Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Tschechische Republik

Tschechische Republik

Tschechische Republik

Den Zeugen Jehovas in der Tschechischen Republik wurde 1998 besonders deutlich bewußt, was es heißt, als weltweite Bruderschaft vereint zu sein. Rund um die Erde fanden unter dem Motto „Gottes Weg des Lebens“ internationale Kongresse statt.

Zu den 42 763 Delegierten, die sich in Pontiac (Michigan, USA) versammelten, gehörten auch 345 Besucher aus der Tschechischen Republik. Die Anwesenden kamen aus mindestens 44 verschiedenen Ländern in Amerika, Europa, Afrika und Asien. Weitere 700 Gäste aus Tschechien und 700 aus der Slowakei erlebten den Kongreß in Nürnberg mit — einer von fünf gleichzeitig stattfindenden deutschen Kongressen mit einem internationalen Publikum von insgesamt 217 472 Anwesenden.

Die tschechischen Delegierten waren tief bewegt, als man sie in den Kongreßstädten herzlich willkommen hieß, als sie bei Glaubensbrüdern, denen sie noch nie zuvor begegnet waren, liebevoll aufgenommen wurden und als sie den donnernden Applaus hörten, mit dem die ausländischen Delegierten am ersten Kongreßtag begrüßt wurden. In Nürnberg fielen sich viele Zeugen aus Tschechien und der Slowakei um den Hals und weinten vor Freude über die Gelegenheit, wieder einmal zusammenzusein. Es waren unvergeßliche Erlebnisse.

Im selben Jahr besuchten noch Tausende mehr ähnliche Kongresse in der Tschechischen Republik. Abgesehen davon, daß dort dasselbe Programm gebracht wurde wie auf den größeren Kongressen, freuten sich die Delegierten, das gerade fertiggestellte zweibändige Bibellexikon Einsichten über die Heilige Schrift in Tschechisch zu erhalten.

Das waren bestimmt glückliche Zeiten in der Geschichte der tschechischen Zeugen Jehovas. Doch der Weg dorthin war lang und beschwerlich. Angefangen hat alles vor über 100 Jahren, und ohne die liebevolle Hilfe Jehovas wären diese jüngsten Entwicklungen nicht möglich gewesen.

Im Jahr 1891 machte C. T. Russell, der damalige Präsident der Watch Tower Society, auf einer Europareise eine Stippvisite in Prag. In den Jahren danach haben Jehovas Zeugen sowohl Zeiten großen Wachstums erlebt als auch schwierige Zeiten der Verfolgung und des Sichtens. 46 Jahre lang war ihr Werk strengstens verboten. Doch selbst in den Zeiten, wo sie nicht unter Verbot standen, hatten sie nicht immer die gesetzliche Anerkennung.

Die Erlebnisse der Zeugen Jehovas in den tschechischen Gebieten ähnelten der Situation des Propheten Jeremia, zu dem Jehova gesagt hatte: „Sie werden gewiß gegen dich kämpfen, aber sie werden nicht die Oberhand über dich gewinnen, denn ‚ich bin mit dir‘, ist der Ausspruch Jehovas, ‚um dich zu befreien‘ “ (Jer. 1:19).

Der Name Tschechien

Im Oktober 1918 wurde nach politischen Verhandlungen in den diplomatischen Zentren der Welt die in Mitteleuropa gelegene Tschechoslowakische Republik gegründet. Während des Zweiten Weltkriegs war sie vorübergehend aufgelöst, kam aber nach über sechs Jahren nationalsozialistischer Unterdrückung wieder zum Vorschein. Sie überdauerte auch mehr als 40 Jahre kommunistischer Herrschaft. Nach 74 Jahren hörte dieses politische Gebilde dann zu bestehen auf. 1993 wurde aus dem östlichen Teil des Landes die Slowakische Republik. Die westliche Region, das heißt Böhmen, Mähren und ein Teil Schlesiens, wurde zur Tschechischen Republik — kurz Tschechien.

Die Tschechische Republik erstreckt sich rund 500 Kilometer von Ost nach West und zirka 250 Kilometer von Nord nach Süd. Der Norden und der Westen sind von schönen waldreichen Mittelgebirgen geprägt, und das fruchtbare Tiefland wird von Flüssen durchzogen. Allerdings ist die Umweltverschmutzung wie in vielen Gebieten Mitteleuropas auch hier ein ernstes Problem. Die Bevölkerung lebt zum großen Teil in Städten.

Ein Überblick über den Fortgang des Werkes der Zeugen Jehovas in der gesamten ehemaligen Tschechoslowakei zwischen 1912 und 1970 wurde im Jahrbuch 1972 veröffentlicht. Der vorliegende Bericht geht auf weitere Einzelheiten ein, konzentriert sich aber mehr auf das Gebiet, das heute die Tschechische Republik ausmacht.

Das religiöse Erbe

Prag, die Hauptstadt, wird manchmal die Stadt der hundert Türme genannt. Doch den zahlreichen Kirchtürmen zum Trotz wurde aus der Tschechischen Republik ein im Grunde atheistisches Land. Das war allerdings nicht immer so.

Auf Ersuchen des mährischen Fürsten Rastislaw entsandte der byzantinische Kaiser Michael III. 863 u. Z. Missionare nach Mähren. Konstantinos (später Kyrillos genannt) und Methodios, die beiden mit der Mission beauftragten Männer, waren Geistliche aus Thessalonike (Griechenland). Sie hielten Gottesdienste in der Volkssprache ab, und Konstantinos schuf für die in Mähren gesprochene slawische Sprache ein Alphabet. Mit diesem Alphabet konnte er darangehen, Teile der Bibel zu übersetzen. Ein klares Verständnis des Wortes Gottes stellte sich allerdings erst viel später ein.

Eine dringliche Botschaft verkündigt

Zirka 16 Jahre nach C. T. Russells Kurzbesuch in Prag machte sich ein älterer Bibelforscher (wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden) 1907 in den Norden Böhmens auf, um dort von nun an einmal monatlich biblische Schriften zu verbreiten. Es handelte sich um Bruder Erler aus Dresden. In Liberec und anderen Städten gab er jedesmal zwei bis drei Tage lang eifrig Zeugnis. Er bot C. T. Russells Buch Der Krieg von Harmagedon an und verkündete mit Überzeugung, daß 1914 eine Weltkatastrophe eintreten würde.

Im Jahr 1912 säten eine Reihe Einzelpersonen voller Enthusiasmus Samen biblischer Wahrheit aus, gründeten kleine Gruppen und tauften. Der Ausbruch des Weltkriegs 1914 kam für die Bibelforscher nicht überraschend, wenngleich sich nicht alle ihre Erwartungen in jenem Jahr erfüllten.

In den Anfangsjahren verbreiteten die Bibelforscher Literatur in deutscher Sprache. Einige aus der deutschsprachigen Bevölkerung waren sehr dankbar dafür. Charlotta Jankovcová aus Pilsen kann sich noch erinnern, daß ihre Mutter von einem Bibelforscher aus Dresden, der 1925 bei ihr vorsprach, ein paar Bücher von Bruder Russell entgegennahm. Es dauerte nicht lange, und sie besuchten die Zusammenkünfte. Charlotta erzählt: „Wir widmeten uns intensiv dem persönlichen Studium und der Vorbereitung auf die Zusammenkünfte. Jede Woche verbrachten wir den ganzen Sonntag im Predigtdienst. Wir waren Bibelforscher, wir studierten den Wacht-Turm, lasen Bücher und hatten sogar das Bulletin [heute Unser Königreichsdienst].“

Nach und nach wurde Literatur ins Tschechische übersetzt. 1922 erschien die aufsehenerregende Schrift Millionen jetzt lebender Menschen werden nie sterben, und drei Personen beteiligten sich als Kolporteure am Vollzeitdienst, um sie unter der tschechischen Bevölkerung zu verbreiten. Spätestens 1923 erschien eine monatliche 16seitige Ausgabe des Wacht-Turms in Tschechisch.

Antonín Gleissner und seine Frau wurden 1923 vom Zweigbüro der Watch Tower Society in Magdeburg beauftragt, nach Böhmen zu gehen, um das Predigen der guten Botschaft in den tschechischen Gebieten zu fördern. In Most, wo Bruder Gleissner schon 1916 Zusammenkünfte abgehalten hatte, eröffnete die Gesellschaft ein Literaturlager, für das er verantwortlich sein sollte.

Von 1928 an kümmerte sich das Zweigbüro in Magdeburg intensiver um das Werk in der Tschechoslowakei. Das Ergebnis war eine bessere Organisierung der Gruppen, mehr Effektivität im Predigtdienst und eine bessere Koordinierung der Kolporteurtätigkeit. Jede Gruppe und jeder Kolporteur (Vorläufer der heutigen Pioniere) erhielt ein bestimmtes Gebiet zum Predigen. Der Bericht der Tschechoslowakei aus jenem Jahr läßt erkennen, daß es damals 25 kleine Gruppen mit insgesamt 106 Verkündigern und 6 Kolporteure gab. Alles in allem verbreiteten sie 64 484 Bücher und Broschüren und rund 25 000 Zeitschriften, durch die sie interessierte Personen auf Gottes Königreich als Lösung für die Probleme der Menschheit aufmerksam machten.

Im Jahr darauf brachte Otto Estelmann aus Deutschland das sensationelle Photo-Drama der Schöpfung mit, das von der Watch Tower Society produziert worden war. Es wurde im ganzen Land vorgeführt. Der Höhepunkt wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1933 erreicht, als man das Kapitol, das größte Kino in Prag, mietete und dort viermal hintereinander das Photo-Drama zeigte. Der Andrang war so groß, daß man das Kino noch für zwei zusätzliche Abende mietete. Viele, die Einladungen zu weiteren biblischen Veranstaltungen wünschten, ließen ihren Namen und ihre Adresse zurück. Doch mit dem offensichtlichen Wachstum der Organisation stellte sich Widerstand ein. Das war, wie Jesus seinen Nachfolgern gesagt hatte, ja auch nicht anders zu erwarten (Joh. 15:18-20).

Sie nahmen die gute Botschaft an

Damals hörte ein Mann die gute Botschaft, der später für das Werk der Zeugen Jehovas in diesem Land von großer Bedeutung sein sollte. Er hieß Bohumil Müller. 1987, am Ende seines irdischen Lebens, konnte er auf über 55 Jahre treuen Dienst zurückblicken, von denen er ungefähr 14 Jahre wegen seiner Kompromißlosigkeit in Konzentrationslagern und Gefängnissen zugebracht hatte.

Im Jahr 1931 steckte der 16jährige Bohumil gerade in der Ausbildung zum Schriftsetzer. Sein Bruder Karel erlernte das Buchbinderhandwerk. Ihr Vater, Tomáš Müller, war ein prominentes Mitglied der Brüderunität, die auf ihre langjährige Tradition und Geschichte überaus stolz war. Karel erhielt von seinem Chef Eintrittskarten für das Photo-Drama der Schöpfung. Nach der ersten Vorstellung kam Karel ganz aufgeregt nach Hause. Er beschrieb alles, was er gesehen und gehört hatte, und überreichte seinem Vater zwei deutschsprachige Bücher, die er bekommen hatte. Am nächsten Abend kehrte er noch aufgeregter nach Hause zurück und brachte das Buch Schöpfung in Tschechisch mit. Während er seine Eindrücke schilderte, erwähnte er, daß er nach dem Programm seine Adresse zurückgelassen hatte, um zu weiteren biblischen Veranstaltungen eingeladen zu werden.

Etwa einen Monat später klingelte es an einem Sonntag bei Müllers, als sie gerade zu Mittag gegessen hatten. Bohumil schrieb später: „Mein Vater ging zur Tür. Er unterhielt sich mit dem Besucher ein Weilchen im Flur und kam dann mit einem überraschten Gesichtsausdruck in die Küche zurück. Seine ersten Worte waren: ‚So was hab’ ich noch nie erlebt. Da macht sich ein Mann die Mühe und besucht uns am Sonntag, um uns zu einem Vortrag einzuladen! Es ist ein Vortrag von den Bibelforschern. Uns von der Brüderunität würde das nie einfallen. Wir sind zu faul dazu!‘ “ Nach einiger Zeit trafen sich die Müllers regelmäßig mit einer kleinen Gruppe von Zeugen Jehovas.

Bohumil gab sich Jehova hin, ließ sich aber erst ungefähr zwei Jahre danach taufen. Da diente er allerdings schon als Gehilfe des Versammlungsaufsehers (damals Dienstleiter genannt), leitete Zusammenkünfte und arbeitete im Prager Zweigbüro der Gesellschaft. Damals waren sich nicht alle Zeugen über die Bedeutung der christlichen Taufe im klaren.

Etwa in dieser Zeit lernte Libuše Štecherová, Bohumils Cousine, die Wahrheit kennen. Sie ließ sich schneller taufen. Schwester Štecherová berichtete: „Tomáš Müller, mein Onkel, war ein tiefreligiöser Mann. Im Sommer 1932 erzählte er mir eines Nachmittags vom Namen Gottes, Jehova, von der Zukunft der Erde und von den außergewöhnlichen biblischen Zusammenkünften einer Gruppe namens Jehovas Zeugen. Zum Schluß überreichte er mir das Buch Befreiung von J. F. Rutherford. Allmählich dämmerte es mir, daß es etwas gab, was mein Schöpfer mich erkennen lassen wollte. Bei meiner allerersten Dienstzusammenkunft erfuhr ich, daß demnächst in Prag zum zweiten Mal eine Taufe stattfinden sollte. Ich saß da und hörte zu, hatte aber keine Ahnung, was bald geschehen würde. Auf dem Heimweg fragte mich Onkel Tomáš: ‚Möchtest du dich nicht auch taufen lassen?‘ ‚Aber ich weiß doch noch gar nichts‘, wandte ich ein. ‚Du bist wie ein Proselyt‘, fuhr mein Onkel fort. ‚Du kennst die Bibel. Du mußt dir einfach nur darüber im klaren werden, in was für einer Zeit wir leben und was Gott von dir wünscht.‘ Also bat ich ihn, mich für die Taufe vorzumerken, und am 6. April 1933 war es soweit.“ Ja, sie war sich darüber im klaren, was Jehova von ihr wünschte, und diente ihm treu bis zu ihrem Tod im Jahr 1995.

Heimbibelstudien mit interessierten Personen gab es damals nicht. Die Schulung für den Predigtdienst bestand zumeist einfach darin, daß man mit einem anderen Zeugen als Beobachter an eine Tür ging und dann allein losgeschickt wurde.

In jenen Jahren lernten viele Frauen die Wahrheit kennen. Für eine beträchtliche Anzahl von ihnen war der Predigtdienst das Wichtigste in ihrem Leben, und sie konnten viel bewirken. Oft nahmen sie ihre Kinder mit, die dann selbst den Segen Jehovas verspürten. Blanka Pýchová war 10 Jahre alt, als sie ihre Mutter das erste Mal im Predigtdienst begleitete. An ein Erlebnis kann sie sich noch gut erinnern. Sie erzählt: „Meine Mutter und ich sollten ein Dorf durcharbeiten. Sie trug mir auf, um den Dorfplatz herum zu arbeiten, während sie die umliegenden Häuser besuchen wollte. An dem Platz angelangt, stellte ich mit Schrecken fest, daß dort lauter Gänse herumliefen. Die einzigen Tiere, vor denen ich Angst hatte, waren Gänse. Sie zischten mich an, und als sie mich beißen wollten, schützte ich mich mit meiner Büchertasche. Aber das war gar nicht so leicht, und ich betete in meiner Verzweiflung: ‚Herr Jehova, bitte hilf mir!‘ Mit einemmal suchten die Gänse das Weite, und neben mir stand ein riesiger Bernhardiner. Ich streichelte den Hund, und er trottete von Haus zu Haus hinter mir her. Die Gänse wagten sich nicht mehr in meine Nähe.“ Die Mutter legte großen Wert darauf, daß Blanka in dem Vorfall Jehovas liebevollen Schutz erkannte.

Menschen mit unterschiedlichen Mitteln erreicht

Im Jahr 1932 kam in diesem Teil Europas ein weiteres Hilfsmittel für den Predigtdienst hinzu. Die Zeitschrift Das Goldene Zeitalter (heute Erwachet!) erschien in Tschechisch. Noch im selben Jahr wurden 71 200 Exemplare verbreitet. Viele, die Das Goldene Zeitalter lasen, waren hinterher bereit, andere Schriften entgegenzunehmen, die sich eingehender mit der Bibel befaßten.

Um möglichst vielen Menschen Gelegenheit zu geben, die gute Botschaft von Gottes Königreich zu hören, entsandte man Pioniere aus Deutschland. Sie führten ein bescheidenes Leben, so daß sie sich ganz diesem Werk widmen konnten. Von den 84 Pionieren, die 1932 über ihre Tätigkeit berichteten, stammten 34 aus Deutschland. Viele von ihnen mußten eine neue Sprache lernen. Was konnten sie ausrichten, bis sie die Sprache beherrschten? Oskar Hoffmann, ein deutscher Bruder, der in Prag diente, sagte: „Obwohl ich die Landessprache nicht sprechen konnte, besuchte ich die Menschen täglich in ihren Wohnungen. Damit sie verstanden, weshalb ich zu ihnen kam, bat ich sie, eine ‚Zeugniskarte‘ zu lesen, die eine kurze gedruckte Predigt in ihrer Sprache enthielt. Auf diese Weise wurden Tausende biblischer Schriften in die Hände Einheimischer gelegt.“

Auf Grund spezieller staatlicher Verordnungen gegen den Zustrom von Ausländern sahen sich die meisten ausländischen Pioniere 1934 gezwungen, das Land zu verlassen. Doch es war viel Gutes erreicht worden. In jenem Jahr hatten die Pioniere in den meisten Gebieten, die keiner regulären Gruppe zugeteilt waren, Zeugnis gegeben.

In dem Jahr, als die ausländischen Pioniere gehen mußten, versorgte die Gesellschaft die einheimischen Zeugen mit biblischen Vorträgen auf Schallplatten. Sie entfalteten eine lobenswerte Initiative. Die Prager Versammlung kaufte ein Motorrad — eine Indian 750 — mit einem Beiwagen, auf dem man einen Lautsprecher befestigte. Wenn die Zeugen in einem Dorf oder einer Stadt an einem öffentlichen Platz ankamen, stellten sie den Lautsprecher auf ein hohes Stativ und spielten eine Musikaufnahme ab, während sie von Haus zu Haus gingen. Sobald eine Anzahl Leute, angelockt von der Musik, herbeigelaufen waren, spielten sie eine kurze biblische Predigt ab. Dadurch konnten sie an einem einzigen Sonntagmorgen Hunderten von Menschen in mehreren Dörfern Zeugnis geben.

