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Rumänien

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In der Bibel wurde vorausgesagt, dass die Verfolgung wahrer Christen in den letzten Tagen einen Höhepunkt erreichen würde (1. Mo. 3:15; Offb. 12:13, 17). Rumänien gehört zu den Ländern, in denen sich diese Prophezeiung sehr deutlich erfüllt hat. Wie der nachfolgende Bericht jedoch zeigt, haben Jehovas Zeugen in Rumänien nicht zugelassen, dass das lodernde Feuer der Wahrheit im Herzen des Volkes Gottes ausgelöscht wurde (Jer. 20:9). Sie haben sich stattdessen „durch das Ausharren in vielem, in Drangsalen, in Notlagen, in Schwierigkeiten, bei Schlägen, in Gefängnissen“ als Gottes Diener empfohlen (2. Kor. 6:4, 5). Der folgende Bericht über ihre Lauterkeit soll all denen Mut machen, die in den heutigen schwierigen Zeiten mit Gott wandeln möchten.

Im Jahr 1914 brach die turbulenteste und gefährlichste Epoche der Menschheitsgeschichte an. In vielen Ländern Europas begann eine Zeit eiserner Diktaturen, extremer politischer Ideologien und schrecklicher Blutbäder. Mitten unter diesen Ländern lag Rumänien, dessen Bevölkerung schwer zu leiden hatte. Leiden mussten auch diejenigen, die aus Gehorsam gegenüber Jesus Christus „Gottes Dinge ... Gott“ zurückzahlen wollten und sich weigerten, ein politisches Regime zu vergöttern (Mat. 22:21).

Vor 1945 waren es vor allem rumänisch-orthodoxe und katholische Geistliche, die im Kampf gegen Jehovas Volk führend vorangingen. Sie agierten von den Kanzeln, verschworen sich mit Politikern und der Polizei und hetzten sie auf. Die nächste Verfolgungswelle kam vonseiten der Kommunisten, die über fast vierzig Jahre hinweg eine systematische Terrorkampagne führten.

Wie konnte die gute Botschaft unter so bedrückenden Verhältnissen an Boden gewinnen? Nur weil sich die Worte Jesu bewahrheiteten: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zum Abschluss des Systems der Dinge“ (Mat. 28:20). Versetzen wir uns nun etwa hundert Jahre zurück in eine Zeit, als im Gebiet des heutigen Osteuropa die ersten Königreichssamen gesät wurden.

Rückkehr in die Heimat

Als der Bibelforscher Charles Taze Russell auf einer Predigtreise im Jahr 1891 Teile Osteuropas besuchte, war er über die Ergebnisse dort etwas enttäuscht. „Wir sehen keine offene Tür oder Bereitschaft für die Wahrheit“, berichtete er. In Rumänien sollte sich das allerdings bald ändern. Bruder Russell würde sogar selbst — wenn auch nur indirekt — entscheidend dazu beitragen, das Werk dort in Gang zu bringen. Wie kam es dazu?

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts suchten viele aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen im Ausland Arbeit. Einige wanderten in die Vereinigten Staaten aus, wo sie nicht nur materiellen Gewinn machten, sondern auch eine genaue Erkenntnis der biblischen Wahrheit erlangten. Das war zum Beispiel bei Károly Szabó und József Kiss der Fall, zwei geistig gesinnten Männern, die einige von Russells biblischen Vorträgen besuchten.

Als Bruder Russell erkannte, dass sich die beiden Männer aufrichtig für die Bibel interessierten, wollte er sie unbedingt persönlich kennen lernen. Während ihres Gesprächs schlug er ihnen vor, doch einmal zu überlegen, ob sie nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten, um auch ihren Verwandten und Freunden die Königreichsbotschaft zu bringen. Die beiden fanden den Vorschlag gut, fuhren 1911 zurück und ließen sich in Tîrgu Mureş (Siebenbürgen) nieder.

Auf der Heimreise betete Bruder Szabó darum, dass jemand aus seiner Familie die Wahrheit annehmen möge. Als er ankam, handelte er dementsprechend und gab seinen Verwandten Zeugnis, darunter seiner Nichte Zsuzsanna Enyedi, einer Katholikin, die ihm Unterkunft gewährte. Ihr Mann war Gärtner und sie verkaufte Blumen auf dem Markt.

Zsuzsanna besuchte jeden Morgen vor der Arbeit den Gottesdienst, und abends, nachdem die anderen schlafen gegangen waren, betete sie im Garten. Károly beobachtete das und ging eines Abends im Garten zu ihr, legte ihr behutsam die Hand auf die Schulter und sagte: „Zsuzsanna, du hast ein gutes Herz. Du lernst bestimmt einmal die Wahrheit kennen.“ Und so kam es auch. Diese liebe Frau nahm die Königreichsbotschaft von Herzen an und gab sich als Erste in Tîrgu Mureş Jehova hin. Sie blieb treu bis zu ihrem Tod im Alter von 87 Jahren.

Bruder Szabó gab auch dem 18-jährigen Sándor Józsa Zeugnis, der für die Enyedis arbeitete. Sándor besuchte alle Zusammenkünfte, die von den beiden Brüdern abgehalten wurden, und er lernte schnell. So dauerte es nicht lange, bis dieser junge Mann in seinem Heimatdorf Sărăţeni (Kreis Mureş) Zeugnis gab und schöne biblische Vorträge hielt. Seine „Empfehlungsbriefe“ umfassten schließlich sechs Ehepaare und 24 Kinder — 13 Mädchen und 11 Jungen (2. Kor. 3:1, 2).

Von Tîrgu Mureş aus predigten Bruder Kiss und Bruder Szabó in ganz Siebenbürgen. In Dumbrava, 30 Kilometer von Cluj-Napoca entfernt, lernten sie einen Baptisten namens Vasile Costea kennen. Dieser kleine, resolute Mann war ein leidenschaftlicher Erforscher der Bibel. Da er sich jedoch über die Tausendjahrherrschaft Christi nicht im Klaren war, hörte er aufmerksam zu, als ihm József und Károly die Bibel erklärten. Vasile ließ sich taufen und dank seiner Ungarischkenntnisse konnte er sowohl Rumänen als auch Ungarn in dem Bezirk, wo er wohnte, gründlich Zeugnis geben. Später wurde er Kolporteur (Vollzeitprediger), was er bis zu seinem Tod blieb.

Bruder Szabó kam mit der guten Botschaft auch nach Satu Mare, einer Stadt im äußersten Nordwesten des Landes. Dort machte er die Bekanntschaft von Paraschiva Kalmár, einer sehr gläubigen Frau, die sich rasch für die Wahrheit begeisterte. Paraschiva pflanzte ihren neun Kindern die Liebe zu Jehova ins Herz und heute gibt es in ihrer Familie schon fünf Generationen von Zeugen Jehovas!

Zu denen, die in den Vereinigten Staaten die biblische Wahrheit kennen lernten, gehörte auch Alexa Romocea. Er kehrte vor dem Ersten Weltkrieg in sein Heimatdorf Benesat in Nordwestsiebenbürgen zurück. Schon bald bildete sich dort eine kleine Gruppe von Bibelforschern (heute Zeugen Jehovas), die sich in der Gegend versammelten. Unter ihnen waren Alexas Neffen Elek und Gavrilă Romocea. Alexas Großfamilie umfasst heute ebenfalls fünf Generationen von Zeugen.

Elek, der wegen seiner christlichen Neutralität massiv verfolgt wurde, wanderte in die Vereinigten Staaten aus, wo er 1922 einen internationalen Kongress der Bibelforscher in Cedar Point (Ohio) besuchte. Er durfte dort sogar für die Besucher im rumänischen Sprachsektor dolmetschen. Gavrilă blieb in Rumänien und begleitete Bruder Szabó und Bruder Kiss beim Predigen in Siebenbürgen und bei ihren Besuchen in neu gegründeten Versammlungen und Gruppen. Später diente er im ersten rumänischen Zweigbüro.

Der Rumäne Emanoil Chinţa kam im Ersten Weltkrieg in Gefangenschaft und wurde weit von zu Hause entfernt in einem italienischen Militärgefängnis inhaftiert. Dort lernte er Bibelforscher kennen, die eingesperrt worden waren, weil sie den Wehrdienst verweigert hatten. Durch sie erfuhr Emanoil von der Botschaft der Bibel und nahm sie von Herzen an. Als er 1919 freikam, kehrte er nach Baia Mare (Kreis Maramureş) zurück und predigte dort eifrig die gute Botschaft, worauf sich eine weitere Bibelforschergruppe bildete.

Durch den Eifer und die Opferbereitschaft dieser frühen Wegbereiter und derer, die auf ihre Botschaft hörten, wuchs die Zahl der Jünger im Land und kleine Bibelforschergruppen schossen wie Pilze aus dem Boden. Im Jahr 1919 — schon acht Jahre nachdem Károly Szabó und József Kiss aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt waren — gab es 150 Bibelklassen (heute Versammlungen oder Gruppen genannt) mit insgesamt mehr als 1 700 Königreichsverkündigern und Interessierten. Bruder Kiss war bis zu seinem Tod im Alter von 86 Jahren in seiner rumänischen Heimat als Pionier tätig. Bruder Szabó zog 1924 wieder in die Vereinigten Staaten, um dort das Predigtwerk im ungarischsprachigen Gebiet zu koordinieren.

Geistige Speise wird hergestellt

Beim Verbreiten der Königreichsbotschaft in einem Land, wo geistiger Hunger herrschte, spielten Druckschriften eine wichtige Rolle. Die Brüder versuchten den Bedarf an geistiger Speise dadurch zu decken, dass sie Literatur vor Ort drucken ließen. Ab 1914 druckte die private Druckerei Oglinda (Spiegel) in Tîrgu Mureş eine 16-seitige monatliche Ausgabe der Zeitschrift Der Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi sowie Bücher und Traktate in ungarischer Sprache.

Rumänische Literatur verließ erstmals im Jahr 1916 einheimische Druckpressen, darunter die Broschüre Die Stiftshütte, ein Schatten der wahren, besseren Opfer, eine 8-seitige Zeitschrift mit einer Auswahl aus dem Wacht-Turm, das Buch Täglich himmlisch Manna für den Haushalt des Glaubens (heute Täglich in den Schriften forschen) und ein Liederbuch (Millennium-Tagesanbruchshymnen). Ab 1918 wurde in einer Druckerei in Detroit (Michigan, USA) rumänische Literatur hergestellt und nach Rumänien versandt, und zwar eine rumänische Ausgabe der Zeitschrift Der Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi sowie die Monatsschrift Die Volkskanzel, in der die falsche Religion mutig bloßgestellt wurde.

Da die gute Botschaft so schöne Fortschritte machte, wurde der Bibelforscher Jacob B. Sima, ein gebürtiger Rumäne, beauftragt, das Werk mit zu koordinieren und auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Kurz nach seiner Ankunft in Cluj-Napoca im Jahr 1920 traf er sich mit Károly Szabó und dann mit József Kiss. Am wichtigsten war zunächst, in Cluj-Napoca Räumlichkeiten für ein Zweigbüro zu finden. Da jedoch nichts Passendes frei war, wurde ein provisorisches Büro in der Wohnung eines Bruders eingerichtet. So entstand im April 1920 das erste Zweigbüro und die Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft wurde gegründet. Eine Zeit lang beaufsichtigte das rumänische Zweigbüro auch das Werk in Albanien, Bulgarien, Ungarn und im ehemaligen Jugoslawien.

Zur damaligen Zeit fegte ein revolutionärer Wind über den Balkan, der auch vor der Grenze Rumäniens nicht Halt machte. Die politische Lage wurde unberechenbar, Antisemitismus griff — besonders an den Universitäten — blitzschnell um sich und in etlichen Städten kam es zu Studentenunruhen. Daraufhin wurden öffentliche Zusammenkünfte offiziell verboten. Obwohl die Kolporteure mit den Unruhen nichts zu tun hatten, wurden über 20 von ihnen verhaftet und misshandelt und ihre Literatur wurde beschlagnahmt.

Trotz allem predigten die Brüder fleißig weiter und der Literaturbedarf wuchs. Kommerzielles Drucken war mittlerweile jedoch so teuer geworden, dass sich der Zweig nach anderen Möglichkeiten umsehen musste. Genau zu dieser Zeit wurde die Druckerei in der Regina-Maria-Straße 36 in Cluj-Napoca, wo die Brüder bis dahin hatten drucken lassen, zum Verkauf angeboten. Das Anwesen mit einem vierstöckigen und einem zweistöckigen Gebäude war geradezu ideal und wurde mit Zustimmung des Hauptbüros gekauft.

Im März 1924 begann der Umbau, zu dem freiwillige Helfer bis aus Baia Mare, Bistriţa und Rodna anreisten. Etliche Brüder, die das Bauvorhaben unterstützen wollten, verkauften Gegenstände aus ihrem persönlichen Besitz, andere wiederum spendeten Nahrungsmittel und Baumaterial. Vieles wurde in speziellen Taschen transportiert, so genannten desagi, die über die Schulter gehängt oder aufs Pferd gelegt werden konnten.

Um die Druckerei zu modernisieren, kauften die Brüder unter anderem drei Linotype-Setzmaschinen, zwei Flachpressen, eine Rotationsmaschine, eine automatische Falzmaschine und eine Goldprägemaschine. Mit dieser Ausrüstung setzte die Druckerei binnen kurzem einen neuen Qualitätsstandard im Land.

Einer der acht Bethelmitarbeiter beaufsichtigte 40 Nichtzeugen, die in drei Schichten in der Druckerei arbeiteten. Wie die Zahlen für das Jahr 1924 zeigen, wurde in jenem ersten Jahr wirklich harte Arbeit geleistet. In Rumänisch und Ungarisch wurden 226 075 Bücher, 100 000 Broschüren und 175 000 Zeitschriften gedruckt, darunter das Bibelstudienhilfsmittel Die Harfe Gottes sowie der erste von sieben Bänden der Schriftstudien mit dem Titel Der göttliche Plan der Zeitalter.

Nach zweijähriger Vorbereitung wurde auch eine rumänische Ausgabe des Buches Das Photo-Drama der Schöpfung in Wort und Bild veröffentlicht. Wie der Name schon sagt, stützte sich dieses Buch auf das „Photo-Drama der Schöpfung“, eine Produktion aus Filmen und farbigen Lichtbildern, die mit Ton synchronisiert wurden. Das „Photo-Drama“ führte die Zuschauer auf eine Zeitreise von der Erschaffung der Erde bis zum Ende der Tausendjahrherrschaft Christi. Das Textbuch mit den 400 Bildern und den kurzen, informativen Texten über biblische, geschichtliche und wissenschaftliche Themen war zwar nicht so packend wie das „Photo-Drama“ selbst, aber es bewog doch viele Leser, sich näher mit der Bibel zu befassen.

Die Zahl der Bibelklassen steigt

Bei einem Kongress in Cedar Point (Ohio) im Jahr 1922 ließ Joseph Rutherford den Aufruf ergehen: „Verkündet, verkündet, verkündet den König und sein Königreich!“ Dieser Appell war ein gewaltiger Impuls, der Gottes Volk auf der ganzen Erde zu größerem Eifer anspornte. In Rumänien drangen die Brüder mit der guten Botschaft in bisher unerreichte Gebiete vor und machten viele Menschen zu Jüngern.

Wie studierten Neue damals die Bibel? Sie schlossen sich Gruppen an, die so genannte Beröer-Bibelstudien durchführten. Für diese Studien gab es Fragen, und das gedruckte Studienmaterial stand in verschiedenen Veröffentlichungen, die per Post bezogen werden konnten. Das Studienprogramm stand jeweils im Wacht-Turm. Fortgeschrittenere Erforscher der Bibel folgten auch dem Programm der „Internationalen Sonntagsschullektionen“, das ihnen half, Lehrer des Wortes Gottes zu werden.

Die Studiengruppen bekamen immer wieder Besuch von Vertretern des Zweigbüros, die Vorträge hielten und die Brüder auch sonst geistig unterstützten. Die reguläre Hirten- und Lehrtätigkeit übernahmen jedoch reisende Aufseher, die damals Pilgerbrüder genannt wurden. 1921 waren sechs Pilgerbrüder tätig, zwei Jahre später waren es acht. Diese eifrigen Männer hielten in Hunderten von Städten und Dörfern Zusammenkünfte ab und sprachen vor Zehntausenden von geistig ausgehungerten Menschen.

Zu diesen Pilgerbrüdern gehörten der bereits erwähnte Emanoil Chinţa und Onisim Filipoiu. Als Bruder Chinţa einmal in der Bukowina in Nordrumänien einen Vortrag hielt, waren viele Adventisten und Baptisten anwesend, von denen einige positiv auf die Wahrheit reagierten. Später wurden die beiden Brüder nach Bukarest gesandt, wo sie noch vielen Menschen zu einer genauen Erkenntnis des Wortes Gottes verhelfen konnten. Ein Mann schrieb voll Wertschätzung: „Gott sei gedankt, dass er die Brüder Emanoil und Onisim geschickt hat, die so kämpfen mussten, bis ich überzeugt war. Der Herr wird in unserer Stadt noch Großes tun, aber man darf die Geduld nicht verlieren.“

Im Jahr 1920 fanden in Rumänien die ersten Kongresse statt — einer in Brebi (Kreis Sălaj) und ein weiterer in Ocna Dejului (Bezirk Cluj). Beide Orte waren mit der Bahn erreichbar und ansässige Verkündiger sowie Interessierte stellten Unterkünfte zur Verfügung. Aus ganz Rumänien kamen etwa 500 Delegierte, die durch ihr vorbildliches Verhalten ein sehr gutes Zeugnis gaben.

Da die Zahl der Königreichsverkündiger schnell wuchs, blieb jedoch Widerstand nicht aus. Genau genommen wurden die Brüder schon seit Anfang des Ersten Weltkriegs von kirchlicher und politischer Seite verfolgt.

Feinde nutzen Kriegsfieber aus

Glühender Nationalismus und die Hetze der Geistlichkeit führten dazu, dass politische Amtsträger kein Verständnis dafür hatten, wenn jemand nicht für das Vaterland kämpfen und töten wollte. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden deshalb viele Brüder verhaftet und verurteilt. Manche wurden sogar hingerichtet, wie zum Beispiel der frisch verheiratete Ioan Rus aus Petreştii de Mijloc, einem Dorf südlich von Cluj-Napoca.

Ioans Großneffe Daniel erzählt: „Ioan Rus wurde 1914 zum Militärdienst einberufen. Als er sich weigerte, in den Krieg zu ziehen, brachte man ihn nach Bukarest und verurteilte ihn dort zum Tod. Er musste sein eigenes Grab schaufeln und sich mit dem Gesicht zum Erschießungskommando daneben stellen. Der Dienst habende Offizier gestattete Ioan noch ein paar letzte Worte. Ioan beschloss, laut zu beten. Das ging den Soldaten so nahe, dass ihnen Bedenken kamen, ihren Auftrag auszuführen. Da nahm der Offizier einen der Männer zur Seite und versprach ihm drei Monate bezahlten Urlaub, wenn er den Häftling erschießen würde. Der Mann nahm das Angebot an und verdiente sich seinen Urlaub.“

Im Jahr 1916 wurden auch Bruder Kiss und Bruder Szabó verhaftet; sie bekamen fünf Jahre Gefängnis. Da man sie als „gefährlich“ einstufte, hielt man sie 18 Monate in einem Hochsicherheitsgefängnis in Aiud isoliert. Wieso waren die beiden „gefährlich“? Nach Aussage des Richters hatten sie „andere Lehren verkündet als die offiziell anerkannten“. Mit anderen Worten, man hatte sie nicht allein wegen ihrer Weigerung zu töten eingesperrt, sondern auch weil sie biblische Wahrheiten lehrten, die nicht mit der theologischen Überlieferung übereinstimmten.

Vom Gefängnis aus schrieben die beiden Brüder ermunternde Briefe an die Versammlungen und Gruppen. In einem Brief hieß es auszugsweise: „Wir möchten unsere Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass unser gütiger himmlischer Vater, dem wir Dank, Ehre und Lobpreis schulden, das Licht des Wacht-Turms hat scheinen lassen. Wir sind überzeugt, dass unsere Brüder den Wacht-Turm schätzen und ihn wie eine flackernde Kerze im Sturm hüten.“ Die beiden Männer kamen 1919 frei und konnten gleich im nächsten Jahr bei der Einrichtung des Zweigbüros helfen.

Widerstand der Geistlichkeit nimmt zu

Auch nach Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918 hörte der Widerstand der Geistlichkeit gegen Gottes Volk nicht auf. Ein Priester kritisierte öffentlich die Lehre der Bibelforscher über die Unsterblichkeit der Seele und die Rolle Marias. „Die Sehnsucht nach einem besseren Leben auf der Erde macht ... [die Bibelforscher] wahnsinnig“, schrieb er. „Sie behaupten, wir seien alle Brüder und Schwestern und alle Nationalitäten seien gleich.“ Außerdem beklagte er, dass gegen die Bibelforscher gerichtlich schwer vorzugehen sei, denn sie gäben sich „den Anschein, sie seien wahrheitsliebende, fromme, friedfertige und demütige Leute“.

