Dänemark
Dänemark
ZWISCHEN Nordsee und Ostsee ragt das kleinste Land der skandinavischen Völkerfamilie ins Meer hinein: Dänemark, das älteste Königreich. Den größten Teil Dänemarks bildet die Halbinsel Jütland, die sich wie ein langer Daumen nach Norden streckt, umgeben von einer Unmenge von Inseln — 483 an der Zahl. Liebliche Landschaften mit fruchtbaren Feldern, saftigen grünen Wiesen, lichten Wäldern und ruhigen, silbrigen Seen zieren das Land.
Die Menschen sind von der Anmut der Landschaft geprägt — eine Landschaft ohne Felsenklüfte und Wüsten, ohne speiende Vulkane und reißende Flüsse. Kein Wunder, daß sich die Dänen nicht so leicht zu Gefühlsausbrüchen hinreißen lassen. Sie sind in der Regel recht tolerant, können gut wirtschaften, sind meistens skeptisch und verhalten sich abwartend. Sie kann so leicht nichts erschüttern.
Wahrscheinlich konnten im Laufe der Jahrhunderte religiöse Veränderungen wegen dieser Gelassenheit so ruhig vor sich gehen. Kurz nach dem Jahr 800 u. Z. fielen Missionare über das heidnische Dänemark her, um den Wikingern den katholischen Glauben zu predigen, und bis zum Jahr 1000 u. Z. waren die meisten Dänen vom Polytheismus zum Katholizismus übergewechselt, wenn auch nur formell.
Die evangelisch-lutherische Glaubenslehre wurde in Skandinavien erst etwa 500 Jahre später eingeführt, als König Christian III., der zu dem neuen Glauben übergetreten war, entschied, daß sich jedermann in seinem Reich auch dazu bekehren sollte. Nur wenige hatten etwas gegen diese neue Staatskirche und die ihnen aufgezwungene Mitgliedschaft einzuwenden. Im allgemeinen wurde den katholischen Priestern einfach erlaubt, weiterhin in ihrer alten Gemeinde zu bleiben — nur dienten sie jetzt als lutherische Geistliche. Der Durchschnittsbürger bemerkte kaum einen Unterschied, denn durch den Wechsel zur evangelischen Kirche wurde die Bibel auch nicht allen Menschen nähergebracht.
Schließlich erhielt das Land im Jahr 1849 eine demokratische Verfassung und Religionsfreiheit. Die Staatskirche wurde zur Volkskirche, wobei jedoch der König immer noch die höchste Stellung bekleidete. Obwohl die Mitgliedschaft freigestellt war, traten nur wenige aus der Kirche aus, und bis zum heutigen Tag — über 140 Jahre später — gehören 90 Prozent der Bevölkerung der Volkskirche an.
Religiöse Erweckungsbewegungen
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Dänemark von einer Welle verschiedener religiöser Erweckungsbewegungen überflutet. Mehrere Leute, die von dem Theologen und Dichter N. F. S. Grundtvig beeinflußt worden waren, gründeten freikirchliche Gemeinden, jedoch innerhalb der Volkskirche. Die Anhänger Grundtvigs waren zur Bibel liberal eingestellt und lasen nicht gerade viel in der Bibel. Ihnen war jedoch sehr daran gelegen, die Öffentlichkeit aufzuklären; deshalb errichteten sie Volkshochschulen — Schulen für Jung und Alt, um das Wissen auf dem Gebiet der Geschichte und der Literatur zu fördern.
Bald bildete sich durch die Initiative einiger Laien eine gegensätzliche Erweckungsbewegung, die sich Innere Mission nannte und die versuchte, die Kirchenmitglieder zu einem „bewußten, lebendigen, christlichen Glauben“ anzuhalten. Die Innere Mission trat stark fürs Bibellesen ein — im Gegensatz zu den Anhängern Grundtvigs —, legte aber besonderen Nachdruck auf die Sünde und die Lehre von einer Feuerhölle und verurteilte streng das Tanzen, den Alkoholgenuß und das Kartenspielen als „weltlich“.
Interesse an der Wiederkunft Christi
Während das Interesse an Religion seinen Höhepunkt erreichte, breiteten sich auch der Atheismus und die Evolutionslehre in Dänemark aus. In dieser Zeit der religiösen Umwälzungen erkannten einige Personen, daß ein Unterschied zwischen den biblischen Lehren und den Lehren der Kirchen besteht. Daraufhin waren einige Leser der Bibel an den Prophezeiungen über die Wiederkunft Christi interessiert.
Als dann Charles Taze Russell, der erste Präsident der Watch Tower Society, 1891 das erste Mal Europa besuchte, führte ihn seine Reise auch nach Dänemark. Er berichtete: „In Norwegen, Schweden, Dänemark, in der Schweiz und besonders in England, Irland und Schottland sind die Felder reif zur Ernte. Es scheint so, als würden diese Felder ausrufen: ‚Kommt herüber und helft uns!‘ Wir kennen keine anderen, solch vielversprechenden Gegenden, die so reif sind, daß man die Sichel anlegen möchte, um zu ernten ... Wir benötigen dringend eine Übersetzung [der Millennium-Tagesanbruch-Serie] ins Schwedische und auch eine Übersetzung, die sowohl den Dänen als auch den Norwegern von Nutzen wäre.“
Der erste Königreichsverkündiger
Im Jahr 1894 traf der 25jährige Schuhmacher, Sophus Winter, ein Amerikaner dänischer Abstammung, aus den Vereinigten Staaten ein und ließ sich in Kopenhagen, der Hauptstadt, nieder. Damals waren der 1. Band der Millennium-Tagesanbruch-Serie von Russell und einige Traktate bereits übersetzt worden. Gegen Ende des Jahres konnte Bruder Winter das Hauptbüro in Allegheny
(Pennsylvanien, USA) davon benachrichtigen, daß er alle mitgebrachten Bücher verbreitet hatte.Der 2. Band der Millennium-Tagesanbruch-Serie wurde 1895 in Dänisch-Norwegisch veröffentlicht, und beginnend mit der Ausgabe vom Januar 1897 gab Bruder Winter eine monatlich erscheinende Zeitschrift heraus, betitelt Tusindaars-Rigets Budbærer (Tausendjahrreich-Bote). Das Interesse war geweckt worden, und im Jahr 1899 waren 15 Personen in Kopenhagen und 12 Personen in der Stadt Odder zur Feier zum Gedenken an den Tod Christi zugegen.
Im folgenden Jahr konnte die biblische Wahrheit auch in der Gegend von Fårevejle Fuß fassen, in einer abgelegenen kleinen Siedlung im Nordwesten Seelands mit einer Bahnstation. Hans Peter Larsen, ein religiöser Mensch, der sich zuerst der Inneren Mission und später den Baptisten angeschlossen hatte, lernte durch Bruder Winter die Wahrheit kennen und trat daraufhin aus der Baptistenkirche aus. Von dem Zeitpunkt an versammelte sich eine kleine Gruppe von ungefähr zehn Personen in einer Privatwohnung. Noch viele Jahre danach erzählte man in dieser Gegend davon, wie Hans Peter und ein Glaubensbruder die Wiederkunft Christi bekanntmachten, indem sie Zettel an Telefonmasten anbrachten. Ihre Arbeit zeitigte Früchte, denn 1902 wurde eine junge Frau namens Albertine Hansen Nielsen in der Sejerø-Bucht getauft. Sie diente Jehova bis zu ihrem Tode im Jahr 1968 — über 66 Jahre lang.
Ein neuer Mitverkündiger
Einige dieser ersten Verkündiger sprachen mit ihren Bekannten und Verwandten. Andere verteilten Traktate vor den Kirchen. Manche waren Kolporteure (Vollzeitprediger). Einer von ihnen war Carl Lüttichau, der im Sommer 1899 einige Wochen ganz Seeland bereiste und in verschiedenen Städten, darunter Roskilde und Holbæk, viele Bücher abgab.
Carl Lüttichau war kurz zuvor aus Südafrika zurückgekehrt, wo er einen Unfall hatte und eine schwere Verletzung erlitt. Er war entschlossen, sein Leben in den Dienst für Gott zu stellen, wenn er überleben würde. Er hielt sein Versprechen und arbeitete bald
mit Sophus Winter zusammen. Ab 1900 veröffentlichten sie gemeinsam Zions Wacht-Turm unter dem dänischen Namen Zions Vagt-Taarn.Leider wich Sophus Winter mehr und mehr von der Wahrheit ab. Im Herbst des Jahres 1901 stellte er die Veröffentlichung von Zions Vagt-Taarn ein, und im Verlauf der Jahre 1902 und 1903 kehrte er wieder in die Finsternis der falschen Religion zurück.
So kam es, daß Carl Lüttichau 1903 die Führung übernahm. Er wurde auf Jütland in Vingegaard geboren. Vingegaard gehörte zu dem Gut Tjele, das im Besitz seines Vaters war, der einige Jahre als Finanzminister bei der dänischen Regierung gearbeitet hatte. Carl beendete die Schule mit hervorragenden Noten, absolvierte sein Philosophiestudium und setzte sein Studium an der Universität von Edinburg in Schottland so lange fort, bis er schließlich 1896 nach Südafrika abreiste. Aufgrund dieser Vorbildung und wegen seiner feinen Art war er sehr beliebt und für die vor ihm liegende Arbeit geeignet.
Das erste größere Ereignis, das stattfand, nachdem er die Verantwortung für das Werk übernommen hatte, war der Besuch von Charles Taze Russell im April des Jahres 1903. Anläßlich dieses Besuchs wurden verschiedene Zusammenkünfte abgehalten, wobei die größte Zusammenkunft von 200 Personen besucht wurde. Im Oktober ergriff Carl die Initiative, den Wacht-Turm wieder in Dänisch zu veröffentlichen, und ab der Juli-Ausgabe des Jahres 1904 erschien die Zeitschrift wieder regelmäßig jeden Monat.
Ein Schildermaler findet die Wahrheit
In Kopenhagen wurden die Zusammenkünfte von einer Gruppe von fünf oder sechs Personen besucht, darunter zwei arme Näherinnen. Aber die Gruppe sollte bald stärker werden.
Brønshøj, das im Norden von Kopenhagen liegt, war das Zuhause von John Reinseth, eines Schildermalers aus Norwegen. Er und seine Frau Augusta versuchten aufrichtig, ihre Kinder gemäß dem Wort Gottes zu erziehen. John las oftmals seiner Familie aus der Bibel vor und versuchte den Stoff so zu erklären, daß selbst die Kinder es verstehen konnten. Religiöse Versammlungen
verschiedener Art, die sie besuchten, konnten sie nicht zufriedenstellen. Dann, eines Abends, kniete die Familie im Gebet nieder, während der Vater Gott aufrichtig darum bat, ihnen die Augen für die Wahrheit zu öffnen. Am nächsten Morgen stand eine Kolporteurin an ihrer Türschwelle mit dem 1. Band der Millennium-Tagesanbruch-Serie in der Hand. Wer war es? Es war Anna Hansen — eine der beiden armen Näherinnen.Carl Lüttichau ging der Sache nach und besuchte diese Familie, um sie in der Bibel zu unterweisen. Nach einigen langen Diskussionen fing John damit an, die Zusammenkünfte in der Ole Suhrsgade zu besuchen; dort befand sich auch die dänische Zentrale der Gesellschaft. Nach jeder Zusammenkunft eilte er nach Hause, um seiner Frau von den wunderbaren Dingen zu erzählen, die er gehört hatte. Obwohl sie seit mehreren Jahren bettlägerig war, schleppte sie sich, sobald sie sich wieder kräftiger fühlte, mühsam an Krücken zur Versammlung.
Die Familie hatte die Wahrheit schnell erfaßt. Jede freie Minute predigte John von Tür zu Tür. Oftmals stand er morgens schon um
4.30 Uhr auf, um sich für die Zusammenkünfte vorzubereiten. Wenn er im Laufe des Tages müde wurde, machte er gewöhnlich in einem bequemen Sessel ein Nickerchen und hielt dabei seinen Schlüsselring locker in der Hand. Sobald er eingeschlafen war und die Schlüssel fallen ließ, weckte ihn sein selbsterfundener Wecker. Erfrischt konnte er seine Tätigkeit fortsetzen.Obwohl seine Frau kränklich war, hatte sie den Wunsch, die Wahrheit in ihrem Geburtsort zu verbreiten, in Hellebæk im Norden Seelands. Also packte sie eine große Weidentruhe voll mit Büchern und schickte diese mit dem Zug nach Helsingør. Da sie in ihrer Handtasche nur einige wenige Bücher tragen konnte, ließ sie sich einen speziellen Gürtel nähen, der große, flache Taschen hatte. So ausgestattet, mit der Handtasche in der einen Hand, ihrem Stock in der anderen und mehreren Büchern im Gürtel, der von dem weiten Mantel verdeckt war, ging Augusta entlang der Nordküste beherzt von Villa zu Villa und predigte. Als sie 1925 starb, waren ihre letzten Worte: „Es gibt im Norden Seelands so viel zu tun, und ich hatte mir sehnlichst gewünscht, es tun zu können.“
Drei ihrer Kinder wurden auch eifrige Verkündiger der guten Botschaft, und ihr Sohn Poul hatte einige Zeit das Vorrecht, als Zweigaufseher zu dienen.
Die „Mittwochsbrüder“ in Ålborg
Im Jahr 1910 trat ein kleiner Personenkreis aus Ålborg, im Norden Jütlands, aus den verschiedenen Kirchen aus, da sie dort keine geistige Nahrung vorfanden. Jeden Mittwoch versammelten sie sich in einer Privatwohnung, um die Bibel zu lesen und zu besprechen. Unter ihnen befand sich das Ehepaar Peter und Johanne Jensen. Ihr Sohn Arthur besuchte diese Treffen auch ab und zu, obwohl er ein Freidenker war.
Als Anna Hansen — die Näherin, die die Familie Reinseth besucht hatte — kam und den 1. Band der Millennium-Tagesanbruch-Serie anbot, erwarb Johanne Jensen das Buch. Arthur verschlang das Buch in einer Nacht. Er mußte jedoch warten, bis sein Hunger nach geistigen Dingen noch mehr gestillt werden konnte. Ehe er sein Interesse vertiefen konnte, mußte er nach Kopenhagen reisen, doch während er dort war, erkrankte er
plötzlich an Typhus. Während seines Krankenhausaufenthalts hatte er Zeit, geistige Speise in sich aufzunehmen. Er benachrichtigte das Büro in der Ole Suhrsgade. Er wollte jede Publikation der Gesellschaft, die erhältlich war, haben. Nachdem er das Krankenhaus verlassen hatte, besuchte er alle Zusammenkünfte. Aber das stillte noch nicht seinen geistigen Hunger. Nach den Zusammenkünften begleitete er oftmals Poul Reinseth nach Hause, und Poul begleitete Arthur dann wieder zu dessen Wohnung. Oft verbrachten sie die ganze Nacht damit, zwischen den Wohnungen hin- und herzulaufen, während sie sich angeregt über die Wahrheit unterhielten. Zwischen ihnen entwickelte sich eine Freundschaft fürs Leben.Arthur führte dann mit seiner Mutter in Ålborg regen Briefwechsel, und er freute sich über die Idee, den „Mittwochsbrüdern“ von der biblischen Wahrheit, die er gefunden hatte, erzählen zu können. Als er zu Weihnachten nach Hause zu seinen Eltern fuhr, war Poul mit dabei. Arthur wurde gebeten, das Mittwochstreffen zu leiten, und als er die Aufmerksamkeit auf das Jahr 1914 als das Ende der Zeiten der Nationen lenkte, kam es zu einer längeren Diskussion. Nicht alle „Mittwochsbrüder“ blieben Arthurs Diskussionsrunde treu. Aber eine Gruppe aufrichtiger Personen hielt an der Wahrheit fest, und im Jahr 1912 wurde in Ålborg eine Versammlung gegründet. Thyra Larsen, eine junge Frau aus der Gruppe, wurde Kolporteurin, und ihre beiden Schwestern Johanne und Dagmar gehörten zu denen, die für die Versammlung eine treue Stütze waren.
Ein Besuch von Bruder Russell
Die Bibelforscher blickten mit wachsender Spannung auf das, was nach Ablauf der Zeiten der Nationen geschehen Matthäus 24:14 das Evangelium vom Königreich zuerst allen Nationen gepredigt werden sollte, aber sie dachten, daß dies vielleicht bereits geschehen sei, da in Amerika alle Nationalitäten vertreten waren und dort die Vorträge von Bruder Russell in Zeitschriften abgedruckt worden waren.
würde. Würde Harmagedon gleich danach folgen? Würde die Versammlung vor Harmagedon in den Himmel entrückt werden? Alle diese Gedanken beschäftigten die Brüder. Sie wußten natürlich, daß gemäßTrotz dieser Bedenken dehnte sich das Werk aus und erhielt durch die Besuche von Brüdern aus der Weltzentrale in den Vereinigten Staaten neue Impulse. Am 24. Mai 1909 traf Bruder Russell in Kopenhagen ein. Ungefähr hundert Menschen hatten Gelegenheit, seinem Vortrag mit dem Thema „Die Bündnisse“ zuzuhören. Abends lauschte eine Zuhörerschaft von weiteren 600 Personen gespannt dem Vortrag „Satans Reich erleidet eine Niederlage“. Zwei Jahre später wurde sein öffentlicher Vortrag „Das Gericht des großen weißen Thrones“ von 800 Personen angehört.
Im August 1912 machte Bruder Russell seinen nächsten Besuch. Für das erste, aber nicht das letzte Mal mieteten die Brüder
einen Vortragssaal mit 1 600 Sitzplätzen in dem Odd-Fellow-Palais. Es kamen jedoch so viele Leute, daß man in letzter Minute noch Vorbereitungen für eine zusätzliche Versammlung in einem kleineren Saal desselben Gebäudes treffen mußte. Der Vortrag „Jenseits des Grabes“ war also gleichzeitig in beiden Sälen zu hören. Da beide Säle bis auf den letzten Platz besetzt waren, mußten mehrere hundert Personen — zu ihrer Enttäuschung — weggeschickt werden.Mit dem Predigen von Haus zu Haus ging es aufgrund des Eifers der Verkündiger gut voran. Louis Carlsson aus Kopenhagen berichtete über das Jahr 1913: „Das ganze Jahr über haben wir nur Traktate verteilt. Jeden Sonntagmorgen um 9 Uhr stand John Reinseth an einer Straßenecke, um den Brüdern und Schwestern, die mit in den Dienst gehen wollten, Gebiet zuzuteilen. Wir klingelten nicht an den Haustüren, sondern steckten ein Traktat in den Briefschlitz der Tür. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die sich in Vesterbro, einem Stadtteil Kopenhagens, zutrug. Die Eingangstür einer Wohnung war aus Milchglas, so daß ich in der Wohnung die Umrisse eines Mannes erkennen konnte. Ich steckte ein Traktat mit dem Thema ‚Babylon‘ durch den Türschlitz; dieses wurde aufgehoben und wieder hinausgeschoben. Daraufhin schob ich ein zweites Traktat hinein, welches das Thema hatte ‚Was sagt die Heilige Schrift über die Hölle?‘ Ich sah, wie der Mann es aufhob und es sich anschaute — und zu meiner Überraschung behielt er es auch.“
Noch mehr Menschen wurden eingesammelt, und neue Versammlungen wurden gegründet, so daß bis zum Frühjahr 1914 außer der Versammlung in Kopenhagen in 12 Städten kleinere Versammlungen gebildet worden waren.
Der Weltkrieg bricht aus
Im Sommer 1914 kam Joseph F. Rutherford stellvertretend für Bruder Russell wieder nach Europa. Einige Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war er gerade auf dem Weg von Deutschland nach Großbritannien. Seine Liebe zu den dänischen Brüdern, die er bereits 1910 und 1913 besucht hatte, veranlaßte ihn jedoch, einen Umweg über Kopenhagen zu machen, um dort an den ersten beiden Tagen einem Kongreß beizuwohnen, der vom
1. bis 4. August stattfinden sollte. Mit seinen kurzen Abschiedsworten ermunterte Bruder Rutherford die Brüder an diesem Sonntag nachmittag, sich der mächtigen Hand Gottes zu unterwerfen und ihm in diesen schwierigen Zeiten unter allen Umständen völlig zu vertrauen.Aber dann wurde Bruder Rutherford unruhig, da jeden Moment Krieg auszubrechen drohte. Er mußte nach England reisen, aber alle normalen Schiffsverbindungen von Esbjerg in Dänemark zu den britischen Häfen waren bereits unterbrochen worden, und niemand wußte, was der nächste Tag bringen würde. Auf einem Fischkutter stachen sie Richtung England in See — mitten durch die Gewässer, wo zwei Jahre später eine der größten Seeschlachten des Ersten Weltkrieges ausgefochten wurde, die „Seeschlacht am Skagerrak“.