Gesetzliche Registrierung

Man hatte im Jahr 1930 Schritte unternommen, um die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei gesetzlich abzusichern. Dazu mußten Körperschaften gebildet werden, die Immobilien besitzen, Literatur einführen und andere notwendige Aufgaben wahrnehmen durften.

In Prag wurde eine besondere Tagung anberaumt, deren Teilnehmer die Gründung zweier Körperschaften und deren Satzungen billigten. Die erste Körperschaft wurde „Watch Tower Bible and Tract Society (Czechoslovak Branch)“ genannt. Sie war für den Eingang von Literatur, für die Zusammenkünfte und die Verbreitung der Literatur zuständig. Die zweite Körperschaft hieß „Mezinárodní sdružení badatelů Bible, československá větev“ (Internationale Bibelforscher-Vereinigung, Tschechoslowakischer Zweig) und hatte ihren Sitz in Prag. Sie diente als Rechtsinstrument, um das Werk der Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei zu beaufsichtigen. Der tschechoslowakische Zweig der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung richtete drei Büros ein, von denen sich jedes um einen bestimmten Teil der Republik kümmerte. Das Werk in den tschechischen Gebieten wurde von einem Büro in der Stadt Brünn beaufsichtigt, dem Antonín Gleissner vorstand. Diese Körperschaften erleichterten das Evangelisierungswerk in der Tschechoslowakei.

Drei Jahre später, 1933, eröffnete die Watch Tower Society ein Zweigbüro in Prag, wo dann auch gedruckt wurde. Die Notwendigkeit dafür entstand auf Grund der schwierigen Lage in Deutschland nach Hitlers Machtergreifung. Dort waren Verbote erlassen und das Zweigbüro der Gesellschaft in Magdeburg enteignet worden. Edgar Merk aus Magdeburg wurde zum Zweigdiener in Prag ernannt. Karel Kopetzky aus Prag war für das Bethelheim und das Büro verantwortlich.

Allerdings verlief in Prag nicht alles reibungslos. Auf Grund von Stolz und anderen Faktoren kam es zwischen den beiden Brüdern zu Reibereien. 1936 wurde das Prager Zweigbüro dem Zentraleuropäischen Büro der Gesellschaft in der Schweiz unterstellt. Kurz darauf legten Karel Kopetzky und Josef Güttler, die in den gesetzlichen Körperschaften der Gesellschaft in der Tschechoslowakei verantwortliche Stellungen bekleideten, ihr Amt nieder. Ihren Platz nahmen Josef Bahner und Bohumil Müller ein. Der neue Zweigdiener war Heinrich Dwenger, ein gütiger, treuer Diener Jehovas, der schon die verschiedensten theokratischen Aufgaben wahrgenommen hatte. Mit dieser liebevollen Aufsicht setzten sich die Versammlungen weiter freudig im Verkündigen der guten Botschaft von Gottes Königreich ein — eine Botschaft, die in einer zunehmend instabilen Welt dringend nötig war.

Durch internationale Zusammenkünfte gestärkt

Die Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei wußten natürlich, daß ihre Glaubensbrüder in anderen Ländern Kongresse abhielten, und wünschten sich auch im eigenen Land sehnlichst einen Kongreß.

Für den 14. bis 16. Mai 1932 war im Prager Varietétheater eine große internationale Versammlung geplant, wie man sie damals nannte. Es war der erste internationale Kongreß im Land. Der öffentliche Vortrag befaßte sich mit dem zeitgemäßen Thema „Europa vor der Vernichtung“. Das Programm wurde ins Deutsche, Russische, Slowakische, Tschechische und Ungarische übersetzt. Die Anwesendenzahl lag bei 1 500. Es wurde ein kraftvolles Zeugnis gegeben. Während der Kongreßtage verbreiteten die Delegierten, die sich am Predigtdienst von Haus zu Haus beteiligten, über 21 000 bibelerklärende Schriften.

Im Jahr 1937 fand in Prag wieder eine internationale Versammlung statt. Hunderte von Besuchern kamen aus Österreich, Ungarn, Polen, Deutschland und anderen Ländern. „Es war ein wunderbarer Kongreß“, sagte Bruder Müller später einmal. 

Mit dem Predigen der guten Botschaft ging es in der ganzen Tschechoslowakei stetig voran. 1937 machten die Zeugen guten Gebrauch von 7 Lautsprecheranlagen und 50 Grammophonen, um biblische Vorträge abzuspielen. Sie setzten die Ausrüstung bei 2 946 öffentlichen Darbietungen mit insgesamt 31 279 Zuhörern ein. In einem Bericht über das Werk in der Tschechoslowakei in jenem Jahr hieß es: „Im ganzen Land erhielt das Predigen der guten Botschaft Auftrieb. Sowohl in Großstädten als auch in Dörfern hörten die Menschen die Botschaft, ja sie drang bis in Paläste und zu Berggehöften.“

Die nationalsozialistische Bedrohung

Der Zweite Weltkrieg bahnte sich an. In Europa nahmen die Spannungen zu. Wie reagierten Jehovas Zeugen auf die Lage? Die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen war in der Tschechoslowakei noch nicht üblich. Keine der großen alteingesessenen Kirchen hielt sich so konsequent an die Bibel, daß sie die christliche Neutralität wahrte. Der erste, der als neutraler Christ ins Gefängnis kam, war Bohumil Müller. Er schrieb: „Ich sollte am 1. Oktober 1937 den Militärdienst aufnehmen. Mein Gewissen sagte mir jedoch, daß ich als Diener Gottes nicht ‘den Krieg lernen’ durfte (Jes. 2:4). Ich vertraute darauf, daß Jehova mir genügend Kraft und Ausdauer für die bevorstehenden Prüfungen geben würde. Wegen meiner Haltung stand ich bis Ende März 1939 viermal vor einem Militärgericht und wurde jedesmal zu mehreren Monaten Haft verurteilt. Rückblickend kann ich sagen, daß ich für diese Prüfungen dankbar bin, denn sie wappneten mich für künftige, viel schlimmere Zeiten.“

Mit der wachsenden nationalsozialistischen Bedrohung wurde auch mehr Druck auf Jehovas Diener ausgeübt. An der Grenze zu Deutschland verstärkte sich die Gegnerschaft. Im August 1938 wurden die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas verboten, worauf sie sich in kleinen Gruppen versammelten. Libuše Štecherová schrieb: „1938 nahmen die politischen Spannungen zu, und wir mußten lernen, unter veränderten Bedingungen Zeugnis zu geben. Während des Krieges versuchten wir dann, jemanden erst gut kennenzulernen, bevor wir mit ihm über unseren Glauben sprachen.“

Deutschland riß 1938 das Sudetenland an sich, das zur Tschechoslowakei gehörte. Um einen Krieg abzuwenden, gaben Großbritannien und Frankreich der Forderung Hitlers nach, das Sudetenland dem Deutschen Reich einzugliedern, und die Bevölkerung stand nun unter nationalsozialistischer Herrschaft.

Die deutsche Besetzung beginnt

Am 15. März 1939 besetzten die deutschen Truppen ganz Böhmen und Mähren. Hitler schuf ein neues Staatsgebilde, das „Protektorat Böhmen und Mähren“, mit einem eigenen Präsidenten und einer Marionettenregierung.

Die Gestapo verlor keine Zeit, gegen Jehovas Zeugen vorzugehen. Am 30. März erschien sie im Prager Büro der Watch Tower Society. Am 1. April wurde Bohumil Müller aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er wegen seiner christlichen Neutralität eine Strafe abgesessen hatte. Auf seinem Weg vom Gefängnis zum Bahnhof rief er im Zweigbüro an. Er erzählte: „Ich sagte ihnen, ich würde am nächsten Tag kommen und alles in meiner Macht Stehende tun. An dem Tag waren drei von uns im Bethel. Es gab allerhand zu erledigen. Ein Teil der Druckereiausrüstung befand sich bereits im Hafen und war für den Versand in die Niederlande fertig. Der Rest mußte auf der Stelle verpackt werden. Bruder Matejka und ich kümmerten uns darum, während Bruder Kapinus die Büros und die anderen Einrichtungen des Bethels räumte. Wir übersetzten übrigens bereits die Zeitschriften Der Wachtturm und Trost (heute Erwachet!). Es gelang uns, eine große Menge tschechischer Bücher und Broschüren wegzuschaffen, für die sich die Gestapo bei einer Razzia im März nicht interessiert hatte. Doch während der Räumungsaktion tauchte die Gestapo mehrmals im Zweigbüro auf.“

Als die Besetzung begann, war allen klar, daß sich das Predigen äußerst schwierig gestalten würde. Viele Brüder verließen die Tschechoslowakei. Bruder Dwenger reiste am Abend, bevor die Gestapo ihn verhaften wollte, in die Schweiz. Auch Bruder Müller bereitete sich auf die Ausreise vor. Gerade hatte er die dazu notwendige behördliche Genehmigung erhalten, als ein Brief vom Berner Zweigbüro eintraf, in dem es hieß, daß es von Vorteil wäre, wenn er in dem Gebiet bleiben könnte, um die erforderliche Aufsicht zu führen und die Brüder in der Tschechoslowakei zu stärken. Bruder Müller sagte sofort zu und vernichtete seinen Paß, damit er es sich ja nicht anders überlegen konnte.

Nach 48 Jahren sagte er: „Wenn mich heute jemand fragen würde, ob ich es je bereut hätte, im Frühjahr 1939 nicht von Prag weggegangen zu sein, würde ich mit einem entschiedenen ‚Nein!‘ antworten. Ich habe es nie bereut, geblieben zu sein. Mit der Zeit wurde mir bewußt, daß ich hierhin gehörte. Dies ist der Ort, den mir Jehova und seine Organisation zugewiesen haben. All die Grausamkeiten und Schläge, die ich auszuhalten hatte, wurden bei weitem durch die Freude aufgewogen, die ich empfand, als ich beobachtete, wie sich das Werk von Jahr zu Jahr ausdehnte und die Zahl der freudigen Anbeter des Allmächtigen um mich herum zunahm.“

Von 1939 an nahm die Gestapo Verhaftungen vor. Davon betroffen war Otto Buchta, eine Stütze der Versammlung Brünn, der schließlich im Konzentrationslager Mauthausen sein Leben verlor. Im Herbst 1940 wurde Bruder Kapinus, der früher im Prager Zweigbüro mitgearbeitet hatte, zusammen mit anderen Brüdern und Schwestern aus Mähren festgenommen. Trotzdem predigten treue Zeugen Jehovas unverdrossen bei jeder sich bietenden Gelegenheit das Wort Gottes.

Einige, die Jehova in günstigerer Zeit gedient hatten, gaben die wahre Anbetung auf und machten mit den Feinden seines Volkes gemeinsame Sache. Karel Kopetzky war ein sehr befähigter, eifriger Bruder gewesen. Doch als Bruder Müller, sein früherer Mitarbeiter, ihm 1940 begegnete, war er wie umgewandelt. Zu der Begegnung kam es wie folgt: Eine biblische Publikation war vervielfältigt und zum Versenden in Umschläge gesteckt worden. Bruder Müller packte die Umschläge in eine Tasche und fuhr mit seinem Fahrrad von einem Prager Postamt zum nächsten. Jedesmal warf er ein paar Umschläge ein. Er erzählte: „Beim Betreten eines Postamts sah ich am Schalter einen Mann in einer SS-Uniform warten. Ich blieb stehen, aber noch ehe ich mir überlegen konnte, was ich tun sollte, drehte er sich um, und wir standen uns gegenüber. Einen Augenblick lang starrten wir uns an. Sehr zu meiner Bestürzung sah ich einem ehemaligen Glaubensbruder ins Gesicht — Karel Kopetzky! Schnell faßte ich mich wieder, ging an einen der Schalter und schnappte mir ein Formular, worauf ich das Postamt verließ und schleunigst davonradelte.“

Im Jahr darauf wurde Bruder Müller, der damals die Aufsicht über das Werk führte, festgenommen und ins Konzentrationslager Mauthausen gebracht.

Predigen im „Feuerofen“

Im Lauf der Jahre ist schon viel über die Konzentrationslager und das, was Jehovas Zeugen dort durchgemacht haben, geschrieben worden. Unter denen, die in den Lagern interniert waren, befanden sich auch Zeugen aus Tschechien. Wir möchten hier nicht auf Einzelheiten ihrer Leidensgeschichte eingehen, sondern uns darauf konzentrieren, wie sie selbst in diesem „Feuerofen“ im Glauben gestärkt wurden und andere stärkten. (Vergleiche Daniel 3:20, 21.)

In jener Zeit war das tschechische Dorf Lidice überall in der Welt ein Begriff. Am 9./10. Juni 1942 wurde das ganze Dorf auf Hitlers direkten Befehl hin dem Erdboden gleichgemacht, um den Tod eines deutschen Offiziers zu rächen. Der Name des Dorfes sollte von der Karte Europas gelöscht werden. Božena Vodrážková, die das Grauen überlebt hatte, erzählte später: „Die Gestapo trieb das ganze Dorf zusammen. Alle Männer wurden erschossen, die Kinder an unbekannte Orte verschleppt und die Frauen ins Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert. Dort traf ich Zeuginnen unseres Herrn Jehova ... Eine Freundin hatte mir einmal gesagt: ‚Du, Božena, ich hab’ mich mit den Bibelforschern unterhalten. Was sie sagen, ist unfaßbar. Es klingt wie ein Märchen, aber sie behaupten, daß die Bibel recht hat und daß Gottes Reich kommt und dem Bösen ein Ende macht.‘ Nach einiger Zeit lernte ich diese Menschen persönlich kennen. Sie gaben mir Zeugnis von Gottes Königreich, und ihre Botschaft sprach mich sehr an.“ Ja, sie wurde eine Zeugin Jehovas.

Viele Häftlinge waren vom Verhalten der Zeugen Jehovas in den Lagern tief beeindruckt. Alois Miczek erinnert sich: „Während des Krieges wurde ich wegen meiner kommunistischen Betätigung festgenommen und ins Konzentrationslager Mauthausen gebracht. Irgendwie gerieten die Zeugen dort an den Wachtturm und andere Schriften, mit deren Hilfe sie einige Häftlinge belehrten, und die SS konnte nichts dagegen ausrichten. Deshalb beschloß sie, zur Einschüchterung jeden zehnten Zeugen im Lager zu erschießen. Alle Zeugen mußten sich in Reih und Glied aufstellen, und jeder zehnte wurde von bewaffneten Wachen abgeführt. Doch mit einemmal drehten sich die übrigen 90 Prozent der Brüder wie auf Verabredung um und gingen auf die Gruppe zu, die für die Hinrichtung bestimmt war. ‚Wenn ihr schon jeden zehnten erschießen wollt, dann erschießt uns doch alle!‘ Das ganze Lager war von dieser Reaktion überwältigt, und die SS war so beeindruckt, daß der Befehl widerrufen wurde. Ich war ein Augenzeuge dieses Vorfalls“ (Joh. 15:13). Und wie wurde sein Leben davon berührt?

Seine Tochter Marie Gogolková berichtet: „Was mein Vater bei den Zeugen Jehovas in Mauthausen beobachtete, veranlaßte ihn, die Wahrheit anzunehmen. Er ließ sich gleich nach dem Krieg taufen, predigte mit Eifer Gottes Königreich und half vielen, die Wahrheit kennenzulernen.“

Oldřich Nesrovnal aus Brünn war ebenfalls in einem Konzentrationslager. Warum? Der Krieg war ihm zuwider, und er versuchte, in die Schweiz zu fliehen. Dabei wurde er gefaßt, der Spionage beschuldigt und nach Dachau deportiert. Er erzählt: „In dem Gefangenenzug, der uns zum Lager brachte, fiel mir ein stiller 13jähriger Junge auf, der am Fenster saß und etwas las. Es hatte den Anschein, als wollte er nicht zeigen, was er las. Ich fragte ihn danach, und er antwortete, er lese in der Bibel. Er sagte mir, er werde seinen Glauben an Gott nicht aufgeben. Ich verstand ihn nicht, aber ich blieb bei dem Jungen. Er hieß Gregor Wicinsky und kam aus Polen. Tags darauf erfuhr ich, daß er ein Zeuge Jehovas war. Er hatte sich geweigert, eine Liste über Gegenstände zu unterzeichnen, die er abgeben sollte. Die Liste war in Deutsch abgefaßt, und er hatte Angst, er könnte unbewußt eine Kompromißerklärung unterschreiben. Man schlug ihn, aber selbst davon ließ er sich nicht kleinkriegen ...

