschrei [beim Durchfahren der Stromschnelle]) und Pulugudu (Verlorene Besitztümer [in den Stromschnellen versank schon so manches Boot, und die Leute verloren ihre Besitztümer]). Würden die Brüder unbeschadet durchkommen?

Die Besatzung hörte das Tosen des ersten Katarakts. Vor ihnen stürzte der Fluß über eine Menge von Felsbrocken, wobei er einer riesigen Treppe glich; die Wassermassen ergossen sich über große Steine, die ihnen den Weg versperrten, zwängten sich durch gefährliche Kanäle und prallten gegen Noah. Der Bruder, der am Bug stand, suchte den wilden Fluß nach einer Durchfahrt ab. Dann steckte er seinen langen Stab in das tosende Wasser, duckte sich und dirigierte Noah in einen Kanal. Er gab ein Zeichen. Der Motor wurde abgestellt und Noah am Fuße der sula festgemacht.

Do Amedon legte sich schwungvoll einen Zementsack auf den Kopf. Indem er von einem rutschigen Felsen zum nächsten sprang, kletterte er mühsam über die Stromschnellen und ließ den Sack an einer trockenen Stelle herunter. Die anderen Brüder folgten. Ein Sack nach dem anderen wurde hinauftransportiert. Nun zogen die Brüder Noah vorsichtig durch das schäumende Wasser und luden anschließend die Säcke wieder ein. Die Reise ging bis zur nächsten sula weiter, wo das Hochheben, Springen, Ziehen und Wiederbeladen wiederholt wurde. Nach sieben Stromschnellen und 11 Tagen erreichte der Zement Godo Olo.

Inzwischen hatten andere Brüder Bäume gefällt, während die Schwestern und Kinder 250 Fässer Sand und Kies zur Baustelle befördert hatten. Der Bau begann, und ein Jahr später, am 15. April 1979, wurde der erste Königreichssaal im Regenwald der Bestimmung übergeben.

Was geschah mit Noah? „Gewöhnlich hält ein Kanu etwa vier Jahre“, sagt Cecyl Pinas, „aber Noah ist nun seit rund zehn Jahren in Gebrauch.“ Wo ist es heute? „Im Ruhestand“, schmunzelt Cecyl, „aber manchmal benutzen wir es noch. Es verdient einen anderen Namen — Methusalah.“

Rückschritt — Warum?

Ende der 70er Jahre ließ die Predigttätigkeit im Land nach. 1977 gab es 1 % Verkündiger weniger; 1978 war ein 4%iger Rückgang zu verzeichnen, und 1980 waren es 7 %. Weshalb? Massenabwanderung.

Als Surinam im November 1975 unabhängig wurde, emigrierten Tausende von Surinamern in die Niederlande aus Angst vor politischen Unruhen. Wie der Soziologe J. Moerland in seinem Buch Suriname bemerkt, emigrierten andere auf der Suche nach Arbeit, mehr Bildungsmöglichkeiten oder sozialer Sicherheit oder weil sie wieder mit Familienangehörigen vereint sein wollten. Damals, fügt Moerland hinzu, fragte man nicht: „Wanderst du aus?“, sondern „Wann wanderst du aus?“ 1981 hörte die Emigrationswelle auf. Nahezu jeder dritte Einwohner hatte das Land verlassen. Heute leben 200 000 Surinamer in den Niederlanden — unter ihnen befinden sich Hunderte von Zeugen, die Jehova in ihrer neuen Umgebung weiterhin dienen.

Ein neuer Ansporn für die Zeugen

Im Jahre 1976 trug die neue Einrichtung des Zweigkomitees dazu bei, das Werk von neuem zu beschleunigen. Der Zweigdiener Wim van Seijl wurde der Koordinator des Zweigkomitees, und er teilte sich die Verantwortung mit den Komiteegliedern Cecyl und Nel Pinas sowie Dirk Stegenga. Wie an anderen Orten hatte diese neue Einrichtung auch hier eine ausgeglichenere Handhabung geistiger Angelegenheiten zur Folge.