Im Jahr 1921 schrieben Priester aus der Bukowina an das Innenministerium und das Justizministerium und forderten ein Verbot der Bibelforscher. Fast überall, wo sich die Wahrheit ausgebreitet hatte, schäumten die Geistlichen vor Wut über Gottes Volk. Die orthodoxe und die katholische Kirche sowie andere Kirchen organisierten Hetzkampagnen gegen die Brüder und stifteten Einzelpersonen oder gewalttätige Gruppen zu Angriffen an. In einem Brief an die Weltzentrale schrieb der Zweig: „Hier im Land sitzen zu viele Geistliche in Regierungsstellen und wir sind ihnen gewissermaßen ausgeliefert. Alles wäre wunderbar, wenn sie nur bereit wären, sich an die Gesetze zu halten, aber sie missbrauchen ständig ihre Macht.“

Als Reaktion auf die Flut von Beschwerden der Geistlichkeit billigte das Kultusministerium, dass dem Predigen und den Zusammenkünften der Zeugen Jehovas mithilfe der „Staatsgewalt“ Einhalt geboten wurde. Die Polizei wurde zum verlängerten Arm der Kirchen und brachte Brüder als vermeintliche Friedensstörer hinter Schloss und Riegel. Wegen der unklaren Rechtslage fielen die Urteile jedoch unterschiedlich aus. Ein „Problem“ war das gute Verhalten der Brüder. „Man kann die Bibelforscher nicht verurteilen“, sagte ein Richter, „weil sie oft die friedlichsten Menschen sind.“

Dennoch nahm die Verfolgung weiter zu und Ende 1926 wurde der Wacht-Turm verboten. Die Versorgung mit geistiger Speise riss dadurch aber nicht ab, denn die Zeitschrift wurde einfach unter anderem Namen veröffentlicht! Ab 1. Januar 1927 trugen die rumänischen Ausgaben verschiedene Titel, die übersetzt „Die Ernte“, „Das Licht der Bibel“ und „Tagesanbruch“ lauteten. Die wechselnden Titel der ungarischen Ausgaben hießen übersetzt „Christlicher Pilger“, „Evangelium“ und „Zeitschrift für Menschen, die an das Blut Christi glauben“.

Leider wurde zu jener Zeit Jacob B. Sima untreu. Durch sein Verhalten verlor die Gesellschaft im Jahr 1928 den ganzen Grundbesitz samt Ausrüstung! Im Jahrbuch 1930 hieß es: „[Die Brüder] haben sich ... zerstreut und ihr Vertrauen ist erschüttert.“ Wegen der schwierigen Lage wurde die Aufsicht über das Werk in Rumänien im Jahr 1929 dem deutschen Zweigbüro und später dem Zentraleuropäischen Büro in Bern (Schweiz) übertragen. Diese beiden Zweige hielten mit Rumänien über ein Büro Kontakt, das die Brüder inzwischen in Bukarest eingerichtet hatten.

„Nicht dieses Buch ins Feuer werfen“

Trotz dieser zusätzlichen Prüfungen reorganisierten sich die treuen Brüder wieder, gaben weiter Zeugnis und erschlossen sogar neue Gebiete. Am 24. August 1933 schrieb das rumänische Büro: „Die geistige Hungersnot ist groß in unserem Land. An einigen ... Orten folgen die Leute den Zeugen Jehovas in Gruppen von Haus zu Haus, damit sie so viel wie möglich von Gottes Königreich hören“.

Bei einer Gelegenheit nahm eine arme Frau ein bibelerklärendes Buch entgegen und gab sogar einen bescheidenen Betrag für das Königreichswerk. Als der Pfarrer im Dorf davon erfuhr, ging er zu der Frau und herrschte sie an: „Geben Sie das Buch her, damit ich es ins Feuer werfe!“

„Herr Pfarrer, möchten Sie doch nicht dieses Buch ins Feuer werfen“, bat die Frau. „[Es ist] das Buch, das uns tröstet und uns in unsren unbeschreiblich großen Drangsalen beisteht.“ Die Frau wollte das Buch auf keinen Fall hergeben.

Auch eine Herzogin, deren Dienstboten Zeugen Jehovas waren, entwickelte große Wertschätzung für die Literatur. Eines Tages sagte sie: „Ihr seid jetzt nicht mehr meine Dienstboten, sondern meine Brüder!“ In einem anderen Ort passierte Folgendes: Ein Bruder erklärte einer Gruppe neugieriger Kinder, er verkündige das Königreich Gottes. Daraufhin sprachen die Kinder Passanten an und drängten sie, von dem Bruder Literatur zu nehmen. „Da steht was über Gott drin“, verkündeten sie begeistert. Der Bruder war sprachlos über die unerwartete Hilfe und konnte praktisch ohne ein Wort in kurzer Zeit seine ganze Literatur abgeben.

Nicu Palius, ein Pionier mit sanfter Stimme, zog aus Griechenland weg, um das Werk in Rumänien zu unterstützen. Nachdem er eine Zeit in Bukarest tätig gewesen war, zog er nach Galaţi — eine bedeutende Hafenstadt an der Donau. Ende 1933 schrieb er: „Fast zweieinhalb Monate habe ich den Rumänen gepredigt, und Jehova Gott hat mich sehr gesegnet — obwohl ich kein Rumänisch konnte. Dann bin ich unter Griechen und Armeniern tätig gewesen und habe mit des Herrn Hilfe 20 Städte besucht. Vor allem die Griechen haben sich über die Botschaft sehr gefreut.“

Ja, trotz der Hetzkampagnen vonseiten der Geistlichkeit wollten viele aufrichtige Menschen die gute Botschaft hören. In einer Stadt verschlang der Bürgermeister mit großem Interesse einige Broschüren und erklärte später, er könne die neue Welt kaum noch erwarten. In einer anderen Stadt bat ein Mann um etliche Veröffentlichungen und versicherte, er werde sie jedem geben, der sie gern lesen möchte.

Das Werk wird reorganisiert

Im Jahr 1930 — zwei Jahre nachdem Sima untreu geworden war — wurde Martin Magyarosi, einem gebürtigen Ungarn aus Bistriţa (Siebenbürgen), die Aufsicht über das Werk übertragen. Nach sechswöchiger Schulung im deutschen Zweig richtete Bruder Magyarosi in Bukarest ein Büro ein. Bald darauf wurde der rumänische Wachtturm, der zwischenzeitlich in Österreich und Deutschland gedruckt worden war, wieder in Rumänien hergestellt, und zwar in dem Bukarester Verlag Goldenes Buch.

Nach langem Ringen konnten die Brüder im Jahr 1933 „Die Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen des Gottes Jehova“ eintragen lassen. Die Adresse war Crişanastraße 33 in Bukarest. Wegen des religiösen und politischen Widerstands konnte jedoch nur eine Eintragung ins Handelsregister erreicht werden.

Dennoch wurde das Vertrauen der Brüder gestärkt und auch mit dem Predigtwerk ging es voran. Viele Verkündiger nahmen sogar den Pionierdienst auf, andere steigerten ihren Zeiteinsatz — besonders im Winter, wenn die Leute auf dem Land ein bisschen mehr Ruhe hatten. Die Brüder hörten auch biblische Vorträge über ausländische Radiosender. Das half besonders denen, die aus Angst vor ihren Nachbarn oder den Priestern nicht in die Zusammenkünfte gingen. Die Vortragsthemen, die Sendezeiten und die Frequenzen wurden im Wachtturm veröffentlicht.

Auch tragbare Grammophone, die von der Organisation Jehovas hergestellt wurden, trugen zur Verbreitung der guten Botschaft bei. In den 1930er Jahren konnten Versammlungen und Einzelpersonen Grammophone sowie Aufnahmen biblischer Vorträge bestellen. In der rumänischen Ausgabe des Bulletins (heute Unser Königreichsdienst) hieß es, diese Vorträge würden „nicht nur die Brüder stärken, sondern auch die Familien, die Grammophone besitzen und die Wahrheit lieben“.

Weitere Prüfungen aus den eigenen Reihen

In den 1920er und 1930er Jahren fiel mehr Licht auf Gottes Wort und man erkannte, dass jeder Christ für die Wahrheit Zeugnis ablegen muss. Ein besonderer Lichtblitz erstrahlte im Jahr 1931, als die Bibelforscher den Namen Jehovas Zeugen annahmen. Dieser biblische Name ist mehr als nur ein Etikett: Wer ihn trägt, erhebt und verkündet die Göttlichkeit Jehovas (Jes. 43:10-12). Bibelforscher, die an dieser Entwicklung Anstoß nahmen und das Predigtwerk nicht unterstützen wollten, kehrten der Organisation den Rücken. Einige wurden unter dem Namen Millenaristen zu erklärten Gegnern. Würde der Glaube der Treuen einer solchen Prüfung standhalten? Würden sie trotz des Widerstands der Kirche und der Abtrünnigen weiter predigen?

Manche gaben dem Druck nach, doch viele setzten sich weiterhin treu und eifrig für Jehova ein. In einem Bericht über das Jahr 1931 hieß es: „Es gibt in Rumänien ungefähr 2 000 Brüder, die unter großen Schwierigkeiten in diesem Jahre 5 549 Bücher und 39 811 Broschüren verbreitet haben.“ Im darauf folgenden Jahr gaben die Brüder sogar noch mehr Literatur ab: 55 632 Bücher und Broschüren.

Interessanterweise schlug der Widerstand gegen die Brüder manchmal genau ins Gegenteil um. Das war zum Beispiel bei einer Gruppe von Zeugen Jehovas der Fall, die sich geschlossen von „Babylon der Großen“ trennen und dies öffentlich bekannt machen wollten (Offb. 18:2, 4). Fünf Tage lang gingen mutige Brüder und Schwestern im Rathaus ein und aus, um ihre Austrittsformalitäten zu erledigen.

Die Führenden in der Gemeinde waren bestürzt und der Pfarrer war entsetzt. Er eilte sofort zur Gendarmerie, aber vergebens. Also rannte er wieder zum Rathaus und beschuldigte den Notar, er sei ein Kommunist, weil er den Zeugen beim Kirchenaustritt helfe. Der Notar gab ärgerlich zurück, er würde jedem beim Kirchenaustritt helfen, auch wenn die ganze Gemeinde bei ihm ankäme. So wurde dem Priester Einhalt geboten und die Brüder konnten ihre Formalitäten hinter sich bringen.

„Wollen Sie mich erschießen?“

Die Geistlichen wetterten in ihren Predigten gegen Jehovas Zeugen und drängten immer wieder auf ein offizielles Verbot des Werks. Und das Kultusministerium — der politische Arm der Kirche — ließ die Brüder natürlich auch durch Polizisten weiter schikanieren. In einem Fall drangen ein Polizeichef und ein Polizeibeamter unbefugt in ein Haus ein, in dem christliche Zusammenkünfte stattfanden.

„Haben Sie eine Erlaubnis, hier Gottesdienste abzuhalten?“, fragte der Polizeichef den Hausbesitzer, einen Bruder, den wir Georg nennen wollen.

Georg vermutete, dass der Mann keinen Durchsuchungsbefehl hatte, und erwiderte: „Mit welchem Recht betreten Sie mein Haus?“

Der Mann sagte nichts, worauf Georg ihn aufforderte zu gehen. Langsam ging er zur Tür. Beim Hinausgehen befahl er dem anderen Beamten, am Hoftor Wache zu stehen und Georg festzunehmen, falls er fliehen wolle. Als Georg kurz darauf nach draußen ging, verhaftete ihn der Beamte „im Namen des Gesetzes“.

„Im Namen welches Gesetzes?“, wollte Georg wissen.

„Ich habe einen Haftbefehl gegen Sie“, behauptete der Polizist.

Georg, der früher selbst bei der Polizei gewesen war, kannte das Gesetz und wollte den Haftbefehl sehen. Und siehe da, der Beamte hatte tatsächlich keinen! Da Georg nun ja nicht mehr „im Namen des Gesetzes“ verhaften werden konnte, wollte es der Polizist mit Einschüchterung versuchen und lud seine Waffe.

„Wollen Sie mich erschießen?“, fragte Georg.

„Nein“, gab der Polizist zurück, „ich bin doch nicht verrückt!“

„So“, sagte Georg, „warum haben Sie dann Ihre Waffe geladen?“

Der Mann sah, in was für eine peinliche Lage er sich gebracht hatte, und verschwand. Georg wollte so etwas nicht noch einmal mitmachen und verklagte deshalb den Polizeichef wegen Hausfriedensbruchs. Erstaunlicherweise wurde dieser zu einer Geldbuße und zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt.

In einem anderen Fall konnte ein älterer Bruder vor Gericht ein schönes Zeugnis geben. Der Richter schwenkte zwei Bücher der Zeugen Jehovas vor dem Bruder und warf ihm vor, er habe damit religiöse Propaganda betrieben.

„Wenn Sie mich verurteilen, weil ich das Wort Gottes verkündige“, sagte der Bruder, „betrachte ich das nicht als Strafe, sondern als Auszeichnung. Der Herr Jesus sagte zu seinen Nachfolgern, sie sollten sich freuen, um der Gerechtigkeit willen verfolgt zu werden, denn so wurden auch die Propheten in alter Zeit behandelt. Auch Jesus wurde verfolgt und sogar an den Pfahl geschlagen, aber nicht weil er ein Missetäter war, sondern weil er die Wahrheit verkündigte, die er von Gott kannte.“

Weiter sagte der Bruder: „Wenn mich dieses Gericht also verurteilt, weil ich mit diesen beiden Büchern die Botschaft Jesu über das Königreich verkündigt habe, dann verurteilt es einen Mann, der kein Unrecht begangen hat.“ Der Richter wies die Anklage ab.

Nirgends erleiden die Brüder mehr Schwierigkeiten

Nach 1929, als die Agrarpreise in den Keller gingen, nahm die Arbeitslosigkeit zu und die politische Lage wurde instabiler, was Faschisten und anderen extremistischen Gruppierungen starken Auftrieb gab. Außerdem gelangte Rumänien in den 1930er Jahren allmählich unter den Einfluss Nazideutschlands. Für Jehovas Zeugen bedeutete das nichts Gutes. Im Jahrbuch 1936 wurde berichtet: „Es gibt wohl kein Land der Erde, wo die Geschwister mehr Schwierigkeiten zu erleiden haben, als gerade in Rumänien.“ Von 1933 bis 1939 wurden 530 Prozesse gegen Zeugen Jehovas angestrengt. Dabei wurde natürlich immer wieder gefordert, die Tätigkeit der Zeugen zu verbieten und das Bukarester Büro zu schließen.

Am 19. Juni 1935 um 8 Uhr abends war es so weit: Polizisten erschienen mit einem — wie sich später herausstellte — ungültigen Durchsuchungsbefehl im Zweigbüro. Sie beschlagnahmten Akten sowie über 12 000 Broschüren und postierten eine Wache vor dem Haus. Dennoch gelang es einem Bruder, durch die Hintertür zu entkommen. Er sprach bei einem verständnisvollen Rechtsanwalt vor, der damals auch Senator war. Dieser rief die zuständige Behörde an und so wurde die gesetzwidrige Schließung rückgängig gemacht und alle Akten wurden zurückgegeben. Diese Wendung zum Guten war allerdings nur von kurzer Dauer.

Am 21. April 1937 erschien im Staatlichen Verordnungsblatt eine Verfügung des Kultusministeriums, die auch in den Zeitungen veröffentlicht wurde. Es hieß dort, die Tätigkeit der Zeugen Jehovas sei im ganzen Land strengstens verboten. Wer ihre Literatur verbreite oder auch nur darin lese, sei zu bestrafen, und die Literatur sei zu beschlagnahmen.

Die Brüder gingen gerichtlich gegen das Verbot vor. Da der zuständige Regierungsminister wusste, dass das Verbot kaum haltbar sein würde, ließ er die Verhandlung jedoch dreimal vertagen. Vor dem letzten Termin erklärte König Karl II. Rumänien zur Diktatur. Im Juni 1938 kam erneut eine Verordnung gegen Jehovas Zeugen heraus und die Brüder zogen wieder vor Gericht. Ferner erklärten sie in einem Memorandum an den König, dass es sich bei den Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas um erzieherische Schriften handle, die sich weder gegen den Staat noch gegen die öffentliche Sicherheit richteten. Sie wiesen dabei auch auf einen früheren Gerichtsentscheid in dieser Sache hin. Der König leitete die Eingabe an das Kultusministerium weiter. Mit welchem Ergebnis? Am 2. August 1938 wurde das Zweigbüro in Bukarest geschlossen und versiegelt.

In dieser schweren Zeit wurden viele Brüder, ja sogar ganze Familien festgenommen und zu Gefängnisstrafen verurteilt — manchmal nur, weil sie zu Hause Königreichslieder gesungen hatten. Es wurden Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zu zwei Jahren verhängt. Wie kam es überhaupt zu den Verhaftungen? Viele Zeugen wurden auf Initiative von Geistlichen bespitzelt. Die Spitzel verkleideten sich beispielsweise als Arbeiter oder Hausierer.

Jeder, der mit Veröffentlichungen der Zeugen erwischt wurde, wurde eingesperrt. Ein Bruder, der als Holzfäller arbeitete, hatte seine Bibel und sein Jahrbuch in den Wald mitgenommen. Eines Tages untersuchten Gendarmen die persönlichen Sachen der Arbeiter und fanden die Bücher des Bruders. Er wurde verhaftet, musste 200 Kilometer zu Fuß mit ihnen gehen, wurde dann vor Gericht gestellt und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Nebenbei bemerkt waren die Gefängnisse damals überfüllt, verdreckt und wimmelten von Läusen. Das Essen bestand nur aus Wassersuppe.

Der Zweite Weltkrieg bringt weitere Prüfungen

Am frühen Morgen des 1. September 1939 fielen deutsche Truppen in Polen ein. Damit begann der Zweite Weltkrieg, der Rumänien lange und nachhaltig prägen sollte. Die Sowjetunion und Deutschland, die einen Nichtangriffspakt unterzeichnet hatten, wollten ihre Macht sichern und teilten daraufhin Osteuropa in Einflusssphären auf, wobei auch Rumänien wie ein Kuchen zerteilt wurde. Nordsiebenbürgen ging an Ungarn, Bessarabien und die Nordbukowina an die Sowjetunion und die südliche Dobrudscha an Bulgarien. Die Fläche und die Bevölkerung Rumäniens schrumpften um etwa ein Drittel. 1940 kam eine faschistische Diktatur an die Macht.

Die neue Regierung setzte die Verfassung außer Kraft und erkannte nur neun Kirchen offiziell an, allen voran die orthodoxe und die katholische Kirche sowie gewisse protestantische Kirchen. Jehovas Zeugen waren nach wie vor verboten. Es kam oft zu Terrorakten und im Oktober 1940 wurde das Land von deutschen Truppen besetzt. Unter diesen Extrembedingungen kam der Schriftverkehr zwischen Rumänien und dem Zentraleuropäischen Büro in der Schweiz praktisch zum Erliegen.

Da die meisten Zeugen Jehovas in Siebenbürgen lebten, zog Martin Magyarosi von Bukarest nach Tîrgu Mureş in Siebenbürgen. Seine Frau Maria war aus gesundheitlichen Gründen schon vorher dorthin gezogen. Pamfil und Elena Albu, die früher ebenfalls im Bukarester Zweigbüro tätig gewesen waren, ließen sich weiter nördlich in Baia Mare nieder. Von diesen beiden Städten aus reorganisierten Bruder Magyarosi und Bruder Albu das Predigtwerk und die geheime Produktion des Wachtturms. Ihr Mitarbeiter Teodor Morăraş blieb in Bukarest und koordinierte dort bis zu seiner Verhaftung im Jahr 1941 die Tätigkeit in dem Gebiet, das vom früheren Rumänien noch übrig war.

Während der ganzen Zeit waren die Brüder fleißig im Dienst tätig und brachten bei jeder sich bietenden Gelegenheit, doch stets mit äußerster Umsicht, biblische Literatur unter die Menschen. Sie ließen zum Beispiel in Gaststätten, Zügen und an anderen öffentlichen Orten Broschüren zurück in der Hoffnung, jemand würde sie liegen sehen. Auch hielten sie sich treu an das biblische Gebot, zur geistigen Ermunterung zusammenzukommen, was sie natürlich immer ganz unauffällig taten (Heb. 10:24, 25). Auf dem Land gab es dazu in der Erntezeit gute Gelegenheiten. Die Bauern halfen sich nämlich gegenseitig bei der Ernte und saßen danach zusammen, machten Späße und erzählten Geschichten. Die Brüder hielten anstelle dieser Geselligkeiten einfach christliche Zusammenkünfte ab.

„Auf jede Weise bedrängt“

Bruder Magyarosi wurde im September 1942 verhaftet, aber er koordinierte das Predigtwerk vom Gefängnis aus weiter. Auch die Albus und etwa 1 000 andere Brüder und Schwestern wurden festgenommen. Viele wurden geschlagen und nach ungefähr sechs Wochen wieder freigelassen. Hundert Zeugen, darunter auch etliche Schwestern, wurden wegen ihrer christlichen Neutralität zu 2 bis 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Fünf Brüder bekamen die Todesstrafe, die jedoch dann in „lebenslänglich“ umgewandelt wurde. Im Schutz der Nacht schleppten Gendarmen sogar Mütter mit Kleinkindern weg. Das Vieh im Stall wurde nicht mehr versorgt und die unbewohnten Häuser waren eine leichte Beute für Plünderer.