Ich bat meine Mutter in einem Brief um eine Bibel, und erstaunlicherweise erhielt ich auch eine. Ich machte mich daran, regelmäßig darin zu lesen. Ein Mann aus Ostrau [in Mähren] beobachtete mich dabei. Er wollte wissen, ob ich verstand, was ich da las, und ich entgegnete, daß ich etwa die Hälfte begriff. ‚Würden Sie denn gern mehr verstehen?‘ fragte er. ‚Ja‘, antwortete ich. ‚Na, dann treffen wir uns doch morgen abend nach 6 Uhr dort und dort‘, schlug er vor. Es war das erste Mal, daß ich eine Zusammenkunft der Zeugen Jehovas miterlebte. Die Zusammenkünfte fanden täglich nach 18 Uhr statt und sonntags dreimal. Der Leiter und das Thema wurden im voraus bestimmt. Mein ‚Lehrer‘ war der Literaturdiener. Er war der Lagerschuster, und die gesamte handgeschriebene Literatur war unter dem Sitz seines Arbeitsstuhls versteckt. Von Gregor hörte ich dann allerdings anderthalb Jahre lang nichts mehr. Ende 1944 sah ich eine Gruppe Häftlinge von verschiedenen Nebenlagern zurückkehren und entdeckte meinen Gregor unter ihnen. Er kam mir fast einen halben Meter größer vor, war aber schrecklich abgemagert. Nach einer Quarantänezeit kam er zu unserer Zusammenkunft. Wir begrüßten uns herzlich, und dann sagte er zu mir: ‚Ich hab’ zum Herrn Jehova gebetet, daß er dich hier nicht allein läßt.‘ Jehova hatte sein Gebet erhört.“

Gedächtnismahl in einem Konzentrationslager

War es unter diesen Bedingungen möglich, die Feier zum Gedenken an Christi Tod abzuhalten? Ja, tatsächlich! Allerdings fragten sich manche bisweilen, wie man das bewerkstelligen sollte. Božena Nováková erzählte: „Das Gedächtnismahl kam immer näher. Mir war elend zumute, weil ich dachte, ich könnte nicht von den Symbolen nehmen. Doch Jehova nahm sich der Sache an. Er wußte von meinem innigen Wunsch, und so kam es, daß ich am Tag des Gedächtnismahls in eine der Baracken gerufen wurde. Mehrere Schwestern unterschiedlicher Nationalität hatten sich bereits dort eingefunden. Das Gedächtnismahl einschließlich des Herumreichens der Symbole verlief ohne Störung. Dank, Ruhm und Ehre sei Jehova, unserem Gott, und seinem Lamm!“

Woher waren aber das ungesäuerte Brot und der Wein gekommen? Sie fuhr fort: „Es ergab sich, daß in der Nähe, auf einem staatlichen Gehöft in Fürstenberg, einige Zeugen Jehovas arbeiteten, denen es gelang, die Symbole für uns zu beschaffen.“

Nach dieser segensreichen Erfahrung hatte Schwester Nováková noch ein ganz anderes Erlebnis, das belastend und doch glaubensstärkend war. Sie berichtete: „Eines Tages rief man mich in den Waschraum. Es war ein Waschraum mit Duschen, aus denen an Stelle von Wasser Gas kam, wenn sie angestellt wurden. Die vergasten Frauen wurden in Öfen geworfen, manche noch bei lebendigem Leibe. Ich wußte das nicht, bis eine Aufseherin zu mir sagte: ‚So, Bibelforscherin, du wirst vergast! Jetzt werden wir ja sehen, ob dein Jehova dich rettet!‘ “ Als Schwester Nováková sich wegwandte, schossen ihr Tränen in die Augen, und sie betete: „Vater Jehova, wenn es dein Wille ist, daß ich sterbe, dann laß es bitte so sein. Aber ich möchte für meine Kinder beten und vertraue sie ganz deiner Obhut an.“ Über den Fortgang der Ereignisse sagte sie: „Ich betete noch, da öffnete sich die Tür, und der leitende Arzt kam herein. Er sah meinen lila Winkel und meinte: ‚Was haben Sie hier zu suchen, Bibelforscherin? Wer hat Sie hierhergeschickt?‘ Ich antwortete, die Aufseherin habe mich gerufen. Darauf forderte er mich auf: ‚Verschwinden Sie! Ihr Platz ist dort!‘, wobei er zur Tür deutete. Beim Weggehen hörte ich die Aufseherin sagen: ‚Jetzt glaube ich allmählich, daß sie von ihrem Jehova beschützt werden.‘ “

Zeugnisgeben während der NS-Besetzung

In dieser Zeit gab es zwar keine Predigtdienstberichte, doch die gute Botschaft wurde in der Tschechoslowakei weiter gepredigt. Rǔžena Lívancová aus Kladno schrieb: „Unsere Mutter gab uns den Glauben an Gott mit auf den Weg, aber nicht in der Weise, wie die Geistlichen es taten, sondern so, daß wir Achtung vor anderen hatten. 1940 sprach eine Zeugin Jehovas aus Prag mit uns. Durch sie lernte ich unseren wunderbaren Gott und liebevollen Vater, Jehova, kennen. 1943 ließen meine Mutter, meine Schwester und ich uns taufen.“

Selbst damals während des Krieges zog Jehova die zu sich, „die zum ewigen Leben richtig eingestellt waren“ (Apg. 13:48). František Šnajdr aus Prag sagte: „Wir waren eine katholische Familie, gingen aber nie zur Kirche. Ich war Maschinist und führte ein ganz normales Leben. Öfter ging ich zum Kartenspielen in Kneipen. Einmal kam ein Mann, bestellte sich ein Bier und gab den Anwesenden Zeugnis. Sie machten sich über ihn lustig. Beim Kartenspielen hörte ich ihm jedoch mit einem Ohr zu. Er sprach über das 24. Kapitel von Matthäus. Ich sagte ihm, daß mich das interessiert. Daraufhin lud er mich zu sich nach Hause ein. Als ich dort ankam, war gerade eine Zusammenkunft im Gang. Es waren schon sieben Leute in seiner Wohnung. Ich fragte: ‚Sagen Sie mir bitte, wann kommt denn der Pfarrer?‘ “ Doch es erschien kein Pfarrer. Josef Valenta, der direkt neben František saß, leitete die Zusammenkunft.

František studierte die Bibel und ließ sich im August 1942 taufen. Im Jahr darauf wurde er von der Gestapo verhaftet. Aber Jehova ließ ihm die nötige Hilfe zukommen, so daß sein Glaube gefestigt wurde. František erzählte: „In Mauthausen lernte ich Bruder Martin Pötzinger kennen — einen mutigen, besonnenen Bruder. Er fertigte mir ein Paar Schuhe an und versorgte mich immer mit Literatur. Jeden Sonntag hielten wir direkt auf dem Platz — natürlich insgeheim — Zusammenkünfte ab.“ (Offensichtlich meinte er den Appellplatz.)

Jan Matuszný erkannte ebenfalls, daß er in geistiger Hinsicht Hilfe brauchte. Er schrieb später: „Während des Krieges arbeitete ich in einem Bergwerk. Zusammen mit meinen beiden Brüdern spielte ich in der Bergwerksband. Ich rauchte und trank und war in einem so jämmerlichen Zustand, daß meine Hände zitterten wie bei einem alten Mann. Als ich wieder einmal betrunken war und mich hundeelend fühlte, betete ich laut zu Gott und bat ihn, mir irgendwie aus meiner Misere herauszuhelfen.“

Es dauerte nicht lange, und eine Zeugin Jehovas, die seine leibliche Schwester besuchte, verwickelte ihn in ein ausführliches Gespräch und gab ihm eine Bibel sowie drei Broschüren. Beim Lesen gelangte er zu der Überzeugung, daß er die Wahrheit gefunden hatte. Er gewöhnte sich das Rauchen und das Trinken ab, spielte nicht mehr in der Band und besuchte die Zusammenkünfte. 1943 ließ er sich in einem Fischteich taufen. Er berichtete noch weiter: „In der gesamten Kriegszeit hielten wir Zusammenkünfte ab. Man erklärte uns, was mit einem ‚Kompromiß‘ gemeint sei und daß es besser sei, zu sterben, als einen Bruder zu verraten. Das war eine gute Grundlage, die uns für die künftige Verfolgung wappnete.“ Ja, mit dem Ende des Krieges war die Verfolgung längst nicht vorbei.

Eine Zeit relativen Friedens gut genutzt

Nach Kriegsende erlebte Jehovas Volk von 1945 bis 1949 eine einigermaßen friedliche Zeit mit relativer Freiheit. Es war eine Zeit des Wiederaufbaus, in der sich die Zeugen mit neuem Schwung an ihr von Gott aufgetragenes Werk des Predigens machten (Mat. 24:14).

Als erstes mußten alle Versammlungen und die einzelnen Verkündiger ausfindig gemacht werden. Manche hatten ihr Leben verloren, andere waren umgezogen, und Tausende mit deutscher Nationalität, die in Grenznähe gewohnt hatten, standen vor der Ausweisung. Bruder Müller, wahrscheinlich einer der ersten Zeugen, die nach Hause zurückkehrten, tat sein Bestes, den Kontakt zwischen den Versammlungen wiederherzustellen. Er versuchte auch, mit den Zweigbüros der Gesellschaft in anderen Ländern Verbindung aufzunehmen, zunächst allerdings ohne Erfolg. Anfang Juni gelangte dann aber eine telegrafische Nachricht nach Bern. Daraufhin trafen Briefe aus Bern ein, die jeweils mehrere Wachtturm-Seiten in Deutsch enthielten. Man machte sich sofort ans Übersetzen. Im August 1945 stellten die Brüder in Prag mit einem Vervielfältigungsgerät die erste Nachkriegsausgabe des Wachtturms in Tschechisch her.

Viele Menschen erinnerten sich an das, was die Zeugen vor dem Krieg gepredigt hatten, und eine Anzahl war jetzt bereit zuzuhören. Es gab neuerdings öffentliche biblische Ansprachen, die von befähigten Rednern vorgetragen wurden — also keine Tonbandaufnahmen. Hunderte strömten herbei. Die erste Ansprache mit dem Thema „Freiheit in der neuen Welt“ wurde am 11. November 1945 in der Halle der Prager landwirtschaftlichen Börse gehalten. Die rund 600 Anwesenden waren hellauf begeistert. Innerhalb von drei Jahren wurden in der Tschechoslowakei 1 885 solcher öffentlichen Vorträge gehalten. Etliche, die heute Zeugen Jehovas sind, sagen, daß sie sich durch diese Vorträge zur Wahrheit hingezogen fühlten.

Ein Beispiel dafür ist Tibor Tomašovský, der gegenwärtig in Böhmen lebt. Ein Zeuge Jehovas lernte bei seiner beruflichen Tätigkeit Tibor kennen und kam im Verlauf einer Unterhaltung auf die Bibel zu sprechen. Tibor war von der bescheidenen Art des Zeugen beeindruckt und lud ihn zu sich nach Hause ein. Darauf wurde Tibor zu einer Zusammenkunft eingeladen. Er erzählte später: „Was meine Frau und ich bei dieser Zusammenkunft erlebten, war einfach unbeschreiblich. Eine so hervorragende Ansprache hatte ich noch nie gehört. Drei verschiedene Redner wechselten sich ab. ‚Das müssen Menschen mit einer hohen Bildung sein‘, sagte ich zu meinem Nebenmann. ‚Nein, die sind bloß Bauern‘, war die Antwort. Was wir da hörten, war so wunderbar, daß wir gar nicht nach Hause wollten. In der Woche darauf fiel es mir schwer, mich im Büro auf meine Arbeit zu konzentrieren, und ich konnte es bis zum nächsten Sonntag kaum abwarten. Wir ließen nie eine Zusammenkunft ausfallen.“

Zu den Orten, wo Jehovas Zeugen tätig waren, gehörten auch Arbeitslager, in denen nach Kriegsende Deutsche, die auf ihre Deportation warteten, und Kriegsgefangene festgehalten wurden. In einem Bericht über die damalige Tätigkeit heißt es: „Mit großem Erfolg haben die Brüder mit den Deutschen, zumeist Nationalsozialisten, in den Arbeitslagern gesprochen.“ Würden sie unter den veränderten Umständen positiver auf die biblische Wahrheit reagieren? Jehovas Zeugen wollten ihnen diese Gelegenheit nicht vorenthalten.

Im November 1945 traf die offizielle Ernennung Bruder Müllers zum Zweigaufseher ein. Im darauffolgenden Sommer gelang es den Brüdern, in Suchdol, unweit von Prag, ein so gut wie neues viergeschossiges Gebäude zu erwerben. Für die Bethelfamilie brachte das ein ruhiges Arbeitsumfeld und gute Wohnverhältnisse mit sich. Das Land wurde in Kreise unterteilt, von denen jeder aus rund 20 Versammlungen bestand, und es fanden regelmäßig Kreiskongresse statt. Das erwies sich als großer Segen. Die Kongresse waren immer mit Haus-zu-Haus-Dienst verbunden, und durch den öffentlichen Vortrag am Sonntag nachmittag wurde ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben. Nachdem in den Versammlungen die Theokratische Predigtdienstschule eingeführt worden war, gab es mehr Brüder, die mit der Hilfe des Geistes Jehovas befähigt waren, öffentliche Ansprachen zu halten, und die Verkündiger verbesserten sich im Lehren.

Es wurden auch große Kongresse arrangiert. Der Kongreß, der 1946 in einem Vereinsgebäude in Brünn stattfand, wurde von 1 700 Personen besucht. Dort wurden die Vorträge „Seid fröhlich!“ und „Der Fürst des Friedens“ gehalten. Bei diesem Anlaß war Franz Zürcher aus Bern zugegen. Im Jahr darauf, als wieder ein Kongreß in Brünn stattfand, waren drei Mitarbeiter der Weltzentrale — N. H. Knorr, M. G. Henschel und H. C. Covington — am Programm beteiligt. Der öffentliche Vortrag „Freude für alles Volk“ wurde in der ganzen Stadt auf Plakaten und Handzetteln angekündigt, und es kamen 2 300 Besucher. Viele ließen ihre Adresse zurück und äußerten den Wunsch, zu weiteren Zusammenkünften eingeladen zu werden.

Anfang 1948 gab es eine Regierungskrise. Die Kommunisten übernahmen die Macht. Jehovas Zeugen predigten weiter eifrig die gute Botschaft. Die Zahl der Königreichsverkündiger nahm in jenem Jahr um 25 Prozent zu. Im September fand erneut ein Kongreß statt, diesmal in Prag. Der öffentliche Vortrag behandelte das zeitgemäße Thema „Das Königreich Gottes — die Hoffnung für die ganze Menschheit“. Und wenn man bedenkt, was bevorstand, war die Ansprache „Unter Prüfungen die Lauterkeit bewahren“ ebenfalls genau das richtige. Der Kongreß war noch im Gang, als die Feinde des Volkes Jehovas zum Angriff ansetzten.

Wieder ziehen dunkle Wolken auf

Nicht einmal vier Jahre waren vergangen, seit die Brüder und Schwestern aus dem Gefängnis freigekommen waren, und schon schlug das Wetter um. Auf einem Kreiskongreß, der im November 1948 in Karlsbad (Westböhmen) stattfand, brauten sich Gewitterwolken zusammen. Der Kongreß an sich wurde nicht gestört. Doch als Bruder Müller am Sonntag, den 28. November, nachmittags den öffentlichen Vortrag hielt, waren einige der hinteren Plätze im Saal von Beamten der Staatssicherheit in Zivil besetzt. Noch am selben Tag — Bruder Müller aß gerade zu Abend — suchte ihn Oldřich Skupina auf, der Aufseher der Versammlung in Karlsbad, und berichtete ihm ganz aufgeregt, daß Staatssicherheitsbeamte die Wohnungen mehrerer Brüder durchsucht und Literatur beschlagnahmt hatten.

Bruder Müller versuchte, mit dem Bethel in Prag zu telefonieren, aber es nahm keiner ab. Offenbar war auch dort etwas Beunruhigendes geschehen. Er kehrte kurzerhand nach Prag zurück. Als er sich dem Bethel näherte, sah er zwei Männer, die sich als Arbeiter verkleidet hatten und das Gebäude beobachteten. Im Bethel selbst teilte ihm ein Bruder mit, mehrere Beamte der Staatssicherheit hätten das gesamte Gelände abgesucht und das Büro versiegelt. Etwa eine Dreiviertelstunde nach seinem Eintreffen erschienen zwei Beamte vom Innenministerium im Bethelheim und erklärten das Gebäude für enteignet. Bruder Müller protestierte mit dem Hinweis, daß einer Enteignung ein Gerichtsbeschluß vorausgehen müsse. Nachdem die Beamten weggegangen waren, gelang es ihm, einige Unterlagen, die sie nicht gefunden hatten, in sein Elternhaus zu bringen. Als er wieder ins Bethel zurückkehrte, erwartete ihn ein Staatssicherheitsbeamter mit einem Haftbefehl für ihn und die beiden Schwestern, die bei ihm waren. Die übrigen Bethelmitarbeiter waren bereits festgenommen worden.

War denn wirklich so schnell ein Gerichtsbeschluß erwirkt worden? Nein. Monate später, während sich die Brüder in Haft befanden, erhielt einer von ihnen, nämlich Bruder Kapinus, einen Brief. Er enthielt den Entscheid des Innenministeriums, datiert vom 4. April 1949 — also vier Monate später —, daß die Tätigkeit der Gesellschaft unterbunden und ihr Besitz enteignet werde.

Trotzdem stellte der Staatliche Gerichtshof im Juli aus Mangel an Beweisen das Verfahren gegen die Brüder ein. Sie kamen aus der Untersuchungshaft frei. Allerdings verließen sie das Gerichtsgebäude nicht als freie Menschen. Zwei Beamte vom Innenministerium hielten sie auf und unterrichteten sie davon, daß sie laut Beschluß der Kommunistischen Politischen Kommission für zwei Jahre in ein Arbeitslager kämen. Was auf gerichtlichem Weg nicht zu erreichen war, wurde einfach durch eine willkürliche Verordnung durchgesetzt. Bruder Müller wurde nach Kladno abtransportiert, wo er in einem Kohlenbergwerk arbeitete.

Die Verhaftungswelle, die das ganze Land erfaßte, brachte für die Zeugen Jehovas viele Härten mit sich. Doch die Rechnung der kommunistischen Beamten ging nicht auf. Als Bruder Müller im Gefängnis saß, sagten sie zu ihm: „Wenn man den Kopf abschneidet, stirbt der Körper.“ Sie hielten ihn und andere verantwortliche Brüder für den „Kopf“ und begriffen nicht, daß der eigentliche „Kopf“ der Christenversammlung der Herr Jesus Christus im Himmel ist (Eph. 4:15, 16).

Die wahre Anbetung bleibt bestehen

Trotz des Zwangs, der in dieser dunklen Zeit ausgeübt wurde, hörte die wahre Anbetung nicht zu bestehen auf. Die Brüder leiteten prompt alles in die Wege, damit das Zeugnisgeben über Jesus, den messianischen König, weiterging. Josef Skohoutil aus Prag berichtet: „Ein paar Tage nach Einsetzen der Verfolgung besuchte mich Bruder Gros, ein Aufseher in der Stadt. Er gab mir die Namen von zehn Verkündigern und sagte mir, ich solle mich um sie kümmern.“ Eine Zeitlang versuchte man noch, von Haus zu Haus Zeugnis zu geben, aber dann machte man sich nach und nach mit anderen Methoden vertraut.

Obwohl viele Brüder im Gefängnis waren, organisierten die in Freiheit lebenden Zeugen weiter Zusammenkünfte. Öffentliche Säle konnte man nicht benutzen, aber man hielt in großen Wohnungen ein verkürztes Kongreßprogramm ab. In Wäldern wurden bisweilen auch größere Kongresse veranstaltet. Der erste dieser Art fand 1949 in Oldřichov in der Nähe der Stadt Nejdek statt. Ein Hang mit Gesteinsblöcken bot den 200 Anwesenden Sitzgelegenheiten. Ganz in der Nähe befanden sich ein verlassenes Haus, eine Scheune und ein Teich. Für die Taufe wurden in der Scheune Umkleidekabinen für Männer und für Frauen eingerichtet. Man reinigte den Teich und fertigte Holzstufen an, auf denen die Täuflinge ins Wasser steigen konnten. Bei dieser Gelegenheit ließen sich 37 Personen taufen.

