Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Zypern

Zypern

Zypern

ALS der Apostel Paulus und seine Reisebegleiter im ersten Jahrhundert auf Zypern predigten, stießen sie auf heftigen Widerstand. Bei dem Versuch, ihren Dienst zu behindern, suchte ein falscher Prophet, ein Zauberer namens Bar-Jesus, seinen Einfluß beim Prokonsul geltend zu machen. In Anbetracht der Methoden, deren sich der Zauberer bediente, beschrieb Paulus ihn offen als jemand, ‘der von jeder Art Trug und jeder Art Schurkerei erfüllt war, als einen Sohn des Teufels, einen Feind alles dessen, was gerecht ist, jemand, der die rechten Wege Jehovas verdrehte’ (Apg. 13:6-12). Auch in der Neuzeit hat eine Reihe zyprischer Geistlicher ähnliche Methoden angewandt und so versucht zu verhindern, daß die Menschen hier mehr über Jehovas großartigen Vorsatz, alle Familien der Erde zu segnen, erfahren.

Aber nicht jeder hier auf Zypern ist mit dem einverstanden, was die Geistlichen sagen oder tun. Die Zyprer sind für ihre Gastfreundlichkeit bekannt. Dem Besucher wird gewöhnlich eine Süßigkeit angeboten, oder wenn es ein heißer Sommertag ist, wird ihm vielleicht ein Glas gekühlte Limonade gereicht, während er im Schatten eines mit Trauben schwer behangenen Weinstocks sitzt.

Die klimatischen Verhältnisse sind gemäßigt. Zypern liegt im östlichen Mittelmeer, etwa 100 Kilometer von der syrischen Küste entfernt und ungefähr 60 Kilometer südlich der Türkei. Es ist eine ausgesprochen schöne Insel. Sandstrände strecken sich nach den warmen Fluten des Mittelmeeres aus. Wer der Sommerhitze entfliehen möchte, für den ist das Gebirge Troodos, das sich über den südwestlichen Teil der Insel erstreckt, der ideale Ort; dort ist es kühl und duftet nach Pinien. Weinstöcke und Feigenbäume sind ein vertrauter Anblick, ebenso wie Oliven- und Johannisbrotbäume. Zur Zeit der Mandelblüte sieht das Land aus, als wäre eine Schneedecke darüber ausgebreitet. Und wenn die Zitronenbäume blühen, ist die Luft von einem köstlichen Duft erfüllt. In ländlichen Gegenden kann man oft Hirten sehen, die ihre Schaf- und Ziegenherden weiden lassen. Viele Menschen hier leben so, wie man bereits lange vor unserer Zeitrechnung gelebt hat.

Die Vergangenheit Zyperns

Alle sieben Weltmächte der biblischen Geschichte haben Einfluß auf die nur 206 Kilometer lange Insel ausgeübt, und von sechs dieser Mächte ist sie unmittelbar beherrscht worden. Die achte Weltmacht, die Vereinten Nationen, hat sich ebenfalls bemerkbar gemacht, als es darum ging, den Frieden zwischen den griechisch- und den türkischsprachigen Volksgruppen aufrechtzuerhalten.

Zu Beginn des ersten Jahrhunderts u. Z. wurde das Christentum auf Zypern eingeführt. Die nach dem Tod des Stephanus in Jerusalem einsetzende Verfolgungswelle führte dazu, daß einige der Jünger, die zerstreut wurden, nach Zypern gelangten und der großen Judengemeinde predigten, die damals dort ansässig war (Apg. 11:19). Um 47/48 u. Z. besuchte Paulus Zypern, und zwar auf seiner ersten Missionsreise. Einer seiner Reisebegleiter war ein gebürtiger Zyprer, der nach der Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten 33 u. Z. mit den Aposteln Jesu Christi in Jerusalem Umgang gehabt hatte. Man hatte ihm den Beinamen Barnabas (Sohn des Trostes) gegeben (Apg. 4:34-37). Paulus und Barnabas gaben während ihres Dienstes auf Zypern zuerst in Salamis an der Ostküste Zeugnis und arbeiteten von dort aus quer über die ganze Insel, bis sie Paphos an der Westküste erreichten. Die Ruinen von Salamis und Paphos zeugen von der Bedeutung, die diese Städte zu der Zeit hatten, als Paulus und seine Begleiter ihren Dienst hier durchführten.

In Paphos wurde der römische Prokonsul Sergius Paulus zum Christentum bekehrt, und das ungeachtet der von dem Zauberer Bar-Jesus betriebenen Hetze. Der Prokonsul war, wie die Bibel sagt, „sehr erstaunt ... über die Lehre Jehovas“ (Apg. 13:12).

Ungefähr zwei Jahre später kehrte Barnabas mit seinem Cousin Markus nach Zypern zurück, um dort weiter zu evangelisieren (Apg. 15:36-41).

„Die Bibelforscher sind die Universität“

Auch in der Neuzeit ist auf Zypern ein ausgedehntes Evangelisierungswerk durchgeführt worden. Für aufrichtige Menschen ist es wohltuend gewesen, zu erfahren, was die Bibel lehrt im Gegensatz zu den Überlieferungen von Menschen. Ein früher Hinweis darauf, daß solche Lehren Zypern erreicht hatten, erscheint in der englischen Ausgabe des Wachtturms vom 1. Oktober 1922. Ein dort veröffentlichter Brief besagt, daß ein armenischer Geistlicher ein Traktat erhalten hatte, in dem gezeigt wurde, daß die Seele nicht unsterblich ist, sondern stirbt. Er war dankbar für das, was er gelesen hatte. Aber er zeigte sich tief beunruhigt über den geistigen Zustand in den Kirchen von Zypern. Er schrieb darüber: „Es gibt viele ... Kirchengebäude hier. Aber es gibt kein geistig-religiöses Leben; das ist schon lange erloschen. Die Geistlichkeit führt ein viel schändlicheres Leben als das Volk. Es verbleibt mir nichts weiter, als weinend wehzuklagen und aufzuschreien, so wie Jeremia es tat. Soweit es in meinen Kräften steht, bemühe ich mich, den Griechen, Armeniern, Türken und Juden die Milch der Wahrheit zu reichen.“ Auch andere Armenier, die nicht auf Zypern lebten, taten alles ihnen Mögliche, um den Menschen von Zypern die biblische Wahrheit zu übermitteln.

Im September 1924 kehrte dann Cyrus Charalambous aus den Vereinigten Staaten in sein Heimatland Zypern zurück. Er war ein Bibelforscher und hatte sich mit vielen Traktaten eingedeckt, darunter ein beachtlicher Bestand des Traktats Wo sind die Toten? Er fuhr in die Hauptstadt Nikosia und verschickte vom dortigen Hauptpostamt eine Veröffentlichung an alle Dorfschulzen und auch an jeden Lehrer in Stadt und Land. In jenen Tagen beförderte man die Post auf dem Rücken der Esel, und einmal die Woche wurde sie in den Dörfern ausgeliefert.

Eine Veröffentlichung, nämlich das Traktat Die Volkskanzel, erreichte den Dorfschullehrer von Xylophagou, einem Dorf im Kartoffelanbaugebiet im südöstlichen Teil der Insel. Dieser Lehrer nun wurde von Antonis Spetsiotis, einem Bauern der Umgebung, besucht. Antonis, ein lernbegieriger Mann, sah sich nach etwas Lesestoff um. Er sah das Traktat, und schon bald nahm ihn der Inhalt gefangen. Er unterhielt sich darüber mit einem anderen Dorfbewohner, mit Andreas Christou. Mit der Zeit verschafften sie sich weitere Literatur der Watch Tower Bible and Tract Society und lasen sie auch. Was sie dabei lernten, teilten sie anderen mit, und einige schlossen sich ihnen in ihrem Bibelstudium an.

Einer von denen, die Interesse zeigten, war Cleopas, ein Theologe der griechisch-orthodoxen Kirche. Obwohl er ein Freund des Volkes Jehovas wurde, bezog er niemals Stellung für die Wahrheit. Doch sagte er gewöhnlich: „Vom Niveau her sind die Katholiken der Kindergarten, die Protestanten die Grundschule, aber die Bibelforscher sind die Universität.“

Indes sprach nicht jeder so gut von den Bibelforschern. Antonis Spetsiotis und Andreas Christou zogen sich durch ihr informelles Zeugnisgeben den Zorn ihres Dorfes zu. Man informierte den Erzbischof von Zypern, und Theologen wurden geschickt, um dem Einfluß der beiden Brüder entgegenzuwirken. In den folgenden zwei Jahren arrangierte man eine Anzahl Debatten — auf der einen Seite ein Theologe und auf der anderen Bruder Spetsiotis. Säle wurden für diese Gelegenheiten nicht extra gemietet; das Kaffeehaus tat es auch, denn dort trafen sich die Leute sowieso. Schließlich wurden beide Brüder von der griechisch-orthodoxen Kirche exkommuniziert, und es wurde ihnen das Recht abgesprochen, zu heiraten und beerdigt zu werden. Als ein Kind von Andreas Christou starb, weigerte sich der Priester des Ortes, das Kind auf dem Friedhof begraben zu lassen, es sei denn, daß Andreas den Gottesdienst am Sonntagmorgen besuchen würde. Was kam dabei heraus? Das Kind wurde schließlich doch beerdigt, aber Andreas ging nicht zur Kirche.

Unterdessen lernte Tryfon Kalogirou, ein Beamter des Gesundheitsamtes, der aus einem Dorf in der Gegend von Nikosia stammte, die Wahrheit kennen. Wenn er die Dörfer in Verbindung mit seiner Tätigkeit als Inspektor besuchte, nutzte er die Gelegenheit und widerlegte anhand der Bibel die Lehre vom Höllenfeuer sowie die Dreieinigkeitslehre. Als ihm dann aber wegen einer Krankheit ein Bein abgenommen werden mußte, verhöhnten ihn die Leute und meinten, das sei nun Gottes Strafe dafür, daß er seine Religion gewechselt habe. Tryfon litt sehr darunter, ebenso wie Hiob litt, dessen Kummer durch die verdrehten Behauptungen seiner Freunde noch vergrößert wurde. (Vergleiche Hiob 4:7, 8; 12:4.) Aber er blieb dennoch bis zu seinem Tod im Jahr 1960 ein treuer Bruder.

Emsige Pioniere verbreiten die gute Botschaft

Das Werk auf der Insel erhielt 1934 neuen Schwung, als die Brüder Matheakis und Triantafilopoulos, zwei Pioniere aus Griechenland, ankamen. Von der Zentrale in Brooklyn (New York) erhielten die beiden 43 Kartons mit Büchern in Griechisch, Türkisch und anderen Sprachen. Sie waren emsig tätig, hatten aber erst einmal mit großer Gleichgültigkeit zu kämpfen. Von den Geistlichen irregeführt, hielten die Leute die Brüder für Kommunisten oder Protestanten, die sie dazu bewegen wollten, ihre Religion zu wechseln. Doch in den größeren Städten waren die Menschen, besonders die Geschäftsleute, neugierig und wollten wissen, was es mit dieser „neuen Religion“ auf sich hatte.

