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Französisch-Guayana

Französisch-Guayana

Französisch-Guayana

Überall ist Dschungel. Wie ein gigantischer grüner Teppich breitet er sich vom Tumucumaque-Gebirge im Süden bis zum Atlantik im Norden aus. Der Maroni und der Oyapock, die den dichten Regenwald durchschneiden, fließen von Süden nach Norden, bevor sie ins Meer münden. Das Land zwischen diesen Flüssen heißt Französisch-Guayana.

Die Regenfälle, die mehr als ein halbes Jahr anhalten, sorgen für eine üppige Vegetation. Allerdings dringen nicht viele Menschen bis in das Landesinnere vor. Außerhalb der Küstenregion gibt es kaum gute Straßen, und das Befahren der Flüsse wird durch Stromschnellen erschwert. Schon deren Namen zeugen von ihrer Gefährlichkeit: Saut Fracas (Zerschmetternde Schnellen), Gros Saut (Große Schnellen), Saut Tambour (Trommelschnellen), Saut Laissé Dédé (Todesschnellen) oder A Dieu Vat’ (Hier endet alles).

In dem Regenwald wachsen über tausend Baumarten, zauberhafte Orchideen und andere Pflanzen, die feuchtes tropisches Klima lieben. Mehr als 170 Säugetierarten, gut 720 Vogel- und zahllose Insektenarten sind hier zu Hause. Es gibt riesige Anakondas, Kaimane, Jaguare und Ameisenbären, die man jedoch nicht oft zu Gesicht bekommt, weil sie sich verstohlen davonmachen, sobald sie Menschen wittern. Über den Pfaden und den Flüssen flattern leuchtendblaue Schmetterlinge durch die Lüfte, und farbenprächtige Vögel fliegen pfeilschnell von Baum zu Baum.

So bunt wie die Flora und Fauna ist auch die Bevölkerung mit ihrer vielfältigen Kultur. An der Küste und an den Flußufern liegen hier und da Indianerdörfer. Die Bewohner gehören zu den Galibi, Arawak, Palikur, Wayana, Emerillon und Oyampi.

Die Einwohner dieses kleinen südamerikanischen Landes konzentrieren sich hauptsächlich auf dem Küstenstreifen und der Hauptstadt Cayenne. An der surinamischen Grenze leben in Flußnähe Buschneger in Stammesverbänden. Es sind Nachkommen entlaufener Sklaven, die für die Arbeit auf den Plantagen aus Afrika geholt worden waren. Sie sprechen eine kreolische Sprache, Sranantongo genannt. Vor rund hundert Jahren siedelten sich asiatische Einwanderer aus Singapur, Vietnam und China an. 1977 kamen Hmong als politische Flüchtlinge aus Laos ins Land. Neben Asiaten machen Einwanderer von Martinique, Guadeloupe, Haiti, aus Brasilien, Suriname, der Dominikanischen Republik, Saint Lucia, dem Libanon, Peru und dem Mutterland Frankreich über die Hälfte der gut 150 000 Einwohner aus.

Ein hartes Leben

Die ersten Europäer wollten sich um das Jahr 1500 hier ansiedeln, doch der Versuch scheiterte. Die Lebensbedingungen waren zu hart. Im 17. Jahrhundert wurde dann das Gebiet des heutigen Französisch-Guayana eine französische Kolonie. Später verurteilte man Kriminelle aus Frankreich, die lange Strafen zu verbüßen hatten, zur Zwangsarbeit und schickte sie in die Sträflingslager von Cayenne, Kourou und Saint-Laurent. Politische Gegner kamen auf die Teufelsinsel, wo nur wenige überlebten. Die Sträflingslager sind seit langem geschlossen. Heute ist Kourou Sitz einer europäischen Raketenabschußbasis. Französisch-Guayana liegt zwar 7 000 Kilometer von Europa entfernt, aber es ist nach wie vor ein offizieller Verwaltungsdistrikt Frankreichs, ein französisches Überseedepartement, und gehört damit auch zur Europäischen Union.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, fast 300 Jahre nachdem Sir Walter Raleigh von einer sagenumwobenen Goldstadt in diesem Land berichtet hatte, stieß man schließlich auf Gold. Den Gefahren zum Trotz waren in den 1920er Jahren, angetrieben vom Goldfieber, ungefähr 10 000 Männer tief in den Regenwald eingedrungen. Sie hofften, über Nacht reich zu werden.

Dann kamen andere, die ebenfalls mutig genug waren, es mit dem harten Leben in Französisch-Guayana aufzunehmen. Es waren Pioniere, die geben und nicht nehmen wollten.

Samen biblischer Wahrheit gesät

Diese mutigen Pioniere brachten eine gute Botschaft aus Gottes Wort mit. Sie erzählten den Menschen von Gottes Vorsatz, der darin besteht, Krankheiten und den Tod zu beseitigen, Menschen aller Nationen in einer Bruderschaft zu vereinigen und die Erde zu einem Paradies umzugestalten (Jes. 2:3, 4; 25:8; 33:24; Offb. 7:9, 10). Sie beteiligten sich an dem Werk, das Jesus Christus vorhergesagt hatte, nämlich die gute Botschaft von Gottes Königreich werde „auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis“, bevor das Ende komme (Mat. 24:14). Dieses wichtige Evangelisierungswerk nahm in Französisch-Guayana 1946 seinen Anfang. Die ersten Zeugen Jehovas, die sich nach Französisch-Guayana aufmachten, kamen überwiegend aus französischen Überseedepartements wie Guadeloupe und Martinique oder aus Niederländisch-Guayana (heute Suriname), dem westlichen Nachbarland.

Die ersten Samenkörner der Wahrheit streute Bruder Olga Laaland aus, ein eifriger Prediger aus Guadeloupe. Im Dezember 1945 reiste er zu seiner Mutter und seinen leiblichen Brüdern, die im Innern von Französisch-Guayana unweit des Flusses Mana lebten. Um in das Dorf seiner Mutter zu gelangen, mußte er mehrere Tage mit dem Kanu fahren. Unterwegs übernachtete er in kleinen, offenen Hütten mit Palmdächern und nutzte die Gelegenheit, zu predigen und biblische Schriften zu verteilen. Am Bestimmungsort, Haut Souvenir, überbrachte er seinen Angehörigen voller Freude die gute Botschaft vom Königreich. Sehr zu seinem Verdruß bezeichnete man ihn als „Dämon“. In dieser feindseligen Atmosphäre war er 1946 bei der Feier zum Gedenken an Jesu Tod mit seinen jüngeren Brüdern allein. Kurz darauf jagte ihn seine Mutter, ganz unter dem Einfluß des Ortsgeistlichen, davon und schrie: „Ich dulde keine Dämonen in meinem Haus!“ Ihre ablehnende Reaktion dämpfte seinen Eifer aber nicht.

Auf der Rückreise predigte er bei Zwischenstopps an Goldminen und degrads oder Handelsniederlassungen. Eines Nachts schliefen er und die anderen Passagiere in einer Hütte direkt am Flußufer. Ein tropischer Regenguß brachte einen Baumriesen mit einem fürchterlichen Krachen zum Umstürzen. Von Panik ergriffen, sprang Olga in den Fluß, wußte aber nicht, daß es darin von Piranhas wimmelte. Da ihm nichts passierte, gelangten die Leute zu der Überzeugung, er besitze übernatürliche Kräfte, und hatten hohe Achtung vor ihm. Daraufhin waren sie für seine Botschaft empfänglicher.

