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Réunion

Réunion

Réunion

HÖCHSTWAHRSCHEINLICH waren es arabische Händler, die als Erstes auf die Insel Réunion und damit auf ein bis dahin unentdecktes tropisches Paradies stießen. Dieses grüne Juwel im tiefblauen Indischen Ozean ist so reich an Naturschönheiten und hat als Insel eine solche Vielfalt zu bieten, dass sie es mit ganzen Kontinenten aufnehmen kann. Zu ihren Kostbarkeiten gehören Strände mit vulkanischem Sand, unzählige Wasserfälle, Regenwälder, eine üppige Pracht an Wildblumen, tief eingeschnittene Täler, zerklüftete Vulkankegel, grünbewachsene, mehrere Kilometer breite Kraterkessel und ein tätiger Vulkan.

Doch damit nicht genug — viele Bewohner jener zauberhaften Insel haben noch etwas viel Schöneres entdeckt und lieben gelernt, etwas, was sich mit dem Auge allein nicht einfangen lässt: die kostbaren Wahrheiten aus Gottes Wort. Der Erste, der auf diesem Eiland vom Königreich Gottes erzählte, war Robert Nisbet, ein Missionar von der Nachbarinsel Mauritius. In den wenigen Tagen, die er im September 1955 auf Réunion verbrachte, konnte er bei vielen das Interesse an der Bibel wecken, sie mit Lesestoff versorgen und eine ganze Reihe Abonnements auf das Erwachet! aufnehmen. War jemand weiter interessiert, hielt er schriftlich mit ihm Kontakt.

Zwischen 1955 und 1960 unternahmen er und Harry Arnott in dessen Eigenschaft als Zonenaufseher mehrere kurze Abstecher zur Insel. 1959 wurde Adam Lisiak, ein Franzose polnischer Abstammung und ehemaliger Grubenarbeiter, der schon im Rentenalter war und auf Madagaskar als Pionier diente, vom französischen Zweigbüro gebeten, nach Réunion zu reisen. Er verbrachte den ganzen Dezember auf der Insel. Danach schrieb er: „Neunzig Prozent der Bevölkerung sind glühende Katholiken, trotzdem würden viele gern mehr über Gottes Wort und die neue Welt erfahren. Die Priester versuchen, die Verkündigung der Botschaft zu verhindern. Ein Mann hatte das Erwachet! abonniert und hörte, dass sich der Ortspfarrer von ihm das Buch ‚Gott bleibt wahrhaftig‘ ausleihen wollte. ‚Wenn er es haben will, braucht er ja nur zu kommen‘, meinte er. Doch der Pfarrer tauchte nie bei ihm auf.“

UNTERSTÜTZUNG AUS FRANKREICH

Damals kümmerte sich das französische Zweigbüro um das Predigtwerk auf Réunion und suchte nach Verkündigern, die in der Lage wären, auf die Insel zu ziehen. Es meldete sich die Familie Pégoud (André, Jeannine und ihr sechs Jahre alter Sohn Christian) sowie eine Verwandte von ihnen: Noémie Duray. Ihr Abreisetermin war im Januar 1961. Noémie, auch Mimi genannt, blieb zwei Jahre lang als Sonderpionierin auf Réunion, bevor sie wieder nach Frankreich zurückging.

Im Nu lernten sie viele Menschen kennen, die an der Bibel interessiert waren. In ihrem Hotelzimmer in der Hauptstadt Saint-Denis hielten sie sogar Zusammenkünfte ab. Dann zog die Familie in ein Haus um und die Zusammenkünfte fanden dort statt. Ungefähr ein Jahr später mietete die neu entstandene Gruppe in Saint-Denis einen Versammlungsraum mit circa 30 Sitzplätzen. Er befand sich in einem Holzhaus mit Wellblechdach, hatte zwei Öffnungen mit Fensterläden und eine Tür. Die Brüder durften die Innenwände einreißen, bauten eine kleine Bühne auf und stellten Holzbänke hin, allerdings ohne Lehnen.

Bei schönem Wetter entwickelte sich das Wellblechdach sonntagvormittags immer zu einem wahren Ofen. In kürzester Zeit lief allen der Schweiß nur so herunter, vor allem den Brüdern auf der Bühne, die nur wenige Zentimeter unter dem Dach standen. Obendrein war der Raum oft bis auf den letzten Platz besetzt und viele schauten von draußen durch die Tür und die Fensteröffnungen herein und hörten zu. Dadurch kam in den ohnehin stickigen Raum kein einziges Lüftchen hinein.

„MEHR GEHT FAST NICHT!“

Die unangenehme Hitze konnte jedoch der herzlichen Atmosphäre nichts anhaben, und schon nach dem ersten Jahr kamen um die 50 Personen zu den Zusammenkünften. Insgesamt gab es nun 7 Verkündiger und 47 Bibelstudien! Einige studierten sogar zweimal in der Woche. „Es macht uns sehr große Freude, aber mehr geht fast nicht!“, schrieben die Brüder.

Myriam Andrien hatte mit dem Bibelstudium schon 1961 auf Madagaskar angefangen. Sie erinnert sich noch, dass der kleine Versammlungsraum sogar als eine Art Kongresssaal genutzt wurde. Dazu fertigten die Brüder einfach einen Schatten spendenden Anbau aus Palmzweigen an. Zu den ersten Kongressen kamen bis zu 110 Personen.

Im Oktober 1961 ließen sich bei einem Kongress auf Mauritius unter anderem David Souris, Marianne Lan-Ngoo und Lucien Véchot taufen. Alle drei setzten sich sehr für das Predigtwerk ein. Im zweiten Jahr gab es bereits 32 Verkündiger, und die Pioniere hatten mindestens 30 Bibelstudien — und zwar jeder! Zu den Zusammenkünften am Sonntag kamen schließlich 100 Personen, und die Zuhörerschaft war bunt gemischt.

Unter den Indern, die auf Réunion lebten, praktizierten viele ein Mittelding zwischen Katholizismus und Hinduismus. Für manche war es nicht leicht, ihre eingefahrenen Gleise zu verlassen. Doch die Geduld und Freundlichkeit der Brüder, aber auch ihr festes Einstehen für das, was richtig ist, bewirkten oft viel Gutes. Ein Beispiel: Eine Frau studierte seit zwei Jahren die Bibel; trotzdem hatte sie die Wahrsagerei und falsche religiöse Bräuche nicht aufgegeben und lebte nach wie vor mit einem Mann zusammen. Die Pionierin, die sich ihrer angenommen hatte, beschloss, das Studium einer anderen Schwester zu übergeben, die ihr vielleicht besser helfen konnte. „Nach ein paar Monaten“, so schreibt diese Schwester, „hatte die Frau etliches viel besser begriffen, und zu meiner großen Freude hörte sie mit dem Spiritismus auf. Nur das mit dem Heiraten war noch ein Problem. Ihr Freund wollte sich einfach nicht binden, sagte sie. Letzten Endes entschied sie sich für ihren Freund, und mir blieb nichts anderes übrig, als das Studium einzustellen.