Damit der Schwung nicht abflachte, erhielten Versammlungen im ganzen Land zehn weitere Missionare, die zwischen 1974 und 1980 eintrafen. Zwei von ihnen, Hans und Susie van Vuure, waren jedoch keine Neulinge. Beide verfügten über jahrzehntelange Erfahrung. Sie waren Absolventen der 21. Klasse bzw. der 16. Klasse der Gileadschule und hatten als Missionare im indonesischen Archipel gedient.

Zwei Monate nach ihrer Ankunft in Surinam standen sie bereits im Kreisdienst. „Diese Zuteilung half uns, das Land und die Brüder schnell kennenzulernen“, erklärt Hans, der 60 Jahre alt ist. Susie bemerkt: „Ich stellte fest, daß die Menschen gern unsere Literatur entgegennehmen.“ Sie nennt ein Beispiel: „In den zweieinhalb Jahren Kreisdienst gaben wir beide 4 000 Bücher und 10 000 Zeitschriften ab. Das zeigt, daß es für uns immer noch viel zu tun gibt im Predigtwerk.“

Eine weitere „Tür“ im Regenwald öffnet sich

Die Regierung hatte im abgelegenen Regenwald Südwestsurinams eine 350 km lange Straße gebaut. Diese Straße öffnete eine Tür zur Tätigkeit in einem völlig neuen Gebiet: den Indianerdörfern Apoera und Washabo am Corantijn.

Im Jahre 1977 traten Pepita Abernathy und Cecilia Keys, Zeuginnen aus den Vereinigten Staaten, durch diese Tür ein, als sie zusammen mit ihren Männern, die Angestellte einer Baufirma waren, auf einer 50 km von Apoera entfernten Baustelle lebten. Später schickte man zwei Missionare dorthin, die den Schwestern beim Betreuen der Arawak-Indianer helfen sollten. Hatten sie Erfolg?

Pepita berichtet: „Wir konnten jede Menge Bibelstudien einrichten. Später führten Cecilia und ich sie zweimal in der Woche durch. Um vier Uhr morgens standen wir auf, um sieben hatten wir unser erstes Bibelstudium, und gegen fünf Uhr nachmittags waren wir wieder zu Hause.“ Zwei Jahre lang belehrten diese Schwestern eifrig die englischsprechenden Indianer, mußten dann aber das Land verlassen. Wer würde nun ihre Arbeit fortsetzen?

Die Geistlichkeit reagiert

Im September 1980 fuhren die Missionare Herman und Kay van Selm mit ihrem alten Landrover in den Dschungel nach Apoera. Sie blieben dort fünf Jahre. „Wir übernahmen 30 Bibelstudien und fanden weitere“, erinnert sich Kay. Sie wurden in drei Buchstudiengruppen eingeteilt. Zu den öffentlichen Vorträgen erschienen 60 Dorfbewohner, und im darauffolgenden Jahr wohnten 169 dem Gedächtnismahl bei. Bald waren sechs Personen so weit, daß sie in den Predigtdienst gehen konnten, und teilten ihrer Kirche schriftlich den Austritt mit.

Wie reagierte die Geistlichkeit? „Wie können sie das nur wagen?“ brüllte der Pfarrer und zerknüllte dabei die Briefe. „Sie zitieren sogar Bibeltexte!“ Er erklärte ihnen den Krieg. Man drohte den Interessierten, sie würden ihre Arbeit und ihre Wohnung verlieren, und man sagte ihnen, sie sollten für eine eigene Schule, ein eigenes Krankenhaus und einen eigenen Friedhof sorgen. Zufolge der Gegnerschaft sank die Zahl der Studien. Auch besuchten nicht mehr so viele die Zusammenkünfte. Bei einer Zusammenkunft erschien eine einzige Person, die jedoch nur um eine leere Schachtel bat. „Wir fühlten uns niedergeschlagen“, erzählt Kay. „Aber wir fuhren fort, andere zu ermuntern, und führten weiterhin unseren Predigtdienst durch. Zu unserer Freude blieben einige standhaft, ließen sich taufen und bildeten die Versammlung Apoera.“

