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Japan

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JAPAN verdankt es unter anderem der unermüdlichen harten Arbeit und einer einheitlichen Zielsetzung seiner Bevölkerung, daß es nach dem Zweiten Weltkrieg vom verwüsteten Land zu einem modernen Industriegiganten aufgestiegen ist. Man denkt bei diesem Land mit seinen 125 Millionen Einwohnern nicht nur sofort an Kirschblüten, Azaleen und den 3 776 Meter hohen schneebedeckten Fudschijama, sondern verbindet damit auch die Markennamen von Kameras, Autos und elektronischen Artikeln.

Die Entwicklung auf theokratischem Gebiet nach dem Krieg ist allerdings noch beeindruckender. Bei einem Bezirkskongreß in Tokio waren 1951 rund 40 Missionare der Wachtturm-Bibelschule Gilead und etwa 200 einheimische japanische Verkündiger anwesend. N. H. Knorr, der damalige Präsident der Watch Tower Society, sagte, er freue sich auf die Zeit, wenn es in Japan so viele einheimische Verkündiger des Königreiches geben werde, daß man die Missionare unter ihnen nur noch mit Mühe ausfindig machen könne. Dieser Tag sollte nicht lange auf sich warten lassen! Als Mitarbeiter Gottes, die auf Jesus Christus als Fundament bauten, benötigten die Missionare zehn Jahre, um die ersten 1 000 japanischen Verkündiger einzubringen. 1992 kamen hingegen jeden Monat durchschnittlich 1 000 neue Verkündiger hinzu. (Vergleiche 1. Korinther 3:9-11.) Auf den Inseln, aus denen Japan besteht, gibt es heute insgesamt 220 663 Königreichsverkündiger, wobei seit über 18 Jahren Monat für Monat neue Höchstzahlen erreicht werden. Diese Ereignisse sind ein begeisternder Bestandteil der Erfüllung von Jesaja 60:8, wo es heißt: „Wer sind diese, die geflogen kommen so wie eine Wolke und wie Tauben zu ihren Taubenschlägen? Denn auf mich werden die Inseln selbst fortwährend hoffen.“

Im Jahrbuch 1973 wurde über die Anfänge des Werkes in Japan bis zum Jahr 1972 berichtet, als es im Land ungefähr 14 000 Verkündiger gab, darunter auch über 3 000 Pioniere, deren Zahl rasch wuchs. Der nun folgende kurze geschichtliche Rückblick wird noch um weitere 25 Jahre ergänzt.

Erste Samenkörner der Königreichswahrheit

Wie wurde der Samen, der eine derart reiche Ernte eingebracht hat, in diesem Land mit seiner buddhistischen und schintoistischen Tradition gesät? Im Jahr 1911 verschaffte sich C. T. Russell, der damalige Präsident der Watch Tower Society, auf einer Japanreise einen Überblick über die dortige Lage. Er berichtete, daß die Missionare der Christenheit ziemlich entmutigt waren und die Bevölkerung allgemein wenig echtes Interesse an Religion zeigte. Er war jedoch davon überzeugt, daß die Menschen das „Evangelium vom Königreich“ benötigten. R. R. Hollister, ein Amerikaner, wurde als Vertreter der Gesellschaft in Asien eingesetzt. Man übersetzte Traktate und Bücher — unter anderem das Buch Der Göttliche Plan der Zeitalter — und ließ mehrere Millionen Exemplare in Umlauf bringen, und zwar hauptsächlich durch bezahlte einheimische Verteiler. 1926 wurde Junzo Akashi, ein Amerikaner japanischer Abstammung, als Vertreter der Gesellschaft nach Japan gesandt. Anfang 1927 wurde ein Zweigbüro in Kobe eingerichtet, das man noch im gleichen Jahr nach Tokio verlegte. Bis 1938 war die Zahl der Kolporteure, die Zeitschriften und Bücher verbreiteten, auf 110 angestiegen. Doch im ganzen Land entflammte ein fanatischer religiöser Nationalismus, der direkt zum Zweiten Weltkrieg führte. Am 21. Juni 1939 wurden 130 Mitarbeiter der Todaisha („Leuchtturm-Gesellschaft“, wie die Organisation der Zeugen Jehovas in Japan damals genannt wurde) auf einen Schlag verhaftet und ins Gefängnis gebracht, wodurch es gelang, in den Kriegsjahren die organisierte Tätigkeit zum Erliegen zu bringen.

Leider fiel der Zweigaufseher unter jenem Druck von der Wahrheit ab. Die meisten von der Todaisha — ausgenommen einige Loyale wie die Familien Ishii und Miura — folgten seinem Lauf und gaben den Dienst für Jehova auf. Das Versagen dieser Gruppe ist unter anderem dem Umstand zuzuschreiben, daß sie einem Menschen, Junzo Akashi, nachgefolgt war. Er, ein bereits verheirateter Mann, übernahm den traditionellen japanischen Brauch der Polygamie. Seine erste Frau diente weiterhin über 40 Jahre treu als Pionierin in New York, und in der Versammlung Manhattan-West denken so manche, die sie als Schwester Ogawachi gekannt haben, gern an sie zurück. Als nach dem Krieg Gileadmissionare nach Japan kamen, stießen sie in Osaka auf eine große Gruppe der Todaisha. Diese ließen sich die Taufe bezahlen und, was noch schlimmer war, sie folgten Akashi nach, indem sie ein äußerst unmoralisches Leben führten. Da sie es ablehnten, diese Lebensweise aufzugeben, mußte um der sittlichen Reinheit der Versammlung willen etwa 30 von ihnen die Gemeinschaft entzogen werden.

Die Treugebliebenen

Ganz anders verhielt es sich dagegen mit Jizo und Matsue Ishii, die unter den ersten japanischen Kolporteuren waren. In den Jahren 1929 bis 1939 bearbeiteten sie das gesamte Land. Im Juni 1939 wurden sie festgenommen und in Sendai ins Gefängnis geworfen. Matsue erinnert sich noch gut an ihr erstes Jahr in Einzelhaft in einer winzigen, schmutzigen Zelle, in der es von Flöhen wimmelte. Sie durfte weder duschen noch baden, und ihr Körper war von Wanzen zerbissen. Sie magerte auf 30 Kilogramm ab, bestand nur noch aus Haut und Knochen und war dem Tode nahe. Als sie in ein anderes Gefängnis verlegt wurde, erholte sie sich bis zu einem gewissen Grad, und Ende 1944 ließ man sie frei. Ihrem Mann erging es ähnlich, und später bewahrte er außerdem seine Lauterkeit, indem er Bluttransfusionen ablehnte (Apg. 21:25). Er starb im Alter von 71 Jahren. Matsue ist nach wie vor eine treue Zeugin Jehovas. Sie bemerkt: „Die meisten von denen, die sich vor dem Krieg durch ihre Fähigkeiten und ihren Intellekt auszeichneten, verließen Gottes Organisation, als sie unter großen Druck gesetzt wurden. ... Diejenigen, die treu blieben, verfügten nicht über besondere Fähigkeiten und waren eher unauffällig. Bestimmt müssen wir alle stets mit ganzem Herzen auf Jehova vertrauen“ (Spr. 3:5).

Ein weiteres glaubenstreues Ehepaar waren Katsuo und Hagino Miura, die 1931 den Kolporteurdienst aufnahmen. Auch sie wurden 1939 eingesperrt, und zwar in Hiroschima. Sie weigerten sich, den Kaiserkult mitzumachen und Japans Militarismus zu unterstützen. Katsuo wurde heftig geschlagen, und er blieb bis August 1945, als das Gefängnis durch eine Atombombe zerstört wurde, in Haft. Im Alter von nur 38 Jahren war seine Gesundheit bereits ruiniert. Bei seiner Freilassung sah er aus wie ein alter Mann. Er kehrte in das nördlich gelegene Ischinomori zurück, wo Hagino, die bereits früher freigelassen worden war, ihren Sohn, den jungen Tsutomu, aufzog.

Wie bekam Katsuo wieder Kontakt zu Jehovas Organisation? Japans führende Zeitung Asahi erfuhr von fünf jungen Frauen, Missionarinnen der Zeugen Jehovas, die gerade in Osaka angekommen waren und nach japanischer Art in einem japanischen Haus wohnten. Die Schwestern wurden von Reportern besucht, und es erschien ein hervorragender Bildbericht, in dem man die fünf Schwestern mit Engeln verglich, die wie Kirschblüten vom Himmel herabgeschwebt waren. In dem Artikel wurde auch die Adresse des Missionarheims genannt. Hunderte von Kilometern weiter im Norden stieß Katsuo auf diesen Artikel. Er stellte sofort den Kontakt zur Organisation wieder her und wurde als Pionier ernannt. Er diente treu bis zu seinem Tod im Jahr 1957.

Miyo Idei, die bis zum heutigen Tag in Kobe dient, ist mittlerweile 92 Jahre alt. Sie hat in den 65 Jahren, die sie in der Wahrheit ist, viele Härten erduldet. Ihr begeisternder Lebensbericht erschien im Wachtturm vom 1. September 1991.

„Die 49er“

Nach dem Zweiten Weltkrieg verbesserten sich die Bedingungen für das Predigen enorm. Allerdings teilte Junzo Akashi 1947 dem Büro der Watch Tower Society in Brooklyn (New York) mit, daß er mit den biblischen Lehren nicht mehr einigging. Sogleich wandte sich Bruder Knorr an den Zweig auf Hawaii und fragte, wer von den Brüdern hawaiisch-japanischer Herkunft willens sei, die 11. Klasse der Gileadschule zu besuchen, um als Missionar ausgebildet zu werden. Der Zweigaufseher auf Hawaii, der in den frühen 20er Jahren Sekretär von J. F. Rutherford gewesen war, stellte Bruder Knorr die Frage: „Bruder Knorr, wie steht’s denn mit den Hasletts?“ Und so wurden auch Don Haslett und seine Frau Mabel eingeladen, obwohl sie schon auf die 50 zugingen. In der Gileadschule gaben Shinichi Tohara und Elsie Tanigawa mehr als 20 Studenten Japanischunterricht.

Im Jahr 1949 nahmen „die Hawaiianer“ — Don und Mabel Haslett, Jerry und Yoshi Toma, Shinichi und Masako Tohara und ihre drei Kinder sowie Elsie Tanigawa — ihre Tätigkeit im ausgebombten Tokio auf. Noch im selben Jahr folgte eine Gruppe aus Australien, zu der Adrian Thompson, Percy und Ilma Iszlaub sowie Lloyd und Melba Barry gehörten, die in die vom Krieg zerstörte Stadt Kobe gesandt wurden. Diese ersten Missionare in Japan wurden als „die 49er“ bekannt. Sechs von ihnen sind in ihrem Gebiet „in den Stiefeln gestorben“, wie man so sagt, und acht weitere sind noch immer im Vollzeitdienst in Japan und in Brooklyn (New York) tätig. 1949 berichteten außerdem acht einheimische Verkündiger über die Zeit, die sie im Königreichsdienst einsetzten.

Mehrung in Tokio

Die hawaiische Gruppe erzielte in Tokio bemerkenswerte Fortschritte. Yoshi Toma weiß noch, wie sie in der Nachkriegszeit das Gebiet „von Unterstand zu Unterstand“ bearbeiteten. Sie berichtet: „Die Leute waren arm und erholten sich nur schwer von den Kriegseinwirkungen. Die Lebensmittel waren rationiert, und Don Haslett stand gewöhnlich zusammen mit den Nachbarn für die Kohlkopfrationen an.“ Aber die Wohnungsinhaber waren überaus freundlich und hörten geduldig zu, wenn die Missionare sich mit ihren Darbietungen in Japanisch abmühten. Die Missionare mußten lernen, daß man vor dem Betreten eines Hauses die Schuhe auszog. Dann betrat man den Nebenraum. Die Decken waren allerdings eher niedrig, und Don Haslett, ein hochgewachsener Mann, trug mehr als eine Narbe davon, weil er sich den Kopf stieß. Innerhalb weniger Jahre legten „die Hawaiianer“ ein festes Fundament in Tokio, wo es heute 139 Versammlungen gibt.

Die gesalbten Zeugen Don und Mabel Haslett aus der Gruppe der „49er“ gaben selbst noch im vorgerückten Alter ein wunderbares Beispiel im Predigtdienst. Als Don 1966 starb, trugen sechs Brüder seinen Sarg zur Begräbnisansprache in den Königreichssaal — alles junge Männer, die er zur Wahrheit hingeführt hatte und die damals der 19köpfigen Bethelfamilie in Tokio angehörten.

Mabel überlebte Don um acht Jahre. Als sie hoch in den 70ern war, wurde bei ihr Dickdarmkrebs festgestellt. Ein führendes Krankenhaus Tokios in Toranomon erklärte sich entgegenkommenderweise zu einer Operation ohne Blut bereit, und zwar unter der Bedingung, daß Mabel bereits zwei Wochen vor der Operation ins Krankenhaus ging. Gleich am ersten Tag wurde sie von einem jungen Arzt besucht, der gern wissen wollte, warum sie eine Behandlung mit Blut ablehnte. Daraus ergaben sich gute biblische Gespräche, die sie bis zur Operation täglich weiterführten. Wegen der Schwere des Falles waren vier Ärzte an der Operation beteiligt. Als Mabel das Bewußtsein wiedererlangte, rief sie aus: „Dieser verflixte alte Adam!“ Wie wahr! Mabel lag nur einen Tag auf der Intensivstation. Bei vier anderen Patienten, die an dem Tag auch solch eine Operation gehabt hatten — allerdings mit Bluttransfusionen —, waren es dagegen mehrere Tage. Und was war mit dem jungen Arzt? Später erzählte er Mabel: „Sie wußten nichts davon, aber im OP waren fünf Ärzte. Ich war nämlich auch da, um absolut sicherzugehen, daß man Ihnen kein Blut gibt.“ Dr. Tominaga setzte sein Bibelstudium in Jokohama fort. Heute sind er und sein Vater, der ebenfalls Arzt ist, sowie von beiden die Ehefrau eifrige Glieder der Versammlung. So trug ein Krankenhausaufenthalt auf wunderbare Weise Frucht.

Mabel setzte ihren Missionardienst vom Missionarheim in Tokio-Mita aus fort. Im Alter von 78 Jahren stellte man erneut Krebs bei ihr fest, und sie wurde bettlägerig. Als die Missionare jedoch eines Abends nach Hause kamen und von den schönen Erfahrungen erzählten, die sie in dem Feldzug mit den Königreichs-Nachrichten gemacht hatten, bestand Mabel darauf, daß man sie anzog und mitnahm, um die Königreichs-Nachrichten zu verteilen. Ihre Kraft reichte gerade für den Besuch von drei Häusern ganz in der Nähe — es waren die gleichen Häuser, wo sie nach ihrer Ankunft in Japan erstmals Zeugnis gegeben hatte. Wenige Wochen später vollendete sie ihren irdischen Lauf und wechselte zu ihrem Dienstplatz im Himmel über. (Vergleiche Lukas 22:28, 29.)

Entwicklung in Kobe

Auch in Kobe war bald Mehrung zu sehen. Der erste richtige theokratische Kongreß in Japan fand auf dem weiträumigen Gelände des Missionarheims in Kobe statt, und zwar vom 30. Dezember 1949 bis zum 1. Januar 1950. Am Sonntag erschienen sage und schreibe 101 Personen zum öffentlichen Vortrag, der in dem Auditorium einer Schule in Tarumi (Kobe) gehalten wurde. Drei Personen ließen sich in dem großen öffentlichen Badehaus von Tarumi taufen.

Einer der Missionare in Kobe, Adrian Thompson, machte bemerkenswerte Fortschritte im Erlernen der japanischen Sprache und wurde 1951 zum ersten Kreisaufseher in Japan ernannt. Später wurde er der erste Bezirksaufseher. Er trug viel dazu bei, ein solides Fundament für kommendes Wachstum zu legen. Er war der Sohn einer langjährigen Pionierin in Neuseeland und hatte sich als Rugbyspieler der 1. Liga einen Namen gemacht. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zog er sich jedoch aus der glanzvollen Sportwelt zurück. Er ließ sich als ein Zeuge Jehovas taufen und begann in Australien mit dem Vollzeitdienst. Auch wenn er bereits 1977 starb, wird man sich noch lange an das Energiebündel „Tommy“ und an sein „Beharren auf ausschließlicher Ergebenheit“ gegenüber Jehova erinnern (4. Mo. 25:11).

Es dauerte eine Weile, bis sich die Missionare an die japanischen Häuser, die Kultur und die Sprache gewöhnt hatten, doch ihr Hauptanliegen war es, anderen von der biblischen Wahrheit zu erzählen. „Tiger“ (Percy) Iszlaub, ein aufgeschlossener Australier aus Queensland, schwelgt in Erinnerungen: „Wir führten viele Bibelstudien durch. Ich hatte 36 Studien, und Ilma und die anderen hatten auch ungefähr so viele. Die Interessierten kamen zum Bibelstudium ins Missionarheim, manche täglich. In allen Zimmern des Hauses wurden Bibelstudien durchgeführt, jeden Abend drei oder mehr. Wir verteilten das Studienmaterial in Englisch und in Japanisch. Als Hilfe für die Interessierten zählten wir jeweils, in der wievielten Zeile die Antwort zu finden war. Es ging zwar nur langsam voran, aber es war erstaunlich, was sie alles verstanden, obwohl sie lediglich die Schriftstellen lasen und diese mit den Veröffentlichungen verglichen. Und sie sind heute in der Wahrheit!“

Anfangs stand den Missionaren nur wenig Königreichsliteratur für den Predigtdienst zur Verfügung. Ein Karton mit der japanischen Ausgabe des Buches Licht, Band 2, der noch aus der Vorkriegszeit stammte, war in Kobe aufgetaucht, aber die Leute sagten in der Regel: „Eigentlich würde ich ja lieber zuerst Band 1 lesen.“ Das Interesse eines der ersten Japaner, die in Kobe zur Wahrheit kamen, war jedoch durch das Lesen des zweiten Bandes geweckt worden. Nach einiger Zeit hatte er eine gewisse Reife erlangt, und später wurde er Kreisaufseher. Bald verwendete man Stoff aus dem Buch „Gott bleibt wahrhaftig“. Manche, mit denen studiert wurde, übersetzten selbst Kapitel des Buches; die Übersetzungen wurden vervielfältigt und unter den Missionaren für andere Bibelstudien ausgeliehen. Doch einige Übersetzungen waren eher fragwürdig. Ilma Iszlaub war geschockt, als sie entdeckte, daß auf den Seiten einer Übersetzung die Fußnote „Auslegungen von Frau Ilma Iszlaub“ hinzugefügt worden war.

Etwa zehn Jahre später machte Percy in Fukuoka eine beeindruckende Erfahrung. Kimihiro Nakata, ein gewalttätiger Gefangener in der Todeszelle, der zwei Männer gegen Bezahlung umgebracht hatte, bat um ein Bibelstudium, und Percy studierte mit ihm. Daraufhin legte Kimihiro die „alte Persönlichkeit“ völlig ab. Er ließ sich im Gefängnis taufen, und Percy schilderte ihn als einen der eifrigsten Königreichsverkündiger, die er gekannt hat (Eph. 4:22-24). Kimihiro lernte Blindenschrift und übertrug das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“, die Broschüre „Diese gute Botschaft vom Königreich“ und Artikel aus den Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in die Blindenschrift. Diese Publikationen wurden in verschiedenen Teilen Japans verbreitet, auch in Schulen für Blinde. Am 10. Juni 1959 fuhr jedoch frühmorgens ein Polizeiauto vor dem Missionarheim vor. Kimihiro hatte gebeten, Percy solle bei seiner Hinrichtung an jenem Morgen dabeisein. Percy erfüllte ihm diesen Wunsch. In dem Gefängnishof, wo die Hinrichtung stattfinden sollte, sprachen sie kurz miteinander, und zum Schluß sangen sie gemeinsam ein Königreichslied. Kimihiro sagte zu Percy: „Warum zitterst du denn, Percy? Ich müßte nervös sein, nicht du.“ Seine letzten Worte, bevor man ihn hängte, waren: „Heute vertraue ich fest auf Jehova, auf das Loskaufsopfer und die Auferstehungshoffnung. Für eine kleine Weile werde ich schlafen, und wenn es Jehovas Wille ist, werde ich euch alle im Paradies wiedersehen.“ Er ließ seine Brüder in der ganzen Welt herzlich grüßen. Kimihiro starb um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, denn es mußte Leben für Leben gegeben werden. Doch er starb nicht als hoffnungsloser, verhärteter Verbrecher, sondern als getaufter, treuer Diener Jehovas. (Vergleiche Apostelgeschichte 25:11.)

Nach einem rund zehnjährigen Kampf gegen den Krebs starb Ilma Iszlaub am 29. Januar 1988 im Bethelheim in Ebina. Später nahm Percy als Mitglied der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania öfter an deren Jahresversammlungen teil, wobei er vor nicht allzu langer Zeit einen hervorragenden Bericht über Japan gab. 1996 starb auch er.

Ende 1949 richtete Melba Barry gleich an ihrem ersten Tag im Predigtdienst in Kobe trotz der Sprachbarriere ein Bibelstudium ein. Aus diesem Studium gingen zwei neue Verkündigerinnen hervor. Eine von ihnen, Miyo Takagi, verbrachte einige Jahrzehnte im Pionierdienst. Sie erzählte Melba später, wie sehr sie davon beeindruckt war, daß zwei Missionarinnen über ein schlammiges Feld stapften, um sie zu besuchen. Heute, 48 Jahre später, predigt Miyo noch immer von Haus zu Haus — allerdings im Rollstuhl. In den nicht einmal drei Jahren, bevor Melba nach Tokio versetzt wurde, half sie sieben Personen, die Wahrheit anzunehmen. Sie haben all die Jahre ausgeharrt und glücklicherweise auch das große Erdbeben in Kobe im Jahr 1995 überlebt.

Mehr Missionare kommen in das Gebiet

Anfang 1950 wurden fünf Schwestern aus der 11. Gileadklasse, denen die Visa zur Einreise nach Neukaledonien verweigert worden waren, einem anderen Gebiet zugeteilt, nämlich Kobe in Japan. Lois Dyer, die jetzt seit 67 Jahren im Pionierdienst ist, und Molly Heron gehörten zu dieser Gruppe. Sie sind schon 49 Jahre Partnerinnen und dienen derzeit vom Missionarheim in Tokio-Mita aus. Lois’ Lebensbericht erschien im Wachtturm vom 15. September 1980.

Molly Heron erinnert sich: „Das Wohnheim in Kobe war geräumig, und sechs Monate nach der Ankunft der ersten Missionare feierten wir das Gedächtnismahl. Die etwa 180 Anwesenden füllten den Speisesaal und den Flur, und einige hörten sich die Ansprache, die übersetzt wurde, sogar durch die Fenster an.“ Am nächsten Morgen, einem Sonntag, erschienen 35 Personen, die am Abend zuvor die Bekanntmachung über Predigtdienstvorkehrungen gehört hatten, und wollten mit in den Dienst gehen. Bruder Barry erzählt: „Jeder Missionar mußte drei oder vier Neue mit an die Türen nehmen; da die Missionare nicht gerade fließend Japanisch sprachen, wandten sich die Wohnungsinhaber an unsere japanischen Begleiter und unterhielten sich mit ihnen. Was diese Neuinteressierten den Wohnungsinhabern erzählten, das haben wir nie erfahren.“

Ende Juni 1950 brach ganz plötzlich der Koreakrieg aus. Natürlich wollten die Missionare in Japan wissen, wie es ihren acht ehemaligen Klassenkameraden erging, die in Korea tätig waren. Sie brauchten nicht lange zu warten. Am zweiten Tag nach Kriegsausbruch waren einige der Missionare aus Kobe gerade mit dem Nahverkehrszug auf dem Weg nach Hause. Gleichzeitig mit ihrem Zug fuhr ein Zug aus der entgegengesetzten Richtung ein. Man stelle sich vor, was geschah, als die beiden Züge wieder abfuhren. Die Missionare aus Kobe sahen die acht Glieder der Missionargruppe aus Korea auf dem anderen Bahnsteig stehen. Das war ein Wiedersehen! Mit dem allerletzten Flugzeug, das Zivilisten beförderte, hatten sie aus Korea entkommen können. Nun stieg die Zahl der Missionare im Heim in Kobe von 10 auf 18. In der Stadt, die größtenteils in Trümmern lag, wurde ein äußerst gründliches Zeugnis gegeben.

Scott und Alice Counts zogen kurze Zeit später in das Missionarheim in Tokio um, doch im Oktober bezogen alle acht Missionare aus Korea ein neues Heim, das in Nagoja eingerichtet wurde. Von dieser Gruppe gingen nur Don Steele und seine Frau Earlene nach Korea zurück, als die Verhältnisse das wieder zuließen.