Eines schönen Tages traf ich sie auf der Straße und sie fragte mich, ob sie das Bibelstudium nicht wieder aufnehmen könnte. Ich sagte ihr, das ginge schon, sie müsse nur beweisen, dass sie es tatsächlich ernst meine, und das, was sie bereits wisse, auch wirklich umsetzen. Ich gab ihr den Rat, darüber mit Jehova im Gebet zu reden. Das machte sie und fand daraufhin den Mut, mit ihrem Freund offen und ehrlich über das Thema zu sprechen. Zu ihrer großen Freude war er mit der Heirat einverstanden. Und nicht nur das: Von da an kamen sie als frisch vermähltes Paar sogar gemeinsam in die Zusammenkünfte.“

1963 stieg die Zahl der Verkündiger elfmal an; zuletzt waren es 93. Auf Réunion gab es derweil zwei Versammlungen und eine Gruppe. Die erste Taufe hatte im Dezember 1962 am Strand von Saint-Gilles-les-Bains stattgefunden. Dabei ließen sich 20 Personen taufen. Bei der zweiten Taufe im Juni 1963 waren es 38. Noch im Jahr 1961 kamen auf einen Verkündiger 41 667 Einwohner. Doch schon drei Jahre später hatte sich das Verhältnis auf 1:2 286 verkleinert. Die Insel war wirklich reif für die Botschaft der Bibel und Jehova ließ das Wort dort kontinuierlich wachsen (1. Kor. 3:6).

MIT DER KÖNIGREICHSBOTSCHAFT INS INSELINNERE

Bis zum Jahr 1965 — gerade einmal vier Jahre nach Eintreffen der ersten Familie auf der Insel — war die Versammlung in Saint-Denis auf über 110 Verkündiger angewachsen und arbeitete ihr Gebiet alle drei Wochen (!) durch. In anderen Regionen war dagegen noch gar nicht gepredigt worden. Wie konnte man das ändern? Die Brüder mieteten Busse und fuhren zum Predigen in die anderen Küstenstädte wie Saint-Leu, Saint-Philippe und Saint-Pierre.

Die Fahrt dorthin dauerte zum Teil Stunden, deshalb fuhren die Brüder gleich frühmorgens los. Die Straßen waren zumeist eng, steil und kurvig. So war man von Saint-Denis bis nach Le Port, eine Strecke, für die man heute eine Viertelstunde braucht, geschlagene zwei Stunden unterwegs — nervenaufreibende Stunden. „Auf dieser Straße benötigte man Glauben“, erinnert sich ein Bruder. Die Gefahr durch Steinschlag ist auch heute noch gegeben. Mancherorts ragen die Felswände fast senkrecht nach oben, und bei starkem Regen stürzen hin und wieder tonnenschwere Felsbrocken auf die Straßen herunter. Dadurch sind im Lauf der Jahre etliche Menschen ums Leben gekommen.

„Ich war damals etwa acht Jahre alt“, erzählt Christian Pégoud, „und unsere Gruppe gab in den abgelegenen Gebieten immer zwischen 400 und 600 Erwachet!-Ausgaben ab. Der Wachtturm war zu der Zeit verboten. Einige Ehemänner, die keine Zeugen Jehovas waren, uns jedoch mochten, kamen mit ihren Frauen mit und genossen den Tagesausflug, gingen aber natürlich nicht mit predigen. Nach dem Dienst wurde gepicknickt — für uns Kinder eine feine Sache. Diese Sonderaktionen haben mein Leben ganz sicher entscheidend mitgeprägt.“

ORGANISATORISCHE VERÄNDERUNGEN KURBELN DAS WERK AN

Im Mai 1963 kam Milton G. Henschel als erster Vertreter der Weltzentrale nach Réunion und hielt einen Vortrag vor 155 Zuhörern. Nach seinem Besuch wurden vier Sonderpioniere ernannt, die sich um die Versammlungen kümmern und in Gebiete gehen sollten, wo bis dahin noch niemand die gute Botschaft gepredigt hatte. So wurde David Souris nach Le Port geschickt, Lucien Véchot nach Saint-André und Marianne Lan-Ngoo und Noémie Duray (jetzt Tisserand) nach Saint-Pierre.

Vom 1. Mai 1964 an war nicht mehr Frankreich, sondern Mauritius für das Werk auf Réunion zuständig. Außerdem wurde auf Réunion ein Literaturdepot eingerichtet. Die Verkündiger wurden dazu angeregt, noch mehr unerschlossenes Gebiet zu bearbeiten. Und die Brüder wurden angespornt, in der Versammlung Dienstämter zu übernehmen, damit all die Neuen gut betreut werden konnten. Wie zum Beispiel die 57, die sich im Dienstjahr 1964 taufen ließen — 21 davon auf einem einzigen Kongress!

Im Jahr zuvor hatte die Gruppe in Saint-André beantragt, Versammlung zu werden. In dem Antrag hieß es: „Bis Ende Juni 1963 werden wir 12 getaufte Verkündiger haben, und in den beiden Monaten danach werden wohl noch 5 bis 6 Verkündiger dazukommen. Die Brüder haben momentan 30 Bibelstudien.“ Der Antrag wurde bewilligt und zwei Brüder nahmen sich der Versammlung an — Jean Nasseau als Versammlungsdiener (oder vorsitzführender Aufseher) und Lucien Véchot als sein Gehilfe. Beide waren noch keine zwei Jahre Zeugen Jehovas.

Der damals 38-jährige Jean war Fachschullehrer und ein exzellenter Baufachmann. Dieser ebenso großherzige wie stattliche Mann ließ sich im Jahr 1962 taufen und brachte genau das richtige Können und die nötige Tatkraft mit, um das Predigtwerk voranzutreiben. Ihm ist zum Beispiel der zweite Königreichssaal auf Réunion zu verdanken, den er auf eigene Kosten auf seinem Privatgrundstück in Saint-André bauen ließ. In dem stabilen, hübschen Holzhaus hatten über 50 Personen bequem Platz. Inzwischen gibt es in dem Gebiet, um das sich die Gruppe von Saint-André ursprünglich gekümmert hat, acht Versammlungen. Jean blieb Jehova bis zu seinem Tod im Jahr 1997 treu.

Eine dritte Gruppe entstand in der Hafenstadt Le Port, zu der auch Interessierte aus Saint-Paul zählten, das ungefähr acht Kilometer südlich liegt. Le Port war damals ein Ort mit einfachen Holzhäusern, eingezäunt von Bleistiftsträuchern (kakteenähnliche, aber dornenlose Pflanzen). Eins dieser Häuser wurde von David Souris gemietet und als Versammlungsort genutzt. Im Dezember 1963 fragte die Gruppe an, ob sie eine Versammlung werden könne. Sie bestand aus 16 Verkündigern, 8 davon getauft — alle predigten im Monat durchschnittlich 22,5 Stunden. Allein David und sein Gehilfe hatten 38 Bibelstudien! Als der Kreisaufseher im selben Monat zu Besuch kam, hörten sich 53 Personen seinen öffentlichen Vortrag an.

Nach Le Port geschickt wurde außerdem das Sonderpionierehepaar Christian und Josette Bonnecaze. Christian hatte sich in Französisch-Guayana taufen lassen, war als Einziger in seiner Familie Zeuge Jehovas und war Anfang der 1960er Jahre als Lediger nach Réunion gekommen. Bruder Souris war so lieb gewesen, extra für Christian und Josette aus seinem Haus auszuziehen. Doch da in dem Haus ja die Zusammenkünfte stattfanden und die Versammlung im Lauf der Zeit immer größer wurde, mussten auch die beiden schließlich ausziehen!

Mittlerweile hetzten die Geistlichen in diesem vorwiegend katholischen Gebiet gegen die Zeugen. Die Verkündiger wurden oft von Kindern und Jugendlichen mit Steinen beworfen. Und nachts warf man ihnen Steine aufs Dach.