Schließlich gelangte Bruder Laaland nach Mana, einem Dorf an der Atlantikküste mit 800 Einwohnern. Während seines ersten sechsmonatigen Aufenthalts dort plante er Zusammenkünfte und belehrte regelmäßig zehn Personen über die biblischen Wahrheiten, die wahre Freiheit bewirken (Joh. 8:32). Die Leute gaben ihm den Spitznamen Père Paletot („Vater Jacke“), weil er meistens eine Jacke trug im Gegensatz zum Ortspfarrer, der „Vater Gewand“ hieß. Bruder Laaland hatte zwar bald keine Literatur mehr, aber er hielt weiter öffentliche Ansprachen und predigte voller Eifer allen, die ihm zuhörten. Er erwarb sich den Ruf eines kraftvollen Redners, der auch lebhaften Diskussionen mit Geistlichen nicht abgeneigt war.

Als Bruder Laaland nach Guadeloupe zurückkehrte, waren seit dem letzten Besuch bei seiner Mutter fast zwei Jahre verstrichen. Seine Predigttätigkeit hatte zwar nicht dazu geführt, daß sich jemand taufen ließ, aber er hatte reichlich Samen ausgestreut. Die Früchte ließen noch etwas auf sich warten.

Helfer aus verschiedenen Ländern

Im Jahr 1956 bat die Watch Tower Society Wim van Seijl vom surinamischen Zweig, nach Französisch-Guayana zu gehen. Er erzählt: „Mit einem kleinen Flugzeug flogen wir von Saint-Laurent nach Cayenne, wo wir ungefähr drei Wochen in einem kleinen Hotel wohnten. Wir bearbeiteten einen Großteil Cayennes mit dem Buch La Vie Eternelle [Ewiges Leben] und verbreiteten mehrere hundert Exemplare. Es war auf jeden Fall Interesse zu erkennen, aber wegen unserer mangelnden Französischkenntnisse war es schwierig, Bibelstudien einzurichten. Wenn wir von Haus zu Haus gingen, leiteten wir uns so ein: ‚Gestern sind wir mit dem Flugzeug in Cayenne angekommen, um die gute Botschaft zu predigen.‘ Nach zwei Wochen sagten wir immer noch: ‚Gestern sind wir mit dem Flugzeug in Cayenne angekommen ...‘, weil das die einzige französische Einleitung war, die wir konnten. In einem alten, leerstehenden Theater zeigten wir den Film Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit. Ein Mann übersetzte den Text ins Kreolische und eine Frau anschließend ins Französische.“ Es war beachtliches Interesse vorhanden, aber wie sollte man es wachhalten?

Es kamen noch weitere Zeugen aus Suriname, um zu helfen. Zu ihnen gehörten Paul Naarendorp und Cecyl und Nel Pinas. Nicht wenige der Neuankömmlinge sprachen Französisch.

Auch von unerwarteter Seite kam Hilfe. Eine Familie aus Dünkirchen in Frankreich hatte die Bibel studiert. Doch der 16jährige Sohn, Christian Bonecaze, war der einzige von ihnen, dessen Interesse nicht erlosch. Als die Familie nach Cayenne zog, sprach Christian mit seinen Schulkameraden über das, was er aus der Bibel gelernt hatte. Ein Junge und seine drei Schwestern interessierten sich dafür. Christian bat die Gesellschaft brieflich um Hilfe.

Etwa um diese Zeit kehrten Xavier und Sara Noll nach dem Abschluß der Gileadschule (1958) nach Martinique zurück. Die Gesellschaft bat Bruder Noll, nach Französisch-Guayana zu reisen, um der kleinen Gruppe dort beizustehen. Die Überfahrt mit einem kleinen Schiff nahm zehn Tage in Anspruch. Xavier mußte auf dem Deck schlafen.

In Cayenne angekommen, nahmen die Interessierten Bruder Noll gastfreundlich auf. Sie luden ihn für die Zeit seines Aufenthalts zum Essen ein und reservierten für ihn ein nettes Zimmer in einem Hotel, das von einem ehemaligen Sträfling geführt wurde. Jeden Tag studierte Bruder Noll mit Christian und den äußerst gastfreundlichen jungen Leuten die Bibel und unterhielt sich mit ihnen über Glaubensfragen. Ihre Kenntnis der biblischen Wahrheit vertiefte sich. Schon nach wenigen Wochen äußerte Christian den Wunsch, sich taufen zu lassen; dasselbe galt für seinen Freund und zwei seiner Schwestern. Wegen eines heftigen Regengusses konnte Bruder Noll die Taufansprache nicht wie geplant am Strand halten. Also sprach er zu der Gruppe in ihrem kleinen Auto. Darauf folgte die Taufe. Das war in Französisch-Guayana das erste Mal, das Jehovas Zeugen jemanden tauften.

Während seines Aufenthalts in dem Land nutzte Bruder Noll seine Zeit gut für den Predigtdienst. Nach einer Woche hatte er fast seine gesamte Literatur verbreitet. Eine Zeitschrift behielt er, damit er den Leuten ein Abonnement anbieten konnte. Innerhalb von drei Wochen nahm er 70 Abonnements auf, etwa ein Dutzend davon in Chinesisch. Wie machte er sich bei Chinesen verständlich? Er zeigte sein Klassenfoto von der Gileadschule, deutete auf die chinesischen Studenten in seiner Klasse und gestikulierte wild. „Es klappte sehr gut“, sagte er. Zu den Personen, denen er Zeugnis gab, gehörte auch Michel Valard, dessen Bruder Geistlicher war, der aber selbst als Goldgräber das Landesinnere erkundet hatte. Nachdem Bruder Noll weggegangen war, leitete Christian Bonecaze die Tätigkeit der kleinen Gruppe in Cayenne.

Nicht lange danach, im Jahr 1960, wurde der Zweig von Guadeloupe mit der Aufsicht über das Predigtwerk in Französisch-Guayana betraut. Für dieses Land war es von großem Vorteil, regelmäßig Hilfe zu erhalten. Es war nun eine Grundlage gelegt worden, auf der man aufbauen konnte. Deshalb wurde 1960 Octave Thélise von Martinique als Sonderpionier dorthin gesandt. Er besuchte die Abonnenten und Empfänger anderer Wachtturm-Publikationen. Im selben Jahr zog auch Théophanie Victor von Martinique nach Französisch-Guayana, um dort das Werk zu unterstützen. Nach kurzer Zeit wurde sie zur Sonderpionierin ernannt.

Schon 1954 war der Niederländer Herr van Pardo mit seiner aus Martinique stammenden Frau nach Paramaribo (Suriname) übergesiedelt, wo seine Frau mit Jehovas Zeugen in Berührung kam. Im Jahr darauf zogen die beiden nach Saint-Laurent am gegenüberliegenden Ufer des Maroni, der die Grenze zwischen Suriname und Französisch-Guayana bildet. In einem Zeitraum von etwa fünf Jahren überquerten die Brüder Pinas und Libreto aus Suriname den Maroni alle drei Monate mit dem Kanu, um dem Ehepaar zu helfen, Jehova und seine Anforderungen kennenzulernen. Im Dezember 1960 auf einem Kongreß in Paramaribo (Suriname), bei dem Milton Henschel von der Weltzentrale der Watch Tower Society anwesend war, ließen sich die beiden und noch zwei weitere Bewohner von Französisch-Guayana taufen.

