Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Durch menschliche Kraft oder durch Gottes Geist?

Durch menschliche Kraft oder durch Gottes Geist?

Kapitel 24

Durch menschliche Kraft oder durch Gottes Geist?

DER Auftrag, den Jesus Christus seinen Nachfolgern erteilte, hatte solche Ausmaße, daß er scheinbar nicht zu bewältigen war. Sie sollten, obwohl nur wenige an Zahl, die gute Botschaft von Gottes Königreich auf der ganzen bewohnten Erde predigen (Mat. 24:14; Apg. 1:8). Die Aufgabe war nicht nur ungeheuer groß, sondern sie sollte auch angesichts einer, wie es schien, überwältigenden Übermacht ausgeführt werden, denn Jesus sagte seinen Jüngern offen, daß sie in allen Nationen gehaßt und verfolgt würden (Mat. 24:9; Joh. 15:19, 20).

Trotz weltweiter Gegnerschaft haben sich Jehovas Zeugen tatkräftig dem Werk gewidmet, das Jesus vorhergesagt hat. Das Ausmaß, in dem das Zeugnis bereits gegeben worden ist, ist verbürgt, und es ist wirklich sensationell. Aber wodurch wurde das möglich? Durch menschliche Kraft oder Genialität? Oder durch die Wirksamkeit des Geistes Gottes?

Der Bibelbericht über die Wiederherstellung der wahren Anbetung in Jerusalem im sechsten Jahrhundert v. u. Z. erinnert uns daran, daß die Rolle, die Gott bei der Durchführung seines Willens selbst spielt, nicht übersehen werden darf. Weltliche Kommentatoren suchen vielleicht nach einer anderen Erklärung für das, was geschieht. Als jedoch Gott erklärte, wie sein Vorsatz durchgeführt würde, ließ er seinen Propheten Sacharja feststellen: „ ‚Nicht durch eine Streitmacht noch durch Kraft, sondern durch meinen Geist‘, hat Jehova der Heerscharen gesagt“ (Sach. 4:6). Jehovas Zeugen sagen ganz offen, daß genau das auf das Predigen der Königreichsbotschaft heute zutrifft — es geschieht nicht mit Hilfe einer Streitmacht noch durch die persönliche Kraft oder den Einfluß irgendeiner führenden Gruppe von Menschen, sondern durch die Wirksamkeit des Geistes Jehovas. Wird ihre Überzeugung durch Beweise gestützt?

„Nicht viele, die dem Fleische nach Weise sind“

Als der Apostel Paulus an die ersten Christen in Griechenland schrieb, erkannte er folgendes an: „Ihr seht eure Berufung, Brüder, daß nicht viele, die dem Fleische nach Weise sind, berufen wurden, nicht viele Mächtige, nicht viele von vornehmer Geburt; sondern Gott hat das Törichte der Welt auserwählt, damit er die Weisen beschäme; und Gott hat das Schwache der Welt auserwählt, damit er das Starke beschäme; und Gott hat das Unedle der Welt auserwählt und das, worauf man herabblickt, die Dinge, die nicht sind, um die Dinge, die sind, zunichte zu machen, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“ (1. Kor. 1:26-29).

Jesu Apostel gehörten der Arbeiterklasse an. Vier waren von Beruf Fischer. Einer war ein Steuereinnehmer — ein Beruf, den die Juden verachteten. Die jüdischen Geistlichen betrachteten die Apostel als „ungelehrte und gewöhnliche Menschen“, was anzeigt, daß sie ihre Bildung nicht an höheren Schulen erlangt hatten (Apg. 4:13). Das bedeutet nicht, daß keiner, der eine höhere weltliche oder religiöse Bildung hatte, ein Christ wurde. Der Apostel Paulus hatte zu den Füßen Gamaliels studiert, eines Mitglieds des jüdischen Sanhedrins (Apg. 22:3). Doch, wie die Bibel sagt, gab es davon „nicht viele“.

Die Geschichte bezeugt, daß Celsus, ein römischer Philosoph des zweiten Jahrhunderts u. Z., darüber spottete, „daß Wollarbeiter, Schuster, Gerber die ungebildetsten und bäurischsten Menschen eifrige Verkündiger des Evangeliums seyen“ (August Neander, Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche, 1. Band, 3. Auflage, 1856). Was bestärkte wahre Christen darin, trotz des Spottes, mit dem sie überschüttet wurden, und der heftigen Verfolgung, die sie im Römischen Reich erleiden mußten, weiterhin die gute Botschaft zu verkündigen? Jesus sagte, daß es Gottes heiliger Geist sein würde (Apg. 1:8).