Raphaëlla Hoarau, die gerade erst mit dem Bibelstudium angefangen hatte, kannte einige der Jugendlichen. Als die Jugendlichen mal wieder mit Steinen warfen, folgte sie den Übeltätern nach Hause. „Wenn ihr noch einmal nach meinem Bruder Steine werft“, sagte sie, „bekommt ihr es mit mir zu tun.“

„Entschuldigung, Madame Hoarau“, antworteten sie. „Wir haben nicht gewusst, dass das Ihr Bruder ist.“

Raphaëlla und ihre drei Töchter wurden Zeugen Jehovas. Yolaine, eine ihrer Töchter, heiratete später Lucien Véchot.

Obwohl die Geistlichen gegen die Zeugen Stimmung machten, entstand in Le Port dank der Hingabe der Brüder und dem Segen Gottes eine eifrige Versammlung und der Saal war bald zum Bersten gefüllt. Oft waren viel mehr Zuhörer draußen als drinnen. Wo es nur ging, wurden Stühle aufgestellt, sogar auf der Bühne; und die Kinder saßen auf dem Bühnenrand, mit dem Gesicht zur Zuhörerschaft. Irgendwann konnten die Brüder jedoch einen schönen Königreichssaal bauen und heute gibt es in der Gegend sechs Versammlungen!

PIONIERE MACHEN ES DEN ANDEREN VOR

Eine der ersten Pionierinnen auf Réunion war Annick Lapierre. „Annick hat mir und Mutter die Bibel näher gebracht“, erinnert sich Myriam Thomas. „Sie hat mich sehr für den Predigtdienst begeistert, und ich habe ihr gesagt, dass ich gern Pionier werden würde. Nach sechs Monaten ließ ich mich taufen. Damals war die ganze Insel unser Gebiet, und da es keine Busse und nur wenige Autos gab, waren wir in der Regel zu Fuß unterwegs. Nur Bruder Nasseau hatte ein Auto und nahm uns so oft wie möglich mit in den Dienst. Wir hatten am Predigen unsere helle Freude und wir waren alle hoch motiviert.“

Henri-Lucien Grondin ist Familienvater und erzählt rückblickend: „Wir haben unsere Kinder immer zum Pionierdienst animiert. Durch die Besuche der Kreisaufseher ist uns klar geworden, wie wichtig es ist, Jehova unser Bestes zu geben. Unser Ältester, Henri-Fred, ist jetzt vierzig und hat den Vollzeitdienst zu seiner Lebensaufgabe gemacht.“

„In unserer Versammlung waren viele Jugendliche mit Feuereifer dabei“, erinnert sich Henri-Fred. „Manche waren schon getauft, andere, so wie ich, noch nicht. So oder so haben wir alle in den Schulferien sechzig Stunden gepredigt. Wir haben unsere Ziele, die wir uns für Jehova gesteckt haben, nie aus den Augen verloren, und heute bin ich mit meiner Frau Evelyne zusammen im Reisedienst.“

WIDERSTAND DURCH DÄMONEN

Spiritismus ist auf Réunion weit verbreitet. „In dem Dorf La Montagne“, so erzählt Jeannine Corino (ehemals Pégoud), „drohte mir ein Mann, eine Puppe mit Nadeln zu durchstechen und mich auf diese Weise mit einem Fluch zu belegen. Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete, und fragte eine Frau, die die Bibel studierte, was das bedeute. ‚Der Mann ist ein Hexer‘, meinte sie, ‚und er ruft die Geister an, damit sie dich verletzen.‘ Ich versicherte ihr, dass Jehova alle beschützt, die fest auf ihn vertrauen. Es erübrigt sich, zu sagen, dass mir nichts passiert ist.“

Ein Bruder weiß noch, dass seine Familie, als er klein war, spiritistische Sitzungen abhielt. 1969 lernte er dann Jehovas Zeugen kennen und begann ein Bibelstudium. Die Dämonen versuchten jedoch, ihn davon abzuhalten, und sorgten dafür, dass er in den Zusammenkünften jedes Mal taub wurde. Trotzdem kam er weiter in die Zusammenkünfte und ließ das Programm sogar aufnehmen, damit er es sich zu Hause anhören konnte. Nach nicht allzu langer Zeit ließen ihn die Dämonen in Ruhe. Kurz danach fing er mit dem Predigtdienst an (Jak. 4:7).

Roséda Caro, eine Pfingstlerin, hatte 1996 regelmäßig Gespräche über die Bibel mit Jehovas Zeugen. Sie war zuckerkrank und hatte ihr Augenlicht verloren, weil sie auf den Rat ihrer Freunde bei den Pfingstlern gehört hatte, keine Medikamente mehr zu nehmen. Ihr Mann Cledo, der sich für die kommunistische Partei am Ort engagierte, war wegen seines Jähzorns gefürchtet. Außerdem praktizierte er Hexerei, hinduistische Riten und trat später ebenfalls zu den Pfingstlern über.

Als Roséda mit dem Bibelstudium begann, war er sehr dagegen und bedrohte sogar die Ältesten der Versammlung. Aber Roséda gab nicht klein bei. Ein paar Monate später kam Cledo ins Krankenhaus und fiel ins Koma. Als er aus dem Koma wieder aufwachte, brachten ihm zwei Zeuginnen etwas Suppe vorbei. Zuerst dachte er, die Suppe sei für seine Frau.

„Nein, Monsieur Caro, die Suppe ist für Sie!“, meinten die Schwestern.

„Das hat mich sehr berührt“, erzählt Cledo im Nachhinein. „Von den Pfingstlern hatte mich keiner besucht, aber zwei der Zeugen Jehovas — ausgerechnet die Leute, denen ich so viel Ärger gemacht hatte — brachten mir etwas zu essen. ‚Diesen Jehova, den Gott meiner Frau, gibt es wirklich‘, sagte ich mir. In einem stummen Gebet bat ich darum, dass der Glaube Roséda und mich doch bitte nicht mehr trennen sollte.“

Diese demütige Bitte äußerte Cledo nicht aus einer Laune heraus. Schon vor seiner Erkrankung hatte er sich gewandelt und seiner Frau erlaubt, im Nachbarhaus die Bibel zu studieren. Eines Tages hatte er zu Roséda und der Schwester, die mit ihr die Bibel betrachtete, gemeint: „Es ist nicht gut, dass ihr euch da trefft. Macht das lieber bei uns zu Hause.“ Das ließen sich die Frauen nicht zweimal sagen. Was sie allerdings nicht wussten, war, dass Cledo ihnen vom Nachbarzimmer aus mit wachsender Begeisterung zuhörte. Als sich Cledo von seiner Krankheit wieder erholt hatte, studierte er zwei Mal in der Woche die Bibel, obwohl ihm das als Analphabet nicht leicht fiel. 1998 ließ er sich taufen. Trotz der Beschwerden, die das Alter häufig mit sich bringt, dienen Cledo und Roséda ihrem Gott treu bis auf den heutigen Tag.

INS INSELINNERE

Ein kleiner Prozentsatz der Einwohner Réunions lebt weit weg von der Küste in tiefen Tälern, die von 1 200 Meter hohen oder noch höheren Bergen umschlossen sind. Andere leben hoch oben in den weiten, grünen Kraterkesseln riesiger, aber erloschener Vulkane. Manche Einwohner bekommen selten, wenn überhaupt einmal, das Meer zu sehen. Der Kraterkessel von Mafate ist beispielsweise nur zu Fuß oder mit dem Hubschrauber zu erreichen.

In diesem Bergkessel wuchs Louis Nelaupe auf, ein Nachkomme afrikanischer Sklaven. Als junger Mann war er einer der Sänftenträger des katholischen Priesters. Schließlich zog er nach Saint-Denis und lernte dort die Wahrheit kennen. Natürlich wollte er seinen Verwandten von dem, was er jetzt glaubte, erzählen. Also machten sich Louis und seine Frau Anne mit zwei weiteren Schwestern (15 und 67 Jahre alt) eines schönen Tages im Jahr 1968 zu Fuß auf den Weg ins Inselinnere. Mit dabei hatten sie einen Rucksack, einen Koffer und eine Tasche voll Publikationen.