Felder, die reif sind zur Ernte

Grace und Gladys Gregory gehörten zu denen, die das Heim in Nagoja einrichteten. Sie fanden ein Gebiet vor, das reif war zur Ernte. Im April 1951 lernte Grace den 18jährigen Isamu Sugiura kennen, der für einen Klavierhändler arbeitete. Gladys erinnert sich: „Isamus Mutter hatte ihn im Glauben einer Schintosekte aufgezogen, und man hatte ihn gelehrt, Japan sei shinshu (göttliches Land) und der kamikaze (göttlicher Wind) werde Japan beschützen und den Japanern helfen, den Krieg zu gewinnen. Sein Glaube an die japanischen Götter wurde jedoch durch die Kapitulation Japans und die Kriegsfolgen — verheerende wirtschaftliche Verhältnisse und Hungersnöte — zunichte gemacht. Sein Vater war im ersten Nachkriegsjahr an Unterernährung gestorben. Der junge Isamu machte sich die Hoffnung auf ein irdisches Paradies zu eigen und ließ sich auf einem Kreiskongreß im Oktober 1951 taufen.“

Ungefähr 50 Missionare und 250 Japaner waren auf jenem Kongreß anwesend. Isamu beeindruckte es, wie ungezwungen und vorurteilslos die Missionare mit den Japanern umgingen, obwohl das Ende des Zweiten Weltkriegs gerade einmal sechs Jahre zurücklag. Nach 45 Jahren des Dienstes mit ganzer Seele, in denen er unter anderem die Gileadschule besuchte und im Kreis- und Bezirksdienst tätig war, ist Bruder Sugiura heute ein Mitglied des Zweigkomitees im Bethel in Ebina.

Gladys Gregory erinnert sich an die Besuche bei einer Frau, die eine nominelle Buddhistin gewesen war und sich später den Kirchen der Christenheit zugewandt hatte, denen sie aber desillusioniert wieder den Rücken gekehrt hatte. Zu ihrer Enttäuschung hatten ihr die Geistlichen nicht genau erklären können, wer Gott ist und warum sie Gottes Eigennamen nicht gebrauchten, obwohl dieser fast 7 000mal in ihrer Bibel (die Bungotai-Bibel, eine klassische Übersetzung) vorkam. Statt auf ihre vielen Fragen einzugehen, hatte ihr Geistlicher zu ihr gesagt, sie solle „einfach glauben“. Sie erhielt einen Wachtturm (die japanische Ausgabe erschien seit Mai 1951 monatlich), den Gladys bei ihrer Nachbarin zurückgelassen hatte. Von dem Gelesenen beeindruckt, suchte sie nach Gladys. Über diese Erfahrung sagte Gladys später: „Die biblischen Antworten auf ihre Fragen berührten ihr Herz. Sie besuchte sofort das Versammlungsbuchstudium. Dort hörte sie die Bekanntmachung für den Dienst am darauffolgenden Tag und meinte, sie würde auch gern mitgehen. Wir versuchten, sie zu bremsen, und sagten ihr, sie müsse erst noch ein wenig studieren. Sie erwiderte: ,Einverstanden, ich studiere. Aber ich will auch in den Dienst gehen!‘ So geschah es, und in jenem ersten Monat berichtete sie über 50 Stunden. Innerhalb eines Jahres ließ sie sich taufen und nahm den Pionierdienst auf; später verrichtete sie produktiven Dienst als Sonderpionierin. Mit ihren 80 Jahren ist sie immer noch im Pionierdienst.“

Jehova hat es wachsen lassen

Den fünf Missionarinnen, die 1951 nach Osaka geschickt worden waren, gefiel es, daß viele zu ihnen ins Missionarheim kamen, um dort die Bibel zu studieren. Weil sie neu waren, hatten sie allerdings echte Schwierigkeiten, einen Japaner vom anderen zu unterscheiden. Lena Winteler aus der Schweiz erzählt: „Immer, wenn die Interessierten kamen, gingen wir fünf geschlossen zu ihnen und ließen sie die richtige Bibelstudiumleiterin aussuchen.“ Die Missionarinnen stellten denen, die zum Heim kamen, Hausschuhe hin, so wie es in Japan Brauch ist. Allerdings kannten sie den Unterschied zwischen Gästehausschuhen und Hausschuhen, die man anzieht, wenn man zur Toilette geht, noch nicht. Eines Tages nahm eine Interessierte Lena beiseite und erklärte: „Bei uns stellt man seinen Gästen eigentlich keine Hausschuhe hin, die man für den Gang zur Toilette anzieht.“ Allmählich lernten die Missionarinnen dazu.

Von Zeit zu Zeit erhielten die fünf ledigen Schwestern in Osaka Unterstützung durch den Besuch der Missionare, die in Kobe tätig waren. Damals gab es in ganz Osaka nur eine Handvoll Verkündiger. Einmal begleitete Lloyd Barry einige der Missionarinnen zu einem Opernkonzert, einer Open-air-Veranstaltung im großen Baseballstadion von Koschien. Es fiel die Bemerkung: „Es wäre doch zu schön, wenn dieses Stadion irgendwann einmal bei einem Kongreß gefüllt werden könnte!“ Das erschien einfach unmöglich.

Gegen Ende 1994 wurde Bruder Barry, heute ein Mitglied der leitenden Körperschaft in Brooklyn, jedoch eingeladen, die Ansprache zur Bestimmungsübergabe des neuerrichteten Kongreßsaals in Hiogo zu halten, der von den 52 Versammlungen im Raum Kobe genutzt wird. Es war eine wunderbare Zusammenkunft, die auch von einigen der ersten einheimischen Brüder besucht wurde. Für den nächsten Tag war eine viel größere Zusammenkunft geplant. Wo sollte diese wohl stattfinden? Nirgendwo anders als im Baseballstadion von Koschien! Über 40 000 waren versammelt, und was für eine gesittete Menge das war! Das Programm wurde per Telefonleitung an 40 andere Orte in ganz Japan übertragen und dort von vielen weiteren Personen verfolgt. Die Gesamtzuhörerzahl belief sich daher auf mehr als 254 000 — das waren sogar mehr Anwesende als 1958 bei dem großen Kongreß in New York. Wie wunderbar Jehova es in Japan ‘hat wachsen lassen’! (1. Kor. 3:6, 7).

Anfang 1951 wurde ein Missionarheim in Jokohama eingerichtet. Auch diese Stadt erwies sich als ein sehr fruchtbares Feld. Der erste Heimdiener, Gordon Dearn, setzt seinen Vollzeitdienst heute als Witwer im Zweigbüro in Ebina (Tokio) fort. Mittlerweile gibt es in Jokohama 114 Versammlungen, und das Wachstum hält an, da die einheimischen Brüder die Arbeit der Missionare fortsetzen.

In Kioto wurde 1952 ein Missionarheim eingerichtet. Missionare aus Osaka und Kobe wurden nach Kioto versetzt und schlossen sich dort der eifrigen Gruppe neuer Missionare an. Im April 1954 wurden auch Lois Dyer und Molly Heron von Kobe nach Kioto gesandt.

In Kioto gibt es ungefähr tausend Tempel, fast an jeder Straßenecke einen. Die Stadt war im Krieg nicht bombardiert worden, um die Tempel zu verschonen. Lois erinnert sich: „Dort trafen wir Shozo Mima an, einen Lebensmittelgroßhändler, der sich zu Hause von einer langwierigen Krankheit erholte. Er war zwar ein eifriger Buddhist, doch sagte er mir, er wolle über den wahren Gott Bescheid wissen. Mit ihm ein Bibelstudium zu beginnen war kein Problem. Später studierten auch seine Frau und seine Töchter, und die ganze Familie kam zur Wahrheit. Der sympathische Shozo wurde in der Versammlung Kioto zu einer geistigen Säule.“

Margrit Winteler aus der Schweiz schloß sich ihrer älteren Schwester Lena in Kioto an. Sie merkte, daß sie sich in ihrem neuen Gebiet an das Unausgesprochene genauso gewöhnen mußte wie an das gesprochene Wort. Beispielsweise konnte ein Mann, der es seiner Frau überlassen wollte, die Literatur entgegenzunehmen oder sie abzulehnen, einfach mit dem kleinen Finger wackeln, was anzeigte, daß seine Frau nicht zu Hause war. Eine Frau wiederum konnte den Daumen hochhalten (das Zeichen für Ehemann) und sagen, er sei gerade nicht da. Margrit bemerkte auch, daß die Menschen in Kioto, wenn sie sich die angebotene Literatur eingehend ansahen und dabei jede Seite einzeln umblätterten, in Wirklichkeit durch ihre Körpersprache zeigen wollten, daß sie die Literatur ablehnten, ohne ihr das ins Gesicht sagen zu müssen. Die Reaktion der Menschen — ihre Worte und ihre Körpersprache — war längst nicht immer negativ. Heute gibt es in Kioto 39 blühende Versammlungen der Zeugen Jehovas.

Mit kalten Wintern und einer neuen Sprache zurechtkommen

Als 1953 weitere Missionare von Hawaii — unter anderem Adeline Nako und ihre Partnerin Lillian Samson — nach Japan kamen, wurden sie nach Sendai geschickt, einer Stadt im kalten Norden. Nachts ging die Temperatur auf 5 Grad minus zurück. Don und Mabel Haslett hatten dort im Oktober 1952 das neue Missionarheim bezogen, gefolgt von Shinichi und Masako Tohara. Für die Missionare, die im tropischen Hawaii aufgewachsen waren, stellten die kalten Winter in Sendai ein Problem dar. Man nannte sie mit der Zeit die „frisch eingefrorenen Hawaiianer“.

Lillian erinnert sich: „Zum ersten Mal in unserem Leben lernten wir, wie man Holz für den Kochherd hackt. Nur die Küche konnte geheizt werden, und so versuchten wir, unser Bett mit einem yutanpo zu wärmen, einem japanischen Bettwärmer aus Metall. Im Lauf des Tages kauften wir uns immer ishi-yakiimo (im Steinofen gebackene Süßkartoffeln) und steckten sie in unsere Taschen, um uns die Hände zu wärmen; und später aßen wir sie dann auf.“

Doch nicht nur die Kälte bereitete den Missionaren Probleme. Solange sie die japanischen Schriftzeichen nicht lesen konnten, kam es zu peinlichen Situationen. Adeline hat den Tag immer noch nicht vergessen, an dem sie, da sie damals noch kein Japanisch lesen konnte, einen Feueralarmknopf drückte in der Annahme, es sei eine rote Türklingel. Aus sämtlichen Wohnungen kamen die Leute gelaufen, um zu sehen, was passiert war. Adeline wurde deswegen tüchtig ausgeschimpft.

Die Erinnerungen der Missionare beschränken sich jedoch nicht nur auf ihre persönlichen Erfahrungen in den Anfangsjahren in Japan. In ihrem „Familienalbum“ ist Platz für Tausende japanische Brüder und Schwestern sowie für das, was sie gemeinsam erlebt haben. Der Leser ist nun eingeladen, sich die einzelnen „Albumseiten“ einmal näher anzusehen und auf weitere Ereignisse zurückzublicken, die zu dem Wachstum auf theokratischem Gebiet in Japan beigetragen haben.

Sonderpioniere erschließen neue Gebiete

Die Tätigkeit von Sonderpionieren hat wesentlich dazu beigetragen, die Königreichsbotschaft bis in die abgelegensten Gebiete Japans zu verbreiten. Manche wurden von den Missionaren persönlich geschult, und sie legen den gleichen Eifer für Jehova an den Tag. Während die Missionare in den Großstädten tätig waren, wurden die japanischen Sonderpioniere in die kleineren Städte und Ortschaften gesandt. Viele dieser ersten Sonderpioniere haben, obwohl sie bei ihrer Ernennung noch nicht lange getauft waren, eine außerordentliche Hingabe und großes Ausharren bewiesen.

Hisako Wakui erhielt ihre Ernennung, als sie gerade ein Jahr und vier Monate getauft war. Sie und ihre Partnerin Takako Sato sind seit 1957 gemeinsam im Sonderpionierdienst. Zusammen haben sie in neun verschiedenen Gebietszuteilungen über 80 Personen geholfen, sich als Zeugen Jehovas taufen zu lassen.

Hisako erzählt, wie Jehova eins der ersten Bibelstudien, die sie durchführte, gesegnet hat: „Die Frau war zwar eine eifrige Kirchgängerin, meinte aber: ,Wenn es darum geht, die Bibel zu studieren — das kann ich jeden Tag einrichten.‘ Als sie erfuhr, daß Gottes Name Jehova lautet und er Jesu Vater ist, verließ sie die Kirche und begann schon bald mit dem Predigtdienst.“ Ihr Eifer ebbte auch nicht ab, als sie in eine bitterkalte Gegend zog, in der es keine Versammlung gab. Heute sind ihr Mann und ihre vier Kinder ebenfalls in der Wahrheit. Die drei Söhne dienen als Älteste und die Tochter als Sonderpionierin.

Als Hisako und Takako in Tsuru (Präfektur Jamanaschi) waren, stellten sie fest, daß das Wachstum dort nur im Schneckentempo voranging. Zu den Zusammenkünften kamen nur vier oder fünf Personen. Der Kreisaufseher meinte, man sollte sie vielleicht in ein ergiebigeres Gebiet versetzen, doch die Schwestern waren gar nicht erpicht darauf, Tsuru zu verlassen. Sie waren felsenfest überzeugt, daß Jehova in Tsuru Schafe haben mußte, sonst hätte er sie ja nicht dorthin geschickt. Der Kreisaufseher sagte daher: „Wenn am Wochenende 18 Personen zum öffentlichen Vortrag kommen, werde ich der Gesellschaft mitteilen, daß ihr in diesem Gebiet bleiben möchtet.“ Die Pionierinnen taten alles, was biblisch vertretbar war, um Leute dazu zu bringen, die Zusammenkunft am Sonntag zu besuchen. Erstaunlicherweise waren 19 Personen anwesend! In der nächsten Woche ging die Zahl wieder auf vier oder fünf zurück, aber die Pionierinnen konnten ihre Arbeit in dem Gebiet fortführen. Heute weist die Versammlung Tsuru eine ansehnliche Zahl von Verkündigern auf und hat einen schönen Königreichssaal.

Kazuko Kobayashi ist eine weitere Sonderpionierin, die 40 Jahre lang neue Gebiete erschlossen hat. Als Pauline Green, eine Missionarin in Kioto, Kazuko zum erstenmal antraf, war sie auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Pauline zeigte Kazuko Prediger 12:13, und das stellte sie zufrieden. Sie schlußfolgerte, daß die Lebensweise der Missionarinnen der Lebensweise eines Christen am nächsten kam und setzte sich das gleiche Lebensziel. Als sie den Sonderpionierdienst aufnahm, war sie erst drei Jahre getauft. Doch schon bald verspürte sie Jehovas liebevolle, schützende Hand in ihrem besonderen Dienst, und sie erzielte gute Ergebnisse. Kazuko verstand auch die Gefühlswelt der Menschen auf dem Land, die sich bei ihren Entscheidungen von der Furcht, was andere über sie denken könnten, beeinflussen lassen. Wie ging sie damit um? Sie sagt: „Mir war daran gelegen, ihnen ein Freund zu werden. Ich liebe die Menschen, und wo immer ich hinging, bemühte ich mich, daran zu denken, daß auch Jehova diese Menschen liebt. Dann war es gar nicht schwer, Freundschaft mit ihnen zu schließen.“

Im März 1971 sandte das Zweigbüro noch mehr neue Sonderpioniere aus, die in abgelegenen Gebieten predigen sollten. Ein typisches Beispiel dafür waren Akemi Idei (heute: Ohara), die Adoptivtochter von Miyo Idei, und Kazuko Yoshioka (heute: Tokumori), denen Kaga in Zentraljapan als Gebiet zugeteilt wurde, als sie fast noch Teenager waren. Bis dahin hatten sie ihren Dienst unter dem fürsorglichen Schutz der Eltern und der Versammlung durchgeführt. „Jetzt sah es ganz anders aus“, erinnert sich Kazuko. „In unserem Gebiet waren wir die einzigen, die die gute Botschaft verkündigten.“ Da man Fremden gegenüber mißtrauisch war, übten die Schwestern ihre Einleitungen in dem örtlichen Dialekt ein, das heißt sie sprachen in genau demselben Tonfall wie die Leute dort. Dadurch war bald das Eis gebrochen. Zu denen, die die Wahrheit annahmen, gehörten drei junge Männer eines Leichtathletikteams. Kazuko erzählt, daß sie kaum hinterherkam, als die drei mit dem Predigtdienst begannen, denn diese ehemaligen Langstreckenläufer rannten buchstäblich von einem Bauernhaus zum nächsten.

Eifrige Sonderpioniere gaben in Gebieten Zeugnis, die bis dahin noch nicht bearbeitet worden waren, so daß die Zahl der Versammlungen und Verkündigergruppen im Januar 1976 auf 1 000 stieg.

Entwicklungen auf Okinawa

Auch auf den Okinawainseln gab es Fortschritte. Die Inseln mit einer Bevölkerung von 1 200 000 wurden nach dem Zweiten Weltkrieg unter amerikanische Verwaltung gestellt. Die Menschen auf Okinawa haben ein ruhiges, geduldiges, herzliches und freundliches Naturell. Die einheimischen Brüder und Schwestern besitzen außerdem so hervorragende Eigenschaften wie Ausharren und Eifer für die Wahrheit.

Okinawa wurde dem japanischen Zweig unterstellt, und Lloyd Barry, der unterdessen Zweigaufseher in Tokio geworden war, besuchte Okinawa zum erstenmal 1953. Er traf sich mit vier Brüdern — Arbeiter von den Philippinen, die beim Wiederaufbau halfen; sie fuhren ihn unverzüglich zum US-Militärgefängnis, wo drei Soldaten unter Arrest standen. Die jungen Männer hatten für die biblische Wahrheit Stellung bezogen, waren dabei aber ziemlich taktlos gewesen. Sie neigten zu Extremen. Beispielsweise hielten sie alle Mann wach, indem sie bis in die Nacht lauthals Königreichslieder sangen. Man half ihnen, ausgeglichener zu werden. Übrigens machte der Gefängnisgeistliche die Bemerkung, seiner Meinung nach würde das Königreich Christi noch tausend Jahre in der Zukunft liegen. Einer der jungen Männer wurde später ein Glied der Brooklyner Bethelfamilie; alle drei erhielten nach einer gewissen Zeit Verantwortung in der Christenversammlung. Bei jenem Besuch wurde eine Zusammenkunft in einer Nissenhütte abgehalten, bei der über 100 Inselbewohner anwesend waren.

Yoshi Higa, eine Einheimische, war bei dieser Zusammenkunft dabei. Auf Okinawa ist es üblich, die Toten in eine große Höhle zu legen, deren Eingang die Form eines Mutterschoßes hat, was anzeigen soll, daß der Verstorbene an den Platz zurückkehrt, von dem er gekommen ist. Yoshi hatte im Zweiten Weltkrieg während der furchtbaren Kämpfe auf Okinawa in solch einer Höhle Unterschlupf gefunden. Der Blick auf die sterblichen Überreste dort hatte sie davon überzeugt, daß die Toten wirklich tot waren. Bei ihrem Bibelstudium fiel es ihr daher leicht, die Lehre vom Zustand der Toten und die wunderbare Auferstehungshoffnung anzunehmen.

Yoshi wurde die erste einheimische Verkündigerin auf Okinawa und die erste allgemeine Pionierin. Damals war dem örtlichen Rundfunksender sehr an der Ausstrahlung biblischer Themen gelegen, aber die Geistlichen der Christenheit nahmen es nicht sehr genau damit, die entsprechenden Programme zu stellen. Yoshi erklärte sich nur zu gern bereit einzuspringen, und so las sie mehrere Monate lang Artikel aus dem Wachtturm vor.

Schon bald konnte für 12 neue ortsansässige Verkündiger ein Kreiskongreß arrangiert werden, wobei das Programm abwechselnd von Adrian Thompson und Lloyd Barry in Japanisch dargeboten wurde. Das Werk dehnte sich rasch aus, und die Zahl der Verkündiger und Pioniere wuchs sprunghaft an.

Yoshi Higa nahm im Mai 1954 den Pionierdienst auf. Während der vergangenen 43 Jahre treuen Pionierdienstes hat sie mehr als 50 Personen geholfen, die Wahrheit kennenzulernen. Viele ihrer ersten „Empfehlungsbriefe“ hatten zuvor der Kirche in Schuri angehört (2. Kor. 3:1-3). Derzeit setzt sie ihren Pionierdienst in Ginowan fort.

Eine andere äußerst begeisterungsfähige Zeugin Jehovas ist Mitsuko Tomoyori, eine Witwe, die 1957 gemeinsam mit ihrer Tochter Masako den Pionierdienst in Schuri aufnahm, der alten Hauptstadt Okinawas. Mitsukos Augen leuchten noch immer auf, wenn sie von den mehr als 40 Jahren erzählt, die sie jetzt schon im Pionierdienst ist, und von den vielen Menschen, denen sie geholfen hat, die Wahrheit anzunehmen, die zu ewigem Leben führt.

Die Watch Tower Society richtete 1965 ein Zweigbüro auf Okinawa ein und ernannte Shinichi Tohara, einen auf Hawaii geborenen Missionar, zum Zweigaufseher. (Seine Vorfahren hatten auf Okinawa gelebt.) Diese Einrichtung blieb auch bestehen, nachdem die Inseln 1972 wieder der japanischen Regierung unterstellt wurden. Als im Februar 1976 die Zweigkomitees eingeführt wurden, setzte sich dieses aus Shinichi Tohara, James Linton (ein australischer Missionar) und Chukichi Une, einem von Okinawa stammenden Gileadabsolventen, zusammen.

Ausharren nötig

Um das Predigen der guten Botschaft auszudehnen, wurden im Dienstjahr 1976 Sonderpioniere zu weiteren Inseln geschickt, die vom Zweigbüro auf Okinawa betreut wurden. Auf manchen Inseln war die Resonanz positiv. Auf anderen dauerte es viele Jahre, bis Brauchtum, Aberglaube und der starke familiäre Einfluß überwunden werden konnten. Den Sonderpionieren, die dort arbeiteten, wurde großes Ausharren abverlangt. Wegen des Mißtrauens Fremden gegenüber war es ihnen oft so gut wie unmöglich, eine Unterkunft zu finden, selbst wenn viele Häuser leerstanden. Ein Haus, in dem jemand Selbstmord begangen hatte, war manchmal das einzige, was zu bekommen war. Aber wegen des allgemein herrschenden Aberglaubens konnten in solch einem Haus keine Zusammenkünfte stattfinden.

Dennoch stellten sich allmählich die Früchte der beharrlichen Arbeit der Pioniere ein. Auf der Insel Tokuno-Schima kam eine Familie in der Besuchswoche des Kreisaufsehers zum öffentlichen Vortrag. Der Vater interessierte sich lebhaft für den Stierkampf, der dort äußerst populär ist. (Stier kämpft gegen Stier, wobei der stoßkräftigste gewinnt.) Er selbst hatte einen erstklassigen Stier für den Kampf abrichten lassen. Doch durch seine Tochter, die in Japan mit Zeugen Jehovas gesprochen hatte, war sein Interesse an der Bibel geweckt worden. Die Familie erklärte sich mit einem Bibelstudium einverstanden, und er, seine Frau, seine Tochter und drei Söhne gaben sich Jehova hin, um ihm zu dienen. Auch zwei Nachbarsfamilien kamen in die Wahrheit. In dieser Gruppe ging es zu wie in einem Bienenhaus. Heute gibt es auf der kleinen Insel eine Versammlung mit 49 Verkündigern, von denen 16 Pioniere sind.

Auf der abgelegenen Insel Ischigaki im Süden waren die Verkündiger überrascht, als ein bekannter junger Boxer sie ausfindig machte und um ein Bibelstudium bat. Er hatte früher schon in Jokohama studiert, hatte sich aber gescheut, die Verantwortung auf sich zu nehmen, die die biblische Wahrheit mit sich bringt. Um dieser Verantwortung zu entgehen, flüchtete er sich nach Iriomote, einer spärlich bevölkerten Insel, wo er sich vor Jehovas Zeugen sicher fühlte. Doch schon nach kurzer Zeit stieß er auf Wachtturm-Publikationen und war verblüfft, daß Zeugen Jehovas auch an diesem Ort gepredigt hatten. Er schloß daraus, daß man vor Jehova nun einmal nicht weglaufen kann. (Vergleiche Jona 1:3.) Die Adresse eines Verkündigers, die in einer der Publikationen stand, führte ihn zu Zeugen Jehovas auf der Nachbarinsel Ischigaki. Innerhalb kurzer Zeit gab er sich Jehova hin und wurde ein Zeuge Jehovas und ein begeisterter Pionier.

Nach dem Zonenbesuch von Bruder Milton Henschel im September 1980 wurde Okinawa wieder dem japanischen Zweig unterstellt. Die Ehepaare Tohara und Une blieben im Vollzeitdienst auf Okinawa, und Bruder und Schwester Linton nahmen wieder den Bezirksdienst auf den größeren Inseln Japans auf.

Reisende Aufseher spielen eine wichtige Rolle

Weil reisende Aufseher und ihre Frauen den Geist der Selbstaufopferung zeigten, konnten sie auf vielerlei Weise zum Wachstum und zur Reife der Versammlungen in Japan beitragen. Ihr Dienst wirkte sich stärkend auf die Versammlungen aus. Die Brüder sind sich bewußt, daß diese Aufseher und ihre Frauen ‘Häuser und Mütter und Väter um der guten Botschaft willen verlassen haben’ (Mar. 10:29).