In den Gefangenenlagern warteten schon „Empfangskomitees“ auf die Brüder: Wachleute banden den Ankömmlingen die Füße zusammen, drückten sie auf den Boden und schlugen mit drahtumwickelten Gummiknüppeln auf die nackten Füße ein. Knochen brachen, Zehennägel gingen ab, die Haut wurde ganz schwarz und sprang manchmal ab wie Baumrinde. Wenn Priester beim Rundgang in den Lagern solche Misshandlungen beobachteten, spöttelten sie oft: „Wo ist euer Jehova, dass er euch aus unseren Händen befreie?“

Die Brüder wurden „auf jede Weise bedrängt, ... doch nicht im Stich gelassen“ (2. Kor. 4:8, 9). Sie konnten sogar Mithäftlinge mit der Königreichshoffnung trösten und einige nahmen sie an. So zum Beispiel Teodor Miron aus Topliţa, einem Dorf im Nordosten Siebenbürgens. Teodor war schon vor dem Zweiten Weltkrieg zu dem Schluss gekommen, dass Gott das Töten verbiete, und hatte den Wehrdienst verweigert. Im Mai 1943 wurde er dafür zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Als er kurze Zeit später Martin Magyarosi, Pamfil Albu und andere inhaftierte Zeugen kennen lernte, willigte er in ein Bibelstudium ein. Teodor machte schnell Fortschritte und nach ein paar Wochen gab er sich Jehova hin. Aber wie wurde er getauft?

Dazu ergab sich eine Gelegenheit, als Teodor mit noch etwa 50 rumänischen Zeugen auf einem Umweg zu dem nationalsozialistischen Gefangenenlager in Bor (Serbien) gebracht wurde. Der Trupp machte in Jászberény (Ungarn) Halt, wo über hundert ungarischsprachige Brüder dazustießen. Die Wachen schickten ein paar Brüder zum Fluss, um ein Fass mit Wasser zu füllen. Da sie den Zeugen vertrauten, durften diese ohne Bewachung losmarschieren. Teodor ging mit und wurde im Fluss getauft. Von Jászberény ging es dann mit dem Zug und mit Flussschiffen weiter nach Bor.

Im Lager Bor waren damals 6 000 Juden, 14 Adventisten und 152 Zeugen Jehovas interniert. „Es herrschten fürchterliche Zustände“, erinnert sich Bruder Miron, „doch Jehova hat für uns gesorgt. Ein wohlwollender Wachposten, der oft nach Ungarn geschickt wurde, schleuste Schriften ins Lager. Einige Zeugen, die er kannte und denen er vertraute, kümmerten sich während seiner Abwesenheit um seine Familie, sodass er ihnen wie ein Bruder wurde. Dieser Mann, ein Leutnant, warnte uns immer, wenn irgendetwas geplant war. Im Lager gab es 15 Älteste, wie sie heute genannt werden; sie organisierten jede Woche drei Zusammenkünfte. Es kamen im Durchschnitt etwa 80 Personen, je nachdem, wie es ihre Schichten zuließen. Wir feierten auch das Gedächtnismahl.“

In manchen Lagern durften Zeugen aus der Umgebung ihren inhaftierten Brüdern Lebensmittel und andere Dinge zukommen lassen. Zwischen 1941 und 1945 wurden etwa 40 Zeugen aus Bessarabien, Moldau und Siebenbürgen in das Konzentrationslager Şibot in Siebenbürgen eingeliefert. Sie rückten jeden Tag zur Arbeit in einer Holzfabrik aus. Da es im Lager nur wenig Verpflegung gab, brachten Zeugen aus der Umgebung jede Woche Nahrungsmittel und Kleidung zu der Fabrik. Diese Gaben wurden an diejenigen verteilt, die sie am dringendsten brauchten.

Durch solche Liebestaten konnte sowohl Mithäftlingen als auch Wachen ein schönes Zeugnis gegeben werden. Die Wachen sahen auch, dass Jehovas Zeugen verantwortungsbewusst und vertrauenswürdig waren, und so gewährten sie ihnen Freiheiten, die andere Gefangene in der Regel nicht genossen. Einer der Wachposten in Şibot kam sogar zur Wahrheit.

Segnungen nach dem Krieg

Als im Mai 1945 in Europa der Krieg zu Ende ging, wurden alle Zeugen Jehovas aus Gefängnissen und Arbeitslagern freigelassen. Martin Magyarosi, der damals 62 Jahre alt war, kehrte nach Bukarest zurück und fand das ehemalige Büro dort völlig leer vor. Nicht einmal eine Schreibmaschine war mehr da! „Das Werk des Herrn fing mit nichts wieder an“, hieß es in einem Bericht. Die Brüder bemühten sich neben der Reorganisation des Werks auch um gesetzliche Anerkennung und ihre Bemühungen trugen bald Früchte. Am 11. Juli 1945 wurde die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas in Rumänien eingetragen.

Nun war es leichter, öffentliche Zusammenkünfte und Kreiskongresse zu organisieren sowie Literatur zu drucken; all das würde dem Werk neuen Schwung geben und einen Großteil der Verwirrung und Uneinigkeit unter den Brüdern beseitigen. Trotz des landesweiten Papiermangels wurden im ersten Nachkriegsjahr fast 870 000 Broschüren und über 85 500 Wachtturm-Ausgaben gedruckt. 1 630 Personen ließen sich taufen.

Schon vor der gesetzlichen Anerkennung gingen die Brüder wieder öffentlich predigen. Auch wurden Zusammenkünfte und besondere öffentliche Vorträge organisiert. Ein Beobachter berichtete über die Zeugen im Kreis Maramureş: „Während die Armeen noch abzogen, kamen die Brüder schon wieder zusammen. Man konnte sie aus allen Dörfern in der Umgebung kommen sehen — ganz ohne Angst. Es war eine begeisternde Zeit. Manche gingen singend und predigend 80 Kilometer zu Fuß zur Zusammenkunft. Der Vorsitzende gab jeden Sonntag den Zusammenkunftsort für den nächsten Sonntag bekannt.“

In Städten und Dörfern, wo es noch keine oder nur wenige Zeugen gab, wurden öffentliche Vorträge angekündigt und gehalten. Dazu machten sich die Brüder gewöhnlich schon gegen Mitternacht auf den Weg und gingen bis zu 100 Kilometer zu Fuß — oft sogar barfuß, denn Schuhe waren teuer. Sie nahmen natürlich Schuhe mit, aber sie hatten sie über die Schulter gehängt und zogen sie nur bei sehr schlechtem Wetter an, zum Beispiel wenn es eisig kalt war. Am Tag vor der Zusammenkunft verbreiteten die Brüder in der Öffentlichkeit Literatur, kündigten das Vortragsthema an und luden die Bevölkerung ein. Nach dem Vortrag machten sie sich dann wieder auf den Heimweg.

In Baia Mare, Cluj-Napoca, Tîrgu Mureş und Ocna Mureş wurden zahlreiche Kreiskongresse abgehalten, an denen Hunderte von Zeugen und Interessierten teilnahmen. Bei einer Zusammenkunft in Baia Mare im Juni 1945 gab es eine ganz besondere Taufe. 10 Kilometer vor der Stadt wurde im Garten eines Bruders eine Ansprache gehalten und anschließend ließen sich 118 Taufbewerber im Lăpuş, einem Fluss in der Nähe des Gartens, untertauchen. Diese Taufe in der so wunderschönen Umgebung war ein unvergessliches Erlebnis.

In Tîrgu Mureş mieteten die Brüder ein Theater mit 3 000 Sitzplätzen. Am Tag vor dem Kongress trafen die ersten Delegierten ein; sie kamen mit dem Zug, mit Pferdewagen, mit Fahrrädern oder zu Fuß. Manche fingen sofort an zu predigen und luden zum öffentlichen Vortrag ein, in dem es um die Arche Noahs gehen sollte. Als die Brüder die schönen Plakate sahen, mit denen in der ganzen Stadt der Vortrag angekündigt wurde, kamen vielen vor Freude die Tränen. Nie hätten sie sich träumen lassen, dass sie die gute Botschaft einmal so frei predigen würden!

Die Brüder wurden für ihre Anstrengungen reich belohnt: Es kamen so viele Besucher, dass vor dem Theater zwei Lautsprecher aufgestellt werden mussten. So konnten zahlreiche Nachbarn das Programm vom Fenster aus mithören. Auch Behördenvertreter und andere Prominente wurden eingeladen, Jehovas Zeugen aus nächster Nähe zu erleben. Von den eigens für sie reservierten Plätzen blieb erstaunlicherweise nicht ein einziger leer. Die Besucher sangen sogar die Lieder mit.

Erster Landeskongress

Am 28. und 29. September 1946 hielten Jehovas Zeugen in Rumänien ihren allerersten Landeskongress ab. Austragungsort war die Römische Arena (Arenele Romane) in Bukarest. Die Rumänischen Staatsbahnen setzten nicht nur einen Sonderzug ein, sondern verlangten für die Fahrkarten auch nur den halben Preis! Mit diesem Zug reisten gut tausend Delegierte bis aus den entferntesten Teilen des Landes nach Bukarest. Viele hatten Plakate dabei, mit denen sie unterwegs ziemliches Aufsehen erregten. Allerdings verlief die Reise nicht ganz glatt.

Die Geistlichkeit erfuhr von dem Kongress und versuchte den Zug zu stoppen. Am Freitag vor dem Kongress waren ansässige Zeugen um 9 Uhr früh am Bahnhof, um ihre Brüder willkommen zu heißen, die zu dieser Stunde eintreffen sollten. Sie warteten geduldig, bis der Zug schließlich einfuhr — um 6 Uhr abends. Es herrschte eine unbeschreibliche Begeisterung, als sich einheimische und auswärtige Brüder am Bahnhof in die Arme fielen. Die bewaffneten Polizisten, die geschickt worden waren, hatten nichts zu tun.

Durch den Krieg war ein Großteil von Bukarest — einschließlich rund 12 000 Häuser — zerstört worden und Unterkünfte waren knapp. Doch die Brüder zeigten sich erfinderisch. Um zusätzliche „Betten“ zu beschaffen, kauften sie einen Berg Stroh und schütteten ihn auf dem Rasen eines Bruders im Bukarester Vorort Berceni auf. Es war Ende September, aber für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. So konnten es sich die Brüder und Schwestern, die zum Kongress gekommen waren, mit ihren Kindern auf einer Matratze aus Stroh unter dem Sternenhimmel bequem machen. Heute steht an dieser Stelle ein schöner neuer Königreichssaal.

Die 3 400 Kongressbesucher am Samstagvormittag waren hellauf begeistert, als sie erfuhren, dass Der Wachtturm in Rumänisch und Ungarisch wieder halbmonatlich erscheinen würde. Noch am selben Tag wurden tausend Exemplare der ersten Ausgabe unter den Brüdern verteilt. Der Wachtturm enthielt damals eine Zeit lang vier Studienartikel, sodass die Brüder den Stoff, den sie während des Krieges versäumt hatten, nachholen konnten.

Am Sonntagvormittag stand Zeugnisgeben auf dem Programm. Überall sah man Verkündigergruppen den öffentlichen Vortrag ankündigen. Auf den Plakaten waren ein Hammer, ein Schwert und ein Amboss abgebildet. Der Text lautete: „ ‚Schwerter zu Pflugscharen‘ — Gott inspirierte diese Worte. Zwei Propheten schrieben sie auf. Aber wer setzt sie in die Tat um?“ Die Verkündiger verteilten Einladungen und boten Zeitschriften an, die sie in weißen Stoffbeuteln über der Schulter trugen; auf den Beuteln stand „Jehovas Zeugen“, „Verkündiger des Königreiches Gottes“ oder „Verkündiger der Theokratie“.

Martin Magyarosi begann an jenem Nachmittag den öffentlichen Vortrag mit den Worten: „In Paris findet heute eine Friedenskonferenz der Großmächte statt. Auf unserem Kongress hier sind 15 000 Menschen zugegen. Man könnte jetzt jeden anwesenden Zeugen Jehovas durchsuchen und würde kein Schwert und keine Schusswaffe finden. Warum nicht? Weil wir unsere Schwerter schon zu Pflugscharen geschmiedet haben!“ In dem von Kriegswunden schwer gezeichneten Rumänien war dieser Vortrag besonders eindrucksvoll und zeitgemäß zugleich.

Am Sonntag kamen zum Kongress außer einer Reihe von Polizisten und orthodoxen Priestern auch der oberste Staatsanwalt des Landes und ein Sekretär des Innenministers. Man rechnete damit, dass die Priester, wie angekündigt, Unruhe stiften würden. Aber nur einer versuchte zu stören. Als ihn die Brüder beim öffentlichen Vortrag in Richtung Bühne marschieren sahen, fingen sie ihn ab, packten ihn links und rechts am Arm und führten ihn zu den Sitzplätzen zurück. „Es ist nicht nötig, dass hier ein orthodoxer Priester spricht“, flüsterten sie ihm zu, „aber Sie können sich gern setzen und zuhören.“ Er machte keine weiteren Störversuche. Der Staatsanwalt sagte hinterher, die Vorträge hätten ihm gut gefallen und er sei erstaunt gewesen, wie ordentlich es bei Jehovas Zeugen zugehe.

Ein Bruder schrieb nach dem Kongress: „Die Verschwörung des Feindes schlug völlig fehl und die Brüder kehrten freudig nach Hause zurück.“ Es herrschte auch wieder mehr Einheit und Frieden unter ihnen, was sehr erfreulich war, da es während des Krieges zu Misshelligkeiten unter den Brüdern gekommen war und sich so mancher mit gemischten Gefühlen zum Kongress aufgemacht hatte.

Für die Geistlichkeit sah die Lage indessen nicht so günstig aus, da sie bei ihrem Kampf gegen Jehovas Zeugen in vielen Gegenden nicht mehr auf die Willfährigkeit weltlicher Behörden zählen konnte. Das hinderte sie jedoch nicht daran, weiterhin von den Kanzeln über Jehovas Zeugen herzuziehen. Einige Priester gingen allerdings noch weiter und rekrutierten Gruppen von Raufbolden, die über Königreichsverkündiger — Männer wie Frauen — herfielen, wenn sie sie beim Predigen sahen. In einem Fall schlug die Frau eines orthodoxen Priesters so lange mit einem Stock auf eine Pionierin ein, bis der Stock abbrach. „Wir haben viele Prozesse gegen solche Geistliche angestrengt“, hieß es in einem Bericht aus jener Zeit.

Weiteres Bemühen um Einheit

Alfred Rütimann aus dem Schweizer Zweigbüro verbrachte im Jahr 1947 zwei Monate in Rumänien. Man hatte einen Kongress geplant, zu dem außer Bruder Rütimann auch Hayden C. Covington von der Weltzentrale kommen sollte. Der Kongress wurde von den Behörden allerdings nicht genehmigt und Bruder Covington erhielt kein Visum — wohl aber Alfred Rütimann, der für die Monate August und September eine Aufenthaltsgenehmigung bekam.

Seine erste Station war Bukarest. Am Flugplatz empfing ihn eine Gruppe von Brüdern und Schwestern mit strahlendem Lächeln und dem traditionellen Willkommensgruß, einem wunderschönen Blumenstrauß. Sie brachten Bruder Rütimann zum Bukarester Büro, das im Januar 1947 in das Haus eines Interessierten in der Alionstraße 38 verlegt worden war. Wegen der zunehmenden Bedrohung durch den Kommunismus hatten die Brüder jedoch das im Juli 1945 erworbene Büro in der Bessarabienstraße 38 als offizielle Adresse beibehalten. Dort standen allerdings nur noch ein alter Tisch, ein Sofa, eine defekte Schreibmaschine und ein Schrank voll vergilbter Broschüren und Zeitschriften — all das wäre im Fall einer Beschlagnahmung kein großer Verlust gewesen. Ab und zu arbeitete eine Schwester in dem Büro.

Bruder Rütimann traf sich mit Pamfil Albu, dem Präsidenten der rumänischen Körperschaft, und mit Martin Magyarosi, der das Werk in Rumänien beaufsichtigte. Beide dienten auch als Bezirksaufseher. Da schon jahrelang kaum Verbindungen zum Ausland bestanden hatten, waren die Brüder ganz begeistert, als sie von neuen Entwicklungen in der Organisation Jehovas erfuhren, wie zum Beispiel der Einführung der Theokratischen Predigtdienstschule in den Versammlungen oder der Gileadschule für die Ausbildung von Missionaren. Nun wünschten sich natürlich alle, auch in Rumänien möglichst bald eine Theokratische Predigtdienstschule zu haben. Es wurden auch gleich Vorkehrungen getroffen, die 90 Lehrstücke des Buches Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger als Serie in Rumänisch und Ungarisch herauszubringen.

Bruder Rütimanns Hauptziel war es jedoch, möglichst viele Versammlungen und Gruppen zu besuchen und dort die ursprünglich für den Kongress vorgesehenen Hauptvorträge zu halten. So unternahm er in Begleitung von Bruder Magyarosi, der ihm als Dolmetscher diente, eine Reise, die ihn in zwei Etappen in Gegenden führen sollte, wo die Wahrheit bereits festen Fuß gefasst hatte. Das erste Ziel war Siebenbürgen.

Siebenbürgen und weiter nach Norden und Osten

Wie fast überall nahmen auch die Verkündiger in Siebenbürgen große Strapazen auf sich, um zu den besonderen Zusammenkünften zu kommen. Sie waren gern bereit, wegen des straffen Zeitplans der beiden Besucher bis tief in die Nacht aufzubleiben. In dem Dorf Vama Buzăului zum Beispiel dauerte das Programm von 10 Uhr abends bis 2 Uhr morgens — ohne die leiseste Beschwerde aus den Reihen der 75 Anwesenden.

„Die Menschen haben einen ganz anderen Zeitbegriff als wir“, schrieb Alfred Rütimann. „Es macht ihnen nichts aus, Besuchern zuliebe um 2 Uhr oder 3 Uhr morgens aufzustehen; sie denken auch nicht in Minuten und nur selten in Stunden! Obwohl sie fast ausschließlich zu Fuß gehen und manchmal weite Strecken barfuß laufen, scheinen sie mehr Zeit zu haben als wir und weniger unter Druck zu stehen. Ich hielt es erst für absurd, so spät abends noch eine Zusammenkunft anzusetzen, aber Bruder Magyarosi belehrte mich eines Besseren.“

Die nächste Station war Tîrgu Mureş, das damals 31 000 Einwohner zählte. Auch diese Stadt war vom Krieg gezeichnet und fast alle Brücken waren zerstört. Dennoch kamen 700 Brüder aus 25 Versammlungen in einem Umkreis von 50 Kilometern zum Zusammenkunftsort — einer Lichtung in der Nähe der Stadt.

Die Reise der beiden Brüder führte auch nach Cluj-Napoca, wo sich 300 Personen aus 48 Versammlungen einfanden. Bruder Magyarosi zeigte Bruder Rütimann die Druckerei in der Stadt, die 1928 durch Jacob Sima verloren gegangen war. Was war eigentlich aus ihm geworden? „Er ist vergangenes Jahr gestorben“, schrieb Bruder Rütimann in einem Bericht. „Er war ein Trinker geworden.“

Weitere Reiseziele waren unter anderem Satu Mare und Sighetu Marmaţiei unweit der Ukraine. In dieser Gegend gab es über 40 rumänisch-, ungarisch- und ukrainischsprachige Versammlungen. Die Bauern und Dorfbewohner dort waren ziemlich autark. Sie deckten ihren Nahrungsbedarf selbst, bauten Flachs und Hanf an und hielten Vieh, in erster Linie Schafe. Sie stellten Kleidung und Decken her und gerbten Leder. Der Dorfschuster machte ihnen dann Schuhe. Viele Brüder und Schwestern besuchten die besonderen Zusammenkünfte in selbst genähten, schön bestickten Trachten aus Leinen und Hanf.

Die zweite Reiseetappe führte Bruder Rütimann und Bruder Magyarosi in die Region Moldau im Nordosten Rumäniens. Dort kamen sie zunächst nach Frătăuţii, wo sie von den ansässigen Brüdern, die selbst nicht viel hatten, äußerst gastfreundlich empfangen wurden. Im gedämpften Licht von Öllampen bekamen die Gäste frische Milch, Brot, Polenta und harte Eier in zerlassener Butter vorgesetzt. Man aß aus kleinen Schüsseln. „Das Essen schmeckte sehr gut“, schrieb Bruder Rütimann. Für die Nacht hatten die Gastgeber ihren Besuchern am warmen Ofen in der Küche Betten aufgestellt, während sie selbst abseits auf Strohsäcken schliefen.

Die Brüder in dieser Gegend waren fleißige Prediger und wurden von Jehova reich dafür gesegnet, wie der Tätigkeitsbericht zeigt. Im Frühjahr 1945 hatte es dort nur 33 Verkündiger gegeben. Jetzt, im Jahr 1947, waren es bereits 350 — also über zehnmal so viele!