Zuerst folgten sie einem Flusslauf, dann stiegen sie auf einem schmalen, gewundenen Weg den Berg hinauf. Stellenweise ging es rechts und links neben ihnen steil nach oben und steil nach unten. Unterwegs machten sie bei allen Häusern Halt, um zu predigen. „In der ersten Nacht sorgte Jehova dafür“, so erzählt Louis, „dass wir bei dem einzigen Ladeninhaber weit und breit schlafen durften. Er hatte eine Hütte mit zwei Räumen und einer Küche. Am nächsten Morgen zogen wir weiter. Diesmal führte uns unser Weg über den Kamm eines 1 400 Meter hohen Berges weiter zum Vulkankrater mit Blick auf den riesigen, natürlichen Kraterkessel.

Schließlich und endlich kamen wir bei einem guten alten Freund an, der uns gastfreundlich aufnahm. Am nächsten Tag ließen wir einen Teil des Gepäcks bei ihm stehen und gingen weiter. Unterwegs konnten wir den einfachen, demütigen Menschen von der Königreichsbotschaft erzählen, die für sie völlig neu war. Unsere Wegzehrung waren kleine wild wachsende Guaven. Um 18 Uhr kamen wir bei einer unserer Verwandten an. Sie war sehr glücklich darüber, uns zu sehen, und fing sofort an, ein leckeres Hühnergericht für uns zu kochen. Irgendwie erinnerte uns das an Abraham und Sara, wie sie damals die Engel Gottes verköstigten (1. Mo. 18:1-8). Natürlich erzählten wir ihr, während sie uns bekochte, von der Bibel. Um 23 Uhr konnten wir dann endlich essen.

Am nächsten Tag, es war Donnerstag, arbeiteten wir uns einmal um den ganzen Kessel herum, stärkten uns zwischendrin mit Guaven und suchten alle Häuser auf, die wir finden konnten. Ein Mann war besonders freundlich und bot uns Kaffee an; so konnten wir etwas ausruhen — zumindest unsere Füße, wenn auch nicht unser Mund! Der Mann war zum Schluss von dem Gespräch über die Bibel so angetan, dass er uns zu allen Häusern im näheren Umkreis begleitete und unterwegs seine Mundharmonika spielte.

Zu guter Letzt waren wir wieder da, wo wir unser Gepäck zurückgelassen hatten, und blieben dort noch einmal über Nacht. Am Freitag waren wir dann spätabends wieder zu Hause. Insgesamt hatten wir vier, mitsamt unserer lieben 67 Jahre alten Schwester, gut 150 Kilometer zurückgelegt, 60 Familien besucht und über 100 Publikationen verteilt. Körperlich waren wir natürlich erschöpft, geistig dafür aber sehr erfrischt. Für mich war der Fußmarsch zum Kraterkessel von Mafate freilich auch eine Rückkehr zu meinen Wurzeln.“

AUS ZWEI VERKÜNDIGERN WERDEN FÜNF VERSAMMLUNGEN

1974 zog der mittlerweile zwanzigjährige Christian Pégoud mit seiner Mutter nach La Rivière, eine Stadt im Süden, wo es noch keine Versammlung gab. „Wir hielten in unserer Garage Zusammenkünfte ab und waren bald so um die 30“, erzählt er. „Ich hatte ein Bibelstudium mit einer Frau und deren Tochter Céline, die mit Ulysse Grondin verlobt war. Ulysse war militanter Kommunist und wollte nicht, dass seine Verlobte die Bibel studierte. Céline konnte Ulysse immerhin überreden, uns einmal anzuhören, und so besuchte Mutter ihn und seine Eltern. Zu unserer Freude hörten sie Mutter auch wirklich zu und waren sehr angetan. Die ganze Familie fing ein Bibelstudium an. 1975 ließen sich Ulysse und Céline taufen und heirateten dann auch. Ulysse wurde später Ältester.“

Christian erzählt weiter: „Neben La Rivière gehörten zu unserem Gebiet noch die Orte Cilaos, Les Avirons, Les Makes und L’Étang-Salé. In Les Makes waren sehr viele Menschen an der Bibel interessiert. Etwas oberhalb von Les Makes liegt Le Cap, ein Gebiet am Rand eines erloschenen Vulkans. Von dort aus hat man an einem klaren Morgen einen herrlichen Blick über den weiten, etwa 300 Meter darunter liegenden, grünen Kraterkessel.“

Nicht weit davon entfernt lebte auf einem kleinen Stück Land die Familie Poudroux. Der älteste Sohn der Familie, Jean-Claude, hält Rückblick: „Vater baute Gemüse an zum Verkauf auf dem Markt, und wir Kinder — meine vier Brüder, fünf Schwestern und ich — halfen ihm dabei. Er zog auch Geranien, die er destillierte. Das Destillat verkaufte er als Duftstoff für Parfüms. Wir Kinder nahmen das Gemüse meist mit, wenn wir ins fünf Kilometer entfernte Dorf zur Schule gingen. Auf dem Rückweg schleppten wir dafür manchmal etwa zehn Kilogramm Lebensmittel heim — alles auf dem Kopf.

Vater arbeitete hart und dafür respektierten wir ihn. Aber wie viele andere war er ein starker Trinker und konnte ziemlich gewalttätig werden. Meine Geschwister und ich haben zu Hause viele hässliche Situationen erlebt, und wir hatten oft Sorge, wie es mit der Familie noch weitergehen würde.“

Jean-Claude erzählt weiter: „1974 arbeitete ich als Lehrer in La Rivière. Dort sprach mich ein Pionier an. Wegen der Heucheleien und Ungerechtigkeiten in den Kirchen war ich mehr oder weniger Atheist geworden. Es beeindruckte mich jedoch, dass der Bruder alle meine Fragen mit der Bibel beantwortete. Meine Frau Nicole und ich fingen ein Bibelstudium an. Oft erzählten wir meinen Geschwistern bis in die Nächte hinein von der Bibel. Manchmal waren auch meine Eltern dabei.

Meine Brüder Jean-Marie und Jean-Michel sowie meine Schwester Roseline gesellten sich bald regelmäßig zu unserem Bibelstudium dazu. Wir fünf entwickelten einen immer festeren Glauben, wurden schließlich Verkündiger und ließen uns alle zusammen im Jahr 1976 taufen. Leider beschuldigte mich mein Vater, auf meine Geschwister einen schlechten Einfluss gehabt zu haben, und redete nicht mehr mit mir. Er wurde sogar so aggressiv, dass es besser war, ihm in der Öffentlichkeit aus dem Weg zu gehen!

Doch dann fing meine Mutter an, die Bibel zu studieren, obwohl sie Analphabetin war. Und ich freue mich, sagen zu können, dass auch Vater letztlich weicher geworden ist. Er studiert seit 2002 sogar selbst die Bibel. Heute sind 26 aus unserer Familie getauft. Darunter meine neun Geschwister und ich, unsere Ehepartner und unsere Mutter, die trotz ihres vorgerückten Alters immer noch sehr eifrig ist. Jean-Michel und Jean-Yves waren eine Weile im Reisedienst, mussten dann aber aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Beide sind Älteste und Jean-Yves ist zusammen mit seiner Frau Roséda noch Pionier. Mein ältester Sohn und ich sind ebenfalls Älteste.“

Als Christian Pégoud und seine Mutter 1974 nach La Rivière kamen, gab es dort und in den Nachbarorten keine einzige Versammlung — heute gibt es fünf. Eine davon ist in dem für seine Quellen und Thermalbäder berühmten Ort Cilaos, hoch oben im Kraterkessel von Cilaos. Wie ist die Versammlung dort entstanden? Zwei Jahre lang (1975/76) fuhren Verkündiger aus La Rivière auf einer schmalen, kurvigen Straße, die wegen Steinschlag gefürchtet war, jeden Donnerstag in das knapp 40 Kilometer entfernt liegende Cilaos, um dort bis in den späten Nachmittag hinein zu predigen. Ihre harte Arbeit hat sich gelohnt, denn heute gibt es in der Stadt ungefähr 30 Verkündiger und einen Königreichssaal.