Im Mai 1961 besuchte Nicolas Brisart, der Zweigaufseher von Guadeloupe, die 16köpfige Verkündigergruppe in Cayenne, um dort den ersten Kreiskongreß mitzuerleben. Außerdem zeigte er vor 250 Zuschauern den Film Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft. Die ausgezeichnete Resonanz veranlaßte ihn, noch einen weiteren Film vorzuführen: Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit. Als die Filme in Saint-Laurent gezeigt wurden, waren die Reaktionen ähnlich erfreulich. Der stellvertretende Bürgermeister von Saint-Laurent war so beeindruckt, daß er sagte: „So was hab’ ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.“ Als er den Brüdern zum Abschied die Hand schüttelte, fragte er: „Haben Sie eigentlich schon den Bürgermeister um Erlaubnis gebeten, Ihren Film in der Stadthalle vorzuführen? Ich werde morgen mit ihm darüber reden.“ Es wurde nicht nur die Genehmigung erteilt, die Filme zu zeigen, sondern auch jeden Abend einen öffentlichen biblischen Vortrag zu halten. Alles in allem sahen während dieses denkwürdigen Besuchs über 500 Personen die Filme der Gesellschaft und hörten Ansprachen über biblische Themen. Der stellvertretende Bürgermeister meinte: „Leute wie euch Zeugen Jehovas brauchen wir hier.“ Ungefähr zwei Jahre später, im März 1963, wurde in Cayenne die erste Versammlung der Zeugen Jehovas gegründet. Die Zusammenkünfte fanden in einem kleinen Haus statt, das sich in Petit Monaco, einem Außenbezirk, befand.

Wie sie mit der Wahrheit in Berührung kamen

Zu der ersten Versammlung gehörten Bruder und Schwester Sylvestre, die ursprünglich aus Martinique stammten. Wie wurden sie Zeugen Jehovas? Eines Tages im Jahr 1952, als Frau Sylvestre gerade auf dem Weg zu einem Lebensmittelgeschäft war, begegnete sie einem ehemaligen Bewohner der Teufelsinsel, der ihr ein paar Bücher für ihren Mann gab. Woher er die Bücher hatte, wußte sie nicht, aber es waren Wachtturm-Publikationen. Sie wußte, daß ihr Mann gern so etwas las, und nahm sie deshalb mit nach Hause. Sie erinnert sich: „Als mir die Bücher auf den Tisch fielen, sprang mir der Titel ‚Gott bleibt wahrhaftig‘ ins Auge. Dieses Buch über Gott weckte sofort mein Interesse. Als mein Mann nach Hause kam, erzählte ich ihm, was ich über den Namen Gottes, den Götzendienst und die Bedeutung der verbotenen Frucht gelesen hatte. So etwas hatte ich noch nie gehört. Ich war gleich davon überzeugt, daß ich die Wahrheit gefunden hatte. Von da an ging ich nicht mehr zum Gottesdienst. Obwohl ich noch keine Zeugen Jehovas kannte, fing ich an, mit meinen Freundinnen über das zu sprechen, was ich aus diesem Buch gelernt hatte, und ich empfahl allen in meinem Umkreis, es zu lesen. Neun Jahre später kam eine Dame, Théophanie Victor, an meine Tür und bot mir zwei Erwachet!-Ausgaben an. Als sie im Begriff war zu gehen, fragte ich sie, welcher Religion sie angehörte. ‚Den Zeugen Jehovas‘, antwortete sie. ‚Was!‘ rief ich. ‚Ich warte schon seit neun Jahren auf Sie! Können wir einen Termin ausmachen?‘ “ Diese Frau und ihr Mann bezogen mit der Zeit entschieden Stellung für die Anbetung Jehovas.

Auch Michel Valard, der bereits früher an seinem Arbeitsplatz von Xavier Noll angesprochen worden war, lernte die Wahrheit kennen, als es in dem Land noch kaum Zeugen Jehovas gab. Als er die Zusammenkünfte der Zeugen besuchte, wurde ihm nach und nach bewußt, daß er zufriedenstellende Antworten auf seine Fragen erhielt. Schwester Victor bot ihm ein Bibelstudium an, und obwohl sich seine Frau Jeanne sehr darüber aufregte, sagte er sofort zu, konnte es aber nicht in der eigenen Wohnung stattfinden lassen. Doch er war ganz sicher, die Wahrheit gefunden zu haben, und wollte, daß auch Jeanne sie kennenlernte. Also suchte er sich in den Zeitschriften Artikel aus, von denen er wußte, daß sie ihre Neugier erregen würden, und legte sie an eine unübersehbare Stelle. Schließlich wollte auch sie die Bibel studieren, und 1963 ließen sich beide taufen. Ihre Kinder machten sich die Wahrheit ebenfalls zu eigen, und einer von ihnen, Jean-Daniel Michotte (ein Sohn Jeannes, den sie mit in die Ehe gebracht hatte), ist ein Mitglied des Zweigkomitees.

Paul Chong Wing, ein junger Lehrer aus Französisch-Guayana, lernte Jehovas Zeugen während seines Studiums in Frankreich kennen. Die Weltlage und die Einstellung der Leute hatten ihm alle Illusionen geraubt. Er hatte sich mit Freimaurerei beschäftigt, aber auch dort keine Antworten auf die Fragen erhalten, die ihm Kopfzerbrechen bereiteten. Er sagte sich immer wieder, die Wahrheit müsse irgendwo zu finden sein, und beschloß, danach zu suchen. Nach seiner Begegnung mit Jehovas Zeugen war er sicher, sie gefunden zu haben. Zurück in Französisch-Guayana, nahm er mit Michel Valard Kontakt auf und erfuhr zu seiner großen Freude, daß es ganz in der Nähe seiner Wohnung einen Königreichssaal gab. 1964 ließ er sich taufen und im Jahr darauf auch seine Frau. Er machte rapide Fortschritte. Der Bedarf an fähigen, einsatzfreudigen Männern war so groß, daß er schon nach einem Jahr zum Versammlungsdiener ernannt wurde. Er half bei der Gründung einer Reihe von Versammlungen. Heute gehört er zum Zweigkomitee.

Unterstützung für isolierte Verkündiger

Die Versammlung in Cayenne wuchs, doch die Verkündiger beschränkten ihre Tätigkeit nicht nur auf das dortige Gebiet. Brüder aus Cayenne unternahmen gelegentlich Wochenendtouren zu den kleinen isolierten Verkündigergruppen in Saint-Laurent, Mana und Iracoubo. Auf diesen Fahrten hatten sie einen vollen Terminkalender. Zuerst fuhren sie entlang der Küste von Cayenne nach Saint-Laurent, das an der surinamischen Grenze liegt. Dort fand am Samstag um 18 Uhr eine Zusammenkunft mit einem öffentlichen Vortrag und einem Wachtturm-Studium statt. Nach einer Übernachtung ging es in nördlicher Richtung weiter nach Mana, wo die Zusammenkunft um 8 Uhr begann. Auf der Rückfahrt nach Cayenne nahmen sie unterwegs einen Imbiß zu sich und hielten dann in Iracoubo, wo um 15 Uhr nochmals dasselbe Programm ablief. Anschließend ging es zurück nach Cayenne.