„Wann werden Sie uns besuchen?“

Im Jahre 1982 fuhren einige Indianer aus Orealla, einem Dorf in Guyana, etwa acht Stunden mit dem Kanu den Corantijn hinauf und fragten die Missionare: „Wann werden Sie uns besuchen? Wir möchten die Bibel studieren.“ Sobald die Gruppe in Apoera auf eigenen Füßen stehen konnte, unternahmen die Missionare jeden Monat eine Reise nach Orealla und erfuhren, daß einige Dorfbewohner bereits lange Zeit auf die Zeugen warteten. „Eines Morgens“, berichtet Herman, „traf ich einen älteren Jäger an, der sagte, er habe regelmäßig die Zeitschrift Trost gelesen, aber später sei die Verbindung zur Gesellschaft abgerissen. Dann deutete er auf sein Radio und sagte: ‚Ich hörte von Ihrer Radiostation in New York, doch wissen Sie, ich kann den Sender mit meinem Radio nicht empfangen.‘ Als ich ihm erklärte, daß WBBR in den 50er Jahren aufgehört hatte, Rundfunksendungen zu übertragen, schüttelte er ungläubig den Kopf. Dann lachte er und meinte, es sei höchste Zeit, das Versäumte nachzuholen, und er willigte in ein Bibelstudium ein.“

Zu beobachten, wie das Studium der Bibel starke Trinker in Orealla derart veränderte, daß sie fürsorgliche Väter wurden, war eine echte Belohnung. Nachdem die Brüder einem 50jährigen Mann gezeigt hatten, wie man ein Familienstudium durchführt, versuchte er es selbst, wenn auch ein bißchen ungehobelt. „Lesen!“ befahl er. Dann stellte er eine Frage. Keine Antwort. „Redet jetzt! Stellt euch nicht so an.“ Schon waren seine Kinder den Tränen nahe. Mit der Zeit verbesserte er jedoch seine Studienmethode. Später sah man die Kinder nach Hause rennen. Warum die Eile? „Familienstudium!“ sagten sie freudig.

Einige Zeit danach bekamen die Brüder ein Landstück in Orealla, und der Gileadabsolvent Jethro Rübenhagen (der heute in Apoera dient) half den einheimischen Brüdern beim Bau ihres eigenen Königreichssaals — ein Zeichen dafür, daß eine weitere Volksgruppe, die Indianer, begonnen hatten, die einigende „reine Sprache“ zu erlernen (Zeph. 3:9).

Mehrung unter der englischsprechenden Bevölkerung

In den 70er Jahren ließen sich immer mehr englischsprechende Gastarbeiter aus Guyana in Nickerie nieder. Also sandte man zwei Missionare dorthin, um englische Zusammenkünfte abzuhalten. Die Gastarbeiter reagierten positiv. Heute gibt es dort eine Versammlung von 30 Verkündigern.

Manche dieser neuen Verkündiger hatten jahrelang nach der Wahrheit gehungert. Die 12jährige Indradevi beispielsweise hatte von einem Nachbarn in Guyana das Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies erhalten, das sie sehr schätzte. Später heiratete sie und zog nach Klein Henar, einem Reispolder in der Nähe von Nickerie. 1982 sprach Hans van Vuure bei ihr vor. „Zwischen ihren wenigen Habseligkeiten“, erzählt Hans, „sah ich ein abgegriffenes Paradies-Buch. Indradevi sagte, daß sie das Buch seit 1962, als sie es bekam, stets bei sich habe. Sie hatte sich immer sehnlichst gewünscht, mehr über Jehova zu erfahren. Nach 20 Jahren ging ihr Wunsch in Erfüllung.“ Sie studierte, entfernte die Bilder hinduistischer Götter und ließ sich schließlich taufen.