FORTSCHRITTE IM SÜDEN

Den südlichen Teil Réunions bezeichnen die Einheimischen mit gutem Grund als den „wilden Süden“. Gegen die eher karge Küste peitschen riesige Wellen, dass die weiße Gischt nur so aufsprüht; und Réunions tätiger Vulkan, der Piton de la Fournaise (oder: Ofengipfel), gibt hier der Landschaft ihr Gepräge. Die größte Stadt in diesem Teil der Insel ist Saint-Pierre. Dorthin wurden Ende der 1960er Jahre die Sonderpioniere Denise Mellot und Lilliane Pieprzyk geschickt. Als sie immer mehr Menschen fanden, die an der Botschaft der Bibel interessiert waren, schlossen sich der Sonderpionier Michel Rivière und seine Frau Renée den beiden Schwestern an.

Einer der Ersten aus der Gegend, der die Bibel studierte, war Cléo Lapierre. Er war Baufachmann und lernte die Wahrheit aus der Bibel 1968 kennen. „Meine erste Zusammenkunft fand unter einem großen Baum statt“, sagt Cléo. „Der ‚Königreichssaal‘ war damals ein neun Quadratmeter großer Schuppen. Er sollte abgerissen und durch ein größeres Haus ersetzt werden. Bei dem Bau konnte ich dann mithelfen.“

Im selben Jahr wurde Cléo, der zur Reserveeinheit der Armee gehörte, einberufen. „Mit dem bisschen, was ich aus der Bibel wusste“, so erzählt Cléo, „erklärte ich den Behörden schriftlich meine jetzige neutrale Haltung. Ich bekam keine Antwort und ging deshalb zum Armeestützpunkt in Saint-Denis, auf der anderen Seite der Insel, um die Sache zu klären. Ein Offizier sagte mir, ich könne erst mal nach Hause gehen, solle aber schon einmal die Koffer fürs Gefängnis packen. Zu Hause betete ich viel und studierte, sooft ich konnte. Nach kurzer Zeit wurde ich zum Stützpunkt zurückbeordert. Ein Bruder begleitete mich dorthin, und ich bat ihn, eine Stunde auf mich zu warten. ‚Wenn ich bis dahin nicht zurück bin‘, meinte ich, ‚komme ich wahrscheinlich nicht mehr. Dann verkauf doch bitte mein Auto und gib meiner Frau das Geld.‘

Als ich hineinging, diskutierten die Offiziere darüber, was sie mit mir machen sollten. Nach einer Dreiviertelstunde trat ein Unteroffizier auf mich zu.

‚Ich will Sie hier nicht mehr sehen!‘, sagte er. ‚Machen Sie, dass Sie nach Hause kommen!‘

Kaum war ich ein paar Schritte gegangen, da rief er mich zurück. Sein Ton war jetzt ganz anders und er sagte: ‚Ich bewundere euch. Ich habe von Jehovas Zeugen schon in Frankreich gehört, aber Sie sind der Erste, dem ich persönlich begegnet bin.‘

Übrigens war ich damals der einzige Bruder in Saint-Pierre, also bestritt ich das gesamte Programm der Zusammenkünfte allein. Doch von Zeit zu Zeit bekam ich Unterstützung von anderen Brüdern und 1979 kamen Antoine und Gilberte Branca, ein Missionarehepaar.“

DER BAU VON KÖNIGREICHSSÄLEN

Anfangs trafen sich die Versammlungen und Gruppen gewöhnlich in Privatwohnungen und Häusern, die man leicht umgebaut hatte. Da es auf Réunion aber häufig Zyklone gibt, brauchte man stabilere Gebäude. Der Bau richtig gemauerter Häuser kostet jedoch viel Geld und Zeit. Aber Jehovas Hand ist nicht zu kurz, und nach und nach konnten immer mehr solche Königreichssäle gebaut werden (Jes. 59:1).

Als die Versammlung in Saint-Louis die Baupläne für ihren neuen Königreichssaal erhielt, lernte ein junger Bruder gerade Maurer. Er erzählte seinem Ausbilder von der Bibel und auch von dem Bauprojekt und erklärte ihm, dass der Saal von freiwilligen Helfern gebaut würde. Was löste das aus? Der Ausbilder kam mitsamt seinen Maurerlehrlingen zur Baustelle, damit sie dort praktische Erfahrung sammeln konnten. Sie halfen alle beim Ausschachten für das Fundament mit. Später stiftete er noch Stahl für das Fundament.

Die Brüder hatten den Tag, an dem die rund 190 Quadratmeter große Bodenplatte aus Beton gegossen werden sollte, auf einen Feiertag gelegt, sodass frühmorgens schon über Hundert Freiwillige voller Tatendrang dastanden. Nur hatte ausgerechnet an diesem Tag die Stadt aus irgendeinem Grund das Wasser abgedreht! Ein Bruder hatte jedoch gleich eine Idee. Er kannte den Leiter der Feuerwehr und erzählte ihm von der misslichen Lage. Daraufhin schickte dieser freundliche Mann umgehend ein Feuerwehrfahrzeug vorbei und der Wassernachschub war gesichert!

Schließlich war der Königreichssaal fertig. Ein Mann, der sich erst seit kurzem für die Bibel interessierte, war von den Brüdern und ihrer Arbeit derart beeindruckt, dass er sein Scheckheft zückte. Seine Spende reichte fast für eine komplette neue Verstärkeranlage. Die Einweihungsansprache hielt Carey Barber von der leitenden Körperschaft, der im Dezember 1988 auf Mauritius zu Besuch war. Der erste Königreichssaal in Schnellbauweise wurde 1996 in Saint-Gilles-les-Bains gebaut. Heute gibt es auf der Insel 17 Königreichssäle, die von 34 Versammlungen genutzt werden.

AUF DER SUCHE NACH EINEM KONGRESSSAAL

Es kamen so viele Neue dazu, dass man einen Kongressort finden musste, wo Platz für alle war. Das war nicht leicht. Den ersten Kreiskongress planten die Brüder 1964. Nach monatelangem Suchen fanden sie lediglich einen einzigen größeren Raum in Saint-Denis, der allerdings nur für teures Geld zu mieten war: ein Restaurant im 1. Stock eines alten Holzhauses. Nach Angaben der Besitzer konnte der Holzboden so um die 200 Leute tragen. Das war etwa die Anzahl, mit der man für den Kongress rechnete.

Den Brüdern blieb nichts anderes übrig, als das Restaurant zu mieten; ein netter Herr, der die Zeugen mochte, stellte die Lautsprecheranlage. Am Kongresstag strömten die Brüder herbei. Der Boden ächzte und stöhnte, aber er hielt. Am Sonntag waren 230 anwesend und 21 ließen sich taufen.

Kurz danach bot Louis Nelaupe (der Bruder, der im Kraterkessel von Mafate aufgewachsen war) netterweise einen Teil seines Grundstücks in Saint-Denis an, damit dort für den Übergang ein Kongresssaal entstehen konnte. Dabei handelte es sich um eine einfache, an den Seiten offene Holzkonstruktion mit einem Wellblechdach und „Wänden“ aus geflochtenen Palmblättern.