Wie kam man an Publikationen für das Bibelstudium heran? Ein Bericht von Bruder Vykouřil aus Teplice gibt darüber Aufschluß. Darin heißt es: „1950 waren nur drei von uns in Teplice übriggeblieben. Wir erhielten mit der Post einen französischen Wachtturm von einer Schwester in der Schweiz. Eine Zeitlang war der Kontakt unterbrochen, aber dann wurde er wiederhergestellt. Bei mir trafen verschlüsselte Briefe ein. In diesen Briefen wurde ich gebeten, jemand zu suchen, der jemand kannte, der wieder jemand kannte, so daß eine Verbindung geschaffen werden konnte. Die leitenden Brüder saßen im Gefängnis, weswegen wir erneut organisatorische Kontakte knüpfen mußten. Wir waren ohne offiziellen Auftrag tätig. Jeder tat einfach das, was erforderlich war. Dennoch mußten wir nie auf den Wachtturm verzichten.“

Das war der Beginn eines der schwierigsten Abschnitte in der Geschichte der Zeugen Jehovas in diesem Land. Allein der Führung Jehovas war es zu verdanken, daß das Werk nicht zum Stillstand kam. Im Gegenteil, trotz vieler Prüfungen dehnte es sich weiter aus.

Eine kurze Verschnaufpause

Anfang 1950 wurden unerwartet alle Zeugen Jehovas, Brüder wie Schwestern, aus den Arbeitslagern entlassen. Was erwartete sie? Bruder Müller erinnerte sich: „Ich war angenehm überrascht, wie gut in unserer Abwesenheit alles organisiert worden war.“ Jehovas Geist hatte jüngere Brüder wie Jan Sebín und Jaroslav Hála gedrängt, mit Eifer die Führung zu übernehmen. Jaroslavs Vater war 1948 verhaftet worden (und später starb er im Gefängnis), aber der Sohn war vielen Brüdern und Schwestern ein Vorbild und eine Quelle der Ermunterung. Wie sich zeigte, war die Zahl der aktiven Zeugen im ganzen Land (der ehemaligen Tschechoslowakei) innerhalb von zwei Jahren um 52 Prozent angestiegen — von 1 581 auf 2 403. Im Jahr darauf war dann noch eine Mehrung von 38 Prozent zu verzeichnen.

Als 1951 das Buch „Gott bleibt wahrhaftig“ in sechs Teilen in Tschechisch erschien, war eine Basis für weiteres Wachstum da. Diese Publikation sollte als Grundlage für Heimbibelstudien dienen. Sie enthielt alles, was nötig war, um interessierten Personen zu einem guten Start für ein Leben im Dienst Jehovas zu verhelfen.

Die kommunistischen Kader waren der Tätigkeit der Zeugen Jehovas allerdings nicht freundlich gesinnt. Das Jahr 1952 leitete eine neue ausgedehnte Periode heftiger Verfolgung für Jehovas Volk ein.

Wieder im „Feuerofen“

Am 4. Februar 1952 wurde Bruder Müller in den frühen Morgenstunden erneut von Beamten der Staatssicherheit abgeführt. Diesmal verband man ihm auf der Fahrt zum Gefängnis die Augen. Später schrieb er: „In den nächsten 14 Monaten durfte ich meine Einzelzelle nur mit verbundenen Augen verlassen. Etwa alle zwei Tage führte mich der Vernehmungsbeamte in sein Büro. Dort mußte ich lange Verhöre über mich ergehen lassen, bei denen man mich überreden wollte, zuzugeben, daß ich in Spionage verwickelt gewesen sei und Verrat begangen hätte. Es wurden zahlreiche Vernehmungsprotokolle geschrieben, dann vernichtet und neu geschrieben. Die Vernehmer probierten immer wieder andere Methoden aus, um in das Protokoll wenigstens eine leise Andeutung von Schuld aufnehmen zu können. Ich weigerte mich wiederholt, diese Protokolle zu unterzeichnen. Ungefähr 16 Jahre später, als ich frei war, sagte mir ein Beamter vom Innenministerium, ich hätte auf einer Liste von Personen gestanden, die zur Liquidation bestimmt waren. Am 27. März 1953 wurde ich mit verbundenen Augen zu einer Gerichtsverhandlung in Pankrác gebracht. Meine beiden Mitarbeiter und ich wurden einem enormen psychologischen Druck ausgesetzt. Die Verhandlung dauerte zwei Tage. Sie fand unter strengster Geheimhaltung statt. Die Plätze für die Öffentlichkeit waren ausschließlich von Vernehmern des Innenministeriums besetzt.“

Wie sich herausstellte, war es am 4. Februar 1952 in der ganzen Tschechoslowakei zu etlichen Festnahmen gekommen. An diesem Tag hatten Staatssicherheitsbeamte alles in allem 109 Zeugen Jehovas (104 Brüder und 5 Schwestern) verhaftet.

Unter den Inhaftierten befand sich auch Emílie Macíčková. Sie erzählt: „Am 4. Februar 1952 — mein Mann lag im Krankenhaus — kamen um halb vier Uhr nachts drei Männer und eine Frau von der Staatssicherheit zu uns nach Hause. Sie verhafteten mich auf der Stelle. Auch nahmen sie eine gründliche Haussuchung vor und beschlagnahmten alles, was sie fanden. Sie brachten mich zum Polizeipräsidium von Ostrau. Dort befanden sich bereits eine Menge von uns Zeugen Jehovas. Wir wurden zu Dutzenden verhaftet. Man führte uns in frisch getünchte, aber übelriechende kalte Zellen, gab uns kaltes Wasser zum Waschen und verschloß dann die Eisentüren. Jedesmal, wenn man uns irgendwohin brachte, setzte man uns eine dunkle Brille auf. Man steckte Schnüffler in unsere Zellen, aber wir sprachen mit ihnen einzig und allein über Gottes Königreich. Diese Handlanger des Regimes sangen sogar unsere Königreichslieder und taten so, als würden sie beten. Ja, so weit gingen unsere Feinde, um uns kleinzukriegen, aber Jehova stärkte uns.“

Ein monströser Prozeß in Prag

Damals wurden in der Tschechoslowakei viele politische Prozesse geführt. Bei diesen Verhandlungen ergingen extrem harte Urteile — entweder langjährige Freiheitsstrafen oder die Todesstrafe. Der Prozeß, der den Zeugen Jehovas am 27. und 28. März 1953 gemacht wurde, fiel ebenfalls in diese Zeit. Hinter verschlossenen Türen fanden zwei Scheinprozesse gegen Zeugen Jehovas in leitender Stellung statt. Zwischen den beiden Gerichtsverhandlungen lag ein Monat. Die Urteile sahen wie folgt aus: „Müller und Fogel: 18 Jahre Gefängnis; die Angeklagten Sebín, Gros und Hála: 15 Jahre; Nahálka: 12 Jahre; Novák: 8 Jahre und Porubský: 5 Jahre. Das Eigentum aller Angeklagten wird beschlagnahmt, und sie verlieren ihre Bürgerrechte.“

Die Öffentlichkeit konnte sich nur durch die Zeitungen über diese Prozesse informieren. Was war darin zu lesen? Ein Beispiel für die entstellten Meldungen ist der Bericht, der am 30. März in der kommunistischen Tageszeitung Rudé právo (Das Rote Gesetz) erschien: „Den amerikanischen Imperialisten ist in ihrem Haß auf die volksdemokratische Tschechoslowakei jedes Mittel recht, um die Arbeiterschaft vom Weg des Sozialismus abzubringen ... Das Bezirksgericht in Prag hat sich mit einer Form destruktiver Tätigkeit amerikanischer Imperialisten befaßt ... Angeklagt waren führende Mitglieder einer Sekte, deren Anhänger sich Zeugen Jehovas nennen. Diese von Brooklyn (USA) aus geleitete Organisation, die wegen ihrer destruktiven Absichten in unserem Land seit 1949 verboten ist, hat in die Tschechoslowakei kosmopolitische Ideologien eingeschleust, die unter dem Deckmantel des reinen Christentums die Moral unserer Arbeiterschaft untergraben und Haß gegen den Staat und seine Gesetze entfachen sollen, und sie hat ihre Anhänger auf einen Krieg vorbereitet, in dem sie schließlich die Rolle der fünften Kolonne spielen würden.“

Diese Verdrehung der Tatsachen, mit der man das Vorgehen des Gerichts rechtfertigen wollte, schuf einen Präzedenzfall, an dem man sich im ganzen Land orientierte.

Schafähnliche Menschen in den Gefängnissen

Selbst im Gefängnis boten sich Gelegenheiten zum Zeugnisgeben. Einfallsreichtum war gefragt, aber daran mangelte es den Brüdern nicht. Im Gefängnis gab es Menschen, die auf die biblische Wahrheit günstig reagierten. Ein Beispiel dafür war František Janeček aus Čáslav. Er erzählt: „Während des Krieges gehörte ich der Widerstandsbewegung an. 1948 lehnte ich die neue Form der Gewalt ab und wurde zu 11 Jahren Haft verurteilt, weil ich offen gegen die Ungerechtigkeit opponierte. Im Gefängnis durfte ich eine Bibel haben, und ich gab in meiner arbeitsfreien Zeit sogar Bibelstunden. Die Zeugen hielten mich deshalb für einen Geistlichen. Wir waren in verschiedenen Baracken untergebracht, aber manchmal mußten wir außerhalb der Baracken Wache schieben — die sogenannte Brandschutzwache. In einer solchen Nacht war es einmal bitter kalt, und der Himmel war mit Sternen übersät. Von den Nachbarbaracken her kam ein Häftling, der auch gerade mit seiner Wache begann. Ich sagte zu ihm: ‚So, Sie dienen hier wohl auch dem Pharao, he?‘ ‚Wissen Sie denn überhaupt, wer Pharao war?‘ fragte er mich. ‚Ja, der Herrscher von Ägypten.‘ ‚Und wissen Sie auch, wen er prophetisch dargestellt hat?‘ ‚Nein!‘ ‚Na, dann kommen Sie mal mit, ich sag’s Ihnen.‘ Wir gingen zwei Stunden nebeneinander her, und er unterbreitete mir eine plausible Erklärung. Ich machte rasch Fortschritte. Gott hat mich geliebt und meine Sehnsucht nach der Wahrheit gesehen.“ František schloß sich den Zeugen Jehovas beim Bibelstudium an und berichtete schon bald 70 bis 80 Stunden Predigtdienst im Monat.

Viele, die im Gefängnis die Wahrheit kennenlernten, ließen sich dort auch taufen. Wie ging man dabei vor? Ladislav Šmejkal, der als politischer Häftling die Wahrheit kennenlernte, berichtet: „In dem Bergwerk, wo wir arbeiteten, hatten wir Zugang zu den Kühltürmen für die großen Bergwerkskompressoren. Im Juni 1956 wurde ich mit mehreren anderen im Reservoir eines dieser Türme getauft. Leicht war das nicht, denn es mußte in der kurzen Pause vor Beginn der Nachmittagsschicht über die Bühne gehen. Wir nahmen unsere Unterwäsche mit, gingen zum Turm, ließen uns taufen, zogen uns schleunigst um und meldeten uns dann zur Arbeit.“ Sie waren dankbar, daß Jehova seinen Dienern geholfen hatte, einen Weg zu finden, wie sie ihre Hingabe symbolisieren und so dem Gebot Jesu Christi nachkommen konnten (Mat. 28:19, 20).

„Heilige“ im Kohlenbergwerk

Das Verbot der Zeugen Jehovas wurde nicht an allen Orten und zu allen Zeiten gleich gehandhabt. Doch unter allen Umständen waren die Brüder gewissenhaft darauf bedacht, ihre christliche Lauterkeit zu bewahren. Viele von ihnen kamen deswegen ins Gefängnis.

Im Jahr 1958 wurden dann aber Bergleute, die jünger als 30 Jahre waren, auf Grund eines Regierungserlasses vom Militärdienst freigestellt. Manche Brüder bewahrten sich dadurch ein gewisses Maß an Freiheit, daß sie sich Arbeit in den Bergwerken suchten, statt zu warten, bis sie festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt würden, vielleicht ohnehin zur Zwangsarbeit im Bergbau (Spr. 22:3). So kam es, daß in etlichen Bergwerken „Heilige“ oder „Geistliche“ beschäftigt waren, wie man die Zeugen nannte. Und da in bestimmten Bergwerken eine Menge Zeugen Jehovas arbeiteten, gründeten sie starke Versammlungen, in denen Brüder zu geistiger Reife gelangten und sich wertvolle Fähigkeiten im Dienst für Gott aneigneten.

Eduard Sobička arbeitete 10 Jahre lang in einem Bergwerk in dem Dorf Kamenné Žehrovice bei Kladno. Er sagt: „Soweit ich mich erinnern kann, lag die Zahl der Brüder, die gleichzeitig mit mir im selben Bergwerk arbeiteten, einmal sogar bei etwa 30. Wir arbeiteten in verschiedenen Schichten und legten für uns eine Regel fest, damit nicht der Eindruck entstand, wir wollten nur mit unseresgleichen zusammensein und uns von den anderen Bergleuten abgrenzen. Trotzdem erregten die ‚Heiligen‘, wie man uns oft nannte, große Aufmerksamkeit. Wir wurden verspottet und beschimpft, aber insgeheim auch geachtet.“ Dort in den Bergwerken nahmen die Brüder Gelegenheiten zum Zeugnisgeben wahr, und wenn Interesse zu erkennen war, liehen sie außerdem ihre kostbaren biblischen Schriften aus.

Urlaub mit anderen Zeugen

Es waren zwar schwere Zeiten, aber im Leben der Diener Jehovas hatten auch Ferien ihren berechtigten Platz. Bei sorgfältiger Planung kamen sie nicht nur der körperlichen Erholung zugute, sondern auch der geistigen Erbauung. Man kann sich vorstellen, was es zu einer Zeit, als die Zusammenkünfte mit höchstens 10 Anwesenden abgehalten wurden, für ungefähr 30 Zeugen Jehovas bedeutet haben muß, ein bis zwei Wochen zusammenzusein.

Wichtig war, gut abzuwägen, wen man einlud. Bei der Planung achtete man darauf, nicht den Jüngeren gegenüber den Älteren oder Brüdern gegenüber Schwestern den Vorzug zu geben. Man bemühte sich, mehrere reife christliche Brüder einzubeziehen, die die nötige Aufsicht gewährleisten würden.

Im Vordergrund stand ein ausgewogenes Programm zur Stärkung des Glaubens. Der Tagesablauf sah ungefähr so aus: Morgengebet, Tagestext und Bibellesung. An manchen Nachmittagen wurden mehrstündige Zusammenkünfte abgehalten. Abends traf man sich oft zu einem im voraus geplanten glaubensstärkenden Programm. Der Rest des Tages war frei. Man konnte studieren, wandern, schwimmen gehen und dergleichen mehr. Der Predigtdienst wurde meistens mit einer Wanderung verbunden, aber auch hier waren ungeschriebene Regeln zu beachten. Immerhin war ja eine Gruppe von rund 20 Wanderern unterwegs. In den Dörfern, im Wald und auf den Feldern trafen sie Einheimische. Sobald sie jemandem begegneten, verließ ein Bruder oder eine Schwester die Gruppe und versuchte, ein Gespräch anzufangen. Die übrigen gingen weiter.

Diese Gruppenreisen wirkten sich sehr positiv aus. Sie festigten den Glauben und dienten dazu, die gute Botschaft zu verbreiten. Sie waren ein fester Bestandteil der jüngeren Geschichte der Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei. Allerdings konnten es sich Diener Jehovas zu keiner Zeit leisten, in ihrer geistigen Wachsamkeit nachzulassen.

Ein listiger Angriff

Satan, der Teufel, „der Vater der Lüge“, verdreht Tatsachen und rückt treue Diener Gottes in ein schlechtes Licht, um das Vertrauen zu untergraben (Joh. 8:44). Mit dieser Taktik schwächte er in alter Zeit das Volk Israel, brachte im ersten Jahrhundert die Juden gegen Christus auf und versuchte, die frühchristliche Versammlung zu entzweien (4. Mo. 13:26 bis 14:4; Joh. 5:10-18; 3. Joh. 9, 10). Manche arbeiten ihm dadurch in die Hände, daß sie unbedingt im Vordergrund stehen möchten. Andere fühlen sich möglicherweise im Recht und propagieren lautstark ihre Meinung, ohne alle Fakten zu kennen. Satan kann beides ausnutzen, und das hat er auch in diesem Land getan.

Ende der 50er Jahre befanden sich die Zeugen in der Tschechoslowakei in einer schwierigen Lage. Viele saßen im Gefängnis. Die Verbindung zur Weltzentrale der Zeugen Jehovas war abgerissen. Einige entfalteten zwar Initiative, gaben aber Weisungen, die ihre eigene Meinung widerspiegelten, statt fest auf die Heilige Schrift gegründet zu sein (Tit. 1:9; Jak. 3:1). Als Reaktion auf die damaligen Repressalien nahmen einzelne in bestimmten Fragen einen unverrückbaren Standpunkt ein, ohne mit allen Tatsachen vertraut zu sein. (Vergleiche Sprüche 18:13, 17.) Einige wenige begannen, „die Jünger hinter sich her wegzuziehen“ (Apg. 20:30).

Über die Vorkommnisse jener Zeit schrieb Bruder Müller später: „Im Gefängnis von Valdice wurde ich im Januar 1956 eines Tages in ein Büro geführt, wo zwei Männer auf mich warteten. Sie sagten, sie seien vom Innenministerium. Sie wollten mich davon überzeugen, daß wir verschiedene unserer religiösen Lehren ‚lockern‘ sollten. Da wir uns nicht einigen konnten, war das Gespräch nur von kurzer Dauer. 1957 besuchten mich zwei andere Beamte vom Innenministerium. Die dreistündige Unterhaltung mit ihnen hatte einen ganz anderen Tenor. Ich konnte ihnen offen den Standpunkt der Zeugen zu verschiedenen Fragen erklären. Sie interessierten sich für unsere Haltung zum Militärdienst, zu Bluttransfusionen, Gewerkschaften und einiges mehr. Zum Schluß fragte mich einer von ihnen: ‚Herr Müller, denken Sie, wir könnten Freunde werden?‘ Ich erwiderte: ‚Menschen, die miteinander befreundet sind, haben ein sehr enges Verhältnis zueinander und viele gemeinsame Interessen. Wir Zeugen Jehovas glauben an Gott. Sie als Kommunisten dagegen sind Atheisten. Wir haben keine gemeinsame Basis. Aber ich denke, wir sind zu einer friedlichen Koexistenz in der Lage.‘ Der Beamte sagte: ‚Ich freue mich über Ihre Antwort, denn sonst könnten wir Ihnen nicht vertrauen.‘ Ich hatte den Eindruck, daß man mit dieser letzten Frage herausfinden wollte, ob künftige Dialoge mit uns überhaupt einen Sinn hätten. Wenn ja, würden sie uns einer Lösung für unsere angespannte Lage einen Schritt näher bringen.“

Dieses Gespräch führte zu einer etwas offeneren Kommunikation zwischen bestimmten Brüdern und den Behördenvertretern. Wegen des nun herrschenden Klimas dachten allerdings einzelne Zeugen, die von diesen Unterredungen hörten, die verantwortlichen Brüder hätten sich auf Kompromisse eingelassen. Bei manchen verbarg sich hinter dieser Reaktion zweifellos der feste Entschluß, keinen Deut von den christlichen Grundsätzen abzugehen. Einige wenige verurteilten jedoch kategorisch die Brüder, die mit Regierungsvertretern gesprochen hatten, und machten aus ihrem Mißtrauen keinen Hehl. War dieses Mißtrauen aber begründet?