Besuchten Kreisaufseher früher die Versammlungen, gab es nur sehr wenige Unterkünfte mit einer gewissen Privatsphäre. Aber gerade dadurch, daß sie freudig das annahmen, was gerade verfügbar war, gewannen sie die Zuneigung ihrer Brüder. Keiichi Yoshida erinnert sich gut gelaunt an ein Erlebnis, das noch gar nicht so lange zurückliegt. 1983 wohnten er und seine Frau bei einem ledigen Bruder und dessen Angehörigen, die keine Zeugen Jehovas waren, in einem großen Bauernhaus im Norden Honschus. Er erzählt: „Man begrüßte uns herzlich und zeigte uns unser Quartier — ein Zimmer mit einem großen buddhistischen Altar. Als wir uns zurückgezogen hatten, öffnete auf einmal der Großvater im Nachtgewand die Schiebetür. Ohne ein Wort an uns zu richten, läutete er die Altarglocke, verbrannte Weihrauch, sagte seine Gebete auf und verschwand auf der anderen Seite des Raumes. Das war erst der Auftakt. Eine spannende Woche lang wußten wir nie, wann und aus welcher Richtung jemand kommen würde, um den Altar aufzusuchen. Dennoch war es eine schöne Woche, die wir bei dieser netten, gastfreundlichen Familie verbrachten.“

Die derzeit 209 reisenden Aufseher sind durchschnittlich seit etwa 20 Jahren im Vollzeitdienst. Die meisten waren vorher schon im Sonderpionierdienst. Diesem Umstand ist es zu verdanken, daß sie die Brüder im Dienst von Haus zu Haus hervorragend schulen können. Ihre Begeisterung für den Predigtdienst hat viel zu dem vorzüglichen Pioniergeist in Japan beigetragen.

Einige dieser Kreisaufseher haben Einzelpersonen und ganze Familien dahin gehend motivieren können, in Gebiete zu ziehen, wo größerer Bedarf an Königreichsverkündigern besteht. Andere haben ungläubigen Ehepartnern vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, was bei einigen dazu führte, daß sie sich als Zeugen Jehovas taufen ließen. Auch Jugendlichen ist durch das gute Beispiel der reisenden Aufseher und deren besonderes persönliches Interesse an ihnen geholfen worden, geistige Ziele anzustreben.

Missionare tun weiterhin ihren Teil

In den 70er Jahren wurden die Missionare in kleinere Städte gesandt. Dort war man eher konservativ und traditionsbewußt, weshalb das Werk des Jüngermachens langsamer voranging. Wo es Versammlungen gab, überließen es die Missionare den einheimischen Brüdern, die Führung zu übernehmen, wodurch sie ihnen halfen, Erfahrungen zu sammeln. Die Missionare dienten unter anderem in Akita, Gifu, Kofu, Kawagutschi, Kotschi, Nagano, Wakajama und Jamagata.

Geduldig bemühten sie sich, den einheimischen Zeugen verstehen zu helfen, wie weise es ist, sich die Gesamtheit der biblischen Wahrheiten zu eigen zu machen (Heb. 6:1). Masao Fujimaki, vorsitzführender Aufseher einer Versammlung in Kofu, weiß von einem Vorfall aus der Zeit zu berichten, als in der Versammlung das Buch Das Familienleben glücklich gestalten studiert wurde. Ein älterer Bruder hatte so seine Schwierigkeiten mit dem Rat für den Ehemann, seiner Frau offen zu zeigen, daß er sie liebt. Er sagte: „Das ist natürlich für alle, die vor dem Krieg erzogen wurden, völlig unmöglich.“ Richard Bailey, ein Missionar in der Versammlung, half ihm auf freundliche Weise, indem er unter vier Augen zu ihm sagte: „Die Wahrheiten, die wir studieren, sollten die Grenzen unserer nationalen Herkunft oder unserer Altersgruppe überwinden; sie gelten immer, und sie sind immer nützlich. Würden wir irgendeinen Bestandteil der Wahrheit als unbedeutend ansehen, könnten wir so kühn werden und sogar die wichtigeren Punkte außer acht lassen“ (Luk. 16:10). Der Bruder beherzigte den Rat, und danach sah man ihn in der Zusammenkunft neben seiner Frau sitzen — für beide eine ganz neue Erfahrung, die sie glücklich machte.

Auch auf anderen Gebieten kam den einheimischen Brüdern die Gemeinschaft mit den Missionaren zugute. Eine Schwester brachte das wie folgt zum Ausdruck: „Sie waren fröhlich und wußten Gott mit Freude zu dienen. Ich lernte von ihnen auch, wie wichtig es ist, sich an Grundsätze zu halten, die auf Liebe beruhen, anstatt Regeln aufzustellen“ (5. Mo. 10:12; Apg. 13:52).

Die Missionare verhalfen vielen zu dem deutlicheren Bewußtsein, einer weltweiten Bruderschaft anzugehören. Kazuko Sato, die zuerst in Tokio mit Melba Barry studiert hatte, erinnert sich daran, wie sie gestärkt wurde, als sie in einer ländlichen Gegend predigte, in der es viele religiöse Anfeindungen gab. Sie fühlte sich einsam und schrieb den Missionaren, mit denen sie in ihrer vorherigen Versammlung zusammengewesen war: „Ich predige hier mutterseelenallein.“ Als Antwort kam ein Brief, in dem verschiedene Missionare — manche hatten mit äußerster Sorgfalt in japanischen Schriftzeichen geschrieben — ihr ausrichten ließen: „Kazuko, Du bist nicht allein! Horch! Hörst Du nicht die Schritte hinter dem Apfelgarten? Es sind die Schritte der eifrigen, treuen Brüder auf der ganzen Erde.“ (Vergleiche Offenbarung 7:9, 10.)

Zur Zeit dienen immer noch 41 Missionare in fünf Missionarheimen in Japan — je eins befindet sich in Jamagata, Iwaki und Tojama, und zwei sind in Tokio. Außerdem sind neun Missionare im Reisedienst, und neun dienen im Bethel in Ebina. Die Loyalität dieser Missionare gegenüber Jehova und seiner Organisation ist beispielhaft. Sie haben durch Wort und Tat dazu beigetragen, daß die Brüder in Japan in Standpunktfragen ‘weit geworden’ sind und ein tieferes Verständnis der Wahrheit erlangt haben (2. Kor. 6:13; Eph. 3:18).

Nichtzugeteilte Gebiete besonders im Sommer bearbeitet

Auch andere haben sich daran beteiligt, die gute Botschaft in abgelegenen Städten und Ortschaften zu verbreiten. 1971 erging an allgemeine Pioniere die Einladung, während der Sommermonate in nichtzugeteilten Gebieten zu predigen. 1974 führte man dann für die drei Sommermonate den Sonderpionierdienst auf Zeit ein. Jedes Jahr wurden 50 Sonderpioniere auf Zeit 25 verschiedenen Gegenden zugeteilt, und eine Unmenge von Literatur wurde abgegeben.

Im Jahr 1980 lebten nur noch etwa 7 800 000 Personen in Gebieten, die keiner Versammlung zugeteilt waren. Deshalb lud das Zweigbüro, statt weiter Sonderpioniere auf Zeit zu ernennen, Versammlungen, Gruppen allgemeiner Pioniere und Familien ein, diese Gebiete in den Sommermonaten zu bearbeiten. Den japanischen Brüdern, die sich am wohlsten fühlen, wenn sie alles gemeinsam unternehmen können, gefiel diese Aussicht sehr.

Die Ergebnisse waren herzerfreuend. Ein Verkündiger, der 1986 gerade ein nichtzugeteiltes Gebiet bearbeitete, stieg in dem Dorf Miwa (Präfektur Ibaraki) einen Berg hinauf, auf dem ein Haus stand. Dort wurde er von einer Hausfrau begrüßt, die die Bücher Das Familienleben glücklich gestalten und Mein Buch mit biblischen Geschichten in den Händen hielt. Sie hatte die Bücher bei einer früheren Gelegenheit erhalten und etliche Male gelesen. Vergeblich hatte sie in Buchläden nach einer Bibel gesucht und war deshalb froh, als sie hörte, eine christliche Familie werde zuziehen. Sofort wurde ein Bibelstudium mit ihr begonnen, und heute ist die ganze Familie in der Wahrheit.

Nach und nach wurden die restlichen Ortschaften und Dörfer nahe gelegenen Versammlungen zugeteilt.

Spezielle Schulung für Älteste

In dem Maß, wie das Predigen der guten Botschaft intensiviert wurde, wuchsen auch die Zahl und die Größe der Versammlungen. Nicht selten gab es nur einen einzigen befähigten Bruder, der die Führung in einer Versammlung übernehmen konnte, manchmal auch zwei. Von diesen Brüdern waren nur wenige in Versammlungsangelegenheiten geschult. Nach Einführung der Ältestenschaft am 1. Oktober 1972 wurden neuernannte Älteste in das Zweigbüro nach Numasu eingeladen und erhielten dort eine zweiwöchige spezielle Schulung.

Diese Schule war ein echter Meilenstein. Die Unterweiser bemühten sich, den Brüdern die Wichtigkeit vor Augen zu halten, im Umgang mit ihren Mitchristen ausgeglichen und vernünftig zu sein und aufrichtige Liebe zu zeigen (2. Kor. 1:24). Auch wurde betont, wie wichtig es ist, für die eigene Familie in geistiger Hinsicht gut zu sorgen (1. Tim. 3:4; 5:8). Darauf legte man in asiatischen Haushalten gewöhnlich keinen großen Wert.

Die Brüder brannten darauf, von der Schule soviel an Belehrung mit heimzunehmen wie nur irgend möglich. Doch neigten viele dazu, sich Wissen durch Auswendiglernen anzueignen, wie sie es aus ihrer Schulzeit gewöhnt waren. Takashi Abe, einer der Unterweiser, erinnert sich: „Die Schüler saßen immer bis in die späte Nacht über ihren Büchern und übertrugen fleißig ihre Notizen vom Tage. Wir rieten ihnen davon ab, viele Notizen zu machen und Regeln aufzustellen, und legten ihnen dringend nahe, statt dessen ihr Denkvermögen einzusetzen und biblische Grundsätze anzuwenden“ (Röm. 12:1; Heb. 5:14).

Viele Brüder hatten große persönliche Opfer gebracht, um diese Schule zu besuchen. Manche waren von der 1 300 Kilometer nördlich gelegenen schneereichen Insel Hokkaido angereist, andere wiederum von der 1 800 Kilometer südlich gelegenen subtropischen Insel Okinawa. Auch gab es Brüder, die sich der Situation gegenübersahen, nach der Rückkehr zu ihrer Familie auf Arbeitssuche gehen zu müssen. 1977 wurden an verschiedenen Orten des Landes zweitägige Seminare abgehalten. Das erleichterte den Brüdern das Kommen sehr.

Mit Widerstand von seiten der Familie umgehen

In Japan ein Christ zu werden hat seine Schwierigkeiten. „Besonders in ländlichen Gebieten wird Neuen großer Widerstand von Verwandten entgegengebracht, die in der Dorfgemeinschaft leben“, erklärt Hiroko Eto, die seit 37 Jahren im Pionierdienst ist. „Den Angehörigen ist es peinlich, ein Familienmitglied zu haben, daß sich von den anderen in der Gemeinschaft unterscheidet, und die Menschenfurcht ist stark ausgeprägt.“

Hirokos Mutter, Yuriko Eto, liebte die Bibel bereits, bevor sie mit Zeugen Jehovas in Kontakt kam. Als ihr dann 1954 zu einem Verständnis des Vorsatzes Gottes verholfen wurde — der darin besteht, sowohl eine kleine Herde treuer Christen in den Himmel zu holen als auch die Erde zu einem Paradies zu machen, in dem lauter glückliche Diener Jehovas leben —, brannte sie geradezu darauf, anderen von dieser guten Botschaft zu erzählen. Sie und ihre Kinder haben vielen Menschen geduldig geholfen, die Menschenfurcht zu überwinden, um Jehovas Anerkennung zu erlangen.

Hiroko, die sich bemühte, einer aufrichtigen Frau zu helfen, machte folgende Erfahrung: Eine Hausfrau, die begonnen hatte zu studieren, stieß auf den Widerstand ihrer Schwiegermutter, mit der sie und ihr Mann unter einem Dach lebten. Da die Frau den Familienfrieden nicht gefährden wollte, stellte sie das Studium ein. „Ich hielt in der Regel auf der Straße nach ihr Ausschau und ermunterte sie, gütig zu ihrer Schwiegermutter zu sein“, sagt Hiroko, „sowie durch ihr gutes Beispiel zu zeigen, wie positiv sich das Bibelstudium auswirkt. Die Frau stellte ihrem Mann taktvolle Fragen über das, was sie gerade studierte, und weckte so nach und nach sein Interesse. Zunächst meinte ihr Mann, daß es in einer derart ländlichen Gegend unmöglich sei, ein Christ zu sein. Die Liebe zu Jehova half ihnen jedoch, großen Widerstand zu überwinden.“ Heute sind beide und der älteste Sohn getauft. Der Mann, jetzt ein Dienstamtgehilfe, leitet das Versammlungsbuchstudium bei sich zu Hause, und seine Mutter überraschte jedermann, als sie zu der Zusammenkunft kam, bei der ihr Sohn seinen ersten öffentlichen Vortrag hielt.

Oft sind es die Ehepartner, die Widerstand leisten. Manche Ehemänner sind gegnerisch eingestellt, weil sie eifersüchtig sind oder weil sie in einer Umgebung aufgewachsen sind, in der männlicher Chauvinismus gang und gäbe ist. Als die jungverheiratete Keiko Ichimaru Anfang der 70er Jahre begann, die Bibel zu studieren, war ihr Mann Hiroyuki ein großer Gegner und untersagte ihr, die Zusammenkünfte zu besuchen. „Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, nur die zweite Geige zu spielen und den ersten Platz der Religion zu überlassen“, erklärte Hiroyuki später. Keiko liebte ihren Mann, deshalb bat sie ihn immer wieder taktvoll, zu überprüfen, ob das, was sie studierte, in Ordnung war. Er beschloß, die Bibel auf eigene Faust zu studieren, konnte sie aber nicht verstehen. Letztendlich fragte er seine Frau, ob er bei ihrem Studium dabeisein könne. Beide ließen sich als Zeugen Jehovas taufen. Später wurde Hiroyuki allgemeiner Pionier, und heute ist er ein Ältester.

Mayuki Sakamoto war eine der ersten, die die biblische Botschaft annahmen, als das Königreichsverkündigungswerk 1971 in Tschikugo in Gang kam. Ihr Mann Toyota leistete Widerstand, sobald sie und der kleine Sohn begannen, die Zusammenkünfte in einer Nachbarstadt zu besuchen. Entschlossen, dem ein Ende zu bereiten, verstärkte er seine Gegnerschaft. 14 Jahre lang leistete er Widerstand, woran auch ihre Taufe 1973 nichts änderte. Eines Tages hielt er ein Gewehr auf sie gerichtet und schrie: „Wenn du damit nicht aufhörst, bring ich dich um!“ Ihre gelassene Antwort beeindruckte Toyota. Er fragte sich, woher sie diese Stärke nahm.

Bei alldem war Mayuki darauf bedacht, ihrem Mann Liebe zu erweisen. Sie gab den Versuch nie auf, ihm zu helfen, die Wahrheit kennenzulernen (1. Pet. 3:1, 2). Toyota ärgerte es, daß seine Frau und sein Sohn im Pionierdienst waren, während er arbeiten ging. Eines Tages suchte er daher seinen Arbeitgeber auf und kündigte. Das war ein gewaltiger Schritt seinerseits, denn im allgemeinen ist japanischen Männern ihre Arbeit nahezu heilig. Toyota hoffte, er würde seiner Frau und seinem Sohn leid tun. Als er jedoch nach Hause kam und ihnen erzählte, was er getan hatte, klatschten sie Beifall. Das brachte Toyota zum Nachdenken. Schon bald begann er zu studieren. Nach einiger Zeit schloß er sich ihnen im Pionierdienst an, und heute dient er als christlicher Ältester.

Wenn Männer Anfang der 70er Jahre die Zusammenkünfte zum erstenmal besuchten, fiel nicht selten die Bemerkung, es seien ja nur Frauen und Kinder anwesend. Seither haben jedoch Zehntausende von Männern vorzügliche geistige Fortschritte gemacht. Heute verfügt die Organisation über reife Männer, die sich der notwendigen Angelegenheiten annehmen und einen festen organisatorischen Unterbau bilden. Dazu gehören auch Brüder, die in den 70er Jahren noch Gegner waren.

Die Pioniere gehen zur Schule

Da jede Versammlung in den 70er Jahren viele Pioniere hatte (25 bis 30 Prozent), gab es viele Anwärter für die Pionierdienstschule, die im Januar 1978 in Japan eingeführt wurde. Diese Schulung hat wesentlich zur Reife der Versammlungen beigetragen.

Sonderpioniere, Missionare und reisende Aufseher mit ihren Frauen waren die ersten, die man zu der Schule einlud. Shigeru Yoshioka, damals Unterweiser, erinnert sich: „Es war eine große Hilfe, erfahrene Pioniere in den ersten Klassen zu haben. Was wir aus den Kommentaren und Erfahrungen dieser reifen Diener Gottes lernten, konnten wir bei späteren Klassen einfließen lassen.“

Von Anfang Februar 1980 an wurde die Pionierdienstschule in jedem Kreis abgehalten. Kreisaufseher und andere reife Brüder, die den Kursus bereits besucht hatten, waren die Unterweiser. In den acht Jahren, die auf die Einführung der Schule folgten, gab es durchschnittlich eine 22prozentige jährliche Zunahme an allgemeinen Pionieren, verglichen mit einer 12prozentigen Zunahme an Verkündigern. Heute haben die meisten Kreise jedes Jahr zwei oder mehr Pionierschulklassen mit 25 bis 30 Schülern.

Die meisten Pioniere, die die Schule besuchen, sind noch ziemlich jung in der Wahrheit, doch durch die Schule gewinnen sie an Vertrauen, werden geschickter in ihrem Dienst, und aus dem Unterricht ziehen sie unschätzbare Lehren für ihr Leben als Christ. Eine Pionierin drückte es so aus: „Bislang herrschte in meinem Kopf ein Wirrwarr, was den Dienst, die Kindererziehung, die christliche Persönlichkeit und die biblische Erkenntnis angeht. Durch den zehntägigen Schulungskurs wurde mir jedoch geholfen, all meinen Pflichten den richtigen Platz zuzuweisen.“ Bis zum September 1997 gab es 3 650 Klassen, und es waren 87 158 Pioniere anwesend.

Alle Arten von Menschen reagieren günstig

Die theokratische Organisation in Japan ist ein Kaleidoskop von Menschen aus den unterschiedlichsten Verhältnissen. Toshiaki Niwa ist ein liebenswürdiger Ältester in einer Versammlung in Jokohama. Ende des Zweiten Weltkriegs war er jedoch ausgebildet worden, einen ohka (ein mit Hilfe von Raketen betriebener Torpedogleiter) in einem Kamikazeeinsatz gegen US-Marineschiffe zu fliegen. Diese Mission wurde als Beweis der Ergebenheit gegenüber dem Kaiser betrachtet. Bevor er aber die Gelegenheit hatte, für sein Land zu sterben, war der Krieg beendet. Später studierte seine Frau mit Jehovas Zeugen die Bibel. Als Toshiaki erfuhr, daß die Zeugen sich während des Krieges streng neutral verhalten hatten, war auch sein Interesse geweckt. Von 1977 an erzählte er gemeinsam mit seiner Frau anderen von der biblischen Botschaft des Friedens.

In der Unterhaltungsbranche werden ebenfalls Menschen gefunden, die ihre Lebensweise gern ändern, um Lobpreiser Jehovas zu werden. Yoshihiro Nagasaki hatte mit mehreren Collegefreunden eine Dixieland-Jazzband gegründet. Sie baten einen Mann, der ihnen Jazzunterricht gegeben hatte, ihr Bandleader zu sein. Dieser Mann, Yoshimasa Kasai, einer der bedeutendsten Jazzmusiker Japans, hatte inzwischen Kontakt mit „Trummy“ Young, einem Posaunisten von Hawaii, der gerade zugegen war. „Von dem Tag an erhielten wir von Yoshimasa Unterricht — allerdings nicht in Musik, sondern in der Wahrheit“, erzählt Yoshihiro, der heute im Zweigkomitee ist. „Wir waren nicht interessiert, nicht im geringsten. Weil er aber so begeistert war und wir ihn als Bandleader nicht verlieren wollten, hörten wir zu.“ Sie waren sogar mit einem Bibelstudium einverstanden. Als Yoshihiro jedoch im April 1966 einen Kreiskongreß besuchte, war das der Wendepunkt. Auf dem Kongreß wurde er von einer Schülerin, die er zuvor kennengelernt hatte, eingeladen, sie im Predigtdienst zu begleiten. Sie gab jeweils ein biblisches Zeugnis, und er überreichte den Wohnungsinhabern Traktate. „Zum erstenmal bedeutete mir die Wahrheit etwas“, erinnert er sich. Nach dem Besuch dieses Kreiskongresses ging er jeden Tag in den Dienst und machte schnell Fortschritte. Von den sechs Mitgliedern der Jazzband sind vier heute eifrige Zeugen.

Shinji Sato war Priester in dem bekannten Schrein in Isumo (Präfektur Schimane), einem der bedeutendsten Schinto-Schreine in Japan. Er war auch ein Lehrer der Izumo-Oyashirokyo-Sekte. Obwohl fast 20 Jahre lang als Schinto-Priester tätig, war er durch das ungerechte und lieblose Verhalten der Priester untereinander seiner Illusionen beraubt worden. Allmählich war er zu dem Schluß gekommen, daß von Schinto-Göttern keine Rettung zu erwarten war, und er begann, nach dem wahren Gott zu suchen. Er fing an, in der Bibel zu lesen, hatte aber immer noch viele Fragen.

Genau zu der Zeit lief ihm ein Bekannter über den Weg, von dem er wußte, daß er ein Zeuge Jehovas war. Er stellte ihm daher Fragen, die seiner Meinung nach die wahre Religion kenntlich machen würden: „Hält Ihre Religion sich aus der Politik heraus? Sind Sie eine gemeinnützige Organisation? Lehren Sie Gottes Gebote statt Menschengebote? Leben die Leute in Ihren Zentralen auch nach dem, was sie predigen?“ Dann fragte er: „Falls Ihre Organisation diesen Anforderungen entspricht, würden Sie dann so freundlich sein, mich über die Bibel zu belehren?“ Wie erleichtert er war, als er sich schließlich von Babylon der Großen befreit hatte! (Offb. 18:4). Er sagt: „Jetzt, wo ich ein Zeuge Jehovas bin und andere in den Wegen des wahren Gottes unterweise, empfinde ich so, wie es in den Sprüchen steht: ,Der Segen Jehovas — er macht reich, und keinen Schmerz fügt er ihm hinzu‘ “ (Spr. 10:22).

Bekannte Künstler und Musiker, Berufsradrennfahrer, eine Comiczeichnerin und ein Sumo-Ringer — sie alle haben ihre frühere ruhmreiche Karriere aufgegeben. Ein bekannter Kalligraph und Fachleute wie Ärzte und Rechtsanwälte haben das Licht der Wahrheit erkannt und gebrauchen nun ihre Fähigkeiten zur Förderung der Königreichsinteressen. Ehemalige Gangster, Rowdys, Polizisten und Politiker sind friedlich mit ihren Glaubensbrüdern vereint (Jes. 11:6-9). Buddhistische Mönche, schintoistische Priester und die Gründerin einer Religionsgemeinschaft sind aus Babylon der Großen herausgekommen (Offb. 18:2). Lehrer, prominente japanische Geschäftsleute und Kunsthandwerker der verschiedensten Gewerbe arbeiten bei theokratischen Projekten zusammen. Jehovas Organisation hat mit der Zeit alle Arten von Menschen aufgenommen, denen geholfen worden ist, ‘die neue Persönlichkeit anzuziehen, die nach Gottes Willen in wahrer Gerechtigkeit und Loyalität geschaffen worden ist’ (Eph. 4:24).

Begeisternder Pioniergeist

Trotz des abnehmenden Gebiets und der wachsenden religiösen Apathie ist die große Begeisterung für den Pionierdienst ungebrochen. Im Frühjahr, wenn sich sehr viele Hilfspioniere den Pionieren anschließen, steigt die Gesamtzahl aller Pioniere auf über 50 Prozent der Verkündiger an. Im März 1997 standen 108 737 im Pionierdienst.

Oft wird die Frage gestellt: „Warum hat Japan so viele Pioniere?“ Mehrere Faktoren spielen dabei wohl eine Rolle. Die Grundlage für die Mehrung nach dem Krieg wurde von eifrigen Missionaren gelegt, und ein empfänglicher Schüler ist bestrebt, seinen Lehrer nachzuahmen (Luk. 6:40). Daher wurde der nächsten Generation von Jüngern der Eifer für den Predigtdienst „vererbt“. Auch kann man das japanische Heim im allgemeinen als recht bescheiden bezeichnen, daher ist für die Instandhaltung nicht viel Zeit erforderlich. Und es ist größtenteils üblich, ein einfaches Leben zu führen. Das erleichtert es einer Hausfrau, geistigen Interessen den Vorrang einzuräumen (Mat. 6:22, 33). Außerdem herrscht in Japan allgemein ein gemäßigtes Klima, und die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Land sind günstig.