In der Zwischenzeit nahm der Kongreß in Kopenhagen seinen Verlauf. Am letzten Kongreßtag erhielten die Besucher von auswärts den Rat, noch am selben Abend nach Hause zurückzukehren, anstatt bis zum Morgen zu warten, da man befürchtete, daß die Eisenbahn und andere öffentliche Verkehrsmittel ihren Dienst einstellen würden. Niemand wußte genau, wie sich der Krieg noch ausweiten würde. Dänemark blieb jedoch neutral, und das Predigtwerk wurde nicht nennenswert eingeschränkt.
Das „Photo-Drama der Schöpfung“
Das „Photo-Drama der Schöpfung“, eine Vorführung von Filmen und Lichtbildern, traf noch in jenem Herbst in Dänemark ein. Die Erstaufführung fand im Odd-Fellow-Palais in Kopenhagen statt, und im Verlauf des Jahres 1915 wurde das „Photo-Drama“ in fast allen Verwaltungsbezirken jeweils in den besten Räumlichkeiten, die bei allen Vorstellungen bis auf den letzten Platz besetzt waren, gezeigt. Dagmar Larsen aus Ålborg, die später Louis Carlsson aus Kopenhagen heiratete, erinnerte sich: „Wir begannen damit, fleißig Einladungszettel zu verteilen. Jeder bekam jeweils einen Stoß von 500 Stück und verwandte seine ganze Freizeit auf diese Tätigkeit. Meine Schwester Johanne und ich wurden gebeten als ‚Diakonissen‘ bei den Vorführungen zu helfen. Wir trugen schwarze Kleider mit weißen Kragen, und unsere Kopfbedeckung war aus schwarzem Samt. ... Jeden Tag liefen drei
Vorführungen, und es herrschte Massenandrang. Die ganze Stadt war in Bewegung, da der Farbfilm eine neue Erfindung war — außerdem war die Vorführung kostenlos. Die Besucher erhielten Karten, worauf sie ihren Namen und ihre Adresse schreiben konnten, falls sie mehr Informationen wünschten, und zwei Kolporteure blieben für eine Weile in der Stadt, um sich der interessierten Personen annehmen zu können.“Eine entschlossene Lehrerin
Im Jahr 1915 erregte ein anderes Ereignis die Aufmerksamkeit. Im Vorjahr war das Fischerdorf Skagen am nördlichsten Zipfel des Landes mit der Wahrheit erreicht worden. Ein Kunsthändler und seine Frau hatten die Wahrheit angenommen. Auch Marie Due, eine Lehrerin, zeigte Interesse. Dagmar Larsen, die kurz zuvor getauft worden war, kam als Kindermädchen nach Skagen. Sie traf Marie Due und konnte sich mit ihr ausgiebig über biblische Themen unterhalten.
Marie Due trat im Herbst des gleichen Jahres aus der Kirche aus und lehnte es ab, weiterhin Religionsunterricht zu erteilen. Alle Zeitungen des Landes beschäftigten sich mit diesem Fall. Schließlich wurde Marie Due mit 45 Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzt, so daß für ihren Lebensunterhalt gesorgt war. Voller Freude stürzte sie sich in den Vollzeitdienst. Viele Jahre verrichtete sie treu ihre Arbeit in Dänemark, Norwegen und Finnland. Durch ihr Ausharren bis zu ihrem Tod gab sie ein großartiges Beispiel — sie war einfach nicht unterzukriegen.
Schwierige Jahre
Mit dem Tod von Bruder Russell im Jahr 1916 begannen schwierige Zeiten, insbesondere für die Versammlung in Kopenhagen. Einige Schwestern fingen an, falsche Lehren zu vertreten und beeinflußten sogar einige Älteste. Bei einer Zusammenkunft im Jahr 1917 in der Ole Suhrsgade erhob sich plötzlich eine Schwester und sagte: „Kommt, jetzt gehen wir!“ Sechzehn Personen aus der Gruppe, etwa 25 Prozent der Besucherzahl, folgten ihr nach draußen — und sie wurden nie wieder gesehen. Aber ihr Abgang wurde als Erleichterung empfunden. Die Zusammenkünfte konnten wieder friedlich vonstatten gehen.
Einige Abgefallene verbündeten sich mit Paul S. L. Johnson, der in den Vereinigten Staaten die Wahrheit etwa um die gleiche Zeit verlassen hatte. Durch Verleumdung und durch Druckschriften, die versandt wurden, versuchten sie, andere fortzuziehen. Wie Gangrän breitete sich der Abfall in anderen Versammlungen aus. Es war eine Zeit, in der die Brüder treu ausharren und entschlossen sein mußten.
Erneute Tätigkeit nach dem Krieg
Der dänische Wacht-Turm kündigte in der Juli-Ausgabe von 1919 an, daß nun das langersehnte Buch Das vollendete Geheimnis (7. Band der Schriftstudien) in Dänisch-Norwegisch veröffentlicht würde. Die Brüder rechneten mit dem Beginn eines großen Predigtfeldzugs. In Kopenhagen war schon ein Kursus für Kolporteure durchgeführt worden, um die Brüder darin zu schulen, wie sie den Menschen begegnen sollten. Damals wurden zum ersten Mal außer Kolporteuren auch andere ermuntert, im Haus-zu-Haus-Dienst auch Bücher zu verwenden.
In den folgenden Jahren leisteten eine Handvoll unermüdlicher und unentwegter Kolporteure eine gewaltige Arbeit, indem sie Königreichssamen aussäten und neues Land bearbeiteten. Niels Ebbesen Dal hatte einen beispielhaften Eifer. Im Jahr 1918 war dieser Amerikaner dänischer Abstammung an seinen Geburtsort, die Insel Mors im Norden Jütlands, zurückgekehrt. Er hatte die Wahrheit in den Vereinigten Staaten anhand des Buches Der göttliche Plan der Zeitalter, das er in einem Hotelzimmer gefunden
hatte, kennengelernt. Gleich nach seiner Rückkehr nach Dänemark war er als Kolporteur tätig und predigte seinen Verwandten und allen anderen auf Mors.Das verursachte viel Aufsehen. Die Dals waren führende Anhänger Grundtvigs und waren auf der Insel sehr angesehen. Aber jetzt kam dieser Dal und predigte neue Ideen. Sein älterer Bruder Frode zeigte sofort Interesse, ebenso auch Kristian, Frodes Sohn, der gerade eine Ausbildung als Lehrer abgeschlossen hatte. Kristian begann 1920 mit seinem Dienst als Kolporteur und wurde später von seinem Bruder Knud begleitet.
Eine neue, fesselnde Botschaft
In den Vereinigten Staaten hatte der zweite Präsident der Watch Tower Society schon seinen allgemein bekannten Vortrag „Millionen jetzt lebender Menschen werden nie sterben“ gehalten. Nun war Europa an der Reihe, den Vortrag zu hören. Am 12. August 1920 fuhren Joseph F. Rutherford und einige seiner Mitarbeiter zu diesem Zweck mit dem Schiff nach England, und während Bruder Rutherford andere Teile Europas bereiste, hielt A. H. Macmillan in Dänemark den gleichen Vortrag.
Bruder Macmillan ging am Donnerstag, den 21. Oktober 1920 in Esbjerg von Bord und sprach noch am gleichen Abend im Palast-Hotel. Danach wurde der Vortrag in Odense gehalten. In Kopenhagen sollte zu dem Vortrag im Odd-Fellow-Palais eingeladen werden. Eine Stunde vor Beginn des Vortrags hatten sich schon eine Anzahl Menschen vor dem Palais versammelt, und als die Türen geöffnet wurden, war das Gebäude in nur wenigen Minuten gefüllt. Viele, die erst fröhliche Gesichter gehabt hatten, waren enttäuscht, als sie abgewiesen werden mußten. Die Zuhörerschaft war indessen sehr aufmerksam, und nach der Zusammenkunft konnten 300 Exemplare der Millionen-Broschüre verteilt werden.
Die Reaktion auf den Vortrag von Bruder Macmillan
Offensichtlich bestand großes Interesse an der „neuen“ Botschaft. Bruder Macmillans öffentliche Zusammenkünfte hatten mehr als 5 000 Zuhörer angelockt. Einige von ihnen wurden Bibelforscher und eifrige Verkündiger des Wortes Gottes. So saß
unter den Zuhörern in Esbjerg auch ein junges Ehepaar, Johannes und Thora Dam, Mitglieder der Methodistenkirche. Der Ehemann war der Kirchenvorstand, und deshalb wohnten sie im Gebäudekomplex der Kirche. Nach dem Vortrag bestellten sie die Millionen-Broschüre, und drei Monate später wurden sie von einem Kolporteur besucht.Der Kolporteur blieb eine Zeitlang bei ihnen, um sie zu unterweisen und damit sie eine gute Grundlage für ihren neugefundenen Glauben erhielten. Das erfreute den Methodistenpfarrer natürlich nicht. Eines Tages traf er den Kolporteur außerhalb der Kirche und fragte ihn: „Wer in aller Welt hat Ihnen erlaubt, Fische aus meinen Fischkörben zu nehmen?“ Darauf antwortete der Bruder gewandt: „Und wer hat Ihnen erlaubt, die Fische in die Körbe zu tun?“
Johannes Dam hatte die wahre Kirche gefunden. Insgesamt verließen 18 Personen die Methodistenkirche, und so nahm die Versammlung in Esbjerg ihren Anfang.
Einer von denen, die in Kopenhagen anläßlich des „Millionen“-Vortrags von Bruder Macmillan wegen zu großen Andrangs abgewiesen worden waren, war Angelo Hansen, ein junger, engagierter Sozialdemokrat, Mitarbeiter in einem tabakverarbeitenden Betrieb. Obwohl er enttäuscht darüber war, daß er den Vortrag nicht gehört hatte, war sein Interesse an der biblischen
Wahrheit geweckt worden. Einige Monate später, als er arbeitslos war, meldete er sich bei der Gewerkschaft. Er traf einen arbeitslosen Kollegen, der zu seiner Überraschung ein Bibelforscher war. Pech für die Kirche, denn bald darauf wurde auch Angelo Hansen ein Bibelforscher.Rutherfords Besuch im Jahr 1922
Im Jahr 1922 besuchte Bruder Rutherford wieder einen Kongreß in Kopenhagen. Diesmal hielt er den „Millionen“-Vortrag im Odd-Fellow-Palais — am gleichen Ort, an dem vor eineinhalb Jahren Bruder Macmillan diesen Vortrag gehalten hatte.
Welchen Eindruck hatte der Vortrag hinterlassen? Die Tageszeitung Politiken schrieb auf der Titelseite: „Richter Rutherfords Ansprache war gestern abend in der Konzerthalle ein Erfolg. Schon lange vor Beginn seines Vortrags war jeder Sitzplatz in dieser großen Halle besetzt, und weitere Zuhörer kamen in Scharen. Einige hundert mußten abgewiesen werden. Es gab keinen Platz mehr für sie.“
Auf diesem Kongreß befand sich unter den Täuflingen Christian Rømer, ein junger Mann, der auf der Insel Bornholm,
wo er geboren wurde, mit den Bibelforschern in Kontakt kam. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte sein Vater ein Geschenkabonnement auf den Wacht-Turm erhalten, und 1919 fand Christian, der damals 20 Jahre alt war, eines Tages eine Ausgabe davon. „Was an diesem Tag geschah, war für mich ein so großes Erlebnis, daß ich es nicht mit Worten beschreiben kann“, erzählte er. „Dies war die Wahrheit, von der ich wußte, daß sie in der Bibel zu finden sein mußte, und jetzt hatte ich sie erkannt — ich hatte sie gefunden.“Während des Kongresses in Kopenhagen ging er zu der Zusammenkunft für Kolporteure. Hier traf er Kristian Dal — nun stand sein Lebensziel fest. Im Juni 1922 begann er seinen Dienst als Kolporteur auf Bornholm.
Zunahme in Kopenhagen
Im Winter 1921/22 predigte Angelo Hansen, wie gewöhnlich, den arbeitslosen Stadtbewohnern, die draußen vor der Gewerkschaft standen, um sich zu melden. Während er die Millionen- Broschüre über seinen Kopf hielt und ausrief: „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“, näherte sich ihm ein junger Mann, der nach der Wahrheit suchte. Es war Christian Bangsholt. Er las die Broschüre in einer Nacht durch und besuchte dann bald die Zusammenkünfte in der Ole Suhrsgade. Was er dort hörte, unterschied sich so sehr von dem, was er zuvor bei der Heilsarmee, der Pfingstgemeinde, den Methodisten und all den anderen Gruppen gehört hatte, wo seine Suche nach der Wahrheit vergeblich gewesen war. Diese Botschaft konnte er einfach nicht für sich behalten.
Eine Anzahl Bekannter, mit denen er sich unterhalten hatte, fingen auch an, die Zusammenkünfte zu besuchen, so auch Herløv und Betty Larsen. Herløv und Christian waren seit ihrer Kindheit Freunde und hatten viel gemeinsam musiziert. Jetzt verband sie der Wohlklang der biblischen Wahrheit miteinander.
Im Frühjahr desselben Jahres interessierte sich noch ein anderer junger Mann für die Botschaft der Bibelforscher, nämlich Hans Christian Johnsen. Als Atheist und totaler Gegner von Religion beschäftigte er sich intensiv mit sozialistischen Ideen. Ein Plakat, das zum „Millionen“-Vortrag einlud, hatte seine Aufmerksamkeit
erweckt. Auf dem Weg zur Konzerthalle kaufte er sich eine Zeitung, damit er etwas zum Lesen hätte, falls der Vortrag langweilig wäre. Er verwandte auch tatsächlich die Zeitung — als Schreibpapier —, aber er konnte nicht schnell genug die Schriftstellen notieren. Da der Vortrag logisch und verständlich war, gab er seine atheistische Einstellung zugunsten des Glaubens an Gott auf. Es blieb nicht bei dem einen Vortrag, und im September begleitete ihn seine Frau zu den Ansprachen. Beiden war klar, daß die Botschaft vom Königreich von Haus zu Haus gepredigt werden sollte.Eines Tages im Jahr 1925 wurde Hans Christian gebeten, einen jungen Mann namens Einer Benggaard zu besuchen, der einige Bücher der Gesellschaft gelesen hatte. Sobald der Kontakt hergestellt war, wurde Einers Glaube zusehends stärker, und er beteiligte sich auch am Zeugnisgeben.
So bildete sich in den zwanziger Jahren ein kleiner Grundstock junger, eifriger Verkündiger — Brüder und Schwestern, die das Werk nachhaltig beeinflußten. Ein Großteil der Zunahme in Kopenhagen ist bis auf den heutigen Tag auf die Tätigkeit dieser wenigen treuen Brüder zurückzuführen.
Pionierdienst in Jütland
Jetzt wurden die ländlichen Gegenden intensiver bearbeitet. Im Januar 1924 wurden drei Kolporteure, Knud und Kristian Dal und Christian Rømer — der „Kolporteurtrupp“ —, zu ihrer ersten Station nach Jütland in die Stadt Skive geschickt. Bruder Lüttichau startete den Feldzug mit einem öffentlichen Vortrag im größten Versammlungssaal der Stadt; danach wurden in der ganzen Gegend in Lokalen und Gemeindesälen Zusammenkünfte abgehalten, und Kristian Dal diente als Vortragsredner. Die Vorträge kündigte man durch Zeitungsanzeigen und mit Einladungszetteln an. Nach dem Vortrag arbeiteten die Kolporteure gewöhnlich in dem Gebiet und gaben Bücher und Broschüren ab.
Im Frühjahr 1924 traf das Trio in Hadersleben in der Amtskommune Südjütland ein, die früher zu Deutschland gehört hatte, dann aber durch eine Volksabstimmung 1920 wieder Dänemark angegliedert wurde. Aus dieser Gegend waren junge Männer eingezogen worden, um an der Westfront zu kämpfen.
Viele von ihnen hatten in den französischen Schützengräben ihren Glauben an Gott verloren.Christian Rømer beschreibt, welche Erfahrungen sie mit diesen Menschen im Predigtdienst machten: „Es war ein ziemlich außergewöhnliches, aber interessantes Gebiet. Die politischen Auseinandersetzungen, die diese Menschen miterlebt hatten, hatten sie für die Wahrheit zugänglich gemacht.“
Anton Hansen, ein Holzschuhmacher aus Over Jerstal, gehörte zu den Personen, mit denen die Kolporteure auf ihrer ersten Runde durchs Gebiet sprachen. Auch er hatte an der Westfront seinen Glauben verloren. Zusammen mit einigen Kriegskameraden war er bei dem Vortrag zugegen: „Was sagt die Heilige Schrift über die Hölle?“ Am darauffolgenden Tag wurde Anton Hansen von Knud Dal besucht, und nach einer dreistündigen lebhaften Unterredung nahm er das Buch Die Harfe Gottes entgegen. Dieses Buch ließ seinen Glauben wieder so lebendig werden, daß er zusammen mit seiner Frau Kathrine in Südjütland im Predigtwerk führend voranging.
Bis zum Herbst 1925 waren die drei Kolporteure des „Dal-Trupps“ mit den Fahrrädern oder dem Zug unterwegs, aber nun stellte ihnen ein Bruder ein Auto zur Verfügung. Christian Rømer reiste nach Kopenhagen, um es abzuholen. „Das war ein großes Ereignis, als wir das Auto bekamen — eine herrliche alte Karre mit Klappverdeck und allem Drum und Dran“, erinnert er sich noch gern. „Und da ich der einzige war, der einen Führerschein hatte, war ich der Chauffeur. Das Auto hielt ein Jahr. Dann tauschten wir es gegen eines der damals luxuriösesten Autos ein, eine Ford-Limousine von 1923 — an allen Seiten geschlossen und im Winter wärmer. Ein ganz schön schickes Fahrzeug!“
Diese Kolporteure bearbeiteten bis zum März des Jahres 1929 nach und nach ganz Jütland und Fünen; dann waren alle für diese besondere Tätigkeit bereitgestellten Mittel erschöpft.
Weitere Kolporteure helfen bei der Arbeit
In der Zwischenzeit waren Ella Krøyer aus Kopenhagen und Kristine Poulsen, eine Lehrerin und ehemalige Anhängerin
Grundtvigs, damit beschäftigt, im Süden Seelands zu predigen. Auch hier hatte zuvor noch nie jemand gepredigt. So kam es, daß im Herbst des Jahres 1926 die Schwestern ihren Predigtdienst in der Umgebung der Stadt Vordingborg durchführten. Schwester Poulsen erinnert sich: „Es war zur Zeit der Zuckerrübenernte. Da es keine asphaltierten Landstraßen gab und es nachts oft regnete, hinterließen die mit Zuckerrüben beladenen Wagen tagsüber tiefe Spuren im Schlamm. Gelegentlich mußten wir darauf verzichten, einen Bauernhof oder ein Haus zu besuchen, da wir auf der Straße einfach nicht mehr vorankommen konnten.“Eines Tages entdeckten die Schwestern genau das, was sie benötigten, um dem Schlamm Herr zu werden — hohe Gummistiefel! Jede kaufte sich schnell ein Paar. Aber zu jener Zeit waren Gummistiefel eine Sensation, so daß die Schwestern, wo immer sie auch hinkamen, Aufmerksamkeit erregten. Als sie einen Abstecher nach Kopenhagen machten, um sich etwas zu entspannen, fielen ihre Gummistiefel sofort auf. Eine Schwester im Zweigbüro in der Ole Suhrsgade war von dem neuartigen Schuhwerk so begeistert, daß sie die Stiefel vom Eingang holte und damit im Büro auf und ab stolzierte, um jedem zu zeigen, wie gut die Kolporteurinnen ausgerüstet waren.
Eine dritte Kolporteurgruppe, Anna Petersen und Thora Svendsen, war ebenfalls auf Fünen und in Jütland tätig. Schwester Petersen erzählt: „Wir Pioniere wurden gewöhnlich in Gegenden gesandt, wo es keine Versammlungen gab. Meistens gingen wir zuerst zum Besitzer des Kolonialwarenladens und fragten ihn, ob er wüßte, wer am Ort Zimmer zu vermieten habe. Unsere Küche bestand aus einem Petroleumkocher, einigen Töpfen, einem alten Tisch oder einigen Lattenkisten, die uns der Ladenbesitzer gegeben hatte.“
Manchmal schlossen sich die beiden Schwestern dem „Dal-Trupp“ an. Was war die Folge? Schwester Petersen und Bruder Rømer entschieden sich für eine etwas dauerhaftere Beziehung. Sie heirateten 1933. Obwohl Schwester Rømer jetzt in einem Pflegeheim leben muß, kann Bruder Rømer immer noch im Vollzeitdienst stehen.