Es spielten noch andere Faktoren hinein. Juraj Kaminský, der Jehova seit über 50 Jahren loyal dient, erzählt: „Nachdem die verantwortlichen Brüder und viele weitere Älteste verhaftet worden waren, begannen einige von denen, die in den Versammlungen und in den Kreisen die Führung übernahmen, für die Verkündiger Verhaltensmaßregeln festzulegen und Listen darüber aufzustellen, was sie zu tun und zu lassen hatten.“ Weit besser wäre es gewesen, „zur Förderung des Glaubensgehorsams“ beizutragen, wie es der Apostel Paulus getan hatte (Röm. 16:26). Da es gesetzlich vorgeschrieben war zu wählen, gingen einzelne Zeugen zum Wahllokal, gaben aber aus Gewissensgründen nicht ihre Stimme für einen politischen Kandidaten ab. Andere waren der Meinung, diese Zeugen hätten Kompromisse geschlossen. Mancher hatte — verständlicherweise vielleicht — wegen der schlechten Behandlung von Glaubensbrüdern eine starke Abneigung gegen die Behörden. Bruder Müller meinte dazu: „Diese Situation beunruhigte mich sehr, weshalb ich im Herbst 1957 [vom Gefängnis aus] einen Brief schrieb, der den Brüdern helfen sollte, die Dinge aus dem richtigen Blickwinkel zu sehen.“ Ein Abschnitt daraus lautete:

„Noch etwas schmerzt mich. ... Ich möchte die Brüder daran erinnern, daß unsere Zusammenkünfte dazu gedacht sind, die Heilige Schrift zu studieren und Zeugen Jehovas zu besseren, befähigteren Predigern zu schulen. Selbstverständlich ist es unvertretbar, in den Zusammenkünften über Politik zu diskutieren oder irgendwelche staatsfeindlichen Meinungen zu äußern, ganz gleich, wo diese Zusammenkünfte stattfinden und ob zwei oder mehr Personen anwesend sind. Behaltet das im Sinn, Brüder, und laßt keine derartigen Diskussionen zu. Hat irgend jemand von Euch einen Haß auf das Regime, weil ich und andere Brüder im Gefängnis sind? Dann bitte ich Euch persönlich und im Namen der anderen Brüder, gegen solche Gefühle anzukämpfen. Laßt Euch nicht von Zorn und Feindseligkeit beherrschen, denn wir haben unseren Fall Gott übertragen und bitten Euch, dasselbe zu tun“ (Röm. 12:17 bis 13:1).

Den treuen Brüdern und Schwestern machte der Brief viel Mut. Jan Tesarz sagte: „Als wir 1957 diesen Brief aus dem Gefängnis erhielten, erkannten wir darin kein Anzeichen für Kompromisse, sondern christliche Vernunft.“ Diese Ansicht teilten jedoch nicht alle. Der Brief von Bruder Müller stand im Mittelpunkt von Kontroversen und Mutmaßungen.

Von der Versammlung abgespalten

Nach der Ankündigung einer allgemeinen Amnestie für politische Häftlinge im Mai 1960 kamen die meisten inhaftierten Zeugen Jehovas frei. Es war ein herrliches Gefühl! Trotz Drohungen machten sie sich prompt daran, die gute Botschaft zu predigen. Viele dachten an das Beispiel der Apostel Jesu Christi, die nach ihrer Freilassung aus dem Gewahrsam um den Freimut beteten, das Wort weiter zu predigen (Apg. 4:23-31). Allerdings standen neue Prüfungen bevor.

Unter den Zeugen hatten sich Zweifel und Mißtrauen breitgemacht. Nachdem Bruder Müller ein klärendes Schreiben in Umlauf gebracht hatte, ließen einige, die eine kritische, unbeirrbare Haltung einnahmen, nicht zu, daß der Brief in der Versammlung vorgelesen wurde. 1959 betrug die Zahl der aktiven Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei 2 105, aber über 1 000 waren nicht mehr mit ihren früheren Glaubensbrüdern vereint, obschon sie nach wie vor behaupteten, Jehova zu dienen. Die Anführer dieser Abgespaltenen gaben sogar vor, die Zentrale in Brooklyn (New York) und N. H. Knorr, der damalige Präsident der Watch Tower Society, würden ihr Verhalten billigen.

Weitere Entwicklungen schürten noch den Argwohn der Abgespaltenen gegenüber ihren ehemaligen christlichen Gefährten. Die tschechoslowakische Regierung hatte mittlerweile im großen und ganzen eingesehen, daß Jehovas Zeugen entgegen früheren Anschuldigungen keine amerikanischen imperialistischen Spione waren. Man wußte auch, daß die Tätigkeit der Zeugen Jehovas nicht zu stoppen war und daß sich die Zeugen nicht überreden ließen, an ihrem Glauben Abstriche zu machen. Die Regierung — ein totalitäres, kommunistisches Regime — suchte daher das Gespräch mit den Zeugen. Es war ein erzwungener Dialog. Das Ziel des Staatssicherheitsdienstes bestand darin, sicherzustellen, daß religiöse Gefühle nicht gegen das Regime gerichtet würden, sondern es nach Möglichkeit unterstützten. Manchmal bestanden die Kontakte darin, daß Bruder Müller oder einer der reisenden Aufseher zum Verhör auf die Polizeiwache gerufen wurde. Aber gelegentlich erweckten sie auch den Anschein eines freundlichen Gesprächs in einem Café.

Beobachter, die nicht mit allen Fakten vertraut waren, dachten von den Brüdern, die in diese Gespräche verwickelt waren, sie würden mit dem Staatssicherheitsdienst gemeinsame Sache machen. Die Namen einiger dieser Brüder wurden sogar auf eine Liste vermeintlicher Kollaborateure gesetzt, und man warf ihnen vor, sie würden Artikel, die veröffentlicht werden sollten, nach den Wünschen des Staatssicherheitsdienstes abändern.

Liebevolle Ermunterung, ‘Jehova zu suchen’

Bruder Knorr lag viel am Werk des Herrn und an denen, die sich bemühten, treu mit der Organisation Jehovas zusammenzuarbeiten. Am 7. Dezember 1961 schrieb er einen Brief an die Brüder in der Tschechoslowakei, in dem er auf Bibelstellen wie Micha 2:12 und Psalm 133:1 hinwies. Er legte die Haltung der Gesellschaft zu verschiedenen Fragen dar und sicherte bestimmten Brüdern, die mit Verantwortung betraut waren, seine Unterstützung zu. Es war eine liebevolle Ermunterung für die Brüder, ‘Jehova zu suchen’ — zu erkennen, wie Jehovas Geist die Erfüllung seines Wortes bewirkte, und dann mit den Repräsentanten zusammenzuarbeiten, die Jehova gebrauchte (Sach. 8:21). Hier ein Absatz aus diesem Brief:

„Meine lieben Brüder! ... Aus Mitteilungen, die mich erreicht haben, geht hervor, daß die meisten Brüder in der Tschechoslowakei im Sinne der Theokratie die christliche Einheit wahren, aber wegen der erschwerten Kommunikation sind bei manchen durch Gerüchte und Gerede Fragen aufgestiegen mit dem Ergebnis, daß sie nicht mehr zur Zusammenarbeit bereit sind und keinen Predigtdienstbericht mehr abgeben. Das kann bei ihnen nur zu Freudlosigkeit und zu Problemen führen, und so weit ist es auch schon gekommen. Deshalb möchte ich Euch durch diesen Brief wissen lassen, daß die Gesellschaft Bruder Adam Januška und Bruder Bohumil Müller sowie die Brüder, die mit ihnen zusammenarbeiten, als die verantwortlichen christlichen Aufseher in der Tschechoslowakei anerkennt, und ich bitte Euch dringend, die Worte des Paulus aus Hebräer 13:1, 7, 17 im Sinn zu behalten. Diese Brüder sind an Euch interessiert und bemüht, allen zu helfen, Jehova Gott treu zu bleiben. Steht ihnen daher demütig zur Seite, und sie werden Euch zur Seite stehen — alles zur Ehre Jehovas.“ Leider mußte Adam Januška nicht lange nach Erhalt dieses Briefes wegen eines unchristlichen Lebenswandels ausgeschlossen werden.

Etliche waren für Bruder Knorrs Brief dankbar, aber nicht alle ließen sich dadurch korrigieren. 1962 spitzte sich die Lage zu. Im Wachtturm erschien eine Artikelserie, in der erklärt wurde, was Christen in erster Linie Gott und dann den weltlichen Regierungen schulden, sprich den „obrigkeitlichen Gewalten“, die in Römer 13:1 erwähnt werden. Der Inhalt war eine Korrektur unseres Verständnisses. Die Brüder, die sich bereits mißtrauisch und kritisch gezeigt hatten, setzten das Gerücht in Umlauf, Bruder Müller habe die Artikel unter der Leitung des Innenministeriums selbst zusammengestellt. Wie sollte man darauf reagieren? Statt ihre ganze Zeit damit zu verbringen, die zu überzeugen, die sich damals nicht überzeugen lassen wollten, konzentrierten sich die Brüder darauf, denen die gute Botschaft zu predigen, die nach Gerechtigkeit hungerten und dürsteten.

In späteren Jahren erkannten einige, daß Jehovas Segen auf der Organisation ruhte, die sie verlassen hatten, und baten um Wiederaufnahme. Andere dagegen hielten sich bis 1989 fern, dem Jahr, als die leitende Körperschaft einen lieben Brief schickte, der überschrieben war: „An alle, die Jehova anbeten und ihm in Einheit dienen möchten“. Dieser Brief lenkte die Aufmerksamkeit auf Prophezeiungen wie Sacharja 8:20, 21 und Jesaja 60:22, die in ihrer Erfüllung begriffen sind. Betont wurden außerdem die biblischen Hinweise und Richtlinien aus Matthäus 24:45-47, 1. Korinther 10:21, 22 und Epheser 4:16. Darauf hieß es auszugsweise:

„Zu unserem Bedauern haben wir erfahren, daß Ihr Euch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht nach den theokratischen Anordnungen und Verfahrensweisen richtet, die Gottes Volk weltweit beachtet. Mit diesem Brief möchten wir Euch ermuntern, Euren Wunsch erkennen zu lassen, mit der sichtbaren Organisation Jehovas, wie sie weltweit und auch in Eurem Land besteht, zusammenzuarbeiten. Diesen aufrichtigen Wunsch könnt Ihr dadurch zeigen, daß Ihr die von uns ausgewählten Brüder anerkennt. Sie sind bereit, dafür zu sorgen, daß Euch dieser Brief vorgelesen wird. Ihr könnt den Brüdern, die zu Euch kommen und sich durch diesen Brief als von uns autorisiert ausweisen, voll und ganz vertrauen. Sie freuen sich, Euch auffordern zu dürfen, in die eine Herde zurückzukehren und nicht länger von ihr getrennt zu sein (Joh. 10:16).“

Dieses Vorgehen der leitenden Körperschaft trug entscheidend dazu bei, daß der Schaden wiedergutgemacht wurde, der von Satans raffiniertem Angriff auf die Versammlungen zurückgeblieben war — zu einer Zeit, als die Verbindung zur sichtbaren Organisation Jehovas unterbrochen war.

Organisation und Schulung für den Dienst

Nach der Freilassung der Zeugen aus dem Gefängnis im Jahr 1960 gab es noch viel zu tun, um das Predigen der guten Botschaft in den tschechischen Gebieten zu intensivieren. Dazu waren gute Organisation und Schulung wichtig. Daß diese Ziele unter den damaligen schwierigen Bedingungen erreicht wurden, war ein hinreichender Beweis für Jehovas liebevollen Schutz und seinen Segen.

Die theokratische Organisation kam einen großen Schritt weiter, als 1961 die Königreichsdienstschule gegründet wurde, die reisenden Aufsehern und Versammlungsdienern (heute vorsitzführende Aufseher) eine spezielle biblische Schulung bot. Karel Plzák aus Prag, der damals Kreisaufseher war, kann sich noch gut an die erste Klasse erinnern. Der Kurs sollte in Karlsbad stattfinden. Wie sich herausstellte, hatte der Staatssicherheitsdienst von dem Ort erfahren. Daraufhin wurde in letzter Minute vereinbart, daß die Brüder in einem kleinen Privathaus zusammenkamen.

Viele junge Brüder waren sich darüber im klaren, wie wichtig der Dienst für Jehova ist. Einige gelangten rasch zur Reife und wurden zum Besuch der Königreichsdienstschule eingeladen. Jaromír Leneček zum Beispiel leitete schon im Alter von 14 Jahren ein Versammlungsbuchstudium. Mit 16 Jahren wurde er zum Gehilfen des Versammlungsaufsehers ernannt, und mit 20 besuchte er die Königreichsdienstschule. Heute gehört er zum Zweigkomitee.

Ein weiteres Schulungsprogramm, das 1961 eingeführt wurde, trug entscheidend dazu bei, daß sich die Qualität des Predigtdienstes verbesserte. Ein erfahrener Verkündiger wurde damit beauftragt, einen weniger erfahrenen zu schulen. Sie bereiteten sich gemeinsam vor und arbeiteten im Predigtdienst zusammen. Das Ziel war, dem Neuen so weit zu helfen, daß er anschließend anderen beistehen konnte. Damals bestand nur die Möglichkeit, informell Zeugnis zu geben, aber durch die Schulung wurden viele zu wirkungsvollen Lobpreisern Jehovas.

Unter einem totalitären Regime wird der Briefverkehr oft streng kontrolliert. Deshalb waren die reisenden Aufseher in der Tschechoslowakei wichtige Verbindungsglieder für die theokratische Kommunikation. Jedem Besuch des Kreisaufsehers sah man mit gespannter Erwartung entgegen. Eduard Sobička erinnert sich: „Ein reisender Aufseher mußte einer weltlichen Arbeit nachgehen und konnte deshalb nur jedes zweite Wochenende von Freitag- bis Sonntagabend mit den Versammlungen zusammenarbeiten — insgesamt etwa fünf Tage im Monat. Das ist genausoviel Zeit, wie die Kreisaufseher in Ländern ohne gesetzliche Beschränkungen mit einer Versammlung während einer Woche verbringen. Ein Kreis bestand deshalb in der Regel nur aus sechs Versammlungen.“ Durch diese Brüder wurde die Verbindung mit den Versammlungen aufrechterhalten, und die Zeugen blieben auf dem laufenden.

Unvorsichtiges Vorgehen

In Zeiten, wo es mit dem Werk gut voranging, konnte man leicht vergessen, daß Jehovas Zeugen immer noch verboten waren. Die mit der Aufsicht betrauten Brüder mahnten zur Vernunft bei allen Tätigkeiten. Manche waren allerdings mit den angeratenen Methoden nicht zufrieden. Ihnen ging es nicht schnell genug.

Im Jahr 1963 versammelten einmal zwei Brüder in einem Prager Park eine Menschenmenge um sich. Einer der beiden stieg auf eine Bank und hielt eine Predigt. Als ein Mann aus der Menge Einwände vorbrachte, bezeichnete ihn der Bruder als Werkzeug des Teufels. Die Polizei rückte an und wollte die Ausweise der Brüder sehen. Aber damit war es nicht getan. Der Vorfall löste eine Großfahndung aus. Innerhalb weniger Tage landeten über 100 Brüder und Schwestern aus Prag in Untersuchungshaft. Das hatte zweierlei zur Folge: Es kam zu Gerichtsverhandlungen, und die Brüder erhielten eine Lektion. Sechs der Festgenommenen wurden verurteilt.

Dieser Vorfall wirkte sich auf den Predigtdienst nicht lähmend aus, erinnerte die Brüder aber an die Notwendigkeit, praktische Weisheit erkennen zu lassen (Spr. 3:21, 22). Darauf kam es besonders Ende der 60er Jahre an, als man auf die Aufhebung des Verbots hoffte.

Freie Religionsausübung in Sicht?

Das Jahr 1968 brachte unerwartete Veränderungen. Sogenannte reformerische Kommunisten übernahmen die Macht und wirkten auf eine Demokratisierung hin. Das Volk hieß diesen Wechsel gut, und es war von einem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ die Rede.

Wie reagierten Jehovas Zeugen auf die Veränderungen? Sie verhielten sich zurückhaltend. Zwar begrüßten sie die Liberalisierung und hofften, das Verbot würde vielleicht aufgehoben werden, doch sie ließen sich nicht zu übereilten Schritten hinreißen, die sie später unter Umständen hätten bereuen müssen. Das erwies sich dann auch als kluges Vorgehen (Spr. 2:10, 11; 9:10). Nach acht Monaten relativer Freiheit marschierten die Truppen von fünf Staaten des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei ein. Rund 750 000 Soldaten und 6 000 Panzer machten dem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ ein Ende. Das Volk war entsetzt. Doch die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas während des „Prager Frühlings“ kam ihnen in späteren Jahren sehr zugute, denn die staatlichen Behörden mußten zugeben, daß Jehovas Zeugen keine Bedrohung für die Regierung sind.

Erstaunlicherweise durften die tschechoslowakischen Bürger nach diesen Ereignissen eine Zeitlang ungehindert nach Westeuropa reisen. Viele Zeugen Jehovas ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen, zumal im gleichen Jahr die internationalen Kongresse „Friede auf Erden“ stattfinden sollten. Etwa 300 Brüder und Schwestern aus der ganzen Tschechoslowakei reisten nach Nürnberg, der nächstgelegenen Kongreßstadt. Sie wurden sehr im Glauben gestärkt. Kurz darauf waren die Grenzen allerdings wieder zu.