Die Pioniere erhielten von Brooklyn die Namen einiger Abonnenten der Zeitschriften der Gesellschaft. Einer davon war Cleopas, der Theologe. Er erwarb viele Publikationen der Gesellschaft und lud die Pioniere sogar bei mehreren Gelegenheiten zum Essen ein. Er nahm Bruder Matheakis auch in den Hellenischen Klub in Larnaka mit, wo er ihn als „einen Mann aus Athen“ vorstellte, „der eine Organisation vertritt, die nützliche bibelerklärende Bücher veröffentlicht“. An jenem Abend konnte Bruder Matheakis 84 gebundene Bücher und 120 Broschüren abgeben sowie 10 Abonnements auf Das Goldene Zeitalter aufnehmen.

Von Larnaka an der Südostküste machten sich die Pioniere auf den Weg in das etwa 26 Kilometer entfernte Xylophagou, wo sie sich mit Antonis Spetsiotis und Andreas Christou trafen. Diese beiden Brüder gaben wirklich ihr Bestes, um das Gelernte anderen mitzuteilen. Aber wie glücklich sie doch waren, daß sie nun die Gelegenheit hatten, zu einer genaueren biblischen Erkenntnis zu gelangen! In ihrem Dorf wurde die erste Versammlung der Zeugen Jehovas auf Zypern gegründet.

Von dort machten sich die Pioniere nach Famagusta auf. Dieser Ort mit seinen Orangenhainen und Windmühlen lag in der Nähe der Ruinen des alten Salamis. Als die Pioniere dort predigten, erreichte sie ein Brief der Gesellschaft, der sie davon unterrichtete, daß ein griechischsprechendes Ehepaar namens Lagakos aus Ägypten eintreffen würde, um im Predigtwerk mitzuhelfen. Eine willkommene Nachricht! Die Gruppe beschloß, daß sich die Neuankömmlinge, Bruder und Schwester Lagakos, auf die Städte konzentrieren sollten, während die anderen Pioniere die ländlichen Gebiete bearbeiten würden.

Bald wurde eine weitere Versammlung gegründet, und zwar in Nikosia. Innerhalb der Altstadtmauern wohnten ziemlich viele türkische Zyprer, und so hatten die Brüder ihre Zusammenkunftsstätte im Haus eines Muslims.

Nach und nach wurden weitere gute Ergebnisse erzielt. Mehrere griechische Zyprer nahmen den Pionierdienst auf. Einer von ihnen war Christos Kourtellides, ein kleiner Mann, der einen mit seinen strahlenden blauen Augen verschmitzt anschaute. Welch ein hervorragendes Beispiel der Loyalität und des Mutes er doch gab! In den 17 Jahren seines Pionierdienstes bearbeitete er fast alle 650 Dörfer der Insel. Das war kein Zuckerschlecken. Wenn ihm keine Gastfreundschaft gewährt wurde, schlief er oft unter freiem Himmel. Sogar mit seinem Tod tat sich noch eine Gelegenheit für ein gutes Zeugnis auf. Der Priester in seinem Heimatdorf erteilte keine Genehmigung dafür, Christos auf dem Friedhof zu beerdigen. Man mußte sich an den Verwaltungsbeamten des Bezirks wenden. Als man den Leichnam endlich bestatten konnte, waren bei der Begräbnisansprache 150 Personen anwesend.

Mit der Rückkehr von Bruder Triantafilopoulos nach Griechenland und der Abreise des Ehepaars Lagakos nach Syrien löste sich der Stamm der kleinen Pionierschar auf. Aber 1938 waren wieder vier einheimische Pioniere sowie 7 Versammlungsverkündiger damit beschäftigt, die gute Botschaft zu verkünden. Der Feier zum Gedenken an den Tod Christi wohnten 40 Personen bei.

Im selben Jahr hatten Panagiotis Gavrielides und eine benachbarte Familie ihren ersten Kontakt mit der Wahrheit. Trotz großer Gegnerschaft bildeten die Mutter der Familie, ihre drei Töchter und Panagiotis eine kleine Bibelstudiengruppe, die auch in dem Dorf Polemidhia predigte. Über die Reaktion der Dorfbewohner sagte Panagiotis: „Wenn unsere kleine Gruppe zusammenkam, hörten wir oft, wie die Leute laut gegen die Tür und die Fenster hämmerten. Ein Mann war dermaßen aufgebracht, daß er in das Haus der Schwestern eindrang und sie zusammenschlug. Auch ich mußte mich im Krankenhaus behandeln lassen. Aber derselbe Mann fuhr wenige Tage später auf seinem Weg von der Arbeit nach Hause auf einem offenen Lkw mit. Beim Überqueren einer Brücke stürzte er seltsamerweise von dem Wagen in den Fluß und war sofort tot.“

Zensur während des Krieges

Während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmte man, gestützt auf die Zensurvorschriften, die von der Watch Tower Bible and Tract Society herausgegebene Literatur. Die Zeitschriften, die für das persönliche Studium der Brüder nach Zypern geschickt wurden, kamen nicht bei ihnen an. Sie stapelten sich statt dessen auf dem Hauptpostamt der Hauptstadt.

Wie kamen die Zeugen damit zurecht, daß sie nun über so gut wie keine Literatur verfügten? Sie druckten Auszüge älterer Publikationen der Gesellschaft auf Papierbogen und verbreiteten diese im Predigtdienst. Von Zeit zu Zeit, wenn eine Ausgabe des Wachtturms sie wirklich einmal erreichte, wurde diese unverzüglich übersetzt und studiert. Sie hielten in dieser Zeit auch Kongresse ab. Und als die Zahl der Verkündiger wuchs, wurde eine weitere Versammlung gegründet.

Einige Monate vor Kriegsende wurden endlich 3 000 Zeitschriften und 17 Kartons mit Büchern und Broschüren herausgegeben. Der aufgetürmte Berg war natürlich nicht zu übersehen, und einige der Postbeamten zeigten sich interessiert. Das Ergebnis war, daß man 45 Bücher bei ihnen abgab.

War eine Heirat möglich?

Auch bei anderen Gelegenheiten wurden Behörden immer wieder auf Jehovas Zeugen aufmerksam gemacht. 1939 wollte Bruder Matheakis heiraten. Aber auf Zypern zu heiraten war in jenen Tagen für einen Zeugen Jehovas alles andere als einfach. Warum? Weil die Behörden Jehovas Zeugen nicht als Religionsgemeinschaft anerkannten und ihnen daher keine Erlaubnis für eine standesamtliche Trauung erteilten. Die Kriegsverhältnisse behinderten die Bemühungen der ratsuchenden Brüder, sich an die Zentrale in Brooklyn zu wenden. Schließlich gab das Zweigbüro in London eine Bescheinigung heraus, die bestätigte, daß Jehovas Zeugen auf Zypern der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung in England angeschlossen waren. Kraft dieses Dokuments stimmten die britischen Behörden auf Zypern der standesamtlichen Trauung von Bruder Matheakis zu.

Im Lauf der Jahre wurde dieses treue Ehepaar wegen seiner Gastfreundschaft bekannt. Ihr Haus stand für Brüder immer offen, und man hat ihre Liebesdienste, die sie allen in Not Geratenen erwiesen haben, nicht vergessen.

Ankunft der Gileadabsolventen

Antonios Karandinos, ein Grieche, der in den Vereinigten Staaten gelebt hatte, traf als erster Gileadabsolvent auf Zypern ein, und zwar 1947, als es hier gerade 33 Königreichsverkündiger gab. Als ehemaliger Matrose war er ein robuster Bursche. Er erwies sich auch als ein eiserner Verfechter der Wahrheit, und das war wichtig, um dem hartnäckigen Widerstand zu begegnen, den man ihm während seines Dienstes auf Zypern entgegensetzte.

Der Widerstand wurde besonders erbittert, als die Brüder mit dem Straßendienst begannen und dabei Zeitschriften anboten. In Famagusta wurden die Brüder ständig von einem Mann belästigt, der ein Handlanger der Kirche war. Er hetzte die Leute gegen die Brüder auf. So kam es, daß sich Bruder Karandinos einmal mitten in einer aufgebrachten Menge wiederfand, die sogar einen Verkehrsstau verursachte. Bruder Karandinos und der Unruhestifter wurden festgenommen; beide mußten ein Bußgeld zahlen. Es blieb nicht bei dem einen Zwischenfall. Manchmal mußten die Brüder die Polizei rufen, damit Verkündiger aus einer Pöbelrotte herausgeholt werden konnten.

Als 1948 zwei weitere Missionare, die Griechenland hatten verlassen müssen, auf Zypern ankamen, war das eine freudige Zeit für unsere Brüder. Im Mai desselben Jahres traf auch Don Rendell ein, ein Gileadabsolvent der achten Klasse, der aus Ägypten hatte ausreisen müssen. Die Gesellschaft richtete ein Zweigbüro ein und unterstellte es der Aufsicht von Anthony Sideris. Über mehrere Jahre hinweg wurden weitere Missionare nach Zypern zugeteilt, und in einigen der größeren Städte wurden Missionarheime errichtet. Diese Brüder waren eine echte Hilfe dabei, die Versammlungen auf theokratische Art und Weise zu organisieren, und sie übernahmen auch die Führung bei der Schulung der Verkündiger im Predigtdienst.

Bevor sie jedoch groß helfen konnten, mußten sie erst einmal Griechisch lernen, was manchmal zu recht komischen Erlebnissen führte. Ein Bruder zitierte Offenbarung 12:7 und sagte schlichtweg: „Michael und die Engländer kämpften mit dem Drachen“ statt „Michael und seine Engel“, denn in Griechisch spricht man die Wörter für „Engel“ und „Engländer“ sehr ähnlich aus. Aber die Wohnungsinhaber hörten meistens aufmerksam zu, wenn ein Fremder versuchte, ihre Sprache zu sprechen. Bei einer Gelegenheit sagte ein neugetaufter Bruder zu einem der Missionare: „Was mich bei deinem Vorsprechen beeindruckt hat, war einfach, daß du als Ausländer die Mühe auf dich genommen hast, meine Sprache zu erlernen. Ich hatte das Gefühl, daß ich das, was du mir mitgebracht hattest, doch mal prüfen sollte.“

Kirche weckt Neugierde an den Zeugen

Obwohl es 1948 auf der Insel durchschnittlich nur etwa 50 Verkündiger des Königreiches Jehovas gab, sah sich die orthodoxe Kirche genötigt, „der Häresie ein Ende zu bereiten“, wie sie es ausdrückte. Was für eine Taktik wandte sie an? Ein Rundschreiben wurde herausgegeben, das schwere Anschuldigungen gegen uns enthielt und in vielen Tageszeitungen abgedruckt sowie auf der ganzen Insel in den Kirchen verlesen wurde. Man schickte Kinder los, die das Rundschreiben von Tür zu Tür verteilten, und es wurde auch an Wände und Telegrafenmasten angeklebt. Wir wurden als unpatriotisch gebrandmarkt, als Antichristen und als Agenten des Zionismus.