Das Predigtwerk wird organisiert
In der Zwischenzeit war in Dänemark viel geschehen. Im Jahr 1922 erging in Cedar Point (Ohio, USA) der historisch bedeutungsvolle Aufruf: „Verkündet den König und sein Königreich!“ Jetzt sollten nicht nur die Kolporteure regelmäßig predigen, sondern alle, die mit der Versammlung verbunden waren. Als diese Nachricht Dänemark erreichte, verstanden die Brüder, daß sie sich alle am Predigtwerk beteiligen konnten. Der Aufruf nach Verkündigern erschien im dänischen Wacht-Turm, aber das Werk war noch nicht organisiert. Warum nicht? Einflußreiche Personen in der Versammlung — die Wahlältesten — versagten ihre Unterstützung. Etwas mußte geschehen.
Ende Mai 1925 wollte Bruder Rutherford in Örebro (Schweden) einen Kongreß besuchen. Kurz zuvor waren er und R. J. Martin in der Schweiz gewesen. Um Zeit zu sparen, reisten sie von Zürich nach Kopenhagen mit dem Flugzeug. Doch die Brüder waren besorgt darüber, ob sie wohl sicher landen würden. Als sie Norddeutschland und Dänemark überflogen, wurde das Flugzeug durch einen aufkommenden Sturm hin und her geschaukelt — wie ein Korken auf dem Wasser. Bei ihrer Ankunft in Kopenhagen jubelten ihnen mehr als hundert Leute zu, zumal keiner geglaubt hatte, daß das Flugzeug es durch den Sturm schaffen würde. Jetzt mußten sie noch 30 Minuten mit dem Auto
bis zum Hafen fahren, wo Bruder Macmillan wartete. Er hatte den Schiffskapitän und den Fahrdienstleiter dazu überredet, die Abfahrt der Fähre nach Malmö hinauszuzögern. Sie setzten alle mit der Fähre über, und am nächsten Tag trafen sie auf dem Kongreßgelände in Örebro ein.Am letzten Kongreßtag gab Bruder Rutherford bekannt, daß in Kopenhagen ein Büro für Nordeuropa eingerichtet werden sollte, und Bruder William Dey aus Schottland würde die Aufsicht haben. Das Büro würde das Werk der Gesellschaft in Skandinavien und in den baltischen Staaten beaufsichtigen und „vor allem zum öffentlichen Predigen der Königreichsbotschaft ermuntern und dadurch das Werk vorantreiben“.
Bruder Dey, ein Junggeselle, war seit 1913 ein Bibelforscher. Er war für diese Arbeit der geeignete Mann. Um die Aufsicht über das nordeuropäische Büro übernehmen zu können, hatte er in London seine Stellung als Finanzdirektor aufgegeben. Er war tatkräftig und standhaft, angetrieben von seiner großen Liebe zur Wahrheit. Er hatte gute Erfahrungen in seinem Dienst in Großbritannien gesammelt, wo schon seit einigen Jahren der Dienst der Kolporteure in den Versammlungen organisiert worden
war. Bei den Brüdern war er beliebt und bald als der „Große Schotte“ bekannt.Bruder Dey organisierte umgehend die Predigttätigkeit. Poul Reinseth wurde zum Dienstleiter für Kopenhagen ernannt und beaufsichtigte das Zeugniswerk in der Hauptstadt. Die Stadt wurde in sechs Bezirke aufgeteilt. Für jeden Bezirk war ein Dienstvorsteher verantwortlich. In Privatwohnungen wurden Bücherdepots eingerichtet, so daß nicht mehr jeder Verkündiger zum Zweigbüro reisen mußte, um Literatur zu erhalten. Jetzt nahm die Predigttätigkeit einen rapiden Aufschwung.
Ein Kongreß mit einem Predigtdiensttag
Der Kongreß von 1925 war ein Höhepunkt in der theokratischen Geschichte Dänemarks. In der dänischen Ausgabe des Wacht-Turms wurde bekanntgegeben: „Dienstag, der 1. September, wird ein besonderer Predigtdiensttag sein, und es wird von allen, die dazu in der Lage sind, erwartet, daß sie Anstrengungen unternehmen, mit Hilfe von Büchern die Botschaft in der Umgebung von Kopenhagen zu verkünden.“ Poul Reinseth leitete den Tag ein mit einem Vortrag über die Wichtigkeit des Predigens. Dann zerstreuten sich die Kongreßdelegierten in alle Richtungen — und auf ging’s mit den Büchern von Haus zu Haus.
Danach enthielt der dänische Wacht-Turm die folgende Ermunterung: „Seit dem Kongreß wird die Botschaft von vielen Ortsgruppen mit Eifer und Begeisterung verbreitet, und wir hoffen, daß dies zu einer wirklichen Ausdehnung des Werkes führt.“
Mehr Versammlungen beteiligen sich an der Arbeit
Bruder Dey hatte alle Hände voll zu tun. Als Aufseher reiste er in Skandinavien und im Baltikum in den ersten dreieinhalb Monaten 14 000 Kilometer, um das Predigtwerk zu organisieren. Einer Benggaard erzählt eine kleine Episode aus dieser Tätigkeit: „In einer Versammlung im Norden Jütlands hatten wir einen kleinen Kongreß arrangiert, der unseren Brüdern und Schwestern helfen sollte, im Dienst von Haus zu Haus organisiert zu arbeiten. Nachdem Bruder Dey einen Vortrag gehalten hatte, erhielten wir Anweisungen darüber, wie wir die Arbeit verrichten sollten, was wir zu den Leuten sagen sollten und vieles mehr. Gebiet und Literatur wurden uns zugewiesen, und den meisten schlug das Herz bis zum Hals, als sie zur Tür hinausgingen. Als Bruder Dey und ich die Hauptstraße entlanggingen, sahen wir in einer Toreinfahrt zwei Schwestern stehen, die weinten. Wir nahmen sie in unsere Obhut, und bald darauf strahlten ihre Augen wieder.“
Am Ende des Jahres waren mehr als doppelt so viele Bücher verbreitet worden als im Jahr zuvor. In dem Bericht für das Dienstjahr 1925 wurde vom Büro vermerkt: „Mehr und mehr Brüder und Schwestern verstehen immer besser, daß nicht nur Vortragsredner und Kolporteure dazu aufgefordert sind, sich am Predigen zu beteiligen, sondern in Wirklichkeit alle, die ihr Leben dem Herrn ganz geweiht haben.“
Besuche von Pilgerbrüdern
Reisende Pilgerbrüder, wie zum Beispiel Johan Eneroth aus Schweden und Theodor Simonsen aus Norwegen, hatten zu vermehrter Predigttätigkeit ermuntert. Jetzt wurde jedoch Christian Jensen aus dem Norden Seelands zum ständigen Pilgerbruder ernannt. Er hatte einige Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt und war auch mit dem „Photo-Drama der Schöpfung“ durch Dänemark gereist.
Die Bezeichnung „Pilgerbruder“ wurde später
auf Bezirksdienstleiter abgeändert, und es wurden mehrere Bezirksdienstleiter ernannt. Einige von ihnen waren Christian Rømer, Kristian Dal und Johannes Dam.Ein „richtiges“ Bethel
Bald wurde der viel zu kleine Lagerraum in der Ole Suhrsgade von Büchern und Broschüren aus den Druckereien der Gesellschaft in Magdeburg und Bern überflutet. Bisher lagerte die Literatur in zwei auf der Seite liegenden, aufeinandergestellten Versandkisten, in denen nur für einige hundert Bücher Platz war. Simon Petersen, ein junger Bruder (leiblicher Bruder der Kolporteurin Anna Petersen), wurde damit beauftragt, einen neuen und geräumigeren Lagerraum im früheren Versammlungssaal herzurichten.
Einige der Brüder und Schwestern, die im Büro und Literaturlager in einem alten Wohngebäude arbeiteten, wohnten überall verstreut in Kopenhagen. Bruder Dey dachte, daß es ein „richtiges“ Bethelheim geben sollte, wo alle an einem Ort zusammen wohnen und essen könnten. Also wurden oben im sechsten Stock, direkt unterm Dach, kleine Lagerräume ausgeräumt, die Fußböden lackiert, die Wände tapeziert und die Zimmer eingerichtet. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren, hatten nun Einer Benggaard sowie Simon Petersen und ein anderer Bruder ein gemütliches, wenn auch etwas einfaches Schlafzimmer.
Ein neuer Höhepunkt
Im Herbst des Jahres 1927 erlebten die Brüder wieder einen Höhepunkt. Ein erneuter Besuch von Bruder Rutherford war der Anlaß für einen weiteren Kongreß, bei dem 650 Delegierte aus Skandinavien, Estland und Lettland dem Vortrag von Bruder Rutherford „Freiheit für die Völker“ gespannt zuhörten. Die Tageszeitung Politiken schrieb:
„Die Türen des Odd-Fellow-Palais wurden um 7.30 Uhr geöffnet, aber innerhalb einer Viertelstunde war jeder Platz besetzt ..., und die Türen wurden geschlossen. Während der nächsten Viertelstunde drängten sich Hunderte von Menschen in die große geflieste Vorhalle. Sie trommelten mit Fäusten gegen die geschlossenen Türen. Ein Mann, der von weit her gekommen war,
um sich diesen Vortrag anzuhören, bot 500 Dänische Kronen [100 $] für einen Sitzplatz. Aber es nützte ihm nichts. Das furchtbare Gedränge in der Vorhalle wurde immer schlimmer. Fast tausend Menschen drängelten sich nach vorn, um hineingelassen zu werden, aber ohne Erfolg.“Feldzüge und Kongresse
Um alle anzuspornen, sich am Zeugnisgeben zu beteiligen, wurden weltweit Feldzüge organisiert, die im allgemeinen neun Tage dauerten. Der erste Feldzug in Dänemark wurde mit der Broschüre Freiheit für die Völker durchgeführt, die der Öffentlichkeit während des Monats März im Jahr 1928 zugänglich gemacht wurde. Eine andere besondere Aktion waren die kleinen Sonntagsversammlungen, die später Dienstversammlungen genannt wurden.
Zu Hause bei Holger Nielsen in Thorup Strand, einem Fischerdörfchen im Norden Jütlands an der Nordsee, erhalten wir einen Einblick in eine typische Sonntagsversammlung. Bald werden Brüder aus Ålborg, von der Insel Mors und aus den Dörfern, die auf dieser Strecke liegen, eintreffen. Unterwegs wird gepredigt — die Verpflegungsbeutel unterm Arm. In der Zwischenzeit laufen in Thorup Strand alle Vorbereitungen auf vollen Touren, um die Brüder empfangen zu können. Die Scheune von Bruder Nielsen wird geräumt, gefegt und etwas hergerichtet, und Sitzbänke werden mit einem Pferdewagen aus dem Gemeindezentrum abgeholt. Bis die Brüder ankommen, ist es Mittag; sie essen zusammen, ruhen sich ein wenig aus und versammeln sich dann in der sauberen Scheune, um einem Vortrag zuzuhören und anschließend einer Taufe im offenen Meer beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit werden 19 Personen untergetaucht. Was für ein schöner Tag!
Besser organisiert
Von 1925 bis 1930 wurden die Bibelforscher in Dänemark ganz neu organisiert. So fing man zum Beispiel 1928 damit an, die Zusammenkünfte besser zu planen. Der Wacht-Turm war schon regelmäßig studiert worden, doch jetzt wurde empfohlen, direkt vor der wöchentlichen Zeugnisversammlung eine Dienstversammlung abzuhalten, wobei Anregungen aus dem Bulletin (später Unser
Königreichsdienst) unterbreitet werden konnten. Im folgenden Jahr verschickte die Gesellschaft einen „Organisationsplan“. Jede Versammlung sollte ein aus drei Brüdern bestehendes Dienstkomitee zur Beaufsichtigung des Predigtwerkes haben, wohingegen sich die Wahlältesten in den Versammlungen um die Studienzusammenkünfte kümmerten.Solche Veränderungen hatten ein Sichten zur Folge. Es offenbarte sich immer mehr, wer seinen Glauben nicht durch Werke beweisen wollte, und schließlich verließen die Betreffenden die Reihen der Bibelforscher. Deshalb sank die Zahl der Gedächtnismahl-Teilnehmer von 909 im Jahr 1927 auf 605 im Jahr 1931.
Schließlich stellte sich heraus, daß der Zweigaufseher Carl Lüttichau mit den theokratischen Veränderungen nicht fertig wurde. Er konnte nicht einmal damit übereinstimmen, daß die Gesellschaft alle falschen Religionen scharf verurteilte. Viele Brüder versuchten, ihm den Wert der notwendigen Änderungen klarzumachen; sogar Bruder Eneroth aus Schweden versuchte ihm persönlich zu helfen, doch es war vergebens. Carl Lüttichau gab seine Stellung als Vertreter der Gesellschaft im Zweigbüro auf und wurde im Januar 1930 von Poul Reinseth abgelöst.
Ein neues Hilfsmittel, ein neuer Name und ein neues Heim
Ab Januar 1930 wurde Das Goldene Zeitalter unter dem Namen Ny Verden (Neue Welt) in Dänisch veröffentlicht. Damit diese neue Zeitschrift eine möglichst weite Verbreitung erfahren würde, führte man ausgedehnte Feldzüge von Haus zu Haus durch, um den Leserkreis zu erweitern. Das Goldene Zeitalter war auch an Zeitungsständen erhältlich, und Plakate wurden aufgestellt, um Einblick in den Inhalt der Zeitschrift zu geben. Die Zahl der Abonnements schnellte in die Höhe. Im Jahr 1930 gab es 5 825 regelmäßige Abnehmer, welche die Zeitschrift entweder durch die Post oder durch Verkündiger erhielten, und 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, waren es 25 921 Personen, die regelmäßig die Zeitschrift lasen.
Ein weiterer Ansporn, eifrig zu predigen, war die Annahme des Namens Jehovas Zeugen. Nachdem der Name 1931 auf dem
Kongreß in Columbus (Ohio, USA) angenommen worden war, wurde die Resolution den Ortsversammlungen zur Zustimmung unterbreitet. Wie war die Reaktion auf diesen neuen Namen? Marie Due aus Norwegen schrieb: „Voller Begeisterung habe ich den neuen Namen angenommen, und ich freue mich, ein Zeuge für Jehova sein zu dürfen.“ Andere schrieben: „Dadurch konnten wir unsere Entscheidung erneuern, Jehova treu bis ans Ende zu dienen.“Die Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt enthielt die Resolution und Bruder Rutherfords Kongreßvortrag, und im März 1932 wurden viele Exemplare davon verbreitet. In der letzten Woche des Feldzugs unternahm man besondere Anstrengungen, um alle Politiker, Geistlichen, Regierungsbeamten und führenden Geschäftsleute persönlich mit der Broschüre zu erreichen. Auch bekam jeder Abgeordnete im Parlamentsgebäude ein Exemplar auf den Schreibtisch. Sogar der König von Dänemark, Christian X., erhielt ein Exemplar.
Es wurde eng in den Räumlichkeiten der Gesellschaft in der Ole Suhrsgade. Deshalb kaufte man eine große Villa am Stadtrand von Kopenhagen, in Valby in der Søndre Fasanvej 56, und die Bethelfamilie bezog am 18. Oktober 1932 die neuen Räume.
Obwohl die Gesellschaft jahrelang unter dem Namen „Vagttaarnets Bibel- og Traktatselskab“ (Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft) ihre Arbeit verrichtet hatte, war es nie notwendig gewesen, sich zu einem gesetzlich eingetragenen Verein zusammenzuschließen. Jetzt wurde ein Verein gegründet und am 21. Mai 1932 gesetzlich eingetragen. Die Räumlichkeiten in der Søndre Fasanvej dienten der Gesellschaft in den nächsten 25 Jahren als Zweigbüro, Lager und Bethelheim.
Das Verbreiten von Literatur als gesetzliches Recht anerkannt
In den frühen dreißiger Jahren versuchten die Behörden, Gewerbevorschriften und Bestimmungen über gesetzliche Feiertage auf unsere Predigttätigkeit mit Literatur von Haus zu Haus falsch anzuwenden. Hätten die Behörden ihre Pläne verwirklichen können, wäre das Zeugniswerk nur noch im Schneckentempo
vorangegangen. Statt dessen spitzte sich die Sache im Oktober 1932 zu. Fünf Zeugen fuhren mit dem Auto von Kopenhagen nach Roskilde, um dort zu predigen. Es war abgesprochen worden, daß sie sich wieder am Hauptplatz, wo sie das Auto geparkt hatten, treffen würden. Aber als sie wieder zusammentrafen, fehlte eine Person aus ihrer Gruppe, nämlich August Lehmann. Er war von der Polizei verhaftet worden.Bruder Lehmann wurde angeklagt, das Gewerberecht verletzt zu haben, indem er als Kolporteur Druckmaterial ohne Lizenz verkauft habe, und das außerhalb der Ladenschlußzeit. Nachdem Revision eingelegt worden war, sprach sowohl das Stadtgericht als auch das Landgericht Bruder Lehmann frei. Daraufhin ging jedoch die Anklagevertretung beim Obersten Gerichtshof, der diesen Rechtsfall im Oktober 1933 verhandelte, in Berufung. Der Oberste Gerichtshof entschied, daß die mit Büchern und Zeitschriften durchgeführte Predigttätigkeit der Zeugen Jehovas nicht einem Gewerbe gleichkommt und deshalb auch nicht gegen das Handelsgesetz verstößt.
Die Gesellschaft beschloß dann, daß jeder Verkündiger eine Ausweiskarte haben sollte, aus der hervorging, daß er für die Gesellschaft freiwillig und ohne Bezahlung arbeitete und Bücher ohne Gewinn verbreitete und daß der Oberste Gerichtshof
entschieden hatte, daß man auch ohne Lizenz als Kolporteur das Recht hatte zu predigen. Damit war das Problem gelöst, und das Predigtwerk konnte ohne weitere gesetzliche Eingriffe fortgesetzt werden.Die „große Volksmenge“ erscheint
Bis dahin hatten sich die Zeugen hauptsächlich um die Einsammlung der Auserwählten, der gesalbten Christen mit himmlischer Hoffnung, gekümmert. Aber in all den Jahren kamen oftmals Brüder und Schwestern zum Zweigbüro, die recht unglücklich waren, weil sie in ihrem Innersten nicht glauben konnten, daß sie die himmlische Hoffnung hatten. Sie empfanden es auch nicht als richtig, beim Gedächtnismahl von den Symbolen zu nehmen. Diese Brüder wurden damals als die Jonadabe bezeichnet, in Anlehnung an den biblischen Bericht von Jehu und Jonadab im alten Israel (2. Kö. 10:15, 16).
Im August 1935 wurde in zwei Ausgaben des englischen Wachtturms erklärt, daß es sich bei der „großen Volksmenge“ in Offenbarung, Kapitel 7 um eine irdische Klasse handelt, die vor Harmagedon eingesammelt werden soll. Die Brüder im Zweigbüro waren begeistert. Da noch im gleichen Monat in Kopenhagen ein Landeskongreß stattfinden sollte, telegrafierten die Brüder Bruder Rutherford und baten um Erlaubnis, einen Vortrag zu halten, der sich auf diese beiden Artikel stützte. Bruder Rutherford gab Bruder Dey grünes Licht, so daß dieser epochemachende Vortrag gehalten werden konnte.
„Es war eine unvergeßliche Stunde“, erzählt Bruder Benggaard. „Ich saß im Orchester hinter dem Redner und konnte die Zuhörerschaft sehen. Wie begeistert doch alle waren! Nie zuvor habe ich ein so tiefbewegtes Publikum gesehen! Die ‚große Volksmenge‘ war vom Himmel auf die Erde heruntergeholt worden — es war eine großartige Erleuchtung, und jetzt wußten alle, wer die ‚große Volksmenge‘ war.“
Jetzt begann man wirklich mit der Einsammlung der „Jonadabe“. Im ganzen Land wurden Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit abgehalten, um alle diejenigen zu erreichen, die zur großen Volksmenge gehören könnten.
Das Zeugnisgeben mit Grammophon
Um das Predigtwerk noch wirksamer durchführen zu können, wurden Grammophone benutzt. An den Türen ertönten Bruder Rutherfords kurze Bibelpredigten, die ins Dänische übersetzt und auf Schallplatten aufgenommen worden waren. Bald sah man im Gebiet Verkündiger mit tragbaren Grammophonen.