Anfang der 70er Jahre setzte eine sogenannte Politik der „Normalisierung“ ein. Die Sympathisanten der Reformbewegung von 1968 wurden systematisch aus dem politischen und kulturellen Leben entfernt. Davon waren nahezu 30 000 Personen betroffen. Fast ein Viertel der Staatssicherheitsbeamten hatten den Reformen positiv gegenübergestanden und verloren jetzt ihre Stellung. Man sprach von einer Rückkehr ins finstere Mittelalter.

Diese Periode unterschied sich zwar von der Situation in den 50er Jahren, aber wieder beobachtete der Staatssicherheitsdienst das Werk der Zeugen Jehovas mit Argusaugen. In verschiedenen Landesteilen wurden Brüder verhaftet. Die Zeugen hörten nicht auf zu predigen, waren aber vorsichtiger.

„Sechstausend Jahre der Menschheitsgeschichte“

Der tschechische Wachtturm brachte 1969 eine Artikelserie, die sich auf das Buch Ewiges Leben — in der Freiheit der Söhne Gottes stützte. Das 1. Kapitel beinhaltete unter dem Zwischentitel „Sechstausend Jahre der Menschheitsgeschichte enden“ eine Erklärung über das Jubeljahr und die biblische Zeitrechnung. Der Inhalt übte auf einige einen guten Einfluß aus, ließ aber auch viele Fragen und Mutmaßungen aufkommen.

Das Büro in der Tschechoslowakei schickte an alle Versammlungen einen Brief, datiert vom 22. Februar 1972. Darin wurde ausführlich dargelegt, warum man keine definitiven Aussagen über den Zeitpunkt von Harmagedon machen sollte. Es wurde betont, daß in keiner Veröffentlichung der Gesellschaft ein bestimmtes Jahr für Harmagedon angegeben worden war. Abschließend hieß es: „Jehovas Zeugen auf der ganzen Welt sind mit diesen Fakten vertraut, und niemand sollte zusätzlich eigene Behauptungen darüber aufstellen, was vor oder während des Jahres 1975 geschehen wird. Für solche Behauptungen gibt es keine biblische Grundlage, und sie könnten dem Predigtwerk schaden. Seid deshalb bemüht, ‘alle übereinstimmend zu reden, so daß keine Spaltungen unter euch seien, sondern daß ihr in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint sein mögt’ (1. Kor. 1:10). Denn von jenem Tag und jener Stunde hat niemand Kenntnis“ (Mat. 24:36).

Was tatsächlich geschah

Im Februar 1975 wurden bei einem Polizeieinsatz mehrere Brüder verhaftet. Im Verlauf des Jahres kam es in verschiedenen Landesteilen zu weiteren Verhaftungen. Stanislav Šimek aus Brünn, der schon wiederholt im Gefängnis gewesen war, sagt: „Am 30. September 1975 nahm man mich fest und durchsuchte meine Wohnung und meinen Arbeitsplatz. Die Polizei beschlagnahmte 5 Säcke voll Literatur. Später erfuhr ich, daß um die 200 Staatssicherheitsbeamte an der Operation beteiligt gewesen waren. Sie durchsuchten 40 Wohnungen und konfiszierten eine halbe Tonne Material. Wir wurden zu 13 oder 14 Monaten Haft verurteilt.“

Haussuchungen waren sehr unangenehm. In den Wohnungen von Aufsehern wurden oft Versammlungsunterlagen aufbewahrt, und die waren schwer versteckt zu halten. Doch mehrmals verschloß Jehova denen, die seinem Volk etwas anhaben wollten, die Augen. Bruder Mařák aus Pilsen erinnert sich: „Ich war damals Dienstaufseher. In einem Schrank mit Glastüren hatte ich einen großen Umschlag mit Predigtdienstberichten, Spenden und einer Namenliste aller Ältesten und Dienstamtgehilfen. Als sich die Männer, die unsere Wohnung durchsuchten, dem Schrank näherten, sah mich meine Frau an und bat Jehova im stillen um Hilfe. Die Männer blickten durch das Glas direkt auf den großen grauen Umschlag, aber sie schienen mit Blindheit geschlagen zu sein. Wir dankten Jehova aus tiefstem Herzen für seinen Schutz.“

Das Zusammentreffen der Staatssicherheitsbeamten mit den Brüdern hatte mitunter auch eine amüsante Note. Michal Fazekaš, der sich 1936 taufen ließ und öfter im Gefängnis war, berichtet: „1975 wurde ich erneut verurteilt, diesmal auf Bewährung. Das Interessante ist, daß in demselben Jahr, am 30. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, meine Pension erhöht wurde als Belohnung dafür, daß ich ‚zur Schwächung der Streitkräfte des Deutschen Reichs beigetragen‘ hatte, da ich wegen meiner christlichen Neutralität in ein Konzentrationslager eingeliefert worden war.“

Festlegen von Gebietsgrenzen

Am 1. Februar 1976 wurde ein fünfköpfiges Landeskomitee eingesetzt, das sich um die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei kümmern sollte. Es bestand aus Ondřej Kadlec, Michal Moskal, Bohumil Müller (Koordinator), Anton Murín und Eduard Sobička.

Noch im selben Jahr machte Ondřej Kadlec einen privaten Besuch im Zweigbüro der Zeugen Jehovas in Finnland. In der Dienstabteilung fiel sein Blick auf eine Landkarte von Finnland, auf der die Bezirke, Kreise und Versammlungsgebiete markiert waren. Zu Hause bei einer Zusammenkunft des Landeskomitees regte er an, in der Tschechoslowakei ebenso zu verfahren. Bruder Müller wies jedoch nachdrücklich darauf hin, daß eine solche Karte das Mißtrauen der Behörden erregen und damit ungeahnten Schaden anrichten könnte. Bruder Kadlec sagt: „Ich hatte absolut kein Verlangen danach, das Thema nochmals zur Sprache zu bringen. Aber nur zwei Monate später kam Bruder Müller selbst darauf zurück.“ Es hatte sich deutlich gezeigt, daß dieses Vorgehen notwendig war. Kurz darauf waren alle Versammlungen eingespannt.

Doch wie sollte man das Gebiet der Tschechoslowakei unterteilen, zumal es 220 Versammlungen in 8 Bezirken und 35 Kreisen gab? Diese Aufgabe fiel Jaroslav Boudný aus Prag zu. Er erzählt: „Ich hatte die Gelegenheit, viel Initiative zu entfalten. Und die Zusammenarbeit mit Bruder Müller, der sehr gründlich vorging, war einfach wunderbar. Voller Enthusiasmus und mit vielen Gebeten stürzte ich mich in die Arbeit. Es mußten für die Versammlungsgebiete Tausende von Grenzlinien festgelegt und gezeichnet werden.“

Das Erschließen weiterer Gebiete

Als die Gebietsgrenzen feststanden, bat man Versammlungen, die nichtzugeteiltes Gebiet bearbeiten konnten, dies zu tun. Die Bereitschaft vieler Versammlungen, diese zusätzliche Aufgabe zu übernehmen, war bewegend, was vor allem für die Versammlungen rund um Ostrau in Mähren galt. Einige mußten bis zu 200 Kilometer zurücklegen, um das Gebiet zu erreichen.

Wie wurde die Tätigkeit organisiert? Die Brüder und Schwestern verbrachten ein ganzes Wochenende dort. Sie fuhren am Samstagmorgen los und kehrten am Sonntagabend zurück. Die Autos waren immer voll besetzt, und die Verkündiger deckten ihre Ausgaben selbst. Manche begaben sich alle 14 Tage auf eine solche Tour.

Die Verkündiger sollten sich wie Reisende verhalten, außerhalb des Dorfes das Fahrzeug verlassen, nur in einer Richtung durch den Ort gehen, ein nettes Gespräch beginnen und allmählich zum Zeugnisgeben überwechseln. Im Fall von Gegnerschaft sollten sie auf das ursprüngliche Thema zurückkommen und das Gespräch freundlich beenden. In einem Zeitraum von 10 Jahren traten nur ganz vereinzelt Schwierigkeiten auf.

In andere Gebiete entsandte man von Ältesten empfohlene Pioniere, die dort vorübergehend tätig waren. Wie schon in vergangenen Jahren wurden sie meistens für eine Woche oder länger dorthin geschickt. Unter den ersten, die sich in Prag dazu bereit erklärten, befanden sich Marie Bambasová und Karla Pavlíčková, die schon fast 30 Jahre zusammenarbeiteten. Karla erzählt: „Marie ging 1975 in Rente. Am zweiten Tag ihres Rentnerdaseins waren wir in unserem Pionierdienst unterwegs nach Mähren. Es war in einer Zeit der Verfolgung, weshalb dieser Dienst durchaus gefährlich sein konnte, erst recht dort, wo wir uns aufhielten. Wir waren in der Nähe der österreichischen Grenze tätig. Eine ortsansässige Schwester wies uns an: ‚Nehmt keine Literatur mit. Und wenn euch jemand erwischt, sagt, daß ihr einen Ausflug macht. Verlaßt dann die Gegend, und kehrt bitte nicht zu mir zurück. Eure Sachen schicke ich euch nach.‘ Doch Jehova segnete uns. Unsere ersten Erlebnisse bei dieser Art des Dienstes waren großartig. Wir machten das von nun an einmal jährlich und wurden jedesmal woandershin geschickt.“

Mitunter gingen diese Pioniertouren auch in noch entferntere Gebiete. „Bruder, in Bulgarien wird Hilfe gebraucht. Du sprichst Russisch und würdest dich deshalb gut eignen.“ Diese Bitte wurde Ende der 70er Jahre an einen Zeugen aus Prag herangetragen. Er und seine Frau waren einverstanden, regelmäßig nach Bulgarien zu reisen. Das taten sie 13 Jahre lang, teilweise sogar zweimal jährlich.

War denn im eigenen Land nicht genug zu tun, so daß tschechische Verkündiger nach Bulgarien fahren mußten, wo sie noch viel härtere Bedingungen vorfanden? In der Tschechoslowakei gab es jede Menge Arbeit, aber man hatte außerdem den starken Wunsch, Beistand zu leisten, wo immer es nötig war.

Der Bruder aus Prag, der sich an dieser Aktion beteiligte, berichtet über das bulgarische Gebiet in jener Zeit: „Die Bulgaren sind von Natur aus sehr gastfreundlich. Dadurch kamen wir ihnen näher. Mit der Zeit lernten wir ihre Situation kennen. Sie sprachen hauptsächlich mit Angehörigen über die Wahrheit. Viele wären nie auf die Idee gekommen, daß man auch die Leute auf der Straße ansprechen könnte. Als ich einmal in Sofia das Gedächtnismahl abhalten sollte, nutzte ich es aus, daß eine Anzahl Verkündiger anwesend waren. An Hand von Erfahrungen und Demonstrationen zeigten wir den Verkündigern, wie man ‚sicherer‘ Zeugnis geben konnte. Wichtig war, nicht zu sagen: ‚Ich studiere die Bibel‘, sondern ein Gespräch über ein neutrales Thema zu beginnen und dann sachte auf die Bibel überzugehen. Man könnte in etwa sagen: ‚Ich habe gehört, daß in der Bibel steht ...‘ Die Verkündiger machten sich diese neue Methode gern zu eigen, und die Botschaft über Gott verbreitete sich langsam über den engen Verwandten- und Bekanntenkreis hinaus.“

Eifrige Tätigkeit beunruhigt Beamte

Irgendwelche vermehrten Anstrengungen beim Predigen der guten Botschaft entgingen dem wachsamen Auge der Verfolger nicht, obwohl die Zeugen umsichtig vorgingen. Die Versammlung in Nejdek unweit von Karlsbad erregte die Aufmerksamkeit politischer Beamter und der Polizei. Juraj Kaminský, der viele Jahre lang reisender Aufseher war, erzählt: „Eine Zeitlang glaubten sie allen Ernstes, die Tätigkeit im ganzen Land werde von Nejdek aus geleitet. Die kommunistischen Funktionäre berieten sich häufig, wie man unser Werk unterbinden könnte. Einmal kamen Experten bis von Prag und hielten in einem Karlsbader Hotel eine Konferenz ab. Anwesend waren zwei Regierungsvertreter, Abgesandte von Ministerien und die Polizei. Ungefähr 200 waren zugegen.

Der Redner hatte unser Wahrheits-Buch auf dem Pult liegen. Er beschrieb ausführlich die Organisation der Zeugen Jehovas und hob hervor, daß wir äußerst sorgfältige und fähige Organisatoren seien. Am Höhepunkt seiner Lobrede auf Jehovas Zeugen angelangt, erklärte er: ‚Wir müssen um so besser sein, damit sie nicht unserer Kontrolle entgleiten!‘ “

Verfolgt, weil sie Jesus Christus ehrten

Es war nicht möglich, das Datum der Feier zum Gedenken an Christi Tod vor der kommunistischen Polizei geheimzuhalten. Božena Pětníková aus Prag erinnert sich: „Damals gab es wenige Brüder in den Versammlungen, weshalb Schwestern beauftragt wurden, in Privatwohnungen Zusammenkünfte abzuhalten. Meistens versammelten wir uns zu höchstens zehn. 1975 sollte sich unsere Gruppe an einem Ort zum Gedächtnismahl einfinden, wo noch nie eine Zusammenkunft stattgefunden hatte. Nach ungefähr 40 Minuten wurden wir durch Klingeln und wütende Tritte gegen die Tür gestört. Der Radau hörte nicht auf, und die Wohnungsinhaberin öffnete die Tür. Drei Männer kamen herein — zwei in Polizeiuniform und einer in Zivil. ‚Sieh mal einer an! Wir hätten ja nicht gedacht, daß wir Sie hier finden würden, Frau Pětníková. Was machen Sie da?‘ fragte der Mann in Zivil. ‚Wir feiern das Abendmahl zum Gedenken an Jesus Christus. Setzen Sie sich bitte, und lassen Sie uns die Feier beenden‘, erwiderte ich ruhig. Aber das ließen sie natürlich nicht zu. Sie wollten unsere Ausweise sehen und verhörten dann eine nach der anderen über den Grund, warum wir anwesend waren. Als eine ältere Schwester verhört werden sollte, war ich ein wenig besorgt, was sie wohl sagen würde. Doch ihre Antwort machte uns allen Mut. ‚Ich bin eine Zeugin Jehovas, und ich ehre Jehova‘, erklärte sie. ‚Sie können froh sein, daß Sie so alt sind‘, entgegnete einer der Polizisten, der über ihren Mut staunte. Dann befahlen sie uns zu gehen, und ich mußte auf dem Polizeirevier unterschreiben, daß ich das Gedächtnismahl geleitet hatte.“

Zwölf Jahre später, 1987, verhafteten Staatssicherheitsbeamte in verschiedenen Orten Böhmens beim Gedächtnismahl eine ganze Anzahl Brüder. In erster Linie wollten sie wissen, wo das Gedächtnismahl abgehalten worden war und wer es geleitet hatte. An einem Ort mußten sich am Ende der Abendmahlsfeier alle Anwesenden ausweisen, und ein Bruder wurde abgeführt und vernommen. An einem anderen Ort wurde gegen drei Schwestern Anklage erhoben mit der Begründung, sie hätten eine Frau besucht und „Schriften einer verbotenen Sekte mit Namen Jehovas Zeugen studiert“.

Eine weitere Schwester, Miluše Pavlová, wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die sie in Pardubice abzusitzen hatte, aber nicht etwa, weil man sie auf frischer Tat ertappt hätte, sondern auf Grund von Verdächtigungen. Die offizielle Urteilsbegründung lautete: „Aus dem Gutachten geht hervor, daß die Angeklagte verbotene Literatur verbreitet und vervielfältigt hat. Das Berufungsgericht bestätigt das bereits ergangene Urteil und fügt hinzu: Ihre Verurteilung ist eine Abschreckungsmaßnahme sowohl für sie selbst als auch für andere.“

Geistige Speise bereitgestellt

In der kommunistischen Ära war große Vorsicht geboten, wenn man Literatur für das Bibelstudium bereitstellen wollte. Die meisten Zeugen hatten keine Ahnung, wie die Schriften übersetzt, gedruckt und in Umlauf gebracht wurden. Die Übersetzer, Korrektoren, Drucker und Buchbinder waren nicht allgemein bekannt.

Meistens war es so, daß ein Übersetzer einen Wachtturm-Artikel in Tschechisch tippte, ihn an einen Korrektor weitergab und den Text erst wiedersah, wenn er in der Versammlungszusammenkunft behandelt wurde. Alle Übersetzungsarbeiten wurden so ausgeführt, auch bei den Büchern und den Broschüren. Dennoch war die Qualität der Übersetzung relativ gut. Das Erwachet! wurde damals noch nicht übersetzt.

Nicht einmal die Ältesten wußten, wer in ihrer Versammlung mit Übersetzen beschäftigt war. Wenn die betreffenden Brüder bisweilen wegen zusätzlicher Übersetzungsarbeiten im Predigtdienst kürzertreten mußten, konnte es vorkommen, daß die Ältesten ihnen beistehen wollten — in der Annahme, sie seien glaubensschwach geworden. Trotzdem verrieten die Übersetzer und Korrektoren nichts über ihre Arbeit.

Unter diesen äußerst schwierigen Bedingungen nahm man ein außergewöhnliches Projekt in Angriff. Die gesamte Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift wurde ins Tschechische übersetzt. In den Jahren 1982 bis 1986 wurde sie direkt in der Tschechoslowakei in fünf Teilen gedruckt und gebunden, und jede Familie von Zeugen Jehovas erhielt eine Bibel. Die Neue-Welt-Übersetzung in Slowakisch war ebenfalls in Arbeit, wurde aber erst später fertig.

Wie Druckschriften hergestellt wurden

In den 50er Jahren setzten die Brüder, die nicht inhaftiert waren, alles daran, ihre Glaubensbrüder und -schwestern mit geistiger Speise zu versorgen. Als das Verbot in Kraft trat und die verantwortlichen Brüder im Gefängnis saßen, mußten sich eine Zeitlang oft mehrere Versammlungen einen einzigen Wachtturm teilen. Die Lage besserte sich nach und nach. Mit der Zeit stand ein Exemplar pro Versammlung, später eins pro Familie zur Verfügung. Die Verkündiger machten sich handschriftliche Notizen. Schreibmaschinen hatten sie nicht.