In jüngster Vergangenheit ist Jehovas Zeugen ebenso vorgeworfen worden, sie seien überwiegend einfache Leute und bekleideten keine Positionen, derentwegen die Welt zu ihnen aufblicken würde. In der Neuzeit war unter den Dienern Jehovas, die als erste die Königreichsbotschaft in Dänemark bekanntmachten, ein Schuster. In der Schweiz und in Frankreich war es ein Gärtner. In vielen Gegenden Afrikas waren es umherreisende Arbeiter, die die Botschaft weitertrugen. In Brasilien waren Seeleute daran beteiligt. Viele der polnischen Zeugen in Nordfrankreich waren Bergleute.

Das, was sie aus Gottes Wort mit der Hilfe von Wachtturm-Publikationen gelernt hatten, berührte sie tief, und so wollten sie ihre Liebe zu Jehova dadurch zeigen, daß sie ihm gehorchten; daher machten sie sich an das Werk, das wahre Christen gemäß Gottes Wort tun sollten. Seitdem haben sich Millionen aus allen Schichten an diesem Werk beteiligt. Sie alle sind Evangeliumsverkündiger.

Jehovas Zeugen bilden die einzige religiöse Organisation der Welt, in der jeder einzelne Außenstehenden Zeugnis gibt, sich bemüht, ihre Fragen mit der Bibel zu beantworten, und sie anspornt, an Gottes Wort zu glauben. Andere Religionsorganisationen erkennen an, daß das alle Christen tun sollten. Einige haben versucht, ihre Kirchenmitglieder dazu zu ermuntern. Aber nur Jehovas Zeugen tun es ausnahmslos. Wer leitet sie an, wer gibt ihnen Rat, wer sichert ihnen liebevolle Unterstützung zu, und wer gibt ihnen Verheißungen, die sie motivieren, das Werk zu tun, dem die anderen aus dem Weg gehen? Man frage sie selbst. In welchem Land sie auch leben, sie werden antworten: „Jehova.“ Wem also gebührt die Ehre dafür?

Eine Rolle, die für Gottes Engel vorhergesagt wurde

Als Jesus die Ereignisse beschrieb, die sich während des Abschlusses des Systems der Dinge zutragen würden, zeigte er, daß nicht nur seine Nachfolger auf der Erde an der Einsammlung gerechtigkeitsliebender Menschen beteiligt sein würden. Als er vom Einsammeln der letzten Glieder der 144 000 sprach, die mit ihm am himmlischen Königreich teilhaben würden, sagte er gemäß Matthäus, Kapitel 13: „Die Schnitter sind Engel.“ Und wie groß wäre das Feld, von dem sie die „Söhne des Königreiches“ einsammeln würden? „Das Feld ist die Welt“, erklärte Jesus. Von den äußersten Enden der Erde würden also diejenigen kommen, die eingesammelt werden sollten. Ist das tatsächlich geschehen? (Mat. 13:24-30, 36-43).

Ja! Als 1914 für die Welt die letzten Tage anbrachen, gab es zwar nur ein paar tausend Bibelforscher, doch die Königreichsbotschaft, die sie predigten, hatte schnell den gesamten Globus umspannt. In Asien, in Ländern Europas, Afrikas, Nord- und Südamerikas sowie auf den Inseln ergriffen einzelne die Gelegenheit, den Königreichsinteressen zu dienen, und sie wurden in eine geeinte Organisation versammelt.

In Westaustralien wurde zum Beispiel Bert Horton die Königreichsbotschaft überbracht. Religion, wie er sie kannte, interessierte ihn nicht; er beschäftigte sich mit Politik und Gewerkschaftsangelegenheiten. Als ihm seine Mutter jedoch das von der Watch Tower Society herausgegebene Buch Der göttliche Plan der Zeitalter gab und er es zusammen mit der Bibel las, wußte er, daß er die Wahrheit gefunden hatte. Spontan sprach er darüber mit seinen Arbeitskollegen. Sobald er die Bibelforscher ausfindig machen konnte, schloß er sich ihnen an, ließ sich 1922 taufen, nahm den Vollzeitdienst auf und bot sich an, in irgendeinem Gebiet zu dienen, in das Jehovas Organisation ihn senden würde.