So ein Grammophon, wenn es auch ein tragbares war, auf dem Fahrrad zu befördern, hatte seine Tücken. Schwester Rømer erinnert sich: „Da die Straßen sehr abschüssig und steinig waren, mußten wir unsere Fahrräder nicht nur bergauf, sondern manchmal auch bergab schieben. Hätten wir die Räder flott bergab rollen lassen, wäre die Befestigung für das Grammophon weggeschnellt.“ Solche Schwierigkeiten lähmten aber nicht ihren Eifer. Sie zeigten, daß sie der Herausforderung gewachsen waren, indem sie einen ausgefallenen Trick nach dem anderen ausprobierten, um das Grammophon sicher auf dem Fahrrad zu befestigen. Ein Bruder erinnert sich, daß von den 135 Personen, denen er helfen durfte, sich Jehovas weltweiter Organisation von Predigern
anzuschließen, 40 aufgrund der Grammophon-Tätigkeit dazugekommen waren.Außerdem wurden sogenannte Grammophon-Treffen veranstaltet, wo man Vorträgen zuhören konnte, die aus größeren Grammophonen laut ertönten. Einige Brüder in Kalundborg montierten eine Lautsprecheranlage auf einem alten Auto von Daniel Nielsen (Sohn von Albertine, die damals, im Jahre 1902, in der Sejerø-Bucht getauft worden war). Nachdem er das Auto verkauft hatte, nahm man einen Handwagen, der von einem Fahrrad gezogen wurde, in Betrieb. „Wir unternahmen große Touren“, erzählt Bruder Nielsen, „um auf den Dörfern mit Hilfe von Grammophonen Zeugnis zu geben.“
Pioniere gründen Versammlungen
In den dreißiger Jahren wurde die Tätigkeit der Kolporteure, der jetzige Pionierdienst, geändert. Während die Pioniere in den zwanziger Jahren von einer Gegend zur anderen reisten und versuchten, soviel Gebiet wie möglich zu bearbeiten, blieben sie nun an einer Stelle, um Versammlungen zu gründen. Damit wir erfahren, wie das vor sich ging, wollen wir uns Ejner und Else Mortensen zuwenden.
Nachdem sie ihren kleinen Bauernhof verkauft hatten, begannen Ejner und Else im März 1934 mit dem Vollzeitdienst. Das war wegen der Wirtschaftskrise in diesen Jahren nicht einfach.
Eines ihrer ersten Gebiete war die Stadt Sonderburg. Sie sorgten dafür, daß vier öffentliche Vorträge in einer gemieteten Halle von Rednern gehalten werden konnten, die die Gesellschaft schickte. Dann kam Bruder Mortensen als Redner an die Reihe. Es war sein erster Auftritt, und obwohl er recht nervös war, machte er seine Sache gut. Im Laufe der Zeit kamen ungefähr 30 Personen regelmäßig zu den Zusammenkünften. Später spielte man Vorträge mit dem Grammophon ab, wonach Fragen beantwortet wurden. Danach fing man an, regelmäßige Studienzusammenkünfte abzuhalten, wobei Bücher der Gesellschaft als Studienhilfsmittel dienten. Die Grundlage für eine neue Versammlung war gelegt worden, und Anfang des Jahres 1936 kam es zur Versammlungsgründung.
Als es auf den Sommer zuging, wurden die Mortensens gebeten, nach Nyborg zu ziehen, und hier gingen sie wieder in der gleichen Weise vor: Zuerst wurden öffentliche Vorträge von Brüdern aus dem Bethel gehalten, danach gab es Vorträge von Bruder Mortensen, dann wurden Vorträge mit dem Grammophon abgespielt, und schließlich versammelte man sich zum Bibelstudium. Ihre Arbeit trug wieder reiche Früchte, so daß Ende August des Jahres 1937 in Nyborg eine Versammlung mit etwa zehn Verkündigern gegründet wurde.
Die Besetzung durch die Nationalsozialisten
Der 9. April 1940 war ein schwarzer Tag für Dänemark. Truppen aus dem nationalsozialistischen Deutschland gingen im Paradeschritt durch das Land. Die Brüder bereiteten sich auf das Schlimmste vor, denn überall dort, wo die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, wurden die Zeugen brutal verfolgt.
So hielt man es für das beste, Vorsicht walten zu lassen. Im gleichen Monat sollte eigentlich ein ausgedehnter Feldzug mit der Broschüre Flüchtlinge durchgeführt werden, aber da in dieser Broschüre das Regime der Nationalsozialisten scharf verurteilt wurde, änderte man die Pläne. An einem Sonntag verteilten die Brüder in aller Frühe blitzschnell die Broschüren, indem sie diese in die Briefkastenschlitze steckten. Am 28. April wurden überall im Land kostenlos etwa 350 000 Broschüren verbreitet. Es war teuer, aber sogar Bruder Dey sah ein, daß man so vorgehen mußte.
Glücklicherweise kam es nie zur Verfolgung. Aus politischen Gründen zogen es die Besatzungsmächte vor, Dänemark als ein „Musterbeispiel der Schutzherrschaft“ hinzustellen, und dadurch wurde den Dänen recht viel persönliche Freiheit gewährt. Da die Brüder vorsichtig waren, konnten sie ihre Predigttätigkeit fortsetzen.
William Dey wird interniert
Die Besetzung Dänemarks durch Deutschland hatte zur Folge, daß William Dey, der britischer Staatsbürger war, in einem Internierungslager in der Nähe von Vejle untergebracht wurde. Obwohl die Internierten menschlich behandelt wurden und innerhalb des Lagers gewisse Freiheiten genossen, war es für diesen tatkräftigen Mann eine Glaubensprüfung, nicht seiner täglichen
Arbeit nachgehen zu können. Untätig war er jedoch nicht. Unaufhörlich gab er sowohl den anderen Internierten als auch allen Wachposten Zeugnis. Er sagte ihnen immer wieder, daß sie für Gottes Königreich Stellung beziehen sollten; das tat er so oft, bis sie ihm den Spitznamen „Dey, der Stellungsbezieher“ gaben.Die Aufgaben des Zweigaufsehers, die Bruder Dey 1934 von Poul Reinseth übernommen hatte, wurden jetzt von Albert West bewältigt. Er hatte in den späten zwanziger Jahren einige Jahre als Zweigaufseher in Estland gedient. Der direkte Kontakt zwischen Dänemark und dem Hauptbüro der Gesellschaft in den Vereinigten Staaten war unterbrochen worden. Nur über Schweden, das eine neutrale Insel in der „stürmischen Kriegssee“ war, konnte man sich noch verständigen. Das nordeuropäische Büro hatte seine Arbeit eingestellt, und jetzt hatte Bruder Eneroth in Schweden die Aufgabe, Informationen und Berichte der nordischen Länder zusammenzutragen und nach Brooklyn (USA) weiterzuleiten.
Geistige Nahrung trotzdem noch erhältlich
Dänemark erhielt weiterhin die neuesten Zeitschriften und andere Literatur, die veröffentlicht worden war, aber nachdem das Verhältnis zwischen Dänemark und Deutschland auf politischer Ebene immer gespannter wurde, mußte gemäß theokratischer Taktik vorgegangen werden. Eine junge dänische Schwester arbeitete in Kopenhagen als Kindermädchen bei der Familie eines spanischen Diplomaten, und dieser war gern bereit, Geschenkpakete für sie aus Schweden mitzubringen. Natürlich wußte er nicht, was in diesen Paketen war.
So fehlte es also nie an geistiger Speise. All die Kriegsjahre hindurch war es möglich, sowohl die Zeitschriften Der Wachtturm und Trost als auch andere Literatur zu veröffentlichen und zu verbreiten. Sogar Ende des Jahres 1941, als in englischen Ausgaben des Wachtturms eine Artikelserie über die Prophezeiung Daniels veröffentlicht und darin Deutschland als der König des Nordens bezeichnet wurde, erhielten die Brüder trotz allem auch diese Information. Man hielt es nicht für ratsam, diese Artikel im dänischen Wachtturm zu drucken; deshalb wurden sie vervielfältigt, und Kreisaufseher, die von Versammlung zu Versammlung
reisten, lasen sie einer Zuhörerschaft vor, die nur aus Brüdern und Schwestern bestand, die ihren Ausweis bei sich hatten. Wie man sich vorstellen kann, waren bei solchen Vorträgen die Versammlungssäle immer bis auf den letzten Platz gefüllt.Widerstand sowohl von Nationalsozialisten als auch von Geistlichen
Obwohl den Zeugen von der deutschen Besatzungsmacht keine größeren Anfeindungen entgegengebracht wurden, waren die dänischen Nationalsozialisten von Haß erfüllt. Immer wieder versuchten sie, durch ihre Zeitschriften die Deutschen auf die Zeugen aufmerksam zu machen.
Auch die Geistlichkeit der dänischen Volkskirche war dabei, boshafte Intrigen zu spinnen. Ihre Angriffe in den Tageszeitungen eröffneten ein Kreuzfeuer von Leserbriefen. Der Höhepunkt war erreicht, als ein Geistlicher im Rundfunk am Schluß des Gottesdienstes vor den Zeugen warnte und sagte, daß sie nicht glaubten, daß Jesus der Retter oder Sohn Gottes sei.
Der Rundfunksender lehnte es ab, Widerruf zu leisten, deshalb entschloß sich die Gesellschaft, die Sache auf die bestmögliche Art klarzustellen — durch das Predigen. Man traf Vorbereitungen für den umfangreichsten Zeugnisfeldzug, den es jemals gegeben hatte. In einer Rekordzeit wurde eine Broschüre mit dem Titel Vil De dømme mellem os? (Wirst du zwischen uns richten?) vorbereitet. Der Inhalt stellte deutlich den Unterschied zwischen Jehovas Zeugen und der Geistlichkeit heraus.
Der große Feldzug wurde „Jehovas Schlacht“ genannt. Und unter Jehovas Volk herrschte auch wirklich ein Kampfgeist. Jeder half mit, und an dem dafür vorgesehenen Tag, dem 21. Februar 1943, wurden 700 000 Broschüren kostenlos verbreitet. Städte und Ortschaften wurden mit Broschüren überschwemmt. Nicht einmal die kleinsten Inseln wurden ausgelassen. An alle Haushalte von ungefähr 62 kleineren Inseln wurden die Broschüren mit der Post verschickt. Mehr als zwei Drittel aller Haushalte Dänemarks erhielten eine Broschüre. Gleich danach wurden Exemplare an alle Geistlichen, Küster und führenden Kirchenmitglieder versandt.
Wer von dem Feldzug der Zeugen noch nichts gehört hatte, wurde durch die Tageszeitungen darauf aufmerksam gemacht. Im
ganzen Land bemühte sich die Geistlichkeit in Tageszeitungen, in Kirchenblättern und von der Kanzel, den Kampf aufzunehmen. Die Gegner fühlten sich durch die Aktion an einer verwundbaren Stelle getroffen. Die dänischen Nationalsozialisten schlugen voller Bosheit zurück, indem sie behaupteten, die Zeugen würden heimlich von den Juden finanziert werden. Trotz allem schrieben einige hundert Leute an das Zweigbüro, um noch mehr Aufschluß über unsere Botschaft zu erhalten.Die Aktion hielt einige Monate an. Wo immer ein Gemeindepfarrer Schmach auf Jehovas Namen brachte und gegen Gottes Diener vorging, versuchten die Brüder, in diesem Bezirk einen öffentlichen Vortrag zu arrangieren, und die Gemeinde wurde mit Handzetteln überschwemmt. Eine besonders große Aktion war auf der Insel Amager im Gange, wo eine öffentliche Debatte zwischen Jehovas Zeugen und der Geistlichkeit der dänischen Volkskirche ausgetragen wurde. Die beiden Brüder Arthur Jensen und Herløv Larsen traten für Jehovas Zeugen ein. Sie waren geübte Redner und konnten schnell und logisch denken.
Ein Theologe kam zu einem recht guten Schluß. In der Zeitung Amager Bladet vom 15. April sagte er: „Im ganzen gesehen, hatten die Zeugen die weitaus besseren, klarsten und sachlichsten Beweise. Was die Kirche betrifft, nun ja, man saß da und schämte sich für sie.“ Im Laufe der Zeit hörte die Geistlichkeit auf, die Zeugen anzugreifen, denn je stärker die Geistlichkeit gegen sie kämpfte, um so gründlicher gaben die Zeugen den Gemeindemitgliedern Zeugnis, was der Geistlichkeit ganz und gar nicht recht war.
Kongresse während des Krieges
Während des Krieges konnten verschiedene Kongresse stattfinden. Ein denkwürdiger Kongreß wurde am 28. und 29. August 1943 in Kopenhagen im Odd-Fellow-Palais abgehalten. Der erste Kongreßtag verlief planmäßig. Da jedoch die Besatzungsmacht mehr und mehr Forderungen an die dänische Regierung stellte, fühlte sich Dänemark politisch in die Enge getrieben, und am Samstag, den 28. August — der Tag, an dem der Kongreß im Odd-Fellow-Palais begann — verweigerte die Regierung weitere Unterstützung.
Am Sonntag morgen trat das deutsche Heer in Aktion. Der Oberbefehlshaber der Deutschen verhängte über Dänemark das Kriegsrecht. Die dänische Armee und die Kriegsflotte wurden kampfunfähig gemacht, einige führende Persönlichkeiten wurden verhaftet, und die Regierung wurde aufgelöst. Nicht nur das Versammlungsrecht wurde aufgehoben, sondern es durften sich auch keine Gruppen mehr auf den Straßen bilden. An jenem Morgen trafen sich die Brüder in Privatwohnungen. Man besprach die Lage und war sich im klaren darüber, daß der Kongreß abgebrochen werden müßte.
Aber es ergab sich, daß eine Art des Zusammenkommens nicht verboten war — kirchliche Gottesdienste. So wurde schnell eine Mitteilung verschickt, die besagte, daß man sich am Nachmittag im Odd-Fellow-Palais zu einem „kirchlichen Gottesdienst“ treffen könne. Brüder aus dem Bethel wurden mit Taxis zu den verschiedenen Wohnungen gebracht, und von dort breitete sich die Botschaft unter den Brüdern wie ein Lauffeuer aus. Um nicht unnötig die Aufmerksamkeit auf ihr Vorhaben zu lenken, kamen die Brüder zu zweit oder zu dritt an. Durch einen Seiteneingang wurden sie in den Saal gelassen. Bald darauf waren 1 284 Brüder und Schwestern versammelt.
„Als wir in den Saal kamen“, erinnert sich eine Schwester, „wurde uns bewußt, zu welcher großartigen Organisation wir gehörten, da so gut wie alle Brüder zugegen waren. Alle hatten sich kurzerhand versammelt, und niemand, außer Jehovas Zeugen, hätte das fertiggebracht. Schon allein die ruhige und friedliche Atmosphäre — weg von den lärmenden, aufgebrachten Pöbelrotten in den Straßen — war wunderbar. Es war so, als ob zwischen der alten und der neuen Welt eine Tür gewesen wäre.“
Nach der Zusammenkunft verließen die Brüder in kleinen Gruppen den Saal, und ihnen wurde gesagt, daß sie die Gegend schnell verlassen sollten. Alles verlief reibungslos. Und die ganze Angelegenheit hatte sich vor den Augen der Deutschen abgespielt! Das Hauptquartier des deutschen Marinekommandeurs befand sich, von der Kongreßstätte aus gesehen, genau auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Draußen auf dem Bürgersteig lauerten hinter einer Menge von Sandsäcken deutsche Wachen mit ihren Maschinengewehren.
Die Bibelschule auf Langeland
Im Jahr 1943 ging das Gerücht um, daß die Zeugen in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien eigene Bibelschulen hätten. Da die Brüder in Dänemark wegen des Krieges keinen direkten Kontakt zur Weltzentrale hatten, machten sie in gutem Glauben Pläne für eine Schule. Sie kauften in Lohals auf der Insel Langeland ein Haus in schöner Umgebung. Dort, mit Blick aufs Meer, richteten sie ihre ganz private Bibelschule ein. Simon Petersen aus dem Bethel wurde ausgewählt, die Aufsicht über die Schule zu führen. Zwei andere Brüder waren die Unterweiser. Einer von ihnen, Filip Hoffmann, kam auch aus dem Bethel.
Am Montag, den 5. Juni 1944 begann der Unterricht für die erste Klasse. Jeder Kurs dauerte zwei Wochen. Die Schüler wurden von 9 bis 12 Uhr in Fachgebieten wie biblische Lehren, Organisation, Predigttätigkeit, Rechnen und Dänisch unterwiesen. Die Nachmittage standen den Studenten zur freien Verfügung. Sie konnten entweder studieren, schwimmen gehen oder in der schönen Umgebung der Schule einen Spaziergang machen. Die Wochenenden waren dem Predigtdienst gewidmet.
Obwohl die Schule nur einen Sommer lang durchgeführt wurde, hatten sich ungefähr 450 Brüder und Schwestern in die Liste der Teilnehmer einschreiben lassen. Eigentlich war die Schule aufgrund eines Mißverständnisses ins Leben gerufen worden. Es ist schon wahr, daß Schulen gegründet werden sollten, nur nicht auf diese Art und Weise. Im folgenden Jahr wurde der „Kurs im Theokratischen Dienstamt“ (jetzt Theokratische Predigtdienstschule) in allen Versammlungen eingeführt.
Das Kriegsende
Gegen Ende des Krieges war es nicht mehr möglich, die Zeitschriften in gewohntem Umfang zu drucken, da die meisten Güter — so auch Papier — knapp geworden waren. Wo es an Papier fehlt, gibt es auch keine Literatur. Aber eine Zeitlang schafften es die Brüder noch, die Zeitschriften Der Wachtturm und Trost in der üblichen Auflage herauszubringen, indem sie die Anzahl der Seiten nach und nach verringerten. Aber selbst das reichte nicht aus. Im April 1945 mußte die Aufnahme neuer Abonnements eingestellt werden.
Trotz allem war in jenen Jahren in den dänischen Versammlungen Mehrung zu sehen, ja die Zahl der Verkündiger verdoppelte sich fast. Schon im Jahr 1940 gab es eine Höchstzahl von 1 373 Verkündigern in 75 Versammlungen, doch im Jahr 1945 stieg die Zahl der Zeugen auf 2 620, die 127 Versammlungen angehörten.
Aus Konzentrationslagern befreite Häftlinge erhalten Hilfe
Am 5. Mai 1945 herrschte große Freude in Dänemark. Befreiung! An diesem Tag war ein Lastkahn bei der Insel Møn gestrandet, überfüllt mit einigen hundert Häftlingen aus dem
berüchtigten Konzentrationslager in Stutthof (jetzt: Sztutowo), das im nördlichen Teil des heutigen Polen liegt. Unter den Gefangenen befanden sich 15 Zeugen Jehovas, die Angehörige fünf verschiedener Nationalitäten waren. Innerhalb weniger Stunden waren ihre dänischen Brüder mit Nahrungsmitteln zur Stelle. Leider kam für einige die Hilfe zu spät. Krankheit und Hunger hatten ihren Tribut gefordert; zwei der Zeugen starben, kurz nachdem sie eingetroffen waren. Offensichtlich benötigten die Überlebenden dringend liebevolle Zuwendung. Das Zweigbüro kümmerte sich um ihr Wohlergehen.Sie wurden in dem Gebäude der Gesellschaft auf Langeland untergebracht. Unter der Obhut von Bruder und Schwester Petersen erholten sich die drei Brüder und zehn Schwestern körperlich, seelisch und geistig. Mit der Zeit kamen diese Flüchtlinge wieder zu Kräften, und jeder kehrte in sein Land zurück, um das Predigtwerk wieder in der eigenen Sprache aufzunehmen — in Deutsch, Polnisch, Russisch, Lettisch und Litauisch.
Besuch aus dem Hauptbüro
Im Frühsommer des Jahres 1945 wurde der Kontakt zum Büro der Gesellschaft in Brooklyn (New York) wiederhergestellt. Die Verbindung wurde noch gefestigt, als später im Jahr Nathan H. Knorr, der seit 1942 der Präsident der Gesellschaft war, zusammen mit seinem Sekretär Milton G. Henschel Kopenhagen besuchte. Das war ein großes Ereignis, denn seit 1927 hatte kein Präsident der Gesellschaft Dänemark mehr besucht.
Bei seinem Besuch bewarben sich 13 Brüder darum, in der Wachtturm-Bibelschule Gilead als Missionar ausgebildet zu werden. Im folgenden Sommer reisten die ersten 5 in die Vereinigten Staaten ab.