Der erste Kongress in diesem „Gebäude“ war ein dreitägiger Bezirkskongress. Myriam Andrien, die damals dabei war, erinnert sich noch: „Am ersten Tag ging es vormittags in den Dienst, und als wir zurückkamen, gab es warmes Mittagessen — ein richtiges kreolisches Gericht mit Reis, Bohnen, Huhn und scharfen Chillies. Für sensiblere Zungen hatten die Köche extra ein rougail marmaille vorbereitet: ein Kinderchili.“

Der Kongresssaal musste nach und nach erweitert werden und er diente auch als Königreichssaal. Im Lauf der Zeit zogen die Familien, die auf dem Grundstück noch zur Miete wohnten, weg. Daraufhin schenkte Louis der Versammlung sein gesamtes Grundstück. Heute steht dort ein wunderschöner Königreichssaal aus Ziegelsteinen, den sich zwei Versammlungen in Saint-Denis teilen.

Schließlich wurde in La Possession auf einem fünf Jahre zuvor gekauften Grundstück ein Kongresssaal gebaut, der 1997 fertig wurde. Er ist an den Seiten offen und in die Bühne ist ein Taufbecken mit eingebaut. Der Saal hat 1 600 Plätze und wird mindestens zwölfmal im Jahr für Bezirks- und sonstige Kongresse genutzt. Daneben steht ein Missionarheim, in dem neun Personen Platz haben. Dazu gehört noch ein Literaturdepot und ein Büro, von dem aus das Predigtwerk auf Réunion betreut wird.

WO WURDEN SONST BEZIRKSKONGRESSE ABGEHALTEN?

Bevor die Brüder ihren eigenen Kongresssaal hatten, mieteten sie für Bezirkskongresse das Olympiastadion in Saint-Paul. Doch oft mussten sie in letzter Minute umdisponieren, weil Sport- oder Kulturveranstaltungen Vorrang bekamen. Zu guter Letzt verwies die Gemeinde die Brüder auf das Messegelände neben dem Stadion, auf dem sonst Märkte und Ausstellungen stattfanden. Das Gelände war allerdings weder überdacht noch bestuhlt, und so mussten die Brüder zum Kongress ihre Stühle und Sonnenschirme selbst mitbringen. Von der Bühne aus schaute man dann nicht in ein Heer aufmerksamer Gesichter, sondern auf ein Meer bunter Schirme.

„Einmal hatte die Gemeinde das Messegelände doppelt vergeben“, schreibt das Büro von Réunion. „An uns und an eine Musikgruppe aus Martinique, die Zouk spielte — eine Mischung aus afrikanischen Rhythmen, Reggae und Calypso. Da die Veranstalter lieber die Zouk-Gruppe auf dem Messegelände haben wollten, boten sie uns ein anderes Terrain an, das sich ‚Die Grotte der ersten Franzosen‘ nennt, weil dort einst die ersten französischen Siedler landeten. Die Kulisse war wunderschön: hohe Klippen und viele Schatten spendende Bäume, allerdings gab es auch da keine Stühle und keine Bühne und nur ein paar wenige Toiletten.

Diesmal waren wir jedoch froh, dass es so gekommen war, denn am Samstagabend kam ein Unwetter auf und ein Blitz legte die gesamte Stromversorgung im Stadionbereich lahm. Damit war es auch mit dem Zouk-Konzert vorbei. Wir waren fünf Kilometer weiter weg und hatten überhaupt nichts abbekommen. Die Einheimischen meinten sogar, es sei die ‚Strafe Gottes‘ gewesen.“

ORGANISATORISCHE VERBESSERUNGEN

Am 22. Juni 1967 wurde die „Association Les Témoins de Jéhovah“ offiziell registriert. Im Februar 1969 kam Henri Zamit als erster Kreisaufseher auf die Insel. Er war in Algerien geboren und in Frankreich aufgewachsen. Zu seinem Kreis gehörten die sechs Versammlungen auf Réunion und die vier auf Mauritius sowie eine Reihe Gruppen. Heute gibt es allein auf Réunion zwei Kreise.

22 Jahre lang war der Wachtturm in Frankreich verboten gewesen; stattdessen hatte man dort das Bulletin intérieur gedruckt. Es enthielt das Gleiche wie der Wachtturm, war aber nur für den internen Gebrauch bestimmt. Als das Verbot 1975 aufgehoben wurde, hielt die Brüder auf Réunion nichts mehr zurück, den Wachtturm im Gebiet anzubieten. Ab Januar 1980 druckte der französische Zweig auch einen Königreichsdienst, der auf die Bedürfnisse Réunions und anderer Inseln im Umkreis zugeschnitten war. Außerdem wurden einige Traktate, Broschüren und die Bücher Erkenntnis, die zu ewigem Leben führt und Den allein wahren Gott anbeten extra für die Einwohner Réunions ins Kreolische übersetzt. All das zusammen hat dazu beigetragen, dass die gute Botschaft in diesem fernen Winkel der Erde verbreitet werden konnte.

In dem weiten Indischen Ozean ist Réunion eigentlich nur ein kleiner Fleck. Doch was für ein grandioser Lobpreis von dort zu Gott aufsteigt! Das erinnert einen an die Worte des Propheten Jesaja: „Auf den Inseln mögen sie ... [Jehovas] Lobpreis verkünden“ (Jes. 42:10, 12). Und wie schön, wenn Jehovas Zeugen auf Réunion auch in Zukunft dabei so beständig und zuverlässig sind wie die großen blauen Wellen, die unaufhörlich an die vulkanischen Strände der Insel rollen.

[Kasten/Karten auf Seite 228, 229]

Réunion auf einen Blick

Landesnatur

Réunion ist circa 65 Kilometer lang und 50 Kilometer breit; damit ist sie die größte Insel der Maskarenen, zu denen noch Mauritius und Rodriguez gehören. Etwa im Inselinnern gibt es drei besiedelte und dicht bewachsene Calderen oder Vulkankrater. Diese tiefen, kesselartigen Becken (in Französisch „cirque“ genannt) sind durch Einsturz eines massiven alten Vulkans entstanden.

Bevölkerung

Réunion hat 785 200 Einwohner — überwiegend eine Mischbevölkerung aus Afrikanern, Chinesen, Franzosen, Indern und Einwanderern Südostasiens. Ungefähr 90 Prozent sind Katholiken.

Landessprache

Offizielle Amtssprache ist Französisch, aber die Volkssprache ist das dortige Kreol.

Wirtschaft

Sie beruht hauptsächlich auf dem Anbau von Zuckerrohr und der Produktion dazugehöriger Erzeugnisse wie Melasse und Rum. Außerdem lebt das Land vom Tourismus.

Typische Kost

Wichtigster Bestandteil der Mahlzeiten sind Reis, Fleisch, Fisch, Bohnen und Linsen. Außer Zuckerrohr werden auch Kokosnüsse, Litschis, Papayas, Ananas, Vanille, Kohl, Salat und Tomaten angebaut.

Klima

Réunion liegt etwas nördlich vom südlichen Wendekreis; deswegen herrscht dort feuchtes und tropisches Klima; die Niederschläge und Temperaturen können je nach Region allerdings deutlich schwanken. Nicht selten gibt es Zyklone.