Auf der anderen Seite des Globus machte sich W. R. Brown, der schon auf den karibischen Inseln gepredigt hatte, 1923 auf die Reise nach Afrika, um dort die Königreichsbotschaft zu verbreiten. Er war kein unabhängiger Prediger mit irgendeiner persönlichen Mission. Auch er arbeitete mit Jehovas organisiertem Volk zusammen. Er hatte sich angeboten, dort zu dienen, wo er gebraucht würde, und nahm seine Zuteilung in Westafrika an, wohin ihn das Hauptbüro der Gesellschaft beordert hatte. Denen, die aus seinem Dienst persönlich Nutzen zogen, wurde ebenfalls geholfen zu verstehen, wie wichtig es ist, eng mit Jehovas Organisation zusammenzuarbeiten.

Die Königreichsbotschaft erreichte auch Südamerika. Hermán Seegelken aus Mendoza (Argentinien) hatte seit langem die Heuchelei sowohl in der katholischen als auch in den protestantischen Kirchen bemerkt. Aber 1929 hörte auch er die Botschaft vom Königreich, nahm sie begierig an und begann, sie anderen mitzuteilen — in Einheit mit Jehovas Dienern auf der ganzen Erde. Ähnliches geschah überall in der Welt. Menschen „aus jedem Stamm und jeder Zunge und jedem Volk und jeder Nation“ hörten nicht nur auf die Königreichsbotschaft, sondern stellten sich in den Dienst Gottes. Sie lebten zwar auf der ganzen Erde verstreut und hatten verschiedene Lebenswege eingeschlagen, aber sie wurden in eine geeinte Organisation eingesammelt, um das Werk zu tun, das Jesus für diese Zeit vorhergesagt hatte (Offb. 5:9, 10). Wie ist das zu erklären?

In der Bibel steht, daß Gottes Engel eine wesentliche Rolle dabei spielen würden. Deshalb würde die Verkündigung des Königreiches auf der ganzen Erde erschallen wie der Klang einer übernatürlichen Trompete. 1935 war die Botschaft in 149 Länder vorgedrungen — in den Norden, Süden, Osten und Westen —, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende.

Anfangs hatte nur eine „kleine Herde“ echte Wertschätzung für Gottes Königreich und war bereit, dessen Interessen zu dienen. Das entspricht dem, was in der Bibel vorhergesagt worden ist. Jetzt hat sich ihr eine schnell wachsende „große Volksmenge“ angeschlossen, die in die Millionen geht und aus allen Nationen stammt. Auch das wurde in Gottes Wort vorhergesagt (Luk. 12:32; Joh. 10:16; Offb. 7:9, 10). Es handelt sich nicht um Leute, die einfach behaupten, derselben Religion anzugehören, aber in Wirklichkeit untereinander gespalten sind wegen der Ansichten und Philosophien, durch die die Welt um sie herum zersplittert wird. Man kann auch nicht von ihnen sagen, daß sie bloß über Gottes Königreich reden, dabei aber in Wirklichkeit auf menschliche Regierungen vertrauen. Sie gehorchen Gott als Herrscher sogar, wenn ihr Leben auf dem Spiel steht. In der Bibel wird deutlich erklärt, daß das Einsammeln solcher Menschen, die ‘Gott fürchten und ihm die Ehre geben’, unter der Leitung der Engel durchgeführt wird (Offb. 14:6, 7; Mat. 25:31-46). Die Zeugen sind fest davon überzeugt, daß genau das tatsächlich geschehen ist.

Während ihres Predigtdienstes haben sie bei zahllosen Gelegenheiten überzeugende Beweise für himmlische Leitung gesehen. Zum Beispiel beendete eine Gruppe von Zeugen in Rio de Janeiro (Brasilien) an einem Sonntag gerade ihren Haus-zu-Haus-Dienst, als jemand aus der Gruppe sagte: „Ich möchte noch etwas länger arbeiten. Ich weiß nicht, warum, aber ich möchte unbedingt noch in dieses Haus gehen.“ Der Leiter der Gruppe schlug vor, es für einen späteren Tag übrigzulassen, doch die Verkündigerin ließ sich nicht davon abbringen. Die Zeugin traf eine Frau an, die mit tränenüberströmtem Gesicht sagte, daß sie gerade um Hilfe gebetet habe. Sie war schon früher von Zeugen Jehovas angesprochen worden, hatte aber kein Interesse an der Botschaft der Bibel gezeigt. Der plötzliche Tod ihres Mannes brachte ihr zu Bewußtsein, daß sie geistige Hilfe brauchte. Sie suchte nach dem Königreichssaal, doch vergebens. Sie hatte ernsthaft zu Gott um Hilfe gebetet, und nun war diese Hilfe an ihrer Tür. Nicht lange danach wurde sie getauft. Sie war davon überzeugt, daß Gott ihr Gebet erhört und das Nötige bewirkt hatte, um für eine Antwort zu sorgen (Ps. 65:2).