Ähnlichen Widerhall fand man unter den Guyanern in Paramaribo. 1980 wurde dort eine kleine Gruppe gegründet. 1982 gab es 20 Verkündiger. Vier Jahre später war diese Zahl auf 90 angewachsen, und die jetzigen Besucherzahlen lassen auf weitere Mehrung schließen.

„Über 150 Personen wohnen den Zusammenkünften bei, obwohl das für einige bedeutet, Opfer zu bringen“, sagt der Missionar Paul van de Reep, der der englischen Versammlung angehört. Eine Familie mit geringem Einkommen zum Beispiel verläßt um acht Uhr morgens ihre Wohnung, geht ein ganzes Stück zu Fuß, wartet über eine Stunde auf den Bus und besucht dann die Zusammenkunft. Gegen zwei Uhr nachmittags ist sie wieder daheim. „Jede Woche“, fügt Paul hinzu, „gibt sie einen Tageslohn dafür aus, um die Busfahrten zu den Zusammenkünften zu bezahlen.“

Heute bilden rund 150 englischsprechende Zeugen eine der drei Sprachgruppen, die in Paramaribo vereint Jehova anbeten.

Ein unsanftes Erwachen

Am 25. Februar 1980 wurden die Einwohner von Paramaribo durch lautes Artilleriefeuer geweckt. Eine Gruppe von Offizieren hatte die Regierung gestürzt. Dieser erste Staatsstreich schockierte so manchen gleichgültigen Surinamer. Da das Land noch nie von Kriegen, Seuchen oder Hurrikanen heimgesucht worden war, sagten die Leute oft: „Surinam ist ein von Gott gesegnetes Land.“ Aber seit 1980 wird die wirtschaftliche Lage immer schlechter, und viele geben zu, daß sich biblische Prophezeiungen direkt vor ihrer Tür erfüllen.

Im Jahre 1982 führten politische Unruhen dazu, daß die Hilfe aus dem Ausland eingestellt wurde, was die Wirtschaft des Landes lahmlegte. Nahrungsmittelpreise schossen in die Höhe, und Armut griff um sich. „Seither“, berichtet ein Ältester aus Paramaribo, „ist es für unsere Buschnegerbrüder schwer, ihre zehn oder mehr Kinder mit Obdach, Kleidung und Nahrung zu versorgen, denn die Väter verdienen umgerechnet nur 200 US-Dollar im Monat.“

Doch die Brüder haben sich trotz wirtschaftlicher Härten nicht vom Dienst abhalten lassen. Im Gegenteil. In einer materiell armen Versammlung standen kürzlich 106 der 171 Verkündiger im Hilfspionierdienst. Und landesweit stieg die Verkündigerzahl 1986 auf mehr als 1 200.

Auch die Literaturabgabe nahm zu. Wir wollen Leo Tuart befragen. 46 Jahre lang transportierte er Literatur vom Hafen zum Zweigbüro. „Vor Jahren“, berichtet Bruder Tuart, „erhielten wir jeden Monat ein Dutzend Kartons. Ich mietete einen Eselskarren für 75 Cent und brachte alle Kartons zum Zweigbüro. Aber nun“, erzählt Leo mit leuchtenden Augen, „bekommen wir alle zwei Wochen hundert Kartons, und ich muß für den Transport einen Lieferwagen mieten.“ Heute werden monatlich über 32 000 Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in Surinam abgegeben — bei jedem 13. Einwohner eine Zeitschrift.