Wie reagierte Jehovas Volk darauf? Auf einmal wurden die Leute neugierig auf die Zeugen. Sie wollten wissen, warum wir von der Kirche derart heftig bekämpft wurden. Also starteten unsere Brüder einen viermonatigen Feldzug, bei dem 72 000 Broschüren den Menschen überreicht wurden — das Siebenfache dessen, was im gesamten vorherigen Jahr an Literatur abgegeben worden war. Dadurch erhielten die Menschen die Gelegenheit, selbst herauszufinden, was Jehovas Zeugen lehren. Viele lasen unsere Publikationen aus purer Neugierde. Aber einige Brüder wurden auch geschlagen und mit Steinen beworfen. In Limassol klagte man einen Bruder und eine Schwester vor Gericht als Proselytenmacher und Unruhestifter an und verurteilte sie zu einem Monat Gefängnis.

Diskussion im Amt des Erzbischofs

Zu dieser Zeit lernte Don Rendell in Nikosia einen einflußreichen Herrn kennen, der mit der orthodoxen Kirche sehr eng verbunden war. Über diese Begegnung sagte Bruder Rendell später: „Ich ließ bei dem Mann nach einer interessanten Unterhaltung das Buch ‚Gott bleibt wahrhaftig‘ zurück, und bei einem Rückbesuch wollte er mehr erfahren. Allerdings sagte er, daß er gern einer Diskussion zwischen mir und dem Erzbischof der griechisch-orthodoxen Kirche beiwohnen würde, mit dem er näher bekannt sei. ,Wären Sie dazu bereit?‘ fragte er mich.

Bruder Sideris, der Zweigaufseher, begleitete mich zum Palais des Erzbischofs. Bei unserer Ankunft teilte man uns mit, daß der Erzbischof ,unpäßlich‘ sei, doch könnten wir mit einem Theologen des kirchlichen Gerichtshofs sprechen. Nach einer sehr langen Diskussion fragte ich den Theologen, wie die Einstellung der griechisch-orthodoxen Kirche im Falle eines Konflikts zwischen der Bibel und den Kirchentraditionen wäre. Er gab zur Antwort, daß man sich nach den Kirchentraditionen richten würde. Und genau das tat er auch! Als Kolosser, Kapitel 1, Vers 15 zitiert wurde, wo gesagt wird, daß Jesus ‚der Erstgeborene aller Schöpfung‘ ist, rief er spontan aus: ,Das ist die Häresie des Arius!‘ Es war unverkennbar, wer die echten Verfechter der Bibel waren.“

Jede Menge kostenlose Publicity

Obwohl der Widerstand nicht nachließ, stieg von 1949 bis 1950 die Durchschnittszahl der Verkündiger von 141 auf 204 an, und 1950 waren bei der Gedächtnismahlfeier 241 Personen anwesend. Im selben Jahr wurde in Paphos, wo auch schon der Apostel Paulus gepredigt hatte, ein Kreiskongreß geplant. Ein Kino wurde gemietet, aber der Bischof und andere prominente Leute in der Stadt setzten den Besitzer des Kinos unter Druck, damit er den Vertrag mit uns wieder löse. Der Stadtrat wollte uns zwingen, den Kongreß abzusagen, indem er nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern zuließ und für die Benutzung des Gebäudes eine maßlos überhöhte Steuer verlangte. Jeder Versuch, den britischen Regierungsbeauftragten des Bezirks zu sprechen, um das Problem zu lösen, wurde abgeblockt. Also suchte der Zweigaufseher, selbst ein Brite, den Regierungsbeauftragten persönlich in seinem Haus auf und erklärte ihm, wie die Behörden Jehovas Zeugen ständig schikanierten. Wir schätzten es wirklich sehr, daß der Regierungsbeauftragte bereit war, uns zu helfen. Ein an das Kino angrenzender großer Hof wurde uns zur Verfügung gestellt, so daß genügend Platz für alle diejenigen da war, die nicht ins Kino konnten.

Der Bischof von Paphos kochte vor Wut. Wie der Zauberer Bar-Jesus, der in alter Zeit versuchte, den römischen Prokonsul Sergius Paulus von der Predigt des Paulus wegzulocken, so setzte auch der Bischof all seine kirchlichen „Zauberkräfte“ ein. (Vergleiche Apostelgeschichte 13:6-12.) Er ließ ein Flugblatt verteilen, das die Leute über die Exkommunizierung der beiden Pionierverkündiger, die in der Gegend von Paphos lebten, informierte. Dem folgte ein weiteres Flugblatt auf dem Fuß, in dem man Jehovas Zeugen der „Häresie des Chiliasmus“ beschuldigte, von dem gesagt wurde, er sei „eine Erfindung des Satans, die auf verderbliche Vorstellungen des letzten Jahrhunderts zurückgeht“. Jedem Verkündiger, der auf der Straße Zeugnis gab, schlossen sich jugendliche Unterstützer der Kirche mit den Flugblättern in der Hand an. Wer immer Interesse an dem Werk der Zeugen bekundete, dem wurden von den Jugendlichen die gegnerischen Flugblätter aufgedrängt.

Eine Reihe Zeitungen, doch nicht alle, machten bei dem Angriff auf Jehovas Volk mit. 1950 verkündete die in Paphos erscheinende New Political Review: „Die Jehova-Anhänger gehen in unserem Bezirk schon in die Hunderte. Morgen werden es Tausende sein, und sie werden die Existenz unserer Kirche bedrohen. Aus diesen Gründen ist es nötig, daß unser Heiliger Synod und unsere Bischöfe schleunigst handeln und sich dieser entsetzlichen Angelegenheit unverzüglich annehmen.“ Offensichtlich mit einem Anflug von Spott stellte eine andere Zeitung, die Paphos, in ihrer Ausgabe vom 4. Mai 1950 über die Kirche fest: „Die Lebensbedingungen in einigen Dörfern, die von Armut und Elend beherrscht werden, und die Tatsache, daß die Klöster und die Kirche ausgedehnte Ländereien besitzen, all das hat ein Klima geschaffen, in dem chiliastisches Gedankengut gedeihen kann. Als Beispiel sei das Dorf Episkopi erwähnt, wo nahezu alles Land im Besitz der Kirche ist und die Bewohner wie Knechte auf dem gepachteten Land schuften oder in die Leibeigenschaft geraten. ... Da darf man sich nicht wundern, wenn die Hälfte der Dorfbewohner Zeugen Jehovas werden. ... Die Kirche auf Zypern sollte aufgrund des Obenerwähnten deutlich erkennen, daß sie mit ihrer Flugblattaktion nicht die Oberhand gewinnen wird. Die Chiliasten haben die Achillesferse der Geistlichkeit entdeckt. ... Es genügt nicht, sie mit Flugblättern zu bekämpfen.“

Durch den ganzen Wirbel wurden Jehovas Zeugen zum Stadtgespräch. Jetzt, wo das Interesse der Leute so richtig geweckt war, kam eine große Anzahl von ihnen zum Kino, um den öffentlichen Vortrag zu hören. Es waren mindestens 500 Personen anwesend.

Erster Besuch vom Präsidenten der Gesellschaft

Ein Ereignis, das den zyprischen Brüdern große Freude machte, war der Besuch von Bruder Knorr in Begleitung von Milton Henschel im Dezember 1951. Im Kino „Royal“ wurde ein dreitägiger Kongreß abgehalten. Es war ein modernes Gebäude, und Bruder Knorr meinte dazu: „Eine Stätte wie diese hätten wir in New York auch ganz gern für unsere Kreiskongresse.“ Es war ein dreitägiger Kongreß geplant, da das Kino „Royal“ allerdings in einem Wohngebiet der Altstadt lag, mieteten wir für den öffentlichen Vortrag von Bruder Knorr am Sonntagmorgen lieber das Kino „Pallas“ im Stadtzentrum von Nikosia. Dieser Vortrag sollte mit allen Mitteln bekanntgemacht werden. Vier große Spruchbänder, die man in Griechisch und in Englisch vorbereitet hatte, wurden an der Seite des Gebäudes befestigt. Man verteilte zweihundert Plakate überall in der Hauptstadt. In den größten Kinos wurde die Ankündigung eingeblendet. Englische, griechische und türkische Zeitungen druckten Anzeigen für den öffentlichen Vortrag „Ist die Religion der Weltkrise gewachsen?“ ab. Es überrascht nicht, daß die Angestellten der führenden kommunistischen Zeitung meinten, sie könnten den Vortrag nicht ankündigen, „weil er gegen die Linie der Partei verstoße“, und die Belegschaft der führenden nationalistischen Zeitung ließ verlauten, daß man „zuerst die Genehmigung des Erzbischofs einholen müsse“.

Wir fragten uns, wie unsere religiösen Gegner auf diese ganze Publicity reagieren würden. Wir sollten es schnell herausfinden. Eines Nachts hatte man die Spruchbänder vom Kino „Royal“ heruntergerissen. Wir benachrichtigten daraufhin die Polizei. Der Erzbischof hatte ein Flugblatt drucken lassen mit der Aufforderung: „ACHTUNG! HALTET EUCH VON DEN CHILIASTEN FERN!“ Es hieß darin auszugsweise: „Versteht ihr? Sie haben auch noch einen Ausländer eingeladen, der sie unterstützen soll. ... Sie sind die Wölfe in Schafspelzen, die da kommen, um die sensiblen Schäfchen Christi zu verschlingen. ... Sprecht sie nicht an, schenkt ihnen keinerlei Beachtung! Ignoriert sie, vielleicht werden sie zur Besinnung kommen und sich zurechtbringen lassen. DAS HEILIGE AMT DES ERZBISCHOFS.“

Würde es Bruder Knorr möglich sein, seinen öffentlichen Vortrag im Kino „Pallas“ ohne Störungen zu halten? Lassen wir einen Augenzeugen die Szene beschreiben. Don Rendell erinnert sich: „Es war kurz nach 10 Uhr, als ich auf das Kino zuging. Vor dem Eingang standen Polizisten; ich konnte eine Menge junger Männer sehen, die sich vor dem Eingang herumdrückten in der Absicht, in das Kino zu gelangen, um dort Unruhe zu stiften. Da einige der Brüder die Unruhestifter schon kannten, halfen sie der Polizei, die Meute vom Eingang fernzuhalten. Ich mußte mich durch sie hindurchdrängen, um hineinzukommen. Um 10.30 Uhr begann Bruder Knorr mit seinem Vortrag vor 420 Anwesenden. Aber die religiösen Rowdys draußen fingen an, gegen die Türen zu hämmern. Die Polizei unterband dies sehr schnell. Doch nun stellte sich die Frage: Wie würden wir nach dem Programm wieder aus dem Kino hinauskommen? Die Brüder beschlossen, mit Hilfe der Polizei die Meute vor dem Kino in Schach zu halten. Als der Vortrag zu Ende war, bat man uns, das Gebäude durch einen Hinterausgang zu verlassen. Das taten wir äußerst leise und vermieden dadurch jegliche Konfrontation.“