Zwei Jahre später besuchten Bruder Knorr und Bruder Henschel anläßlich ihrer Weltdienstreise im Jahr 1947 abermals Dänemark. Diesmal führte Bruder Knorr etwas ein, was recht neu für Dänemark war: den Straßendienst mit Zeitschriften. In den Vereinigten Staaten hatte es sich als wirksame Predigtmethode erwiesen, den Leuten den Wachtturm und das Erwachet! auf der
Straße anzubieten. In Dänemark war diese Methode auch erfolgreich, besonders freitags während der Hauptverkehrszeiten.Gileadabsolventen helfen aus
Das Predigtwerk in Dänemark erfuhr einen großen Aufschwung, als die in Gilead geschulten Brüder zurückkehrten. Johannes und Christian Rasmussen, die ersten beiden Absolventen, kamen Anfang des Jahres 1947 in ihre Heimat zurück und waren dann als Diener für die Brüder (heute „Kreisaufseher“ genannt) tätig. Christian wurde später nach Schweden versetzt, wo er noch immer im Bethel dient.
Der nächste Gileadabsolvent, der wieder nach Dänemark kam, war Filip Hoffmann. Zusätzlich zu der Unterweisung in Gilead erhielt er eine spezielle Schulung im Büro- und Fabrikbereich in Brooklyn. So begann man nach seiner Heimkehr, im Zweigbüro Dänemarks einige Verfahrensweisen zu ändern. Später wurde Bruder Hoffmann nach Deutschland gesandt, um dort im Bethel zu dienen.
Im Januar 1949 kamen Albert und Margaret West von Gilead zurück nach Dänemark. Bruder West wurde zum Zweigaufseher ernannt und entlastete damit Bruder Dey, der inzwischen 69 Jahre alt war. Bis zum Herbst 1950 arbeitete Bruder Dey noch weiter im Büro; dann ging er zurück nach Großbritannien und diente dort bis zu seinem Tod im Jahr 1963 treu als Pionier.
Wachstum — zahlenmäßig und geistig
In den folgenden Jahren erweiterten die Brüder ihren Gesichtskreis hinsichtlich der Organisation. Sie verstanden immer besser, daß sie Teil einer internationalen Gesellschaft waren, die zentral gelenkt wurde. Zu der neuen Einstellung hatten die großen internationalen Kongresse der fünfziger Jahre beigetragen, die in New York abgehalten und auch von dänischen Delegierten besucht worden waren. Diese sahen mit eigenen Augen das Hauptbüro und die Druckerei der Zeugen Jehovas und waren als Zuhörer zugegen, als einige der Mitarbeiter des Hauptbüros Vorträge hielten. Durch all diese Erlebnisse wurden die Brüder geistig so sehr gestärkt, daß sie andere zu Hause daran teilhaben lassen konnten.
Die Zahl der Verkündiger wuchs ständig, und als man für den Kongreß im Jahr 1954 Vorbereitungen traf, wurde offensichtlich, daß „K. B. Hallen“ — ein Saal, der zuvor einige Male als Kongreßstätte benutzt worden war — nicht mehr ausreichte. So mieteten die Brüder die größte Halle Dänemarks, das Forum, in der Nähe des Zentrums von Kopenhagen. Das war eine Sensation. Johannes Rasmussen, der damalige Bezirksaufseher, erklärte es folgendermaßen: „Wenn 8 000 Personen in ‚K. B. Hallen‘ zusammenkämen, würde es kein Aufsehen erregen. Würden sich jedoch 5 000 Leute im Forum versammeln, würde es Schlagzeilen machen.“
Man traf Vorbereitungen für den bis dahin größten Kongreß in Dänemark. Im Forum selbst war Platz für 7 000 Personen; außerdem wurden einige Zelte aufgestellt, um Platz für einen eventuellen Zustrom von weiteren tausend Leuten zu schaffen. Trotzdem herrschte während der ganzen vier Tage des Kongresses Gedränge. Die Brüder freuten sich über die Anzahl der Besucher, und ihre Begeisterung kannte keine Grenzen, als am Sonntag nachmittag, dem 8. August, 12 097 Personen beim öffentlichen Vortrag zugegen waren.
Ein neuer Zweigaufseher
Am folgenden Tag traf ein Bruder aus Amerika ein, Richard E. Abrahamson, der die Verantwortung für das Werk in
Dänemark übernehmen sollte. Er war der fünfte Zweigaufseher innerhalb weniger Jahre. Bruder West wurde im Sommer des Jahres 1951 ernsthaft krank und übertrug Aage Hau, der in Gilead geschult worden war, die Verantwortung. Ein Jahr später wurde ein Kanadier, Norman Harper, mit der Verantwortung betraut. Nach einigen Jahren entschlossen sich die Harpers, wegen Familienzuwachs nach Kanada zurückzukehren.Bruder Abrahamson war vorher in England im Bezirksdienst tätig. Zusammen mit seiner Frau Julia hatte er 1953 die Gileadschule absolviert. Davor hatte er mehrere Jahre im Hauptbüro in Brooklyn gedient. Als er Zweigaufseher wurde, war er 31 Jahre alt, und er sollte die Aufsicht für mehr als 26 Jahre haben.
Das Predigen auf den Färöern
Im Mai desselben Jahres, nämlich 1954, wurden zwei Sonderpioniere auf die Färöer geschickt — eine kleine Inselgruppe im Nordatlantik zwischen Island und den Shetlandinseln. Sie waren jedoch auf den Inseln nicht die ersten Verkündiger. Schon im Sommer des Jahres 1935 waren zwei Pionierinnen dorthin gereist. Während ihres dreimonatigen Aufenthalts konnten sie eine große Anzahl Bücher und Broschüren verbreiten. Die
Geistlichkeit konnte jedoch bewirken, daß die Pioniere ausgewiesen wurden. Zu Beginn des Jahres 1948 wurde auf den Inseln wieder etwas gepredigt, aber wegen gewisser Schwierigkeiten war das Werk eingeschränkt.Nun sollten die beiden Sonderpioniere Svend Aage Nielsen und Edmund Onstad das Werk besser organisieren. In der Hauptstadt Tórshavn auf der Insel Streymoy, der größten der Färöer, fanden sie bald eine Wohnung, in der sie dann einen Raum als Königreichssaal herrichteten. Nachdem sie in der ganzen Stadt gepredigt hatten, wollten sie die Siedlungen in Angriff nehmen.
Als Ganzes betrachtet, spiegelt sich in dem Gemüt der Färöer die rauhe Natur der Inseln wider — etwas reserviert, zurückhaltend und ein bißchen mißtrauisch gegenüber Fremden —, deshalb brauchte es Zeit und Geduld, bis die Pioniere mit ihnen vertraut waren. Oftmals standen die Pioniere vor verschlossenen Türen. Erst nachdem die Brüder für eine Weile aus dem Gebiet „verschwunden“ waren und die Leute dachten, daß die „Gefahr“ vorüber sei, konnten die Brüder beim nächsten Anlauf Kontakt herstellen. Die Menschenfurcht war groß. Abgegebene Literatur wurde oftmals zurückgegeben; manchmal entdeckten die Pioniere sie bei ihrer Ankunft in der Stadt im Postamt von Tórshavn.
Ein weiteres Problem bestand darin, daß es unmöglich war, Unterkunft in den Dörfern zu finden. So mußten sie häufiger mit dem Schiff fahren, da nur Tagestouren von Tórshavn zu den Dörfern möglich waren. Und nur Bruder Nielsen hatte einen „seetüchtigen“ Magen. Aber es wurde eine Lösung gefunden. Ein Bruder aus Dänemark, der sich ihnen im Pionierdienst angeschlossen hatte, besaß eine Schneiderwerkstatt, und mit vereinten Kräften und Erfindergeist brachten sie ein Zelt zustande. So wanderten sie mit Rucksack, Schlafsäcken, Predigtdiensttaschen und einem Zelt über die Hügel von Dorf zu Dorf, ohne sich darum Sorgen machen zu müssen, wo sie übernachten sollten.
Unruhen in Klakksvík
Noch im selben Jahr zog Bruder Nielsen in die Stadt Klakksvík. Bei seiner Ankunft brach zufällig ein alter Konflikt offen aus. Die Ortsansässigen akzeptierten nicht den Oberarzt für das Stadtkrankenhaus,
der von den dänischen Behörden ausgewählt worden war. Es kam zu Gewalttätigkeiten. Am Abend warf man Eisenketten über die elektrischen Leitungen, so daß in der Stadt alle Lichter ausgingen. Und wehe dem Dänen, der sich nach Einbruch der Dunkelheit allein nach draußen wagte!Aber wie sollte Bruder Nielsen von Tür zu Tür gehen, wenn die ganze Stadt einem aufgescheuchten, wütenden Bienenschwarm glich? Er erzählt: „Gleich am ersten Tag meines Predigtdienstes hatte ich eine Idee, eine Idee, die ich nie zuvor hatte und seitdem nicht mehr verwirklicht habe. Immer wenn ich meine Wohnung verließ, hielt ich meine Bibel für jedermann sichtbar in der Hand, so lange, bis ich wieder zu Hause war. Auf diese Art und Weise konnte ich mit den Leuten oft lange Gespräche führen, obwohl sie sich trotzdem noch nicht trauten, mich in die Wohnung einzuladen. ... Eine Hausfrau sagte: ‚Wissen Sie, was sich die Leute erzählen? Sie sagen, niemand kann Ihnen etwas zuleide tun, weil Sie immer eine Bibel in Ihrer Hand tragen.‘ “
Weitere Pioniere beteiligen sich am Predigtdienst
Im Sommer 1957 wurde Anders Andersen auf die Färöer geschickt, wo er als Sonderpionier im Gebiet von Klakksvík diente. Er besuchte auch regelmäßig die kleine, neugegründete Versammlung in Tórshavn sowie Bruder Onstad, der auf der im Süden liegenden Insel Suðuroy predigte.
Im folgenden Jahr traf das Ehepaar Svend und Ruth Molbech ein. Nun erhielten auch die Schwestern gute Unterstützung im Predigtdienst, und die einheimischen Frauen, die Interesse zeigten, konnten besser betreut werden. Für die ledigen Brüder war es schon etwas unangenehm, regelmäßig Rückbesuche bei Frauen zu machen, besonders dann, wenn ihre Männer auf großem Fischfang und deshalb lange unterwegs waren.
Mit Hilfe der Filme der Gesellschaft Zeugnis gegeben
Die Filme der Gesellschaft Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit und Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft erweckten bei den
Bewohnern der kleineren Siedlungen Interesse an der guten Botschaft. Diese Filme verdeutlichten, daß die Zeugen nicht eine einheimische Sekte waren, sondern eine weltweite Bruderschaft.In Vestmanna auf Streymoy hatte man das Kino gemietet. Der Raum war, lange bevor die Vorführung begann, mit mehr als 80 Personen gefüllt — Erwachsenen und Kindern. Das „Warten“ war für die Färöer nie schwierig gewesen; sie leben nicht nach einem straffen Zeitplan. Nur wenn ein Fischkutter heimkehrte, stürzten sie alle zum Hafen. Das geschah einmal während einer der Filmvorführungen der Gesellschaft. Direkt mitten in der Vorführung hörte man den durchdringenden Ton einer Dampfpfeife, die verkündete, daß gerade Väter, Söhne und Brüder von der See zurückgekehrt waren. Im Nu hatte sich die Versammlung völlig aufgelöst; jedermann eilte zu den Fenstern, um zu sehen, welches Schiff angekommen war. Und dann liefen sie alle hinaus! In Sekunden war der Saal leer; nur der Kinobesitzer und einige Ältere blieben, um sich den Film bis zu Ende anzusehen.
Ein Färinger bezieht Stellung
Als Bruder Andersen auf den nördlichen Färöern Zeugnis gab, traf er John Mikkelsen, einen Färinger, der Interesse zeigte. Doch mit seiner für die Färinger typischen Einstellung „Komme ich heute nicht, komme ich morgen“ änderte sich auch John nicht von heute auf morgen. Zwei Sonderpionierinnen machten weiterhin Rückbesuche, und zufolge ihrer freundlichen Bemühungen zeigte Sonja, Johns Frau, ebenfalls Interesse und nahm am Bibelstudium teil. Mit der Zeit bezogen beide, Mann und Frau, Stellung für die Wahrheit, und John war schließlich der erste Färinger, der zum Ältesten ernannt wurde.
Nach und nach erhielten die auf sich gestellten Pioniere Hilfe von Familien aus Dänemark, die dorthin zogen, wo ein großer Bedarf an Verkündigern bestand. Das wirkte sich gut aus, weil viele Leute im Gebiet dachten, daß unser Glaube nur etwas für Missionare sei, jedoch nichts für „normale“ Leute, die Familie hatten. Aber Familien, die mitten unter ihnen lebten und arbeiteten, wurden von ihnen respektiert. Die ersten Neuankömmlinge waren Anker und Dora Nygaard und ihre vier Kinder. Sie
trafen 1959 ein und trugen dazu bei, daß es auf den Färöern gutes Wachstum gab.Der erste Schwung Sonderpioniere mußte acht bis zehn Jahre geduldig und hart arbeiten, bis sozusagen der Boden der Färöer aufgelockert war. Diese Pioniere hatten mit voller Wucht die Gegnerschaft der religiösen Führer abbekommen, und auf der Suche nach aufrichtigen Menschen waren sie die Vorkämpfer. Nun hielt man es für ratsam, diese „Bahnbrecher“ nach Dänemark in nicht so abgelegene Gegenden zurückkehren zu lassen und andere Pioniere damit zu betrauen, ihre Arbeit fortzusetzen.
Nach Grönland — ein Land von Schnee und Eis
In der Mitte der fünfziger Jahre war die Zeit herbeigekommen, die gute Botschaft auch in dem Land von Schnee und Eis bekanntzumachen — auf Grönland, einer riesigen Insel mit kaltem Klima und einer bis zu 3 Kilometer dicken Eisdecke. Viele Jahre lang war Grönland eine Kolonie Dänemarks, und die einzigen Religionsgemeinschaften, die ihren Glauben ausüben durften, waren die dänische Volkskirche und die Brüdergemeine, die im Jahr 1900 ihre Missionstätigkeit einstellte. Aber dadurch, daß 1953 einer neuen dänischen Verfassung zugestimmt wurde, konnten nun auch Zeugen Grönland zugeteilt werden.
Im Januar 1955 kamen die beiden Sonderpioniere Kristen Lauritsen und Arne Hjelm mit dem Schiff in der Hauptstadt Nuuk (Godthåb) an. Auf sie warteten gewaltige Aufgaben. Der Ausgangspunkt war die Hauptstadt, von wo aus sie eine 1 600 Kilometer lange Strecke an der Westküste bearbeiteten, weil dort die meisten der 25 000 Bewohner lebten — in 200 verstreut liegenden Städten, Dörfern und Siedlungen.
Sie fingen mit der Hauptstadt an. Zuerst hörten viele bereitwillig zu. Dann trat ein Wechsel ein. Was war geschehen? Der Dekan von Grönland (rangältester Geistlicher des Landes) hatte ein Pamphlet gegen die Zeugen drucken lassen, das unter den Grönländern verbreitet wurde. Er wollte negative Gefühle gegen das Werk der Zeugen erwecken und hoffte, es gleich von Anfang an unterbinden zu können.
Die Küste hinauf und hinunter
Die Brüder setzten ihre Predigttätigkeit gelassen fort. Nachdem sie das Gedächtnismahl gefeiert hatten, trafen sie Vorbereitungen für eine große Predigttour im Sommer. Gegen Ende April traf das erste Küstenschiff ein, das auf seinem Weg nach Norden war. Die Pioniere kauften ein Zelt und gingen an Bord.
Die Reise führte sie in Städte wie Holsteinsborg, Egedesminde, Jakobshavn, die Bergarbeiterstadt Qutdligssat, Umanak und bis zum nördlichsten Punkt ihrer Reise — Upernavik, mehr als 1 000 Kilometer von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Überall verbreiteten sie die gute Botschaft, indem sie jedesmal einige Traktate in Grönländisch zurückließen.
Ihre nächste größere Predigttour brachte sie nach Julianehåb, das über 500 Kilometer südlich von Nuuk liegt. Das Wetter war dort milder, und alles schien grüner und freundlicher zu sein. Nachdem sie eine Reise nach Narsaq, Nanortalik und Sydprøven gemacht hatten, kehrten sie nach Nuuk zurück. Damit waren diese ausgedehnten Predigttouren im ersten Sommer, den sie auf Grönland verbrachten, erfolgreich abgeschlossen. Die ganze Westküste hatte ein Zeugnis von dem Vorsatz Jehovas erhalten.
Diese anfänglichen Reisen halfen den Brüdern, Lebenserfahrungen zu sammeln. Obwohl sie es vorzogen, in einem warmen
Bett zu schlafen, entdeckten sie, daß Zelten seinen ganz besonderen Reiz hat. Ein Problem beim Zelten waren jedoch die grönländischen Schlittenhunde, die von den Grönländern in Holsteinsborg und nördlich davon gehalten wurden. Die Hunde liefen gewöhnlich unter den Zeltschnüren hin und her und bissen dann die Schnüre durch. Die Brüder lernten schnell, daß sie niemals Nahrungsmittel in ihrem Zelt aufbewahren sollten, außer wenn sie an einem sicheren Platz verstaut waren; sonst würden die Hunde eindringen und alles auffressen. Deshalb plazierten sie normalerweise ihre Nahrungsvorräte auf das Dach eines Schuppens oder sie hängten sie in einer Tüte an einen Pfahl, so daß sie aus der Reichweite von schnappenden Zähnen waren. Aber in Umanak hatte diese Methode keinen Erfolg. Die Hunde sprangen hoch und bissen ein Loch in die Tüte mit den Lebensmitteln — und heraus purzelten ihre Vorräte, wie Wurst, Käse, Butter und andere gute Sachen, die von den Hunden schnell verschlungen wurden.Manchmal brachte ihnen die Geistlichkeit Widerstand entgegen, aber im großen ganzen machten sie die Erfahrung, daß die Grönländer freundlich, zugänglich und gastfreundlich waren. Oftmals kamen am Abend viele Leute zu ihnen, um Fragen zu stellen. Zweifellos konnte in diesem Gebiet viel erreicht werden. Aber die Brüder wußten nicht im geringsten, wie viele Jahre geduldiger Arbeit es erfordern würde, bis Wachstum zu sehen wäre.
Mehr Hilfe für Grönland
Der Film Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit war ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, um die Bewohner Grönlands mit dem Werk der Zeugen etwas vertraut zu machen. Während des Winters wurde der Film dreimal in Nuuk gezeigt und jedesmal vor vollem Haus. Dann erschien im Jahr 1957 der Film Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft; parallel dazu wurde ein Tonband mit Kommentaren in Grönländisch abgespielt. Jahre später sagte der Dekan von Grönland, als er die religiöse Situation auf Grönland erklärte: „Jehovas Zeugen gehen am energischsten vor. In Windeseile bereisen sie die ganze Küste und zeigen diesen Film
über die Herrlichkeit des Millenniums. Und die bunten Bilder sind wirklich eindrucksvoll.“Im Jahr 1958 verdoppelte sich die Anzahl der Pioniere auf vier. Und noch jemand traf im darauffolgenden Frühling ein. Wie war es dazu gekommen? Auf seiner Reise zum internationalen Kongreß in New York hatte Bruder Lauritsen Schwester Joan Bramham kennengelernt, eine Pionierin aus England. Den Rest kann man sich denken. Sie wurde seine Frau und Mitarbeiterin. Sie vollbrachte die große Leistung und lernte Dänisch und Grönländisch. Nun kümmerten sich Bruder und Schwester Lauritsen um das Gebiet im südlichen Teil Grönlands, während die anderen Sonderpioniere den mittleren und den nördlichen Teil Grönlands bearbeiteten.
In Dänemark — Fortschritt und Sichtung
Der Fortschritt in Dänemark hielt an, was daran zu erkennen war, daß 1955 im April 9 207 Verkündiger die Broschüre Christenheit oder Christentum — was ist „das Licht der Welt“? verbreiteten. Das nächste größere Ereignis war der Kongreß im Sommer. Fast 6 000 Dänen reisten in die Hauptstadt Schwedens, nach Stockholm, um dem Kongreß „Triumphierendes Königreich“ beizuwohnen — das erste Mal, daß die Mehrheit der dänischen Brüder einen internationalen Kongreß besuchte. Das Programm und der Kontakt zu so vielen norwegischen und schwedischen Brüdern sowie Delegierten aus anderen Ländern gab ihnen den geistigen Auftrieb, den sie benötigten, um sich in ihrem Dienst noch mehr anzustrengen.
Aber nicht alle teilten ihre Freude. Einige Verkündiger waren über die vielen neuen Richtlinien der Weltzentrale nicht so erbaut. Andere, die verärgert waren, stimmten nicht damit überein, daß im Wachtturm so viel Gewicht auf eine christliche Lebensweise gelegt wurde sowie auf hohe sittliche Maßstäbe und den Gemeinschaftsentzug von reuelosen Sündern. Folglich gaben einige ihren Glauben auf. Andere fielen dem Materialismus und der Menschenfurcht zum Opfer. Der größere Teil blieb jedoch treu, und die Organisation wurde innerlich gestärkt.