Eine weitere Rolle spielen wohl der Kulturkreis und nationale Merkmale. In der Regel befolgen Japaner Anweisungen, sie sind gruppenbewußt und arbeiten für ihr Leben gern. Shinichi Tohara, ein Amerikaner japanischer Abstammung, der als einer der ersten Missionare nach dem Krieg nach Japan kam, sagte diesbezüglich: „Kamikazeflieger starben für den Kaiser, indem sie sich mit ihrem Flugzeug auf feindliche Kriegsschiffe stürzten. Wenn die Japaner menschlichen Herren so treu ergeben sind, was würden sie dann wohl tun, wenn sie den wahren Herrn, Jehova, kennenlernten?“ Ja, hinter jeder Pionierbewerbung steckt der brennende Wunsch, Jehova zu gefallen.

Eltern, die im Pionierdienst sind

Wer gehört alles zu den Pionieren? Zum Großteil sind es verheiratete Schwestern mit Kindern. Viele Pionierinnen können sich in geistiger Hinsicht nicht auf ihren ungläubigen Ehemann und auf Angehörige stützen.

„Als ich mit dem Pionierdienst begann, war meine jüngste Tochter erst wenige Monate alt“, sagt Mutsuko aus Fudschisawa, die schon seit mehr als 20 Jahren Pionier ist. „Mein Mann, der bei einer Bank arbeitete, kam normalerweise erst nach Hause, wenn wir von unseren Zusammenkünften am Abend schon zurück waren. Auch wenn es große Anstrengungen kostete, wollte ich im Pionierdienst bleiben.“ Sie wurde belohnt, als sich ihr alle drei Kinder nach dem High-School-Abschluß im Pionierdienst anschlossen. Nach vielen Jahren, in denen ihr Mann sich erst gegnerisch und dann gleichgültig verhielt, begann er sich zu ändern. Was für eine Freude es für Mutsuko war, in der Versammlung zunächst ihrem Sohn zuzuhören, der die erste Hälfte eines öffentlichen Vortrags hielt, und dann ihrem Mann, der den Rest übernahm!

Auch Väter, die Pioniere sind, üben einen guten Einfluß aus. Hisataka wußte, daß sein Vater eine gute Position als EDV-Lehrer aufgegeben hatte, damit er Pionier sein konnte. Hisataka wurde von seinem Vater eingeladen, ihn in den Schulferien im Sommer beim frühmorgendlichen Milchausliefern zu begleiten. „Als sich der Morgenhimmel gerade in den herrlichsten Orangetönen zeigte“, erinnert sich Hisataka, „äußerte mein Vater mir gegenüber seine innersten Empfindungen darüber, wie lohnend es ist, Jehova mit ganzer Seele zu dienen. Zu beobachten, wie er sich freudig für Jehova abmühte, berührte mich mehr, als Worte es je hätten tun können.“ Heute gehört Hisataka zur Bethelfamilie in Ebina.

Vor karoshi bewahrt

„Willst du dich totarbeiten? Dann geh zu einer japanischen Firma!“ Das wird schon mal im Spaß gesagt, denn ein typischer japanischer Familienvater geht über die Maßen in seiner Arbeit auf, und sein Arbeitstag ist äußerst lang. Doch so manch ein Vater, der auf dem besten Weg war, den Tod durch Überarbeitung zu erleiden (genannt karoshi), ist heute nicht mehr seiner Firma, sondern Jehova Gott ergeben und hat sich seinen Angehörigen im Pionierdienst angeschlossen.

Shunji aus der Gegend von Kobe, der früher für ein großes Bauunternehmen tätig war, sagt: „Mich trieb ein Gefühl der Verbundenheit mit der Firma und ein gewisses Erfolgsdenken an. Wenn die Baustellen weit von zu Hause entfernt lagen, kam ich höchstens am Wochenende kurz heim.“ Wodurch änderte sich das? Er erzählt: „Ich fürchtete mich vor dem Tod und machte mir Sorgen, was aus meiner Familie werden würde, falls ich sterben sollte. Es war mir ein Rätsel, wie meine Frau und mein Sohn so viel Freude daran haben konnten, predigen zu gehen.“ Als Shunji der Ortsversammlung bei technischen Einzelheiten in Verbindung mit dem Königreichssaalbau weiterhalf, ermunterte ihn ein Ältester, die Bibel zu studieren. Das tat er auch, und heute erlebt er gemeinsam mit seiner Familie die Freuden des allgemeinen Pionierdienstes. Außerdem dient er im regionalen Baukomitee.

Es erfordert von einem Familienoberhaupt echten Glauben und einen Geist der Selbstaufopferung, das aufzugeben, was als gesicherte, lebenslange Firmenanstellung angesehen ist, und dann eine relativ unsichere Teilzeitarbeit anzunehmen, um die nötige Zeit für den Pionierdienst zu haben. Der Vater von Mitsunobu aus Tschiba wechselte seine Arbeit. In dem großen Unternehmen, in dem er früher gearbeitet hatte und seine ehemaligen Kollegen mittlerweile Managerpositionen innehaben, ging er von Büro zu Büro und sammelte recycelbares Papier ein. Voller Wertschätzung sagt Mitsunobu: „Ich danke meinen Eltern sehr, die mich lehrten, wie hoch der Pionierdienst einzuschätzen ist, und mir dadurch halfen, selbst diese Laufbahn einzuschlagen.“ Wer solche Änderungen in seinem Leben vornimmt, ist überzeugt, daß finanzielle Vorteile vergänglich, geistige Schätze dagegen weitaus wertvoller sind (Mat. 6:19-21).

„Beachten Sie alles, was Ihr Leben verlängern kann“

Auch schwere gesundheitliche Probleme sind von manchen, die ernstlich ihr Äußerstes im Dienst Jehovas geben möchten, überwunden worden. „Sie werden bestenfalls noch Ihren Sohn heranwachsen sehen. Überarbeiten Sie sich nie, sondern beachten Sie alles, was Ihr Leben verlängern kann.“ Das sagte der Arzt, der bei Yaeko Ono eine Herzkrankheit diagnostizierte. Damals war ihr Sohn drei Jahre alt. Als sie aus dem Krankenhaus nach Hause fuhr, überlegte sie sich, wie sie den Rest ihres Lebens so verbringen könne, daß sie nichts zu bereuen haben würde. Als sie zu Hause angekommen war, hatte sie beschlossen, Pionierin zu werden. Bei ihren Angehörigen löste das Besorgnis aus, was aber nichts an ihrem Entschluß änderte. Sie sagt: „Im September 1978 begann ich mit dem Pionierdienst. Damals wußte ich noch nicht, daß ich schwanger war. Meine Mutter wurde schwer krank. Mein eigener Zustand verschlechterte sich. Doch Jesu Worte, daß man ‘mit dem Glauben von der Größe eines Senfkorns Berge versetzen kann’, machten mir Mut (Mat. 17:20). Ich beschloß, mein Bestes zu geben.“

Siebzehn Jahre später sagte Yaeko: „Ich spüre, wie sich Jehovas tröstender Arm um mich gelegt hat.“ Manchmal wurde sie von ihren Problemen fast erdrückt, aber dann rief sie sich Jehovas Segnungen in den Sinn zurück, und das half ihr auszuharren. Durch ihren Eifer beeinflußt, begann ihr Mann zu studieren. Und ihre Freude war vollkommen, als er ihr Pionierpartner wurde, worum sie inständig gebetet hatte.

Pioniere solchen Formats gibt es in Japan. Es könnten noch viel mehr aufgeführt werden — wie zum Beispiel der vom Hals abwärts gelähmte Bruder, der anderen eine ständige Quelle der Ermunterung war, während er seinen Pionierdienst hauptsächlich durch Briefeschreiben bewältigte, oder die um die Jahrhundertwende geborene Schwester, die die letzten 13 Jahre ihres Lebens als Pionierin in einer schneereichen Gegend verbrachte, bevor sie 1994 starb, oder der blinde Älteste, der an einen anderen Ort zog, um als Pionier die kleine Versammlung dort zu unterstützen. Alle diese Brüder wurden wie die treuen Zeugen der alten Zeit von Gott „mit Kraft erfüllt“, um seinen Willen tun zu können (Heb. 11:32-34).

Neue-Welt-Übersetzung in Japanisch

Es ist weltweit ein Erkennungsmerkmal von Jehovas Zeugen, daß sie in ihrem Predigtdienst die Bibel sprechen lassen. In Japan wünschten sich die Verkündiger sehnlichst eine genaue, leicht verständliche Bibel in modernem Japanisch. Viele hatten sich mit der klassischen Bibelübersetzung abgemüht. Trotz der schönen Ausdrucksweise und der konsequenten Verwendung des heiligen Namens Gottes fiel es allen, die nach dem Krieg zur Schule gingen, schwer, die veraltete Syntax zu verstehen. Im Januar 1970 waren die Brüder im Zweigbüro deshalb überglücklich, als sie einen Brief vom Hauptbüro erhielten, in dem die Übersetzung der Griechischen Schriften der Neuen-Welt-Übersetzung ins Japanische genehmigt wurde.

Drei Jahre später, auf dem internationalen Kongreß „Göttlicher Sieg“ in Osaka, spendete eine begeisterte Menge von 31 263 Personen stürmischen Beifall, als Lyman Swingle von der leitenden Körperschaft die Freigabe der japanischen Ausgabe der Neuen-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften bekanntgab. In den darauffolgenden neun Jahren wurden 1 140 000 Ausgaben verbreitet, was etwa dem 75fachen der Verkündigerzahl zur Zeit der Erstveröffentlichung entspricht. Gedruckt wurde die Bibel in den Vereinigten Staaten, doch der Tag sollte nicht lange auf sich warten lassen, an dem das Drucken und Binden vom japanischen Zweig übernommen wurde.

Ließen sich bessere Zusammenkunftsstätten finden?

Da sich in ganz Japan die Zahl der Versammlungen ständig erhöhte, wurde es immer offensichtlicher, daß man sehr dringend passende Zusammenkunftsstätten benötigte. Vor den 70er Jahren hatten nur vereinzelt Versammlungen eine eigene Zusammenkunftsstätte. In den 60er Jahren wurden tatsächlich nur neun Königreichssäle der Bestimmung übergeben. Die meisten Versammlungen kamen in gemieteten öffentlichen Sälen zusammen oder in Privatwohnungen.

Von den Unannehmlichkeiten, die diese wechselnden Zusammenkunftsstätten mit sich brachten, erzählt Ai Nakamura, eine Schwester aus Hirosaki: „Um das Jahr 1963 mieteten wir an den Wochenenden einen Raum im städtischen Bildungszentrum, und wenn dieses geschlossen war, fanden die Zusammenkünfte für die etwa 15 Verkündiger bei mir zu Hause statt. Für jede Zusammenkunft mußten wir mithelfen, die Zeitschriften, die Literatur, das tragbare Rednerpult und dergleichen heranzuschaffen.“ Die gemieteten Räume, in denen es oft penetrant nach Tabak roch, waren nicht selten voller politischer oder religiöser Slogans und Gegenstände. Das alles paßte überhaupt nicht zu dem geistigen Programm der christlichen Zusammenkünfte.

Molly Heron und Lois Dyer denken noch an den Raum, den sie in Kioto für Zusammenkünfte gemietet hatten. Es war ein Tatamizimmer, das heißt ein mit Reisstrohmatten ausgelegter Raum, im Obergeschoß eines Geschäftshauses. Er war rundum von anderen Zimmern umgeben. Auf der einen Seite wurde Samisenunterricht gegeben (bei der Samisen handelt es sich um ein japanisches Saiteninstrument); auf der anderen Seite spielten Männer Go, ein japanisches Brettspiel. „Bei dem ganzen Trubel versuchten wir, unser Wachtturm-Studium durchzuführen. Damals mußten wir mit solchen Räumen eben vorliebnehmen“, sagt Lois Dyer. Weil die Brüder im Gegensatz zu den anderen religiösen Gruppen keine festen Versammlungsorte hatten, sahen die Leute in ihnen leicht eine unbedeutende, temporäre Sekte.

Mitte der 70er Jahre jedoch, als immer mehr neue Versammlungen entstanden, machten sich die Brüder auf die Suche nach Gebäuden, die als Königreichssäle verwendet werden konnten. Bis zum Juli 1974 kamen 646 Versammlungen in nahezu 200 Königreichssälen zusammen. Von diesen Sälen wurden allein 134 im Dienstjahr 1974 der Bestimmung übergeben.

Zwar waren die finanziellen Möglichkeiten der Brüder begrenzt, aber ihr Erfindungsreichtum kannte keine Grenzen. Beispielsweise baute die Versammlung Kitakiuschu Wakamatsu auf der Insel Kiuschu einen 130 Quadratmeter großen Königreichssaal auf einem Grundstück, das ein Verkündiger aus dem Ort zur Verfügung gestellt hatte. Die Versammlungsverkündiger besorgten sich gebrauchte Holzplanken und Dachziegel, für die sie nichts bezahlen mußten, von fünf Häusern, die gerade abgerissen wurden. Umsonst bekamen sie auch Holz von einem öffentlichen Badehaus, das geschlossen worden war. Das einzige Baumaterial, das sie kauften, war das Material für die Teile, die nach Fertigstellung des Saals sichtbar sein würden. Von einem nahe gelegenen Kino, das zumachte, erhielten sie kostenlos Stühle, die sie neu anstrichen und im Saal aufstellten. Nach sechs Monaten intensiver Arbeit hatten die Brüder einen schönen Königreichssaal.

Wegen der horrenden Grundstückspreise haben einige Zeugen, die Hauseigentümer in Stadtgebieten sind, ihr Haus abgerissen und mit einem Königreichssaal im Erdgeschoß und ihrer eigenen Wohnung darüber neu aufgebaut.

Zweigbüro benötigt, das mit der Mehrung Schritt hält

So, wie ein Kind ständig aus seinen Sachen herauswächst, so wurden auch die Zweigeinrichtungen in Japan wiederholt zu klein und mußten vergrößert werden, um sich der wachsenden Zahl der Zeugen im Land annehmen zu können. 1971 hatte man Pläne für eine dreigeschossige Druckerei und ein fünfgeschossiges Bethelheim in Numasu entworfen, von wo aus der herrliche Fudschijama deutlich zu sehen war.

Zuerst wurden in den Druckereigebäuden hauptsächlich die japanischen Ausgaben der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! gedruckt. Das Drucken der Sonderausgabe vom 8. Oktober 1972 auf der neu installierten 40 Tonnen schweren Tokyo-Kikai-Rotationsmaschine war ein Meilenstein. Es war die erste Zeitschrift, die von den Brüdern in der Druckerei in Numasu produziert wurde. Aber die Druckereimannschaft mußte noch viel lernen. Manchmal bezweifelte sie, die Maschine jemals richtig bedienen zu können. „Damals“, erzählt ein Bruder aus dem Team, „war die Druckfarbe auf manchen Buchstaben so dick, daß man sie fast tastend lesen konnte!“ Andere Buchstaben wurden nur schwach oder unregelmäßig im Druck wiedergegeben. Aber als die Brüder Erfahrungen sammelten, verbesserte sich die Druckqualität zusehends, und die Zeitschriftenabgabe im Predigtdienst nahm zu.

Als Bruder Knorr bei der Bestimmungsübergabe der Zweiggebäude in Numasu 1973 sprach, versammelten sich die Gäste in den leerstehenden Räumlichkeiten im dritten Geschoß der neuen Fabrik. Über den Zweck jener Etage sagte er: „Diese leere Etage hier ist ein Zeichen unseres Glaubens. Wir sind überzeugt, daß dieser Raum in ein bis zwei Jahren gebraucht wird. Gottes Organisation bewegt sich vorwärts, und zwar mit Windeseile.“

Wie Bruder Knorr es vorhergesehen hatte, wurde der Raum bald voll genutzt. 1974 wurden dann zwei weitere Gebäude benötigt — ein Lagerhaus und ein Wohngebäude. „Das war der erste Bau, den Jehovas Zeugen in Japan ganz allein bewältigten“, berichtet Toshio Honma. „Wir machten uns ein bißchen Sorgen, ob wohl genügend erfahrene Arbeiter verfügbar sein würden. Gott segnete uns, indem er für Brüder wie Tadazo Fukayama sorgte, einen Bauleiter mit 30jähriger Berufserfahrung bei einer großen Baufirma.“

Jahrelang war er berufsbedingt von der Familie getrennt gewesen; nun hatte er gerade seine Arbeit aufgegeben, um mehr Zeit für seine Familie zu haben. Daher reagierte er mit gemischten Gefühlen, als man ihn bat, zu überlegen, ob er nach Numasu kommen und die Bethelerweiterung leiten könne. Würde er seine Familie wieder allein lassen müssen? „Nein“, lautete die Antwort des Zweigbüros. Seine Frau und die beiden 18- und 20jährigen Söhne waren ebenfalls eingeladen.

Zwar war der Bau, verglichen mit dem, was noch kommen sollte, relativ klein, aber bei diesem Projekt konnten die Brüder Erfahrungen sammeln und das Vertrauen gewinnen, daß sie mit Jehovas Hilfe auch größere Projekte in Angriff nehmen konnten.

Einheimische Brüder übernehmen größere Verantwortung

Im April 1975 verließ Lloyd Barry, der seit 1952 Zweigaufseher gewesen war, Japan, um als Mitglied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas zu dienen. Er hatte sich in der Zeit, in der die theokratische Organisation von 8 Verkündigern im Jahr 1949 auf mehr als 30 000 rührige Königreichsverkündiger anstieg, unermüdlich für das Werk eingesetzt. Nun wurde die Aufsicht Toshio Honma anvertraut, einem gebürtigen Japaner, der damals Druckereiaufseher war.

Ein Mitarbeiter, der Bruder Honma in der Druckerei zur Seite stand, sagt über seine Fähigkeiten: „Die Hände in den Schoß zu legen und zu warten, bis ihm jemand haarklein erklärte, was als nächstes zu tun war, das lag Toshio gar nicht. Man konnte ihm einen Auftrag geben und sagen: ,Das ist die vorgegebene Richtung‘, und dann nahm er die Sache in die Hand. Er konnte gut organisieren und Menschen motivieren.“

Eine weitere organisatorische Veränderung fand im Februar 1976 statt. So wie alle Zweigbüros weltweit wurde auch der Zweig in Japan der Aufsicht eines Komitees von Brüdern unterstellt anstatt einem Zweigaufseher allein. Die fünf eingesetzten Mitglieder des Komitees waren Toshio Honma, der Koordinator, Masataro Oda, Shigeo Ikehata, Kiichiro Tanaka und James Mantz. Diese neue Vorkehrung wurde von den japanischen Brüdern gern übernommen, zumal sie mit dem Konzept sehr vertraut waren, vor einer Entscheidung durch Gruppenberatung zu einem Konsens zu gelangen. Eines der Komiteemitglieder bemerkte später: „Dank der Zweigkomitees sehen die Brüder nun eine Gruppe reifer Männer als Vertreter der Organisation. Dadurch wird die Aufmerksamkeit der Brüder auf Gottes Organisation gelenkt anstatt auf eine Einzelperson.“ Wenn eine schwerwiegende Entscheidung getroffen werden muß, steht dank dieser Verfahrensweise eine Gruppe von geistiggesinnten Männern zur Verfügung, die verschiedener Herkunft sind und unterschiedliche Fähigkeiten haben; sie besprechen die Angelegenheit und suchen die Leitung durch den heiligen Geist und das Wort Gottes.

Im Januar 1983 wurde Masataro Oda der Koordinator; er diente schon seit Februar 1960 im Bethel. Er ersetzte Bruder Honma, der inzwischen einen zweijährigen Sohn hatte, für den er sorgen mußte. Seitdem sind verschiedene Brüder eine gewisse Zeit im Zweigkomitee gewesen, wie zum Beispiel Ryosuke Fujimoto, Percy Iszlaub, Isamu Sugiura, Yoshihiro Nagasaki, Makoto Nakajima, Kenji Mimura und Richard Bailey. Derzeit dienen sieben Brüder im Zweigkomitee. Während das Werk sich ausdehnte, brachte jeder dieser Brüder demütig seine Talente ein, um die Königreichsinteressen in diesem Teil des weltweiten Gebietes zu fördern.

„Wenn wir heute zurückschauen“, sagt Bruder Oda, „erkennen wir die göttliche Weisheit hinter der Einrichtung von Zweigkomitees. Seit 1976, als sie eingeführt wurden, ist das Werk so sehr gewachsen, daß es von einem allein nicht mehr zu bewältigen wäre. Jehova gab der leitenden Körperschaft die Weisheit, die Verantwortung an viele Brüder zu delegieren, und auf diese Weise konnte das Werk reibungslos und ungehindert fortgesetzt werden.“

Einheimische Brüder organisieren Kongresse

In den 70er Jahren begann man außerdem, die Verantwortung in Verbindung mit dem Organisieren von Kongressen einheimischen Brüdern zu übertragen. Einer der ersten japanischen Bezirksaufseher, der Kongreßaufseher wurde, war Takashi Abe. Er hatte durch die Zusammenarbeit mit Missionaren wie Percy Iszlaub viele wertvolle Erfahrungen gesammelt. Percy war der Kongreßaufseher des internationalen Kongresses „Friede auf Erden“, der 1969 im Tokioer Korakuen-Radrennstadion stattfand. Zwei Jahre später war Bruder Abe in demselben Stadion Kongreßaufseher des Landeskongresses. Mit der Erfahrung, die er bei dem Kongreß 1969 gewonnen hatte, lief alles reibungslos ab. Es sollte jedoch noch größere Verantwortung auf ihn zukommen.

Bruder Abe wurde 1973 von der Gesellschaft als Kongreßaufseher des fünftägigen internationalen Kongresses „Göttlicher Sieg“ eingesetzt, der in Osaka stattfinden sollte. Etwa 30 000 Besucher wurden erwartet, unter anderem auch 400 Delegierte aus anderen Ländern. Wie reagierte er? Er weiß es noch genau: „Als ich das Ernennungsschreiben erhielt, wurde ich so krank, daß ich einige Tage im Bett bleiben mußte und mich noch nicht einmal aufrichten konnte. Meine Gedanken kreisten immer nur um die Herausforderung, alle Kongreßabteilungen zu organisieren. Wie froh war ich, als ich einige Monate vor dem Kongreß von der Gesellschaft die Broschüre Kongreßorganisation erhielt. Sich nach biblisch begründeten Verfahrensweisen auszurichten löste viele Probleme.“

Eine unmittelbare Schwierigkeit bestand darin, genügend Sitzplätze für alle Delegierten zu beschaffen. Der Kongreß sollte auf dem Festplatz im Memorial-Park der Expo 70 in Osaka stattfinden. Auf dem Platz waren allerdings weder Stühle vorhanden, noch gab es eine Bühne. Die umliegenden Versammlungen wurden gebeten, sich zu erkundigen, wo man Klappstühle für den Kongreß leihen könnte. In einer Stadt nahmen sie mit sämtlichen Schulleitern Kontakt auf. Auch beim Generaldirektor des größten Elektrogeräteherstellers wurde angefragt, ob es möglich war, Stühle für den Kongreß zu leihen. Ein Vertreter der Firma kam wegen der Anfrage mit dem Kongreßaufseher zusammen. Zwar hatte die Firma keine Stühle übrig, die sie hätte verleihen können, aber sie spendete gern Geld für die Leihgebühr von 5 000 Stühlen. Doch es wurden noch mehr Stühle benötigt. Wie löste man das Problem? Man baute Bänke aus Gerüstmaterial, das eine Baufirma vermietete. Die Bänke wurden wenige Tage vor Kongreßbeginn fertiggestellt, und eine Zuhörerschaft von 31 263 Personen hörte den öffentlichen Vortrag. Wegen der großen Mehrung war es das letzte Mal, daß sich alle Zeugen Jehovas aus Japan und von Okinawa bei einem einzigen Kongreß versammeln konnten.

Fünf Mitglieder der leitenden Körperschaft und der Druckereiaufseher der Weltzentrale in Brooklyn wohnten dem Kongreß bei und ermunterten die Anwesenden. Weitere Delegierte waren aus Australien, Deutschland, Großbritannien, Guatemala, Hawaii, Kanada, Neuseeland, Nigeria, Papua-Neuguinea und den Vereinigten Staaten angereist; der Kongreß erhielt dadurch wirklich eine internationale Prägung.

Nach dem Kongreß in Osaka übernahmen immer mehr einheimische Brüder Verantwortung in der Kongreßorganisation. Das erleichterte es den Brüdern, die Balance zwischen den Vorkongreßarbeiten und ihren anderen Verantwortlichkeiten zu halten. Außerdem konnten sich die reisenden Aufseher nun ganz auf ihre Dienstzuteilung konzentrieren, statt vor jedem Kongreß monatelang mit Kongreßarbeiten beschäftigt zu sein.