Kirchenglocken läuten einen weiteren Angriff ein

Im Jahr 1952 war Famagusta eine reizende kleine Stadt mit Orangen- und Zitronenhainen und einem langen Sandstrand. Dieser Ort an der Ostküste der Insel liegt nur wenige Kilometer von den Ruinen der alten Stadt Salamis entfernt, wo der Apostel Paulus und seine Begleiter gepredigt hatten. Aber heute leben in Famagusta nur noch ganz wenige Einwohner; seit der türkischen Invasion 1974 gleicht sie mehr einer Geisterstadt. Im Jahr 1952 hatten Jehovas Zeugen geplant, einen Kongreß in einem der Kinos der Stadt abzuhalten. Weil wir uns völlig darüber im klaren waren, daß die griechisch-orthodoxe Kirche Jehovas Zeugen den „totalen Krieg“ erklärt hatte, und wegen der Vorkommnisse bei früheren Kongressen, baten wir um Polizeischutz. Es war ein wunderschöner Sonntagmorgen, und die Brüder freuten sich auf den für den Vormittag vorgesehenen öffentlichen Vortrag. Aber zehn Minuten bevor der Vortrag beginnen sollte und schon 350 Personen im Kino Platz genommen hatten, gab es Anzeichen dafür, daß sich Unheil zusammenbraute. Antonios Karandinos, ein in der Stadt tätiger Missionar, war einer der Ordner am Haupteingang des Kinos. Er beschreibt, was passierte:

„Gerade 10 Minuten bevor der Vortrag beginnen sollte, fingen die Kirchenglocken zu läuten an. Das war, wie uns später klar wurde, das Signal für die Priester und eine Gruppe von jugendlichen Schülern, ihren Marsch in Richtung Kino zu beginnen. Was für ein Anblick sich da doch bot! Priester als Anführer pöbelnder Jugendlicher, die unbedingt in das Kino wollten. Wir machten uns auf Ärger gefaßt. Sie standen vor verschlossener Tür; als sie gewaltsam eindringen wollten, wurde ein Priester gegen mich handgreiflich, wobei meine Kleidung zerriß. Die Situation spitzte sich zu, so daß man Polizeiverstärkung anforderte, die kurz danach am Schauplatz des Geschehens eintraf. Als es der aufgebrachten Menge dämmerte, daß ihre Bemühungen, die Versammlung aufzulösen, vereitelt worden waren, geriet sie vor dem Kino in Raserei.“

Jetzt, wo die Priester sahen, daß ihr Vorhaben gescheitert war, brachten sie den Pöbel zurück in die Kirche. Jehova hatte uns zum Sieg verholfen.

Gesetzesübertreter verklagt

Schon früher hatte man Bischöfe, Priester und Theologen in die Städte und Dörfer der Insel geschickt und die Leute dringend aufgefordert: „Wenn Zeugen Jehovas in euer Dorf oder in eure Stadt kommen, dann werft sie hinaus!“ Nicht jeder tat, was die Geistlichen von ihnen verlangten. Die Brüder fanden immer wieder schafähnliche Menschen. Aber die Aufwiegelei sollte noch Auswirkungen haben. Schwester Galatia Matheakis berichtet von einem Vorfall, den sie selbst miterlebte:

„Früh an einem Sonntagmorgen trafen sich 20 von uns für den Predigtdienst. Drei Dörfer hatten wir ausgewählt. Es dauerte etwa zwei Stunden, bis wir im Gebiet waren. Zehn Brüder gingen im größten Dorf von Haus zu Haus; die übrigen zehn wurden für die Bearbeitung der anderen beiden Dörfer eingeteilt. Aus einem der kleineren Dörfer hatte man die Brüder so gegen halb elf hinausgeworfen. Das größte Dorf war fast völlig bearbeitet, und zwar mit guten Ergebnissen. Plötzlich entlud sich ein heftiger Gewaltausbruch einer aufgebrachten Menge über uns. Man schlug mit Stühlen auf die Köpfe zweier Brüder ein, die in der Dorfmitte gepredigt hatten, und als sie das Dorf verließen, bewarf man sie mit Steinen. Dann scharte der Dorfpriester eine etwa 200 Mann starke Meute um sich, um uns alle zusammenzutreiben. Mit dicken Stöcken bewaffnet, machten sie sich auf die Suche nach uns, wobei sie laut auf Konservendosen herumhämmerten. Als erstes spürten sie einen Bruder und eine Schwester auf. Mit Stöcken schlugen sie auf den Rücken des Bruders ein, und die Schwester wurde mit Steinen beworfen. Den meisten von uns widerfuhr das gleiche. Wir wurden durch das Dorf getrieben. Da sich eine Anzahl Brüder in einem staatlichen Krankenhaus untersuchen lassen mußten, konnten die Spuren der Schläge als Beweis gegen die Dorfbewohner dienen.“

Unsere Brüder reichten eine Klage beim Gericht ein. Nachdem der Richter drei Tage lang die Zeugen angehört hatte, sagte er: „Die Beweisführung der Anklage überzeugt in allen Punkten, und daher befinde ich die Angeklagten in allen Anklagepunkten für schuldig. ... Den Vorwurf, die Kläger hätten Jesus als Bastard bezeichnet ..., halte ich für nicht zutreffend. Die Kläger kamen in das Dorf der Angeklagten mit der Absicht, ihnen ihre Glaubensansichten zu lehren; sie taten das auf friedliche Weise, und die Angeklagten hatten kein Recht, sie anzugreifen.“

Zwischen 1952 und 1953 mußten zwei Missionare, Antonios Karandinos und Emmanuel Paterakis, Zypern verlassen. Diese Brüder hatten einen harten Kampf für den Glauben geführt, und man denkt hier auf Zypern noch mit Zuneigung an sie zurück.

„Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ wird gezeigt

Im Jahr 1955 erhielten wir den Film der Gesellschaft „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“. Große Menschenmengen kamen, um den Film zu sehen. Nicht nur die Brüder, sondern auch Außenstehende erhielten einen besseren Einblick in die Organisation Jehovas.

Eine der vielen interessanten Erfahrungen trug sich so zu: In dem 1 500 Seelen zählenden Dorf Xylophagou erklärte sich der Inhaber des Lichtspieltheaters bereit, uns das Kino kostenlos zu überlassen. An dem Abend, als der Film gezeigt werden sollte, schickte der Priester einen Dörfler, der die Namen aller aufschreiben sollte, die anwesend waren. Was war das Resultat? Als der Priester nach der Liste fragte, erwiderte der Dörfler: „Wie sollte ich denn all die Namen aufschreiben können, wo doch fast das ganze Dorf da war?“

Die Zeiten ändern sich

Zypern war von 1878 an unter britischer Verwaltung gewesen. Aber in den 50er Jahren kämpften griechische Zyprer unter der Leitung von Erzbischof Makarios für die ENOSIS, den Anschluß der Insel an Griechenland, weil sie sich wegen der gemeinsamen Sprache und Religion mit diesem Land verbunden fühlten. Die türkischsprechende Bevölkerungsgruppe war dagegen.

Dennoch gab es Bestrebungen, sich von der britischen Kolonialmacht unabhängig zu machen. Von 1955 bis 1960 verübte eine Organisation mit Namen E.O.K.A. im Zuge von Unabhängigkeitsbestrebungen Terroranschläge auf die Briten. Jehovas Zeugen verhalten sich in solchen politischen Angelegenheiten immer völlig neutral, aber sie konnten dem, was um sie herum passierte, nicht völlig ausweichen.

Einer der ersten Vorfälle in diesem Kampf ereignete sich in Famagusta, ganz in der Nähe des Zweigbüros der Gesellschaft. Ein nahe gelegenes britisches Militärlager wurde angegriffen. Verständlicherweise fühlten sich die fünf Missionare im Zweigbüro, alles britische Staatsbürger, stark unter Druck.

Bei einer anderen Gelegenheit waren zwei Missionare, Dennis Matthews und seine Frau Mavis, gerade nach Hause gekommen. Als sie die Hintertür öffneten, explodierte eine Bombe im Haus eines Nachbarn, der beim britischen Militär war. Bei der Verfolgung des Bombenlegers, der in einen Orangenhain gegenüber dem Missionarheim geflüchtet war, kam es zu einer Schießerei. Schon bald hörte man ein Klopfen an der Tür, aber die Missionare hatten Angst, die Tür zu öffnen, und fragten nur laut, wer da sei. Es waren britische Soldaten, die wissen wollten, ob die Bewohner des Hauses in Sicherheit waren.

Einmal, als Bruder Rendell und Bruder Gavrielides sich in Xylophagou aufhielten, um bei den Vorbereitungen für einen Kreiskongreß mitzuhelfen, gab es dort während des wöchentlichen Wachtturm-Studiums einen großen Aufruhr. Britische Soldaten erschienen im Eingang. Sie teilten mit, daß in der näheren Umgebung des Dorfes ein britischer Soldat ermordet und ein weiterer schwer verletzt worden sei. Daraufhin wurde über das gesamte Gebiet eine Ausgangssperre verhängt, und man bat Bruder Rendell, allen im Saal zu sagen, daß sie sich unverzüglich nach Hause begeben sollten. Am nächsten Tag wurde Bruder Rendell, obwohl er ein Brite war, mit allen anderen männlichen Bewohnern des Dorfes zum Verhör in eine Einfriedung gebracht, die mit Stacheldraht umgeben war. Natürlich hatte kein Zeuge Jehovas etwas mit dem Mord zu tun, und so wurden sie schließlich freigelassen und konnten weitere Vorbereitungen für den vor ihnen liegenden Kongreß treffen.

Immer wieder mußten theokratische Aktivitäten jedoch kurzfristig abgesagt werden, weil die Konfrontationen zwischen der E.O.K.A. und den britischen Streitkräften Ausgangssperren und andere Einschränkungen mit sich brachten. Niemand durfte nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße gehen, also mußten die Zusammenkünfte tagsüber abgehalten werden. Es gab Zeiten, in denen die Leute bis zu vier Tage in ihren Häusern bleiben mußten. Jeder mißtraute jedem, und niemand wagte, seine Meinung zu äußern. Aber trotz dieser Einschränkungen trösteten Jehovas Zeugen weiterhin die Menschen, die ein aufrichtiges Herz hatten.

Das Ende der Kolonialherrschaft

Der Kampf gegen die britische Vorherrschaft auf Zypern hielt bis 1960 an. Am 16. August wurde Zypern dann um Mitternacht zur Republik erklärt, und schließlich wurde es Mitglied der Vereinten Nationen. Die griechischen Zyprer gerieten in einen wahren Freudentaumel, denn nun waren sie endlich von der Fremdherrschaft befreit. Aber war das die wahre Freiheit? Wie erging es Jehovas Zeugen in der neugegründeten Republik? Lassen wir die geschichtlichen Tatsachen sprechen.

Noch vor Jahresende gab es zwei Bombenanschläge auf die Zeugen. Wer war dafür verantwortlich? Der erste Anschlag wurde in Xylophagou verübt. Man hatte dort auf der Veranda des Königreichssaals zwei Bomben gelegt. Das Attentat richtete sich offensichtlich gegen Jehovas Zeugen als Religionsgemeinschaft. Da die Bomben nach Mitternacht explodierten, kam niemand zu Schaden, allerdings wurde der Königreichssaal beschädigt.