[Karten]

Madagaskar

Rodriguez

Mauritius

Réunion

RÉUNION

SAINT-DENIS

La Montagne

La Possession

Le Port

Saint-Paul

Saint-Gilles-les-Bains

CIRQUE DE MAFATE

CIRQUE DE SALAZIE

Cilaos

CIRQUE DE CILAOS

Saint-Leu

Le Cap

Les Makes

Les Avirons

L’Étang-Salé

La Rivière

Saint-Louis

Saint-Pierre

Saint-Philippe

Piton de la Fournaise

Saint-Benoît

Saint-André

[Bilder]

Satellitenbild

Lavastrom

Saint-Denis

[Kasten auf Seite 232, 233]

Abriss über die Geschichte Réunions

Die arabischen Seeleute, die als Erstes auf die Insel kamen, nannten sie „Insel des Westens“. Als dann die Portugiesen die unbewohnte Insel Anfang des 16. Jahrhunderts entdeckten, gaben sie ihr den Namen Santa Apollonia. 1642 schob der Franzose Jacques Pronis zwölf Meuterer aus Madagaskar nach Santa Apollonia ab und erhob so für Frankreich Anspruch auf die Insel. 1649 wurde sie in Île Bourbon umbenannt (entsprechend dem französischen Herrscherhaus). Als dieses Herrscherhaus 1793 im Zuge der Französischen Revolution fiel, nannte man die Insel Réunion (Wiedervereinigung) — im Gedenken an die Vereinigung der Nationalgarde von Paris mit Revolutionären von Marseille. Danach wurde die Insel noch mehrere Male umbenannt, bis sie 1848 erneut den Namen Réunion erhielt. 1946 wurde die Insel französisches Überseedépartement.

Mitte des 17. Jahrhunderts gründete Frankreich auf der Insel eine Kolonie und führte Kaffee- und Zuckerplantagen ein. Die Arbeiter dafür waren Sklaven, die aus Ostafrika auf die Insel verfrachtet wurden. Nach Aufhebung der Sklaverei im Jahr 1848 holte Frankreich Kontraktarbeiter auf die Insel, zumeist aus Indien und Südostasien. Von allen diesen Gruppen stammt im Wesentlichen die heutige Mischbevölkerung auf der Insel ab. Anfang des 19. Jahrhunderts ging der Kaffeeanbau zurück und Zuckerrohr wurde zum wichtigsten Ausfuhrgut.

[Kasten/Bilder auf Seite 236, 237]

Vom Bodybuilder zum Sonderpionier

LUCIEN VÉCHOT

GEBURTSJAHR: 1937

TAUFE: 1961

KURZPORTRÄT: Einst ein berühmter Bodybuilder. War von 1963 bis 1968 Sonderpionier und ist seit 1975 Ältester.

ICH werde den Tag im Jahr 1961 nie vergessen, als ich zu meinem Freund Jean ging, um ihn vor den Zeugen Jehovas zu „retten“. Seine Frau hatte mich gerufen, weil sie Angst hatte, diese falschen Propheten — wie sie die Zeugen nannte — würden mit ihrem Mann einen Streit anfangen und womöglich handgreiflich werden.

„Wenn die ihm etwas zuleide tun“, so dachte ich mir, „dann schlage ich sie kurzerhand zusammen.“ Aber sie waren sehr nett und überhaupt nicht streitsüchtig und zeigten keine Spur von Aggression. Bald entspann sich zwischen uns eine Diskussion über das Kreuz, und die Zeugen konnten mir in der Bibel nachweisen, dass Jesus an einem einfachen Stamm oder Pfahl gestorben war.

Später fragte ich sie, warum der Prophet Daniel gesagt habe, dass der Erzengel Michael zugunsten von Gottes Volk „steht“ (Dan. 12:1). Die Zeugen zeigten mir aus der Bibel, dass es sich bei Michael eigentlich um Jesus Christus handelt und dass er seit 1914 „steht“ oder als König von Gottes Königreich herrscht (Mat. 24:3-7; Offb. 12:7-10). Ich war erstaunt über die Erklärung und die Bibelkenntnis der Zeugen. Von da an unterhielt ich mich jedes Mal, wenn ich sie in unserer Gegend sah, gern mit ihnen über Gottes Wort. Ich ging sogar mit ihnen von Tür zu Tür und mischte bei den Gesprächen mit. Kurz danach schloss ich mich der kleinen Gruppe in Saint-André an.

Gleich bei meiner ersten Zusammenkunft sollte ich einige Abschnitte aus dem Bulletin intérieur vorlesen, das wir damals anstelle des Wachtturms verwendeten — und das, obwohl ich kein guter Leser war. Sofort nach meiner Taufe sollte ich dann das Buchstudium leiten, weil ich der einzige Bruder war. Aber ich hatte keine Ahnung, wie man so was machte. Jeannine Pégoud bemerkte zum Glück meine Angst und Unsicherheit. Sie schlug mir netterweise vor, sie könne ja die Abschnitte lesen und ich könne dann die Fragen dazu stellen, die im Buch abgedruckt waren. So machten wir’s, und das Studium klappte gut.

Als Milton Henschel 1963 nach Réunion kam, regte er zum Sonderpionierdienst an. Ich wollte Jehova mein Allerbestes geben und füllte deshalb eine Bewerbung aus. Sie wurde angenommen und so wurde ich Sonderpionier in Saint-André und hatte bald neun Bibelstudien.

Die junge Versammlung traf sich bei Jean Nasseau zu Hause. Als Jean sich bei einem Autounfall die Hüfte brach, war es an mir, die Versammlung sechs Monate lang zu betreuen. Das bedeutete, Ansprachen zu halten, die Theokratische Predigtdienstschule und die Dienstzusammenkunft zu leiten und die Berichte für das Zweigbüro zusammenzustellen — dadurch habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt.

Im Gebiet mussten wir gegen abergläubische Vorstellungen ankämpfen, die einem verworrenen Mischmasch aus katholischem und hinduistischem Gedankengut entstammten. Doch die gute Botschaft fand bei den Menschen Anklang. Von einer Familie sind sogar mindestens 20 Angehörige Zeugen Jehovas geworden. Heute gibt es in Saint-André und Umgebung fünf Versammlungen.

[Kasten/Bilder auf Seite 238]

Spott machte mir wirklich zu schaffen

MYRIAM THOMAS

GEBURTSJAHR: 1937

TAUFE: 1965

KURZPORTRÄT: Sie ist seit 1966 im Pionierdienst.

ALS mein Cousin Louis Nelaupe und ich 1962 mit dem Predigtdienst anfingen, wurden wir in fast jedem Haus hereingebeten. Man bot uns Kaffee, Limonade und sogar Rum an! Doch bald hatte die Geistlichkeit die Meinung vieler Leute umgedreht. Einige machten sich über uns lustig und entstellten manchmal sogar extra den Namen Gottes. In einer Stadt warf man mit Steinen nach uns.

Manche von uns haben sich deshalb nicht mehr getraut, den Namen Gottes im Dienst zu benutzen. Unserem Kreisaufseher fiel das auf und er fragte nach. Als wir ihm die Gründe dafür nannten, schämten wir uns schon ein wenig. Er reagierte jedoch lieb, erklärte uns, wo wir falsch lagen, und spornte uns an, mutiger zu sein. Wir haben das sehr geschätzt und als Korrektur von Jehova angesehen (Heb. 12:6). Ohne Gottes Geduld, Barmherzigkeit und seinen heiligen Geist wäre ich wahrscheinlich schon lange nicht mehr im Pionierdienst. Doch so konnte ich über 40 kostbare Jahre in diesem Dienst verbringen.

[Kasten/Bild auf Seite 246, 247]

Jehova stand mir in Prüfungen bei

SULLY ESPARON

GEBURTSJAHR: 1947

TAUFE: 1964

KURZPORTRÄT: Sully ist einer der ersten Einheimischen, der sich taufen ließ. Wegen der Militärfrage musste er drei Jahre im Gefängnis verbringen.