Internationaler Kongreß „Siegreicher Glaube“ — 1978

Der vierte internationale Kongreß, der in Japan stattfinden sollte, war der fünftägige Kongreß „Siegreicher Glaube“ im Jahr 1978. Diesmal wurden vier Kongreßstätten benötigt, um alle unterzubringen. Beim Hauptkongreß in Osaka gab es eine Höchstzahl von 31 785 Anwesenden, zu denen 200 Delegierte aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada sowie aus Deutschland, der Schweiz und anderen europäischen Ländern sowie aus asiatischen und südamerikanischen Ländern gehörten. Drei Mitglieder der leitenden Körperschaft waren am Kongreßprogramm beteiligt.

Mit den Jahren war ein guter kooperativer Geist entstanden. Die Brüder hatten nun volles Vertrauen, daß sie mit Jehovas Hilfe auch größere theokratische Dienstzuteilungen bewältigen konnten.

Aus einer Bowlingbahn wird ein Kongreßsaal

Es wurde offensichtlich, daß die Brüder nicht nur Königreichssäle benötigten, sondern auch größere Räumlichkeiten für Kongresse, auf deren Benutzung Verlaß war. Anfang der 70er Jahre wurden viele öffentliche Einrichtungen nicht an religiöse Gruppen vermietet, und Verträge mit Sporthallen konnten in letzter Minute rückgängig gemacht werden, weil örtliche Sportereignisse Vorrang hatten. Hirofumi Morohashi, der viele Jahre im Tokioer Raum Kongreßaufseher war, denkt an einen bestimmten Vorfall zurück, der den Anlaß gab, daß die Brüder auf die Suche nach einem eigenen Kongreßsaal gingen. Er sagt: „1974 hinterlegten wir 200 000 Yen [700 $] für die Benutzung eines Saales in einem Vergnügungspark in Ojama für unseren Kreiskongreß. Später machte der Vergnügungspark Bankrott. Es war ein überaus schwieriges Unterfangen, das hinterlegte Geld zurückzubekommen und eine andere Kongreßstätte zu finden.“ Danach zeigte Percy Iszlaub den Brüdern Bilder von einer alten Weberei in Australien, die in einen schönen Kongreßsaal umgebaut worden war. Die Brüder in Tokio hatten das Gefühl, es sei nun auch für sie an der Zeit, etwas Derartiges in Angriff zu nehmen.

Sie machten eine stillgelegte Bowlingbahn aus. Diese lag in Higaschi-Matsujama am Stadtrand von Tokio. Der Besitzer des Gebäudes, der Jehovas Zeugen selbst nicht kannte, bat eine Familie, bei der er in den Vereinigten Staaten gewohnt hatte, in einem Brief um Auskunft. Er erhielt die sehr positive Antwort, Jehovas Zeugen seien die vertrauenswürdigste religiöse Gruppe in den Vereinigten Staaten. Von da an verlief alles reibungslos, und es wurde ein Vertrag abgeschlossen.

So kam es, daß im Dezember 1976 der erste Kongreßsaal in Japan fertiggestellt wurde. Mittlerweile war ein weiteres bedeutsames Bauprojekt im Gange.

Umzug unter Jehovas Leitung

Als die erweiterten Gebäude in Numasu 1977 der Bestimmung übergeben wurden, gab es in Japan mehr als 40 000 Verkündiger. Der Zweig war angewiesen worden, nach einem Grundstück zu suchen, das viermal so groß war wie das in Numasu. Es fand sich eine alte Textilfabrik in Ebina auf einem etwa sieben Hektar großen Grundstück auf halber Strecke zwischen Numasu und Tokio. Dieses Grundstück war etwa siebzehnmal so groß wie das in Numasu. Würde die leitende Körperschaft jedoch diesen Umzug bewilligen, in einem Land, in dem die Grundstückspreise unglaublich hoch sind? Die Kosten dafür würden mehr als doppelt so hoch sein, wie der Betrag, den die Vereinigten Staaten an Rußland zahlten, als sie 1867 Alaska kauften. Eine Zeitlang hörte man diesbezüglich nichts aus dem Hauptbüro. „Auf einmal kam dann Bruder Barry aus New York angereist und mit ihm Max Larson, der Druckereiaufseher in Brooklyn. Sie sahen sich das Gelände an, und wir erhielten die Genehmigung“, erzählt Toshio Honma. „Wenn wir jetzt auf die Zunahme in den letzten 20 Jahren zurückblicken, danken wir Jehova für seine Leitung bei dem Erwerb dieses riesigen Grundstücks.“

Im Januar 1979 begann man mit dem Bau; es sollten eine zweigeschossige Druckerei, ein Bürogebäude, drei Wohngebäude mit 161 Bethelzimmern, ein Königreichssaal und zwei kleinere Gebäude mit Werkstätten entstehen. Das war eines der größten Bauprojekte weltweit, die von Jehovas Zeugen bis dahin je realisiert wurden.

Viele Familienväter aus dem Baufach gaben ihre bisherige Arbeit auf und zogen mit der Familie nach Ebina oder in die umliegenden Städte, um beim Bauen mitzuhelfen. Zu diesen gehörte auch Yoshiaki Nishio. Als er zum erstenmal die Einladung erhielt, als Installateur mitzuarbeiten, war er gerade in ein Städtchen auf der Insel Schikoku gezogen, um dort zu dienen, wo ein größerer Bedarf an Verkündigern besteht. Zunächst lehnte er ab, denn er hatte drei kleine Kinder, war gerade arbeitslos, und die Familie war knapp bei Kasse. Als er allerdings die dritte Einladung per Expreß erhielt, hatte er das Gefühl, Jehova sage ihm, er solle gehen. Er besprach die Angelegenheit mit seiner Frau, die in seiner Abwesenheit für den Unterhalt der Familie sorgen wollte. „Erst als ich im Bethel ankam, wurde mir klar, daß man uns alle fünf eingeladen hatte. Das war einfach unglaublich!“ erinnert sich Yoshiaki. Die drei Kinder wurden später Pioniere, und ein Sohn gehört heute zur Bethelfamilie in Ebina.

„Immer und immer wieder erlebten wir, wie Jehova in Verbindung mit dem Bau Türen für uns öffnete“, weiß James Mantz, der Vorsitzende des Baukomitees, zu berichten. „Vor uns erhoben sich scheinbar unüberwindliche Barrieren. Die Behörde der Präfektur Kanagawa hatte Umweltschutzgesetze, die zu den strengsten des ganzen Landes gehörten. Man machte uns zur Auflage, nicht einen Tropfen Abwasser in den Kanal, der durch das Grundstück lief, sickern zu lassen. Doch Jehova öffnete uns den Weg. In der früheren Fabrik hatte man die Maschinen mit Wasser gekühlt, das aus drei Brunnen gefördert wurde. Das Wasser sickerte in einen Kanal, und die Nachbarn bewässerten ihre Felder damit. Als die Nachbarn hörten, daß dieser Wasserzulauf versiegen sollte, beschwerten sie sich bei der Behörde und brachten vor, ihre Ernten seien schließlich von dem Wasser abhängig, das von dem Grundstück komme. Daher machte man die Entscheidung rückgängig und setzte nun ein Minimum fest, wieviel Wasser jeden Tag in den Kanal abzuführen sei, um die Bauern zu unterstützen. Zusätzlich zu den geklärten Abwässern, die in den Kanal gingen, mußten wir Wasser aus unseren Brunnen pumpen, um den Bedürfnissen der Bauern gerecht zu werden.“

Frederick Franz, der damalige Präsident der Watch Tower Society, war zugegen, als die fertigen Gebäude am 15. Mai 1982 der ihnen von Jehova zugedachten Bestimmung übergeben wurden. Lloyd Barry und seine Frau Melba waren ebenfalls anwesend und am Programm zur Bestimmungsübergabe beteiligt. Während Bruder Barry 14 Mitabsolventen der 11. Gileadklasse interviewte, die nach Japan gesandt worden waren, konnten die Zuhörer spüren, wie innig er die japanischen Brüder liebte.

Quantität und Qualität verbessern sich

Die Verkündigerzahl stieg unaufhörlich und damit auch der Literaturbedarf. Noch bevor die Einrichtungen in Ebina der Bestimmung übergeben wurden, erhielt das Zweigbüro im Oktober 1979 die erste Offsetrotationsmaschine. Die Druckmaschine wog 75 Tonnen und war 20 Meter lang. Sie konnte 300 Zeitschriften in der Minute produzieren, und zwar im Vierfarbendruck. Deckte das den Bedarf?

Bruder Mantz erinnert sich: „1981 kam Bruder Jaracz zu einem Zonenbesuch. Er bemerkte, daß wir in zwei Schichten druckten und empfahl, die Genehmigung für den Kauf einer zweiten Maschine einzuholen. Wir zögerten, wegen einer zweiten Maschine anzufragen, da wir dachten, es sei wirtschaftlicher, sich mit einer zu begnügen. Doch innerhalb eines Monats kam von Brooklyn die Anweisung, eine zweite Offsetrotationsmaschine zu bestellen. Zu jener Zeit war uns nicht klar, was noch auf uns zukommen würde. Als die Anlage ein Jahr später im Mai geliefert wurde, mußten wir nämlich sofort mit der Produktion der vollständigen Neuen-Welt-Übersetzung in Japanisch beginnen, die nur zwei Monate später auf den Bezirkskongressen freigegeben werden sollte. Außerdem war die Freigabe des Buches Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben für die Bezirkskongresse geplant. Und wieder sah man, wie Jehova die Angelegenheit gelenkt hatte. Niemals hätten wir unsere Zeitschriften, die Bibel und das Buch auf einer einzigen Druckpresse produzieren können.“

Eine dritte Druckpresse, eine Mitsubishi-Hochleistungsdruckmaschine, wurde 1984 aufgebaut. Sie war ausgerüstet für zwei Papierbahnen und hatte vier Farbdruckwerke sowie ein zusätzliches Druckwerk für Schwarz und war in der Lage, 1 000 Zeitschriften in der Minute zu produzieren. Damals war das die schnellste Druckmaschine im Land, und sie wurde das Gesprächsthema der Druckfachleute. Ichiki Matsunaga, der eine besondere Ausbildung zum Führen der Maschine erhielt, war ganz aus dem Häuschen, als die Maschine mit Höchstgeschwindigkeit lief. „Aber“, so sagt er, „noch begeisternder ist es, die enorme Schnelligkeit zu sehen, mit der die gedruckte Botschaft verbreitet wird.“

Wie konnten 60 000 Zeitschriften in der Stunde effizient weiterverarbeitet werden? Die Brüder in der Schlosserei entwarfen und bauten ein elektrisches Fördersystem, das die Zeitschriften von der Druckmaschine erst einer Hydraulikpresse, dann einem Dreischneider und schließlich der Verpackungsstation zuführt. Der Bruder, der mit der Aufsicht über diese Anlage betraut ist, erklärt: „In jeweils 20 Minuten durchläuft eine Rolle Papier, die eine halbe Tonne wiegt, die Maschine, und am anderen Ende der Anlage werden die Zeitschriften direkt in Kartons verpackt, die mit einem Aufkleber versehen sind; nun sind sie fertig für den Versand.“ Innerhalb von fünf Minuten hat das Papier die Druckmaschine und den Dreischneider durchlaufen und ist verpackt. Dieses „Inline“-System spart Arbeitskräfte und viel Lagerraum.

Dank der mit dieser Ausrüstung erreichten hohen Druckqualität, einer verbesserten künstlerischen Gestaltung sowie hochwertigerem Papier waren die Zeitschriften viel ansprechender geworden. Die Verkündiger boten sie voller Begeisterung im Predigtdienst an.

„Ein Aufgebot von Spezialisten“

Mit der Umstellung zum Offsetdruck ging einher, daß die Gesellschaft ein computergestütztes Druckvorbereitungssystem entwickelte. Würden sich wohl japanische Zeugen Jehovas, die über das nötige technische Know-how verfügten, freimachen können, um diese Umstellung vorzunehmen? Allerdings! Yasuo Ishii, der als ein Pionier auf dem Gebiet der Computerwissenschaft in Japan gilt, war ein Gott hingegebener Zeuge Jehovas geworden. Er erzählte auch Kollegen von seinem Glauben. Als Ergebnis ließen sich sechs Personen, die Informatiker und Programmierexperten waren, ebenfalls taufen. Die gesamte Gruppe nahm die Einladung an, an dem Projekt der Gesellschaft mitzuarbeiten, einige als Bethelmitarbeiter und andere als Mitarbeiter, die regelmäßig ins Bethel kamen. Toshio Honma, der damalige Koordinator des Zweigkomitees, denkt an das zurück, was sich damals ereignete und sagt: „Genau zu der Zeit, wo wir es benötigten, hatte Jehova ein Aufgebot von Spezialisten parat.“

Als Computer hatte das Brooklyner Büro den IBM-Großrechner 4341 empfohlen, der erst auf den Markt kommen sollte und den man leasen wollte. Auf der Liste derer, die einen dieser allerneusten Großrechner erhalten sollten, stand der japanische Zweig an zweiter Stelle, was durch Auslosung entschieden worden war. Der IBM-Vertreter für Japan dachte allerdings, es sei besser, einen Stammkunden zu beliefern, der über die Ressourcen zum Programmieren verfügte. Die fünf Brüder und eine Schwester, die an unserem Projekt arbeiteten, stellten rasch die Spezifikationen für die speziellen Anforderungen der Gesellschaft auf. Als man bei IBM dann diese detaillierten Spezifikationen sah, war man gern bereit, unsere Bestellung gleich bei der ersten Auslieferung des neuen Modells zu berücksichtigen.

Unter der geschickten Leitung dieser Spezialisten wurden über 40 willige junge Brüder und Schwestern als Programmierer ausgebildet. Ein vollautomatisiertes System für Satz und Umbruch für die Publikationen der Gesellschaft in Japanisch — das war das Ziel. Man nannte dieses System SCRIPT (System of Character Reproduction Incorporating Photo-Typesetting). Nach weniger als zwei Jahren konnte es getestet werden. Die erste mit Hilfe dieses Systems produzierte Publikation war das 192seitige Buch „Dein Königreich komme“.

Die Leistungsfähigkeit von Personalcomputern war bis 1987 so weit fortgeschritten, daß sie den speziellen Anforderungen für die japanischen Schriftzeichen angepaßt werden konnten. Als daher das Fotosatzgerät, das an das SCRIPT-System angeschlossen war, nicht mehr funktionierte, wurde auf das kostengünstigere Fotosatzsystem der Gesellschaft (MEPS) umgestellt. Die von unseren Brüdern speziell für das SCRIPT-System erarbeiteten Funktionen, einschließlich eines aus etwa 8 000 komplizierten japanischen Schriftzeichen bestehenden „Alphabets“, wurden daraufhin in das MEPS-System integriert. Eine Anzahl der Programmierer, die an dem japanischen System gearbeitet haben, unterstützen heute im Ausland das weltweite Verlagssystem der Gesellschaft.

Eine neue Abteilung entsteht

Die Druckerei der Gesellschaft in Brooklyn hatte nahezu 30 Jahre lang Japan mit den Büchern versorgt, die zur Verbreitung im Predigtdienst benötigt wurden. Als jedoch die Bauarbeiten an der neuen Druckerei in Ebina im Gange waren, wurde die Entscheidung getroffen, der japanische Zweig solle selbst beginnen, Bücher zu produzieren.

Nachdem der Direktor einer großen Leimfabrik von den Plänen gehört hatte, stattete er dem Zweigbüro einen Besuch ab. Als er erfuhr, daß man die Klebstoffe selbst herstellen wollte, bot er an, die Rohmaterialien und die nötige Ausrüstung zu ordern. Falls gewünscht, würde er aber auch den Leim gern zum Selbstkostenpreis liefern. Aus welchem Grund? Einige Jahre zuvor hatte er eine Buchbinderei- und Druckmaschinenmesse in Chicago (USA) besucht. Dort lernten er und seine Gruppe Brüder aus dem Brooklyner Bethel kennen, die sie zu einem Besuch der Druckerei der Watch Tower Society in New York einluden. Der gesamte Betrieb, besonders aber die Freundlichkeit und die harte Arbeit der Brüder, hinterließen bei der Gruppe einen starken Eindruck. Nun wollte er also auf irgendeine Weise helfen. Am Ende war es preiswerter, den Leim von ihm zu beziehen, als ihn selbst herzustellen. Über ihn war es auch möglich, Kontakte zu anderen Lieferfirmen aufzunehmen, was zu beträchtlichen Einsparungen führte.

Viele Maschinenhersteller arbeiteten auf ähnliche Weise mit den Brüdern zusammen. Als die Vertreter eines Herstellers von Dreischneidern und Zusammentragmaschinen nach Ebina kamen, um einen Vertrag aufzusetzen, waren sie von allem, was sie auf der Baustelle sahen, schwer beeindruckt, besonders von den angestrengt arbeitenden Freiwilligen. Daher boten sie an, den Preis für ihre Maschinen um 1 000 000 Yen (10 000 $) zu senken.

Wer würde die Brüder ausbilden?

Niemand in der Druckerei hatte auch nur die geringste praktische Erfahrung im Buchbinden. Robert Pobuda wurde zu einer sechswöchigen Schulung nach Brooklyn eingeladen und erhielt dort auch Informationen, wie die Brüder in Japan geschult werden konnten. Das Informationsmaterial wurde übersetzt, und es wurden Buchbindereikurse abgehalten. Fachleute kommerzieller Unternehmen kamen und wiesen die Brüder in die Verwendung des Buchbindereimaterials ein, wodurch die Ausbildung abgerundet wurde. Auch arrangierte man Führungen durch kommerzielle Buchbindereien, um die Arbeitsvorgänge zu beobachten.

Einmal wurden die Brüder nach einer solchen Führung in das Büro des Direktors gebeten. „Wissen Sie eigentlich, warum Sie kommen durften?“ fragte er. „Normalerweise dürfen Angehörige anderer Buchbindereien unsere Fabrik nicht besichtigen, aber eine Woche bevor Sie um die Genehmigung einer Führung baten, sprach eine Zeugin Jehovas bei mir vor und bot die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! an. Ihr Benehmen und das, was ich in den Zeitschriften las, beeindruckte mich.“ Er nahm weitere Literatur entgegen, unter anderem abonnierte er die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! Er machte auch das hilfreiche Angebot, einige Brüder einen Monat lang in der Fabrik ausbilden zu lassen.

Im Lauf der Jahre haben die Brüder in der Buchbinderei ihre Fertigkeiten ständig verbessert und ihr Wissen vertieft. Kommerzielle Buchbindereien schicken sogar ihre eigenen Arbeiter zu einer Führung durch die Druckerei der Gesellschaft. Sie sind immer sehr angetan von der Sauberkeit und der Liebe zum Detail. James Mantz, ehemaliger Druckereiaufseher, erinnert sich: „Den Vertretern einer Buchbinderei wurde die Erlaubnis gegeben, Videoaufnahmen von der regulären Führung zu machen. Sie planten, das Video zur Schulung ihrer Mitarbeiter zu verwenden. Sie hatten die gleiche Ausrüstung und verrichteten eine ähnliche Arbeit, aber sie wollten die Bethelmitarbeiter als Vorbild nehmen wegen ihrer Einstellung, die sich in den fröhlichen Gesichtern bei der Arbeit zeigte, und weil sie sehr effizient arbeiteten.“ Bruder Mantz vergißt auch nicht das Erstaunen eines Geschäftsmannes, der die Buchbinderei der Gesellschaft besichtigte. Der Geschäftsmann sagte: „Japanische junge Leute leiden an dem sogenannten Drei-K-Syndrom — kiken, kitanai und kitsui.“ Damit wollte er sagen, daß die meisten jungen Leute an einer Arbeit, die sicherheitsgefährdend, schmutzig oder schwierig ist, nicht interessiert sind. In der Druckerei in Ebina ist das dagegen nicht der Fall.

Für die De-Luxe-Abteilung interessiert man sich besonders. Die Buchbinderei in Ebina gehört in Japan zur bedeutendsten Informationsquelle über das Binden von Büchern in De-Luxe-Ausführung. In dieser Buchbinderei werden Bibeln mit Ledereinband serienmäßig produziert.

Produktion der kompletten Neuen-Welt-Übersetzung

Die Umstellung auf den Offsetdruck, das Einrichten der Buchbinderei und die Entwicklung des SCRIPT-Systems — all das bildete die Grundlage für die Produktion der kompletten Neuen-Welt-Übersetzung.

Die Genehmigung, die Hebräischen Schriften der Neuen-Welt-Übersetzung ins Japanische zu übertragen, war 1975 erteilt worden. Solch ein Projekt erforderte Teamarbeit. Drei Übersetzer wurden bestimmt, daran zu arbeiten. Wie konnte ein hohes Maß an Einheitlichkeit unter den verschiedenen Übersetzern gewahrt werden? Ausführliche, detaillierte Listen von Übersetzungen sowie Informationen über Eigennamen, Tiere, Pflanzen, Mineralien, Farben, Krankheiten und Dinge wie Werkzeuge, Kleidungsstücke, Nahrungsmittel und Opfergaben wurden erarbeitet und dann von allen Übersetzern benutzt. Außerdem mußten Hunderte von synonymen Wortgruppen und wichtigen Wendungen sorgfältig studiert und den Listen hinzugefügt werden. Später gehörten die japanischen Übersetzer zu denen, die eingeladen wurden, ihren Erfahrungsschatz einzubringen, als im Hauptbüro an der Gestaltung eines Computerprogramms gearbeitet wurde, mit dessen Hilfe die Bibel übersetzt werden kann. Ihre Vorschläge kommen heute der Arbeit von Bibelübersetzern auf der ganzen Erde zugute.

Die vollständige Neue-Welt-Übersetzung in Japanisch wurde in den Einrichtungen in Ebina gedruckt und gebunden. Um die 136 000 Bibeln zu produzieren, die man 1982 für die Freigabe auf den 17 Bezirkskongressen „Königreichswahrheit“ benötigte, wurde in der Reproduktionsabteilung, an den Druckpressen und in der Buchbinderei rund um die Uhr gearbeitet. Manche Brüder arbeiteten 12 bis 16 Stunden am Tag. Der Gedanke motivierte sie, daß sie eine Arbeit weiterführten, die Esra, ‘ein geschickter Abschreiber im Gesetz Gottes’, schon in alter Zeit verrichtet hatte. Während Esra allerdings mit der Hand abschreiben mußte, hatten sie dagegen eine Hochleistungs-Offsetrotationsmaschine, um die Arbeit in Japanisch zu verrichten. Als Erinnerung daran, diesen geschickten Abschreiber nachzuahmen, hefteten sie sich die Worte aus Esra 7:6 an eine Seite der Druckpresse.

In jenem Jahr besuchten alle Brüder aus der Buchbinderei den letzten Kongreß in Fukuschima. Sie hatten die letzten Bibeln, die für die Freigabe benötigt wurden, am Tag vor dem Kongreß fertig — genau acht Minuten vor Arbeitsschluß. Shigeru Yoshioka, der damals in der Buchbinderei arbeitete, erinnert sich: „Wir waren zwar erschöpft, aber als wir die Freudentränen in den Augen der Brüder sahen, die die langersehnte vollständige Neue-Welt-Übersetzung erhielten, hatten wir alle das Gefühl, daß es sich mehr als gelohnt hatte.“

Dank der einmal in den Computer eingegebenen japanischen Übersetzung war es nicht schwierig, die Bibel in unterschiedlichen Formaten herzustellen. Seit ihrer Fertigstellung 1982 sind im Lauf der Jahre fast 3 000 000 Exemplare der japanischen Neuen-Welt-Übersetzung in verschiedenen Formaten produziert worden.

Neue Erweiterungen, um mit dem Wachstum Schritt zu halten

Wie ein Jugendlicher, der schnell wächst, so ist die theokratische Organisation in Japan rasch aus den Zweigeinrichtungen herausgewachsen. Im Februar 1984 wurden erneut Erweiterungen angekündigt, wozu diesmal ein sechsgeschossiger Druckereianbau und ein achtgeschossiges Wohngebäude, beide unterkellert, gehören sollten. Die neue Druckerei sollte fast 22 500 Quadratmeter Bodenfläche haben, doppelt soviel wie die ursprüngliche Druckerei in Ebina. Für das neue Wohngebäude waren 128 Zimmer für Bethelmitarbeiter geplant.

Die Erweiterungsarbeiten begannen im September 1984 und wurden im Februar 1988 vollendet. In dieser Zeit stieg die Zahl der Verkündiger auf über 100 000 an, und sie ist seitdem beständig gewachsen. Dieses Projekt sollte den japanischen Zweig nicht nur in die Lage versetzen, dem eigenen steigenden Bedarf im Gebiet gerecht zu werden, sondern auch, für andere Länder zu drucken. Am 13. Mai 1989 wurden die Gebäude eingeweiht und Jehova übergeben; er hatte die Mehrung herbeigeführt, so daß diese neuen Einrichtungen benötigt wurden.