Bei dem zweiten Vorfall wurde in Pentayia eine Bombe auf das Gebäude geworfen, in dem vier Sonderpioniere wohnten. Glücklicherweise waren sie zu dieser Zeit im Predigtdienst unterwegs. Der Besitzer des Hauses wußte, wer dafür verantwortlich war, und meinte: „Den Bischof, den werde ich mal besuchen gehen und ihn auffordern, für den Schaden aufzukommen. Und ich werde ihm auch noch sagen, daß er, anstatt Gewalt anzuwenden, so wie die Zeugen Jehovas predigen sollte, wenn er Nachfolger Christi gewinnen möchte.“

Ein Bruder war mit seiner Familie in das Dorf Liopetri gezogen, um die kleine Versammlung dort zu unterstützen, und auch sie wurden zur Zielscheibe intoleranten Verhaltens. Drohungen wie: „Lebendig verbrennen werden wir ihn“ oder: „Den werden wir umbringen“ waren an der Tagesordnung. Mitternacht war bereits vorüber, als eine Reihe maskierter Fanatiker das Haus des Bruders umringten, mit ihren Pistolen schossen und dabei schrien, daß sie den Bruder umbringen würden, wenn er bis zum nächsten Tag nicht verschwunden wäre. Da die Polizei dem Bruder und seiner Familie keinen Schutz gewähren würde, beschlossen sie, das Dorf zu verlassen. Trotz aller Versuche, die Brüder in Liopetri einzuschüchtern, gibt es heute in diesem Dorf eine Versammlung, und die Brüder konnten unlängst einen schönen neuen Königreichssaal bauen.

Am Abend des 11. September 1962 ereignete sich ein verabscheuungswürdiger Vorfall. Andreas Psaltis und seine Frau Nina befanden sich zusammen mit Eunice McRae im Missionarheim in Famagusta, als maskierte Männer durch ein Fenster eindrangen. Sie schlugen Bruder Psaltis zusammen. Dann fesselten sie die beiden Schwestern und demütigten sie, indem sie deren Kopf kahlschoren. (Vergleiche 1. Korinther 11:6.) Nachdem sie das Haus geplündert hatten, verschwanden sie.

Im Dezember 1963 war das Verhältnis zwischen den beiden Volksgruppen auf der Insel schließlich so gespannt, daß das Faß zum Überlaufen gebracht wurde. Gewalttätige Auseinandersetzungen eskalierten. Besonders schwere Gefechte lieferte man sich in Trachonas, einem Vorort von Nikosia, wo türkische und griechische Zyprer Tür an Tür wohnten. Es gab eine Reihe Zeugen Jehovas in Trachonas, und sie hatten dort einen großen Königreichssaal gebaut. Brüder, die außerhalb der Gefahrenzone lebten, brachten ihren Mitgläubigen unter Lebensgefahr Nahrungsmittel. Traurigerweise wurde ein Bruder, Andronicos Michaelidis, erstochen, als er zur Arbeit gehen wollte.

Prüfung der Lauterkeit

Im Jahr 1964 sahen sich besonders unsere jungen Brüder einer Prüfung ihrer Lauterkeit gegenüber. Da die Auseinandersetzungen zwischen den griechischen und den türkischen Gemeinden anhielten, führte die zyprische Regierung die allgemeine Wehrpflicht ein. Zeugen im wehrpflichtigen Alter, die einberufen wurden, mußten eine schwerwiegende Entscheidung treffen. Würden sie, selbst unter Druck, an den Lehren Jesu festhalten? Waren sie in ihrem tiefsten Innern wirklich neutrale Christen? (Mat. 26:52; Joh. 17:15, 16). Würden sie weiterhin mit ihrem ganzen Herzen auf Jehova vertrauen? (Spr. 3:5, 6; Jes. 2:2-4).

Viele bekundeten einen solchen Glauben. Aber einige machten Zugeständnisse und waren somit kein Teil der neutralen Christenversammlung mehr. Andere junge Christen zogen es vor, die Insel zu verlassen, was dazu führte, daß von 1963 bis 1966 die Zahl der Verkündiger von 516 auf 394 zurückging. Die Versammlungen waren etwas entmutigt.

Maßnahmen wurden getroffen, um den Glauben der Brüder zu stärken. Zu diesem Zweck wurden eintägige Kongresse abgehalten, bei denen zeitgemäßer biblischer Rat besprochen wurde. Die Ergebnisse waren ermutigend. Aber das war noch nicht das Ende der Prüfungen.

Unheil droht in Verbindung mit einer Gesetzesvorlage

Im Juni 1966 wurde ein weiterer Schlag gegen Jehovas Organisation geplant. Der Ministerrat legte dem Parlament eine Gesetzesvorlage vor, die unser Predigtwerk stark beeinträchtigt hätte. In der Gesetzesvorlage wurde jegliches Proselytenmachen untersagt und gefordert, daß jeder, der aus diesem Grund die Leute in ihren Häusern aufsuchen oder religiöse Literatur verbreiten würde, nicht nur mit einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren zu rechnen hätte, sondern auch noch eine Geldstrafe bezahlen müßte.

Beim Repräsentantenhaus von Zypern hagelte es heftige Proteste, und Regierungsvertreter von Großbritannien und von den Vereinigten Staaten wurden aufgesucht. Die Gesellschaft richtete einen Brief an den Generalsekretär der Vereinten Nationen. Das Ergebnis des Einspruchs von verschiedenen Seiten war, daß die Gesetzesvorlage bis zum heutigen Tag nicht ratifiziert worden ist.

Bauprogramm kommt in Gang

In dem Maß, wie sich das Königreichspredigtwerk ausdehnte, wuchs auch der Bedarf an geeigneten Zusammenkunftsstätten. Im Jahr 1967, als es hier nur 431 Verkündiger gab, bildete das Zweigbüro der Gesellschaft auf Zypern einen Baufonds, und die Brüder waren begeistert von den Möglichkeiten, die sich damit auftaten.

Bruder Henschel war uns während seines Zonenbesuchs im April 1968 eine außerordentliche Ermunterung. Damals traf ein neues Missionarehepaar auf der Insel ein, Louis Kopsies und seine Frau Stella. Bruder Kopsies war bei der Durchführung des Bauvorhabens eine wertvolle Hilfe, indem er die Arbeit organisierte und sich auch vorbildlich einsetzte.

Die Gründung eines rechtsfähigen Vereins im März 1960, genannt The Jehovah’s Witnesses’ Congregation (Cyprus) Ltd., erwies sich als ein wichtiger Schritt im Hinblick auf das Bauprogramm. Mit der Gründungsurkunde ergab sich unter anderem die Möglichkeit, Grundbesitz zu erwerben.

Als erstes Projekt nahm man den Bau eines geräumigen Königreichssaals mit 230 Sitzplätzen in Famagusta in Angriff. Dieser Saal wurde nicht nur von der Ortsversammlung genutzt, sondern diente auch, wenn man den mit Weinreben überdachten Hof mit dazunahm, als Ort, wo Kreiskongresse abgehalten wurden.

Als nächstes bedurfte das Zweigbüro der Gesellschaft der Aufmerksamkeit. Etwa 20 Jahre lang hatten wir Räumlichkeiten gemietet. Jetzt erwarb die Gesellschaft ein Stück Land in Agios Dometios, einem Vorort der Hauptstadt. Hier errichteten die Brüder ein neues dreigeschossiges Haus mit einem Königreichssaal im Erdgeschoß. Das Gebäude wurde 1969 von Bruder F. W. Franz, dem damaligen Vizepräsidenten der Watch Tower Society, der Bestimmung übergeben.

Unterdessen hatte man einen schönen Königreichssaal in Xylophagou gebaut, wo Anfang der 30er Jahre die erste Versammlung der Zeugen Jehovas auf Zypern gegründet worden war. Dort hatte es erheblichen Widerstand gegeben, als die ersten wahrheitsliebenden Interessierten anfingen, anderen Zeugnis zu geben. Aber als die Dorfbewohner beobachteten, wie die Brüder und Schwestern drei Wochen lang 15 Stunden am Tag oder noch länger gemeinsam am Königreichssaal arbeiteten, konnten einige nur staunen. Heute steht mitten im Dorf ein Königreichssaal mit einer Kapazität von 450 Sitzplätzen. Innerhalb und außerhalb des Gebäudes stand so viel zusätzlicher Raum zur Verfügung, daß man dort Kreis- und Bezirkskongresse abhalten konnte.

Nun sollte das an der Südküste liegende Seebad Limassol, die zweitgrößte Stadt der Insel, einen eigenen Königreichssaal erhalten. Eine Etage über dem Königreichssaal wurde ein Missionarheim eingerichtet. Ein Teil der Räumlichkeiten im Obergeschoß wurde im Jahr 1974, als die Zweiggebäude in Nikosia geräumt werden mußten, in Büros umfunktioniert.

Auch der biblischen Stadt Paphos wurde Aufmerksamkeit geschenkt. Obwohl das Wachstum hier anfangs nur sehr schleppend war, gab es gerade in den letzten Jahren in Paphos und Umgebung gewaltigen Zuwachs. Der Königreichssaal, den man dort zuerst gebaut hatte, mußte vergrößert werden und bietet nun zwei Versammlungen Platz.

In der Stadt Larnaka wurde ein sehr schöner Königreichssaal errichtet, und in dem Dorf Liopetri ist ein Fertigbau einer würdigeren Zusammenkunftsstätte gewichen. Sie steht den Leuten in den kokina choria oder Dörfern der roten Erde, wie sie wegen des roten Erdbodens genannt werden, zur Verfügung.

Rührige Verkündiger und Sonderpioniere sind auch am wildromantischen nordwestlichen Ende der Insel tätig gewesen — berühmt für das sogenannte Bad der Aphrodite. Wegen der guten Resonanz auf die Königreichsbotschaft in dieser Gegend erwarb man in Polis Chrysochous ein Grundstück. Ein Königreichssaal mit 70 Sitzplätzen ist jetzt fertiggestellt worden und dient als Zentrum für biblische Bildung.

Eheschließungen und Beerdigungen

Da wir von den Behörden viele Jahre nicht als Religion anerkannt wurden, ist es für die Zeugen auf Zypern alles andere als leicht gewesen, zu heiraten oder beerdigt zu werden. Was die meisten griechischen Zyprer betrifft, so konnten sie ausschließlich von der zyprischen Staatskirche getraut oder beerdigt werden. Aber 1948 reichte der auf der Insel tätige Rechtsanwalt der Gesellschaft bei den britischen Kolonialbehörden einen Antrag ein, doch einen Prediger der Zeugen Jehovas zu bevollmächtigen, Ehen zu schließen. Wie froh die Brüder waren, als 1949 im Amtsblatt die Mitteilung erschien, daß Savvas Droussiotis, ein Zeuge Jehovas, befugt war, Eheschließungen vorzunehmen! Später erhielten dann auch noch andere Brüder von der Regierung die Bevollmächtigung, dies zu tun.