Kongresse nach draußen verlegt
Nachdem viele Jahre die Kongresse in Schulräumen, Konzert- und Sporthallen stattgefunden hatten, mußte man jetzt nach draußen ausweichen, um die vielen Kongreßteilnehmer unterbringen zu können. So wurde 1956 das Århus-Stadion, welches in einer herrlichen, parkähnlichen Umgebung lag, gemietet. Fast 3 000 Brüder und Schwestern kamen auf einem Campingplatz unter — eine Art der Kongreßunterkunft, die sich immer noch großer Beliebtheit erfreut.
Den öffentlichen Vortrag hörten über 10 000 Personen. Für viele jedoch war der Höhepunkt des Kongresses die Annahme einer Resolution, die an den sowjetischen Premierminister Nikolay A. Bulganin gerichtet war und in der gegen die Behandlung von Jehovas Zeugen in der damaligen Sowjetunion Einspruch erhoben wurde. Die Hauptpunkte dieser Resolution wurden in 28 Zeitungen abgedruckt — keine schlechte Publizität für ein so kleines Land wie Dänemark.
Gesetzlichen Widerstand gegen das Predigen überwinden
Einige Monate später kam ein Rechtsfall, der das Predigtwerk betraf, zu seinem Höhepunkt. Das Handelsministerium hatte behauptet, daß die Tätigkeit der Watch Tower Society in Wirklichkeit kommerziell sei, da Zeitschriften und Bücher hergestellt und dann von Zeugen Jehovas in der Öffentlichkeit verbreitet wurden. Das Predigen der Zeugen Jehovas von Haus zu Haus sollte demzufolge durch das Handelsgesetz eingeschränkt werden, so daß sie auch die Ladenschlußzeiten strikt beachten müßten. Um zu bekräftigen, daß die Predigttätigkeit keinen kommerziellen Charakter hat, wurde die Angelegenheit vor den Obersten Gerichtshof gebracht. Dieser entschied gegen die Zeugen.
Daraufhin gründete man eine eigenständige kommerzielle Verlagsgesellschaft, die die Versammlungen mit Zeitschriften und anderer biblischer Literatur für ihr nichtkommerzielles biblisches Bildungswerk belieferte. Die dänische Watch Tower Bible and Tract Society behielt ihren nichtkommerziellen Status und beaufsichtigte weiterhin die christliche Tätigkeit der Zeugen, den
Dienst von Haus zu Haus eingeschlossen, der unverändert fortgesetzt wurde.Einige Jahre später stellte die Regierung bei einzelnen Zeugen in Frage, ob sie ohne Lizenz rechtmäßig Zeitschriften von Haus zu Haus und außerhalb der Ladenschlußzeiten verbreiten dürften. Der Oberste Gerichtshof entschied wieder gegen die Zeugen. Die Brüder bekräftigten jedoch den nichtkommerziellen Charakter ihres Werkes, indem sie kostenfrei biblische Literatur an solche Personen abgaben, die sie lesen wollten, und sie unterstützten die ganze Tätigkeit durch eigene Spenden.
Ein neues Zweigbüro — mit einer Druckerei
Da das Bethelheim in der Søndre Fasanvej mit der Zeit viel zu klein wurde, machte man Pläne für den Bau eines neuen Zweiggebäudes. Es erschien zweckmäßig, die beiden Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! im Zweigbüro zu drucken, um die Nachteile in Verbindung mit steigenden Löhnen und Streiks unter den weltlichen Druckern zu umgehen. (Im Jahr 1947 hatte ein solcher Streik bewirkt, daß die Zeitschriften drei Monate lang nicht gedruckt werden konnten.)
Folglich wurde ein geeignetes Stück Land gesucht, und man fand eines in einer schönen bewaldeten Gegend im Vorort Virum. Als Bruder Knorr Ende 1956 Dänemark besuchte, um nach den Bauarbeiten zu sehen, ging es mit den Betonarbeiten gut voran — obwohl alle freiwilligen Bauhelfer gerade ihre Kaffeepause hatten, als Bruder Knorr auf der Baustelle eintraf.
Ein milder Winter und die Hilfe von vielen Freiwilligen trugen dazu bei, daß die Betonarbeiten im Februar 1957 abgeschlossen waren, und am 31. August konnte das neue Zweigbüro der Bestimmung übergeben werden. Die 24 Glieder der Bethelfamilie hatten schon einen Monat dort gewohnt, und sie waren nun dabei, die Wachtturm- und Erwachet!-Ausgaben vom 1. und 8. Oktober in Dänisch zu drucken — die ersten Ausgaben, die nicht von einer weltlichen Druckerei gedruckt wurden. Von da an wurde Erwachet! — genauso wie Der Wachtturm — halbmonatlich gedruckt, und beide Zeitschriften erhielten ein handlicheres Format, wobei man die Anzahl der Seiten von 16 auf 24 erhöhte.
Gastgeber für einen internationalen Kongreß
Im Jahr 1961 waren die dänischen Brüder das erste Mal Gastgeber bei einem internationalen Kongreß. Ein großes Fußballstadion wurde gemietet, der Kopenhagener Idrætspark — Schauplatz vieler nationaler Fußballspiele. Nachdem ausgedehnte Vorbereitungen getroffen worden waren — man hatte unzählige Genehmigungen von den Behörden eingeholt, 15 000 Privatunterkünfte und 800 Hotelbetten beschafft und einen Campingplatz für mehr als 5 000 Personen hergerichtet —, war schließlich alles bereit, um die vielen Gäste aus über 30 Ländern willkommen zu heißen.
Im letzten Moment tauchte plötzlich ein ernstes Problem auf: Das dänische Direktorium für Luftfahrt verweigerte 27 Flugzeugen aus den Vereinigten Staaten, die 2 691 Kongreßteilnehmer befördern sollten, die Landeerlaubnis. Einige aufregende Stunden folgten. Erst nachdem man ein persönliches Gesuch an den Premierminister, der im Urlaub war, eingereicht hatte, wurde die Landeerlaubnis erteilt und die Luftfahrtgesellschaft in den Vereinigten Staaten telegrafisch benachrichtigt — gerade einige Stunden bevor das erste Flugzeug nach Kopenhagen starten sollte.
Dieser Kongreß war ein überwältigendes Erlebnis. Obwohl die Delegierten verschiedenen Nationalitäten und Rassen angehörten, waren sie ein lebender Beweis für das Kongreßmotto „Vereinte Anbeter“. Das Programm wurde simultan in fünf Sprachen dargeboten, so daß die Dänisch, Schwedisch, Norwegisch,
Finnisch und Englisch sprechenden Brüder in ihrer eigenen Sprache den Ausführungen folgen konnten. Am Sonntagnachmittag war das Stadion gerammelt voll. Viele wichen auf einen nahe gelegenen Park aus, wo einige Tausende den öffentlichen Vortrag über Lautsprecher hörten. Bruder Knorr sprach mit einfachen und eindringlichen Worten zu 33 513 Zuhörern.Die Kommentare führender Geistlicher offenbarten Besorgnis. Sie beteuerten: „Jehovas Zeugen sind aktiv.“ „Daß diese Sekte Zeugnis ablegt, ist unbestreitbar.“ „Der Geist der Selbstaufopferung dieser Leute ist unglaublich.“ Die Geistlichkeit mußte sich fragen: „Sind wir aktiv?“ „Über was und für wen legen wir Zeugnis ab?“ „Sind unsere Herzen erkaltet, und fangen wir an zu zweifeln?“ Solche in der Öffentlichkeit gemachten Aussagen zeigten, daß in Verbindung mit dem Kongreß ein enormes Zeugnis gegeben worden war.
Der größte Kongreß, den es jemals in Skandinavien gegeben hat
Im Jahr 1969 hatten die dänischen Brüder wieder das Vorrecht, bei einem internationalen Kongreß Gastgeber zu sein — bei dem Kongreß „Frieden auf Erden“; und wie es sich herausstellte, war es der größte Kongreß, den es jemals in Skandinavien gegeben hat. Er ähnelte in vielem dem Kongreß von 1961, nur daß er in jeder Hinsicht größer war. Und wie freudig gestimmt war man doch, als man erfuhr, daß 42 073 Personen bei dem öffentlichen Vortrag von Bruder Knorr zugegen waren!
Dänische Zeitungen widmeten dem Kongreß mehr als 8 000 Zentimeter Spaltenlänge. Eine der führendsten Tageszeitungen Kopenhagens, Berlingske Tidende, brachte im Leitartikel folgendes: „Wirklich große Menschenansammlungen sind in Dänemark selten ... Deshalb ist es verständlich, daß der internationale Kongreß der Zeugen Jehovas in Kopenhagen in dieser Woche viel Aufmerksamkeit auf sich zog. ... Jehovas Zeugen sind für die Volkskirche eine Herausforderung. ... Man möchte sich wünschen, daß die Kirche mit wenigstens halb soviel Eifer Aufschluß über das Christentum gäbe wie die Zeugen, die ihren Traum vom Millennium weit und breit bekanntmachen.“
Dias als Lehrmittel
Lehrreiche und begeisternde biblische Dramen sind Höhepunkte auf Bezirkskongressen. Seit Beginn der siebziger Jahre ist mit den Vorbereitungen der Dramen etwas Ungewöhnliches verbunden. Viele der Dramen werden für Diavorführungen fotografiert. Warum wird das gemacht?
Zunächst einmal wurde das getan, damit die Dramen bei Kongressen auf den Färöern und auf Grönland gezeigt werden konnten. Dort waren nicht genügend Brüder zu finden, die bei den Dramen mitwirken konnten, deshalb wurde nur ein Tonband abgespielt. Dann hatte ein Bruder, der Geschäftsführer bei einer Filmgesellschaft war, eine Idee. Warum nicht von der Handlung des Dramas Dias aufnehmen und diese dann synchron mit dem Tonband vorführen?
Man versuchte es, und das Ergebnis war gut. Seitdem hat sich die Qualität ständig verbessert. Um einen wirklichkeitsnahen Rahmen zu schaffen, werden aufwendigere Requisiten benutzt als bei Bezirkskongressen. In einigen Fällen baut man große Bühnenbilder aus Holz und Styropor — einen Marktplatz in Babylon, ein
Haus in Rom, ein Stadttor in Jerusalem. Das Ergebnis überzeugt; der Inhalt des Dramas wird durch die Dias lebendig. Diese Dia-Sätze werden jetzt nicht nur auf den Färöern und auf Grönland verwendet, sondern auch in zahlreichen anderen Ländern, wo es nicht zweckmäßig ist, das Drama „live“ aufzuführen.Auf den Färöern festen Fuß gefaßt
Ende der sechziger Jahre war zu beobachten, daß die Wahrheit auf den Färöern festen Fuß faßte. Die Familien, die von Dänemark dort hingezogen waren, unterstützten die Brüder gut im Predigtdienst und stärkten die Versammlungen. An einigen Stellen bauten sie zusammen mit der Ortsversammlung ein Haus, zu dem ein Königreichssaal gehörte. Im Oktober 1967 wurde der Saal in Tórshavn im Haus von Rasmus Nygaard der Bestimmung übergeben. Im folgenden Jahr nahm man einen ähnlichen Saal in Klakksvík in Gebrauch. Das trug dazu bei, daß die Einheimischen ihren Eindruck bestätigt bekamen: Die Zeugen waren gekommen, um zu bleiben.
Die Leute waren auch davon beeindruckt, daß immer mehr einheimische Familien die Wahrheit annahmen. Als zum Beispiel Anna Nolsøe 1961 die Wahrheit in Kopenhagen kennenlernte, kehrte sie in ihre Heimat, auf die Färöer, zurück, um zu predigen, und kurz darauf ließen sich 3 ihrer 13 Geschwister taufen. Seitdem hat die Wahrheit in ihrer Familie immer weitere Kreise gezogen, so daß es dort Zeugen aus drei Generationen gibt. Von anderen Familien könnte Ähnliches erzählt werden.
Der „große“ Kongreß in Tórshavn
Der erste Bezirkskongreß in Tórshavn wurde für 1971 geplant. Im Haus von Rasmus Nygaard wurde das Kongreßbüro eingerichtet, und es ging dort zu wie im Taubenschlag. Zum ersten Mal sah man in den Straßen von Tórshavn Verkündiger, die „Sandwich“-Plakate trugen, ein Anblick, der einiges Aufsehen erregte.
Es war ein wunderschöner Kongreß; 461 Personen kamen zum öffentlichen Vortrag. Für mehrere Brüder aus Dänemark war der Kongreß ein Wendepunkt in ihrem Leben, da sie sich entschlossen, dort zu dienen, wo ein größerer Bedarf an Verkündigern bestand.
Fortschritt in Grönland
In Grönland wurde das Predigtwerk von den wenigen Pionieren mit der Unterstützung der seit 1961 aus Dänemark zugezogenen Familien beharrlich fortgesetzt. Es wurde viel gepredigt, und die Grönländer hörten höflich zu, aber es war kaum Erfolg zu sehen. Die Sprache war ein großes Problem. Einige Grönländer sprachen etwas Dänisch, aber das reichte nicht aus, um tiefe geistige Gespräche führen zu können. Und obwohl die Verkündiger sich mit der grönländischen Sprache viel Mühe gaben, lernten sie diese selten gut genug, um andere in der Bibel unterweisen zu können. Oft mußten sie sich damit zufriedengeben, als Einleitung kurze auswendig gelernte Sätze zu verwenden und den Wohnungsinhabern Schriftstellen vorzulesen. Eine Zeitlang wurden Zeugniskarten und auf Tonband aufgenommene Predigten benutzt.
Offensichtlich benötigte man mehr Publikationen, um die Wahrheit in der grönländischen Sprache darlegen zu können. Aber wer könnte übersetzen? Bis jetzt hatte man die Hilfe von weltlichen Übersetzern in Anspruch genommen — keine sehr zufriedenstellende Lösung. Jørgen Larsen vom Zweigbüro ermunterte Schwester Lauritsen anläßlich eines Besuchs im Jahr 1965, darauf hinzuarbeiten, ins Grönländische übersetzen zu können. Sie nahm die Herausforderung an. Zu den ersten Werken gehörten eine Broschüre und einige Traktate, und ab Januar 1973 erschien dann monatlich Der Wachtturm mit jeweils 16 Seiten unter dem grönländischen Namen Napasuliaq Alapernaarsuiffik. Das war ein Riesenschritt nach vorn. Nun konnte man viel leichter ein gründliches Zeugnis in der Landessprache geben. Im gleichen Jahr wurde das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt herausgegeben — eine weitere gute Hilfe für die Bibelstudientätigkeit.
Des weiteren benötigten die Verkündiger in Nuuk eine Versammlungsstätte, die für ihre Zwecke besser geeignet wäre. Aber die Stadt war selbst in Raumnot; deshalb war es fast aussichtslos, einen Königreichssaal zu bekommen. Nicht weit vom Zentrum der Stadt entfernt, hatte sich ein Bruder jedoch ein
Holzhäuschen gekauft, das auf einen Felsen gebaut war und von wo aus man den Fjord von Nuuk überschauen konnte. So war es 1970 durch die finanzielle Unterstützung dänischer Versammlungen und mit der Hilfe von Sonderpionieren, die berufliche Erfahrung im Bauhandwerk hatten, möglich, an das Haus einen Königreichssaal und zwei kleine Wohnungen für zwei Pionierehepaare anzubauen.Mehr Pioniere wurden diesem Gebiet zugeteilt, und während der folgenden Jahre siedelten sich einzelne Verkündiger und Familien in verschiedenen Städten entlang der Küste an. 1973/74 gab es schon in acht Städten kleine Gruppen oder Versammlungen. Schließlich, im Jahr 1973, bezog eine Frau Stellung für die Wahrheit. Sie war die erste Grönländerin, die in Grönland getauft wurde. Im Jahr 1976 schloß sich noch eine grönländische Schwester der Gruppe an. Aber wann sollte die eigentliche Ernte eingebracht werden?
Der erste dänische Kongreßsaal
In der Zwischenzeit gab es auch in Dänemark Probleme damit, geeignete Räumlichkeiten für Kreiskongresse zu finden. In anderen Ländern waren die Brüder dabei, Kongreßsäle, die den Bedürfnissen angepaßt waren, selbst zu bauen. Ob das wohl auch die Lösung für Dänemark wäre?
Eine Gruppe Ältester von Fünen und aus Jütland untersuchten, welche Möglichkeiten bestanden. Die Reaktion der Brüder war so positiv, daß man sich dafür entschied, einen Kongreßsaal für die Kreise westlich des Großen Belts zu bauen. Man kaufte 2 Hektar bewaldetes Land außerhalb der Stadt Silkeborg. Mit dem Aushub wurde am 18. März 1978 begonnen, und nach knapp einem Jahr, es fehlte nur ein Tag an einem Jahr, war ein großes, in der Form eines H, mit roten Backsteinen gebautes Gebäude fertig zur Bestimmungsübergabe — mit einem Saal für 900 Zuhörer und einer Cafeteria für 300 Personen sowie anderen notwendigen Einrichtungen.
Ein neues Zweigbüro
In der Zwischenzeit wurde ein anderes theokratisches Bauprojekt
geplant. Im Zweigbüro in Virum war es sehr eng. Größere Räumlichkeiten wurden dringend benötigt.Ein geeignetes Stück Land wurde in der Stadt Holbæk gefunden, 72 Kilometer westlich von Kopenhagen. Das hügelige Gelände war 6 Hektar groß mit wunderschönem Blick auf den Fjord von Holbæk. Die Pläne wurden gezeichnet und der Bauantrag eingereicht. Aber als ein freundlicher leitender Mitarbeiter beim Vermessungsamt davon erfuhr, daß dieser Komplex mit einer Bodenfläche von 14 000 Quadratmetern von den Zeugen selbst gebaut werden sollte, riet er dringend davon ab.
„Aber für Jehova ist nichts unmöglich“, bemerkt Filip Hoffmann, der das Projekt koordinierte. „Die Baufamilie machte sich mit durchschnittlich 200 Mann an die Arbeit, und an Wochenenden hatten sie gute Unterstützung von freiwilligen Helfern. Nicht einmal der kälteste Winter des Jahrhunderts, in dem die Temperaturen wochenlang bei minus 10 bis 20 Grad lagen, konnte sie aufhalten. Nach nur hundert Wochen waren die Gebäude am 21. Mai 1983 fertig zur Bestimmungsübergabe.
Die Familie zieht in ihr neues Zuhause ein
Im August 1982 zog die Bethelfamilie in das neue Zuhause ein. Ein Ehepaar, das nicht mit umzog, war Richard und Julia Abrahamson. Jahrelang war Bruder Abrahamson in dem Werk in Dänemark führend vorangegangen, und für viele war er ein Ansporn gewesen. Die dänischen Zeugen hatten beide, ihn und seine Frau, in ihr Herz geschlossen. Ende des Jahres 1980 wurden sie jedoch in das Hauptbüro der Gesellschaft in Brooklyn (New York) gerufen. So nahm die dänische Bethelfamilie Anfang Januar 1981 schweren Herzens Abschied von ihnen.
Die Aufgabe, als Koordinator des Zweigkomitees zu dienen, wurde Jørgen Larsen übertragen, der seit 1951 Erfahrungen im Vollzeitdienst gesammelt hatte und zweimal die Gileadschule besuchte, nämlich 1959 und 1965. Zusammen mit seiner Frau Anna war er einige Jahre als Kreisaufseher gereist, und dann diente er im Bethel in der Dienstabteilung und in der Übersetzungsabteilung.
Bestimmungsübergabe der Zweiggebäude
Einige Tage vor der Bestimmungsübergabe wurde für Lieferanten und Behördenvertreter ein besonderer Empfang gegeben. Während einer Führung durch die Gebäude erwähnten sie den Brüdern gegenüber, wie sehr sie von der Auswahl der Baumaterialien, dem handwerklichen Können und der Ausstattung angetan waren — ein Qualitätsniveau, wie sie es in jungen Jahren kennengelernt, jedoch nie wieder gesehen hatten. Als man den leitenden Mitarbeiter des Vermessungsamts, der den Brüdern gut gesonnen war, an seine anfänglichen Befürchtungen erinnerte, lächelte er und sagte: „Wissen Sie, damals kannte ich Ihre Organisation noch nicht.“
Die 700 Brüder und Schwestern, die zur Bestimmungsübergabe eingeladen worden waren, bewunderten nicht nur die schönen Gebäude, sondern waren auch von der Größe des Komplexes beeindruckt. So sagte Christian Rømer: „Ich bin vom Anblick der Gebäude überwältigt, vor allem wenn ich daran denke, wieviel Arbeit hineingesteckt wurde.“ Alle stimmten Daniel Sydlik von der leitenden Körperschaft zu, als er in seinem Vortrag zur Bestimmungsübergabe darauf hinwies, daß Opfer für Jehova uns etwas kosten. Das Bauprojekt kostete sowohl Geld als auch Anstrengungen, aber diese Opfer wurden freudig dargebracht, da sie dazu beitrugen, Jehovas Werk voranzutreiben.