Die nächsten 120 Kilometer bis Bălcăuţi und Ivăncăuţi legten die Brüder auf rustikale Art in einem Zweispänner zurück. Ein Bruder schrieb: „Die kleinen, aber ausgezeichneten rumänischen Pferde kommen mit jeder noch so schlechten Straße zu allen Tages- und Nachtzeiten zurecht.“ Die 1945 gegründete Versammlung Bălcăuţi bestand aus ehemaligen Mitgliedern einer evangelikalen Kirche. Der jetzige Versammlungsdiener war früher ihr Laienprediger gewesen. In Ivăncăuţi musste die Zusammenkunft wegen Regen im Haus eines Bruders stattfinden. Den 170 Anwesenden, von denen einige 30 Kilometer barfuß gelaufen waren, machte das allerdings kaum etwas aus.

Alles in allem sprachen die beiden Brüder an 19 Orten zu insgesamt 4 504 Verkündigern und Interessierten aus 259 Versammlungen. Auf dem Heimweg in die Schweiz hielt Alfred Rütimann auch Vorträge in Orăştie und Arad, wo einige Brüder aus 60 bis 80 Kilometer Entfernung zu Fuß zum Zusammenkunftsort kamen. Ein 60-jähriger Bauer hatte so große Wertschätzung, dass er über 100 Kilometer barfuß lief!

Die besonderen Zusammenkünfte waren ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Werks in Rumänien und sie waren sehr zeitgemäß — nicht nur weil die Brüder Ermunterung brauchten, sondern auch weil die geistige Ernte reif war. Die Rumänen waren müde von den Entbehrungen des Krieges und der Unterdrückung durch politische Machthaber und manch einer war von der Religion enttäuscht. Zu allem Übel hatte der starke Wertverlust des Leu, der rumänischen Landeswährung, im August 1947 zahlreiche Rumänen über Nacht bettelarm gemacht. Deshalb waren viele, die negativ auf die Königreichsbotschaft reagiert hatten, jetzt zum Zuhören bereit.

Die besonderen Zusammenkünfte waren noch aus einem anderen Grund zeitgemäß: Es braute sich ein neuer, noch heftigerer Sturm der Verfolgung zusammen. Von atheistischen Ideologien und gewissenlosen, intoleranten Machthabern getragen, würde er fast vierzig Jahre anhalten!

Rumänien verschwindet hinter dem Eisernen Vorhang

Im November 1946, im Jahr vor Alfred Rütimanns Besuch, kam Rumänien unter kommunistische Herrschaft. Innerhalb weniger Jahre wurde jeder noch verbliebene Widerstand ausgeschaltet und die „Sowjetisierung“ vorangetrieben, wobei die kulturellen und politischen Einrichtungen in Rumänien nach sowjetischem Muster ausgerichtet wurden.

Die Brüder nutzten die Ruhe vor dem Sturm noch tüchtig aus: Sie druckten Hunderttausende von Zeitschriften, Broschüren und anderen Veröffentlichungen, die sie auf 20 Literaturdepots im ganzen Land verteilten. Gleichzeitig verstärkten viele ihre Zeugnistätigkeit und manch einer begann mit dem Pionierdienst — so zum Beispiel Mihai Nistor und Vasile Sabadâş.

Mihais Gebiet umfasste die Mitte und den Nordwesten Siebenbürgens, wo er auch während des kommunistischen Verbots, unter dem er lange Zeit vom Feind verfolgt wurde, weiter als Pionier diente. Wie schaffte er es, nicht verhaftet zu werden? Er erzählte: „Ich machte mir eine Tasche, wie sie die Fensterverkäufer haben. Dann zog ich Arbeitskleidung an und ging mit Werkzeug und Fensterscheiben in den Städten und Dörfern herum, in denen ich predigen sollte. Wenn ich Polizisten oder andere Verdächtige bemerkte, pries ich lautstark meine Fenster an. Andere Brüder griffen zu anderen Methoden, um den Verfolgern zu entgehen. Es war aufregend und riskant zugleich — nicht nur für uns Pioniere, sondern auch für die Familien, die uns aufnahmen. Aber wir freuten uns immer sehr, zu sehen, wie Studierende Fortschritte machten und die Reihen der Verkündiger sich füllten.“

Vasile Sabadâş blieb ebenfalls im Pionierdienst, obwohl er oft den Wohnort wechseln musste. Er war eine besondere Hilfe, wenn es darum ging, Brüder zu finden und zu unterstützen, die durch die Geheimpolizei Securitate — das Hauptinstrument des umfangreichen kommunistischen Sicherheitsnetzes — zerstreut worden waren. „Ich musste vorsichtig und erfinderisch sein, damit sie mich nicht fassten“, erzählte Vasile. „Wenn ich zum Beispiel in einen anderen Landesteil reiste, verschaffte ich mir immer einen triftigen Grund, wie etwa eine Überweisung zu einer Therapie in einem Badeort.

So war es mir möglich, unauffällig Verbindungen zwischen den Brüdern herzustellen, sodass sie regelmäßig Nachschub an geistiger Speise erhalten konnten. Meine Leitsprüche waren Jesaja 6:8: ‚Hier bin ich! Sende mich‘ und Matthäus 6:33: ‘So fahrt denn fort, zuerst das Königreich zu suchen.’ Diese Verse gaben mir Freude und Kraft zum Ausharren.“ Ja, Freude und Durchhaltevermögen, das brauchte Vasile wirklich, denn trotz aller Vorsicht sollte auch er — wie so viele andere — letztlich verhaftet werden.

Schwere Angriffe auf Gottes Organisation

Im Jahr 1948 war die Korrespondenz mit dem Hauptbüro sehr schwierig geworden und so verschickten die Brüder oft verschlüsselte Botschaften auf Postkarten. Im Mai 1949 übermittelte Martin Magyarosi folgende Mitteilung von Petre Ranca, einem Mitarbeiter im Bukarester Büro: „Uns geht es allen gut. Wegen Sturm und eisiger Kälte konnten wir auf dem Feld nichts tun.“ Ein anderer Bruder schrieb später, die Familie sei „nicht in der Lage, irgendwelche Süßigkeiten zu erhalten“, außerdem seien „viele krank“. Er meinte damit, dass keine geistige Speise nach Rumänien geschickt werden konnte und dass viele Brüder im Gefängnis saßen.

Auf Beschluss des Justizministeriums vom 8. August 1949 wurde der Büro- und Wohnbereich des Zweigbüros geschlossen und das gesamte Inventar — auch Privatgegenstände — beschlagnahmt. In den Folgejahren wurden Hunderte von Brüdern verhaftet und verurteilt. Unter dem Faschismus hatte man Jehovas Zeugen beschuldigt, sie seien Kommunisten, und als dann die Kommunisten an die Macht kamen, bezeichnete man sie als „Imperialisten“ und „amerikanische Propagandisten“.

Überall lauerten Spione und Informanten. Über die Maßnahmen der Kommunisten war im englischen Jahrbuch von 1953 zu lesen: „[Sie] sind jetzt so streng geworden, dass jeder, der in Rumänien Post aus dem Westen bekommt, auf die schwarze Liste gesetzt und schärfstens überwacht wird.“ Weiter hieß es in dem Bericht: „Es herrscht ein nahezu unvorstellbarer Terror. Nicht einmal in den Familien kann einer dem anderen trauen. Die Freiheit ist ganz und gar dahin.“

Anfang 1950 wurden Pamfil und Elena Albu, Petre Ranca, Martin Magyarosi und viele weitere verhaftet und fälschlich der Spionage für den Westen angeklagt. Manchen Brüdern wollte man durch Folter vertrauliche Informationen und Geständnisse über ihre vermeintliche Spionage abpressen. Ihr einziges Geständnis war jedoch, dass sie Jehova anbeteten und den Interessen seines Königreiches dienten. Nach solchen Torturen wurden einige Brüder ins Gefängnis, andere wiederum in Arbeitslager gesteckt. Wie wirkte sich diese Verfolgungswelle auf das Werk aus? Noch im selben Jahr, also 1950, hatte Rumänien 8 Prozent Mehrung zu verzeichnen. Was für ein großartiger Beweis, wie machtvoll doch der Geist Gottes ist!

Bruder Magyarosi, der damals schon auf die 70 zuging, wurde ins Gefängnis in Gherla (Siebenbürgen) eingeliefert, wo er Ende 1951 starb. „Er hat viel und schwer für die Wahrheit gelitten“, hieß es in einem Bericht, „besonders seit seiner Festnahme im Januar 1950. Nun hat sein Leiden ein Ende.“ Ja, Martin hatte fast 20 Jahre lang brutale Angriffe von Geistlichen, Faschisten und Kommunisten ertragen. Seine beispielhafte Lauterkeit erinnert uns an die Worte des Apostels Paulus, der sagte: „Ich habe den vortrefflichen Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt“ (2. Tim. 4:7). Martins Frau Maria wurde zwar nicht eingesperrt, aber auch sie harrte unter Widerwärtigkeiten beispielhaft aus. Ein Bruder beschrieb sie als „intelligente Schwester, die ganz dem Werk des Herrn ergeben“ war. Nach Martins Festnahme kümmerten sich Verwandte um sie, darunter ihre Adoptivtochter Mărioara, die selbst eine Zeit lang in Haft war und im Herbst 1955 freigelassen wurde.

„Sie sind feine Menschen“

Im Jahr 1955 erließ die Regierung eine Amnestie, was den meisten Brüdern die Freiheit brachte. Diese währte jedoch nicht lange. Von 1957 bis 1964 wurden Jehovas Zeugen erneut gejagt, verhaftet und zum Teil zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt. Die inhaftierten Brüder ließen aber den Kopf nicht hängen, sondern ermunterten einander, standhaft zu bleiben. Mit der Zeit wurden sie wegen ihrer guten Grundsätze und ihrer Lauterkeit sogar allseits bekannt. Ein politischer Häftling sagte über die Brüder: „Sie sind feine Menschen. Sie gaben nicht nach und hätten nie ihre Religion aufgegeben.“ An dem Ort, wo er einsaß, waren die Zeugen „die angesehensten Häftlinge“.

Im Jahr 1964 wurde abermals eine Amnestie erlassen, doch auch sie war nur von kurzer Dauer: Zwischen 1968 und 1974 kam es wiederum zu Massenverhaftungen. „Weil wir das Evangelium verbreiten“, so schrieb ein Bruder, „sind [wir] gefoltert und verhöhnt worden. ... Wir flehen euch an, in euren Gebeten unserer eingesperrten Brüder zu gedenken. Wir wissen, dass all dies eine Prüfung ... ist, die wir erdulden müssen. Aber wir werden fortfahren, mutig die gute Botschaft zu predigen, wie es in Matthäus 24:14 vorausgesagt wird! Doch wir bitten euch nochmals dringend von ganzem Herzen: Vergesst uns nicht!“ Wie wir noch sehen werden, hörte Jehova die eindringlichen Gebete, die seine loyalen Diener unter Tränen sprachen, und er tröstete sie auf verschiedene Weise.

Satan sät Misstrauen

Der Teufel greift Gottes Diener nicht nur von außen, sondern auch von innen an. Einige Brüder zum Beispiel wurden nach ihrer Entlassung im Jahr 1955 nicht mehr in ihre früheren Aufsichtsstellungen eingesetzt. Darüber ärgerten sie sich und brachten Disharmonie in die Bruderschaft. Wie traurig, dass sie nach ihrer Standhaftigkeit im Gefängnis dem Stolz erlegen waren! Mindestens ein verantwortlicher Bruder arbeitete sogar mit der Securitate zusammen, um einer Bestrafung zu entgehen; dadurch fügte er den Treuen und dem Predigtwerk großen Schaden zu (Mat. 24:10).

Auch Unterschiede in Gewissensentscheidungen machten Gottes Dienern damals zu schaffen. So war es oft der Fall, dass Brüder nach ihrer Verhaftung wählen konnten, ob sie ins Gefängnis gehen oder in einem Salzbergwerk arbeiten wollten. Manche betrachteten es als Verrat an biblischen Grundsätzen, sich für das Salzbergwerk zu melden. Andere Brüder waren der Ansicht, Schwestern sollten sich nicht schminken und Kinofilme, Theaterstücke, ja sogar Radios seien nichts für Christen.

Positiv war jedoch, dass die Brüder im Großen und Ganzen nie das Wichtigste aus den Augen verloren: ihre Loyalität gegenüber Gott. Das zeigt der Bericht über das Dienstjahr 1958. Damals beteiligten sich 5 288 Verkündiger am Predigtdienst — über 1 000 mehr als im Jahr zuvor! 8 549 Personen kamen zum Gedächtnismahl und 395 ließen sich taufen.

Im Jahr 1962 kam erneut eine Prüfung auf die Brüder zu: Im Wachtturm wurde erklärt, die „obrigkeitlichen Gewalten“ in Römer 13:1 seien menschliche Regierungsgewalten und nicht, wie bisher angenommen, Jehova Gott und Jesus Christus. Viele Brüder, die in Rumänien unter brutalen Herrschern gelitten hatten, konnten das nur schwer akzeptieren. Manche dachten allen Ernstes, es handle sich um einen raffinierten Schachzug der Kommunisten, durch den die Brüder — im Widerspruch zu dem Grundsatz in Matthäus 22:21 — dem Staat völlig gefügig gemacht werden sollten.

Ein Bruder sprach einen Mitzeugen, der in Berlin, Rom und anderen Städten gewesen war, darauf an. „Dieser Reisende“, so erinnert sich der Bruder, „versicherte mir, das neue Verständnis sei keine Täuschung der Kommunisten, sondern geistige Speise von der Sklavenklasse. Trotzdem hatte ich noch Bedenken. Also fragte ich unseren Bezirksaufseher, was wir jetzt tun sollten.“

Er antwortete: „Ganz einfach — wir müssen im Werk vorandrängen!“

„Das war ein ausgezeichneter Rat und ich kann zu meiner Freude sagen, dass ich heute immer noch vorandränge.“

Trotz der erschwerten Kommunikation taten die Weltzentrale und der für Rumänien zuständige Zweig alles in ihrer Macht Stehende, damit die Brüder in Rumänien mit der geoffenbarten Wahrheit auf dem Laufenden bleiben und als geeinte geistige Familie zusammenwirken konnten. Zu diesem Zweck schrieben sie Briefe und veröffentlichten entsprechende Artikel im Königreichsdienst.

Wie gelangte die geistige Speise zu Jehovas Volk? Jedes Glied des Landeskomitees unterhielt insgeheim Verbindungen zu den reisenden Aufsehern und den Ältesten der Versammlungen. Diese Verbindungen wurden durch vertrauenswürdige Kuriere aufrechterhalten, über die auch Briefe und Berichte zum Büro in der Schweiz hin- oder von dort aus weggesandt wurden. So konnten die Brüder zumindest ein gewisses Maß an geistiger Speise und theokratischer Anleitung erhalten.

Loyale Brüder und Schwestern gaben sich zudem alle Mühe, in ihren Versammlungen und Gruppen eine Atmosphäre der Harmonie zu fördern. Iosif Jucan zum Beispiel sagte oft: „Wir können nicht hoffen, in Harmagedon gerettet zu werden, wenn wir nicht regelmäßig geistige Speise zu uns nehmen und uns eng an die ‚Mutter‘ halten.“ Er bezog sich damit auf die Verbindung zum irdischen Teil der Organisation Jehovas. Brüder wie er waren wertvolle Stützen in Gottes Volk und ein Bollwerk gegen Unruhestifter.

Methoden des Feindes

Um den Glauben der Diener Jehovas zu schwächen und sie gefügig zu machen, setzten die Kommunisten Spione, Verräter, Folter, Lügenpropaganda und Todesdrohungen ein. Als Spione und Informanten dienten unter anderem Nachbarn, Arbeitskollegen, Abtrünnige, Familienangehörige sowie Agenten der Securitate. Letztere schlichen sich sogar in die Versammlungen ein, indem sie Interesse an der Wahrheit vortäuschten und sich theokratisches Vokabular aneigneten. Solche „falschen Brüder“ richteten erheblichen Schaden an und brachten viele hinter Gitter. Einer von ihnen, Savu Gabor, hatte sogar eine verantwortliche Stellung inne, bis er 1969 entlarvt wurde (Gal. 2:4).

Die Regierung ließ Einzelpersonen und Familien auch mit Abhörgeräten ausspionieren. Timotei Lazăr berichtete: „Als ich wegen meiner christlichen Neutralität im Gefängnis saß, wurden meine Eltern und mein jüngerer Bruder regelmäßig zur Securitate zitiert und dort bis zu sechs Stunden ununterbrochen verhört. Während eines solchen Verhörs wurden dann bei uns zu Hause Wanzen installiert. Mein Bruder, der von Beruf Elektriker war, bemerkte an jenem Abend, dass der Stromzähler ungewöhnlich schnell lief. Er schaute sich um und entdeckte zwei Abhörgeräte, die er fotografierte und dann abmontierte. Am nächsten Tag kamen Securitate-Agenten und verlangten ihr ‚Spielzeug‘ zurück, wie sie es nannten.“

Um Lügen zu propagieren, wurden auch oft Presseartikel aus anderen kommunistischen Ländern übernommen. So zum Beispiel der Artikel „Die Jehovisten-Sekte und ihr reaktionärer Charakter“, der aus einer russischen Zeitung stammte. Darin wurde behauptet, Jehovas Zeugen hätten den „Charakter einer typisch politischen Organisation“, deren Ziel es sei, „in sozialistischen Ländern zersetzend zu wirken“. Die Leser wurden angehalten, jeden zu melden, der die Lehren der Zeugen verbreite. Vernünftig denkende Menschen sahen in diesem politischen Getöse jedoch ein indirektes Armutszeugnis für die Gegner, denn der Artikel machte ja allen deutlich, dass Jehovas Zeugen bei weitem nicht besiegt oder zum Schweigen gebracht worden waren.

Wenn Securitate-Agenten einen Bruder oder eine Schwester fassten, wandten sie die ausgeklügeltsten Grausamkeiten an. Um ihre Opfer zum Reden zu bringen, setzten die Peiniger sogar gehirn- und nervenschädigende Substanzen ein. Samoilă Bărăian, der Opfer solcher Misshandlungen wurde, erzählte: „Nachdem das Verhör begonnen hatte, musste ich Medikamente nehmen, die noch schlimmer waren als die Schläge. Ich merkte bald, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich konnte nicht mehr gerade gehen und kam keine Treppe mehr hoch. Als Nächstes plagte mich chronische Schlaflosigkeit. Ich konnte mich nicht konzentrieren und sprach nur noch stockend.

Ich baute körperlich immer mehr ab. Nach etwa einem Monat verlor ich den Geschmackssinn. Die Verdauung versagte und ich hatte das Gefühl, als wären alle meine Gelenke ausgerenkt. Ich hatte fürchterliche Schmerzen. Meine Füße schwitzten so stark, dass die Schuhe innerhalb von zwei Monaten auseinander fielen und ich sie wegwerfen musste. ‚Warum hören Sie nicht auf zu lügen‘, brüllte mich mein Befrager immer wieder an. ‚Sehen Sie nicht, was aus Ihnen geworden ist?‘ Ich brauchte große Selbstbeherrschung, um nicht vor Wut zu platzen.“ Bruder Bărăian konnte sich nach dieser Tortur allmählich wieder vollständig erholen.

Auch psychische Folter wurde eingesetzt. Alexa Boiciuc erinnert sich: „Am schlimmsten war es, als sie mich eines Nachts weckten und in einen Raum brachten, wo ich hörte, wie ein Bruder geschlagen wurde. Später hörte ich das Schluchzen einer Schwester und dann die Stimme meiner Mutter. Ich wäre lieber selbst geschlagen worden, als so etwas mitzumachen.“

Brüdern wurde gesagt, sie hätten nichts mehr zu befürchten, wenn sie die Namen von Mitzeugen oder die Zeiten und Orte der Zusammenkünfte preisgäben. Schwestern wurden angehalten, sich von ihren inhaftierten Männern zu trennen, damit ihre Kinder eine bessere Zukunft haben könnten.

Da viele Brüder vom Staat enteignet wurden, mussten sie auf Kolchosen arbeiten. Die Arbeit dort war an sich nicht schlecht, aber es fanden oft politische Versammlungen statt. Wer nicht erschien, wurde verspottet und bekam fast keinen Lohn mehr. Für Jehovas Zeugen, die sich ja grundsätzlich aus politischen Angelegenheiten heraushielten, brachte das natürlich Härten mit sich.

Bei Razzien beschlagnahmten die Handlanger der Regierung auch persönlichen Besitz der Brüder, besonders Gegenstände, die sich zu Geld machen ließen. Nicht selten demolierten sie im tiefsten Winter Öfen — die einzigen Wärmequellen im Haus. Warum dieses rabiate Vorgehen? Öfen seien gute Verstecke für Literatur, so die Erklärung. Trotz allem ließen sich die Brüder nicht mundtot machen. Sogar in Arbeitslagern und Gefängnissen gaben sie, wie wir nachfolgend sehen werden, unter Misshandlungen und Entbehrungen weiterhin Zeugnis für Jehova und spendeten einander Trost.

Lobpreis für Jehova in Lagern und Gefängnissen

Zusätzlich zu den Gefängnissen gab es in Rumänien drei große Arbeitslager: im Donaudelta, auf der großen Donauinsel bei Brăila und am Donau-Schwarzmeer-Kanal. In der kommunistischen Ära kam es immer wieder vor, dass Zeugen Jehovas zusammen mit ehemaligen Verfolgern eingesperrt wurden, die wegen ihrer Verbindungen zum früheren Regime festgenommen worden waren. Ein Kreisaufseher zum Beispiel war mit 20 Pfarrern inhaftiert — eine Zusammensetzung, die mit Sicherheit zu manch interessanter Diskussion Anlass gab.