Außer Leo Tuart ist auch anderen die vermehrte Tätigkeit aufgefallen. Unlängst rief ein Geistlicher im Zweigbüro an und teilte einem Missionar mit, er habe seine Herde angespornt, den Eifer der Zeugen Jehovas nachzuahmen. „Aber es hat nichts genützt“, klagte der Geistliche und fragte: „Was ist Ihr Geheimnis?“ Der Bruder erwiderte: „Heiliger Geist.“

Durch das dichteste Kampfgetümmel

Mitte 1986 brach ein Guerillakrieg aus. Ein paar Monate später konzentrierte sich der Kampf zwischen Regierungstruppen und sogenannten Dschungelkommandos (hauptsächlich Buschneger) auf die Umgebung von Albina, einem Dorf am Maroni. Also mußten die Buschnegerbrüder, die im Südosten Surinams leben, entscheiden, ob sie zum Kongreß nach Paramaribo gehen würden. „Sie wußten, daß die Reise durch das dichteste Kampfgetümmel führte“, erzählt Cecyl, „aber sie wollten den Kongreß nicht versäumen und beschlossen zu gehen.“ Zehn Tage vor dem Kongreß fuhren 60 Brüder, Schwestern und Kinder stromabwärts in Richtung Kampfgebiet. Am Freitag erreichten sie Albina, hängten ihre Hängematten im Königreichssaal auf und schliefen dort.

Vor dem Morgengrauen erdröhnte in den Straßen von Albina Artilleriefeuer. Dschungelkommandos stürmten durch das Dorf, Soldaten schossen zurück, und Gewehrkugeln prallten am Dach des Saals ab. Die Zeugen versuchten, sich zu schützen, indem sie sich während des übrigen Tages flach hinlegten.

In jener Nacht gelang es einem der Brüder, das Zweigbüro anzurufen. „Kommt, und holt uns“, bat er. Am Sonntagnachmittag waren drei Älteste unterwegs. Gegen 11 Uhr nachts erreichten sie die hilflosen Brüder.

Die Ältesten wollten erst am nächsten Tag zurückkehren, aber die Buschnegerbrüder sagten eindringlich: „Laßt uns jetzt weggehen. Die Schießerei könnte wieder anfangen.“ Die Ältesten beteten um die Führung Jehovas, und nach Mitternacht fuhren drei überladene Autos langsam Richtung Hauptstadt.

„Die Straße war wie leergefegt“, erinnert sich Paul Naarendorp, einer der Fahrer. „Während wir uns einem Militärkontrollpunkt näherten, schlug mein Herz schneller. Man stelle sich einmal vor: Die Armee kämpfte gegen die Dschungelkommandos, und nun tauchte plötzlich vor den Soldaten ein Konvoi mit 60 Buschnegern auf, viele davon junge, kräftige Männer.“ Würden sie sie für Dschungelkommandos halten?

Ein Soldat trat hinter einer Säule hervor und gab dem Konvoi ein Zeichen zum Anhalten. „Wir blickten direkt in das Geschützrohr eines Panzers“, fährt Paul fort, „und waren von schwerbewaffneten Soldaten umringt. Eine einzige unbedachte Bewegung hätte sie zum Schießen veranlassen können. Doch nachdem wir erklärt hatten, daß wir Zeugen Jehovas sind, prüften die Soldaten die Autos und ließen uns weiterfahren.“

Als die Brüder Paramaribo erreicht hatten, erfuhren sie, daß die Kämpfe in Albina wieder aufgeflammt waren. Sie hatten den Ort gerade rechtzeitig verlassen.

Doch nun der Rückweg

Nach dem Kongreß erfuhren die Brüder, daß die Armee die einzige Straße nach Albina gesperrt hatte. Somit kamen die Buschnegerbrüder wieder nicht weiter. Sie warteten zwei Wochen lang, bekamen in der Zeit aber solches Heimweh nach dem Regenwald, daß sie die Brüder baten: „Bringt uns zum Fluß. Von dort aus werden wir nach Hause kommen.“

Ein Plan wurde aufgestellt, und Jehovas Leitung wurde erbeten. Zuerst sollten zehn Steuermänner und einige Älteste aus Paramaribo versuchen, Albina zu erreichen. „Ich kann nicht erklären, warum, aber obwohl das Militär uns sah“, berichtet ein Ältester, „riefen die Soldaten uns nicht zurück.“ Als die Buschnegerbrüder schließlich den Maroni sahen, tanzten sie vor Freude.