Geistige Bedürfnisse werden gestillt
Die neuen Zweiggebäude boten genügend Platz, um einen lang gehegten Wunsch nach mehr Übersetzern erfüllen zu können, die nun in der Lage wären, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Die Anzahl der Seiten des dänischen Wachtturms und Erwachet! wurden von 24 auf 32 erhöht; nun wurde auch das Jahrbuch in Dänisch herausgegeben, und man begann mit der Übersetzung des Buches Hilfe zum Verständnis der Bibel.
Zwei Publikationen gingen in die Geschichte Dänemarks ein: Die Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift, herausgegeben im April 1985, und die Umfassende Konkordanz, die mit Hilfe von Computerprogrammen zusammengestellt wurde
und 1988 erschien. Das war das erste Mal, daß eine Gruppe ohne das Dazutun der dänischen Volkskirche eine Übersetzung der ganzen Bibel herausgegeben hatte, und das erste Mal überhaupt, daß eine so umfassende Bibelkonkordanz in Dänisch gedruckt wurde.Inzwischen war es durch die zusätzlichen Räumlichkeiten in den neuen Gebäuden möglich geworden, an dem umfassenden Index der Wachtturm-Publikationen 1930—1985 zu arbeiten. Dieses wertvolle Werkzeug für Erforscher der Bibel wurde anläßlich des Kongresses im Jahr 1991 freigegeben. Auf diesem Kongreß gab es noch eine Neuheit — ein Buch, das gleichzeitig in den drei Sprachen veröffentlicht wurde, für die das dänische Zweigbüro zuständig ist. Das Buch Der größte Mensch, der je lebte wurde in Dänisch, Färöisch und Grönländisch freigegeben.
Dadurch, daß ein neues Tonstudio eingerichtet wurde, ist es möglich, Tonbandkassetten von guter Qualität herzustellen. Bis jetzt wurden Aufnahmen von den Christlichen Griechischen Schriften und der Hälfte der Hebräischen Schriften gemacht; und um Sehbehinderten und solchen zu helfen, die Schwierigkeiten beim Lesen haben, werden Artikel aus dem Wachtturm auf Tonband aufgenommen und zweimal im Monat an 350 Abonnenten versandt.
Ein weiterer Schritt nach vorn war der Wechsel zum computergesteuerten Fotosatz und zum modernen Offsetdruck. Arne S. Nielsen, der Fabrikaufseher, sagt dazu: „Das war eine Herausforderung und gleichzeitig ein Segen. Es bedeutete, daß fast alle Maschinen in der Druckerei ausgetauscht werden mußten und daß jeder lernen mußte, mit den neuen Maschinen umzugehen und dabei neue Arbeitsverfahren anzuwenden.“ Eine Bogenoffsetmaschine ist ständig in Betrieb, um die Zeitschriften in Dänisch, Isländisch und Grönländisch zu drucken. Als die dänischen Zeitschriften vierfarbig gedruckt werden sollten, stellte man eine weitere Druckmaschine in der Druckereietage auf.
Sobald die Arbeiten an den Zweiggebäuden abgeschlossen waren, konnte man das nächste größere Projekt in Angriff nehmen. Die Brüder im östlichen Teil des Landes kauften ein leerstehendes Fabrikgebäude in der Nähe von Herlufmagle, einem Dorf, das 50 Kilometer südlich des Bethels in Holbæk liegt. Auf dem Grundstück befand sich ein aus vier Teilen bestehendes landwirtschaftliches Gebäude, ein zweigeschossiges Wohnhaus, eine große Werkstatt und eine geräumige Schmiede — ein einziges Durcheinander. Mit der Hilfe von Architekten und vielen
fleißigen Händen gelang es jedoch, das Ganze in etwas Harmonisches umzugestalten, nämlich in einen Kongreßsaal für die Brüder der Inseln Seeland, Møn, Lolland und Falster. Seit der Bestimmungsübergabe am 26. April 1986 können fast alle Versammlungen Dänemarks ihre Kreiskongresse in ihrem eigenen Kongreßsaal abhalten.Königreichssäle in Schnellbauweise
Dann gab es ein neues Kapitel in der Geschichte der theokratischen Bautätigkeit Dänemarks. Etwas noch nie Dagewesenes wurde eingeführt: Königreichssäle in Schnellbauweise.
Der erste von Brüdern gebaute Königreichssaal wurde 1949 fertiggestellt. Im Jahr 1968 bildeten die Versammlungen einer Region einen gemeinsamen Fonds, einen regionalen Königreichssaalverband, mit dem Ziel, allen Versammlungen in diesem Bereich die Finanzierung eines Königreichssaales zu ermöglichen. (Vergleiche 2. Korinther 8:14.) Die Idee wurde im ganzen Land aufgegriffen, so daß fast alle Versammlungen die Gelegenheit hatten, sich einen Saal zu bauen oder zu kaufen.
Mitte der achtziger Jahre waren einige der älteren Königreichssäle nicht mehr geeignet; viele waren einfach zu klein. Um also das Problem zu lösen, wurde vorgeschlagen, in Schnellbauweise zu bauen, von der man auch in anderen Ländern Gebrauch macht. Einige hatten ihre Zweifel. Ließe sich diese Methode mit der traditionellen dänischen Bauweise vereinbaren, bei der tragende Außenwände gewöhnlich Backsteinmauern sind? Vor allem, würde man die strengen Bestimmungen der dänischen Baubehörden erfüllen können?
Im Jahr 1986 setzten sich Architekten und Ingenieure zusammen und erarbeiteten eine praktikable Methode: Die Ortsversammlung trifft alle Vorbereitungen, und danach greifen 200 gelernte Handwerker drei Tage lang tüchtig zu. Große Begeisterung herrschte, als der erste Königreichssaal im September 1986 im Schnellbau erfolgreich fertiggestellt wurde.
Seither haben die Behörden immer wieder diese Bauweise bewundert. Bis jetzt wurden in Dänemark 36 Königreichssäle in Schnellbauweise gebaut, und weitere sind noch geplant. Es war ein begeisternder Augenblick für die Baumannschaft, als sie im August 1991 die Reise nach Jakobshavn auf Grönland antrat, um dort einen der am nördlichsten gelegenen Königreichssäle der Welt zu bauen.
Ein neuer Königreichssaal in Tórshavn
Die Färöer wurden nicht übersehen. Da die Zahl der Verkündiger in Tórshavn zunahm, wurde eine neue Versammlungsstätte
benötigt — ein ziemlich großes Projekt für die ortsansässigen Brüder. Aber nach dem Kongreß im Jahr 1983 zogen 10 bis 15 Verkündiger von Dänemark auf die Inseln. Einige von ihnen verfügten über reiche Erfahrungen, die sie beim Bethelbauprojekt in Holbæk gesammelt hatten.Im Februar 1984 wurde mit dem Bauvorhaben begonnen, wobei man viel bohren und sprengen mußte, da das Gebäude buchstäblich auf Felsen gebaut wurde. Der Keller wurde betoniert, das restliche Gebäude aus Holz gefertigt bis auf das Dach, das nach alter färöischer Tradition, die sich jetzt wieder großer Beliebtheit erfreut, mit Torf gedeckt wurde. Es war kein Königreichssaal in Schnellbauweise, aber trotzdem erregte er viel Aufsehen. Bei der Bestimmungsübergabe am 10. Juni 1985 wurden Jehovas Zeugen in einer Nachrichtensendung im Fernsehen zum ersten Mal erwähnt. Ein Ältester der Ortsversammlung wurde im Rundfunk interviewt, und in den meisten Tageszeitungen erschienen Artikel und Fotos vom neuen Saal.
Neue Publikationen in Färöisch
Die färöischen Brüder waren mit den dänischen Publikationen gut zurechtgekommen, da die meisten Färinger Dänisch lesen und sprechen können. Trotzdem bestand ein Bedarf an Literatur in der Sprache des Volkes. Die Tochter von Anna Nolsøe, Peturbjørg Nygaard, wurde mit der Aufgabe des Übersetzens betraut, und Mitte der achtziger Jahre wurden verschiedene Bücher und Broschüren der Gesellschaft in Färöisch herausgegeben. Wann immer die Leute im Gebiet die ansprechende Literatur in ihrer eigenen Sprache sahen, konnte ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben werden. Außerdem herrschte große Freude in den Versammlungen, als 1989 das Liederbuch in Färöisch freigegeben wurde. Nun konnte Jehova in einer weiteren Sprache durch buchstäblichen, von Herzen kommenden Lobgesang gepriesen werden.
In den letzten Jahren gab es viele Täuflinge auf den Färöern. Zum einen waren es Personen, die im Gebiet gefunden worden waren, und zum anderen junge Menschen, die von klein auf zu
den Versammlungen gehörten. Wovon die ersten Verkündiger auf den Färöern im Jahr 1948 nur hätten träumen können, ist nun Wirklichkeit geworden. Jehova hat all die Jahre die Ausdauer einer großen Anzahl von Brüdern und Schwestern gesegnet, so daß nun auch auf diesen kleinen Inseln des Atlantiks von Jehova und seinem messianischen Königreich des Friedens regelmäßig Zeugnis abgelegt wird.Endlich Erntezeit in Grönland!
Nachdem ungefähr 30 Jahre lang der Königreichssame gepflanzt und geduldig begossen worden war, waren die Felder Grönlands schließlich reif zur Ernte. Im Jahr 1983 fing in Nuuk eine Gruppe junger Grönländer an, zu studieren und die Zusammenkünfte zu besuchen. Sie machten gute Fortschritte. Würde das der lang ersehnte Durchbruch sein? Anfangs waren sie schüchtern und zurückhaltend, weil sie die dänische Versammlung besuchten und nur teilweise verstanden, was gesagt wurde; aber mit der Zeit wurden sie unbefangener, und ihre Liebe zu Jehova und der Wahrheit nahm zu. Die Sonderpioniere Kristen und Helena Mortensen aus Nuuk erzählen eine typische Erfahrung:
„Eine der jungen Grönländerinnen war Sonja, ein Mädchen, das etwa ein Jahr studiert hatte, jedoch unregelmäßig, weil sie ständig von einer Party zur anderen unterwegs war. Nach einiger Zeit zog sie mit einem Mann zusammen, was zur Folge hatte, daß das Studium nun wenigstens regelmäßig durchgeführt werden konnte. Bald wurde ihr klar, was die Wahrheit so alles beinhaltete. Sie hörte auf zu rauchen, gab das Trinken und ausschweifendes Feiern auf und trat aus der Kirche aus. Viggo, der Mann, mit dem sie zusammenlebte, war sehr zurückhaltend, und den Brüdern fiel es schwer, sein Interesse für die Wahrheit zu wecken. Sonja erzählte ihm von dem, was sie lernte, und so langsam wuchs auch sein Interesse. Anfangs war er zu schüchtern, um einer Zusammenkunft im Königreichssaal beizuwohnen. So arrangierte man eine private Diavorführung mit dem auf Tonband gesprochenen Text in Grönländisch. Genaugenommen sah er die Dia-Serie einige Male. Bald darauf willigte er ein, sich am
Studium zu beteiligen, und da er sich nun im Königreichssaal wohler fühlte, kam er auch zu den Zusammenkünften.“Schließlich heiratete das Pärchen, sie gaben sich Jehova hin und ließen sich taufen. Später nahmen sie den Vollzeitdienst auf, und jetzt dient Viggo Christensen als der erste grönländische Älteste.
Diese neuen Königreichsverkündiger sprachen voller Eifer mit ihren Bekannten über all die guten Dinge, die sie gelernt hatten. Sie luden andere zu ihrem Heimbibelstudium ein, und einige ihrer Bekannten zeigten an der Wahrheit Interesse und kamen zu den Zusammenkünften. So entstand durch die Versammlung ein theokratisches Umfeld, wodurch frühere schlechte Gesellschaft durch gute Gesellschaft ersetzt wurde und wo Neuinteressierte sich gegenseitig beistehen konnten. Seither ist die Versammlung in Nuuk ständig gewachsen.
Mehrung in Jakobshavn
Etwas Ähnliches geschah etwa 300 Kilometer nördlich des Polarkreises in Jakobshavn. Im Winter 1985/86 hielt dort das Sonderpionierehepaar Bo und Helen Christiansen Versammlungen in grönländischer Sprache ab. Innerhalb eines Jahres kamen ungefähr 50 Personen zum Königreichssaal — die meisten von ihnen nur einmal, aber eine kleine treue Gruppe kam regelmäßig.
Das Wachstum wurde gefördert, als die Wahrheit in einer kleinen Familie Fuß faßte und sich von da ausbreitete. Von Anfang an begriff Sara, daß dies die Wahrheit war; ihr Mann und die drei Kinder waren zunächst nur neugierig. Später jedoch gab Niels, ihr Mann, seiner Schwester Naja Zeugnis, die in einem nahe gelegenen Dorf wohnte. Da Najas Mann auf einem Trawler unterwegs war, fuhr sie nach Jakobshavn, um bei Niels und Sara zu wohnen, und sie ging auch mit ihnen zu den Zusammenkünften.
In der Zwischenzeit las Najas Mann Thele, der in seinem Trawler saß, das „Neue Testament“. Er hatte gehört, daß seine Frau die Bibel studierte, und da er ein religiöser Mensch war, entschloß er sich, den Zeugen zu beweisen, daß ihre Lehren falsch
sind. Er drohte ihr auch mit Scheidung; tatsächlich waren die Papiere dafür bereits abgeschickt worden. Als er die Arbeit auf dem Schiff beendet hatte, ging er schnurstracks zu seiner Frau und nahm sie mit ins Heimatdorf. Nach einer langen Diskussion wurde ihm jedoch bewußt, daß er die Bibel einfach nicht gut genug kannte, um die Dinge, die sie ihm erzählte, zu widerlegen.Voller Entschlossenheit reisten beide zurück nach Jakobshavn, und sie quartierten sich bei Niels und Sara ein. Thele rief bei den Sonderpionieren an und bat sie, zu kommen, um ihn in der Bibel zu unterweisen. Er gab zu, daß er auf dem Holzweg gewesen war. Er kam zu den Zusammenkünften, hörte mit dem Rauchen auf und trat aus der Kirche aus. Eine Woche später fragte er, ob er ein Verkündiger werden könne. Er besuchte treu die Zusammenkünfte und kam zu dem Kongreß, der zwei Monate später in Nuuk abgehalten wurde. Auf der Heimreise fragte er: „Kann ich jetzt ein Verkündiger werden?“ Nun war es möglich. Im Sommer 1990 wurden er und Naja zusammen mit Niels getauft. Ungefähr ein Jahr später schloß sich Naja den Reihen der allgemeinen Pioniere an. Bruder Christiansen freut sich: „Bis jetzt haben sich neun Personen taufen lassen. Es ist einfach ein wunderbares Erlebnis, wenn man sieht, wie Jehova aufrichtige Menschen zieht.“
Aussichten in Nordgrönland
Bruder Christiansen fährt fort: „Ein weiteres Vorrecht, das uns drei Jahre lang zuteil wurde, war, Predigttouren in die abgeschiedenen Gebiete von Umanak und Upernavik im Norden zu unternehmen. Das ist das Land der Robbenfänger — eine Landschaft von unglaublicher Schönheit. In den abgelegenen Handelsposten sind die Lebensbedingungen ganz anders als in den Städten, wo die moderne Entwicklung schnell vor sich geht; aber auch dort draußen deutet vieles darauf hin, daß die Leute das Königreich brauchen. Die Menschen sind freundlich, viele hören zu, und die neuesten Publikationen der Gesellschaft sind weit verbreitet. Es ist offensichtlich, daß aufrichtige Menschen dort nur darauf warten, eingesammelt zu werden.“
Im Sommer 1990 machten sich fünf relativ neue Verkündiger aus Jakobshavn auf zu einer zweiwöchigen Predigttour in die
umliegenden Siedlungen und Handelsposten. Zum ersten Mal wurde in diesen Gegenden durch einheimische grönländische Verkündiger ein Zeugnis gegeben. Die fünf legten mit ihren drei kleinen Motorbooten 2 000 Kilometer zurück. Selbst winzigen Handelsposten, wo Boote normalerweise nicht anlegen und wo zuvor noch niemand gepredigt hatte, wurde die gute Botschaft überbracht. Die Verkündiger kamen bis Kullorsuaq — Teufelsdaumen genannt — in der Nähe des 75. nördlichen Breitengrades.Nördlich des Teufelsdaumens fängt die eisbedeckte Küste an, und die nächsten 300 Kilometer sind gänzlich ohne Bewohner. Weiter nördlich davon gibt es bewohnte Gegenden, die praktisch immer noch jungfräuliches Gebiet sind. Im Januar 1989 verbrachte jedoch eine Schwester aus Nuuk wegen ihrer weltlichen Arbeit einige Wochen in Grönlands nördlichster Stadt Thule. Sie nutzte die Gelegenheit, um den Stadtbewohnern zu predigen. Daraufhin hat ein junges Mädchen aus Thule, das während seiner Schulzeit in Nuuk anfing, die Bibel zu studieren, aber dann nach Thule zurückkehrte, ihr Bibelstudium mit Hilfe von Kassetten fortgesetzt. Trotz Gegnerschaft hat sie damit begonnen, anderen von dem Gelernten zu erzählen. So wird selbst dort in einem der ‘entferntesten Teile der Erde’ ein Zeugnis vom Königreich gegeben (Apg. 1:8).
Probleme in Verbindung mit der Blutfrage
Fast alle Grönländer, die die Wahrheit angenommen haben, sind junge Menschen. Somit hatten sie zwar keine Probleme mit religiösen Lehren, dafür aber mit Unmoral, Alkoholmißbrauch und Gegnerschaft von Bekannten und Verwandten. Es erforderte von ihnen großen Mut, in den Dörfern zu predigen, wo jeder jeden kennt. Eine weitere Herausforderung für Neue war die richtige biblische Ansicht über das Blut. Viele Leute in Grönland lieben die einheimische Küche: Fleisch von Robben, Walen, Vögeln und anderem Wild. In Verbindung mit biblischen Grundsätzen ergibt sich jedoch für die Zeugen das Problem, daß Wild meistens nicht richtig ausgeblutet ist. Nur wenige der grönländischen Brüder können Fleisch erhalten, das von ausgebluteten
Tieren stammt; deshalb verzichten sie oft lange Zeit darauf.Der Fall von Ane aus Jakobshavn hilft, die Problematik zu umreißen. Im Frühjahr 1990 wurde Ane mit einer Bauchhöhlenschwangerschaft ins Krankenhaus gebracht. Es war ein Notfall! Als Neugetaufte mußten sie und ihr Mann sich plötzlich mit der medizinischen Verwendung von Blut auseinandersetzen. Sie erklärten dem Arzt, daß ihre christliche Einstellung zu dem Gebot, ‘sich des Blutes zu enthalten’, einschloß, keine Bluttransfusion zu akzeptieren (Apg. 15:29). Der Arzt erklärte sich bereit, ohne Blut zu operieren. Ane dachte jedoch, daß sie die Operation nicht überleben werde. Als sie mit ihrem Bett in den Operationssaal gerollt wurde, war sie guten Mutes und sagte zuversichtlich zu ihrem Mann: „Wir werden uns in der neuen Welt wiedersehen.“ Glücklicherweise verlief die Operation erfolgreich, so daß sie sich schon am nächsten Tag wieder in die Arme schließen konnten. Ane hatte jedoch nun Hunger, und so mußte sie sich der Blutfrage auf eine andere Weise stellen. Das Krankenhaus brachte ihr nur grönländisches Essen, wie Fleisch von nicht richtig ausgebluteten Tieren; um also essen zu können, mußte sie warten, bis ihr Mann ihr etwas von zu Hause mitbrachte.
Geistige Bedürfnisse stillen
Entlang der ganzen Küste Grönlands findet man Menschen, die großen Respekt vor der Bibel haben. Deshalb konnte das in Grönländisch erschienene Buch Mein Buch mit biblischen Geschichten an viele Wohnungsinhaber abgegeben werden. In verschiedenen Städten ist das Buch in 20 bis 30 Prozent der Haushalte zu finden, und in vielen Handelsposten haben zumindest die Hälfte aller Familien dieses Buch.