In einem Gefängnis unterhielt sich ein Bruder einmal ausgiebig mit einem Theologieprofessor, der früher Priesteramtskandidaten geprüft hatte. Der Bruder merkte bald, dass der Professor von der Bibel herzlich wenig Ahnung hatte. Unter den Häftlingen, die der Diskussion folgten, war auch ein General des gestürzten Regimes.

„Wie kommt es“, fragte der General den Professor, „dass einfache Handwerker eine größere Erkenntnis der Bibel besitzen als Sie?“

Der Professor erwiderte: „In Theologieseminaren werden religiöse Überlieferungen und dergleichen gelehrt, aber nicht die Bibel.“

Völlig unbeeindruckt sagte der General: „Wir haben auf euer Wissen vertraut, aber jetzt sehe ich, dass wir jämmerlich irregeführt worden sind.“

Mit der Zeit kamen etliche Gefangene zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit und gaben sich Jehova hin, darunter ein Häftling, der wegen wiederholten Raubüberfalls zu 75 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Dieser Mann machte eine so erstaunliche Änderung durch, dass die Gefängnisleitung auf ihn aufmerksam wurde. Er bekam eine Aufgabe übertragen, die man normalerweise keinem Häftling geben würde, der wegen Raubüberfall einsitzt. Der Mann wurde allein in die Stadt geschickt, um für das Gefängnis Besorgungen zu machen.

Dennoch war die Haft eine harte Zeit und es gab wenig zu essen. Gefangene baten sogar darum, ihre Kartoffeln mit Schale essen zu dürfen, damit sie etwas mehr im Magen hatten. Zusätzlich aßen sie Rüben, Blätter, Gras und andere Pflanzen, um nur irgendwie satt zu werden. Alle Häftlinge hatten Ruhr und im Lauf der Zeit fielen einige der Unterernährung zum Opfer.

Im Sommer mussten die Brüder für den Bau eines Dammes im Donaudelta Erde schaufeln und abtransportieren. Im Winter schnitten sie auf dem Eis Schilf ab. Sie übernachteten auf einer alten, eisernen Fähre — frierend, verdreckt, voller Läuse und von herzlosen Wächtern bewacht, die nicht einmal beim Tod eines Häftlings Gefühle zeigten. Doch unter all diesen Umständen machten sich die Brüder gegenseitig Mut und halfen einander, geistig stark zu bleiben. Das zeigt der Bericht von Dionisie Vârciu.

Kurz vor Dionisies Entlassung fragte ein Gefängnisbeamter: „Nun, Vârciu, haben Sie in der Haft Ihren Glauben aufgegeben?“

„Entschuldigen Sie“, entgegnete Dionisie, „aber würden Sie einen hochwertigen Anzug gegen einen minderwertigeren eintauschen?“

„Nein“, antwortete der Mann.

Dionisie erklärte weiter: „In der Haft hat mir keiner etwas angeboten, das meinen Glauben übertroffen hätte. Warum sollte ich ihn also aufgeben?“

Darauf gab der Beamte Dionisie die Hand und sagte: „Sie sind frei, Vârciu. Bewahren Sie sich Ihren Glauben.“

Brüder und Schwestern wie Dionisie waren keine Übermenschen. Sie schöpften Mut und geistige Kraft aus dem Glauben an Jehova, einen Glauben, den sie sich auf erstaunliche Weise erhielten (Spr. 3:5, 6; Phil. 4:13).

Studium aus dem Gedächtnis

„Für mich war die Haft eine Zeit theokratischer Schulung“, erinnert sich András Molnos. Wieso konnte er das sagen? Er erkannte, wie wertvoll es war, sich jede Woche mit seinen Brüdern zum Studium des Wortes Gottes zu versammeln. Er erzählte: „Oft hatten wir nichts Schriftliches, sondern nur das, woran wir uns noch erinnern konnten. Die Brüder versuchten, sich Wachtturm-Artikel ins Gedächtnis zu rufen, die sie vor der Haft studiert hatten. Manche Brüder hatten noch ganze Zeitschriften im Kopf — einschließlich der Studienfragen!“ Das war zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie vor ihrer Festnahme geistige Speise mit der Hand abgeschrieben hatten. (Siehe den Kasten „Vervielfältigungsverfahren“ auf Seite 132, 133.)

Wenn Zusammenkünfte geplant waren, nannten verantwortliche Brüder das zu besprechende Thema, und jeder von uns versuchte, sich an möglichst viel zu erinnern, von Bibeltexten bis zu Gedanken aus christlichen Bibelstudienhilfsmitteln. Schließlich kamen alle zusammen, um den Stoff zu besprechen. Es wurde ein Leiter bestimmt, der nach einem Anfangsgebet die Besprechung durch passende Fragen leitete. Nachdem jeder einen Kommentar gegeben hatte, sagte auch der Leiter jeweils noch etwas dazu und ging dann zum nächsten Punkt über.

In manchen Gefängnissen waren Gruppenbesprechungen verboten, doch der Einfallsreichtum der Brüder kannte keine Grenzen. Ein Bruder erinnert sich: „Wir nahmen die Fensterscheibe im Waschraum aus dem Rahmen und überzogen sie mit Seife vermischt mit Kalk, den wir von der Wand abgekratzt hatten. Wenn das Gemisch trocken war, hatten wir eine recht passable Tafel, auf die wir jeden Tag eine Lektion schreiben konnten. Ein Bruder diktierte leise und ein anderer schrieb auf der Scheibe mit.

Wir waren auf mehrere Zellen verteilt, die jeweils eine Studiengruppe bildeten. Jede Lektion wurde an alle Brüder in der Zelle weitergegeben. Da unsere ‚Schreibtafel‘ immer nur in einer Zelle war, wurde der Text in die anderen Zellen gemorst. Wie ging das? Ein Bruder klopfte die Morsezeichen so leise wie möglich an die Wand oder an die Heizungsrohre. Die Brüder in den anderen Zellen hielten ihre Tassen an die Wand oder an die Rohre, legten das Ohr an die Tasse und benutzten sie so als Hörer. Wer die Morsezeichen nicht kannte, musste sie natürlich lernen.“

In manchen Gefängnissen erhielten die Brüder frische geistige Speise von außerhalb durch Schwestern, die sich als nicht minder geschickt und einfallsreich erwiesen. Zum Beispiel schleusten sie Literatur in selbst gebackenem Brot ein. Die Brüder nannten es liebevoll „Brot vom Himmel“. Die Schwestern schafften es sogar, Bibelteile ins Gefängnis zu schmuggeln. Sie falteten die Seiten mehrmals zusammen, steckten sie in kleine Plastikkugeln und überzogen diese mit Schokolade und Kakaopulver.

Das Unangenehme an der Sache war, dass die Brüder nur auf der Toilette lesen konnten, dem einzigen Ort, an dem sie ein paar Minuten unbewacht waren. Wenn sie fertig waren, versteckten sie ihre Lektüre hinter dem Wasserkasten. Nichtzeugen wussten ebenfalls von dem Versteck und viele freuten sich, dass auch sie ungestört ein wenig lesen konnten.

Frauen und Kinder bewahren die Lauterkeit

Die Geschwister Viorica und Aurica Filip wurden — wie viele andere Zeugen — von ihren Angehörigen sehr unter Druck gesetzt. Die beiden Mädchen hatten sieben Brüder und eine Schwester. Viorica erzählt: „Weil Aurica gern Jehova dienen wollte, musste sie 1973 von der Universität in Cluj-Napoca abgehen; kurz darauf ließ sie sich taufen. Ihr Eifer und ihre Aufrichtigkeit machten mich neugierig, und so begann auch ich, mich mit Gottes Wort zu befassen. Als ich erfuhr, dass Gott ewiges Leben in einem Paradies auf der Erde verheißen hat, dachte ich: ‚Etwas Besseres gibt’s doch gar nicht!‘ Während meines Studiums nahm ich mir nach und nach die biblischen Grundsätze über christliche Neutralität zu Herzen und lehnte es ab, der Kommunistischen Partei beizutreten.“

Viorica berichtet weiter: „Ich gab mich 1975 Jehova hin. Damals war auch ich schon von zu Hause weggezogen und wohnte bei Verwandten in Sighetu Marmaţiei, wo ich als Lehrerin arbeitete. Da ich mich aus der Politik heraushalten wollte, teilte man mir mit, ich würde zum Schuljahresende entlassen. Um das zu verhindern, begannen unsere Angehörigen, meiner Schwester und mir schwer zuzusetzen.“

Auch Schulkinder wurden eingeschüchtert — zum Teil von der Securitate. Sie wurden verbal und tätlich angegriffen, und viele wurden gezwungen, die Schule zu wechseln. Anderen versperrte man alle Wege zu einer höheren Bildung. Agenten versuchten sogar, Kinder als Spione zu rekrutieren!

Daniela Măluţan, die heute im Pionierdienst steht, erinnert sich: „Ich wurde oft vor der Klasse gedemütigt, weil ich nicht in die Union der kommunistischen Jugend eintreten wollte, in der junge Leute politisch indoktriniert wurden. Als ich in die 9. Klasse kam, machten mir Agenten der Securitate und Informanten unter den Lehrern und den Angestellten der Schule oft das Leben schwer. Von 1980 bis 1982 wurde ich fast jeden zweiten Mittwoch im Büro des Schulleiters verhört. Der Schulleiter selbst durfte übrigens bei den Verhören nicht dabei sein. Befragt wurde ich von einem Oberst der Securitate, der bei den Brüdern im Kreis Bistriţa-Năsăud dafür bekannt war, dass er uns hasste und uns verbissen verfolgte. Er kam sogar mit Briefen an, in denen verantwortliche Brüder belastet wurden. Sein Ziel war es, mein Vertrauen in die Brüder zu untergraben, mich vom Glauben abzubringen und mich — ein Schulmädchen — zu einer Spionin der Securitate zu machen. Nichts davon ist ihm gelungen.

Ich habe allerdings nicht nur schlechte Erfahrungen gemacht. Mein Geschichtslehrer zum Beispiel, der Parteimitglied war, wollte wissen, warum ich so oft verhört wurde. Eines Tages ließ er den Geschichtsunterricht ausfallen und befragte mich zwei Stunden lang vor der ganzen Klasse ausführlich über meinen Glauben. Meine Antworten beeindruckten ihn, und er fand es nicht richtig, dass man mich so unfreundlich behandelte. Von da an respektierte er unsere Ansichten und nahm sogar Literatur.

Die Schulverwaltung machte mir aber weiterhin Schwierigkeiten. Sie sorgte dafür, dass ich nach der 10. Klasse von der Schule abging. Ich fand aber sofort Arbeit und habe es nie bereut, dass ich Jehova treu geblieben bin. Ich bin ihm wirklich dankbar, dass ich von christlichen Eltern erzogen wurde, die trotz allem, was ihnen unter dem Kommunismus angetan wurde, an ihrer Lauterkeit festhielten. Sie sind mir noch heute ein gutes Vorbild.“

Junge Männer machen Prüfungen durch

In ihrem Kampf gegen Jehovas Zeugen hatte es die Securitate vor allem auf junge Brüder abgesehen, die ihre christliche Neutralität bewahren wollten. Sie wurden verhaftet, eingesperrt, freigelassen, aufs Neue verhaftet und wieder ins Gefängnis geworfen — all das mit dem Ziel, sie zu zermürben. Einer dieser Brüder war József Szabó. Er wurde unmittelbar nach seiner Taufe zu 4 Jahren Haft verurteilt.

Im Jahr 1976 kam József nach zweijähriger Haft frei und wenig später lernte er seine zukünftige Frau kennen. „Wir verlobten uns und legten das Hochzeitsdatum fest“, erzählt József. „Dann bekam ich wieder eine Vorladung vors Militärgericht in Cluj. Ausgerechnet am Tag unserer Hochzeit sollte ich dort erscheinen! Meine Verlobte und ich verschoben unseren Hochzeitstermin aber trotzdem nicht, sondern ich ging erst hinterher zum Gericht. Obwohl ich gerade erst ein paar Minuten verheiratet war, wurde ich zu weiteren 3 Jahren Gefängnis verurteilt, die ich auch absitzen musste. Ich kann gar nicht beschreiben, wie weh mir diese Trennung tat.“

Ein anderer junger Zeuge, Timotei Lazăr, erinnert sich: „Mein jüngerer Bruder und ich wurden 1977 aus dem Gefängnis entlassen. Unser älterer Bruder, der ein Jahr vorher freigekommen war, kam nach Hause, um diesen Anlass mit uns zu feiern. Doch er tappte geradewegs in eine Falle — die Securitate wartete schon auf ihn. Wir waren nun 2 Jahre, 7 Monate und 15 Tage gewaltsam von unserem Bruder getrennt gewesen und jetzt wurde er uns wieder entrissen und wegen seiner christlichen Neutralität ins Gefängnis geworfen. Meinem jüngeren Bruder und mir brach schier das Herz.“

Gedächtnismahlfeiern

An den Gedächtnismahlabenden war die Hetzjagd auf Jehovas Zeugen immer besonders wild. Es wurden Häuser durchsucht, Geldstrafen verhängt und Verhaftungen vorgenommen. Aus diesem Grund gedachten die Brüder des Todes Jesu vorsichtshalber in kleinen Gruppen — manchmal nur im Familienkreis.

Teodor Pamfilie erzählt: „Am Tag des Gedächtnismahls saß der örtliche Polizeichef einmal lange mit Freunden beim Alkohol zusammen. Als er dann wegwollte, um bei Brüdern eine Razzia zu machen, fragte er einen Fremden mit Auto, ob er ihn fahren könne. Aber das Auto wollte nicht anspringen. Irgendwann lief der Motor dann doch, und sie kamen zu unserem Haus, wo wir in einer kleinen Gruppe das Gedächtnismahl feierten. Da wir alle Fenster gut verdunkelt hatten, sahen sie jedoch kein Licht und dachten, es sei niemand zu Hause. Also fuhren sie zu einem anderen Haus. Doch dort war die Feier bereits vorbei und alle waren weg.

Auch wir hatten inzwischen unser Programm beendet und die Brüder waren schnell fortgegangen. Nur mein leiblicher Bruder und ich waren noch da, als zwei Polizisten hereinplatzten, sich im Zimmer postierten und brüllten: ‚Was geht hier vor?‘

‚Nichts‘, sagte ich. ‚Ich habe mich mit meinem Bruder unterhalten.‘

‚Hier hat doch ein Treffen stattgefunden‘, sagte einer der Männer. ‚Wo sind die anderen?‘ Mit Blick auf meinen Bruder fragte er: ‚Und was machen Sie hier?‘

‚Ich bin bei ihm zu Besuch‘, antwortete mein Bruder und deutete mit der Hand in meine Richtung. Frustriert stürmten die Polizisten hinaus. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass sie trotz allen Eifers nicht einen Einzigen verhaften konnten!“

Weltzentrale appelliert an rumänische Behörden

Wegen der harten Behandlung der Zeugen Jehovas sah sich die Weltzentrale veranlasst, im März 1970 einen 4-seitigen Brief an den rumänischen Botschafter in den Vereinigten Staaten zu schreiben und im Juni 1971 einen 6-seitigen Brief an den rumänischen Präsidenten Nicolae Ceauşescu. Dem Botschafter teilten die Brüder Folgendes mit: „Christliche Liebe zu unseren Brüdern in Rumänien und die Sorge um sie hat uns dazu bewogen, uns an Sie zu wenden.“ Nach einer namentlichen Aufzählung von 7 Brüdern, die aus Glaubensgründen inhaftiert waren, hieß es: „Es wurde berichtet, dass einige der oben genannten Personen im Gefängnis sehr grausam behandelt worden sind. ... Jehovas Zeugen sind keine Kriminellen. Sie sind nirgends in der Welt irgendwie politisch oder subversiv tätig, sondern beschränken ihr Wirken ausschließlich auf ihre Gottesanbetung.“ Der Brief schloss mit einem Appell an die Regierung, „den leidenden Zeugen Jehovas Erleichterung zu gewähren“.

In dem Schreiben an Präsident Ceauşescu wurde erklärt, dass Jehovas Zeugen in Rumänien „nicht die in der rumänischen Verfassung vorgesehene Religionsfreiheit“ genossen, sondern Gefahr liefen, verhaftet und grausam behandelt zu werden, wenn sie mit anderen über ihren Glauben sprachen oder sich zum Bibelstudium versammelten. Ferner wurde auf eine kurz vorher erlassene Amnestie aufmerksam gemacht, die vielen Brüdern die Freiheit gebracht hatte. Man habe gehofft, dass auch für Jehovas Zeugen „eine neue Ära anbrechen“ würde, so der Brief. „Doch leider hat sich diese Erwartung nicht erfüllt. Aktuelle Berichte aus ganz Rumänien bestätigen ein und dieselbe traurige Tatsache: Jehovas Zeugen sind nach wie vor Zielscheibe staatlicher Verfolgung. Ihre Häuser werden durchsucht, Druckerzeugnisse beschlagnahmt, Männer und Frauen verhaftet und verhört, manche zu jahrelanger Haft verurteilt und manche grausam behandelt — und das alles, weil sie das Wort unseres Gottes Jehova lesen und predigen. So etwas ist dem guten Ruf eines Landes nicht zuträglich, und wir sind tief besorgt über das, was Jehovas Zeugen in Rumänien widerfährt.“

Dem Schreiben wurden zwei Bücher beigelegt: Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt in Rumänisch und Ewiges Leben — in der Freiheit der Söhne Gottes in Deutsch.

Die Lage der Zeugen Jehovas besserte sich allmählich, nachdem Rumänien im Jahr 1975 die Schlussakte von Helsinki der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa unterzeichnet hatte. Sie sollte Menschenrechte und Grundfreiheiten — einschließlich Religionsfreiheit — garantieren. Von da an wurden nur noch Wehrdienstverweigerer verhaftet und inhaftiert.

Im Jahr 1986 wurde in einer neuen Verfassung festgelegt, dass niemand — auch keine Amtspersonen — eine Privatwohnung ohne Erlaubnis des Bewohners betreten darf, außer in bestimmten gesetzlich festgelegten Fällen. Nun konnten sich die Brüder beim Gedächtnismahl und bei anderen christlichen Zusammenkünften in Privathäusern endlich sicherer fühlen.

Drucken im Untergrund

Während des Verbots wurde geistige Speise unter anderem auf Matrizen oder bereits in gedruckter Form heimlich nach Rumänien gebracht und dort vervielfältigt. Die Texte wurden zum Teil schon in Rumänisch oder in Ungarisch geliefert, doch normalerweise mussten sie im Land erst aus dem Englischen, Französischen, Deutschen oder Italienischen übersetzt werden. Als Kuriere dienten die verschiedensten Personen, wie zum Beispiel Touristen und Studenten aus dem Ausland oder Einheimische, die von einer Reise zurückkehrten.

Die Securitate versuchte mit allen Mitteln, die Kuriere abzufangen und herauszubekommen, wo in Rumänien Literatur hergestellt wurde. Mit großer Vorsicht arbeiteten die Brüder in verschiedenen Städten in mehreren schalldichten Privatwohnungen. Sie bauten in Häusern geheime Abteile oder Räume ein, in denen sie ihre Vervielfältigungsausrüstung aufstellten. Manche dieser Räume waren hinter Kaminen verborgen, die normalerweise mit der Wand verbunden waren. Die Brüdern bauten sie aber so um, dass man sie bewegen und dahinter zu einem versteckten Eingang gelangen konnte.

Sándor Parajdi half in Tîrgu Mureş an einem geheimen Ort beim Drucken des Tagestextes, des Königreichsdienstes, des Wachtturms und des Erwachet! mit. „An den Wochenenden arbeiteten wir bis zu 40 Stunden und legten uns abwechselnd eine Stunde schlafen“, erinnert sich Sándor. „Der Geruch von Chemikalien drang durch unsere Kleidung und unsere Haut. Als ich einmal nach Hause kam, sagte mein dreijähriger Sohn: ‚Vati, du riechst ja wie der Tagestext!‘ “

Traian Chira, der Frau und Kinder hatte, vervielfältigte und beförderte Literatur im Bezirk Cluj. Zur Vervielfältigung benutzte er ein altes, handbetriebenes Gerät — „die Mühle“ genannt —, das längst hätte ausrangiert werden müssen. Es funktionierte zwar, aber mit dem, was es von sich gab, hätte man keine Preise gewinnen können. Traian bat deshalb einen Bruder, der Mechaniker war, das Gerät zu überholen. Der Bruder schaute es sich an, aber sein ernstes Gesicht sagte alles: Die alte „Mühle“ war nicht mehr zu retten. Dann strahlte er auf einmal und sagte: „Ich kann dir eine neue bauen!“ Doch damit nicht genug. Er richtete bei einer Schwester im Keller eine Werkstatt ein und baute sich eine Drehbank. Damit machte er nicht nur ein Vervielfältigungsgerät, sondern mehr als zehn! Die neuen „Mühlen“ wurden in verschiedene Landesteile verschickt und leisteten hochwertige Arbeit.