Am nächsten Tag fuhren die Schwestern und die Kinder los, und man ließ sie am Kontrollpunkt ebenfalls passieren, wohingegen andere angehalten wurden. Am Fluß warteten die Steuermänner mit den Booten. Welch eine Wiedervereinigung!

Noch eine Reise wurde geplant. Mit zwei Lkws, beladen mit 96 Reissäcken, 16 Fässern Benzin und 7 Fässern Kerosin sowie Lebensmitteln, fuhren die Brüder erneut zum Kontrollpunkt. Obgleich die Sachen in Gebiet befördert wurden, das Dschungelkommandos besetzt hielten, und es nicht gestattet war, Waren dorthin zu bringen, ließen die Wachen die Lkws durchfahren. „Ein Wunder“, sagt ein Bruder. „Jehovas Hand war deutlich zu erkennen.“

Eine Woche später kamen die 60 Brüder mit den gesamten Vorräten zu Hause an. Sie hatten fünf Wochen gebraucht, um einen dreitägigen Kongreß zu besuchen. Einige Wochen danach schnitten die Soldaten die Zufuhr von Gütern ins Landesinnere ab, und es kam zu einer schweren Lebensmittelknappheit. Aber die Brüder, die den Kongreß besucht hatten, besaßen Nahrung für die nächsten Monate und Benzin für Predigtdienstfahrten. „Rückblickend“, bemerkt Cecyl, „wird mir klar, wie Jehova uns geleitet hat, zur richtigen Zeit die richtige Entscheidung zu treffen.“

Sie rannten um ihr Leben

Im darauffolgenden Jahr verlagerten sich die Kämpfe nach Moengo, einer Bergwerksstadt östlich von Paramaribo. Truppen marschierten ein, stießen aber auf erbitterten Widerstand. Gewehrkugeln flogen durch die Stadt, Häuser gingen in Flammen auf, und Menschen rannten um ihr Leben.

Die meisten Brüder versteckten sich im Regenwald und brachten sich so in Sicherheit. Einige erreichten Paramaribo, während andere mit dem Einbaum Richtung Maroni, der Grenze zu Französisch-Guayana, fuhren. Sie überquerten den 5 km breiten Fluß und kamen nach Französisch-Guayana. Rund 50 Zeugen passierten diese Grenze und retteten so ihr Leben.

Zeugen in Französisch-Guayana versorgten sie sofort mit Nahrung, Kleidung, Bettlaken, Decken und Arznei. Das Zweigbüro in Martinique leistete ebenfalls Hilfe, und ein besonderer Fonds wurde eingerichtet, um die Flüchtlinge zu unterstützen. „Den Behörden in den Flüchtlingslagern verschlug es beinahe den Atem, als sie sahen, wie schnell unsere Organisation Hilfsgüter sandte“, erzählt Cecyl Pinas. „Sie sagten: ‚Ihr redet nicht, ihr handelt.‘ “

Der Steuermann-Hirte

Während dieser turbulenten Jahre erwies sich Do Amedon, der Steuermann, der das Kanu Noah durch die Stromschnellen gelenkt hatte, als ein fähiger Hirte. Do, ein Aucaner-Buschneger, der Paramaribo 1974 verließ, um innerhalb seines Stammes als Sonderpionier zu dienen, kümmert sich um Menschen, versteht ihre Probleme und ist ein ausgezeichneter Organisator. Tatsächlich wird sein biblisch begründeter Rat so geschätzt, daß ihn seine Stammesangehörigen „Pappie“ (Vati) nennen, obgleich er erst 40 Jahre alt ist.

Zunächst half Do den Brüdern am Tapanahoni. Dann, Mitte der 80er Jahre, zogen er und andere Pioniere zum Maroni. Das Interesse war überwältigend, aber die Buschneger wohnten so verstreut, daß es unmöglich war, alle zu erreichen. Doch 1985 wurde das Problem gelöst. Wie?