Beerdigungen waren wegen des Widerstands orthodoxer Priester ebenfalls ein Problem, weil sie oft nicht die Genehmigung gaben, Zeugen Jehovas oder deren Kinder an einem Ort, den die Kirche als „geweihten Boden“ betrachtete, beerdigen zu lassen. In den Städten, wo jede Konfession ihren eigenen Friedhof hatte, war die Situation besonders kritisch. Auf dem Land war die Lage etwas anders; dort wurden die Kosten für eine Beerdigung auf dem Dorffriedhof durch die Steuern der Einwohner gedeckt. Aber in einigen Fällen fochten Geistliche dennoch das Recht, beerdigt zu werden, an. Es war für unsere Brüder nicht einfach, sich diesen Schwierigkeiten zu stellen und gleichzeitig mit dem Verlust eines Familienangehörigen fertig zu werden. Das Problem mußte gelöst werden.

Schließlich gewährten die Behörden Jehovas Zeugen 1950 das Recht, einen eigenen Friedhof zu haben. Ein Bruder stellte für diesen Zweck ein Stück Land außerhalb der Hauptstadt zur Verfügung. Jahre später, 1989, benötigten wir dann einen zweiten Friedhof, und man genehmigte uns, hierfür ein Stück Land in dem Dorf Nissou zu nutzen, wo sich das Zweigbüro der Gesellschaft befindet. Diese Einrichtungen haben sich für das Volk Jehovas als ein echter Segen erwiesen und sind eine Hilfe gewesen, den Anschuldigungen orthodoxer Priester entgegenzuwirken, die behaupteten: „Wenn du ein Zeuge Jehovas wirst, wird man dich verscharren wie einen Hund!“

Obwohl Jehovas Zeugen das gesetzliche Recht eingeräumt worden war, Eheschließungen vorzunehmen, unternahm man 1971 Anstrengungen, ihnen dieses Recht abzusprechen. Der Bezirkskommissar von Nikosia unterrichtete uns davon, daß, bevor eine Eheschließung vorgenommen werden könnte, beide Seiten eine vom Amt des Erzbischofs beglaubigte Urkunde vorlegen müßten, die den Austritt aus der griechisch-orthodoxen Kirche bestätige. Wie zu erwarten, war dieses Amt gar nicht bereit, solche Urkunden auszustellen. Das bedeutete praktisch, daß kein Zeuge Jehovas je heiraten konnte. Aber dank einiger freiheitlich denkender Beamter wurde diese Auflage zurückgenommen. Ihnen war bewußt, daß die Bedingung, eine Urkunde vorzulegen, ein von Geistlichen ausgeheckter Schachzug war.

Internationaler Kongreß „Göttlicher Sieg“

Im November 1972 besuchte Bruder Knorr Zypern. Sein Besuch stand in Verbindung mit den Planungen für die internationalen Kongresse „Göttlicher Sieg“. Parallel mit der Kongreßplanung liefen auch Vorbereitungen für Reisen in biblische Länder. Zu unserer großen Freude betraf das auch Zypern, und so sollte im Juli 1973 in der Hauptstadt Nikosia ein internationaler Kongreß stattfinden.

Wir bemühten uns sofort, ein Stadion oder eine andere passende Örtlichkeit für den Kongreß zu mieten, jedoch erfolglos, hauptsächlich weil Behörden und Geschäftsleute die Reaktion der Kirche fürchteten. Also beschlossen wir, die Grundstücke rund um den großen Königreichssaal in Trachonas zu nutzen. Die Gesellschaft besaß bereits ein Stück Land, das gegenüber dem Königreichssaal lag, und ein benachbartes Grundstück konnten wir pachten. Es war für uns kein leichtes Unterfangen, eine Überdachung aus Bambusrohr für das gesamte Gelände anzufertigen, um den Delegierten Schutz vor der Hitze zu bieten. In brütender Hitze, bei über 40 Grad Celsius, arbeiteten unsere Brüder und Schwestern Tag für Tag, um alles zu schaffen.

Eines der größten Probleme war allerdings die Wasserversorgung. Im vorherigen Winter hatte es nicht viel geregnet, und es gab nur an drei Tagen in der Woche fließendes Wasser. Was konnte getan werden? Ein Bruder, dessen Haus neben dem Königreichssaal stand, hatte in seinem Garten einen Brunnen. Er war bereit, den Brüdern seinen Brunnen zur Verfügung zu stellen, aber es war schon längere Zeit her, daß man aus dem Brunnen geschöpft hatte. Wieviel Wasser würde er wohl liefern? Die Brüder reinigten ihn, brachten eine Pumpe an und warteten atemlos auf das, was geschehen würde. Und wie reichlich das Wasser doch floß! Aber konnte man es auch trinken? Untersuchungen wurden durchgeführt. Das Resultat: eine einwandfreie Trinkwasserqualität! Es erschien uns wie ein neuzeitliches Wunder. Wie dankbar wir Jehova waren, daß er eines unserer größten Probleme auf diese Weise gelöst hatte!

Durch die vermehrten Aktivitäten rund um den Königreichssaal wurde den Gegnern schon bald klar, daß da etwas Besonderes im Gange war. Eines Morgens, noch vor Tagesanbruch, wurde dann der Bruder, dessen Haus neben dem Königreichssaal stand, wach, weil sein Schlafzimmer durch einen Feuerschein erhellt war. Auf dem Gelände brannte ein Stapel Bambus lichterloh. Brandstiftung! Unsere Feinde hatten uns wieder einmal den Kampf angesagt. Von da an wurden umfassendere Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Auf Wunsch der Gesellschaft sollten für die zahlreichen Besucher der Insel, die die griechische Sprache nicht verstanden, kurze Szenen aus dem Leben der Inselbewohner und über ortsübliche Bräuche dargestellt werden. Jeden Morgen von 8 bis 9.30 Uhr wurden diese informativen Szenen vor Programmbeginn dargeboten, sehr zur Freude der Anwesenden. Auch wurden Ausflüge zu historischen Stätten unternommen, die in der Bibel erwähnt werden.

Für die einheimischen Brüder war es eine aufregende und ermunternde Erfahrung, einen internationalen Kongreß auf Zypern abzuhalten. Dadurch bot sich ihnen die Gelegenheit, mit Zeugen verschiedenster Nationalitäten Gemeinschaft zu pflegen. Es wurde ihnen noch deutlicher bewußt, was es heißt, eine internationale Bruderschaft zu sein. Überdies trug die Publicity, die sich aus dem Widerstand der orthodoxen Kirche ergab, dazu bei, daß noch mehr Leute auf Zypern auf die Tätigkeit der Zeugen Jehovas aufmerksam gemacht wurden.

1974 — ein Jahr der Veränderungen

Zypern wurde zum Mekka der Touristen. Im Land herrschte Hochkonjunktur. Viele Zyprer glaubten, alles wäre in Ordnung. Doch am 15. Juli 1974 sollte sich das drastisch ändern.

Lange Zeit waren die Inselbewohner politisch geteilt. Die griechischen Zyprer waren in zwei einander bekämpfende Parteien aufgespalten. Auf der einen Seite waren die Unterstützer des Präsidenten, Erzbischof Makarios, auf der anderen Seite die Anhänger des berühmten Führers der E.O.K.A., des verstorbenen Generals Georgios Grivas, der den Aufstand gegen die britische Kolonialherrschaft angeführt hatte. Durch einen Putsch wurde Präsident Makarios mit Waffengewalt zum Rücktritt gezwungen, und viele Menschen verloren dabei ihr Leben. Aber dieses Ereignis war nur der Auftakt zu weitaus tragischeren Geschehnissen.

Don Rendell, der wegen seines schlechten Gesundheitszustands 14 Jahre in England verbracht hatte, war 1972 nach Zypern zurückgekehrt und diente hier als Kreisaufseher. Zur Zeit des Putsches hielt er sich an der Nordküste der Insel auf, nur 60 Kilometer von der Südküste der Türkei entfernt. Was geschah, beschreibt er so:

„Mein Partner Paul Andreou und ich, wir wohnten in Karakoumi, einem Dorf etwa zwei Kilometer östlich von Kyrenia. Am Morgen des 20. Juli hörte ich gegen fünf Uhr eine laute Explosion. Von unserem Küchenfenster aus konnte ich eine Rauchsäule aus dem Hafengebiet von Kyrenia emporsteigen sehen. Ein türkischer Nachrichtensender auf der Insel verkündete, daß wegen der unsicheren Verhältnisse als Folge des Putsches griechischer Zyprer türkische Truppen vom Festland an der Nordküste eingetroffen seien, um die auf Zypern lebende türkische Minderheit zu schützen. Schon bald wurde uns bewußt, daß wir uns auf einem Kriegsschauplatz befanden. Wir zählten 75 Hubschrauber, die über uns hinwegflogen. Fallschirmspringer landeten direkt hinter den Bergen, die die Stadt umgeben. Die Bombardierung von der See aus und aus der Luft dauerte einige Tage an; dann rückten türkische Truppen spätabends bis zu unserem Dorf vor, und wir sahen uns gezwungen, unser Haus zu verlassen.

Nachdem wir einige Tage in den Bergen verbracht hatten, kehrten wir in unser Haus zurück, waren aber schon bald von türkischen Soldaten eingeschlossen. Sie belästigten uns nicht. Wir fragten uns, was wohl mit den Brüdern unserer kleinen Versammlung in Kyrenia geschehen war. Wir fanden schließlich die Familie von Bruder Kyriazis — insgesamt sieben Zeugen —, und wir alle waren überglücklich, uns wiederzusehen. Am darauffolgenden Tag saßen wir gerade unter einem Baum im Garten und besprachen den Tagestext, als türkische Soldaten kamen. Wir wurden ins Haus zitiert. Bald darauf brachte man uns in das Dome-Hotel, das in der Gewalt der UN-Sicherheitskräfte war. Paul und ich durften nicht nach Hause zurückkehren, sondern mußten gemeinsam mit Bruder Kyriazis und seiner Familie sowie ungefähr 650 anderen Menschen in dem Hotel in Kyrenia bleiben. Weil ich britischer Staatsbürger war, wurde ich nach einigen Tagen nach Nikosia gebracht; man führte mich durch Niemandsland hindurch und ließ mich dann frei. Aber unsere griechischstämmigen Brüder wurden mehrere Monate in dem Hotel festgehalten, bevor man sie endlich freiließ. In dieser Zeit blieben sie geistig gesinnt und stärkten sich, indem sie regelmäßig zusammenkamen, um die Bibel zu studieren. Sie waren auch weiter damit beschäftigt, die tröstende Botschaft der Bibel den anderen Gefangengehaltenen im Hotel mitzuteilen.“

Was war das Ergebnis dieser militärischen Aktion? Türkische Truppen besetzten etwa ein Drittel der Insel. Mehr als 200 000 Menschen waren auf der Flucht. Auch Diener Jehovas waren davon betroffen. Über 300 Brüder verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Vier Versammlungen lösten sich auf. Das Bethelheim hielt den heftigen Angriffen stand, doch die Einschüsse in den Fensterläden des Gebäudes waren deutliche Spuren des Krieges. Da wir das Leben höher als den Besitz einschätzen, räumten wir die Zweiggebäude. Als die Kämpfe etwas nachließen, versuchten wir jedoch, einige Akten aus dem Büro der Gesellschaft herauszuholen. Soldaten waren bereits am Werk gewesen, und wir fanden die Zweiggebäude geplündert vor. Die Eingangstür war aufgebrochen worden, und ein Soldat hatte folgendes an eine Wand geschmiert: „Gott liebt uns nicht, sonst hätten wir hier irgend etwas Wertvolles gefunden!“

Es wurde sofort ein Komitee gebildet, das sich der Bedürfnisse der geflohenen Brüder annahm. Wer von den Kämpfen nicht direkt betroffen war, nahm seine Glaubensbrüder bei sich auf. Von Zeugen Jehovas in Griechenland trafen schon bald Hilfsgüter ein, und der Zweig in Großbritannien leistete finanzielle Hilfe. Die einheimischen Brüder schätzten es sehr, wie sich die leitende Körperschaft in dieser Stunde der Not um sie kümmerte. Welch wunderbares Band der Einheit doch alle Diener Jehovas eng zusammenhält!