Eine Zeugin Jehovas aus Deutschland, die damals in New York lebte, hatte sich zur Gewohnheit gemacht, Gott um Leitung zu bitten, wenn sie in den Predigtdienst ging. 1987 hielt sie wochenlang auf der Straße nach einer interessierten Frau Ausschau, denn sie wußte nicht, wo die Frau wohnte. Eines Tages betete sie, als sie mit ihrem Dienst begann: „Jehova, du weißt, wo sie ist. Bitte hilf mir, sie zu finden.“ Kurz darauf sah sie die Frau in einem Restaurant sitzen.

War das bloßer Zufall? In der Bibel steht, daß wahre Christen „Gottes Mitarbeiter“ sind und daß Engel ausgesandt werden, „um denen zu dienen, die die Rettung erben werden“ (1. Kor. 3:9; Heb. 1:14). Nachdem die Zeugin der Frau erzählt hatte, wie sie sie gefunden hatte, nahm die Frau die Einladung an, sich am gleichen Tag hinzusetzen und die Bibel weiter zu erforschen.

Die gute Botschaft in „unzugänglichen Gebieten“ predigen

Jehovas Zeugen haben sich beharrlich angestrengt, die Königreichsbotschaft in allen Ländern zu predigen. Aber das allein ist keine hinreichende Erklärung für das, was erzielt wurde. Sie haben miterlebt, daß sich die Königreichsbotschaft in Gebieten ausbreitete, wo ihre eigenen sorgfältig geplanten Bemühungen erfolglos geblieben waren.

In den 20er und 30er Jahren zum Beispiel wurden mehrfach Gesuche bei Regierungsvertretern der Sowjetunion eingereicht, um die Erlaubnis zu erhalten, biblische Literatur in das Land zu bringen oder dort zu drucken. Damals waren die Antworten negativ. Es gab ein paar Zeugen Jehovas in der Sowjetunion, doch es wurde viel mehr Hilfe benötigt, um das Predigtwerk durchzuführen, das gemäß Gottes Wort getan werden mußte. Könnte irgend etwas getan werden, um diese Hilfe zu bieten?

Interessanterweise gehörten nach Ende des Zweiten Weltkrieges vormals ostpolnische Gebiete, wo viele Menschen, darunter über tausend Zeugen Jehovas, lebten, plötzlich zur Sowjetunion. Im Konzentrationslager in Ravensbrück haben Hunderte junger Russinnen Mitgefangene kennengelernt, die Zeugen Jehovas waren. Manche von diesen Frauen haben sich während dieser Zeit Jehova hingegeben, und sie gingen später in verschiedene Teile der Sowjetunion zurück. Hunderte waren dadurch, daß man während des Krieges die Grenzen verändert hatte, Bürger der Sowjetunion geworden. Das Ergebnis war von der Sowjetunion nicht beabsichtigt. Die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas hatte diese Entwicklungen nicht bewirkt. Aber sie trugen zur Durchführung dessen bei, was in Gottes inspiriertem Wort vorhergesagt worden war. Der Wachtturm vom 15. April 1946 schrieb in einem Kommentar über diese Entwicklungen: „So wird ersichtlich, wie der Herr seiner Vorsehung gemäß in irgendeinem Lande Zeugen erwecken kann, damit sie dort das Panier der Wahrheit hochhalten und den Namen Jehovas kundtun.“

Nicht nur in e i n e m Land sagte man Jehovas Zeugen: „Sie dürfen nicht hierherkommen!“ oder: „Sie dürfen hier nicht predigen.“ Das ist überall auf der Erde — buchstäblich in Dutzenden von Ländern — immer wieder vorgekommen, und zwar oft aufgrund von Druck, den die Geistlichkeit auf Regierungsvertreter ausgeübt hat. Einige dieser Länder haben Jehovas Zeugen später einen gesetzlichen Status gewährt. Doch schon bevor das geschah, nahmen die Einwohner zu Tausenden die Anbetung Jehovas auf, des Schöpfers des Himmels und der Erde. Wie wurde das erreicht?