Die Sorge für die Familie anderen Interessen vorangestellt

Die japanischen Medien haben Jehovas Zeugen mitunter in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. 1986 brachte eine Medienkampagne ins allgemeine Bewußtsein, wie sehr sich Zeugen Jehovas um ihre Kinder kümmern. Eine Schlagzeile in der Mainichi Daily News lautete: „JNR-Chef tritt zurück, um bei seiner Familie zu sein“. In Japan steht ein Vater von Kindern im Teenageralter vor einem Dilemma, wenn er aus beruflichen Gründen versetzt wird, selbst wenn es sich dabei um eine Beförderung handelt. Bei Versetzungen wird die familiäre Situation nämlich nicht berücksichtigt. Wenn die Kinder die High-School besuchen, scheuen die Eltern oftmals davor zurück, ihre Heimatstadt als ganze Familie zu verlassen. Der Vater nimmt in der Regel die Versetzung an und läßt seine Familie zurück. Das nennt man in Japanisch tanshinfunin. In dem Zeitungsartikel hieß es, daß Takeshi Tamura, ein Zeuge Jehovas, Chef der Eisenbahndirektion der staatlichen japanischen Eisenbahnen (JNR) auf Kiuschu werden sollte. Doch er verzichtete lieber, als diese renommierte Stellung anzunehmen und von seiner Familie getrennt zu werden. Wie in einer Zeitung zu lesen war, erklärte Bruder Tamura: „Einen Chefposten kann irgend jemand übernehmen. Aber Vater meiner Kinder bin nur ich.“

Das löste Verwunderung aus. Das zuvor von den Medien geschaffene Bild hatte Zeugen Jehovas nämlich als unbarmherzige Menschen dargestellt, die bereit sind, ihre Kinder sterben zu lassen. Und hier war nun ein Mann, der so mutig war, eine Stellung abzulehnen, für die die meisten JNR-Mitarbeiter alles gegeben hätten, und das, weil er bei seiner Familie sein wollte. Fernsehreporter gingen von Haus zu Haus. Sie interviewten tanshinfunin-Geschäftsleute, die gerade aus dem Zug stiegen und das Wochenende zusammen mit ihrer Familie verbringen wollten. Die Reporter befragten die Leute nach ihrer Meinung zu Bruder Tamuras Entscheidung. Die Reaktion war in der Regel: „Ich bewundere seine Entscheidung. Hätte ich doch den Nerv, dasselbe zu tun!“

Bruder Tamura sagt rückblickend über das Geschehene: „Ich habe keine Ahnung, wie die Zeitung Mainichi an die Information gekommen ist. Wenn so etwas durchsickert, ändert die JNR normalerweise die gesamte Personalplanung, nur um die Meldung dementieren zu können. Doch diesmal spielte sich alles so ab, wie es die Medien berichteten. Mit alldem muß Jehova etwas zu tun gehabt haben. Durch die Medien wurde den Japanern vermittelt, daß Zeugen Jehovas Menschen sind, denen etwas an ihrer Familie liegt.“ Heute ist Bruder Tamura mit seiner gesamten Familie im Vollzeitdienst tätig. In der Versammlung ist er vorsitzführender Aufseher, und sein Sohn arbeitet zeitweilig im Bethel.

Fortschritt auf Okinawa

Als sich der japanische Zweig Okinawas annahm, wurden in dem Gebiet, wo das Leben der Menschen immer noch stark von alten Traditionen beeinflußt wird, weitere gute Fortschritte erzielt. Die 70jährige Kiku Sunagawa ließ sich durch ihr Alter nicht davon abhalten, den Pionierdienst aufzunehmen. Viele Jahre lang war sie dem yuta am Ort, einem Geistermedium, versklavt gewesen. Doch bewegte es sie sehr, als sie aus der Bibel erfuhr, daß der wahre Gott einen Namen hat und in jemandes Herz schauen kann. Auf der Stelle vernichtete sie all ihre Sachen, die mit dem yuta zu tun hatten. Danach beschloß sie, Lesen zu lernen, damit sie eine bessere Erkenntnis des göttlichen Willens erlangen konnte. Derjenige, der mit ihr die Bibel studierte, leistete ihr geduldig die Hilfe, die sie benötigte. Sie ließ sich 1981 taufen, und im darauffolgenden Jahr begann sie mit dem Pionierdienst.

Als ehemalige Analphabetin war sie nun in der Lage, dem Mann einer Interessierten, mit der die Bibel studiert wurde, Lesen und Schreiben beizubringen, so daß der Mann und seine Frau, die beide schon älter waren, gemeinsam Fortschritte im Hinblick auf die Taufe machen konnten. Das dankbare Ehepaar stiftete der Versammlung Akamichi ein geeignetes Grundstück für einen schönen neuen Königreichssaal. Kikus Anstrengungen wurden weiter gesegnet, als ihre beiden jüngeren Schwestern sich ebenfalls von dem Einfluß des yuta befreiten, um dem wahren Gott, Jehova, dienen zu können.

Ein älteres Ehepaar aus Hamamatsu erklärte sich 1989 gern bereit, auf der kleinen Insel Aguni Jima, die etwa 60 Kilometer von Okinawa entfernt liegt, Zeugnis zu geben. Sie verkauften ihre Eheringe, um das Geld für die Reise zu der abgelegenen Insel zusammenzubringen. Zwanzig Tage verbrachten sie damit, die 600 Häuser auf der Insel zu besuchen. Einmal gingen sie in der Gluthitze des Sommers gerade an einer Steinmauer entlang, als zwei kleine Mädchen ihnen einen Schluck Wasser aus ihrer Thermosflasche anboten. Von der freundlichen Geste der Mädchen gerührt, beschlossen die beiden, die Eltern der Kinder zu besuchen. Als sie sich als Zeugen Jehovas vorstellten, wurden sie von den Eltern herzlich willkommen geheißen. Diese Familie hatte, seit sie acht Monate zuvor von Okinawa weggezogen war, mit keinem Zeugen Jehovas mehr gesprochen. Man vereinbarte, brieflich ein Bibelstudium durchzuführen, und später wurde das Studium einer Versammlung in Naha (Okinawa) übergeben. Die Eltern ließen sich gemeinsam mit ihrer ältesten Tochter 1993 taufen. Sie sind vielen Menschen auf dieser einsamen Insel behilflich, die Wahrheit kennenzulernen.

Als Okinawa 1980 wieder dem japanischen Zweig unterstellt wurde, gab es auf Okinawa und den benachbarten Inseln 958 Verkündiger in 22 Versammlungen. Heute dienen über 2 600 eifrige Königreichsverkündiger in der Präfektur Okinawa.

Hilfe von regionalen Baukomitees

Mehrere Jahrzehnte lang hatten die Versammlungen beim Bau von Königreichssälen jeweils auf das zurückgegriffen, was vor Ort an Fach- und Sachkenntnissen und an Mitteln zur Verfügung stand; doch gab es unter anderem bauliche und rechtliche Probleme. Die meisten Versammlungen achteten nicht so sehr auf eine harmonische Farbgestaltung. Die Arbeitstrupps bestanden zum größten Teil aus unerfahrenen freiwilligen Helfern, und es dauerte lange, bis ein Projekt fertiggestellt war. Dadurch, daß manche Bauprojekte Monate oder sogar Jahre in Anspruch nahmen, wurde das Geistiggesinntsein der Versammlung gefährdet und besonders dasjenige derer, die in den Bau eingebunden waren. Es war an der Zeit, zu überlegen, ob es möglich wäre, die Grundregeln der in den Vereinigten Staaten angewandten Schnellbauweise zu übernehmen.

Das erste regionale Baukomitee wurde im September 1990 im Raum Tokio eingesetzt. Sieben weitere, für andere Landesteile zuständige Komitees entstanden später. Im März 1991 wurde in Japan der erste Königreichssaal in Schnellbauweise errichtet, und zwar in Nakaminato (Präfektur Ibaraki). Zwar bewirkte ein heftiger Sturm am zweiten Tag einen kurzzeitigen Verzug, dennoch wurde der Saal, der 120 Sitzplätze hat, in nur vier Tagen fertiggestellt.

Seitdem sind die 8 ursprünglich eingesetzten regionalen Baukomitees in ganz Japan auf 11 angewachsen; sie unterstützen den Bau von 80 bis 100 Königreichssälen, die jährlich errichtet werden. Dazu gehören Doppelsäle und Säle, in denen wegen der hohen Grundstückspreise die Parkplätze im Erdgeschoß untergebracht sind. Das regionale Baukomitee auf Okinawa mußte die Baupläne abändern, um den dortigen Gegebenheiten gerecht zu werden, da häufig Taifune die Inseln heimsuchen.

Am Tag bevor mit dem Schnellbauprojekt der Versammlung Kochinda auf Okinawa begonnen werden sollte, verstarb der Bruder, der das Grundstück gespendet hatte. Die Begräbnisansprache war für den folgenden Sonntag um 16 Uhr festgesetzt — in einem Königreichssaal, der erst noch gebaut werden sollte. Da der Bruder sehr bekannt war, wurde die Ansprache durch die Medien angekündigt. Weil auf der Baustelle nur das Betonfundament zu sehen war, fragten die Leute: „Werden Sie das Gebäude wirklich rechtzeitig fertig haben?“ Ja, der Saal wurde rechtzeitig fertig, und viele Personen, auch aus juristischen und politischen Kreisen, versammelten sich dort, um der Begräbnisansprache zuzuhören.

Zur Zeit gibt es in Japan und auf Okinawa 1 796 Königreichssäle, von denen 511 in Schnellbauweise errichtet beziehungsweise renoviert wurden. Diese Säle sind ein beredtes Zeugnis für die Präsenz der Zeugen Jehovas, und durch sie wird der Gott, den die Zeugen anbeten, auf gebührende Weise gepriesen.

Im ganzen Land Kongreßsäle

Das gleiche läßt sich über die Kongreßsäle sagen, in denen das Programm der Kreis- und Tagessonderkongresse läuft. Seit den 80er Jahren wurde ein Kongreßsaal nach dem anderen errichtet — in Kansai, Ebina, Tschiba, Tokai, Hiogo und Gumma, auf Hokkaido und in Totschigi. Ein neunter Kongreßsaal wurde 1997 auf Kiuschu fertiggestellt.

Das beispielhafte Benehmen der angestrengt arbeitenden Brüder führte bei Nachbarn, die zunächst negativ eingestellt waren, nicht selten zu einer Meinungsänderung. Als der Kongreßsaal in Tokai, in der Nähe von Nagoja, gebaut wurde, widersetzte sich ein Nachbar vehement dem Projekt und versuchte eine Kampagne zu starten, um den Bau zu stoppen. Jeden Tag kam er zur Baustelle, um zu sehen, was vor sich ging. Eines Tages kam er mit einer Säge in der Hand. Als der für den Bau verantwortliche Bruder ihn fragte, was er vorhabe, sagte er: „Ich habe genau beobachtet, was bis jetzt getan wurde. Und es sieht so aus, als wäre das Bambuswäldchen im Weg. Heute möchte ich beim Freiwilligendienst mitmachen.“ Und so legte er los.

Im Jahr 1995, als die Brüder den Kongreßsaal auf Hokkaido, der nördlichsten Insel, bauten, waren die Mittel recht knapp. Daher waren sie überglücklich, 2 000 Stühle kostenlos zu erhalten. Wie war es dazu gekommen? Während der Bauzeit suchte ein schweres Erdbeben Kobe und die umliegenden Städte heim, wodurch viele Gebäude unbrauchbar wurden. Das betraf auch das Kokusai Kaikan, ein Gebäude in Kobe, in dem sich ein schöner Konzertsaal befand. Nachdem die Entscheidung getroffen worden war, das Gebäude abzureißen, wurde in einer Nachrichtensendung im Fernsehen gezeigt, wie Musiker dem Konzertsaal Lebewohl sagten. Als Zeugen Jehovas, die mit Hilfsaktionen in Kobe beschäftigt waren, die Sendung sahen, wandten sie sich an die Verantwortlichen und erhielten die Genehmigung, die Stühle aus dem Gebäude zu holen und sie nach Hokkaido zum Kongreßsaal bringen zu lassen. Ein Drittel der 2 000 Stühle waren brandneu, und die übrigen brauchten nur neu gepolstert zu werden. Die Firma, die den Konzertsaal abriß, war froh, daß die Stühle nicht mehr dort waren.

Beim Bau der Kongreßsäle in Totschigi und auf Hokkaido wurden 1995 erstmals auch Brüder und Schwestern eingesetzt, die sonst unter der Leitung der regionalen Baukomitees mit dem Bau von Königreichssälen beschäftigt waren. Die Brüder schätzen ihre Kongreßsäle sehr sowie die Gelegenheit, auf den Kongressen miteinander Gemeinschaft zu pflegen. Für sie sind diese schönen Gebäude ein weiterer Ausdruck dafür, daß Jehova ihre Anstrengungen überaus gesegnet hat, ihm ein würdiges Schlachtopfer der Lobpreisung darzubringen.

Geeignete Kongreßstätten

In den 80er Jahren fanden die meisten großen Bezirkskongresse in Stadien unter freiem Himmel statt. Das bedeutete unter anderem, nicht nur mit extremer Sommerhitze und Luftfeuchtigkeit fertig werden zu müssen, sondern auch mit Taifunen, von denen Japan im Sommer jeweils um die Kongreßzeit heimgesucht wird.

Vom 18. bis 21. August 1983 sollte ein Bezirkskongreß mit über 20 000 Anwesenden in den Grünanlagen des Expo-Memorial-Parks in Osaka stattfinden. Am Sonntag, dem 14. August, stellten Freiwillige vorbereitend zwei riesige Zelte auf. Doch ein Taifun mit einer Windgeschwindigkeit von 160 Kilometern in der Stunde kam direkt auf Osaka zu. Die Brüder beschlossen, die Zelte wieder abzubauen, um Gefahren zu vermeiden. „Das Kongreßbüro glich einer Wetterstation, weil die Brüder sorgfältig den Verlauf des Taifuns beobachteten“, erzählt Shogo Nakagawa, der Kongreßaufseher.

„Am 16. August wurde viel gebetet. Wenn der Kongreß rechtzeitig beginnen sollte, dann müßten die Brüder am 17. August gegen 5 Uhr morgens beginnen, die Zelte aufzubauen. In der Abendausgabe der Zeitung vom 16. August war zu lesen: ,Unwetter für den Großraum Osaka erwartet‘. Wollten wir die Zelte wie geplant aufbauen, müßte der Taifun sich schneller fortbewegen und rechts abdrehen, und die Wolken aus dem Westen müßten sich auflösen. Genau das passierte. Am nächsten Tag gab es im südlichen Teil Osakas um 4 Uhr morgens zwar heftige Regenfälle, aber nicht in der Umgebung des Kongreßgeländes. Die Zelte wurden rechtzeitig zum Kongreß wieder aufgebaut, der am Donnerstag, dem 18. August, um 13.20 Uhr begann, ganz wie geplant.“

Nach und nach waren jedoch Hallen und Säle verfügbar mit Platz für 10 000 Personen und mehr. Anfang der 90er Jahre begannen Jehovas Zeugen, solche klimatisierten Räumlichkeiten zu mieten. Eine der größten Zusammenkünfte, die nicht im Freien abgehalten wurden, fand 1992 im Tokioer Dome-Stadion statt. Insgesamt besuchten damals 39 905 Personen den Bezirkskongreß „Lichtträger“. Da das Stadion im Zentrum von Tokio liegt, konnte Beobachtern durch den Kongreß ein gutes Zeugnis gegeben werden. Ein Mann, der in der Nähe des Stadions arbeitete, gestand einer Pionierin, die ihn besuchte, er und seine Arbeitskollegen seien Zeugen Jehovas gegenüber kritisch eingestellt gewesen. Doch nachdem er die Kongreßdelegierten beobachtet hatte, entschuldigte er sich und sagte: „Jetzt, wo ich meine Meinung geändert habe, werden meine Frau und ich diese Zeitschriften lesen.“

Evakuierte willkommen geheißen

In den 80er Jahren wurde erprobt, ob die Brüder in der Lage waren, auf ein weiteres Bedürfnis einzugehen. So, wie die Christen im ersten Jahrhundert Gelegenheit hatten, die Tiefe ihrer Liebe zu beweisen, indem sie bedürftigen Mitchristen in Judäa beistanden, konnten auch Zeugen Jehovas in Japan in den letzten Jahren diese christlichen Eigenschaften bei Katastrophenfällen zeigen (Apg. 11:28, 29; Röm. 15:26). Die Art und Weise, wie dies geschehen ist, beweist erneut, daß sich die Worte Jesu erfüllen: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt“ (Joh. 13:35).

Das erste Beispiel einer umfangreichen Hilfsaktion war zu beobachten, nachdem am 21. November 1986 der Mihara auf der Isuinsel Oschima ausgebrochen war. Um 16.17 Uhr nahm Jiro Nishimura, ein Ältester der einzigen Versammlung auf der Insel, eine große Explosion wahr. „Als ich nach draußen ging“, sagte Bruder Nishimura, „sah ich über dem Mihara einen Rauchpilz wie bei einer Atomexplosion.“ Innerhalb einer Stunde erschütterten 80 Erdstöße die Insel. Über Nacht wurden mehr als 10 000 Menschen von der Insel evakuiert.

Bereits wenige Stunden nach dem Ausbruch waren Hilfskomitees auf der Isuhalbinsel und in Tokio eingesetzt, um sich der evakuierten Glaubensbrüder anzunehmen. Nach der Evakuierungsanordnung eilte Yoshio Nakamura mit anderen Brüdern aus Tokioer Versammlungen um 2 Uhr morgens zum Pier, um den Gliedern der Versammlung Isu-Oschima beizustehen. Ein Evakuierter sagte später: „Als wir von Bord gingen, entdeckten wir ein Schild, auf dem stand ,Jehovas Zeugen‘. Meiner Frau stiegen Tränen in die Augen, so erleichtert war sie, unsere Brüder zu sehen, die am Pier standen und auf uns warteten.“

Vulkanausbruch auf Schimabara

Weniger als fünf Jahre später brach im Juni 1991 der Vulkan Fugen auf der Schimabara-Halbinsel in der Nähe von Nagasaki aus. Über 40 Menschen kamen dabei um. Eine Zeugin und ihre Kinder, deren Haus genau in der Bahn eines Stromes aus Asche und überhitzten Gasen lag, konnten gerade noch entkommen. Von den 42 Verkündigern, die mit der Versammlung Schimabara verbunden waren, mußten 30 evakuiert werden. Die Versammlung konnte ihren Königreichssaal nicht länger benutzen, da er in der Gefahrenzone stand. Die Versammlungen im ganzen Land wurden darüber informiert, welche Bedürfnisse die Brüder in dem betroffenen Gebiet hatten, und es wurde ein Bankkonto für einen Hilfsfonds eingerichtet. Die Resonanz kam unverzüglich; und sie war derart groß, daß die Bank vor Ort direkt überfordert war. Man bat darum, die Überweisungen zeitweilig zurückzuhalten, während man versuchen würde, den Rückstand aufzuholen. Noch keinen Monat später bat das Hilfskomitee vor Ort die Versammlungen, die Geldspenden einzustellen, da sie bereits mehr erhalten hatten, als sie benötigten. Die eingegangenen Spenden machten es nicht nur möglich, denjenigen zu helfen, die ihre Arbeit oder ihre Wohnung verloren hatten, sondern es konnte auch ein schöner neuer Königreichssaal für die Versammlung Schimabara und einer für die neugegründete Versammlung Arie gebaut werden, mit der die Hälfte der evakuierten Brüder nun verbunden war.

Die Brüder im Katastrophengebiet waren von den Hilfsmaßnahmen und der liebevollen Anteilnahme, die in über 3 000 Briefen zum Ausdruck kam, tief bewegt. Im April des darauffolgenden Jahres führten daher alle 28 Verkündiger der Versammlung Schimabara und die 20 getauften Angehörigen der Versammlung Arie den Hilfspionierdienst durch. Damit wollten sie ihre Dankbarkeit Jehova gegenüber zeigen.

Rechtlicher Beistand nötig

Satan paßt es natürlich ganz und gar nicht, die vereinten Bemühungen der Diener Jehovas zu sehen. So, wie in anderen Ländern auch, versucht er, Hindernisse zu errichten, um das vorandrängende Volk Jehovas aufzuhalten. Manchmal ist es daher notwendig gewesen, vor Gericht zu gehen. (Vergleiche Apostelgeschichte 25:11.)

Um Situationen meistern zu können, die rechtlichen Beistand erforderten, wurde Anfang der 80er Jahre im Zweigbüro eine Rechtsabteilung eingerichtet. 1991 stellte sich ein junger Rechtsanwalt mit seiner Frau für den Vollzeitdienst im Zweigbüro zur Verfügung. Nachdem er sich mit anderen Brüdern — auch Rechtsexperten — beraten hatte, arbeitete er eine Fülle von hilfreichem Informationsmaterial für die Ältestenschaften aus. Es ging dabei unter anderem um das Miet- und Eigentumsrecht in Verbindung mit Königreichssälen, die richtige Reaktion auf Gewalt gegen Jehovas Volk und um weises Vorgehen bei Scheidungs- und Sorgerechtsproblemen. Außerdem erhielt das Zweigbüro Beistand, um bei Gesetzesänderungen, die die Veröffentlichung und den Export von biblischer Literatur betreffen, und in ähnlichen Angelegenheiten richtig vorgehen zu können.

Religiöse Gewissensangelegenheit vor Gericht gebracht

Ein bemerkenswerter Fall, bei dem man vor Gericht ging, betraf den 16jährigen Kunihito Kobayashi von der Städtischen Fachschule für industrielle Technik in Kobe. (In Japan bieten technische Fachschulen einen fünfjährigen Wahlkurs an, bei dem drei Jahre High-School angerechnet werden.) An gewissen Schulen war es üblich geworden, Schüler, die nicht an Kampfsportkursen teilnahmen, durchfallen zu lassen oder von der Schule zu verweisen. Damit wurde ihnen das Recht auf eine Ausbildung verweigert. Während des Zonenaufseherbesuchs von Bruder Lloyd Barry im Dezember 1986 wurde empfohlen, einen vorbildlichen Bruder, vorzugsweise den Sohn eines Ältesten, der sich gerade mit diesem Problem auseinandersetzte, auszuwählen und Klage gegen die Verweisung von der Schule einzureichen.

Kunihito Kobayashi hatte 1990 zusammen mit vier anderen Schülern die Teilnahme an Kendoübungen (Kendo: japanische Schwertfechtkunst) verweigert, wobei sie dem ausdrücklichen Gebot aus Jesaja 2:4 nachkamen, ‘Schwerter zu Pflugscharen zu schmieden und den Krieg nicht mehr zu lernen’. Als Ergebnis wurde ihnen die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe verweigert. Obwohl Kunihito Klassenbester war, verwies man ihn später von der Schule, weil er zwei Jahre hintereinander im Schulfach Sport durchgefallen war. Kunihito und vier weitere junge Brüder reichten Klage ein mit der Begründung, das Vorgehen der Schule verstoße gegen das in der Verfassung garantierte Recht auf Religionsfreiheit und gegen das Recht auf Ausbildung. Nachdem verschiedene Rechtsmittel eingelegt worden waren, gelangte Kunihitos Fall schließlich vor den Obersten Gerichtshof. Am 8. März 1996 entschieden die Richter des Kleinen Senats des Obersten Gerichtshofs einstimmig zu Kunihitos Gunsten und erklärten, daß die Schule ein Gesetz verletzt hatte, als sie ihn zwang, sich entweder für seine Religion oder für seine Ausbildung zu entscheiden. Dies war die erste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, bei der die Religionsfreiheit und die Autorität einer Schule bezüglich ihres Lehrplans gegeneinander abgewogen wurden. Der neue Schulleiter rief die gesamte Schülerschaft zusammen und räumte ein, die Schule habe in diesem Fall kein gutes Urteilsvermögen bekundet; er bat darum, Herrn Kobayashi als Mitschüler wieder herzlich willkommen zu heißen. Im April 1996, vier Jahre nachdem er von der Schule gewiesen worden war, drückte Bruder Kobayashi, der nun 21 Jahre alt war, wieder die Schulbank.

Im ganzen Land wurde ausführlich über die Entscheidung berichtet, und Jehovas Zeugen freuten sich, daß Jehovas Name und seine gerechten Wege erneut ins Interesse der Öffentlichkeit gerückt wurden und ein günstiges Zeugnis gegeben werden konnte (Mat. 10:18).

Gottes Gesetz hinsichtlich des Blutes respektieren

Obwohl Jehovas Zeugen allgemein dafür bekannt sind, am Leben ihrer Mitmenschen interessiert zu sein, sind große Anstrengungen nötig gewesen, tiefsitzende Vorurteile abzubauen, die mit dem Respekt der Zeugen vor der Heiligkeit des Blutes zu tun haben (1. Mo. 9:4; Apg. 15:28, 29). Vor den 80er Jahren wurde im Zweigbüro eine Liste geführt mit den Namen der Krankenhäuser und Ärzte, die Operationen ohne Bluttransfusionen durchgeführt hatten. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine Liste kooperativer Ärzte; einige hatten nur widerstrebend ohne Blut operiert.