Das waren zwar Marathonwochenenden, aber die Teilnehmer verbinden damit unauslöschliche Erinnerungen. Allein auf der Hinreise legten sie 250 Kilometer zurück. Die Straßen bestanden aus roter Erde und hatten unzählige Schlaglöcher. Nach einem tropischen Regen stand das Wasser manchmal einen Meter hoch. Den Brüdern blieb dann nichts anderes übrig, als ein paar Stunden zu warten, bis das Wasser abgelaufen war. Es mußten immer fünf oder sechs Fahrzeuge im Konvoi fahren, weil die Autos wegen der tiefen Schlaglöcher oft steckenblieben. Wenn das passierte, mußten die Brüder im Wald kleine Bäume umhauen und die Stämme über die Löcher legen. Dann schoben alle Mann die Autos darüber. Das erste Auto, das über ein großes Schlagloch fuhr, half dabei, die anderen hinüberzuziehen. Zu Verzögerungen kam es auch, wenn die Brüder in Kourou und Mana auf eine Fähre warten mußten. Währenddessen wurden sie von Moskitos attackiert, aber sie nutzten die Zeit, um Passanten Zeitschriften anzubieten.

Die isolierten Verkündigergruppen wurden durch diese Besuche sehr erbaut, und ihre Dankesäußerungen machten alle Reisebeschwernisse mehr als wett. Der Nutzen war nicht einseitig. Die Brüder aus Cayenne erhielten durch die Gastfreundschaft und den Eifer von Bruder und Schwester van Pardo, Schwester Fantan, Schwester Barthebin und Schwester Defreitas ebenfalls neuen Auftrieb. Später wurden Bruder und Schwester Fléreau aus Guadeloupe als Sonderpioniere in diese Gegend geschickt, und sie kümmerten sich beispielhaft um interessierte Personen. Beim Erfüllen des Auftrags Jesu: „Macht Jünger aus Menschen aller Nationen“ haben Jehovas Zeugen die Bewohner Französisch-Guayanas nicht vernachlässigt (Mat. 28:19).

Fortschritte — langsam, aber sicher

Im Jahr 1970 hatte die Versammlung Cayenne 129 Verkündiger, und es gab Gruppen in Saint-Laurent und Kourou. Jehovas Zeugen waren zwar gering an Zahl, aber ihr Bekanntheitsgrad im Land stieg zusehends. Das Wachstum ging allerdings nur schleppend voran. Es dauerte weitere zehn Jahre, bis sich die Zahl der Königreichsverkündiger verdoppelte.

Der Fortschritt wurde dadurch behindert, daß manche die biblischen Hinweise über Gemeinschaftsentzug und Reue nur schwer akzeptieren konnten. Die Versammlung spaltete sich in zwei Lager. Die einen unterstützten die Entscheidungen der Ältestenschaft, die anderen nicht. Es kamen reisende Aufseher aus Guadeloupe, um die diesbezüglichen Anweisungen der leitenden Körperschaft mit den Brüdern durchzugehen. Diejenigen, die sich von Jehova durch seinen Kanal leiten ließen, blühten auf.

Der Geist, der unter den Verkündigern herrschte, wurde zudem von der Einstellung der Leute gegenüber dem Predigtwerk in Cayenne geprägt. Die katholische Kirche war sehr einflußreich. Die Geistlichen verachteten die Zeugen und brachten ihre „Schäfchen“ gegen sie auf. Das schreckte die Brüder und Schwestern aber nicht ab. Ihr Eifer sorgte für einigen Wirbel. Wenn die Leute die Tür nicht öffneten, gingen die Zeugen oft hinters Haus, um nachzusehen, ob sich jemand im Hinterhof versteckt hielt. Manche führten mit Adventisten hitzige Streitgespräche über den Sabbat und mit Evangelikalen über das Höllenfeuer und die Unsterblichkeit der Seele. Diese Diskussionen dauerten bisweilen von morgens bis abends.

David Moreau, der als Kreisaufseher von Martinique angereist war, erinnert sich an eine solche Debatte. Er berichtet: „Wir unterhielten uns gerade mit einem jungen Mann, als sich ein Pfarrer der Siebenten-Tags-Adventisten näherte und sich in das Gespräch einschaltete. Er bestand darauf, über den Sabbat zu reden. Virgo, mein Begleiter, sagte, er sei gekommen, um über Gottes Königreich zu sprechen, aber sie blieben dann doch beim Thema Sabbat. Der Pfarrer meinte: ‚Der Sabbat stammt von Gott. Wir werden sogar im künftigen Paradies den Sabbat halten.‘ Er zitierte Jesaja 66:23: ‚An jedem Neumond und an jedem Sabbat wird alle Welt kommen, um mir zu huldigen, spricht der Herr.‘ Bruder Virgo fragte den Pfarrer: ‚Was hatten wir denn nach dieser Bibelstelle letzten Mittwoch?‘ Der Pfarrer suchte, händeringend und vor Aufregung schwitzend, nach einer Antwort, konnte aber keinen Zusammenhang zwischen vergangenem Mittwoch und dieser Bibelstelle erkennen. ‚Wir hatten Neumond, guter Mann! Da sieht man’s mal wieder. Ihr haltet den Sabbat und vergeßt den Neumond. Ihr entfernt mehr als ein Jota von der Bibel.‘ “ Hinterher sagte Virgo zu David: „Wenn ich in den Dienst gehe, sehe ich grundsätzlich vorher nach, wann Neumond ist, für den Fall, daß ich einen Adventisten treffe.“

Die Brüder konnten ihre Glaubensansichten zwar gewandt verteidigen, aber manche waren mehr darauf aus, ihre Gesprächspartner mit Argumenten zum Schweigen zu bringen, als nach schafähnlichen Menschen zu suchen. Um wirkungsvoll Zeugnis geben zu können, brauchten sie Schulung, und Jehova sorgte für die erforderliche Hilfe.

Missionare erschließen das Landesinnere

Ende der 1970er Jahre kamen Missionare nach Französisch-Guayana, die in der Gileadschule ausgebildet worden waren, und außerdem Pioniere aus Frankreich, die ohne spezielle Ausbildung in den Missionardienst gesandt wurden. Damit begann das wichtige Werk, die Versammlungen zu schulen und zu stärken. Die Brüder lernten, taktvoller und wirkungsvoller Zeugnis zu geben. Auch übernahmen die Missionare die Führung in der Predigttätigkeit unter den verschiedenen Sprachgruppen des Landes. Bald nahmen sich einheimische Verkündiger ein Beispiel an ihnen und lernten Englisch, Portugiesisch, Sranantongo und Galibi, eine indianische Sprache. Zur Zeit ist im Zweigbüro in Französisch-Guayana Literatur in 18 Sprachen erhältlich.

Die Gileadabsolventen Jonadab Laaland und seine Frau, die in Neukaledonien tätig waren, wurden im April 1991 in die Gegend von Kourou geschickt, um die dortige Versammlung zu festigen. Jonadabs Vater, Olga Laaland, hatte in Französisch-Guayana einige der ersten Samenkörner der biblischen Wahrheit ausgestreut. Gegenwärtig gibt es in Kourou mehr als 280 Lobpreiser Jehovas.

Missionare waren auch Vorreiter, wenn es darum ging, neue Gebiete zu erschließen, vor allem das schwer zugängliche Landesinnere. Tropenkrankheiten wie Malaria, Schlangen und Insektenschwärme, mächtige Flüsse mit gefährlichen Stromschnellen, die man befahren mußte, um abgelegene Dörfer zu erreichen, sintflutartige Regenfälle und Schlamm, durch den man waten mußte, schreckten sie nicht ab.

Elie und Lucette Régalade leisteten in Cayenne und Saint-Laurent ausgezeichnete Arbeit. Sie bearbeiteten auch unberührtes Gebiet entlang dem Oberlauf des Maroni an der westlichen Landesgrenze. Mit einer kleinen Gruppe von Zeugen unternahmen sie eine dreiwöchige Predigttour zu allen Flußdörfern von Saint-Laurent bis nach Maripasoula. Die Tour mußte unterbrochen werden, damit einer aus der Gruppe wegen einer schweren Malariaerkrankung in Saint-Laurent behandelt werden konnte. Doch es folgten noch weitere Predigttouren ins Landesinnere, so daß die dortigen Bewohner die gute Botschaft hören konnten.