ALS ich mit 15 Jahren die Wahrheit annahm, warfen mich meine Eltern aus dem Haus. Das hat mich aber in meiner Entschlossenheit, Jehova zu dienen, nicht erschüttert. 1964 fing ich mit dem Pionierdienst an und 1965 kam ich in den Sonderdienst. Außerdem hatte ich die schöne Aufgabe, die Versammlung in Saint-André und in Saint-Benoît mitzubetreuen, die aus 12 beziehungsweise 6 Verkündigern bestand. Jean-Claude Furcy und ich pendelten regelmäßig mit dem Fahrrad zwischen den beiden Versammlungen hin und her.

1967 wurde ich zum Militär einberufen. Ich erklärte, dass ich Christ bin und deswegen nicht zu den Waffen greife. Da ich jedoch der Erste auf Réunion war, der so reagierte, wusste man mit meiner Erklärung nichts anzufangen und wollte sie auch nicht akzeptieren. Ein Offizier schlug sogar auf mich ein — vor den Augen von ungefähr 400 Rekruten. Danach musste ich mit ihm ins Büro gehen. Ich hinkte regelrecht. Er legte eine Uniform auf den Schreibtisch und befahl mir, sie anzuziehen, sonst gäbe es erneut Hiebe. Mit seinen 1,80 Meter baute sich dieser kräftig gebaute Mann bedrohlich vor mir auf. Doch ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte: „Wenn Sie mich noch einmal schlagen, werde ich offiziell Beschwerde einlegen, denn Frankreich garantiert Religionsfreiheit.“ Vor Wut schäumend trat er noch einen Schritt auf mich zu, riss sich dann aber zusammen. Er brachte mich zum Kommandanten, der mir erklärte, dass das Ganze für mich drei Jahre Zwangsarbeit in Frankreich bedeuten würde.

Ich wurde tatsächlich zu drei Jahren verurteilt, aber nicht in Frankreich, sondern auf Réunion. Und es war auch keine Zwangsarbeit. Nach dem Urteil rief mich der Richter zu sich ins Amtszimmer. Er lächelte mich an, reichte mir die Hand, drückte sein Mitgefühl aus und erklärte, dass er als Richter nun mal das Gesetz vertreten müsse. Auch der stellvertretende Gefängnisdirektor war freundlich zu mir und sorgte dafür, dass ich im Gerichtssaal arbeiten konnte. Er ging sogar mit mir in den Besucherraum, damit ich dort meine Eltern und jemanden aus der Versammlung treffen konnte.

Anfangs war ich mit 20 bis 30 Leuten zusammen in einer Zelle, doch dann kam ich in eine Zweierzelle. Das gab mir mehr Freiraum. Erstaunlicherweise wurde mir sogar die Bitte um elektrisches Licht gewährt. Normalerweise ist nämlich kein Stromanschluss erlaubt, weil die Insassen versuchen könnten, sich durch Stromschlag zu töten. Nun hatte ich eine Lampe und konnte die Bibel studieren und auch noch einen Fernkurs in Buchführung absolvieren. Als ich 1970 freikam, setzte sich ein Richter freundlicherweise dafür ein, dass ich Arbeit erhielt.

[Kasten auf Seite 249]

Gefahr durch Zyklone

Im Februar 1962 fegte der Zyklon Jenny über Réunion und Mauritius hinweg, und der Indische Ozean rundherum verwandelte sich in ein tosendes Ungeheuer. Besonders auf Réunion wurden viele Küsten überschwemmt. In Saint-Denis wurden Häuser beschädigt, ganze Bäume kahl gefegt und die Straßen waren übersät mit Ästen. Leitungsmasten standen gefährlich schief und die Leitungen baumelten herunter. Der kleine Königreichssaal blieb erstaunlicherweise unbeschädigt. Durch den Zyklon waren 37 Menschen umgekommen, 250 wurden verletzt und Tausende wurden obdachlos. Die Brüder hatten zu der Zeit gerade einen Kongress auf Mauritius besucht, wo der Zyklon nicht so heftig wütete. Es dauerte zwar ein paar Tage, bis sie wieder nach Hause konnten, aber wenigstens waren sie unversehrt geblieben.

2002 löste der Zyklon Dina einen Erdrutsch aus, sodass die Straße nach Cilaos drei Wochen lang gesperrt war. Das Büro von Réunion organisierte schnell eine Hilfslieferung für die 30 Brüder dort. Der mit Vorräten beladene Wagen mit Vierradantrieb schloss sich einem Konvoi mit 15 Fahrzeugen an, der von der Polizei angeführt wurde. Die Straße war zum Teil in einen Fluss gespült worden, und so musste die ganze Kolonne hinunter zum Flussbett und wieder hinauf auf die Straße fahren. Man kann sich die Überraschung und Freude der Brüder vorstellen, als der Wagen in Cilaos ankam!

[Übersicht auf Seite 252, 253]

Réunion — EINIGE WICHTIGE ETAPPEN

1955: Besuch von Robert Nisbet im September.

1960

1961: Eine Familie aus Frankreich zieht nach Réunion und findet großes Interesse an der Bibel vor.

1963: M. G. Henschel von der Weltzentrale spricht vor 155 Zuhörern.

1964: Frankreich gibt die Aufsicht über das Werk an Mauritius ab; zum ersten Kreiskongress auf der Insel kommen 230 Personen.

1967: Offizielle Registrierung der „Association Les Témoins de Jéhovah“.

1970

1975: In Frankreich wird das Verbot des Wachtturms aufgehoben.

1980

1985: Die Zahl der Verkündiger steigt über die Tausender-Marke.

1990

1992: Die Zahl der Verkündiger überschreitet die Zweitausender-Marke. Kauf eines Grundstücks in La Possession, auf dem ein Kongresssaal, ein Missionarheim und ein Büro Platz haben.

1996: Der erste Königreichssaal in Schnellbauweise.

1998: Erster Kongress im neuen Kongresssaal in La Possession.

2000

2006: Auf Réunion sind rund 2 590 Verkündiger tätig.

[Übersicht]

(Siehe gedruckte Ausgabe)

Gesamtzahl der Verkündiger

Gesamtzahl der Pioniere

3 000

2 000

1 000

1960 1970 1980 1990 2000

[Ganzseitiges Bild auf Seite 223]

[Bild auf Seite 224]

Adam Lisiak predigte 1959 einen Monat lang auf Réunion

[Bild auf Seite 224]

Noémie Duray, Jeannine Pégoud und ihr Sohn Christian auf dem Weg nach Réunion (1961)

[Bild auf Seite 227]

Der Königreichssaal in Le Port (1965)

[Bild auf Seite 230]

Zum Predigen wurden solche Busse gemietet (1965)

[Bild auf Seite 230]

Josette Bonnecaze

[Bild auf Seite 235]

Jeannine Corino

[Bild auf Seite 235]

Predigtdienst in Saint-Paul (1965)

[Bild auf Seite 243]

Cléo Lapierre

[Bilder auf Seite 244, 245]

Louis und Anne Nelaupe predigten in abgelegenen Dörfern und stärkten sich unterwegs mit Guaven

Kraterkessel von Mafate

[Bild auf Seite 248]

Der Königreichssaal in Saint-Louis (1988)

[Bilder auf Seite 251]

Kongresse jeder Art

Der erste Kreiskongress fand in einem Restaurant statt (1964)

„Die Grotte der ersten Franzosen“ war Kulisse für einen Bezirkskongress

Die Übergangslösung: der „Saal“ in Saint-Denis (1965)