Was Juraj Kaminský aus der Versammlung Nejdek berichtet, war eine ganz typische Situation. Er sagt: „Als die Brüder endlich an eine Schreibmaschine herankamen, war es ein alter Klapperkasten. Der Mann, der sie ihnen verkaufte, grub sie vor ihren Augen aus dem Boden aus. Später war es ihnen möglich, neue Maschinen und eine Ausrüstung zum Vergrößern von Fotos zu erwerben.“

Das Reproduzieren von Schriften war ein Gemeinschaftsprojekt. Etliche Schwestern, zum Teil schon in den Siebzigern, lernten Maschineschreiben. Es gelang sogar, Schriften in die Gefängnisse einzuschleusen. 1958 ging man dazu über, den Wachtturm in Miniaturformat zu produzieren. Immerhin drei solcher fotografisch hergestellten Exemplare paßten in ein Stück Seife oder in Zahnpasta und fanden so Eingang in die Gefängnisse. Die Brüder fertigten dann ihre eigenen handgeschriebenen Exemplare an und vernichteten die Originale.

Im Jahr 1972 wurde Herbert Adamy gebeten, beim Reproduzieren von Schriften zu helfen. Seine Aufgabe bestand darin, die Herstellung von Literatur für die gesamte Tschechoslowakei zu koordinieren. Er erinnert sich: „Am Anfang schrieben Hunderte von Verkündigern die Literatur mit der Hand ab. Später — kurz vor dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems — hatten wir einen Komplex moderner, gut ausgerüsteter Untergrunddruckereien, mit denen wir ein Vielfaches von dem herstellen konnten, was wir damals an Literatur brauchten.“

Aus der Zeit, als das erste Vervielfältigungsgerät benutzt wurde, berichtet Bruder Adamy: „Ungefähr viermal im Jahr mußte die ganze Druckerei an einen vorher festgelegten Ort umziehen, der nicht leicht zu entdecken war. Während einer ‚Aktion‘ wurden um die 12 000 Bücher gedruckt, gebunden und versandt. Eine Aktion dauerte ungefähr eine Woche. Die Mitarbeiter standen um vier Uhr morgens auf und gingen oft erst nach Mitternacht schlafen. Sobald eine Aktion beendet war, brachte ich die Literaturpakete zum nächsten Bahnhof. Dort nahm sie ein Kurier in Empfang, der sie bis zu 600 Kilometer weiterbeförderte.“

Irgendwann begannen die Zeugen, in selbsterrichteten Produktionszentren heimlich eigene Vervielfältigungsgeräte herzustellen. Alles in allem fertigten sie 160 solcher Geräte an und schickten einige davon den Zeugen in Rumänien.

In den 80er Jahren gingen die Brüder in der Tschechoslowakei zum Offsetdruck über, wodurch sich die Qualität ihrer Arbeit erheblich verbesserte. Dazu bauten sie sich ihre eigenen Offsetdruckmaschinen. Innerhalb von anderthalb Jahren stellten sie 11 solcher Maschinen mit elektronisch gesteuertem Papierrolleneinzug her. Eine einzige Maschine konnte pro Stunde 11 000 hochwertige Druckerzeugnisse produzieren.

Razzia in zwei Prager Druckereien

Ende 1986 entdeckten Beamte der Staatssicherheit zwei Druckereien und schlossen sie. Nach einer Razzia in einer der Druckereien erschien in einem internen Blatt des Innenministeriums ein Bericht darüber. Ein freundlicher Polizist gab den Zeugen ein Exemplar davon. Die Einleitung bestand aus der üblichen Propaganda, die Jehovas Zeugen mit ausländischen politischen Bewegungen in einen Topf warf. Danach ging der Bericht auf Einzelheiten des Polizeieinsatzes ein und erwähnte die Urteile, die gegen die Zeugen ergangen waren. Den Abschluß bildete ein verblüffendes Eingeständnis. Es lautete: „Die Jehovisten verhalten sich gegenüber Außenstehenden ausgesprochen freundlich. Sie sind hilfsbereit und fleißig, aber das ist auch schon alles. Sie sind nicht bereit, sich für sozialistische Arbeiterbrigaden und dergleichen zu verausgaben. Es ist kein Fall eines Jehovisten bekannt, der stiehlt, raucht, Alkohol mißbraucht oder Drogen nimmt. ... Keiner von ihnen ist je wegen eines sittlichen Vergehens oder eines Eigentumsdelikts belangt worden. Die Mitglieder der Sekte sind darauf bedacht, die Wahrheit zu sagen. Sie verraten nie die Namen anderer, sondern bezeichnen sie ausschließlich als ‚Brüder‘ oder ‚Schwestern‘. Sie sprechen immer nur über sich, und sobald man eine bestimmte Information aus ihnen herauslocken will, schweigen sie — nicht nur, wenn sie angeklagt werden, sondern auch, wenn sie als Zeugen aufgerufen werden.“

Natürlich kam dadurch, daß ein oder zwei Druckereien geschlossen wurden, das Werk der Verkündigung von Gottes Königreich nicht zum Stillstand. 1987 war weiteres Wachstum zu verzeichnen. In den tschechischen Gebieten wurde eine neue Höchstzahl von 9 870 Verkündigern erreicht. Durchschnittlich 699 Verkündiger standen im Hilfspionierdienst oder im allgemeinen Pionierdienst.

War eine gesetzliche Registrierung möglich?

Als man 1972 weltweit dazu überging, Ältestenschaften einzusetzen, die in den einzelnen Versammlungen die Tätigkeit beaufsichtigen sollten, trat diese Regelung auch in der Tschechoslowakei in Kraft. 1976 wurde dann ein fünfköpfiges Landeskomitee mit der landesweiten Aufsicht über das Werk der Zeugen Jehovas betraut.

Doch weder Jehovas Zeugen als Religionsgemeinschaft noch eine Körperschaft, die sich um notwendige Geschäftsangelegenheiten hätte kümmern können, waren offiziell registriert, und es gab in der Tschechoslowakei kein Büro, das als Zentrum ihrer Tätigkeit diente. Deshalb wurde im März 1979 auf den Namen zweier einzelner Zeugen Jehovas in Prag ein halbfertiges dreistöckiges Haus gekauft. Gruppen von 10 bis 12 Freiwilligen arbeiteten jeweils für eine Woche an dem Haus. Sie kamen bis vom äußersten Ende der Slowakei angereist. Nach sechs Monaten konnte der Wohnbereich bezogen werden, und ein Jahr später war der Teil fertig, der als Bürobereich vorgesehen war. Das Gebäude erfüllte bis zum Frühjahr 1994 seinen Zweck.

Ende der 70er Jahre sah es so aus, als könne man über eine gesetzliche Registrierung verhandeln. Deshalb schickte man am 1. Juni 1979 einen Brief an das Sekretariat für religiöse Angelegenheiten beim Präsidium der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Darin hieß es: „Wir möchten höflich um einen Gesprächstermin für die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas bitten. Gern unterrichten wir Sie darüber, daß bestimmte Personen, die in der Organisation der Zeugen Jehovas mit Verantwortung betraut sind, den Wunsch haben, mit Ihnen über eine Klärung des Verhältnisses zwischen dieser Religionsgemeinschaft und dem derzeitigen Rechtssystem der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zu sprechen.“

Die Antwort ließ fast ein Jahr auf sich warten, aber am 22. April 1980 kam eine Unterredung zustande. Daraufhin stellte man beim Innenministerium einen Antrag auf Registrierung der Watch Tower Bible and Tract Society. Dieser enthielt außer der Satzung eine gutdurchdachte Erklärung, die aus 13 Punkten bestand. Punkt 5 lautete:

„Sollten Jehovas Zeugen vom Staat anerkannt werden, würden ganze Gemeinden Zusammenkünfte an dazu vorgesehenen Orten abhalten. Die Gemeinden müßten sich nicht in kleine Gruppen aufteilen. Die Zusammenkünfte würden von befähigten Personen geleitet werden, und dies würde der Watch Tower Society eine bessere Aufsicht über die Gemeinden ermöglichen. Auch die staatlichen Behörden wären besser über die Tätigkeit der Gemeinden der Zeugen Jehovas informiert. Vertreter des Staates könnten jederzeit öffentliche Zusammenkünfte besuchen, um sich davon zu überzeugen, daß diese Treffen harmlos sind und sich positiv auswirken.“

Eine Reaktion blieb aus.

Häufige Verhöre durch Staatssicherheitsbeamte

Das politische Klima des Jahres 1985 verriet die Unsicherheit des Systems. Der Staat reagierte sehr empfindlich auf alles, was seine Stabilität zu bedrohen schien. Deswegen wurden auch die Zeugen öfter verhört. Viele Verhöre fanden in Prag statt. Eine ganze Anzahl Brüder wurden vom Polizeichef verwarnt. Das kam einer unbefristeten Bewährungsstrafe gleich.

Im Verlauf des Jahres erhielten die Versammlungen fünf Briefe vom Prager Büro der Zeugen Jehovas, in denen sie freundlich, aber in aller Deutlichkeit aufgefordert wurden, den Grundsatz aus Philipper 4:5 zu beachten: „Laßt eure Vernünftigkeit allen Menschen bekanntwerden.“

Interessanter Vorschlag des Staatssicherheitsdienstes

Zu Beginn des Jahres 1988 schlug der Staatssicherheitsdienst vor, die verantwortlichen Brüder sollten alles in die Wege leiten, damit ein Repräsentant der Weltzentrale zu inoffiziellen Gesprächen mit einigen Vertretern des Bundesinnenministeriums zusammentreffen könne. Auf der Tagesordnung würden verschiedene Aspekte des Verhältnisses zueinander stehen als Vorbereitung für mögliche künftige Unterredungen mit Staatsvertretern. Das war ein deutlicher Umschwung.

Noch ehe die Vereinbarungen für dieses Treffen abgeschlossen waren, fand in Wien der Bezirkskongreß „Göttliches Recht“ statt. Eine relativ große Gruppe Zeugen aus der Tschechoslowakei konnte den Kongreß besuchen, obwohl die Behörden Bescheid wußten.

Unterdessen nahmen die Vorbereitungen für die Gespräche zwischen Mitarbeitern vom Hauptbüro der Gesellschaft und hohen Beamten des Innenministeriums Gestalt an. Am Vormittag des 20. Dezember 1988 kam schließlich in einem Konferenzraum des Hotels „Forum“ in Prag ein Treffen der beiden Seiten zustande. Die Gesellschaft wurde vertreten durch Milton Henschel und Theodore Jaracz von der leitenden Körperschaft sowie Willi Pohl vom deutschen Zweig. Die Brüder von der leitenden Körperschaft hatten keine unrealistischen Erwartungen. Sie wußten, daß Geduld und Zeit erforderlich sein würden. Aber immerhin war man einen beachtlichen Schritt vorangekommen. Zweifellos hatte dieses Zusammentreffen Auswirkungen auf die Ereignisse im darauffolgenden Jahr.

Für drei polnische Städte waren große internationale Kongresse geplant. Die Zeugen Jehovas in der Tschechoslowakei wollten dabeisein. Man besprach die Angelegenheit mit Beamten der Staatssicherheit. Als die Genehmigung erteilt wurde, daß 10 000 nach Polen reisen durften, herrschte helle Aufregung. Das waren mehr als die Hälfte der Zeugen Jehovas, die es damals in der Tschechoslowakei gab. Einige bekamen es mit der Angst zu tun, als das Innenministerium eine Liste aller forderte, die dorthin fuhren. Doch diejenigen, die sich auf die Reise begaben, wurden über die Maßen gestärkt — durch das Kongreßprogramm unter dem Motto „Gottergebenheit“, durch die ansteckende Begeisterung der Kongreßteilnehmer und durch die bewundernswerte Gastfreundschaft der polnischen Zeugen.

Auf das von Gott aufgetragene Werk konzentriert

Noch im selben Jahr, am 17. November 1989, kam es in Prag zu einer Studentenrevolte. Das kommunistische Regime schritt mit brachialer Gewalt dagegen ein und entsandte Sondereinheiten der Polizei, um die Demonstranten in der Prager Národní třída (Nationalstraße) zu zerstreuen. Das führte zu einer spontanen friedlichen Protestbewegung gegen die kommunistische Regierung. Später sprach man von der „sanften“ Revolution. Für Jehovas Zeugen war in dieser Situation besondere Vorsicht angeraten, denn die Atmosphäre war emotionsgeladen, und es war gar nicht so einfach, die christliche Neutralität zu wahren.

Am 22. November 1989 schickte das Prager Büro einen Brief an alle Versammlungen in der Tschechoslowakei. Darin hieß es auszugsweise: „Wie erfreulich ist es doch, daß sich die Brüder auf das Predigtwerk konzentrieren und sich durch nichts ablenken lassen! ... Wir schätzen die gute Arbeit und die Besonnenheit unserer lieben Brüder und Schwestern sehr. Ihr Predigtdienst und die Ergebnisse bezeugen, daß Jehova auch in unserem Land mit seinen Zeugen ist. Daran ist uns sehr gelegen, und wir beten zu Jehova Gott, daß wir in seiner Gunst bleiben mögen. Wir grüßen Euch in brüderlicher Liebe.“ In dem Dienstjahr, das gerade erst geendet hatte, betrug die Höchstzahl der Verkündiger in den tschechischen Gebieten 11 394 — eine hervorragende Zunahme.

Ende 1989 hatte die Tschechoslowakei eine neue Regierung. Das Landeskomitee verlor keine Zeit, sich um einen rechtlichen Status für Jehovas Zeugen zu bemühen. Einige Mitglieder des Komitees suchten das Präsidium auf, woraufhin ein zur damaligen Zeit hoch bedeutsames Dokument abgefaßt wurde. Dieses von einem verantwortlichen Beamten unterzeichnete Schriftstück besagte:

„Auf der Grundlage einer Bekanntgabe des vorbereitenden Ausschusses der Kirche der Zeugen Jehovas nehmen wir zur Kenntnis, daß diese Kirche am 1. Januar 1990 ihre Tätigkeit wiederaufnehmen wird, die im Jahr 1939 vom faschistischen Regime unterbunden und am 4. April 1949 erneut verboten worden war.“ Dieses Dokument war einer der ersten Schritte in Richtung gesetzliche Registrierung.

Der lange Weg bis zur Registrierung

Obschon die Regierung anerkannte, daß die „Kirche der Zeugen Jehovas“ ihre Tätigkeit wiederaufnahm, waren weitere vier Jahre geduldiger Bemühungen erforderlich, bis die Gesellschaft in der Tschechischen Republik gesetzlich registriert wurde.

Am 12. Januar 1990 wurde beim Kultusministerium der Tschechischen Republik ein offizieller Antrag auf Registrierung der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas eingereicht. Das ganze Verfahren lief in enger Zusammenarbeit mit der leitenden Körperschaft, der Rechtsabteilung im Hauptbüro und einheimischen Anwälten ab. Am 1. und 2. März hielt sich Bruder Henschel in Prag auf. In Begleitung von Bruder Murín und Bruder Sobička besuchte er das Büro des Ministerpräsidenten und das Kultusministerium. Beide Besuche sollten der Bitte um eine schnelle Registrierung Nachdruck verleihen. Es kam allerdings nichts Konkretes dabei heraus, weil es noch keine neuen Registrierungsgesetze gab. Danach wurde noch vieles versucht, unter anderem wurden Petitionen eingereicht und Gespräche mit dem Ministerpräsidenten geführt.

Am 19. März 1992 wurde ein Gesetz über die Registrierung neuer Kirchen und Religionsgemeinschaften verabschiedet. Es besagte, das Verfahren zur Registrierung könne nur dann eingeleitet werden, wenn dem Antrag 10 000 Unterschriften von erwachsenen Anhängern beigefügt seien. (Die sogenannten traditionellen Kirchen, die unter dem kommunistischen Regime jahrzehntelang legal bestanden hatten, wurden automatisch registriert.) Man unterrichtete Jehovas Zeugen davon, daß sie einen neuen Antrag mit all den erforderlichen Daten stellen müßten. Während die Vorbereitungen zur Registrierung im Gang waren, trat am 1. Januar 1993 eine weitere Änderung ein, als nämlich die Tschechoslowakei in zwei Länder geteilt wurde — die Tschechische und die Slowakische Republik. Doch am 1. September 1993 ging bei der Tschechischen Presseagentur endlich folgende Meldung ein:

„Heute, am 1. September 1993, um 10 Uhr wurde Repräsentanten der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas im Kultusministerium der Tschechischen Republik die Registrierungsurkunde überreicht. Die Repräsentanten der Zeugen Jehovas dankten den Beamten des Ministeriums und teilten ihnen mit, daß sie weder eine persönliche finanzielle Unterstützung noch eine direkte finanzielle Unterstützung vom Staat verlangen. Die Registrierung tritt heute in Kraft.“

Über diese bedeutende Entwicklung wurde in der Presse berichtet. In manchen Zeitungen erschien nur eine kurze Notiz. In anderen wurde diese Meldung durch Schlagzeilen herausgestellt wie „Jehovisten haben bekommen, worauf sie gewartet haben“ oder „Jehovas Zeugen — eine anerkannte Religion“. War damit die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Tschechischen Republik zu Ende? Keinesfalls.

Schon nach wenigen Tagen starteten die Medien eine schonungslose Hetzkampagne. Bezeichnenderweise nahm sich die religiöse Presse bei den Angriffen auf Jehovas Zeugen die größten Freiheiten heraus. Tendenziöse Artikel enthielten Fragen, die man den Zeugen während des Registrierungsverfahrens gestellt hatte, sowie Mutmaßungen über die Antworten. Man warf Sprechern der Gesellschaft vor, sie hätten unrichtigerweise behauptet, Jehovas Zeugen seien nicht gezwungen, bestimmte Glaubensansichten zu vertreten oder bestimmte Tätigkeiten zu verrichten. Von den Antworten, die Jehovas Zeugen gaben, hieß es, sie seien ein Verrat an den Grundsätzen der Organisation.

Diese feindselige Kampagne kennzeichnete den Beginn einer neuen Ära, die nicht etwa von grausamen Festnahmen geprägt war, sondern von Spott. Es war eine Zeit, in der jeder Zeuge Jehovas einer anderen Art von Angriffen auf seinen Glauben und auf seine Loyalität gegenüber Jehova Gott und seiner Organisation standhalten mußte.

Glaube in Aktion

Jehovas Zeugen warteten nicht, bis die gesetzliche Registrierung abgeschlossen war, ehe sie in der Tschechoslowakei öffentliche Zusammenkünfte, ja sogar große Kongresse abhielten. Sie hatten die Regierung davon in Kenntnis gesetzt, daß sie im Januar 1990 ihre öffentliche Tätigkeit von neuem aufnehmen würden. Noch in demselben Monat wurde für alle Versammlungen ein besonderes Programm vorbereitet. Es stand unter dem zeitgemäßen Thema „Wie uns der Gehorsam gegenüber göttlichen Geboten zugute kommt“. Im Grunde handelte es sich dabei um einen zweistündigen Kreiskongreß. Die Zusammenkünfte fanden in einem überschaubaren Rahmen statt, aber man hatte eigens Säle dafür gemietet. An einem Ort kamen jeweils eine oder zwei Versammlungen zusammen. Im Frühling folgten dann größere Kreiskongresse.