Um nach Saint-Élie zu gelangen, einem Dorf, das im 19. Jahrhundert von Goldsuchern gegründet wurde, muß man von der Küste aus sieben Stunden mit dem Kanu auf dem Sinnamary ins Landesinnere fahren. Es schließt sich eine zweitägige, 30 Kilometer lange Wanderung durch den Dschungel an, auf der man einen schweren Rucksack mitschleppen muß. Wer dort Zeugnis geben möchte, braucht Proviant für drei Tage und reichlich Literatur. Nachts sollte man ein Lagerfeuer anzünden, um Tiere fernzuhalten, und in einer Hängematte schlafen. Trotzdem machte es Eric Couzinet und Michel Bouquet, zwei Missionaren aus Frankreich, riesige Freude, die Reise zu unternehmen, um den 150 Einwohnern gründlich Zeugnis zu geben. Den Diavortrag, den sie während ihres Aufenthalts hielten, besuchten 20 Personen.

Unter diesen Leuten fanden die Brüder Fanélie, die ihren geistigen Hunger stillen wollte. Früher war sie katholisch. Dann wechselte sie zu den Adventisten über. Doch keiner ihrer Glaubensbrüder besuchte sie je in Saint-Élie. Sie wollte an brieflichen Bibelkursen teilnehmen, erhielt aber nie eine Antwort. Als sie Jehovas Zeugen kennenlernte, wurde ihr klar, daß diese sich als einzige die Mühe machten, Menschen in so entlegenen Winkeln wie Saint-Élie aufzusuchen. Die Brüder studierten eine Woche lang tagtäglich mit Fanélie. Kurz darauf zog sie für sechs Monate in eine größere Stadt. In dieser Zeit studierte sie dreimal wöchentlich. Als sie in ihr Dorf zurückkehrte, war sie eine ungetaufte Verkündigerin. Fanélie hatte ihren andersgläubigen Mann und fünf kleine Kinder zu versorgen, aber ihr Eifer für die Wahrheit drängte sie, jeden Monat über 40 Stunden für das Zeugnisgeben einzusetzen. Sie half auch mit, Zusammenkünfte für interessierte Personen zu organisieren. Das von ihr arrangierte Gedächtnismahl besuchten 40 Personen. Inzwischen ist Fanélie an die Küste gezogen und beteiligt sich nach wie vor rege am Predigtdienst. Sie freut sich, daß sich eine ihrer Töchter hat taufen lassen und daß ihr Mann jetzt die Bibel studiert.

Missionare waren auch die ersten, die in Kaw, Ouanary und Favar im Osten des Landes predigten. Bruder Couzinet erinnert sich noch lebhaft an die erste Predigttour zu diesen Orten, die er 1987 mit ein paar einheimischen Zeugen unternahm. Los ging es mit einer Fähre und dann weiter auf einer 40 Kilometer langen Straße aus roter Erde, bis sie zu einem Sumpfgebiet kamen. Als sie anhielten, hörten sie ein furchterregendes Gebrüll. Bruder Couzinet dachte, es stamme von angriffslustigen Jaguaren. Doch seine Reisebegleiter versicherten ihm, es sei nur eine Gruppe Brüllaffen, die sich durch ihre Ankunft gestört fühlten. Die Verkündiger lernten ein Ehepaar kennen, das nach der Wahrheit gesucht hatte. Die beiden zogen nach Cayenne um, machten Fortschritte, ließen sich taufen und sind derzeit im portugiesischen Gebiet Französisch-Guayanas tätig.

Nach und nach wurden noch etliche abgelegene Gebiete besucht. Zu den Orten, wohin als erstes Missionare kamen, gehören Grand Santi, Papaïchton und Saül. Die meisten der zuvor unberührten Gebiete werden mittlerweile regelmäßig von Königreichsverkündigern besucht.

Predigttätigkeit in Maripasoula

Die Bewohner von Maripasoula, einem bedeutenden Ort am Oberlauf des Maroni, kamen schon 1963 mit der Königreichsbotschaft in Berührung. Adrien Jean-Marie, der damals die Bibel studierte, hatte dort dreimal im Jahr beruflich zu tun. Er sprudelte über vor Begeisterung über die Wahrheit. Also nutzte er die Gelegenheit, gründlich Zeugnis zu geben, und verbreitete jedesmal viele biblische Veröffentlichungen.

Es gaben zwar auch noch andere in Maripasoula Zeugnis, doch die Verständigung mit den sranantongosprachigen Bewohnern war problematisch. Sranantongo, von den Einheimischen auch Taki-Taki genannt, basiert auf dem Englischen und enthält Elemente aus dem Niederländischen, Französischen, Portugiesischen und aus verschiedenen Sprachen Afrikas und Indiens. Der surinamische Zweig schickte für jeweils drei bis sechs Monate sranantongosprechende Sonderpioniere nach Maripasoula, aber die Bevölkerung reagierte ablehnend. Schließlich wurden die Zeugen unter dem Vorwand vertrieben, sie seien Ausländer aus Suriname. In erster Linie lag es jedoch daran, daß sie Zeugen Jehovas waren.

Cornélis und Hélène Linguet kamen 1992 als Sonderpioniere in diese Gegend. Dadurch, daß sie Sranantongo konnten, hatten sie es beim Predigen wesentlich leichter, und zudem wurden sie als Franzosen von den Einheimischen eher akzeptiert. Drei Tage in der Woche gaben sie in Maripasoula Zeugnis und drei Tage in dem Dorf Papaïchton, das mit dem Kanu in einer Stunde zu erreichen war. Zuerst hielten sie in ihrer Wohnung in Maripasoula Zusammenkünfte ab. Nach zwei Jahren Tätigkeit besuchten acht Personen das Gedächtnismahl. Das Ehepaar harrte in diesem abgeschiedenen Gebiet aus. Die Liebe zu den Menschen half ihnen, zahlreiche Probleme zu ertragen. Schließlich wurde ihre Geduld belohnt, und es entstanden zwei Versammlungen.

Die biblische Botschaft fand unter anderem bei Antoine Tafanier Anklang. Da er mit dem Gran Man, der höchsten Autorität in der animistischen Gemeinde, eng verwandt ist, genoß er hohes Ansehen. Tafanier hatte zwei Frauen, was in den Flußsiedlungen durchaus nicht ungewöhnlich ist. Als er sich für die Wahrheit entschied, mußte er etwas unternehmen — also entweder eine der beiden Frauen heiraten oder allein leben. Die beiden Frauen, die getrennt wohnten und wußten, daß er sich zwischen ihnen entscheiden mußte, stritten sich fürchterlich. Doch heute ist Antoine Tafanier ein glücklicher getaufter Zeuge, der Jehova zusammen mit nur einer Ehefrau dient. Was ist aus der anderen Frau geworden? Nach einiger Zeit fing auch sie an, die Bibel zu studieren, und ist inzwischen eine getaufte Dienerin Jehovas.

Jehovas Zeugen gewannen in der Region an Achtung. Eine lokale Vereinigung stellte ihnen für drei Jahre kostenlos eine Versammlungsstätte zur Verfügung. Als die Zeit gekommen war, einen Königreichssaal zu bauen, steuerten diese Sympathisanten die Hälfte der verzinkten Blechteile bei. Eine andere Vereinigung war für die Fernsehstation verantwortlich. Sie strahlte die damals zur Verfügung stehenden fünf Videos der Watch Tower Society aus. Die Dorfbewohner schätzten vor allem das Video Jehovas Zeugen — Die Organisation, die hinter dem Namen steht.