Ein Kongreßsaal steht bereit

Der Flucht türkischer Zyprer vom Süden der Insel in den Norden ist es zuzuschreiben, daß uns ein türkisches Kino in Limassol angeboten wurde. Wir schlossen einen Vertrag mit dem türkischen Besitzer, noch bevor er die Stadt verließ. Das Gebäude war während der feindlichen Angriffe schwer beschädigt worden. Aber die Brüder arbeiteten hart daran, das Dach zu reparieren und das Gebäude überhaupt erst einmal wieder brauchbar zu machen. In einem Teil der Räumlichkeiten konnte eine der Ortsversammlungen ihre Zusammenkünfte abhalten. Das Kino bot 800 Personen Platz, und um das Kino herum war genügend Raum für die Kongreßabteilungen vorhanden. Also genau das, was wir brauchten, denn es war immer ein großes Problem gewesen, einen geeigneten Ort für unsere Kongresse zu finden.

Nach dem Tod des früheren Besitzers dauerte es allerdings nicht lange, bis einige von der Behörde uns das Kino wieder streitig machen wollten. Doch konnte eine Vereinbarung mit ihnen getroffen werden, so daß wir das Kino und einen Teil der Außenanlagen weiterhin benutzen konnten. Im Lauf der Jahre ist das Gebäude so weit hergerichtet worden, daß es der Anbetung unseres Gottes Jehova würdig ist.

Als wir das Kino übernahmen, konnten sich noch alle zyprischen Zeugen bequem darin versammeln. 1994 jedoch liefen bereits Planungen, dort drei Bezirkskongresse abzuhalten, um alle Zeugen und interessierten Personen, die man erwartete, unterbringen zu können.

Eine Frage des christlichen Gewissens

In den Jahren 1978/79 befaßten sich verschiedene Zeitungsberichte mit der neutralen Haltung der Zeugen Jehovas gegenüber der allgemeinen Wehrpflicht. Weil das Gesetz keinen Raum für Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen ließ, wurden mehrere Zeugen zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Seit 1980 hat man mindestens 130 Zeugen wegen ihrer neutralen Haltung eingesperrt, und einige hat man ein zweites, drittes und viertes Mal zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Von besonderem Interesse ist der Fall des 28jährigen Georgios Anastasi Petrou. Am 1. Juli 1993 wurde er zum vierten Mal als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen verurteilt, diesmal zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe. Seine Haftdauer betrug damit insgesamt zwei Jahre und zwei Monate. Über diesen Zeugen war in der Zeitung Cyprus Weekly in der Ausgabe vom 9. September 1993 zu lesen, daß Amnesty International gegen diese Art der Behandlung protestierte. Es hieß dort: „Leider gibt es nichts, was die Behörden davon abhalten könnte, ihn ein fünftes, sechstes oder gar siebtes Mal einzusperren. Ist es nicht an der Zeit, daß die Behörden aufhören, ihn zu schikanieren?“

Jede Woche besuchen verschiedene Älteste unsere Brüder, die wegen der Bewahrung ihrer Neutralität im Gefängnis sind, und besprechen mit ihnen den Wachtturm sowie anderen erbauenden biblischen Stoff. Wir schätzen die gute Zusammenarbeit mit der Gefängnisverwaltung, die uns das ermöglicht hat. Die Brüder, die mit der Frage der Neutralität konfrontiert werden, sehen in ihrem Gefängnisaufenthalt eine Glaubensprüfung, aber auch eine Gelegenheit, dem persönlichen Studium mehr Zeit zu widmen. „Wir sind darauf vorbereitet, so lange im Gefängnis zu bleiben, wie Jehova es zuläßt.“ „Noch nie haben wir so viel studiert.“ Solche Kommentare sind typisch für unsere Brüder.

Minister erhalten viele Protestbriefe von Menschenrechtsorganisationen, die fordern, das Problem in Verbindung mit der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu lösen. Das führte dazu, daß die Regierung in letzter Zeit in einer Reihe von Zeitungen aufgefordert wurde, ihre Gesetzgebung dem anzugleichen, was heute in Europa allgemein üblich ist. Zum Beispiel wurde in der Zeitung Alithia vom 24. Januar 1994 mit Bezug auf Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen gesagt: „Diese Angelegenheit muß so bald wie möglich geregelt werden, und zwar im Einklang mit den Vorschlägen Europas und der UN.“

Auch das Europäische Parlament hat die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gedrängt, die Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen rechtlich anzuerkennen. Im Jahr 1993 wurde in der Cyprus Law Tribune ein ausführlicher Artikel veröffentlicht, der den Behörden auf Zypern dringend nahelegte, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, was Länder wie Schweden und die Niederlande getan haben, um dieser Situation gerecht zu werden.

Neue Zweiggebäude

Im Jahr 1981 wurden im Zweigbüro der Gesellschaft auf Verwaltungsebene einige Änderungen vorgenommen. Don Rendell, der zu der Zeit im Bethel in Griechenland diente, wurde gebeten, nach Zypern zurückzukehren, um sich dort als Koordinator des Zweigkomitees der Belange des Zweiges anzunehmen. Im darauffolgenden Jahr schloß sich ein zyprisches Ehepaar griechischer Abstammung, Andreas Kontoyiorgis und seine Frau Maro, die vorher als Sonderpioniere in England tätig waren, der Bethelfamilie auf Zypern an. Da die Gebäude in Limassol inzwischen zu klein geworden waren, freute die Bethelfamilie sich sehr, als die leitende Körperschaft im Jahr 1985 die Genehmigung für den Bau eines neuen Zweiggebäudes erteilte.

Obwohl die Brüder am liebsten sofort mit der Arbeit begonnen hätten, mußten zunächst einige Probleme gelöst werden. Wo sollte das neue Gebäude errichtet werden? Es wurde beschlossen, zu diesem Zweck das Grundstück in Limassol, das dem Verein der Zeugen Jehovas auf Zypern gehörte, zu verwenden. Die Baupläne wurden 1987 bei der Kommunalbehörde eingereicht, und die Baugenehmigung wurde beantragt. Aber sobald bekannt wurde, daß Jehovas Zeugen bauen wollten, sammelten Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche in der Nachbarschaft Unterschriften für ein Protestschreiben. Das Ergebnis war, daß die Behörden die Baugenehmigung nicht erteilten. Als Grund gaben sie zum einen an, daß dadurch „die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewahrt bliebe, die durch die Erteilung einer Baugenehmigung gefährdet würde“, und zum anderen den „Zweck, zu dem das geplante Gebäude benutzt werden soll“.

Da der Ablehnung offensichtlich religiöse Vorurteile zugrunde lagen, brachten die Brüder die Angelegenheit vor Gericht. Dort wurde eine Entscheidung zugunsten von Jehovas Zeugen gefällt. Im Urteilsspruch wurde erklärt, die Kommunalbehörde habe „kein Recht, die Anfrage zur Erteilung einer Baugenehmigung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuweisen“. Weiter hieß es: „Aber der weitere angegebene Grund, nämlich der ‚Zweck, zu dem das geplante Gebäude benutzt werden soll‘ ..., gibt das wahre Motiv preis, warum der Antrag der Antragsteller abgelehnt worden ist.“ Es erwies sich als nützlich, daß diese Angelegenheit gerichtlich geregelt worden war.

Noch bevor das Gericht sein Urteil verkündete, wurde es aber immer offenkundiger, daß es unklug wäre, das Zweigbüro in einem Gebiet zu errichten, wo solch ein erbitterter Widerstand geleistet wurde. Es war eine glückliche Fügung, daß genau zu der Zeit ein Bruder, der ein Grundstück in Nissou besaß, einem Dorf nur wenige Kilometer von Nikosia entfernt, dieses der Gesellschaft zum Kauf anbot. Auf dem 0,4 Hektar großen Stück Land stand ein Gebäude mit vier Wohnungen. Hinter dem Haus war ein Garten mit Zitronenbäumen, und vorn hatte es eine von Palmen und blühenden Sträuchern umgebene Veranda. Gleich nebenan war der Königreichssaal. Für die Belange des Zweiges war dieses Grundstück einfach ideal. Es war hier mehr Platz vorhanden, als in Limassol zur Verfügung gestanden hätte. Die nötigen Umbauarbeiten waren nicht der Rede wert, das Grundstück lag zentral, und die Nachbarschaft war uns freundlich gesinnt. Nachdem das Verlagskomitee der leitenden Körperschaft seine Zustimmung gegeben hatte, wurde das Grundstück 1988 gekauft, und im Juni desselben Jahres zog die Bethelfamilie ein.

Gerichtsentscheidungen sind dem Werk dienlich

Es hat außer dem Rechtsfall, bei dem es um den Antrag in Verbindung mit den Zweiggebäuden ging, noch mehr Fälle gegeben, bei denen es nötig wurde, etwas zu unternehmen, um die „gesetzliche Befestigung der guten Botschaft“ auf Zypern zu erreichen. Manchmal mußte beim Obersten Gerichtshof der Insel Berufung eingelegt werden (Phil. 1:7).

Ein grundlegender Punkt, der Klärung verlangte, war folgender: Sind Jehovas Zeugen das, was man rechtlich als eine „bekannte Religion“ bezeichnet? Wenn ja, dann sollten sie genauso wie alle anderen Religionen behandelt werden. Artikel 18 der Verfassung Zyperns besagt:

„1. Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

2. Alle Religionen, deren Dogmen und Riten nicht geheim sind, sind frei.

3. Vor dem Gesetz sind alle Religionen gleich.“

In der juristischen Fachwelt wurde eine „bekannte Religion“ als eine Religion definiert, „die jedem zugänglich ist, eine Religion, deren Dogmen und Grundsätze nicht geheim sind und deren Anbetung öffentlich stattfindet“. Jehovas Zeugen werden allen Kriterien gerecht.