In den 1980er Jahren wurden einige Brüder in die Bedienung von Offset-Vervielfältigungsgeräten eingewiesen, die besser waren als andere Maschinen. Der Erste, der geschult wurde, war Nicolae Bentaru, der wiederum andere anlernte. Wie so oft war die Literaturproduktion auch im Hause Bentaru ein Familienprojekt, bei dem jeder seine Aufgaben zu erfüllen hatte. Vor allem in der Zeit, als die Securitate Leute bespitzelte und Häuser durchsuchte, war es natürlich nicht einfach, solche Aktionen geheim zu halten. Es musste alles schnell gehen, und die Brüder arbeiteten am Wochenende gewöhnlich sehr lange, um die Literatur zu drucken und zu verschicken. Warum am Wochenende? Weil sie wochentags ihrer regulären Arbeit nachgingen.

Auch beim Papierkauf mussten die Brüder vorsichtig sein. Schon wenn ein Käufer ein halbes Ries (500 Bogen) verlangte, musste er angeben wofür. Die Brüder verbrauchten jedoch monatlich bis zu 40 000 Bogen! Sie mussten also im Umgang mit den Verkäufern sehr umsichtig vorgehen. Und wegen der häufigen Straßenkontrollen war auch beim Transport Vorsicht geboten.

Übersetzen — eine schwierige Aufgabe

Etliche Brüder und Schwestern in verschiedenen Teilen Rumäniens übersetzten die Literatur in Regionalsprachen, wie etwa Ukrainisch, das von einer ethnischen Minderheit im Norden gesprochen wurde. Einige Übersetzer waren Sprachlehrer, die zur Wahrheit gekommen waren, andere wiederum hatten sich selbst eine Fremdsprache beigebracht — zum Beispiel durch Sprachkurse.

Die Übersetzer schrieben anfangs ihre Texte noch per Hand in Schreibhefte, die sie dann zum Korrekturlesen nach Bistriţa, einer Stadt im Norden Rumäniens, brachten. Ein- bis zweimal im Jahr kamen die Übersetzer und die Korrekturleser zusammen, um Fragen zu besprechen. Wurden sie erwischt, war es keine Seltenheit, dass sie durchsucht, verhört, geschlagen und verhaftet wurden. Diejenigen, die verhaftet wurden, ließ man nach einigen Stunden oder Tagen frei und nahm sie dann erneut fest — immer und immer wieder, um sie einzuschüchtern. Andere wurden unter Hausarrest gestellt oder mussten sich täglich bei der Polizei melden. Nicht wenige kamen ins Gefängnis, unter anderem Dumitru und Doina Cepănaru sowie Petre Ranca.

Dumitru Cepănaru war Lehrer für Rumänisch und Geschichte und seine Frau Doina war Ärztin. Die Securitate kam den beiden irgendwann auf die Spur, nahm sie fest und schickte sie getrennt voneinander siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Doina verbrachte fünf davon in Einzelhaft. Übrigens wurden die beiden in dem erwähnten Schreiben der Weltzentrale an den rumänischen Botschafter in den Vereinigten Staaten namentlich genannt. Doina schrieb während der Haft an ihren Mann und an inhaftierte Glaubensschwestern 500 Briefe, um sie zu ermuntern.

Ein Jahr nach Dumitrus und Doinas Verhaftung wurde auch Dumitrus Mutter Sabina Cepănaru festgenommen; sie saß 5 Jahre und 10 Monate im Gefängnis. Der Einzige in der Familie, der sich noch auf freiem Fuß befand — wenn auch von der Securitate scharf überwacht —, war Sabinas Ehemann, der ebenfalls ein Zeuge Jehovas war. Er besuchte regelmäßig alle drei Familienmitglieder, obwohl er sich dadurch selbst in große Gefahr brachte.

Im Jahr 1938 wurde Petre Ranca Sekretär des rumänischen Büros der Zeugen Jehovas. Diese Aufgabe — ganz zu schweigen von seiner Tätigkeit als Übersetzer — machte ihn zu einem besonders gesuchten Mann. 1948 kam ihm die Securitate auf die Spur, nahm ihn wiederholt fest und stellte ihn 1950 zusammen mit Martin Magyarosi und Pamfil Albu vor Gericht. Er wurde beschuldigt, einem angloamerikanischen Spionagering anzugehören und musste 17 Jahre in einigen der schlimmsten Gefängnisse des Landes zubringen, und zwar in Aiud, Gherla und Jilava; außerdem wurde er im Bezirk Galaţi 3 Jahre unter Hausarrest gehalten. Trotz allem gab dieser treue Bruder im Dienst für Jehova sein Bestes, bis er am 11. August 1991 seinen irdischen Lauf beendete.

Der liebevolle Einsatz solcher Bewahrer der Lauterkeit erinnert uns an die Worte: „Gott ist nicht ungerecht, dass er eure Arbeit und die Liebe vergessen würde, die ihr seinem Namen gegenüber erzeigt habt, indem ihr den Heiligen dientet und noch dient“ (Heb. 6:10).

Kongresse im Freien

In den 1980er Jahren versammelten sich die Brüder bei Hochzeiten, Beerdigungen und anderen Anlässen erstmals in größeren Gruppen — mitunter zu Tausenden. Bei Hochzeiten zum Beispiel stellten sie an einem passenden Ort in der Umgebung ein großes Zelt auf und schmückten es mit schönen Teppichen aus, in die biblische Szenen und Bibeltexte eingewebt waren. Für die vielen „Gäste“ wurden Tische und Stühle aufgestellt und hinter dem Podium hing ein Plakat mit dem überdimensionalen Schriftzug Der Wachtturm und dem Jahrestext. Die Verkündiger vor Ort sorgten gemäß ihren Mitteln für Verpflegung. So konnten die Anwesenden in zweierlei Hinsicht Festmahl halten — buchstäblich und geistig.

Das Programm begann mit einer Hochzeits- oder einer Beerdigungsansprache und ging dann mit Vorträgen über verschiedene biblische Themen weiter. Da die Redner manchmal nicht rechtzeitig da sein konnten, standen immer befähigte Brüder zum Einspringen bereit; diese hatten normalerweise keine gedruckten Dispositionen, sondern gebrauchten nur die Bibel.

Im Sommer strömten Städter in Scharen zur Erholung aufs Land, darunter auch Zeugen Jehovas. Letztere nutzten die Ausflüge jedoch dazu, in Wäldern und auf Bergen kleine Kongresse abzuhalten. Dabei wurden sogar biblische Dramen in Kostümen aufgeführt.

Ein weiterer beliebter Ferienort war das Schwarze Meer, das auch für Taufen ideal war. Wie wurden Neue untergetaucht, ohne dass es auffiel? Das geschah zum Beispiel bei einer Art Spiel. Die Taufbewerber und einige getaufte Verkündiger standen im Wasser im Kreis und spielten Ball. Der Redner stellte sich in die Mitte, hielt die Ansprache und dann wurden die Taufbewerber untergetaucht — ganz unauffällig natürlich.

Ein Saal für Imker

Im Jahr 1980 hatten die Brüder in Negreşti-Oaş, einer Stadt in Nordwestrumänien, eine geniale Idee, wie sie die Baugenehmigung für einen Königreichssaal bekommen könnten. In Rumänien wurde damals die Bienenzucht staatlich gefördert. Einige Brüder, die Bienenstöcke hatten, kamen auf den Gedanken, am Ort einen Imkerverein zu gründen, was sie zum Bau eines Versammlungsgebäudes berechtigen würde.

Nachdem sie sich mit den Ältesten im Kreis beraten hatten, ließen sich die Brüder bei der rumänischen Bienenzüchtervereinigung eintragen und reichten bei der Stadt den Bauantrag für ihr Versammlungsgebäude ein. Anstandslos wurde ihnen ein 34 Meter langes und 14 Meter breites Gebäude aus Holz genehmigt. Begeistert zogen die Imker und ihre vielen Helfer das Projekt in drei Monaten durch. Vertreter der Stadt sagten ihnen sogar noch eigens dafür Dank!

Da die Eröffnungsversammlung gut besucht sein und mehrere Stunden dauern würde, beantragten die Brüder, das Gebäude für ein Erntefest nutzen zu dürfen, was ihnen auch genehmigt wurde. Zu dem Anlass kamen über 3 000 Zeugen aus allen Landesteilen. Vertreter der Stadt wunderten sich, wie viele bei der Getreideernte helfen und hinterher gemeinsam „feiern“ wollten.

Die Feier erwies sich für die Versammelten natürlich als eine geistige Bereicherung. Dem offiziellen Zweck des Gebäudes entsprechend, wurden bei dem Programm oft Bienen erwähnt — allerdings im geistigen Kontext. Die Redner betonten den Fleiß der Bienen, ihre Navigations- und Organisationsfähigkeiten, wie sie sich zum Schutz des Bienenstocks mutig aufopfern und vieles andere mehr.

Von jenem Tag an wurde der „Bienensaal“, wie ihn die Brüder nannten, noch bis drei Jahre nach Ende des Verbots genutzt.

Zonenaufseher helfen, die Einheit zu fördern

Die Kommunisten versuchten jahrzehntelang mit allen Mitteln, die Kommunikation innerhalb des Volkes Gottes zu unterbinden und Zweifel und Uneinigkeit zu säen. Wie schon erwähnt, hatten sie dabei auch einen gewissen Erfolg. Manche Unstimmigkeiten zogen sich bis in die 1980er Jahre hin. Doch die Besuche von Zonenaufsehern sowie der politische Klimawandel schufen hier Abhilfe.

Gerrit Lösch, der früher im österreichischen Zweigkomitee war und heute der leitenden Körperschaft angehört, kam ab Mitte der 1970er Jahre mehrere Male nach Rumänien. 1988 reisten Theodore Jaracz und Milton Henschel als Vertreter der leitenden Körperschaft zweimal dorthin, begleitet von Bruder Lösch und Jon Brenca, der damals noch zur Bethelfamilie in den Vereinigten Staaten gehörte und ihnen als Dolmetscher diente. Die ermunternden Besuche dieser Männer hatten zur Folge, dass Tausende von Brüdern, die sich vom Gros des Volkes Jehovas getrennt hatten, wieder vertrauensvoll zur Herde zurückkehrten.

Nach und nach stellten sich immer stärkere politische Veränderungen ein, die den kommunistischen Teil Europas bis in die Grundfesten erschütterten und Ende der 1980er Jahre darin gipfelten, dass die meisten dieser Regime zusammenbrachen. In Rumänien spitzte sich die Lage 1989 zu, als das Volk gegen die kommunistische Führung aufbegehrte. Am 25. Dezember wurden der Parteichef Nicolae Ceauşescu und seine Frau hingerichtet. Im Jahr darauf wurde eine neue Regierung eingesetzt.

Endlich Freiheit!

Während sich die politische Landschaft in Rumänien veränderte, blieben Jehovas Zeugen wie immer strikt neutral. Den seinerzeit 17 000 Zeugen im Land brachten die Veränderungen Freiheiten, von denen die meisten bis dahin nur geträumt hatten. Das Landeskomitee schrieb: „Nach 42 langen Jahren sind wir froh, einen erfreulichen Bericht über die Tätigkeit in Rumänien senden zu können. Wir sind unserem liebevollen Vater, Jehova Gott, dankbar, der die inbrünstigen Gebete von Millionen von Brüdern erhört und diese erbarmungslose Verfolgung beendet hat.“

Am 9. April 1990 wurde die Religionsorganisation der Zeugen Jehovas in Rumänien rechtlich anerkannt und sofort liefen Vorbereitungen für landesweite Kreiskongresse an. Zu diesen kamen mehr als 44 000 Personen, also gut das Doppelte der mittlerweile schon rund 19 000 Verkündiger. Wie der Predigtdienstbericht von damals zeigt, hatten Jehovas Zeugen zwischen September 1989 und September 1990 eine Mehrung von 15 Prozent!

In jenen Jahren wurde das Werk noch unter der Leitung des österreichischen Zweiges von einem Landeskomitee beaufsichtigt. 1995 bekam Rumänien dann nach 66 Jahren wieder ein eigenes Zweigbüro.

In wirtschaftlicher Not unterstützt

Anfang der 1980er Jahre befand sich die rumänische Wirtschaft auf Talfahrt und Konsumgüter waren knapp. Als mit dem Sturz der kommunistischen Regierung dann auch die Wirtschaft zusammenbrach, machte das Volk schlimme Zeiten durch. Jehovas Zeugen in Österreich, Ungarn, der damaligen Tschechoslowakei und dem ehemaligen Jugoslawien reagierten auf diese Entwicklung und schickten ihren Brüdern in Rumänien mehr als 70 Tonnen Lebensmittel und Kleidung, wovon ein Teil unter Nachbarn verteilt wurde, die keine Zeugen waren. In einem Bericht hieß es: „Jedes Mal, wenn die Brüder jemand halfen, ergriffen sie die Gelegenheit, ein gründliches Zeugnis zu geben.“

Neben materiellen Gütern erhielten die Brüder auch Lastwagen voll geistiger Speise. Viele waren bei diesem Überfluss zu Tränen gerührt, hatten sie doch vorher gewöhnlich nicht mehr als vielleicht einen Wachtturm pro Gruppe gehabt. Ab 1. Januar 1991 erschien der Wachtturm in Rumänisch zudem vierfarbig und simultan mit der englischen Ausgabe! Diese Änderungen ließen die Zeitschriftenabgabe im Gebiet rasant ansteigen.

Von Gesprächskreisen zu regelmäßigen Zusammenkünften

In der Verfolgungszeit konnten bestimmte Zusammenkünfte, wie etwa die Theokratische Predigtdienstschule, nicht auf die übliche Art und Weise abgehalten werden. Die Brüder trafen sich stattdessen in kleinen Gruppen, um den zu behandelnden Stoff zu lesen und zu besprechen. Von den jeweiligen gedruckten Publikationen hatten sie in der Regel nur eine oder einige wenige Ausgaben zur Verfügung.

„Das Buch Leitfaden für die Theokratische Predigtdienstschule wurde 1992 in Rumänisch gedruckt“, erzählt Jon Brenca, der heute zum rumänischen Zweigkomitee gehört. „Bis dahin hatten nur wenige Brüder ein im Land gedrucktes Exemplar. Ab 1991 schulten wir Älteste, wie die Theokratische Predigtdienstschule abgehalten und Rat gegeben wird. Die Ältesten hatten jedoch oft Bedenken, von der Bühne Rat zu erteilen, wie es damals noch üblich war. Manche sagten: ‚Die Brüder sind bestimmt verärgert, wenn wir ihnen vor anderen Rat geben.‘ “

Auch manches Missverständnis gab es noch. Als zum Beispiel im Jahr 1993 ein Absolvent der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung eine Versammlung besuchte, kam ein Ältester mit dem Schulprogramm auf ihn zu, in dem es hieß, dass größere Versammlungen eine zweite Klasse einrichten könnten. In der Meinung, die zweite Klasse sei nur für Fortgeschrittene, fragte der Älteste: „Ob wir wohl auch bald so eine Klasse einrichten können? Wir haben fähige Brüder, die aufsteigen könnten.“ Der Besucher stellte die Angelegenheit freundlich klar.

„Durch die Kreiskongresse haben die Brüder viel gelernt“, erklärt Bruder Brenca, „denn dort wird ja eine vorbildliche Theokratische Predigtdienstschule unter der Leitung des Bezirksaufsehers abgehalten. Aber es hat doch ein paar Jahre gedauert, bis sich jeder auf die neue Einrichtung eingestellt hat.“

Seit 1993 finden in Rumänien auch Pionierdienstschulen statt, die Tausenden von Pionieren geholfen haben, geistige Fortschritte zu machen und bessere Prediger zu werden. In Rumänien Pionier zu sein, ist wirklich nicht einfach, denn man bekommt fast keine Teilzeitstelle. Trotzdem standen im Jahr 2004 über 3 500 Brüder und Schwestern in irgendeiner Form des Vollzeitpredigtdienstes.

Hilfe für reisende Aufseher

Die Brüder Roberto Franceschetti und Andrea Fabbi aus dem italienischen Zweig wurden 1990 nach Rumänien geschickt, um bei der Reorganisation des Werkes zu helfen. „Ich war damals 57“, erzählt Bruder Franceschetti. „Wegen der Wirtschaftslage in Rumänien war die neue Zuteilung für meine Frau Imelda und für mich nicht gerade einfach.

Als wir am 7. Dezember 1990 um 7 Uhr abends in Bukarest ankamen, herrschten dort 12 Grad minus und eine Schneedecke lag über der Stadt. In der Stadtmitte trafen wir Brüder, die wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit fragten. ‚Da müssen wir erst mal schauen‘, sagten sie. Eine junge Dame, deren Mutter und Großmutter Zeugen Jehovas waren, bekam zufällig unser Gespräch mit und lud uns sofort zu sich ein. Dort blieben wir ein paar Wochen, bis wir in der Stadt eine geeignete Wohnung fanden. Die einheimischen Brüder standen uns auch emotionell bei und ermunterten uns, sodass wir uns leichter einleben konnten.“

Roberto, der 1967 die 43. Klasse der Gileadschule absolviert hatte, verbrachte zusammen mit seiner Frau fast 9 Jahre in Rumänien, und die beiden ließen die Brüder an ihrer jahrzehntelangen Erfahrung im Dienst Jehovas großzügig teilhaben. „Im Januar 1991“, so erzählt Roberto, „beraumte das Landeskomitee eine Zusammenkunft mit allen reisenden Aufsehern an — 42 an der Zahl. Die meisten dienten in kleinen Kreisen von jeweils sechs oder sieben Versammlungen. Sie hatten bis dahin — normalerweise ohne ihre Frau — an zwei aufeinander folgenden Wochenenden jeweils eine Versammlung besucht. Die Kreisaufseher waren damals noch berufstätig, um für ihre Familie zu sorgen und bei den Behörden nicht aufzufallen. Von nun an sollte es den Brüdern aber möglich sein, wie die Kreisaufseher in anderen Ländern, jeder Versammlung von Dienstag bis Sonntag zu dienen.

Nachdem ich das erklärt hatte, sagte ich zu den 42 Brüdern: ‚Wenn ihr gern weiter als reisende Aufseher dienen möchtet, hebt bitte die Hand.‘ Nicht ein Einziger meldete sich! Innerhalb von ein paar Minuten hatten wir alle reisenden Aufseher im Land verloren! Einige änderten allerdings ihre Meinung, nachdem sie die Sache unter Gebet nochmals überdacht hatten. Außerdem kamen uns Absolventen der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und den Vereinigten Staaten zu Hilfe.“

Jon Brenca, ein gebürtiger Rumäne, der 10 Jahre im Bethel in Brooklyn gedient hatte, wurde nach Rumänien versetzt, wo er zunächst als Kreis- und Bezirksaufseher tätig war. Er erinnert sich: „Im Juni 1991 begann ich als Bezirksaufseher mit den Kreisaufsehern zusammenzuarbeiten, die bereit waren, ihre ganze Zeit in diesem Dienst einzusetzen. Ich stellte schnell fest, dass nicht nur sie gewaltig umdenken mussten — auch die Versammlungen hatten ihre Startschwierigkeiten. Einige Älteste meinten: ‚Die Verkündiger werden den Predigtdienst nicht täglich unterstützen können.‘ Aber alle gaben sich einen Ruck und passten sich der Änderung an.“

Auch die Königreichsdienstschule und die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung waren den Brüdern eine große Hilfe. Bei einer Königreichsdienstschule in Baia Mare kam ein Ältester mit Tränen in den Augen zu einem der Unterweiser und sagte: „Jetzt bin ich schon so viele Jahre Ältester, aber nun habe ich erst richtig verstanden, wie man Hirtenbesuche macht. Ich bin der leitenden Körperschaft dankbar, dass sie uns so wunderbar informiert.“

Die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung war den Brüdern in Rumänien zwar ein Begriff, aber sie hielten es für einen Wunschtraum, auch in ihrem Land eine zu haben. Man kann sich ihre Begeisterung vorstellen, als sich dieser Traum 1999 erfüllte und die erste Klasse den Unterricht aufnahm! Seither haben acht weitere Klassen stattgefunden, an denen auch rumänischsprachige Brüder aus den Nachbarländern Moldawien und Ukraine teilnahmen.

„Ich habe die Wahrheit gefunden!“

Obwohl in Rumänien heute vielen Menschen regelmäßig Zeugnis gegeben wird, leben etwa 7 Millionen — ein Drittel der Bevölkerung — in nicht zugeteiltem Gebiet. In manchen Gegenden ist die gute Botschaft überhaupt noch nicht gepredigt worden, das heißt, die Ernte ist noch groß (Mat. 9:37). Allgemeine Pioniere, Sonderpioniere und Älteste sind dem Bedarf gefolgt und in nicht zugeteilte Gebiete gezogen. So konnten weitere Gruppen gebildet und Versammlungen gegründet werden. Außerdem lud das Zweigbüro Versammlungen ein, im Rahmen besonderer Aktionen nicht zugeteilte Gebiete zu bearbeiten. Solche Aktionen haben sich in Rumänien wie auch anderswo als sehr fruchtbar erwiesen.