Die Zeugen hatten nun in dieser ehemals feindseligen Gegend an Boden gewonnen. 1993 gab es sowohl in Maripasoula als auch in Papaïchton einen Königreichssaal, und die Menschen, die im Umkreis am Ufer des Maroni wohnten, konnten regelmäßig die Königreichsbotschaft hören.

Den Oyapock entlang

Was wurde unterdessen an der östlichen Landesgrenze erreicht, wo der Oyapock Französisch-Guayana von Brasilien trennt? 1973 gab Adrien Jean-Marie in Saint-Georges intensiv Zeugnis. Sein erster Besuch erstreckte sich über drei Tage. Im selben Jahr kam er noch zweimal wieder und konnte dann eine öffentliche Zusammenkunft mit 20 Anwesenden arrangieren. Es wurden brieflich ein paar Bibelstudien begonnen, was allerdings nicht gut funktionierte, weil die Leute es nicht gewohnt waren, Briefe zu schreiben. Auch in Tampac, einem Buschnegerdorf am selben Fluß, fand Bruder Jean-Marie Menschen, die sich für die Botschaft der Bibel interessierten.

Zehn Jahre später, 1983, wurden Etiennise Mandé und Jacqueline Lafiteau in diese ferne Gegend gesandt, um weiter Zeugnis zu geben und interessierten Personen beizustehen. Soweit es möglich war, flogen Brüder aus Cayenne für ein Wochenende nach Saint-Georges, um die Schwestern im Predigtdienst und durch öffentliche Vorträge zu unterstützen. Es war jedoch eine Menge Geduld erforderlich, bis sich Ergebnisse abzeichneten. Schwester Mandé erzählt: „Ich richtete mehrere Bibelstudien ein. Aber es dauerte nicht lange, und der Pfarrer stellte sich unserem Werk entgegen. Manche sagten: ‚Der Pfarrer hat uns aufgefordert, euch Zeugen Jehovas nicht zuzuhören und euch nicht hereinzulassen, weil ihr Werkzeuge des Teufels seid.‘ Einige brachen ihr Bibelstudium ab.“ Doch Ausdauer zeitigte Erfolge.

Auch Michel Bouquet und der Sonderpionier Richard Rose förderten in dieser Region das Interesse an der Wahrheit. In Saint-Georges war schon intensiv Zeugnis gegeben worden, und so wurden die beiden 1989 beauftragt, sich mehr auf die Umgebung zu konzentrieren. Vor einiger Zeit freuten sich Bruder Rose und seine Frau, als die ersten Pioniere aus Französisch-Guayana die Gileadschule besuchen zu dürfen. Gegenwärtig sind sie in Haiti tätig.

Nachdem man einen Stützpunkt am guayanischen Ufer des Oyapock hatte, traf man Vorbereitungen, ein kleines Gebiet auf der gegenüberliegenden Seite, in Brasilien, zu bearbeiten. Die Stadt Oiapoque hat 10 000 Einwohner und ist mit dem Kanu von Saint-Georges aus in zirka 20 Minuten zu erreichen. Die Brüder merkten schnell, daß dort mehr Interesse vorhanden war als in Saint-Georges, und konzentrierten sich deshalb auf dieses Gebiet. Bruder Moreau erinnert sich: „Meistens übernachteten wir im hinteren Teil eines Ladens. Es war für uns nicht gerade leicht unter diesen Bedingungen, obwohl eine nette Frau, die sich selbst ‚Schwester‘ nannte, uns einen Platz zum Schlafen und eine mit Wasser gefüllte Tonne zum Waschen anbot. Die jungen einheimischen Pioniere lachten nur, als sich Marylène, meine Frau, über den Geruch des Wassers beschwerte. Alle wuschen sich in dem dunklen Hinterhof und gingen schlafen. Am nächsten Morgen entdeckten wir jedoch mit Schrecken, daß eine große Ratte in die Tonne gefallen war und jetzt tot auf der Wasseroberfläche schwamm.“ Aber dadurch wurde ihre Freude über die schönen Erlebnisse beim Predigen nicht getrübt.

Bruder Bouquet ergriff die Initiative und kaufte in Oiapoque ein Stück Land. Er und Bruder Rose bauten darauf zusammen mit anderen Pionieren und Brüdern aus Cayenne einen Königreichssaal mit 80 Sitzplätzen sowie eine angrenzende Wohnung.

In den 90er Jahren kamen die da Costas als Sonderpioniere nach Oiapoque. Sie nahmen sich vor, in allen Schulen vorzusprechen und den Direktoren das praxisnahe Buch Fragen junger Leute — Praktische Antworten zu empfehlen. Sie baten auch um Erlaubnis, dieses Buch allen Schülern anzubieten. Das durften sie tun. Nachdem sich herumgesprochen hatte, was in dem Buch steht, wollten alle Schüler und alle Lehrer ein Exemplar. Es wurden 250 Bücher verbreitet.

Bruder da Costa berichtet: „Wir hatten ein hervorragendes Gespräch mit dem Kommandeur des Militärlagers und boten ihm das Buch Erkenntnis, die zu ewigem Leben führt an. Er nahm es entgegen und fragte uns dann wegen des Alkoholmißbrauchs und der Unmoral im Lager um Rat. Wir erklärten uns bereit, zu den Männern zu sprechen. Er fand den Vorschlag gut und versprach, in der folgenden Woche eine kleine Gruppe zusammenzubringen. Als wir eintrafen, um eine Ansprache zu halten, warteten 140 Soldaten auf uns. Alle hörten aufmerksam zu. Wir verteilten 70 Zeitschriften. Mehr hatten wir nicht dabei, weil wir nicht mit so viel Anwesenden gerechnet hatten. Wir gingen eine Zeitlang jede Woche dorthin. Da diese Soldaten nicht lange an einem Ort blieben, verloren wir die meisten aus den Augen.“ Doch viele reagierten positiv auf die Hilfe.

Eine junge Frau namens Rosa hatte in Brasilien mit Jehovas Zeugen die Bibel studiert, aber die gute Botschaft hatte sie noch nicht nachhaltig berührt. Als sie von der Möglichkeit erfuhr, in Französisch-Guayana durch die Arbeit in einer Goldmine viel Geld zu verdienen, verließ sie ihr Zuhause, brach ihr Bibelstudium ab und ging mit der Absicht, illegal in Französisch-Guayana einzureisen, nach Oiapoque. Mitten im Wald in der Nähe einer Goldmine unter lauter Männern zu leben wäre für eine Frau natürlich nicht ungefährlich. Bevor sie sich zu der Mine aufmachte, riet ihr eine besorgte Schwester in Oiapoque, ihre Situation noch einmal zu überdenken. Der biblische Rat aus Matthäus 6:25-34 ging Rosa sehr zu Herzen, und sie überlegte es sich anders. Sie gab sich Jehova hin und kehrte nach Hause zurück. Nach mehreren Jahren Trennung war sie nun wieder mit ihrem Mann zusammen.

In Oiapoque gibt es jetzt eine Versammlung mit 25 Verkündigern. Auch die Arbeit der fünf Verkündiger in Saint-Georges trägt Früchte. Der erste Bewohner von Saint-Georges, der sich auf die Seite der Wahrheit stellte, war Jean René Mathurin. Heute ist er ein Dienstamtgehilfe und seine Frau eine allgemeine Pionierin.