In jenem Jahr genehmigte die leitende Körperschaft eine größere Benzinzuwendung für Sonderpioniere im Regenwald. Da sie nun zusätzlichen Treibstoff für die Außenbordmotoren besaßen, fuhren sie mit ihren Kanus von einer Siedlung zur nächsten und fanden großes Interesse vor. 1985 gründete man in dem Dorf Gakaba eine neue Versammlung mit rund 30 Verkündigern. Einige Monate später erhöhte sich diese Zahl auf 50, und etwa 20 von ihnen nahmen den Pionierdienst auf. Kurze Zeit danach beförderte Do Amedon wieder Zementsäcke durch die Stromschnellen. Ein zweiter Königreichssaal entstand im Regenwald.

Eine zehnfache Mehrung

„Eine Gruppe junger Brüder errichtete einen Saal mit 200 Sitzplätzen auf einer malerischen Insel im Maroni“, berichtet der Koordinator des Zweigkomitees, Wim van Seijl, der kürzlich das Gebiet besuchte. „Danach fuhren sie mit dem Kanu zum Lawa, einem Fluß, an dem wir noch nie zuvor gepredigt hatten. Nun wird die Wahrheit dort unter den Aluku-Buschnegern ebenfalls verbreitet.“

Trotz des Bürgerkriegs ist die Königreichsbotschaft noch tiefer in den Regenwald vorgedrungen. Aus den 20 Buschnegerbrüdern, die vor zehn Jahren das Gebiet am Tapanahoni bearbeiteten, sind heute 200 Verkündiger geworden, die vier Versammlungen an den Flüssen Ostsurinams zugeteilt sind. Eine zehnfache Mehrung!

Ähnlich dehnte sich das Werk auch in anderen Landesteilen aus. Viele Versammlungen berichteten Anwesendenzahlen, die doppelt so hoch sind wie die Verkündigerzahlen, so daß manche Königreichssäle die Menschenmengen nicht fassen können. Im Frühjahr 1987 gab die leitende Körperschaft dem Zweigbüro deshalb grünes Licht für den Bau eines geräumigen 34 m × 60 m großen Kongreßsaals und für die Errichtung von vier Königreichssälen. Das war eine zeitgemäße Entscheidung.

„Kurz nachdem wir Zement gekauft hatten“, berichtet Henk Panman, der damals Hausmeister des Kongreßsaals war, „ging im Land der Zement aus. Baustellen wurden stillgelegt, aber wir konnten weiterarbeiten.“ Später half der Zweig in den Niederlanden und schickte vier Container mit Baumaterial. Die Baumannschaft und Hunderte von Freiwilligen arbeiteten eineinhalb Jahre lang bis zur Fertigstellung vier hübscher, neuer Zusammenkunftsstätten.

Da wir gerade vom Bauen sprechen, erinnerst du dich noch an Stella Daulat, die 1955 ihr Grundstück spendete? Nachdem ihr Haus versetzt worden war, wohnte sie dort ganz zufrieden. Kürzlich wurde sie allerdings von der Versammlung bei einer Zusammenkunft mit der Bekanntmachung überrascht: „Wir werden ein neues Haus für Schwester Daulat bauen.“ Neben ihrem alten Haus errichteten die Brüder ein geräumiges Backsteinhaus und übergaben es der 78jährigen Stella. Mit Tränen in den Augen sagt sie: „Welch ein Geschenk von Jehova!“

Jehova wird ihre Arbeit nicht vergessen

Wie Stella, so haben Hunderte in Surinam den Segen Jehovas verspürt. Bedauerlicherweise reicht der Platz nicht aus, um all die Treuen zu erwähnen, aber ihr Ausharren Tag für Tag im Dienst Jehovas wird von Jehova nicht übersehen. Er vergißt ‘ihre Arbeit und die Liebe, die sie seinem Namen gegenüber erzeigt haben’, nicht (Heb. 6:10).