Eine 83-jährige Frau in einem abgelegenen Dorf erhielt von einer ihrer Töchter eine Wachtturm-Ausgabe, die diese in Bukarest in einem Abfalleimer gefunden hatte. Die alte Dame las die Zeitschrift nicht nur durch, sondern schlug auch alle Bibeltexte in ihrer eigenen Bibel nach — eine Bibel, die übrigens den Namen Gottes enthielt. Als die Frau wieder einmal mit ihrer Tochter sprach, sagte sie begeistert: „Liebes, ich habe die Wahrheit gefunden!“

Auch mit dem Dorfgeistlichen sprach die Frau und fragte ihn, warum er nie Gottes Namen erwähnt habe. Er gab keine Antwort, sondern verlangte die Bibel und die Zeitschrift — leihweise —, um sie sich genauer anzuschauen. Respektvoll kam die Frau seiner Bitte nach — sie hat weder ihre Bibel noch den Wachtturm jemals wiedergesehen. Als später Zeugen Jehovas in ihrem Dorf predigten, bat sie sie herein, begann mithilfe des Erkenntnis-Buches Gottes Wort zu studieren und machte ausgezeichnete Fortschritte. Sie und ihre Töchter sind heute in der Wahrheit.

Endlich frei, sich zu versammeln!

Jehovas Zeugen in Rumänien waren überglücklich, als sie sich 1990 zu den Bezirkskongressen „Reine Sprache“ versammeln konnten. Für viele war es der erste Bezirkskongress überhaupt. Kongressorte waren Braşov und Cluj-Napoca. Zwei Wochen zuvor war eine Delegation von über 2 000 Personen nach Ungarn zu einem ungarischsprachigen Bezirkskongress in Budapest gereist. Die Kongresse in Rumänien dauerten zwar nur einen Tag, aber die Brüder waren hellauf begeistert, als Milton Henschel und Theodore Jaracz, zwei Vertreter der leitenden Körperschaft, zu ihnen sprachen. Über 36 000 Besucher waren gekommen und 1 445 ließen sich taufen — rund 8 Prozent der Verkündiger!

Für 1996 war ein internationaler Kongress unter dem Motto „Boten des göttlichen Friedens“ in Bukarest geplant. Die orthodoxe Geistlichkeit setzte jedoch alle Hebel in Bewegung, um den Kongress zu verhindern. Sie und ihre Anhänger brachten überall in der Stadt — an kircheneigenen und anderen Gebäuden sowie in Passagen — boshafte Plakate an. „Orthodoxie oder Tod“, hieß es auf einem Plakat. Auf einem anderen stand: „Wir werden von den Behörden verlangen, dass dieser Kongress abgesagt wird. KOMMT, DAMIT WIR DEN GLAUBEN UNSERER VORVÄTER VERTEIDIGEN! Möge Gott uns beistehen!“

Unter diesen Umständen kamen den Bukarester Behörden dann doch Bedenken und sie verweigerten die Genehmigung für den Kongress. Die Brüder konnten jedoch für die Zeit vom 19. bis 21. Juli Kongressstätten in Braşov und Cluj-Napoca mieten; für diejenigen, die nicht zu den großen Kongressen fahren konnten, wurden kleinere Bezirkskongresse in Bukarest und Baia Mare organisiert.

Medienvertreter waren beeindruckt davon, dass die Brüder so ruhig bleiben und so kurzfristig umplanen konnten. Trotz der Verunglimpfungen vonseiten der Geistlichkeit war daher die Medienberichterstattung am Tag vor dem Kongress positiv. Sogar die vorherigen, negativen Berichte wirkten sich gewissermaßen gut aus, denn danach war Jehovas Name in aller Munde. Ein Bruder in Bukarest sagte: „In drei Wochen haben wir eine Bekanntheit erreicht, wie es erst nach jahrelangem Zeugnisgeben im ganzen Land der Fall wäre. Die rumänisch-orthodoxe Kirche dachte, sie könnte uns aufhalten, doch in Wirklichkeit trugen ihre Bemühungen zur Förderung der guten Botschaft bei.“ Bei den Kongressen waren 40 206 anwesend und 1 679 ließen sich taufen.

Auf den Bezirkskongressen „Täter des Wortes Gottes“ im Jahr 2000 wurde zur großen Freude der Brüder die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Rumänisch freigegeben. Ein dankbarer junger Bruder sagte: „Es hat mich Jehova noch näher gebracht, als ich in meiner eigenen Bibelausgabe seinen Namen las. Ich bin Jehova und seiner Organisation von Herzen dankbar.“

Vom Bienensaal zum Kongresssaal

Mit Ausnahme des schon erwähnten Bienensaals wurden in der kommunistischen Ära keine Königreichssäle gebaut. Als das Verbot aufgehoben wurde, bestand daher ein schier unermesslicher Bedarf an Sälen. Besonders dank des Königreichssaalbaufonds konnte in den vergangenen Jahren durchschnittlich alle 10 Tage ein Königreichssaal fertig gestellt werden. Die Säle sind einfache, zweckmäßige, standardisierte Bauten aus leicht erhältlichen Baustoffen. Wie in anderen Ländern wurde auch in Rumänien durch den reibungslosen Ablauf und die Bereitschaft der freiwilligen Helfer — insbesondere bei Sälen in Schnellbauweise — Nachbarn, Geschäftsleuten und städtischen Behörden ein hervorragendes Zeugnis gegeben.

Im Kreis Mureş wollten die Brüder einen Stromanschluss für einen Saal genehmigen lassen, der noch im Bau war. „Warum denn so eilig?“, fragte ein Beamter. „Die Genehmigung ist frühestens in einem Monat durch und bis dahin haben Sie doch noch nicht so viel geschafft.“ Die Brüder wandten sich dann mit ihrem Anliegen an den Leiter der Stelle.

Auch er fragte: „Wieso die Eile? Sie haben doch gerade erst das Fundament gelegt, oder?“

„Ja“, erwiderten die Brüder, „aber das war letzte Woche. Jetzt arbeiten wir am Dach!“ Der Mann hatte verstanden und am nächsten Tag war die Genehmigung da.

Der erste Kongresssaal in Rumänien in Negreşti-Oaş bietet im Hauptsaal 2 000 Personen Platz und weiteren 6 000 in einem Auditorium im Freien. Bruder Lösch freute sich sehr, dass er eingeladen wurde, die Ansprache zur Bestimmungsübergabe zu halten — er tat das in Rumänisch. Über 90 Versammlungen aus 5 Kreisen hatten beim Bau geholfen. Noch vor der Bestimmungsübergabe fand im Juli 2003 in diesem Saal ein Bezirkskongress mit 8 572 Anwesenden statt. Man kann sich vorstellen, dass der Kongresssaal in der orthodoxen Ortsgemeinde für beträchtlichen Gesprächsstoff sorgte. Aber nicht alle Kommentare waren negativ. Sogar einige Geistliche äußerten sich lobend über die Bereitwilligkeit der Brüder.

Keine Waffe wird gegen Gottes Diener Erfolg haben

Als Károly Szabó und József Kiss im Jahr 1911 in ihre Heimat zurückkehrten, konnten sie nicht ahnen, wie sehr Jehova das durch sie in Gang gesetzte Werk segnen würde. Bedenken wir nur: In den vergangenen 10 Jahren haben sich in Rumänien ungefähr 18 500 Personen taufen lassen und die Verkündigerzahl ist auf 38 423 gestiegen. Im Jahr 2005 besuchten 79 370 das Gedächtnismahl! Um mit diesem Wachstum Schritt zu halten, wurde 1998 ein schönes neues Bethel der Bestimmung übergeben und im Jahr 2000 erweitert. Auf dem Gelände steht auch ein Komplex mit drei Königreichssälen.

Die Grundlage für diese bemerkenswerte Ausdehnung wurde allerdings in Zeiten brutalster Verfolgung gelegt, die man im Detail gar nicht schildern kann. Die Ehre für das Wachstum gebührt somit einzig und allein Jehova, in dessen schützendem Schatten seine loyalen Zeugen Zuflucht fanden (Ps. 91:1, 2). Jehova versprach im Hinblick auf seine treuen Diener: „Welche Waffe es auch immer sei, die gegen dich gebildet sein wird, sie wird keinen Erfolg haben, und welche Zunge es auch immer sei, die sich im Gericht gegen dich erheben wird, du wirst sie verurteilen. Das ist der Erbbesitz der Knechte Jehovas“ (Jes. 54:17).

Um diesen unschätzbaren „Erbbesitz“ nicht zu verlieren, sind Jehovas Zeugen in Rumänien entschlossen, die Tränen aller, die um der Gerechtigkeit willen so viel leiden mussten, zu würdigen und ihren kostbaren Glauben nachzuahmen (Jes. 43:10; Heb. 13:7).

[Kasten auf Seite 72]

Rumänien auf einen Blick

Landesnatur: Rumänien ist rund 238 000 Quadratkilometer groß, hat eine ovale Form und misst von der West- bis zur Ostgrenze etwa 720 Kilometer. Im Uhrzeigersinn von Norden ausgehend, grenzt es an die Ukraine, Moldawien, Bulgarien, Serbien und Montenegro sowie Ungarn.

Bevölkerung: Unter den rund 22 Millionen Einwohnern findet man eine Vielfalt an ausländischen und einheimischen Volksgruppen. Neben Rumänen gibt es Ungarn, Deutsche, Juden, Ukrainer, Roma und andere. Mindestens 70 Prozent der Bevölkerung gehören der rumänisch-orthodoxen Kirche an.

Landessprache: Die Amtssprache ist Rumänisch, eine romanische Sprache, die auf das Lateinische zurückgeht.

Existenzgrundlage: Etwa 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft oder der Fischerei, 25 Prozent in der Industrie, im Bergbau oder im Baugewerbe und 30 Prozent im Dienstleistungssektor.

Nahrung: Es werden unter anderem Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, Weizen und Wein angebaut. Den Großteil des Viehbestands bilden Schafe — neben Rindern, Schweinen, Geflügel und anderen Nutztieren.

Klima: Temperaturen und Niederschläge variieren je nach Region. Insgesamt herrscht gemäßigtes Klima mit vier ausgeprägten Jahreszeiten.

[Kasten auf Seite 74]

Rumäniens verschiedenartige Landschaften

Rumänien ist ein vorwiegend landwirtschaftlich geprägtes Land. Es vereinigt verschiedenartige, historische Landschaften, wie etwa die Regionen Maramureş, Moldau, Siebenbürgen und Dobrudscha. Das Gebiet Maramureş im Norden ist das einzige, in das nie Römer eingedrungen sind. Die Menschen leben dort in abgelegenen Bergdörfern, wo sie die Kultur ihrer dakischen Vorfahren bewahrt haben. Die Moldau im Osten ist für ihre Weinkeller, Mineralquellen und Klöster aus dem 15. Jahrhundert bekannt. In der Walachei im Süden liegt die größte Stadt Rumäniens, die Hauptstadt Bukarest.

Siebenbürgen, eine Landschaft im Landesinneren, besteht im Wesentlichen aus Hochland, das von dem großen Bogen der Karpaten umschlossen wird. Es gibt dort unzählige mittelalterliche Schlösser, Städte und Ruinen. Siebenbürgen ist übrigens die Heimat des legendären Dracula, der als Vampirgestalt in Romane und Filme eingegangen ist. Prototypen des Dracula waren zwei Fürsten aus dem 15. Jahrhundert: Vlad Dracul, auch „Sohn des Teufels“ genannt, und Vlad Ţepeş, dessen Tötungsmethoden ihm den Namen „Vlad der Pfähler“ eintrugen. Reisende werden natürlich gern dorthin geführt, wo diese beiden einst ihr Unwesen trieben.

Die Dobrudscha grenzt auf einer Länge von etwa 250 Kilometern an das Schwarze Meer; hier liegt das wunderschöne Donaudelta. Die Donau, der zweitlängste Fluss Europas, bildet die Südgrenze Rumäniens; über sie fließt ein Großteil des Wassers im Land ab. Das 4 400 Quadratkilometer weite Donaudelta mit seiner enormen ökologischen Vielfalt ist das größte geschützte Sumpfgebiet Europas; dort leben 300 Vogelarten, 150 Fischarten und 1 200 Pflanzenarten, von der Weide bis zur Wasserlilie.

[Kasten auf Seite 87]

Von der Anbetung des Zamolxis zur rumänischen Orthodoxie

In den Jahrhunderten vor der Zeitenwende lebten im Gebiet des heutigen Rumänien die miteinander verwandten Völker der Geten und Daker. Sie beteten Zamolxis an, wahrscheinlich eine Himmels- und Totengottheit. Heute bekennen sich indessen fast alle Rumänen zum Christentum. Wie kam es dazu?

Der Verband der Geten und Daker war für den Aufstieg Roms auf der Balkanhalbinsel eine echte Bedrohung. Ihr König, Decebal, konnte die römischen Heere sogar zweimal besiegen. Zu Beginn des 2. Jahrhunderts u. Z. gewann Rom jedoch die Oberhand und machte die Region zur römischen Provinz. Dacia, so ihr Name, war sehr reich und zog Scharen römischer Siedler an. Die heutigen Rumänen sind Nachkommen romanisierter Daker, die sich mit römischen Siedlern vermischt und von ihnen Latein gelernt hatten.

Das nominelle Christentum wurde durch Siedler, Kaufleute und Handwerker eingeführt. Sein Einfluss wurde größer, als Kaiser Konstantin im Jahr 332 u. Z. mit dem nördlich der Donau lebenden Stammesverband der Goten einen Friedensvertrag schloss.

Nach dem großen Schisma des Jahres 1054, bei dem sich Ost- und Westkirche trennten, kam das Gebiet unter den Einfluss der griechisch-orthodoxen Kirche, aus der dann die rumänisch-orthodoxe Kirche hervorging. Letztere zählte Ende des 20. Jahrhunderts über 16 Millionen Gläubige und ist damit die größte unabhängige orthodoxe Kirche auf dem Balkan.

[Kasten/Bild auf Seite 98-100]

Wir sangen unter einem Bombenhagel

Teodor Miron

Geburtsjahr: 1909

Taufe: 1943

Kurzporträt: Teodor lernte die biblische Wahrheit im Gefängnis kennen. Er verbrachte 14 Jahre in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und in kommunistischen Gefängnissen und Arbeitslagern.

Als die deutschen Truppen am 1. September 1944 den Rückzug antraten, sollten 152 Brüder, darunter auch ich, mit anderen Häftlingen vom Konzentrationslager Bor (Serbien) nach Deutschland gebracht werden. Es gab Tage, da bekamen wir überhaupt nichts zu essen. Wenn wir unterwegs etwas fanden — zum Beispiel Rüben an den Feldern neben der Straße —, dann wurde brüderlich geteilt. War einer zu schwach zum Weitergehen, wurde er von den Stärkeren auf einer Schubkarre gefahren.

Nach einiger Zeit gelangten wir zu einem Bahnhof, wo wir uns ungefähr vier Stunden ausruhen durften; anschließend mussten wir zwei offene Güterwagen entladen, in denen wir dann transportiert wurden. In den Waggons war nur Platz zum Stehen und wir hatten nichts Warmes anzuziehen — jeder hatte nur eine Decke, die er sich bei Regen über den Kopf hielt. Unter diesen Bedingungen fuhren wir die ganze Nacht hindurch. Am nächsten Morgen um 10 Uhr musste der Zug bei einem Dorf Halt machen, weil die Lok von zwei Flugzeugen bombardiert wurde. Obwohl unsere Waggons ganz vorn waren, kam keiner von uns ums Leben. Die Lok wurde ausgewechselt und es ging weiter.

Nach 100 Kilometern hatten wir an einem anderen Bahnhof zwei Stunden Aufenthalt. Dort sahen wir Männer und Frauen mit Kartoffelkörben. „Die verkaufen Kartoffeln“, dachten wir. Irrtum! Es waren unsere Glaubensbrüder und -schwestern, die von dem Transport gehört hatten und davon ausgingen, dass wir Hunger haben würden. Jeder von uns bekam drei große Pellkartoffeln, ein Stück Brot und ein bisschen Salz. Dieses „Manna vom Himmel“ gab uns für die nächsten 48 Stunden Kraft, die wir noch bis Szombathely (Ungarn) brauchten. Als wir dort ankamen, war es Anfang Dezember.

Den Winter über blieben wir in Szombathely, wo wir uns hauptsächlich von Mais ernährten, den wir unter dem Schnee fanden. Im März und April 1945 wurde diese schöne Stadt bombardiert. Auf den Straßen lagen überall verstümmelte Leichen. Viele Menschen waren unter Trümmern eingeschlossen und wir konnten manchmal ihre Hilferufe hören. Mit Spaten und anderen Werkzeugen gelang es uns, einige zu befreien.

Einmal schlugen Bomben in einem Gebäude in der Nähe unserer Unterkunft ein. Wenn Fliegeralarm war, suchte alles panikartig Schutz. Zuerst rannten auch wir los, aber nachdem wir recht bald gemerkt hatten, dass wir nirgendwo wirklich geschützt waren, blieben wir einfach, wo wir waren, und versuchten Ruhe zu bewahren. Das taten schließlich auch unsere Wachen. Sie sagten, unser Gott würde vielleicht auch sie beschützen. Am 1. April — unserer letzten Nacht in Szombathely — war der Bombenhagel so stark wie nie zuvor. Dennoch blieben wir in unserer Unterkunft, sangen Jehova Loblieder und dankten ihm für den Frieden in unserem Herzen (Phil. 4:6, 7).

Am Tag darauf sollte es in Richtung Deutschland weitergehen. Wir hatten zwei Pferdewagen und so konnten wir zu Pferd und zu Fuß etwa 100 Kilometer zurücklegen, bis wir 13 Kilometer vor der russischen Front zu einem Wald kamen. Wir übernachteten auf dem Grundstück eines reichen Grundbesitzers und am nächsten Tag ließen die Wachen uns frei. Wir waren Jehova dankbar, dass er uns sowohl geistig als auch materiell versorgt hatte. Mit Tränen in den Augen verabschiedeten wir uns und machten uns zu Fuß oder mit dem Zug auf den Weg nach Hause.

[Kasten auf Seite 107]

Tätige christliche Liebe

Im Osten Rumäniens herrschte 1946 Hungersnot. Obwohl die Zeugen Jehovas in anderen Landesteilen, in denen der Zweite Weltkrieg nicht so gewütet hatte, auch nur wenig besaßen, spendeten sie Lebensmittel, Kleidung und Geld für ihre Not leidenden Brüder. Einige Zeugen Jehovas zum Beispiel, die in einem Salzbergwerk in Sighetu Marmaţiei unweit der ukrainischen Grenze arbeiteten, kauften im Bergwerk Salz ein und verkauften es in Nachbarorten; für den Erlös kauften sie Mais. Auch die Zeugen Jehovas in Schweden, der Schweiz, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern halfen: Sie spendeten rund 5 Tonnen Lebensmittel.

[Kasten/Bild auf Seite 124, 125]

Wir prägten uns 1 600 Bibelverse ein

Dionisie Vârciu

Geburtsjahr: 1926

Taufe: 1948

Kurzporträt: Ab 1959 war Dionisie mehr als fünf Jahre in verschiedenen Gefängnissen und Arbeitslagern. Er starb im Jahr 2002.

Während der Haft durften wir mit unseren Familien in Kontakt bleiben und jeden Monat ein bis zu 5 Kilogramm schweres Päckchen erhalten. Die Päckchen wurden allerdings nur denen ausgehändigt, die ihr Arbeitspensum geschafft hatten. Die Lebensmittel wurden immer brüderlich geteilt — normalerweise in etwa 30 Portionen. Das geschah auch einmal mit zwei Äpfeln. Die Stückchen waren natürlich winzig, aber unser Hunger wurde doch ein bisschen gelindert.

Obwohl wir weder Bibeln noch Studienhilfsmittel besaßen, blieben wir geistig stark, denn wir versuchten uns an früher Gelerntes zu erinnern und erzählten es einander. Wir hatten abgemacht, dass jeden Morgen ein Bruder einen Bibelvers aus dem Kopf zitieren sollte. Dann murmelte jeder den Text vor sich hin und dachte beim morgendlichen 15- bis 20-minütigen Hofgang darüber nach. In der Zelle, wo 20 Mann auf 8 Quadratmetern zusammengepfercht waren, sprachen wir anschließend noch eine halbe Stunde darüber. Auf diese Weise schafften wir es, uns alle zusammen insgesamt 1 600 Bibelverse einzuprägen. Mittags besprachen wir andere Themen und 20 bis 30 damit verbundene Schriftstellen. Jeder bemühte sich, den Stoff im Kopf zu behalten.

Ein Bruder dachte anfangs, er sei schon zu alt, um sich noch viele Bibeltexte zu merken. Aber er hatte sich unterschätzt. Nachdem er die Texte 20-mal von uns gehört hatte, konnte auch er zu seiner großen Freude viele Schriftstellen auswendig zitieren!

Wir waren natürlich hungrig und schwach, aber in geistiger Hinsicht hat uns Jehova gut ernährt. Das Geistiggesinntsein mussten wir uns auch nach der Haft bewahren, denn wir wurden ständig von der Securitate verfolgt, die uns vom Glauben abbringen wollte.