Bei diesen Kongressen ging alles glatt vonstatten, so daß man für den Sommer einen viertägigen Landeskongreß in Prag plante. Das Stadion Evžen Rošický wurde gemietet, und zwei Mitglieder der leitenden Körperschaft, Bruder Henschel und Bruder Jaracz, waren am Programm beteiligt. Die Anwesendenhöchstzahl lag bei 23 876, und 1 824 ließen sich taufen. Der Kongreß war ein absoluter Durchbruch für die reine Anbetung. Es herrschte eine ganz ähnliche Stimmung wie im Vorjahr auf den polnischen Kongressen, aber diesmal war es ein „Heimspiel“, und das Programm wurde in Tschechisch und Slowakisch dargeboten. Die tiefen Empfindungen bei diesem Anlaß spiegelten sich in den strahlenden Gesichtern und den Freudentränen wider.

Der Name „Jehovas Zeugen“ war in der Tschechoslowakei 40 Jahre lang nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen worden. Über diese Religionsgemeinschaft, die man oft als „illegale Sekte“ bezeichnete, waren unglaubliche Gerüchte in Umlauf. Jetzt konnte sich jeder eingehend mit Jehovas Zeugen befassen, auch die Journalisten. Die Pressemeldungen über den Kongreß waren im großen und ganzen positiv. Es klang Verwunderung über das an, was die Zeugen vor dem Kongreß aus dem Stadion gemacht hatten. Zwei Monate lang hatten ungefähr 9 500 Freiwillige rund 58 000 Stunden damit zugebracht, es gründlich zu reinigen, die Bänke zu reparieren, die Kanalisation zu verbessern und das gesamte Stadion zu streichen. Ein Reporter der Zeitung Večerní Praha (Prager Abendblatt) äußerte sich staunend über die glücklichen Gesichter, das einträchtige Miteinander von Menschen aus allen Teilen der Tschechoslowakei und anderen Ländern und die anständige Sprache.

Im selben Jahr trug sich noch ein bahnbrechendes Ereignis zu. Am 30. August 1990 wurde der Königreichssaal der Versammlung Bechyně eingeweiht — der erste im Land.

All das ebnete den Weg für ein weiteres großartiges Ereignis.

Ein unvergeßlicher Kongreß

Man wollte vom 9. bis 11. August 1991 in Prag einen internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas abhalten. Als erstes mußte ein Stadion her. Welches? Eines der größten weltweit — das Spartakiad-Stadion in Prag. Da Jehovas Zeugen in der Tschechoslowakei noch nicht gesetzlich registriert waren, mietete Anton Murín, der damalige Koordinator des Landeskomitees, das Stadion als Privatmann. Dazu gehörte eine ganze Portion Mut. Es war eine Tat großen Vertrauens auf Jehova, und Jehova gab seinen Segen.

Die Abteilung Unterkünfte stand vor einer gewaltigen Aufgabe. Lubomír Müller wurde mit der Aufsicht darüber betraut. Die Brüder der leitenden Körperschaft wissen, wie wichtig gute Unterkünfte sind. Deshalb besichtigten Bruder Henschel und Bruder Jaracz persönlich die vorgeschlagenen Hotels in ganz Prag. Sie sahen sich die Hotelzimmer an und testeten sogar die Betten. Hotels mit Gemeinschaftsbädern und -toiletten kamen nicht in Frage. Wieso nicht? Bruder Henschel erklärte: „Unter normalen Bedingungen wäre nichts dagegen einzuwenden, weil die Gäste zu unterschiedlichen Zeiten kommen und gehen. Die Kongreßdelegierten kommen und gehen aber meistens etwa zur gleichen Zeit. Man kann sich die Szenen vor den Toiletten gut vorstellen. Das können wir unseren Brüdern nicht zumuten.“ Die Veranstalter vor Ort lernten etwas für die Praxis, als sie beobachteten, daß Mitglieder der leitenden Körperschaft am Wohl der einzelnen Delegierten persönlich interessiert waren.

Die Anwesendenhöchstzahl bei diesem internationalen Kongreß „Freunde der göttlichen Freiheit“ betrug 74 587. Davon waren 29 119 aus der Tschechoslowakei, 26 716 aus Deutschland und 12 895 aus Polen. Die übrigen 5 857 Delegierten kamen aus 36 weiteren Ländern. Es war ein beeindruckendes Erlebnis zu sehen, daß 2 337 Neue getauft wurden — 1 760 aus der Tschechoslowakei, 480 aus Deutschland und 97 aus Polen.

Der Höhepunkt des gesamten Kongresses wurde eindeutig am Samstag, den 10. August erreicht. Der gesamte tschechoslowakische Sektor erhob sich spontan zu einem donnernden Applaus, der volle 10 Minuten anhielt. Die Gesichter strahlten vor Freude. Was war der Grund? Albert Schroeder von der leitenden Körperschaft hatte am Ende seines Vortrags zunächst ein neues Buch in Englisch vorgestellt, was etwas enttäuschend war, er überraschte das Publikum dann aber mit der Freigabe der in einem Band gedruckten Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift in Tschechisch und in Slowakisch. Vielen Kongreßbesuchern liefen Freudentränen übers Gesicht.

Der Kongreß hinterließ bei vielen Delegierten einen bleibenden Eindruck. Und was ist über die Presse zu sagen? Wie immer waren manche Meldungen voreingenommen, andere aber positiv. Am Montag, den 12. August berichtete die Zeitung Venkov, deník českého a moravskoslezského venkova (Das Land, eine Zeitung des tschechischen und mährisch-schlesischen Landes) unter der Überschrift „Strahov voll besetzt“:

„Von Freitag bis Sonntag fand in Prag ein internationaler Kongreß der Zeugen Jehovas statt, den 75 000 Delegierte aus allen Teilen Europas, Amerikas und Japans besuchten. Jehovas Zeugen sind in der Tschechoslowakei seit 1912 tätig. Die Delegierten zeichneten sich durch ihre Rücksichtnahme und Selbstdisziplin aus. Der Kongreß selbst lief friedlich ab und war sehr gut vorbereitet. Obwohl es während der Taufe am Samstag zu regnen anfing, blieb das Publikum auf den Plätzen und hieß die Neuen mit lang anhaltendem Beifall willkommen.“

Trotz alldem ließ die gesetzliche Registrierung noch weitere zwei Jahre auf sich warten.

Zeit für Ausdehnung

Auch wenn das rechtliche Verfahren nur schleppend vorankam, so herrschte doch wegen der gesteigerten theokratischen Tätigkeit in dem Land auf organisatorischer Ebene erheblicher Bedarf. Von 1980 an hatte ein dreistöckiges Haus in Prag mit recht begrenztem Wohnraum als zentrales Büro gedient. Als das Werk 1990 freier wurde, renovierte man das Gebäude. Die Wohnungen machten Büros Platz. Wie sahen die Büros aus? Größere Räume wurden durch Holzwände abgeteilt, um kleinere Arbeitsbereiche zu schaffen. Diese fungierten nicht nur als Büros, sondern auch als Unterkunft für die Mitarbeiter, so daß direkt neben dem Schreibtisch ein Bett stand. Man brauchte mehr Platz.

Im Frühjahr 1993 wurde der Gesellschaft ein neues zehngeschossiges Gebäude in Prag zur Förderung der biblischen Bildung gestiftet. Freiwillige aus allen Teilen des Landes waren bei der Renovierung mit von der Partie. Am 28. und 29. Mai 1994 fand ein Programm zur Bestimmungsübergabe statt. Es wurden Dutzende von Zeugen Jehovas eingeladen, die unter dem kommunistischen Regime viele Jahre lang treu zu Jehova gestanden hatten. Albert Schroeder von der leitenden Körperschaft war am Programm beteiligt, und es waren Besucher aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, der Schweiz, der Slowakei, der Ukraine und den Vereinigten Staaten gekommen.

Als sich die Tschechoslowakei 1993 in zwei Länder teilte, wurden beide weiter von ein und demselben Landeskomitee betreut, das dem österreichischen Zweig unterstand. Doch die Verhältnisse in den beiden Ländern änderten sich. Im Jahr darauf wurde für jedes dieser Länder ein gesondertes Landeskomitee ernannt. Am 1. September 1995 nahm dann in der Tschechischen Republik ein Zweigbüro seine Tätigkeit auf. Jan Glückselig, Ondřej Kadlec, Jaromír Leneček, Lubomír Müller und Eduard Sobička wurden von der leitenden Körperschaft zu Mitgliedern des Zweigkomitees ernannt. Später wurde Lubomír Müller mit einem besonderen Auftrag nach Rußland gesandt, und Petr Žitník wurde in das Zweigkomitee der Tschechischen Republik berufen.

Königreichssäle in „Schnellbauweise“

Die Versammlungen der Zeugen Jehovas brauchten Versammlungsstätten. In der Tschechischen Republik findet man nicht so ohne weiteres geeignete Räumlichkeiten für Zusammenkünfte. Viele Besitzer von Sälen wollen nicht an Zeugen Jehovas vermieten. Das liegt zum Teil an irreführender — alter und neuer — Propaganda gegen Jehovas Zeugen. Deshalb sind viele Versammlungen bemüht, einen Saal zu bauen oder ein älteres Gebäude zu renovieren. Von allen Methoden für die Errichtung neuer Gebäude hat sich die Schnellbauweise als die zweckdienlichste erwiesen. Am 20. November 1993 wurde in der Tschechischen Republik der erste Königreichssaal in Schnellbauweise seiner Bestimmung übergeben. Der Saal steht in Sezimovo Ústí und wird von zwei Versammlungen benutzt.

Die Zahl der Königreichssäle nimmt stetig zu. Im Mai 1999 standen den 242 Versammlungen im ganzen Land 84 eigene Königreichssäle zur Verfügung. Die Brüder und Schwestern in der Tschechischen Republik sind sich völlig darüber im klaren, daß sie ohne die finanzielle Hilfe von Mitgläubigen in anderen Ländern nicht imstande gewesen wären, so viele schöne Königreichssäle zu bauen. Die Großzügigkeit der internationalen Bruderschaft hat die tschechischen Zeugen Jehovas tief berührt. Es ist ihr Herzenswunsch, nicht nur ihren Glaubensbrüdern in anderen Ländern zu danken, sondern auch Jehova, der bei seinen Dienern diesen Geist hervorruft und eine so einzigartige Organisation geschaffen hat (2. Kor. 8:13-15).

Die versteckten Fallen der Freiheit

Die Euphorie, die mit dem Sturz des Kommunismus im Jahr 1989 einsetzte, ist längst verflogen, und es sind viele neue Probleme entstanden. Auf der einen Seite gibt es die vorher nicht gekannte Möglichkeit, durch harte Arbeit Reichtum zu erwerben. Auf der anderen Seite herrscht soziale Unsicherheit, und die Kriminalität, die Inflation und andere negative Faktoren, die sich auf das Zusammenleben auswirken, nehmen rasant zu. Der höhere Lebensstandard fördert Materialismus, Konkurrenzgeist und Neid. Viele Stadtbewohner haben ein Häuschen auf dem Land, wo sie gern Zeit verbringen. Immer mehr Menschen machen teure Urlaubsreisen ins Ausland. Die neuerworbene Demokratie bringt die Freiheit mit sich, jederzeit alles zu kritisieren. So ist es jetzt auch möglich, einen unmoralischen Lebensstil zu propagieren. Unter dem Kommunismus wäre das undenkbar gewesen. Die Menschen waren darauf nicht vorbereitet. Die neue Situation kam für sie überraschend und hat manche von ihnen geradezu überrollt.

Diese Entwicklung ist auch an Jehovas Zeugen nicht spurlos vorübergegangen. Einige haben aufgehört, Jehova zu dienen, weil sie sich einem materialistischen Lebensstil zugewandt haben, ganz in gesellschaftlichen Aktivitäten aufgehen, den hohen biblischen Maßstab für die Ehe aufgegeben haben oder alles kritisieren, einschließlich der theokratischen Einrichtungen Jehovas. Andere, die in der Organisation bleiben wollten, versuchten, die Versammlungen nach ihren eigenen Vorstellungen umzumodeln. Das führte natürlich zu Spannungen, bis standhafte Aufseher dagegen vorgingen.

Wer heutzutage in der Tschechischen Republik Gott dienen möchte, sieht sich von einer Gesellschaft umgeben, die atheistisch und evolutionistisch orientiert ist. In dieser Gesellschaft gilt Religion als kindische Tradition oder philosophische Exzentrik. Aggressive Massenmedien nehmen Jehovas Zeugen unentwegt unter Beschuß. Das sind ebenso harte Glaubensprüfungen, wie sie durch die nationalsozialistischen und kommunistischen Gefängnisse und die hinterlistigen Taktiken beider Regime erzeugt wurden. Die große Mehrheit der Zeugen Jehovas bewahrt sich angesichts dieser Prüfungen einen festen Glauben.

Trotz der negativen Grundhaltung zu religiösen Angelegenheiten fällte das tschechische Verfassungsgericht im Frühjahr 1999 ein Urteil von großer Tragweite. Die tschechische Zeitung Lidové Noviny (Volkszeitung) vom 11. März 1999 verkündete: „Brünn läßt gesunden Menschenverstand erkennen“. (Das Verfassungsgericht hat nämlich seinen Sitz in Brünn.) Das Gericht entschied, daß kein Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zweimal verurteilt werden darf. Das bedeutet für eine ganze Anzahl Zeugen Jehovas eine gewisse Erleichterung. Der Ausgang dieses Falls wird allgemein als positiver Beitrag der Zeugen Jehovas zum tschechischen Rechtssystem gewürdigt.

Von Liebe motiviert

Jehovas Zeugen in der tschechischen Republik sprechen nach wie vor mit ihren Mitmenschen über die gute Botschaft von Gottes Königreich. Sie haben den Wunsch, noch vielen zu einer Erkenntnis über unseren liebevollen Gott, Jehova, zu verhelfen und ihnen zum Bewußtsein zu bringen, wie wunderbar Gott für alle sorgt, die Glauben an ihn ausüben. Um an die Menschen heranzukommen, müssen die Zeugen allerdings oft die Angst vor einer „gefährlichen Sekte“ abbauen, wie Jehovas Zeugen immer wieder diskreditiert werden. Auch müssen sie gegen die geringschätzige Einstellung zur Religion im allgemeinen ankämpfen, die auf ein jahrzehntelang bestehendes atheistisches Regime zurückgeht. Gelingt ihnen das?

Als 1999 die damals 16 054 Zeugen Jehovas in ihren 242 Versammlungen zusammenkamen, um des Todes Jesu Christi zu gedenken, waren bemerkenswerterweise noch Tausende mehr zugegen. Die Besucherzahl betrug insgesamt 31 435.

Jehovas Zeugen möchten all diesen Besuchern helfen, den christlichen Lebensweg mit Ausharren zu verfolgen. Sie predigen der Öffentlichkeit und sind zugleich bemüht, sich gegenseitig darin zu bestärken, fest im Glauben zu bleiben. Sie wissen nur zu gut, daß Jesus, als er die Geschehnisse unserer Zeit beschrieb, auch sagte: „Durch euer Ausharren werdet ihr eure Seele erwerben“ (Luk. 21:19). Und der Apostel Petrus schrieb unter Inspiration: „Das Ende aller Dinge ... hat sich genaht. Seid daher gesunden Sinnes, und seid wachsam im Hinblick auf Gebete. Habt vor allem inbrünstige Liebe zueinander“ (1. Pet. 4:7, 8). Diese Liebe motiviert sie weiterhin, mit anderen über kostbare biblische Wahrheiten zu sprechen und in unerschütterlicher christlicher Einheit zusammenzuwachsen.

[Herausgestellter Text auf Seite 165]

„Ich habe es nie bereut, geblieben zu sein. Mit der Zeit wurde mir bewußt, daß ich hierhin gehörte.“

[Herausgestellter Text auf Seite 168]

„‚Wenn ihr schon jeden zehnten erschießen wollt, dann erschießt uns doch alle!‘ Das ganze Lager war von dieser Reaktion überwältigt.“

[Herausgestellter Text auf Seite 184]

„Verspottet und beschimpft, aber insgeheim auch geachtet“

[Herausgestellter Text auf Seite 187]

„Kein Anzeichen für Kompromisse, sondern christliche Vernunft“

[Karte auf Seite 150]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

DEUTSCHLAND

POLEN

SLOWAKISCHE REPUBLIK

ÖSTERREICH

TSCHECHISCHE REPUBLIK

BÖHMEN

Prag

Lidice

Kladno

Karlsbad

Most

Teplice

Liberec

MÄHREN

Brünn

SCHLESIEN

[Ganzseitiges Bild auf Seite 148]

[Bild auf Seite 153]

Bruder Erler aus Dresden

[Bilder auf Seite 155]

Otto Estelmann führte im ganzen Land das „Photo-Drama der Schöpfung“ vor

[Bild auf Seite 157]

Bohumil Müller

[Bild auf Seite 167]

Božena Vodrážková lernte die Wahrheit im Konzentrationslager kennen

[Bilder auf Seite 169]

František Šnajdr und Alois Miczek waren im Konzentrationslager Mauthausen interniert

[Bild auf Seite 173]

Nach dem Zweiten Weltkrieg versammelten sich viele zu öffentlichen Vorträgen

[Bilder auf Seite 175]

Die Bethelfamilie und das Zweigbüro nach dem Zweiten Weltkrieg

[Bild auf Seite 178]

Eine Zusammenkunft im Wald (1949)

[Bild auf Seite 185]

Gruppenreisen boten die Gelegenheit, im Glauben erbaut zu werden

[Bild auf Seite 194]

Jaromír Leneček, der zum Zweigkomitee gehört, zeigte schon als Jugendlicher Eifer im Dienst

[Bilder auf Seite 207]

Milton Henschel und Theodore Jaracz setzten sich gemeinsam mit anderen für die gesetzliche Registrierung ein

[Bild auf Seite 210]

Tschechische Delegierte auf einem Kongreß in Polen (1989)

[Bilder auf Seite 216]

Internationaler Kongreß in Prag (1991) — ein außergewöhnliches Ereignis

[Bild auf Seite 218]

Das tschechische Übersetzungsteam

[Bild auf Seite 223]

Zweigbüro in Prag

[Bild auf Seite 223]

Unten: Zweigkomitee (von links nach rechts): Jan Glückselig, Jaromír Leneček, Ondřej Kadlec, Petr Žitník und Eduard Sobička