In den letzten vier Jahrzehnten sind 41 Missionare Schulter an Schulter mit den einheimischen Brüdern tätig gewesen, und viele haben einen beispielhaften Eifer bekundet. Heute leisten die 18 übrigen Gileadabsolventen immer noch wertvolle Arbeit in Versammlungen im ganzen Land.

Wir danken Jehova für die 1 466 Verkündiger (zwei Drittel sprechen Niederländisch, ein Viertel spricht Sranangtongo, und die übrigen sprechen Englisch), die die reine Sprache der Wahrheit erlernt haben. Doch die Einsammlung ist noch nicht vorbei, denn 4 443 Personen besuchten 1989 das Gedächtnismahl — über dreimal so viele, wie es Verkündiger gibt.

Diese Zunahme an Zeugen macht ein weiteres Bauprojekt erforderlich — ein neues Zweigbüro. Es ist daher geplant worden, 3 ha Land in einem Vorort von Paramaribo zu kaufen. Mit den neuen Gebäuden wird das Zweigbüro besser ausgerüstet sein, für all diejenigen zu sorgen, die die immer lauter erschallende Einladung annehmen: „ ‚Komm!‘ Und jeder, den dürstet, komme; jeder, der wünscht, nehme Wasser des Lebens kostenfrei.“ Möge Gott weiterhin unsere harte Arbeit segnen, während wir weltweit dem göttlichen Gebot gehorchen: Seid guten Mutes und sagt: „Jehova ist mein Helfer“ (Offb. 22:17; Heb. 13:6).

[Fußnote]

^ Abs. 115 Der Artikel der Korrespondenten „Das Leben im surinamischen Busch“ erschien in der Erwachet!-Ausgabe vom 22. April 1956.

[Übersicht auf Seite 252]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Surinam

Verkündigerhöchstzahl

2 000

1 440

810

561

361

67

1950 1960 1970 1980 1989

Pioniere (Durchschnitt)

400

235

 

 

 

 

63

54

41

10

1950 1960 1970 1980 1989

[Kasten/Karte auf Seite 192]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Karibik

Corantijn

GUYANA

SURINAM

Nieuw Nickerie

Paramaribo

Wageningen

Meerzorg

Moengo

Onverwacht

Paranam

Albina

Orealla

Saramacca

Maroni

Granbori

Tapanahoni

BRASILIEN

FRANZÖSISCH-GUAYANA

[Kasten]

Hauptstadt: Paramaribo

Amtssprache: Niederländisch

Hauptreligion: Hinduismus

Bevölkerung: 400 000

Zweigbüro: Paramaribo

[Bild auf Seite 194]

Alfred Buitenman, der Jehova über 60 Jahre treu gedient hat

[Bild auf Seite 197]

Lien Buitenman und James Brown erinnern sich noch lebhaft an die Vorführung des „Photo-Dramas der Schöpfung“ um das Jahr 1920

[Bild auf Seite 199]

Willem Telgt, der sich 1919 taufen ließ, errichtete später Königreichssäle im Land

[Bild auf Seite 207]

Grannie de Vries sorgte für ihre Missionar-„Jungs“

[Bild auf Seite 215]

Frederik Wachter, der erste Buschneger, der ein Zeuge wurde

[Bild auf Seite 218]

Stella Daulat spendete ihr Grundstück für den Bau des ersten Königreichssaals in der Hauptstadt

[Bild auf Seite 230]

Albert Suhr, ein Absolvent der 20. Klasse der Gileadschule, gibt in einem Altenheim Zeugnis

[Bild auf Seite 241]

Die Glieder des Zweigkomitees: C. Pinas, W. van Seijl, N. Pinas und D. Stegenga

[Bild auf Seite 246]

Leo Tuart ist seit fast einem halben Jahrhundert ein Zeuge

[Bild auf Seite 251]

Das gegenwärtige Zweigbüro in der Wicherstraat 8—10