Konnte nicht mehr getan werden, um den Zeugen zu helfen, die die Namen von Ärzten benötigten, die bereit waren, Operationen ohne Blut durchzuführen? Akihiro Uotani, dessen Aufgabe darin bestand, sich für die Bedürfnisse der Brüder einzusetzen, erinnert sich: „Wir waren frustriert, denn oft wußten wir nicht, was wir den verzweifelten Anrufern sagen sollten, die von der Gesellschaft die Namen von Ärzten erbaten, die bereit waren, ohne Blut zu operieren.“ Anfang 1989 hörte man in Japan, daß in den Vereinigten Staaten Seminare für Krankenhaus-Verbindungskomitees (KVKs) abgehalten wurden. Das daran interessierte Zweigbüro fragte beim Hauptbüro in Brooklyn schriftlich nach. Später, im November jenes Jahres, kam ein Brief vom Krankenhausinformationsdienst in Brooklyn, durch den das Zweigbüro davon unterrichtet wurde, daß das Verlagskomitee ein KVK-Seminar in Japan genehmigt hatte, das im März 1990 stattfinden sollte. Es würde eines der ersten Seminare außerhalb der Vereinigten Staaten sein.

Neben 91 neueingesetzten KVK-Mitgliedern würden auch 111 reisende Aufseher, 25 japanische Ärzte, die Zeugen Jehovas sind, 44 Brüder aus der Republik Korea und 3 Unterweiser aus Brooklyn daran teilnehmen. Das Seminar sollte in Englisch laufen und in Japanisch und Koreanisch übersetzt werden.

„Während des Seminars wurde von den Unterweisern wiederholt betont, wie wichtig es ist, ,die Ärzte zu informieren‘ “, weiß Bruder Uotani zu berichten. „Einige bezweifelten es stark, daß man in Japan Ärzte und Krankenhäuser aufsuchen könne, um Ärzte zu informieren, und zwar vor allem deshalb, weil der Japaner die Behandlungsmethoden eines Arztes seit jeher nicht in Frage stellt; und Ärzte sind in der Regel nicht geneigt, ihre Behandlungsmethoden mit Laien zu diskutieren. Nach dem Seminar bildeten die drei Unterweiser mit Mitarbeitern der Verbindungskomitees Teams und besuchten Krankenhäuser im Raum Tokio, wobei sehr gute Ergebnisse erzielt wurden.“

Aufklärungsarbeit bei Medien und Medizinern

Wegen einseitiger Berichterstattung und Falschmeldungen von seiten der Presse hielt man es für richtig, aktiv zu werden und sowohl Ärzte als auch die Medien über unsere Haltung in der Blutfrage aufzuklären. Nach der Freigabe der Broschüre Wie kann Blut dein Leben retten? startete das Zweigbüro im September 1990 daher seine Aufklärungsarbeit, indem Treffen mit Reportern organisiert wurden, die medizinische Artikel für regionale und überregionale Zeitungen schreiben. Diese Pressegespräche waren ein großer Erfolg. Einige Reporter waren von dem, was ihnen gezeigt wurde, so beeindruckt, daß sie sogar anboten, einen Artikel über Ärzte zu schreiben, die Operationen ohne Blut durchführen.

Ein weiterer Erfolg dieser Kampagne stellte sich ein, als Wissenschaftsreporter führender überregionaler Zeitungen das KVK in Osaka darüber informierten, daß die Ethikkommission des Nationalen Zentrums für Kreislauferkrankungen beraten würde, wie mit Zeugen Jehovas umzugehen sei. Sogleich wurde ein Brief aufgesetzt, in dem man um ein Gespräch mit dem Direktor dieses Zentrums bat. Sowohl der Direktor als auch der zweite Vorsitzende der Ethikkommission waren bei dem Gespräch zugegen. Demzufolge wurde am 22. April 1991 die Entscheidung getroffen, das Recht der Zeugen Jehovas, Bluttransfusionen abzulehnen, zu respektieren.

Nach diesem erfreulichen Auftakt war die Kontaktaufnahme mit den Ethikkommissionen weiterer Krankenhäuser ähnlich erfolgreich. Als die Ethikkommission der Krankenhäuser und Entbindungsstationen im Großraum Tokio Richtlinien ausarbeitete, wie der Verweigerung von Bluttransfusionen aus religiösen Gründen zu begegnen sei, wurden ein Vertreter des Krankenhausinformationsdienstes vom Zweigbüro und Mitglieder der Tokioer KVKs eingeladen, an den Beratungen teilzunehmen. Die 13köpfige Kommission empfahl allen 16 Krankenhäusern, deren Träger die Stadt Tokio ist, den Wünschen erwachsener Patienten zu entsprechen, die Behandlungsalternativen zur Bluttransfusion wünschen, selbst wenn die Ärzte der Ansicht sind, daß eine Bluttransfusion nötig sei. „Falls ein Patient bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert wird, aber ein beglaubigtes Dokument bei sich hat, durch das sein Wunsch, keine Bluttransfusion zu erhalten, zum Ausdruck gebracht wird, muß der Arzt diesem Wunsch Folge leisten“, schrieb die Zeitung Mainichi Shimbun. Weiter hieß es: „Die Wünsche der 15- bis 17jährigen in bezug auf Bluttransfusionen werden ebenfalls respektiert, und die Jugendlichen werden in dieser Hinsicht wie Erwachsene behandelt.“

Sogar Krankenhäuser, die vormals Schilder mit der Aufschrift „Zeugen Jehovas werden nicht aufgenommen“ angebracht hatten, haben ihre Einstellung geändert und sind nun bereit, Zeugen Jehovas als Patienten aufzunehmen und Behandlungsalternativen zur Bluttransfusion anzubieten. Auf der Liste kooperativer Ärzte stehen heute über 15 000 Namen. Einige Ärzte fühlten sich sogar gekränkt, weil sie vom örtlichen KVK übersehen worden waren. Im Oktober 1995 startete das Shin-Tokyo-Hospital in Matsudo ein Programm zur Behandlung ohne Blut, das den Wünschen der Zeugen in Verbindung mit ihrer Haltung in der Blutfrage voll und ganz entgegenkommt. Auf diesem lebenswichtigen Gebiet geht es also großartig voran.

Liebe, gepaart mit Organisation

Wie von Jesus Christus vorhergesagt, gibt es in den letzten Tagen nach wie vor Erdbeben an einem Ort nach dem anderen (Mat. 24:3, 7). Am Dienstag, dem 17. Januar 1995, wurde die Gegend von Kobe von einem Erdbeben heimgesucht. Bei diesem Erdbeben der Stärke 7,2 auf der Richter-Skala kamen über 5 000 Menschen ums Leben; Tausende wurden obdachlos. Von den 9 000 Zeugen Jehovas, die in dem betroffenen Gebiet wohnten, verloren 13 getaufte Zeugen und 2 ungetaufte Verkündiger ihr Leben. Hiroshi und Kazu Kaneko, ein Sonderpionierehepaar der Versammlung Nischinomija-Mitte, wurden an jenem Morgen unter den Trümmern des alten Hauses gefunden, in dem sie wohnten. Es dauerte mehr als vier Stunden, bis der eingeklemmte Bruder Kaneko befreit war, doch seine Frau Kazu war von den Trümmern erschlagen worden. Da das Gewicht der Trümmer lange Zeit auf Hiroshi gelastet hatte, setzte die Nierenfunktion aus. Sein Zustand blieb viele Tage kritisch. „Mit einem Schlag war mir bewußt, wie nutzlos materielle Güter sind“, sagt Hiroshi. „Dagegen wurde mir klar, wie wichtig innere Werte wie Glauben und Hoffnung sind. Solche Eigenschaften helfen uns, das Schlimmste, was uns widerfahren mag, zu verkraften.“

Die Zeugen reagierten schnell und sorgten für Hilfe, angetrieben von inbrünstiger Liebe zu ihren Brüdern. Glücklicherweise verlief die Kreiseinteilung in und um Kobe von Nord nach Süd. Da das Beben die Gegend entlang der Küste von Osten nach Westen erschütterte, gab es in jedem Kreis Versammlungen, die verschont geblieben waren und so den Notleidenden beistehen konnten. Älteste aus den nicht betroffenen Versammlungen in der Nähe ergriffen die Initiative und organisierten die Hilfsaktion. Am Tag nach dem ersten Beben war ein Konvoi von 16 Motorrädern unterwegs und verteilte Lebensmittel und Wasser an die Versammlungen im Zentrum von Kobe.

Kreisaufseher richteten sofort vorübergehende Hilfszentren ein, um die Zeugen in dem betroffenen Gebiet zu versorgen. Das Zweigbüro bestimmte sechs unversehrt gebliebene Königreichssäle als Lager für Hilfsgüter. „Innerhalb von fünf Stunden waren die Säle brechend voll“, erzählt Yoshihiro Nagasaki, ein Mitglied des Zweigkomitees, der auf dem Sozius eines Motorrades, das einem Bruder gehörte, mit in das betroffene Gebiet fuhr. „Wir mußten die Brüder bitten, die Hilfsgüter zu nahe gelegenen Kongreßsälen zu bringen.“ Man richtete Vorratslager ein. Die benötigten Güter wurden von Vertretern der Ortsversammlungen dort abgeholt und dann jeweils von den Ältesten einer Versammlung an die Verkündiger verteilt.

Die Bibel ermuntert Christen, „gegenüber allen das Gute [zu] wirken, besonders aber gegenüber denen, die uns im Glauben verwandt sind“ (Gal. 6:10). Zeugen Jehovas teilten gern mit ihrem Nächsten. Zwei Tage nach dem Erdbeben in Kobe, sobald feststand, daß der Vorrat an Hilfsgütern für die Zeugen ausreichte, aber andere Menschen große Not litten, schickte ein Ältester zwei Lastwagen voller Lebensmittel zu einem Flüchtlingszentrum.

Hilfe anderer Art

Auch den emotionellen und geistigen Bedürfnissen wurde Aufmerksamkeit geschenkt. Man sorgte unverzüglich dafür, daß die Versammlungszusammenkünfte weiter stattfinden konnten. Eine Versammlung kam noch am Tag des Erdbebens in einem Park zusammen. Am Sonntag nach dem Erdbeben hielten die meisten Versammlungen der Gegend ihr reguläres Wachtturm-Studium ab. Um sich der emotionellen und geistigen Bedürfnisse der Opfer anzunehmen, wurden zusätzlich zu den regulären Kreisaufsehern noch sieben Kreisaufseher in die fünf betroffenen Kreise gesandt. Sie besuchten die Brüder, speziell um sie zu stärken und ihnen zu helfen, trotz der Katastrophe den Königreichsinteressen nach wie vor den ersten Platz in ihrem Leben zu geben.

Zehn Königreichssäle waren nicht mehr zu benutzen. Viele der Brüder hatten ihr Heim verloren, oder es war reparaturbedürftig. Die 11 regionalen Baukomitees in Japan organisierten jeweils Teams von etwa 21 Arbeitern, um die beschädigten Häuser zu reparieren. Ein Hilfstrupp von Zeugen aus den Vereinigten Staaten kam auf eigene Kosten angereist, um mitzuhelfen. Man setzte 1 023 Häuser instand und beseitigte die Trümmer von vier völlig zerstörten Häusern. Fünf Königreichssäle wurden von aufopferungsvollen Brüdern, die aus dem ganzen Land kamen, neu aufgebaut und vier Säle repariert.

Man behandelte die ungläubigen Angehörigen einer Familie mit derselben Freundlichkeit wie die gläubigen. Eine Schwester, die einen ungläubigen Mann und vier Kinder hatte, verlor ihren zweitältesten Sohn bei dem Erdbeben. Die Familie verbrachte eine Woche mit 70 anderen Zeugen Jehovas in einem Königreichssaal. Als der Mann die Anteilnahme und die praktische Hilfe von seiten der Brüder sah, lernte er Jehovas Organisation schätzen. Einmal besuchte er das Hilfszentrum in Suita. Dort sah er viele Brüder zum Nutzen von Menschen angestrengt arbeiten, die sie noch nicht einmal persönlich kannten. Das berührte ihn tief, und er konnte die Tränen nicht zurückhalten. Noch am gleichen Tag war er mit einem Bibelstudium einverstanden.

Aus Veränderungen das Beste machen

Im Lauf der Jahre hat sich in Japan einiges verändert. Bis Ende März 1992 — 43 Jahre nach der Ankunft der ersten Gruppe von Missionaren im Jahr 1949 — hatte man es geschafft, in dem gesamten vom japanischen Zweig zu betreuenden Gebiet regelmäßig die gute Botschaft vom Königreich zu verkündigen. Allerdings haben sich die Umstände und die Einstellung der Menschen geändert, was eine gewisse Flexibilität von seiten der Zeugen erfordert.

Rodney Kealoha, ein Missionar, der jahrelang im Reisedienst unterwegs war, bemerkt: „Noch vor 25 Jahren [in den 70ern] waren die Japaner äußerst höflich und freundlich. Wurden sie von Zeugen Jehovas besucht, hörten sie zu, auch wenn sie gar nicht interessiert waren.“ Man nahm sich Zeit zum Lesen und hatte in der Regel große Achtung vor guten Sitten und vor der Gesellschaftsordnung. Allmählich wurden die Menschen jedoch immer mehr vom wachsenden Wohlstand in Anspruch genommen. Hausfrauen reihten sich ins Heer der Berufstätigen ein. Immer weniger Leute wurden tagsüber zu Hause angetroffen. Diejenigen, die man zu Hause antraf, waren oftmals zu beschäftigt, um ein längeres Gespräch über religiöse Fragen zu führen, und wollten keine Literatur entgegennehmen, da sie ihrer Meinung nach doch nicht dazu kämen, sie zu lesen.

Nicht zugängliche Apartmenthäuser und Häuser mit Sprechanlagen wurden errichtet. Die Verkündiger in diesen Gebieten mußten sich umstellen und ihr Anliegen über Sprechanlagen vorbringen. Sie lernten, bei denen wieder vorzusprechen, die einfach nur höflich und freundlich gewesen waren. Hiroko, eine Pionierin in Sapporo, wurde an der Sprechanlage von einer Frau abgewiesen, die sagte, sie sei Schintoistin. Hiroko war der festen Meinung, die Frau müsse ein gutes Herz haben, weil sie sich so nett und freundlich angehört hatte; daher sprach sie wieder bei ihr vor. Allmählich entwickelte sich über die Sprechanlage ein freundschaftliches Verhältnis. Zehn Monate dauerte es, bis sie schließlich mit den Worten „Einen Moment bitte“ begrüßt wurde. Die Frau öffnete die Tür und bat sie einzutreten. Ein Gespräch über eine Familienangelegenheit ging schnell in ein Bibelstudium über, das später zur Taufe führte. Die neue Schwester, die heute im Pionierdienst steht, hatte tatsächlich ein gutes Herz.

Da viele Menschen tagsüber selten zu Hause sind, empfahl der Königreichsdienst vermehrtes Zeugnisgeben in den Abendstunden und auf der Straße. Die Verkündiger reagierten prompt und begeistert. Bald konnte man sie in ganz Japan sehen, wie sie den Wachtturm und das Erwachet! auf den Straßen anboten, und zwar besonders um belebte Bahnhöfe herum.

Ein typisches Beispiel ist eine Schwester in der Nähe von Jokohama. Zwar arbeitete sie ganztags, aber sie wollte unbedingt den Hilfspionierdienst durchführen. Ein Ältester schlug vor, sie könne jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit gehe, in der Nähe einer Bahnstation von sechs bis acht Uhr Straßendienst verrichten. Sie gab sich selbst einen Ruck, ließ sich von dem anfänglichen Spott einiger Pendler nicht beirren und konnte bei etwa 40 Personen, die die Zeitschriften sehr gern entgegennahmen, eine Zeitschriftenroute einrichten. Dazu gehörten Pendler, Bahnarbeiter und Besitzer nahe gelegener Geschäfte. Im Durchschnitt gab sie monatlich 235 Zeitschriften ab, und das in einem Gebiet, in dem Pioniere in der Regel so um die 30 Zeitschriften abgeben. Dadurch, daß sie mit einigen jeden Tag nur kurz einen biblischen Gedanken besprach, konnte sie sechs Bibelstudien einrichten, eines mit einem Polizisten.

Andere Verkündiger griffen die Vorschläge für das telefonische Zeugnisgeben auf, um die Menschen in nicht zugänglichen Gebäuden zu erreichen. Da sie beharrlich waren und ein ansprechendes Thema hervorhoben, konnte der Weg für viele Bibelstudien geebnet werden. Als eine Schwester eine Frau am Telefon fragte, ob sie sich oft Gedanken darüber mache, was die Zukunft für sie und ihre Angehörigen bereithalte, antwortete die Frau, das sei der Fall. Die Enttäuschung, daß andere ihr nicht weiterhelfen konnten, hatte bereits ihre Gesundheit angegriffen. Daher hatte sie sich in ihrem Heim eingeigelt. Das echte Interesse der Zeugin berührte sie, so daß sie mit einem Treffen in einem nahe gelegenen Supermarkt einverstanden war. Als ihr gezeigt wurde, was im Familien-Buch steht, stimmte sie nur zu gern einem Bibelstudium zu.

Engagement im Predigtdienst und die zunehmende Reife der Versammlungen haben zu einem anhaltenden Wachstum geführt. Im Januar 1979 nahm eine Reihe von aufeinanderfolgenden Verkündigerhöchstzahlen ihren Anfang, die sich bis heute, über 18 Jahre lang, ohne Unterbrechung fortgesetzt hat. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre und zu Beginn der 90er Jahre kamen jedes Jahr durchschnittlich mehr als 10 000 Verkündiger hinzu. Im März 1995 gab es 200 000 Königreichsverkündiger im Land. Im August 1997 waren 220 663 Verkündiger mit 3 785 Versammlungen verbunden, verglichen mit 14 199 Verkündigern in 320 Versammlungen im August 1972. Zu den Verkündigern gehören allerdings immer mehr Menschen, deren Muttersprache nicht Japanisch ist.

Hilfe für fremdsprachige Gruppen

Wegen des wirtschaftlichen Booms in Japan sind viele Arbeitskräfte zugezogen, die nicht Japanisch, sondern eine andere Sprache sprechen. Das trifft auch auf Zeugen Jehovas zu. Japan ist nicht mehr das Land, in dem fast jeder von Haus aus Japanisch spricht. Wie konnte der fremdsprachigen Bevölkerung in geistiger Hinsicht geholfen werden?

Vor den 80er Jahren gab es noch relativ wenige fremdsprachige Personen in Japan. Kleine Verkündigergruppen entstanden in Misawa, Tachikawa und auf Okinawa zum Nutzen der Frauen und Kinder des US-Militärpersonals sowie anderer Interessierter.

Die größte dieser Gruppen betreute den amerikanischen Militärstützpunkt auf Okinawa. 1968 waren Karl und Evalyn Emerson, ehemals Missionare in Korea, mit ihrem kleinen Sohn nach Okinawa gezogen, um der englischsprachigen Bevölkerung zu helfen. Später schlossen sich ihnen in diesem fruchtbaren Gebiet noch Bill und Mary Ives sowie Wayne und Penny Frazee an, Absolventen der 40. und 52. Klasse der Gileadschule. Wayne, der mit einem kleinen, klapprigen 360-Kubikzentimeter-Auto in dem ausgedehnten Gelände rund um den Luftwaffenstützpunkt Kadena unterwegs war, war besonders erfolgreich bei den Einberufenen, denn er hatte selbst einmal beim Militär gedient. In den 15 Jahren, die Wayne und Penny auf Okinawa verbrachten, konnten sie gemeinsam über 100 Menschen helfen, die sich taufen ließen. Ihr Dienst war derart erfolgreich, daß der Kommandant eines Stützpunkts darum bat, sie sollten doch woanders predigen. Weshalb? „Sie holen sich immer meine besten Leute“, beschwerte er sich.

Obwohl in der Versammlung ein ständiges Kommen und Gehen herrschte, bedingt durch Versetzungen an andere Militärstützpunkte, sind die Zusammenkünfte buchstäblich von Tausenden besucht worden; Hunderten ist geholfen worden, Stellung für Jehova zu beziehen. Die meisten haben Jehova nach ihrer Rückkehr in die Vereinigten Staaten weiterhin gedient. Manche sind Älteste und Dienstamtgehilfen geworden. Einer von ihnen, Nick Simonelli, besuchte später die 93. Gileadklasse und trat so in die Fußstapfen desjenigen, der mit ihm studiert hatte. Er und seine Frau sind zur Zeit in Ecuador tätig.

Englischsprachiges Gebiet in Japan

Ausgangs der 70er Jahre — mit dem Ende des Vietnamkriegs — lösten sich die englischsprachigen Gruppen in Japan allmählich auf. Doch Anfang 1980 lud James Mantz junior, dem aufgefallen war, wie viele Menschen um den US-Marineluftwaffenstützpunkt Atsugi herum — nur 15 Autominuten vom Bethel entfernt — Englisch sprachen, seine damals in Kalifornien (USA) lebenden Eltern ein, nach Asien herüberzukommen und zu helfen. (Vergleiche Apostelgeschichte 16:9.) So kam es, daß im März 1981 James Mantz senior und seine Frau Ruth im Alter von 62 und 59 Jahren nach Sagamihara zogen, das in der Nähe des Stützpunkts Atsugi liegt. „Unser Gebiet war überall, wo wir Menschen trafen, die Englisch sprachen“, erzählt Ruth. „Wenn Ruth im Straßendienst war“, erinnert sich eine Bethelmitarbeiterin in Ebina, „hat sie oft junge amerikanische Soldaten, die Rad fuhren, mit erhobenen Händen zum Anhalten gebracht, um ihnen die Zeitschriften zu zeigen.“ Leider starb James Mantz senior kurz nach seiner Ankunft in Japan, doch Ruth blieb noch in dem Gebiet und half einer Anzahl von Personen, zur Wahrheit zu kommen. Aus der kleinen Gruppe Sagamihara-Englisch wurde im Oktober 1985 eine Versammlung.

Als die japanische Wirtschaft in den 80ern boomte, stieg die Zahl der Ausländer sprunghaft an. Viele Tausende Filipinos, Südamerikaner, Afrikaner, Chinesen und Koreaner strömten als Gastarbeiter ins Land. Die Gesellschaft unternahm etwas, um auch diesen ausländischen Arbeitnehmern in geistiger Hinsicht helfen zu können. Englischsprechende japanische Pioniere und viele aus dem Bethel wurden eingeladen, die nötige Hilfe zu leisten. „Als die Gesellschaft die Führung übernahm“, sagte ein Bruder, der seit vielen Jahren in der englischen Versammlung ist, „folgte die Zunahme auf dem Fuß.“ Am 1. September 1997 gab es 18 englischsprachige Versammlungen, die einen eigenen Kreis bilden.

Hilfe für Brasilianer

Eine Menge Japaner, deren Eltern oder Großeltern nach Brasilien ausgewandert waren, kehrten nach Japan zurück, aber sie verstanden weder Japanisch noch Englisch. 1986 zogen Kazuyuki und Nanako Kiritani, die im Missionardienst in Brasilien gedient hatten, nach Jokohama, wo man einige portugiesischsprachige Schwestern und Interessierte, mit denen die Bibel studiert wurde, ausfindig gemacht hatte. Diese kleine Gruppe begann, einmal im Monat ein Wachtturm-Studium und eine verkürzte Theokratische Predigtdienstschule in Portugiesisch durchzuführen.

Im Frühjahr 1991 bat die Gesellschaft drei brasilianische Älteste, die in Tokio, Nagoja und Tojohaschi wohnten, sowie Bruder Kiritani, bei einer Besprechung über die Entwicklungen im portugiesischen Gebiet anwesend zu sein. Im August 1991 wurden vier portugiesische Gruppen gegründet. Das Zweigbüro hatte einen Sprachkurs in Portugiesisch organisiert, an dem Bethelmitarbeiter teilnehmen konnten. Voller Eifer erlernten sie die Sprache und waren an der Gründung der portugiesischen Gruppen maßgeblich beteiligt. Aus den neuen Gruppen wurden in kurzer Zeit Versammlungen, und innerhalb von sechs Jahren gab es 21 portugiesischsprachige Versammlungen, die ebenfalls einen eigenen Kreis bilden.

Spanischsprachiges Gebiet wird erschlossen

Im September 1987 fand die erste Zusammenkunft in Spanisch statt, als Hilfe für acht Schwestern, die bislang mit der portugiesischen Gruppe verbunden gewesen waren. Louis Delgado, ein lediger Bruder aus Peru, übernahm die Führung. Damals waren manche dieser Schwestern sechs Stunden unterwegs, um die spanischen Zusammenkünfte zu besuchen, doch die geistige Hilfe, die sie dort erhielten, war ihnen das wert. Wegen der Sprachbarriere hatten einige Schwestern, die aus Gründen der finanziellen Sicherheit einen japanischen Staatsbürger geheiratet hatten, Eheprobleme. Auch bereitete es ihnen Schwierigkeiten, sich über ihre Gefühle bei den Ältesten in den japanischen Versammlungen zu äußern.

Der Predigtdienst gestaltete sich für die spanische Gruppe ebenfalls schwierig. Um Gebiete einzuteilen, fuhr man zu allen 29 Stationen der Jamanote-Linie — eine S-Bahn-Linie, die im Oval um das Zentrum von Tokio führt — und suchte nach spanischen Namen an den Wohnungstüren. Das war zwar ermüdend und zeitaufwendig, sorgte aber für ein klar definiertes Predigtdienstgebiet.