Doch Personen aus dem Gebiet der „Erziehung und Bildung“ haben die Zeugen diskriminiert. Schulen lehnten es ab, als Religion eines Schülers „Zeuge Jehovas“ anzugeben, obwohl es üblich ist, auf dem Zeugnis die Religion einzutragen. Die Angelegenheit wurde den Schulbehörden vorgelegt. Das Erziehungsministerium erklärte: „Die Existenz einer Religion mit dem Namen Jehovas Zeugen ist uns nicht bekannt. Wir verstehen unter Jehovas Zeugen eine Bewegung oder Organisation.“

In einem an den Erziehungsminister gerichteten Memorandum, datiert vom 16. April 1991, beleuchtete der Generalstaatsanwalt die Angelegenheit im Licht der Verfassung Zyperns. Er resümierte, daß Jehovas Zeugen eine „bekannte Religion“ seien und daher die Religion der Schüler auf ihren Zeugnissen vermerkt sein sollte.

Diese Stellungnahme des Generalstaatsanwalts wirkte sich auch günstig auf andere juristische Entwicklungen aus, die Jehovas Diener auf Zypern betrafen. Seine Kanzlei verfaßte ein neun Seiten umfassendes Memorandum, in dem erklärt wurde, daß mit den Geistlichen der Zeugen Jehovas genauso zu verfahren sei wie mit den Geistlichen der Hauptreligionen auf Zypern. Zu einer Zeit, als der Druck unserer Gegner wieder sehr zunahm, diente dieses Memorandum dazu, eine Entscheidung der Behörden vom Juli 1990, die zugunsten der Zeugen ausgefallen war, zu festigen. Auf der Grundlage dieser Entscheidung wurden Älteste und Dienstamtgehilfen der Versammlungen der Zeugen Jehovas vom Militärdienst freigestellt, weil sie als Geistliche einer Religionsgemeinschaft anerkannt wurden.

Als Folge der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts gab es eine andere Entwicklung auf dem Gebiet der Steuerzahlung. Am 17. Juni 1992 gab das Wirtschaftsministerium bekannt, daß die Organisation der Zeugen Jehovas von der Grundsteuer befreit worden war und bereits gezahlte Steuern rückwirkend bis zum Jahr 1981 zurückzuerstatten waren.

Es erübrigt sich zu erwähnen, daß die Zeugen auf Zypern allen Beamten, die bestehende Vorurteile außer acht lassen und alle Religionen unparteiisch behandeln, dankbar sind.

Die Einsammlung geht weiter

In der Neuzeit nahm auf Zypern das Predigen der guten Botschaft von Jehovas Königreich vor etwa 70 Jahren seinen Anfang. Was ist seitdem erreicht worden?

Von einem Ende der Insel bis zum anderen — in Städten, in Dörfern und in den entlegensten Winkeln — wurde den Menschen immer wieder die Gelegenheit gegeben, die Botschaft der Bibel zu hören. Einige voraussichtliche Mitregenten des himmlischen Königreichs wurden hier gefunden. Jetzt werden viele weitere eingesammelt, die als Anbeter Jehovas die Hoffnung auf ewiges Leben in einem irdischen Paradies hegen. Zu Beginn des Jahres 1985 gab es auf Zypern mehr als 1 000 Personen, die öffentlich Jehova lobsangen.

Aber damit hörte das Einsammlungswerk nicht auf. Im März 1994 gab es 1 544 eifrige Zeugen auf Zypern, und 3 141 besuchten das Gedächtnismahl. Es gibt also noch viele, die auf die Tätigkeit des Jüngermachens positiv reagieren und gewillt sind, alles zu erfahren, was Jesus seinen Nachfolgern geboten hat. Auf der Insel gibt es 16 Versammlungen, und die Verkündiger sind wirklich eifrig im Dienst Jehovas tätig. Während des vergangenen Dienstjahres war besonders unter den jüngeren Zeugen deutlich ein stärkerer Pioniergeist zu beobachten. Im März standen insgesamt 295 Zeugen, das waren 19 Prozent der Verkündiger, in irgendeinem Zweig des Pionierdienstes.

Auch die Schulung von Brüdern hat Fortschritte gemacht, so daß ihnen mehr Verantwortung übertragen werden kann. Das ist besonders in Verbindung mit Versammlungsältesten und der Organisierung von Kreis- und Bezirkskongressen der Fall gewesen.

Die Verkündiger müssen wirklich Ausharren bekunden, um ihr Gebiet weiterhin regelmäßig zu bearbeiten. Auf Zypern, wo die Gemeinden fest zusammengewachsen sind, ist die Menschenfurcht noch immer vorherrschend, und zwar besonders in den ländlichen Gegenden. Wenn die Liebe zur biblischen Wahrheit im Herzen eines jungen Menschen Fuß faßt, ist er manchmal derjenige, der den übrigen Familienangehörigen hilft, das Hindernis Menschenfurcht zu überwinden. Das bewahrheitete sich in einem kleinen Dorf an einer sechsköpfigen Familie (bestehend aus Vater, Mutter und vier kleinen Kindern). Ein Pionier begann mit der Mutter die Bibel zu studieren. Nach dem dritten Studium besuchte sie bereits eine Zusammenkunft der Zeugen. Aber als von seiten ihrer Angehörigen Widerstand aufkam, hörte sie auf zu studieren. Doch die neunjährige Tochter quengelte so lange, bis ihre Mutter sich einverstanden erklärte, das Studium wiederaufzunehmen. Schon bald ging die gesamte Familie zu den Zusammenkünften. Im Jahr 1994 wurde die Frau getauft. Ihr Mann studiert jetzt ebenfalls, und auch mit dieser Tochter wird weiter studiert.

Da die Verkündiger sich treu am Dienst beteiligen, werden solche demütigen Menschen immer noch ausfindig gemacht. Den Brüdern wird auch geholfen, die Frucht des Geistes zu entwickeln. Und sie beweisen damit, daß sie loyale Unterstützer der Souveränität Jehovas sind.

Wahre Befreiung für ehrlichgesinnte Zyprer

Die Geschichte Zyperns dokumentiert die Fremdherrschaft vieler Mächte über die zyprische Bevölkerung. Viele Zyprer haben ihr Leben für etwas gegeben, was sie als Sache der Freiheit ansahen. Aber die Ergebnisse haben nicht immer ihren Vorstellungen entsprochen. In unserer Generation haben viele Personen ihren angestammten Grundbesitz verloren, und gegenwärtig besteht für sie kaum Hoffnung, in ihre Heimat zurückzukehren. Auch einige Zeugen Jehovas sind davon betroffen. Es ist für sie nicht leicht.

Aber die wahre Freiheit ist nicht davon abhängig, wo jemand lebt oder was er besitzt. Es ist eine Freiheit, die aus einer genauen Erkenntnis der Wahrheit resultiert. Diese Erkenntnis, die in der Bibel zu finden ist, befreit Menschen von unbegründeter Furcht und von Aberglauben. Sie bewirkt, daß religiöse Intoleranz durch die Liebe zu Gott und dem Nächsten ersetzt wird. Sie zeigt auch den Weg zur Befreiung von der Sklaverei der Sünde und des Todes für all jene, die Glauben an die liebevolle Vorkehrung der Rettung bekunden, die Jehova Gott durch Jesus Christus geschaffen hat. Jehovas Zeugen weisen alle Arten von Menschen auf diese gute Botschaft hin.

Doch genauso, wie es der Fall war, als der Apostel Paulus und sein Begleiter Barnabas auf Zypern predigten, widersetzen sich heute religiöse Führer dem Predigen einer solch guten Botschaft. In der Neuzeit sind Jehovas Zeugen auf Zypern hauptsächlich von der griechisch-orthodoxen Kirche bekämpft worden. Doch die Zeugen haben nie aus dem Sinn verloren, was in Jeremia 1:19 niedergeschrieben ist: „Sie werden gewiß gegen dich kämpfen, aber sie werden nicht die Oberhand über dich gewinnen, denn ‚ich bin mit dir‘, ist der Ausspruch Jehovas, ‚um dich zu befreien‘.“

Sie vertrauen völlig darauf, daß Jehova sie auch weiterhin von ihren Feinden befreien und bald durch die kommende große Drangsal hindurch in seine neue Welt führen wird. Dann wird sich nicht nur in geistiger Hinsicht, sondern auch buchstäblich bewahrheiten, was in Micha 4:4 steht: „Sie werden tatsächlich sitzen, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, und da wird niemand sein, der sie aufschreckt.“ Es gibt zwar Zyprer, die schon jetzt unter ihrem Weinstock und unter ihrem Feigenbaum sitzen können, aber sie führen nicht ein Leben ohne Angst. Auf der ‘künftigen bewohnten Erde’, von der die Bibel spricht, wird es jedoch möglich sein, sich solcher Lebensbedingungen zu erfreuen, und das ohne Furcht vor Verbrechen, Krieg oder gar Krankheit und Tod. Das wird die wirkliche Befreiung sein! Ja, Jehova verheißt: „Siehe! Ich mache alle Dinge neu.“ Auch sagt er: „Diese Worte sind zuverlässig und wahr“ (Heb. 2:5-9; Offb. 21:4, 5; Ps. 37:9-11).

[Karte auf Seite 66]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

ZYPERN

Paphos

Nikosia

Limassol

Larnaka

Xylophagou

Famagusta

Salamis

[Bilder auf Seite 71]

Antonis Spetsiotis (rechts) und Andreas Christou, die ersten Zeugen Jehovas in Xylophagou

[Bilder auf Seite 72, 73]

Der Apostel Paulus predigte Sergius Paulus in Paphos trotz des Widerstands eines Zauberers (links: Ruinen vom Palast des Prokonsuls)

[Bild auf Seite 76]

Panagiotis Gavrielides

[Bild auf Seite 79]

Die eifrigen Zeugen Nikos und Galatia Matheakis, bekannt für ihre Großzügigkeit und Gastfreundschaft

[Bilder auf Seite 80]

Einige der ersten Gileadmissionare:

1. Don Rendell

2. Anthony Sideris

3. Emmanuel Paterakis

4. Antonios Karandinos

[Bild auf Seite 81]

Einige der Missionarinnen, die auf Zypern dienten (von links nach rechts): Jean Baker, Yvonne Warmoes (Spetsiotis), Nina Constanti (Psaltis)

[Bild auf Seite 86]

N. H. Knorr (2. Reihe, rechts) mit zyprischen Brüdern und Missionaren

[Bilder auf Seite 87]

Ein begeisternder Kongreß fand 1951 in den Kinos „Royal“ und „Pallas“ statt

[Bild auf Seite 91]

Zeugen im Jahr 1955, kurz bevor sie sich in ihr Gebiet begeben

[Bilder auf Seite 100]

Internationaler Kongreß in Nikosia (1973) unter einer Bambusüberdachung

[Bilder auf Seite 107]

Kongreßsaal in Limassol

[Bilder auf Seite 108, 109]

Gegenwärtiges Zweigbüro und Bethelfamilie auf Zypern

[Bild auf Seite 115]

Zweigkomitee, das zur Zeit auf Zypern dient; von links nach rechts: Andreas Costa Efthymiou, Andreas Kontoyiorgis, James Petridis