Wegen der großen Entfernungen und der hohen Reisekosten ist es nicht möglich, daß sich alle Versammlungen zu Kreiskongressen und Tagessonderkongressen versammeln. Diese Veranstaltungen werden in den Ortsversammlungen durchgeführt, wo man zusammenkommt, um sich Kassetten oder Videoaufnahmen von Kongressen anzuhören, die bereits in Dänemark stattgefunden haben. Aber einmal im Jahr, auf dem jährlichen Bezirkskongreß,
treffen sich die Verkündiger, die von der ganzen Küste kommen. Für viele Neue ist die Gemeinschaft mit so vielen Glaubensbrüdern etwas Außergewöhnliches; und für Pioniere aus kleinen Versammlungen ist das Wiedersehen mit anderen Vollzeitdienern ein besonderes Erlebnis.Im Februar 1990 erhielten die Versammlungen in Grönland eine erschütternde Nachricht. Schwester Joan Lauritsen starb mit nur 51 Jahren an einem Herzinfarkt. Viele Jahre lang war sie eine große Stütze beim Übersetzen der Publikationen der Gesellschaft ins Grönländische gewesen. Ihr Mann Kristen litt sehr unter dem Verlust — ebenso auch die Versammlungen in dem Land von Eis und Kälte.
Nach dem Tod seiner Frau diente Bruder Lauritsen noch etwa ein Jahr in Grönland; dann mußte er aus gesundheitlichen Gründen nach Dänemark zurückkehren. Auf die vielen Jahre des Missionardienstes zurückblickend, sagt er: „Als wir vor 35 Jahren anfingen, die gute Botschaft vom Königreich in Grönland zu predigen, war es wirklich der Tag kleiner Anfänge. Jetzt beobachten wir einen ständigen Zustrom von insbesondere jungen Grönländern, die studieren und für die Wahrheit Stellung beziehen. Ich bin Jehova wirklich dankbar, daß er uns nicht nur dazu gebraucht hat, das Werk in diesem Land zu beginnen, sondern uns auch die Kraft verlieh weiterzumachen, bis die Ernte eingebracht wurde.“
Bruder Christiansen zog von Jakobshavn nach Nuuk, um die Übersetzungsarbeiten fortzusetzen. Mit der guten Unterstützung grönländischer Brüder war es nicht nur möglich, den Wachtturm weiterhin herauszugeben, sondern auch das Buch Der größte Mensch, der je lebte zu übersetzen, und seit Juli 1992 wird Erwachet! unter dem Namen Iteritsi! vierteljährlich veröffentlicht. Die Brüder und Schwestern in Grönland sind dankbar dafür, daß Jehovas Organisation sogar in nur wenig bevölkerten Gebieten so viel Wert auf die geistige Speise legt.
Das fremdsprachige Gebiet in Dänemark
In den letzten 20 bis 25 Jahren hat sich das Gebiet in Dänemark gewandelt. Wegen der Weltverhältnisse sind viele
Menschen aus anderen Ländern eingewandert, und damit einher gingen auch Probleme, wie Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit, obwohl die Dänen immer dachten, sie seien darüber erhaben.Für Jehovas Zeugen ist es eine interessante Herausforderung, weil die Einwanderer eine andere Sprache und eine andere Religion haben. Um das Werk unter den Einwanderern voranzutreiben, wurde 1975 in Kopenhagen eine kleine englischsprachige Versammlung gegründet. Interessierte aller Rassen und Nationalitäten strömten zu den Zusammenkünften, fingen an zu studieren und nahmen die Wahrheit an. Einige dieser Neuen zogen in andere Länder, um dort zu predigen, aber viele blieben da, und sie gehören heute zu einer starken und buntgemischten Versammlung, in der etwa 25 Nationalitäten vertreten sind — ein klarer Beweis dafür, daß die Wahrheit Menschen vereint.
Seit Januar 1989 hat Kopenhagen eine kleine, aber sehr aktive jugoslawische Versammlung. Eine ehemalige Schauspielerin, die nach Dänemark zog, weil sie wegen der Ungerechtigkeiten in ihrem Heimatland enttäuscht war, steht jetzt im Hilfspionierdienst. Ein Student aus Mazedonien kam nach Dänemark, um Geld für sein Studium zu verdienen, fand statt dessen jedoch geistigen Reichtum und dient nun Jehova in seinem Heimatland.
Eine junge Zigeunerfamilie, für die zuvor Stehlen und Schmuggeln an der Tagesordnung war, tritt jetzt freimütig für geistige Werte ein. Ja, viele Ausländer, die in Dänemark nach politischer Freiheit oder materiellem Reichtum strebten, haben durch das Wort Gottes und die Christenversammlung wahre Freiheit und eine echte Bereicherung gefunden.Den Gehörlosen predigen
Eine kleine Gruppe von gehörlosen Verkündigern in Kopenhagen hat viele Jahre anderen Gehörlosen in der Hauptstadt eifrig gepredigt. Im Jahr 1980 beschlossen sie, daß allen 4 000 Gehörlosen, die es im Land gibt, ein Zeugnis von der Wahrheit in ihrer eigenen Sprache gegeben werden sollte — in Zeichensprache.
Der Plan konnte ausgeführt werden, weil Verkündiger, die nicht hörgeschädigt sind, bereit waren, die Zeichensprache zu erlernen. Eine Gruppe der gehörlosen Brüder besuchte gewisse Versammlungen, um ihr Anliegen vorzutragen. Aufgrund dieser Initiative lernten noch mehr Verkündiger, deren Hörfähigkeit nicht beeinträchtigt ist, die Zeichensprache, so daß nun fast alle Gehörlosen im Land regelmäßig besucht werden. Was ist das Ergebnis? Jetzt gibt es vierundzwanzig gehörlose Verkündiger in sechs Versammlungen. Die Gruppe in Kopenhagen, die die größte ist, hat zwei Dienstamtgehilfen und einen Ältesten, die gehörlos sind. Die regulären Zusammenkünfte werden in Zeichensprache abgehalten, und zwei der Brüder halten Vorträge, die in gesprochenes Dänisch übersetzt werden.
Blut und medizinische Versorgung
Im sonst so toleranten Dänemark hatten Jehovas Zeugen einen langen und schweren Kampf gehabt, bis Ärzte und Behörden ihre Einstellung zum Blut respektierten. Viele Jahre lang hielten sich Ärzte und Krankenhäuser an Vorschriften, die man damals, im Jahr 1956, erlassen hatte, als Gespräche zwischen Rechtsanwälten, Ärzten und einem lutherischen Geistlichen der dänischen Volkskirche geführt wurden. Kein Wunder, daß die Ärzte dachten, sie hätten das Recht, einem Patienten gegen seinen Willen Blut aufzuzwingen!
Im Jahr 1975 spitzte sich die Lage zu, als ein Krankenhaus in Kopenhagen einem dreijährigen Jungen entgegen dem Willen seiner Eltern eine Bluttransfusion aufzwingen wollte. Glücklicherweise fanden die Eltern einen hilfsbereiten Arzt, der dem Jungen eine gute ärztliche Versorgung auch ohne Blut zukommen ließ. Nach einigen Wochen war der Junge wieder zu Hause, und auch heute noch ist er gesund und munter.
Leider waren die Eltern des Jungen und andere Zeugen während dieser Zeit durch die Massenmedien einer echten Verfolgungskampagne ausgesetzt. Es kam sogar zu Bombendrohungen und Zwischenfällen mit Gewaltanwendung. Dieser Fall gab jedoch Gelegenheit dazu, die Ärzteschaft direkt anzusprechen. Bruder Jørgen Larsen schrieb einen Artikel, der in der Ugeskrift for Læger (Dänische medizinische Wochenzeitschrift) vom 19. Juli 1976 unter der Überschrift „Bluttransfusion — religiöse Überzeugung und ärztlicher Berufsethos“ erschien. Das war der erste größere Schritt in die richtige Richtung.
Die nächste Hürde wurde genommen, als der allseits geachtete dänische Experte für Rechtsfragen und ethische Werte, Dr. Alf Ross, einen umfassenden Artikel für die Ugeskrift for Læger vom 26. März 1979 schrieb. Diese Nachricht erregte Aufsehen, da es in Dänemark das erste Mal war, daß ein Rechtskundiger kein Blatt vor den Mund nahm, die allgemeine Auffassung nicht teilte und erwachsene Zeugen Jehovas dahin gehend verteidigte, daß sie das Recht hätten, zu jeder Zeit eine Bluttransfusion zu verweigern, auch in lebensbedrohlichen Situationen. Trotzdem war die Sache noch nicht gesetzlich abgeklärt.
Nun ging es hauptsächlich um die Sache der Ethik. Im Jahr 1982 informierte die Gesundheitsbehörde alle Ärzte in Dänemark über den „Grundsatz der hinreichenden Aufklärung“, und 1985 wurde ein neues Handbuch herausgegeben, das einen guten Überblick über die ethische Herausforderung gibt, die daraus resultiert, daß Jehovas Zeugen Bluttransfusionen verweigern. Dann, im September 1989, nahm die Dänische Ärztegesellschaft einen geänderten ethischen Kodex für Ärzte an. Ein neuer Absatz in der Publikation sagte über Aufklärung und Zustimmung, daß
„ein Patient das Recht darauf hat, hinreichend über Diagnose, Prognose, mögliche Behandlungsmethoden und anderes informiert zu werden, und aufgrund dieser Information das Recht hat zu entscheiden, ob er eine spezielle Behandlung akzeptiert oder verweigert“.Auf der ethischen Seite gibt es keine Probleme mehr, aber vom Gesetz her gibt es noch einige Zweifel, ob das Selbstbestimmungsrecht des Patienten höher zu bewerten ist als die Pflicht des Arztes, Hilfe zu leisten. Die Gesetzgeber sind sich der Problematik bewußt, und Ende 1989 wurde ein Gesetz unterbreitet, demgemäß sich jemand strafbar macht, der einen Patienten entgegen seinem Willen behandelt. Das Gesetz wurde am 8. Mai 1992 verabschiedet und trat fünf Monate später, am 1. Oktober, in Kraft. Die Brüder und Schwestern benötigen jedoch immer noch Hilfe von befähigten Brüdern, und die Einrichtung der Krankenhaus-Verbindungskomitees, die seit Januar 1991 besteht, hat sich schon als sehr nützlich erwiesen.
Ein Kongreßgelände für das ganze Land
Nachdem das Zweigbüro fertiggestellt war und zwei Kongreßsäle für Kreiskongresse errichtet worden waren, ergab sich die Frage: Warum nicht einen Gebäudekomplex bauen, in dem alle Bezirkskongresse des Landes stattfinden könnten? Warum nicht das Grundstück in der Nähe der Kongreßhalle in Silkeborg dafür verwenden, da es etwa in der Mitte des Landes liegt?
Das Projekt wurde der leitenden Körperschaft vorgelegt und von ihr genehmigt. Die Stadtverwaltung von Silkeborg wies den Brüdern ein Stück Land von 16 Hektar zu, wozu ein großes und herrliches Naturschutzgebiet gehört, das etwa einen Kilometer vom Kongreßsaal entfernt liegt. Mit dem Aushub wurde am 1. Juli 1990 begonnen. War das eine Arbeit! In den ersten drei Monaten wurden jeden Tag durchschnittlich 1 500 Tonnen Erde bewegt — hundert schwerbeladene Lkws! Ein Bruder mit Erfahrung in Erdarbeiten beruhigte alle: „Jetzt habe ich schon 30 Jahre lang Erdmassen bewegt, und die Erde ist immer noch rund.“
Die Zuhörerschaft sitzt in einem teilweise überdachten Amphitheater, wobei niemand mehr als 70 Meter vom Redner
entfernt ist. Es hat 3 500 Sitzplätze, und im nahe gelegenen Kongreßsaal können weitere 900 Personen das Programm am Monitor verfolgen. Die Akustik ist ideal, außerdem gibt es ausreichend Parkmöglichkeiten, eine Erste-Hilfe-Abteilung, einen Literaturtisch und Toiletten. Zum Grundstück gehört auch ein Campingplatz, wo etwa tausend Brüder und Schwestern in Wohnwagen oder Zelten schlafen können.Am 1. Juni 1991 war die Bestimmungsübergabe. Lloyd Barry von der leitenden Körperschaft hielt einen äußerst glaubensstärkenden und ermunternden Vortrag. Ungefähr 4 000 Brüder und Schwestern waren auf dem Kongreßgelände beim Programm zugegen, und 700 Personen folgten der Ansprache im Kongreßsaal in Herlufmagle mittels Telefonleitung. In der folgenden Woche wurde in allen Versammlungen ein 75minütiges Video gezeigt, das dieses Ereignis in Kurzfassung wiedergab. In jenem Sommer gab das neue Kongreßgelände den fünf Bezirkskongressen mit dem Thema „Freiheitsliebende Menschen“ einen wunderschönen Rahmen.
Nach vorn schauen
In den 100 Jahren, die vergangen sind, seit Bruder Russell das erste Mal Dänemark besucht hat, haben sich die Wertvorstellungen der Bevölkerung sehr geändert. Während der technische Fortschritt materielle Wohlfahrt gebracht hat und das Land dadurch eines der reichsten der Welt geworden ist, hat das Interesse für Religion stark abgenommen.
Es war nicht zu vermeiden, daß diese Umstände das Königreichswerk beeinflußten. Es gab Zeiten des Wachstums, aber auch Zeiten des Stillstands und Zeiten, in denen Materialismus, Gleichgültigkeit und andere Faktoren dazu führten, daß die Verkündigerzahl zurückging. Um so erfreulicher ist es, zu sehen, daß sich im Laufe der Jahre viele ihrer geistigen Bedürfnisse bewußt wurden, sich Jehova hingaben und ihm treu dienten. Momentan gibt es in Dänemark eine Höchstzahl von 16 407 Königreichsverkündigern, und das Verkündiger-Einwohner-Verhältnis beträgt 1 zu 315. Viele sind weggezogen, um in Ländern zu dienen, wo größerer Bedarf an Verkündigern besteht. In erster
Linie zogen sie in Länder wie Norwegen und Schweden, aber auch auf die Färöer und nach Grönland und nach der Schulung in Gilead in noch entferntere Gegenden.Obwohl die Welt starken Druck ausübt, herrscht unter den Verkündigern ein gesunder Geist. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist die Zahl der Pioniere steil angestiegen, von 584 auf 1 315. Beim Gedächtnismahl waren letztes Jahr 24 960 Personen anwesend. Jedes Jahr werden ungefähr 500 Neue getauft. Obwohl Jehovas Zeugen in Dänemark schon überall an den Türen vorgesprochen haben, gibt es immer noch viel zu tun. Es ist schon wahr, wie man so schön sagt, die Dänen kann nichts erschüttern. Aber trotz der religiösen Gleichgültigkeit sind Jehovas Zeugen in Dänemark entschlossen, auszuharren und den Dienst völlig durchzuführen, mit dem ihr König, Jesus Christus, sie betraut hat: die gute Botschaft vom Königreich zu predigen (2. Tim. 4:5; Heb. 10:36).
[Übersichten auf Seite 147]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
DÄNEMARK
Pioniere (Durchschnitt)
1 315
777
556
228
137
1950 1960 1970 1980 1992
Verkündigerhöchstzahl
16 407
13 228
12 569
9 504
4 936
1950 1960 1970 1980 1992
[Karten auf Seite 66]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
DÄNEMARK
Hauptstadt: Kopenhagen
Amtssprache: Dänisch
Hauptreligion: evangelisch-lutherisch
Bevölkerung: 5 162 126
Zweigbüro: Holbæk
DÄNEMARK
Skagen
Nordsee
Ålborg
MORS
Silkeborg
Odder
JÜTLAND
Esbjerg
FÜNEN
Nyborg
SEELAND
Helsingør
Holbæk
Roskilde
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GRÖNLAND
Thule
Upernavik
Umanak
Qutdligssat
Nuuk (Godthåb)
[Karte]
BORNHOLM
[Karte/Bilder auf Seite 108, 109]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
FÄRÖER
Europäisches Nordmeer
STREYMOY
Vestmanna
Klakksvík
Tórshavn
Atlantischer Ozean
SUÐUROY
[Bilder auf Seite 72]
John Reinseth lernte die Wahrheit 1907 kennen. Er predigte mit unermüdlicher Ausdauer. Auch seine Frau Augusta war trotz ihrer schwachen Gesundheit eine eifrige Predigerin.
[Bild auf Seite 74]
Thyra Larsen aus Ålborg diente 1915 als Kolporteurin
[Bild auf Seite 75]
Schulhof in der Ole Suhrsgade in Kopenhagen im Jahr 1909. Bruder Russell ist in der Mitte der zweiten Reihe zu sehen, zu seiner Rechten der Zweigaufseher Carl Lüttichau.
[Bild auf Seite 79]
Marie Due verlor ihre Stelle als Lehrerin, als sie 1915 eine Bibelforscherin wurde
[Bild auf Seite 81]
Einladungszettel, mit dem Bruder Macmillans Vortrag angekündigt wurde. Die von ihm geleiteten Zusammenkünfte im Jahr 1920 lockten mehr als 5 000 Zuhörer an.
[Bild auf Seite 82]
Bruder Rutherford bei der Abreise vom Hauptbahnhof in Kopenhagen im Jahr 1922
[Bild auf Seite 87]
In den zwanziger Jahren predigten die Kolporteure mit unermüdlichem Eifer. Kristian Dal (links), Christian Rømer (ganz rechts) zusammen mit Anna Petersen, Søren Lauridsen und Thora Svendsen.
[Bild auf Seite 88]
Bruder Dey und Bruder Rutherford am Flughafen von Kastrup im Jahr 1927
[Bild auf Seite 89]
William Dey, Aufseher des nordeuropäischen Büros, und Albert West, bis 1930 Zweigaufseher von Estland und danach Sekretär von Bruder Dey
[Bild auf Seite 95]
Das Zweigbüro von 1932 bis 1957 in Valby
[Bild auf Seite 97]
Eine Gruppe von Zeugen mit Grammophonen, die sie auf ihren Fahrrädern befestigt haben
[Bilder auf Seite 104]
Im Jahr 1944 diente dieses Gebäude auf Langeland als Bibelschule
Filip Hoffmann (oben links), Unterweiser der Bibelschule, und Simon Petersen (vorn in der Mitte), der die Aufsicht über die Schule führte, mit seiner Frau Else (vorn links)
[Bilder auf Seite 108, 109]
John und Sonja Mikkelsen in typischer färöischer Kleidung mit ihrem Sohn Absalom. John war der erste Färinger, der zum Ältesten ernannt wurde.
Die Sonderpioniere Svend und Ruth Molbech auf einem Schiff in Richtung Klakksvík im Jahr 1958
[Bild auf Seite 110]
Richard und Julia Abrahamson, die über 26 Jahre in Dänemark dienten, sind zur Zeit im Hauptbüro in Brooklyn tätig
[Bilder auf Seite 111]
Svend Aage Nielsen und Edmund Onstad wanderten über die Berge der Färöer. Um sicherzugehen, daß sie nachts ein Dach über dem Kopf hätten, schlugen sie ihr selbstgenähtes Zelt auf.
[Bild auf Seite 115]
Seit 1955 haben die Leute in den Städten und den ländlichen Gegenden Grönlands von der guten Botschaft gehört
[Bilder auf Seite 116, 117]
Marie Tausen (links) war die erste Grönländerin, die 1973 in Grönland getauft wurde. Drei Jahre später folgte ihr Debora Brandt, die auf dem Foto die typisch grönländische Festtagskleidung trägt. Darüber ist ein Dorf in Nordgrönland in der Nähe von Umanak zu sehen.
[Bild auf Seite 123]
Das Zweigbüro von 1957 bis 1982 in Virum
[Bilder auf Seite 125]
Es macht viel Arbeit, Requisiten für Dramen herzustellen, die auf Dias festgehalten werden. Diese Kulissen eines Marktplatzes in Babylon wurden für das Esra-Drama im Jahr 1991 angefertigt.
[Bilder auf Seite 131]
Zum Kongreßgelände in Silkeborg gehören ein teilweise überdachtes Amphitheater, das 3 500 Personen Platz bietet, sowie die nahe gelegene Kongreßhalle, in der noch weitere 900 Personen Platz finden können
[Bild auf Seite 132]
Der größte Kongreß, den es jemals in Skandinavien gab, fand 1969 in Kopenhagen statt
[Bild auf Seite 133]
Das neue Zweigbüro in Holbæk. Daniel Sydlik von der leitenden Körperschaft hielt die Ansprache anläßlich der Bestimmungsübergabe im Jahr 1983.
[Bild auf Seite 134]
Königreichssaal in Tórshavn — mit einem Dach aus Torf
[Bild auf Seite 142]
Das Zweigkomitee. Von links: Erik Jørgensen, Henning Thusgaard, Jørgen Larsen, Arne S. Nielsen und Orla Rand Nielsen.