Belebende Kongresse

In biblischer Zeit wurden Diener Jehovas angewiesen, sich regelmäßig zur Anbetung zu versammeln (5. Mo. 16:1-17). Auch heute sind Kongresse für die Anbeter Jehovas in Französisch-Guayana immer ein Höhepunkt. Selbst als es nur wenige Verkündiger gab, schreckten die Brüder nicht vor der großen Aufgabe zurück, Kongresse zu organisieren. Ein Bruder erzählt: „In den 60er Jahren dauerten unsere Bezirkskongresse acht Tage. Es gab vier biblische Dramen. Die Darsteller mußten ihre Rolle auswendig lernen, und die Handvoll Verkündiger hatten jede Menge Arbeit. Zum Glück kamen immer viele Brüder aus Martinique und Guadeloupe, um uns bei den Kongressen zu helfen.“ Ihre Anwesenheit wurde sehr geschätzt. Viele denken noch gern an die Zeit zurück, als sich die meisten einheimischen Brüder am Flughafen einfanden, um die Delegierten aus Martinique und Guadeloupe willkommen zu heißen.

Das waren rundum freudige Anlässe. Jeder Kongreß war ein geistiges Bankett, und die Brüder empfanden wie die Israeliten, zu denen Jehova gesagt hatte: „Ihr sollt euch ... vor Jehova, eurem Gott, freuen“ (3. Mo. 23:40).

Die Brüder mit mehr Erfahrung hatten alle Hände voll zu tun. Sie kümmerten sich um die Kongreßorganisation, hielten Ansprachen und traten oft in mehreren Dramen auf. Es kam nicht selten vor, daß ein Bruder bei drei Dramen mitwirkte und fünf oder sechs Vorträge hielt.

Zusätzliche Arbeit entstand dadurch, daß ein richtiges Mittagessen zubereitet und ausgegeben wurde. Manchmal stand Schwein, Eidechse, Aguti, Schildkröte oder Gürteltier auf dem Speiseplan. Hin und wieder mußten Brüder während des Kongresses jagen und fischen gehen, um Essen herbeizuschaffen.

Es war immer schwierig, geeignete Kongreßstätten zu finden. Am Anfang wurde das Grundstück der Valards als Versammlungsort genutzt. In ihrem Hof bauten die Brüder einen Schuppen, der Jahr für Jahr vergrößert wurde, um der wachsenden Anwesendenzahl gerecht zu werden. Als die Besucherzahl dann aber 200 überstieg, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich nach einem größeren Platz umzusehen. Das einzige, was anfangs zur Verfügung stand, waren Handball- oder Basketballplätze. Die Brüder bauten eine Bühne und baten die Besucher, sich eigene Stühle mitzubringen. Das war nicht unproblematisch, aber man ging positiv an die Sache heran. Die Jüngeren zögerten nie, den Älteren ihre Stühle zu überlassen, selbst wenn sie deswegen den ganzen Tag stehen mußten.

Jahrelang wurden Tanzsäle für Kongresse gemietet. Sobald das Samstagsprogramm zu Ende war, mußte der Saal schleunigst geräumt werden, weil die Musiker schon vor der Tür standen, um sich für die Tanzveranstaltung vorzubereiten, die die ganze Nacht durchging. Frühmorgens kamen die Brüder und Schwestern wieder, um den Saal sauberzumachen und für das Sonntagvormittagsprogramm herzurichten. Natürlich war das nicht gerade die Art von Saal, die für religiöse Zusammenkünfte als passend galt. Wenn sich die Zeugen im „Guyana Palace“, „Au Soleil Levant“ und „Au Canari“ versammelten, mußten sie sich hinterher im Predigtdienst spöttische Bemerkungen anhören. Mit der Zeit waren aber auch diese Säle nicht mehr groß genug für die zunehmende Zahl der Kongreßbesucher.

Schließlich wurde entschieden, nach dem Modell der Kongreßsäle auf Martinique und Guadeloupe einen eigenen Saal zu errichten. Es war ein Rahmenbau aus Metall mit einem Dach aus verzinktem Blech. Der Saal war groß genug für rund tausend Personen und trotzdem leicht abzubauen. Doch als erstes mußte ein Platz her, auf dem man diesen Kongreßsaal aufstellen konnte. Jean-Daniel Michotte stellte einen Teil seines Grundstücks zur Verfügung. Diese Möglichkeit bestand mehrere Jahre.

Ein außergewöhnliches Bauprojekt

Als immer stärkeres Interesse an der Wahrheit zu beobachten war, benötigte man einen größeren Kongreßsaal. Die Brüder schauten sich nach einem Grundstück um, auf dem man einen Kongreßsaal für 2 000 Personen bauen konnte. Nach jahrelanger Suche fanden sie ein günstig gelegenes drei Hektar großes Stück Land zu einem annehmbaren Preis. Da die einheimischen Brüder nicht die notwendigen Vorkenntnisse für die Planung und Konstruktion hatten, baten sie den französischen Zweig um Hilfe. Das daraufhin entworfene Projekt war wirklich außergewöhnlich. Es wurde 1993 in Angriff genommen. Innerhalb von nur acht Wochen entstanden ein 2 000 Quadratmeter großer Kongreßsaal, fünf Königreichssäle, drei Wohnungen für Sonderpioniere und drei Missionarheime!

Ein Großteil des Materials wurde von Frankreich aus in 32 riesigen Containern verschifft. Zu der Fracht gehörten Sattelschlepper, Lastwagen, Busse, Betonblöcke, verzinktes Blech und andere Baumaterialien sowie ein reichlicher Lebensmittelvorrat. Regionale Baukomitees in Frankreich, die in das Projekt eingebunden waren, leisteten harte Arbeit.

Im Verlauf des Projekts reisten rund 800 Brüder und Schwestern aus Frankreich auf eigene Kosten an, um zusammen mit 500 einheimischen Brüdern und Schwestern auf vier verschiedenen Bauplätzen zusammenzuarbeiten. Der westlichste Bauplatz war 250 Kilometer von dem östlichsten entfernt. Deshalb war eine gute Kommunikation erforderlich. Die französischen Helfer kamen während eines Zeitraums von zwei Monaten stoßweise, doch einmal arbeiteten sage und schreibe 500 Zeugen aus Frankreich mit 422 einheimischen Zeugen zusammen. Es war gar nicht so leicht, für alle Mitarbeiter Unterkünfte zu beschaffen. Viele Familien nahmen zwei oder drei französische Helfer auf, so daß keiner in einem Hotel zu wohnen brauchte. Auch der Transport mußte organisiert werden. Ein Bruder erzählt: „Auf der Fahrt zur Arbeit machte ich einen Umweg, brachte einige Helfer zu der Baustelle und holte sie nach Feierabend wieder ab. Wir gaben uns alle Mühe, damit sie sich wohl fühlten.“

Während sich die meisten in Matoury auf dem Baugelände für den Kongreßsaal befanden (dem auch ein Königreichssaal angegliedert werden sollte), bauten andere in Sinnamary einen Königreichssaal und ein kleines Missionarheim. Auch in Mana wurden ein Königreichssaal und ein Missionarheim errichtet. Im sranantongosprachigen Teil von Mana entstand ein Königreichssaal mit einer Wohnung für Sonderpioniere. In Saint-Laurent wurde ein Königreichssaal mit 330 Sitzplätzen und ein Missionarheim für sechs Personen gebaut. Dort kommen nun zwei Versammlungen zusammen. Dieser große Königreichssaal wird auch für Kongresse in Sranantongo genutzt, zu denen oft an die 600 Personen kommen.