Tagsüber besuchten die Schwestern jeweils gruppenweise die Gegenden, in denen kolumbianische Frauen wohnten. Die Frauen arbeiteten in Lokalen, die in der Regel von der Yakuza geführt wurden, der japanischen Mafia. Immer wenn eine Frau anscheinend geistige Fortschritte machte, griff die Yakuza ein und versetzte sie an einen anderen Ort. Eine Interessierte machte jedoch so weit Fortschritte, daß sie die Notwendigkeit erkannte, ihren Arbeitsplatz zu wechseln, wenn sie Jehova gefallen wollte. Das bedeutete für sie, zu fliehen und sich vor dem Zugriff der Yakuza zu verstecken. Mit der Hilfe der Schwester, die mit ihr die Bibel studierte, konnte sie schließlich in ihr Heimatland zurückkehren.

Als daher Anfang der 90er Jahre sehr viele Arbeiter aus Peru, Argentinien, Paraguay, Bolivien und anderen Ländern nach Japan strömten, hatte Jehova eine kleine spanischsprachige Gruppe darauf vorbereitet, sich um deren geistige Bedürfnisse zu kümmern. 1991 wurde ein Spanischkurs für Bethelmitarbeiter angeboten, die bereit waren zu helfen. Innerhalb eines Jahres hielten manche schon öffentliche Vorträge. 1993 wurde die erste spanischsprachige Versammlung im Raum Tokio gegründet. 1997 gab es 13 blühende spanischsprachige Versammlungen. Sie bilden einen eigenen fremdsprachigen Kreis.

Aus Asien Zugezogenen helfen

Eine beträchtliche Zahl von Chinesen strömte ebenfalls nach Japan. Dazu gehörten Tausende von Studenten sowie die Nachkommen von Japanern, die als Kinder Ende des Zweiten Weltkriegs in China zurückgelassen worden waren. Schätzungen zufolge lebten über 300 000 Chinesen in Japan, davon allein 200 000 im Großraum Tokio. Als die Brüder ihre Augen erhoben und das chinesische ‘Feld’ anschauten, konnten sie sehen, daß es weiß war zur Ernte, ‘aber der Arbeiter waren wenige’ (Mat. 9:37; Joh. 4:35).

Masayuki Yamamoto und seine Frau Masako hatten acht Jahre im Missionardienst auf Taiwan verbracht. 1992 erhielten Bethelmitarbeiter, die der chinesischsprachigen Bevölkerung gern helfen wollten, Chinesischunterricht. Masayuki nahm sofort Kontakt mit denen auf, die schon etwas Chinesisch konnten, und es wurde eine 28 Verkündiger starke chinesischsprachige Gruppe ins Leben gerufen. Sie setzte sich größtenteils aus japanischen Pionieren zusammen, die darauf brannten, interessierten Chinesen zu helfen, auch wenn die Pioniere selbst noch mit der chinesischen Sprache zu kämpfen hatten. Ein solcher Eifer von seiten der japanischen Zeugen berührte das Herz von Chinesen. Eine junge Frau erhielt das Buch Der größte Mensch, der je lebte von einem Bruder, der an der gleichen Schule studierte wie sie. Sie las das Buch in einer Woche durch. Das veranlaßte sie, jede Zusammenkunft zu besuchen. Sie war erstaunt, so viele Japaner zu sehen, die Chinesisch lernten, nur um chinesischsprachigen Personen von der guten Botschaft erzählen zu können. Sie und ihr jüngerer Bruder machten schnell Fortschritte und ließen sich innerhalb eines Jahres taufen. Noch vor ihrer Taufe führte sie eigene Bibelstudien durch.

Im Mai 1993 fand der erste Kreiskongreß in Chinesisch statt. Er wurde von 399 Personen besucht, und acht ließen sich taufen. Schon bald waren fünf mandarinsprachige Versammlungen tätig sowie ein Buchstudium, das einer japanischen Versammlung angeschlossen war.

Andere Sprachgruppen

Ende der 80er Jahre begannen Penn Pitorest und seine Frau Phiksang mit einem Bibelstudium. Sie waren Flüchtlinge aus Kambodscha, und beide hatten ihre Eltern bei dem Gemetzel in ihrem Heimatland verloren. Sie machten nur langsam Fortschritte, denn es gab so gut wie keine Bibelstudienhilfsmittel in Khmer. Doch letztendlich ließen sie sich taufen. Da sie sich um die geistigen Interessen der anderen Flüchtlinge aus Kambodscha sorgten, war ihnen daran gelegen, Bibelstudien mit diesen Menschen durchzuführen. Bald bildete sich eine kleine khmersprachige Gruppe. Als 1994 Der Wachtturm in Khmer veröffentlicht wurde, war ihnen das eine echte Hilfe. Daraufhin begannen zehn Brüder aus dem Bethel, die Sprache zu erlernen, und sie sollten auch gleich die Zusammenkünfte in Khmer besuchen.

Die größte fremdsprachige Gruppe in Japan bilden die Koreaner, doch die meisten von ihnen verstehen Japanisch, so daß sie viele Jahre lang keine eigenen Versammlungen hatten. Im Lauf der Zeit erkannte man jedoch, daß in Japan lebende Koreaner die Wahrheit schneller erfassen, wenn sie in ihrer Muttersprache studieren. Das führte zur Gründung einer koreanischsprachigen Gruppe in der Nähe des Bethels im April 1996 und später in Itami (Präfektur Hiogo).

Nicht übersehen werden sollten auch die Gehörlosenversammlungen. Viele Freiwillige haben die Japanische Gebärdensprache erlernt, um den Hörgeschädigten im ganzen Land helfen zu können. Schon seit 1982 organisiert die Gesellschaft auf bestimmten Bezirkskongressen die Übersetzung in die Gebärdensprache. Konzentrierte Anstrengungen, den Hörgeschädigten zu helfen, nahmen jedoch 1992 ihren Anfang, als in Fukuoka und in Kumamoto Gehörlosenversammlungen gegründet wurden. Es wurden auch Videos in der Gebärdensprache produziert. Heute gibt es in Japan elf Versammlungen und neun kleinere Gruppen, die eifrig den Hörgeschädigten helfen.

Zeugen Jehovas in Japan haben sich demnach erfolgreich bemüht, auch die vielen Sprachgruppen im Land zu erreichen und Menschen zu helfen, aus der guten Botschaft Nutzen zu ziehen, und zwar in der Sprache, die sie am besten verstehen.

Begeisterung für neue Schule

Ledigen Ältesten und Dienstamtgehilfen eröffneten sich 1993 begeisternde Möglichkeiten. Ihnen wurde die Gelegenheit geboten, ihren Dienst innerhalb und außerhalb des Landes auszudehnen. James Hinderer und David Biegler, Brüder mit jahrzehntelanger Erfahrung im Reisedienst, wurden aus den Vereinigten Staaten nach Japan gesandt, um die erste Klasse der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung zu leiten. Bei dieser ersten Klasse, die in Englisch durchgeführt wurde, waren auch sieben Beobachter aus Japan, aus der Republik Korea und von den Philippinen zugegen. Den Beobachtern diente das als Vorbereitung auf ihre Arbeit als Unterweiser in den entsprechenden Ländern.

Ein Schüler der ersten Klasse erläutert, von welchem Nutzen die Schule war: „Ich glaube, viele von uns hatten Schwierigkeiten, an Hand passender biblischer Grundsätze selbst Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen. Mit Regeln kamen wir besser zurecht. In der Schule wurden wir jedoch durch zwei häufig verwendete Fragen, nämlich ‚Warum?‘ und ‚Inwiefern?‘, dazu angehalten, darüber nachzudenken, was hinter einer Tatsache steckt oder wie eine Antwort zu begründen ist.“ Ein anderer Schüler unterstreicht diesen Gedanken noch, und er erzählt, was geschah, als ein Unterweiser vorschlug, der Dienstamtgehilfe, der für die Zeitschriften zuständig ist, könne ein Zeitschriftenangebot für die neu eingetroffenen Zeitschriften ausarbeiten und dieses dann an die Verkündiger weitergeben. Die Frage eines Schülers dazu hatte eine eindrucksvolle Klarstellung des Unterschiedes zwischen „gut“ und „gerecht“ zur Folge. Der Unterweiser erläuterte: „Wer gerecht ist, hält sich an schriftliche Anweisungen, wer dagegen gut ist, geht über das hinaus, was von ihm verlangt wird, wenn er anderen dadurch nützen kann. Wir sollten nicht nur gerecht sein, sondern auch gut, indem wir alles uns Mögliche tun, um den Brüdern in der Versammlung zu helfen, und zwar ohne daß das zuvor schriftlich festgehalten sein muß.“

Mit dem Heiraten lassen sich die jungen Brüder in Japan in der Regel Zeit. Im Durchschnitt waren die Teilnehmer der ersten 18 Klassen 29 Jahre alt, seit 13 Jahren in der Wahrheit und seit 8 Jahren im Vollzeitdienst. Bis zum August 1997 hatten über 790 Schüler von 33 Klassen die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen; und Tausende stehen noch auf der Warteliste. Einige Absolventen erhielten Zuteilungen für den Kreis-, Sonderpionier- und Missionardienst (Ps. 110:3).

Der Nutzen macht sich bemerkbar, sobald diese gut geschulten Ältesten und Dienstamtgehilfen mit den Versammlungen zusammenarbeiten. Über den guten Einfluß, den ein Absolvent auf die Versammlung hatte, sagt ein Ältester: „Die Versammlung ist viel lebendiger und fröhlicher geworden. Der Pioniergeist hat zugenommen. Alle in der Versammlung verstehen nun viel besser, wie wichtig es ist, Angelegenheiten auf theokratische Weise auszuführen. Die Begeisterung der jungen Leute für geistige Belange ist gewachsen, und viele haben sich in die Theokratische Predigtdienstschule eintragen lassen.“ Die Versammlungen sind demnach gestärkt und erbaut worden.

Delegierte zu Kongressen in Übersee gesandt

Im Lauf der Jahre haben sich Zeugen Jehovas in Japan viele Möglichkeiten geboten, im Erweisen von Liebe zur internationalen Bruderschaft ‘weit zu werden’ (2. Kor. 6:13). Sobald das Reisen erschwinglich wurde, lud die Gesellschaft den japanischen Zweig ein, Delegierte zu den besonderen internationalen Kongressen zu senden, die in Europa, Afrika, Asien, auf dem amerikanischen Kontinent, auf Hawaii und in Neuseeland stattfanden.

Die Zahl der Delegierten, die der Einladung folgten, nahm über die Jahre hinweg zu, und es war nichts Außergewöhnliches, unter den Delegierten viele Pioniere und andere Vollzeitdiener zu sehen. Als 1996 besondere Kongresse in der Tschechischen Republik und in Ungarn abgehalten wurden, waren von den 1 320 Delegierten aus Japan 1 114 im Vollzeitdienst.

Durch das, was die japanischen Delegierten auf diesen besonderen Kongressen sahen und hörten, erweiterte sich ihr Horizont, und sie erhielten noch mehr Ansporn, Jehova ganzherzig zu dienen. Shigeo Ikehata, der die internationalen Kongresse 1978 in der Republik Korea, in Hongkong, auf den Philippinen und auf Taiwan besuchte, erklärt: „Das Band der Liebe, das zwischen den Brüdern und Schwestern in den fremden Ländern vorhanden ist, hat mich tief beeindruckt. Mit eigenen Augen zu sehen, wie die reine Sprache Zeugen Jehovas miteinander verbindet, hat sich vor allem auf die Wertschätzung für meine Dienstvorrechte und den Inhalt meiner Gebete ausgewirkt.“

Länder zu besuchen, wo Diener Jehovas schwerer Verfolgung widerstanden haben, und deren Erfahrungen aus erster Hand zu hören hat in den Delegierten den Wunsch stark werden lassen, einen solchen Glauben nachzuahmen. Misako Oda besuchte 1992 den ersten internationalen Kongreß in der ehemaligen Sowjetunion in St. Petersburg. Sie weiß folgendes zu erzählen: „Als am ersten Kongreßtag das Anfangslied angestimmt wurde, fing eine russische Schwester neben mir an zu weinen. Als ich aufblickte, sah ich viele weitere russische Schwestern, die Tränen in den Augen hatten und das Lied nicht zu Ende singen konnten. Ich dankte Jehova sehr für seine unverdiente Güte, daß ich bei ihnen sein und diesen historischen Moment des Sieges für Jehova und für die treuen Brüder mit ihnen gemeinsam erleben durfte, wo ich doch die Art der Verfolgung, die sie durchgemacht hatten, selbst nicht kannte.“

Eine junge Pionierin, Seiko Namba (heute: Nakajima), erinnert sich noch gut an den Kongreß im Jahr 1990 in Buenos Aires. Sie berichtet: „Von den Brüdern und Schwestern in Argentinien lernte ich, wie man Liebe und Wertschätzung zum Ausdruck bringt und wie wichtig es ist, anderen gegenüber diese Gefühle auch zu zeigen. Eine ältere Schwester drückte mich bei unserer Abfahrt und gab mir ein Geschenk. Sie weinte und sagte immer wieder: ‚Hasta luego en el Paraíso‘ [Auf ein Wiedersehen im Paradies]. Nach Japan zurückgekehrt, bemühte ich mich, dieselbe Liebe und Freundlichkeit gegenüber den Brüdern in der Versammlung und den Menschen im Gebiet zu zeigen.“ Auch anderen japanischen Delegierten, obwohl in der Regel eher schüchtern und zurückhaltend, wurde durch die Gemeinschaft mit ihren lateinamerikanischen Brüdern, die ja das genaue Gegenteil sind, geholfen, mehr aus sich herauszugehen, wenn sie ihre Liebe zeigen.

Im Lauf der Jahre hatte der japanische Zweig das Vorrecht, Tausende von Delegierten zu besonderen Kongressen in anderen Ländern zu senden. Die überwältigende Resonanz auf die Einladungen, die an die Versammlungen gehen, zeigt die wirklich große Begeisterung der Brüder für solche Gelegenheiten, mit ihrer internationalen christlichen Familie zusammenzusein.

Dem weltweiten Bedarf gerecht werden

Es ist ein großes Vorrecht, die weltweite Bruderschaft heute auf verschiedene Weise unterstützen zu können. Der japanische Zweig hat wertvolle Erfahrungen im Bereich des Druckens gewonnen und ist daher in der Lage, Nachbarzweigen dabei zu helfen, den Literaturbedarf zu decken. Über 9 000 000 Exemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! werden jetzt monatlich in der Druckerei in Ebina in 10 Sprachen hergestellt.

Der japanische Zweig druckt derzeit Bücher, Bibeln und Broschüren in 26 Sprachen, unter anderem in Chinesisch, Lao, Singhalesisch, Tamil (für Sri Lanka), Thai und in 11 philippinischen Sprachen — jeweils im Vierfarbendruck. Dank der leistungsfähigen Offsetrotationsmaschinen kann die Druckerei schnell den Literaturbedarf des Gebiets decken. Im September 1993 erhielt Japan beispielsweise das Material für den Druck einer Sonderausgabe der langersehnten Bibel in Tagalog mit der Neuen-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften. Bis Mitte Oktober waren 70 000 Bibeln in Tagalog gedruckt und versandt, gerade rechtzeitig zur Freigabe auf den Bezirkskongressen im Dezember. Die Bibeln in Cebuano und Iloko wurden kurz danach gedruckt. Bibeln in Portugiesisch und in Spanisch werden jetzt auch in der Druckerei in Ebina in De-Luxe-Ausstattung hergestellt.

Nach der Einrichtung der Abteilung Übersetzungshilfe im Jahr 1989 in der Weltzentrale wurde der japanische Zweig gebeten, sich daran zu beteiligen, Übersetzern in ganz Asien und im pazifischen Raum Hilfe zu leisten. Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt dort, doch vielen Menschen, die die verschiedensten Sprachen sprechen, stehen noch immer keine Wachtturm-Publikationen zur Verfügung. Japanische Brüder, die gut übersetzen können und mit der Arbeit am Computer vertraut sind, haben das Vorrecht erhalten, in Länder wie Indien, Pakistan, Sri Lanka, Nepal, Libanon, Malaysia, Thailand, Kambodscha, Indonesien, Myanmar, die Salomonen und Guam zu reisen. Dort helfen sie mit, Übersetzer zu finden, sie zu schulen und Übersetzerteams zu organisieren. Außerdem installieren sie die von der Gesellschaft entwickelte Software, die eine Hilfe bei der Übersetzungsarbeit ist.

Gegenseitige Ermunterung

Nicht vergessen werden dürfen auch die 76 japanischen Brüder und Schwestern, die die Missionare in Japan nachgeahmt haben und willig Auslandszuteilungen wahrnehmen; sie fördern die Königreichsinteressen in neun verschiedenen Ländern. Zu ihnen gehören auch 13 Absolventen der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung. Sie sind in Länder geschickt worden wie Brasilien (7), Kambodscha (1), Guam (2), Malaysia (2), Nigeria (1), Papua-Neuguinea (11), Paraguay (8), die Salomonen (5) und Taiwan (39). Aus den Briefen dieser Brüder aus ihren zugeteilten Gebieten geht hervor, daß sie gut mit den neuen Sprachen, Bräuchen und Speisen zurechtkommen und gelernt haben, mit Tropenkrankheiten fertig zu werden. Sie nehmen es gern auf sich, in Gebieten zu dienen, wo man, im Gegensatz zum Leben in Wohlstand wie in Japan, ein ausgesprochen einfaches Leben führt — manchmal ohne fließendes Wasser, ohne Gas oder Elektrizität. Sie haben die Einheimischen liebengelernt und gottgemäße Zufriedenheit entwickelt. Sie sind sehr froh, so die Königreichsinteressen fördern zu können.

Als es auf Grund der Ausdehnung auf theokratischem Gebiet erneut erforderlich wurde, die Zweiggebäude zu erweitern, machte man sich mit internationaler Unterstützung an die Arbeit. Geplant waren zwei 13geschossige Wohngebäude und ein 5geschossiges Wirtschaftsgebäude. 1994 wurde Frank Lee aus den Vereinigten Staaten als Bauleiter eingesetzt. Steve Givins, ein International Servant aus den Vereinigten Staaten, gehört ebenfalls zum Baukomitee. Über 49 Freiwillige sind aus Australien, Costa Rica, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Luxemburg, Neuseeland und den Vereinigten Staaten gekommen. Sie alle haben gern ein wesentlich geregelteres, ruhigeres Leben in ihrer Heimat aufgegeben, um ihre Erfahrung und ihr Können zugunsten der Brüder in anderen Ländern einzusetzen und die Königreichsinteressen zu fördern.

Die überwältigende Resonanz der japanischen Brüder ist ebenfalls bemerkenswert. Mehr als 4 600 Baufachleute und Laien haben sich beworben, bei dem Projekt mitzuarbeiten. Die meisten müssen große Änderungen vornehmen, auch wenn sie nur für kurze Zeit bei dem Bauprojekt mithelfen. Sie verlassen ihren Arbeitsplatz und lassen ihre Familie für eine gewisse Zeit allein. Doch sie fühlen sich für ihre Anstrengungen reichlich belohnt.

Nicht mehr jung, aber immer noch eifrig

Das Wachstum dieser großen Menge von Lobpreisern Jehovas in Japan begann mit der Ankunft von Missionaren der 11. Klasse der Gileadschule in den Jahren 1949 und 1950. Missionare aus der 7. Klasse und aus späteren Klassen schlossen sich ihnen an. Von ihnen sind 59 noch immer im Vollzeitdienst in Japan. Einige sind jetzt in ihren Siebzigern und Achtzigern, und sie sind alle nach wie vor eifrig im Dienst tätig. Lois Dyer sagt nach 64 Jahren, in denen sie unbeirrbar ihren Vollzeitdienst durchzog: „Ich bete unaufhörlich und mit Zuversicht die ausdrucksvollen Worte Davids: ,Gerade wenn meine Kraft versagt, ... selbst bis ins Alter und bis zum Ergrauen, o Gott, verlaß mich nicht‘ “ (Ps. 71:9, 18). Jehova hat diese Loyalen nicht im Stich gelassen, die den größten Teil ihres Lebens treu im Königreichsdienst verbracht haben. Einer aus der Missionarfamilie drückt das so aus: „Jehovas Organisation ist wie eine Mutter zu uns, die uns in eine warme Decke einwickelt und fest an sich drückt.“

Heute leben 21 dieser langjährigen Diener Gottes im Missionarheim in Tokio-Mita. Das Gebäude in Tokio, in dem früher das Zweigbüro untergebracht war, wurde vollständig renoviert, damit man diese betagten Missionare aufnehmen konnte. Eine wirklich außergewöhnliche Missionarfamilie! Das Durchschnittsalter der Missionare beträgt 74 Jahre, und sie sind im Schnitt 50 Jahre in der Wahrheit. Acht haben die 11. Gileadklasse besucht. Im Lauf der Jahre hat die Missionarfamilie ein großes Zeugnis gegeben und dadurch insgesamt 567 Menschen helfen können, die Wahrheit zu erfassen. Auch wenn viele, die zu dieser Familie gehören, schon hoch in den Achtzigern sind und schwerwiegende gesundheitliche Probleme haben, sind sie alles andere als müßig. Im Dienstjahr 1997 setzten sie durchschnittlich jeden Monat 40 Stunden im Predigtdienst ein und gaben insgesamt 17 291 Zeitschriften und Hunderte von Büchern in ihrem gut bearbeiteten Gebiet ab. Diese langjährigen Diener Gottes werden in der Versammlung geehrt und von den Nachbarn geachtet.

Ruth Ulrich, die nun in ihrem 87. Lebensjahr steht, hat 68 Jahre ihres Lebens im Pionier- und Missionardienst verbracht. Sie sagt: „Es ist sehr glaubensstärkend für mich gewesen, zu sehen, wie all diese Menschen heidnische Religionen hinter sich lassen und in die Wahrheit kommen und dann zu echten Brüdern und Schwestern für uns werden.“

Beim Durchblättern des „Familienalbums“, in dem der Werdegang der Zeugen Jehovas in Japan in der Neuzeit festgehalten ist, ist man auf viele eifrige Diener Jehovas gestoßen. Das waren allerdings nur eine Handvoll Personen, verglichen mit den mehr als 220 000 in Japan, die die gute Botschaft von Gottes Königreich verkündigen. Es erfüllt die Missionare mit tiefer Zufriedenheit, wenn sie sehen, was ihre geistigen Kinder und Enkel bis in die dritte und vierte Generation erreicht haben. Mit gespannter Erwartung blicken sie dem entgegen, was Jehova beim Abschluß des bestehenden Systems und in seiner wunderbaren neuen Welt, die zum Greifen nah ist, noch mit ihnen vorhat.

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Loyale japanische Verkündiger der Vorkriegszeit: (1) Jizo und Matsue Ishii, (2) Miyo Idei, (3) Katsuo und Hagino Miura

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Einige Missionare, die 1949/50 mit ihrem Dienst in Japan begannen: (1) Don und Mabel Haslett, (2) Lloyd und Melba Barry, (3) Jerry und Yoshi Toma, (4) Elsie Tanigawa, (5, 6) Percy und Ilma Iszlaub, (7) Norrine Thompson (geb. Miller), (8) Adrian Thompson, (9) Lois Dyer, (10) Molly Heron, (11) Shinichi und Masako Tohara

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N. H. Knorr (oben links) spricht 1951 im Missionarheim in Kobe zu einer Zuhörerschaft

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Grace (im Hintergrund) und Gladys Gregory besuchten die 11. Klasse der Gileadschule

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Margrit Winteler (rechts, 23. Gileadklasse) schloß sich ihrer Schwester Lena (15. Klasse) in Japan an

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Don Haslett und Lloyd Barry im Bethelheim in Tokio (1953)

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Japanische Schwestern, die seit 40 Jahren im Sonderpionierdienst sind (von links nach rechts): Takako Sato, Hisako Wakui und Kazuko Kobayashi

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Zweigbüro auf Okinawa (1979)

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Gerüstet zum Zeugnisgeben im Winter auf Hokkaido

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Oben: Adeline Nako

Unten: Lillian Samson

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Yuriko Eto

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Eine glückliche Pionierfamilie macht sich auf zum Predigtdienst

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Zweigbüro in Tokio (1949—1962)

Zweigbüro in Tokio (1963—1973)

Zweigeinrichtungen in Numasu (1972—1982)

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Toshio Honma war Mitte der 70er Jahre Zweigaufseher

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Zweigkomitee 1997 (von links nach rechts): Richard Bailey, Shigeo Ikehata, Isamu Sugiura, Masataro Oda, Makoto Nakajima, Yoshihiro Nagasaki, Kenji Mimura

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James Mantz, einer der Druckereiaufseher, mit seiner Frau Sarah

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Kongreßsäle: Hiogo, Ebina, Kansai

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Kunihito Kobayashi

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Kobe nach dem Erdbeben (1995)

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Masayuki und Masako Yamamoto

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Japanische Delegierte auf Kongressen in Übersee: (1) Kenia, (2) Südafrika, (3) Rußland

[Bilder auf Seite 158]

Zweiggebäude in Ebina; kleines Bild zeigt die Erweiterungsbauten (1997)