[Kasten auf Seite 132, 133]

Vervielfältigungsverfahren

In den 1950er Jahren war das einfachste und praktischste Verfahren zur Vervielfältigung von Bibelstudienhilfsmitteln das Abschreiben per Hand — oft mit Durchschlagpapier. Das war zwar mühsam und langwierig, aber es hatte einen besonders positiven Nebeneffekt — die Abschreiber prägten sich viel von dem Inhalt ein. Wurden sie verhaftet, konnten sie damit andere im Gefängnis geistig sehr ermuntern. Auch Schreibmaschinen wurden verwendet, aber sie mussten bei der Polizei gemeldet werden und waren schwer zu bekommen.

Ende der 50er Jahre kamen Vervielfältigungsgeräte auf. Um Matrizen herzustellen, verteilten die Brüder ein Gemisch aus Leim, Gelatine und Wachs gleichmäßig dünn auf eine glatte, rechteckige Fläche — möglichst aus Glas. Mit einer speziellen selbst gemachten Tinte wurde der Text auf Papier geschrieben. Bevor die Tinte trocken war, wurde die beschriebene Seite gleichmäßig auf die Wachsfläche gepresst, sodass eine Matrize entstand. Leider hielten diese Matrizen nicht lange und man brauchte ständig neue. Außerdem stellten sie — wie auch die Abschriften per Hand — ein Sicherheitsrisiko dar, denn über die Handschrift konnte man den Schreiber herausfinden.

Von den 70er Jahren bis in die letzten Verbotsjahre bauten und betrieben die Brüder mehr als zehn tragbare, handbetriebene Vervielfältigungsgeräte. Sie waren nach einem österreichischen Modell konstruiert und die Druckformen bestanden aus kunststoffbeschichtetem Papier. Die Brüder nannten die Geräte scherzhaft „die Mühle“. Ab Ende der 70er Jahre wurden dann einige Bogenoffsetmaschinen beschafft, die zunächst jedoch nicht in Betrieb genommen wurden, weil die Brüder nicht wussten, wie man Druckplatten herstellt. 1985 begann dann ein Bruder, ein Chemieingenieur aus der damaligen Tschechoslowakei, den Brüdern die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Dadurch wurden Quantität und Qualität der Druckerzeugnisse merklich gesteigert.

[Kasten/Bild auf Seite 136, 137]

Jehova hat mich geschult

Nicolae Bentaru

Geburtsjahr: 1957

Taufe: 1976

Kurzporträt: Nicolae diente in der kommunistischen Ära als Drucker und ist jetzt mit seiner Frau Veronica im Sonderpionierdienst tätig.

Ich begann 1972 in Săcele die Bibel zu studieren und ließ mich vier Jahre später im Alter von 18 Jahren taufen. Das Werk war damals verboten und die Brüder konnten sich nur im Rahmen von Buchstudiengruppen versammeln. Trotzdem wurden wir regelmäßig mit geistiger Speise versorgt — wir hatten sogar biblische Dramen in Form von Lichtbildern mit begleitenden Tonaufnahmen.

Meine erste Aufgabe nach der Taufe bestand darin, den Projektor zu bedienen. Zwei Jahre später durfte ich dann zusätzlich für unsere Drucktätigkeit im Untergrund Papier einkaufen. 1980 lernte ich das Drucken und half bei der Produktion der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! sowie anderer Veröffentlichungen mit. Wir benutzten einen Mimeographen und ein anderes kleines, manuell betriebenes Vervielfältigungsgerät.

In der Zwischenzeit hatte ich Veronica kennen gelernt, eine tüchtige Schwester, die Jehova die Treue bewiesen hatte. Sie wurde meine Frau und war mir bei meiner Tätigkeit eine große Stütze. 1981 brachte mir Otto Kuglitsch aus dem österreichischen Zweigbüro bei, wie unsere erste Bogenoffsetmaschine zu bedienen war. 1987 nahmen wir in Cluj-Napoca eine zweite in Betrieb, und ich wurde beauftragt, die Brüder dort anzulernen.

Nach Ende des Verbots im Jahr 1990 waren Veronica und ich zusammen mit unserem Sohn Florin noch 8 Monate mit dem Drucken und Verteilen von Literatur beschäftigt. Florin half beim Kollationieren der gedruckten Seiten, die anschließend gepresst, beschnitten, gestapelt, verpackt und ausgeliefert wurden. Im Jahr 2002 erhielten wir alle drei eine Pionierzuteilung in Mizil, einer Stadt mit 15 000 Einwohnern etwa 80 Kilometer nördlich von Bukarest. Veronica und ich dienen als Sonderpioniere und Florin ist allgemeiner Pionier.

[Kasten/Bild auf Seite 139, 140]

Jehova schlug den Feind mit Blindheit

Ana Viusencu

Geburtsjahr: 1951

Taufe: 1965

Kurzporträt: Schon von früher Jugend an ging sie ihren Eltern bei der Vervielfältigung von Literatur zur Hand. Später half sie bei der Übersetzung von Veröffentlichungen ins Ukrainische mit.

Im Jahr 1968 schrieb ich eines Tages wieder einmal einen Wachtturm zum Vervielfältigen auf Papiermatrizen ab. Gedankenlos ließ ich die Matrizen auf dem Tisch liegen und ging zu einer Zusammenkunft. Als ich um Mitternacht nach Hause kam, hörte ich ein Auto vorfahren. Noch bevor ich nachsehen konnte, wer es war, kamen fünf Männer von der Securitate mit einem Durchsuchungsbefehl zur Tür herein. Der Schreck fuhr mir in die Glieder, aber ich blieb gefasst. Ich flehte zu Jehova, er möge mir doch meine Nachlässigkeit verzeihen, und versprach ihm, meine Sachen nie wieder offen liegen zu lassen.

Der leitende Polizeibeamte setzte sich genau an den Tisch, wo die Matrizen lagen, die ich nur flüchtig mit einem Tuch zugedeckt hatte, als das Auto kam. Der Mann saß einige Stunden dort, bis die Durchsuchung zu Ende war. Während er nur wenige Zentimeter neben den Matrizen seinen Bericht abfasste, rückte er das Tuch gelegentlich zurecht. In seinem Bericht notierte er, dass weder im Haus noch bei irgendwelchen Personen verbotene Literatur gefunden worden sei.

Dennoch nahmen sie Vater nach Baia Mare mit. Mutter und ich beteten inbrünstig für ihn und dankten Jehova, dass er uns in dieser Nacht beschützt hatte. Zu unserer großen Erleichterung kam Vater nach einigen Tagen wieder heim.

Wenig später war ich wieder einmal damit beschäftigt, Abschriften herzustellen, als erneut ein Wagen vor dem Haus hielt. Ich löschte das Licht und sah von dem verdunkelten Fenster aus mehrere uniformierte Männer mit blinkenden Abzeichen auf den Schulterstücken aus dem Auto steigen und in das Haus gegenüber gehen. Am nächsten Abend wurden sie von anderen abgelöst. Das bestätigte unsere Vermutung, dass es sich um Spione der Securitate handelte. Wir vervielfältigten trotzdem weiter, trugen aber unsere Sachen zur Sicherheit immer durch den Garten hinter dem Haus weg.

Vater sagte oft: „Die Straße zwischen uns und dem Feind ist wie die Wolkensäule zwischen den Israeliten und den Ägyptern“ (2. Mo. 14:19, 20). Ich habe persönlich erlebt, wie Recht er damit hatte!

[Kasten/Bild auf Seite 143, 144]

Ein beschädigter Auspuff war unsere Rettung

Traian Chira

Geburtsjahr: 1946

Taufe: 1965

Kurzporträt: Einer der Brüder, die in den Verbotsjahren für die Herstellung und den Transport von Literatur verantwortlich waren.

Eines schönen Sonntags im Sommer lud ich in aller Frühe acht Taschen Literatur in mein Auto. Da nicht alle in den Kofferraum passten, baute ich den Rücksitz aus und verstaute auch dort einen Teil. Ich legte eine Decke darüber und warf ein Kissen darauf. Nun würde es so aussehen, als wollte ich mit meiner Familie an den Strand. Vorsichtshalber deckte ich auch die Literatur im Kofferraum mit einer Decke zu.

Nachdem wir um Jehovas Segen gebetet hatten, machten wir uns zu fünft — meine Frau, unsere beiden Jungen, unsere Tochter und ich — mit der Literatur nach Tîrgu Mureş und Braşov auf den Weg. Auf der Fahrt sangen wir Königreichslieder. Nach ungefähr 100 Kilometern kamen wir zu einem Straßenabschnitt mit lauter Schlaglöchern. Die schwere Ladung drückte das Auto nach unten und irgendwann kamen wir mit dem Auspuff auf der Straße auf und er ging kaputt. Ich fuhr an die Seite und verstaute das defekte Teil im Kofferraum neben dem Ersatzrad, legte es aber auf die Decke. Dann ging es mit lautem Getöse weiter!

In Luduş hielt uns ein Polizist an, um die Fahrtüchtigkeit unseres Autos zu prüfen. Er schaute nach der Motornummer, probierte Hupe, Scheibenwischer, Licht und noch manches andere aus und wollte dann das Reserverad sehen. Auf dem Weg zum Kofferraum beugte ich mich nach vorn und flüsterte meiner Frau und den Kindern durchs Fenster zu: „Betet! Jetzt kann uns nur noch Jehova helfen.“

Als ich den Kofferraum öffnete, entdeckte der Polizist sofort das beschädigte Auspuffrohr. „Was ist denn das?“, wollte er wissen. „Dafür müssen Sie Strafe zahlen!“ Voller Genugtuung über seinen Fund schloss er die Inspektion ab. Ich machte den Kofferraum zu und seufzte erleichtert auf. Noch nie habe ich so gern Strafe gezahlt! Es gab keinen weiteren Zwischenfall und die Brüder bekamen ihre Literatur.

[Kasten/Bild auf Seite 147-149]

Eine Begegnung mit der Securitate

Viorica Filip

Geburtsjahr: 1953

Taufe: 1975

Kurzporträt: Sie begann 1986 mit dem Vollzeitdienst und gehört heute zur Bethelfamilie.

Als meine Schwester Aurica und ich Zeuginnen Jehovas wurden, mussten wir in unserer Familie einiges aushalten. Doch so schmerzlich das auch war, es gab uns Kraft für spätere Begegnungen mit der Securitate. Eine dieser Begegnungen war an einem Dezemberabend im Jahr 1988. Ich wohnte damals bei Aurica und ihrer Familie in Oradea unweit der ungarischen Grenze.

Ich war gerade auf dem Weg zu einem Bruder, der die Übersetzungsarbeiten beaufsichtigte, und hatte eine Zeitschrift in der Handtasche, die ich Korrektur las. Ich wusste nicht, dass das Haus des Bruders von der Securitate durchsucht wurde und alle, die dort wohnten oder zu Besuch kamen, verhört wurden. Nachdem ich begriffen hatte, was da vor sich ging, konnte ich die Zeitschrift zum Glück gerade noch unbemerkt verbrennen. Ich wurde dann zum weiteren Verhör zusammen mit anderen Zeugen zur Securitate gebracht.

Das Verhör dauerte die ganze Nacht. Am nächsten Tag durchsuchten sie meinen offiziellen Wohnsitz, ein Häuschen in dem nahe gelegenen Dorf Uileacu de Munte. Ich wohnte seinerzeit nicht dort, sondern das Haus diente den Brüdern als Materiallager für die Untergrundtätigkeit. Als das Material entdeckt wurde, brachte man mich wieder zur Securitate und schlug mich mit einem Gummiknüppel, um herauszubekommen, wem die Gegenstände im Haus gehörten oder wer direkt damit zu tun hatte. Ich flehte Jehova an, er möge mir doch helfen, die Schläge auszuhalten. Da überkam mich ein innerer Frieden und die Schläge taten immer nur ein paar Sekunden weh. Meine Hände waren aber bald so geschwollen, dass ich mich fragte, ob ich je wieder in der Lage sein würde, zu schreiben. Am Abend ließen sie mich gehen — völlig kraftlos, mit knurrendem Magen und ohne das kleinste bisschen Geld.

Von einem Securitate-Agenten beschattet, ging ich zum Busbahnhof. Da ich beim Verhör nicht verraten hatte, wo ich wohnte, konnte ich jetzt natürlich nicht gleich zu Auricas Haus fahren, ohne sie und ihre Familie in Gefahr zu bringen. Ich wusste weder aus noch ein, und so betete ich inbrünstig zu Jehova und sagte ihm, dass ich schrecklichen Hunger hatte und nur gar zu gern in meinem Bett schlafen würde. „Ob das zu viel verlangt ist?“, dachte ich.

Als ich zum Busbahnhof kam, fuhr gerade ein Bus ab. Obwohl ich kein Fahrgeld hatte, sprang ich schnell hinein. Der Bus fuhr zufällig in das Dorf, wo mein Haus stand. Der Mann von der Securitate hatte den Bus ebenfalls noch erwischt, und nachdem er mich gefragt hatte, wohin der Bus fuhr, war er auch schon wieder draußen. Ich folgerte daraus, dass mich jetzt ein anderer Agent in Uileacu de Munte erwarten würde. Zu meiner Erleichterung brauchte ich für die Fahrt nichts zu bezahlen. „Aber was soll ich denn in Uileacu de Munte?“, überlegte ich. Ich wollte nicht in mein Haus, denn dort hatte ich ohnehin nichts zu essen, nicht einmal ein Bett.

Während ich noch Jehova mein Herz ausschüttete, hielt der Fahrer im Außenbezirk von Oradea an, um einen Freund aussteigen zu lassen. Kurz entschlossen stieg ich mit aus. Als der Bus davonfuhr, durchströmte mich ein Glücksgefühl, und ich ging vorsichtig zur Wohnung eines mir bekannten Bruders. Bei meiner Ankunft nahm seine Frau gerade einen Topf Gulasch vom Herd — eine meiner Lieblingsspeisen. Die beiden luden mich zum Essen ein.

Etwas später, als ich mich sicher glaubte, machte ich mich auf den Weg zu Auricas Haus und legte mich dort in mein Bett. Jehova hatte mir doch tatsächlich beide Herzenswünsche erfüllt — ich hatte gut gegessen und lag in meinem eigenen Bett. Was für einen wunderbaren Vater wir doch haben!

[Kasten auf Seite 155]

Jugendliche bleiben auf Geistiges konzentriert

Junge Christen haben während der Verfolgungszeit ein lobenswertes Zeugnis der Lauterkeit abgelegt und viele haben für die gute Botschaft ihre Freiheit aufs Spiel gesetzt. Heute werden sie auf andere Weise geprüft und leider sind manche nicht wachsam geblieben. Andere dagegen haben den richtigen Blickwinkel bewahrt. So zum Beispiel eine Gruppe Sekundarschüler in Câmpia Turzii. Sie besprechen morgens in der Pause gemeinsam den Tagestext — entweder auf dem Schulhof oder auf dem Sportplatz — und manchmal gesellen sich andere Schüler dazu.

Eine junge Schwester bemerkte: „Die Tagestextbesprechung mit meinen Freunden ist für mich eine Zuflucht, ein kurzes Ausbrechen aus der Gemeinschaft mit Schülern, die Jehova nicht dienen. Und es macht mir Mut, wenn ich sehe, dass ich als Zeugin Jehovas nicht allein dastehe.“ Diese vorbildlichen jungen Leute sind von der Direktorin und einigen Lehrern gelobt worden.

[Kasten auf Seite 160]

Gesetzliche Befestigung der guten Botschaft

Am Donnerstag, den 22. Mai 2003 erließ das rumänische Kultusministerium eine Verordnung, in der erneut bestätigt wurde, dass die am 9. April 1990 gegründete Religionsorganisation der Zeugen Jehovas (Organizaţia Religioasă „Martorii lui Iehova“) als juristische Person vom Staat anerkannt sei. Jehovas Zeugen haben somit Anspruch auf alle Vergünstigungen, die das Gesetz anerkannten Religionen gewährt, wie zum Beispiel das Recht zu predigen und Königreichssäle zu bauen. Dieser Anerkennung gingen über viele Jahre hinweg zahlreiche Rechtskämpfe voraus.

[Übersicht auf Seite 80, 81]

RUMÄNIEN — EINIGE WICHTIGE ETAPPEN

1910

1911: Károly Szabó und József Kiss kehren aus den Vereinigten Staaten zurück.

1920: In Cluj-Napoca wird ein Zweigbüro eingerichtet, dem das Werk in Albanien, Bulgarien, dem früheren Jugoslawien, Rumänien und Ungarn untersteht.

1924: In Cluj-Napoca wird ein Gelände für ein Zweigbüro einschließlich einer Druckerei gekauft.

1929: Die Aufsicht wird dem deutschen Zweig und später dem Zentraleuropäischen Büro in der Schweiz übertragen.

1938: Die Regierung lässt das rumänische Zweigbüro, das nun in Bukarest liegt, schließen und versiegeln.

1940

1945: Jehovas Zeugen werden in Rumänien anerkannt.

1946: Erster Landeskongress in Bukarest mit etwa 15 000 Besuchern.

1947: In den Monaten August und September bereisen Alfred Rütimann und Martin Magyarosi Rumänien.

1949: Die kommunistische Regierung verbietet Jehovas Zeugen und beschlagnahmt das Zweig- büro samt Inventar.

1970

1973: Die Aufsicht geht vom Zweigbüro in der Schweiz auf den österreichischen Zweig über.

1988: Glieder der leitenden Körperschaft besuchen Rumänien.

1989: Zusammenbruch des kommunistischen Regimes.

1990: Jehovas Zeugen werden gesetzlich anerkannt. Kongresse finden statt.

1991: Der Wachtturm in Rumänisch erscheint vierfarbig und zeitgleich mit der englischen Ausgabe.

1995: In Bukarest wird wieder ein rumänisches Zweigbüro eingerichtet.

1999: Erste Klasse der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung in Rumänien.

2000

2000: Die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Rumänisch wird freigegeben.

2004: Bestimmungsübergabe des ersten Kongresssaals in Negreşti-Oaş.

2005: In Rumänien sind 38 423 Verkündiger tätig.

[Übersicht]

(Siehe gedruckte Ausgabe)

Gesamtzahl der Verkündiger

Gesamtzahl der Pioniere

40 000

20 000

1910 1940 1970 2000

[Karten auf Seite 73]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

POLEN

SLOWAKEI

UNGARN

UKRAINE

MOLDAWIEN

RUMÄNIEN

Satu Mare

Oradea

Arad

Negreşti-Oaş

Baia Mare

MARAMUREŞ

Brebi

Bistriţa

Topliţa

Cluj-Napoca

Tîrgu Mureş

Ocna Mureş

SIEBENBÜRGEN

Karpaten

Frătăutii

Bălcăuţi

Ivăncăuţi

Pruth

MOLDAU

Braşov

Săcele

Mizil

BUKAREST

WALACHEI

Galaţi

Brăila

Donau

DOBRUDSCHA

SERBIEN UND MONTENEGRO

BULGARIEN

MAZEDONIEN

[Ganzseitiges Bild auf Seite 66]

[Bilder auf Seite 69]

Károly Szabó und József Kiss kehrten 1911 in ihre Heimat zurück, um anderen von der Königreichsbotschaft zu erzählen

[Bild auf Seite 70]

Paraschiva Kalmár (sitzend) mit ihrem Mann und acht ihrer Kinder

[Bild auf Seite 71]

Gavrilă Romocea

[Bild auf Seite 71]

Elek und Elisabeth Romocea

[Bild auf Seite 77]

Bau des neuen Büros in Cluj-Napoca (1924)

[Bild auf Seite 84]

Als die Verfolgung zunahm, wurde Literatur unter wechselnden Titeln veröffentlicht

[Bild auf Seite 86]

Nicu Palius kam aus Griechenland, um das Werk zu unterstützen

[Bild auf Seite 89]

Zuhörer bei einem Grammophonvortrag (1937)

[Bild auf Seite 95]

Martin und Maria Magyarosi (vorn) sowie Elena und Pamfil Albu

[Bild auf Seite 102]

Kreiskongress in Baia Mare (1945)

[Bild auf Seite 105]

Plakat für den Landeskongress (1946)

[Bild auf Seite 111]

Mihai Nistor

[Bild auf Seite 112]

Vasile Sabadâş

[Bild auf Seite 117]

Abhörgerät der Securitate

[Bild auf Seite 120]

Das Arbeitslager Periprava im Donaudelta

[Bild auf Seite 133]

„Die Mühle“

[Bilder auf Seite 134]

Veronica und Nicolae Bentaru im geheimen Bunker unter ihrem Haus

[Bild auf Seite 138]

Doina und Dumitru Cepănaru

[Bild auf Seite 138]

Petre Ranca

[Bilder auf Seite 141]

Kreiskongresse in den 1980er Jahren

[Bild auf Seite 150]

Die erste Pionierdienstschule in Rumänien (1993)

[Bild auf Seite 152]

Roberto und Imelda Franceschetti

[Bilder auf Seite 156, 157]

Trotz Widerstands vonseiten der Geistlichkeit besuchten 1996 Tausende die internationalen Kongresse „Boten des göttlichen Friedens“

[Bilder auf Seite 158]

(1) Komplex mit sieben Königreichssälen in Tîrgu Mureş

(2) Rumänisches Zweigbüro in Bukarest

(3) Kongresssaal in Negreşti-Oaş

[Bild auf Seite 161]

Zweigkomitee (im Uhrzeigersinn von links oben): Daniele Di Nicola, Jon Brenca, Gabriel Negroiu, Dumitru Oul und Ion Roman