Nach diesem Mammutbauprogramm beschlossen einige der französischen Brüder, nach Französisch-Guayana überzusiedeln. Sie haben die Versammlungen nicht nur durch ihr handwerkliches Können, sondern auch als Älteste, Dienstamtgehilfen und Mitglieder von Baukomitees unterstützt. Manche von ihnen haben später beim Bau neuer Zweiggebäude mitgeholfen.

Ein Zweigbüro wird benötigt

Das Zweigbüro von Französisch-Guayana nahm seine Tätigkeit 1990 in Montjoly nahe der Hauptstadt auf, und zwar in einer Mietwohnung. David Moreau wurde zum Koordinator des Zweigkomitees ernannt. Er war nach dem Besuch der Gileadschule im Jahr 1981 auf Martinique tätig gewesen und hatte oft Aufgaben in Französisch-Guayana wahrgenommen. Zum Zweigkomitee gehörten außer ihm noch Jean-Daniel Michotte, Paul Chong Wing und Eric Couzinet. Später wurde Christian Belotti als weiteres Mitglied ernannt. Die Versammlungen schätzten es sehr, vor Ort Anleitung von reifen Brüdern zu erhalten, die mit ihren Bedürfnissen gut vertraut waren.

Als der neue Zweig entstand, kam auf 173 Einwohner ein Königreichsverkündiger. Zu den 660 Verkündigern gehörten 14 Missionare, die in verschiedenen Teilen des Landes tätig waren. Wegen der stetigen Zunahme an Verkündigern — in manchen Jahren immerhin 18 Prozent — war es notwendig, sich nach einem geeigneteren Bürogebäude umzusehen. 1992 zog das Zweigbüro nach Matoury um, unweit von Cayenne. 1995 genehmigte die leitende Körperschaft dann die Errichtung eines Gebäudes, das auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten sein sollte. Es erforderte zwei Jahre Arbeit, bis der neue Komplex Wirklichkeit wurde. Die Brüder und Schwestern waren überglücklich, und es wurde ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben.

Herausforderungen des Predigtdienstes

Das Predigen der guten Botschaft in diesem Land verlangt harte Arbeit, Opferbereitschaft und Liebe. Aufrichtigen Menschen entgeht das nicht. Eine Frau sagte zu der Zeugin, die mit ihr die Bibel studierte: „Ich kann deutlich erkennen, mit welcher Liebe und Hingabe Sie sich um mich kümmern. Seit Monaten kommen Sie selbst bei strömendem Regen zu mir, um mir die gute Botschaft zu erklären. Deshalb werde jetzt auch ich jeden Sonntag zu Ihren Zusammenkünften kommen.“ Sie hielt Wort und brachte sogar einige Bekannte mit.

Um zu einem Bibelstudium zu gelangen, mußten die Verkündiger bisweilen über einen Baumstamm balancieren, der über einen Graben gelegt worden war. Noch schwieriger wird es, wenn der Stamm teilweise im Wasser liegt. David Moreau ging in einem solchen Fall einmal mit ausgestreckten Armen, um sein Gleichgewicht zu halten, vor einer Pionierin her. Plötzlich hörte er es hinter sich platschen. Die Schwester kletterte tapfer auf den Baumstamm zurück, wusch sich, als sie am Ziel angekommen war, und leitete das Bibelstudium, als sei nichts geschehen.

In einer anderen Gegend kam Bruder Bouquet bei Ebbe mit dem Kanu in einem Dorf an. Das Ufer war voller Schlamm. Auf dem Weg in das Dorf versank er bis zu den Knien darin. Nach zirka 25 Metern hatte er endlich trockenen Boden unter den Füßen. Die freundlichen Dorfbewohner gaben ihm erst einmal Wasser, damit er sich die Beine abwaschen konnte. Dann begann er mit seinem Predigtdienst.

Die Indianer sind schon allein wegen ihrer Abgeschiedenheit und wegen sprachlicher Unterschiede schwer zu erreichen. Hinzu kommt noch, daß die Regierung, um sie vor Übergriffen der Zivilisation zu schützen, den Zutritt zu ihren Territorien einschränkt. In ihren Dörfern ist systematisches Predigen nicht erlaubt. Doch wenn Indianer zum Einkaufen in Nachbardörfer gehen, bemühen sich die Zeugen Jehovas, ihnen von der herrlichen Hoffnung zu erzählen, daß es bald eine Welt ohne Krankheiten geben wird. Also auch ohne Malaria, unter der hier viele Menschen leiden.

Für manche bedeutet es eine große Umstellung, Vereinbarungen einzuhalten oder zu einer bestimmten Zeit eine Zusammenkunft zu besuchen. Vor 30 Jahren kannten die Eingeborenen keine Uhren, und sie hatten es nie eilig. Pünktlich zu einer Zusammenkunft zu kommen war für sie etwas völlig Ungewohntes. Eine Schwester war heilfroh, als sie einmal beim Gebet ankam, mußte aber feststellen, daß es das Schlußgebet war. Ein Missionar, der in Saint-Georges predigte, erkundigte sich bei einem Mann, ob das Dorf Régina weit weg sei. Der Mann antwortete: „Nicht weit.“ „Wie weit denn?“ fragte der Missionar. „Nur neun Tage zu Fuß.“ Bei einem solchen Zeitbegriff wird einem klar, warum sich viele nicht schnell entscheiden können, Gott zu dienen, obwohl ihnen die Wahrheit zusagt.

Etliche mußten zwischen Stammesgesetzen und biblischen Grundsätzen für das Familienleben wählen. Ihre Entscheidung, Jehovas Wege zu gehen, hat mitunter den Zorn des Dorfhäuptlings erregt. In einem Dorf wurden der Sonderpionier und seine Frau, die in der Gegend tätig waren, vom Häuptling zum Tode verurteilt. Um der Hinrichtung zu entgehen, flohen sie aus dem Dorf. Sie wurden dann in ein Gebiet versetzt, das 300 Kilometer entfernt lag.

Trotz dieser Schwierigkeiten folgen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Gesellschaftsschicht der Einladung: „Jeder, der wünscht, nehme Wasser des Lebens kostenfrei“ (Offb. 22:17). Vergangenes Jahr predigten in Französisch-Guayana bis zu 1 500 Verkündiger die gute Botschaft. Die Zahl der Bibelstudien mit interessierten Personen betrug durchschnittlich 2 288. Am 19. April besuchten 5 293 Personen die Feier zum Gedenken an den Tod Christi. Wir beten inständig darum, daß sich noch viele die Wahrheit zu eigen machen und so zu wahren Jüngern Jesu Christi werden.

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Olga Laaland

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Von links nach rechts: Christian Bonecaze und Xavier Noll

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Michel und Jeanne Valard

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Constance und Edmogéne Fléreau

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(1) Ein hölzerner Steg durch den Regenwald, (2) Eric Couzinet und Michel Bouquet mit Vorräten, (3) ein Indianerdorf

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Elie und Lucette Régalade

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Ein achtwöchiges internationales Bauprojekt: (1) Kongreßsaal in Matoury; Königreichssäle und andere Gebäude in (2, 3) Mana, (4) Saint-Laurent und (5) Sinnamary; (6) Zeugen aus Französisch-Guayana arbeiteten mit Hunderten aus Frankreich zusammen

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Zweigbüro und Bethelheim in Französisch-Guayana und das Zweigkomitee (von links nach rechts): Paul Chong Wing, David Moreau, Jean-Daniel Michotte, Eric Couzinet