Die einfache Erklärung findet sich in der Bibel, nämlich, daß Gottes Engel dabei eine führende Rolle spielen, indem sie Menschen aus allen Nationen dringend auffordern: „Fürchtet Gott, und gebt ihm die Ehre, denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen, und betet den an, der den Himmel und die Erde und das Meer und die Wasserquellen gemacht hat“ (Offb. 14:6, 7).

Erfolg trotz überwältigender Übermacht

In einigen Ländern sahen sich Jehovas Zeugen nicht nur mit Verboten konfrontiert, die ihren öffentlichen Predigtdienst betrafen, sondern mit Bemühungen, sie vollständig auszurotten.

Im Ersten Weltkrieg gaben sich die Geistlichen in den Vereinigten Staaten und in Kanada gemeinsam alle Mühe, dem Werk der Bibelforscher — so nannte man Jehovas Zeugen damals — ein Ende zu setzen. Das ist in der Öffentlichkeit allgemein bekannt. Trotz gesetzlich garantierter Rede- und Religionsfreiheit setzten die Geistlichen Regierungsvertreter unter Druck, Publikationen der Bibelforscher zu verbieten. Viele wurden verhaftet und konnten nicht gegen Kaution freikommen; andere wurden heftig geschlagen. Führende Vertreter der Watch Tower Society und ihre engsten Mitarbeiter erhielten hohe Freiheitsstrafen in Gerichtsverfahren, die sich später als rechtsungültig erwiesen. Ray Abrams schrieb in seinem Buch Preachers Present Arms: „Eine Untersuchung des ganzen Falles führt zu dem Schluß, daß ursprünglich die Kirchen und die Geistlichen hinter dieser Maßnahme standen, um die Russelliten auszurotten“ (die Geistlichen nannten die Bibelforscher verächtlich „Russelliten“). Aber nach dem Krieg traten diese Bibelforscher mit größerer Energie denn je in Erscheinung, um Jehovas König, Jesus Christus, und sein Königreich zu verkündigen. Woher kam diese erneuerte Energie? In der Bibel ist diese Entwicklung vorhergesagt worden, und zwar als Folge davon, daß „von Gott her Geist des Lebens in sie“ kam (Offb. 11:7-11).

Nachdem in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, wurde in Ländern, die unter ihre Herrschaft gerieten, die Verfolgung der Zeugen Jehovas verstärkt. Es kam zu Verhaftungen und brutaler Behandlung. Verbote wurden verhängt. Schließlich, im Oktober 1934, schickten Versammlungen der Zeugen Jehovas überall in Deutschland Einschreibebriefe an die Regierung, in denen sie unmißverständlich erklärten, daß sie keine politischen Ziele verfolgten, sondern daß sie entschlossen waren, Gott als Herrscher zu gehorchen. Zur Unterstützung ihrer christlichen Brüder in Deutschland sandten zur gleichen Zeit Versammlungen der Zeugen Jehovas in der ganzen Welt Protesttelegramme.

Am selben Tag, dem 7. Oktober 1934, ballte Adolf Hitler im Büro von Dr. Wilhelm Frick in Berlin seine Fäuste zusammen und schrie hysterisch: „Diese Brut [Jehovas Zeugen] wird aus Deutschland ausgerottet werden!“ Das war keine leere Drohung. Eine Welle von Verhaftungen setzte ein. Laut einer vertraulichen Mitteilung der preußischen Geheimen Staatspolizei vom 24. Juni 1936 wurde ein „Sonderkommando bei der Gestapo“ gebildet, um gegen die Zeugen zu kämpfen. Nach gründlicher Vorbereitung setzte die Gestapo eine Kampagne in Gang, um alle Zeugen Jehovas und alle, die verdächtigt wurden, Zeugen zu sein, einzufangen. Dabei wurde der gesamte Polizeiapparat eingesetzt, so daß kriminelle Elemente „Schonzeit“ hatten.

Aus Berichten geht hervor, daß schließlich 6 262 deutsche Zeugen verhaftet wurden. Karl Wittig, ein Beamter der früheren deutschen Regierung, der selbst in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert war, schrieb später: „Keine Häftlingskategorie ist ... dem Sadismus der SS-Soldaten in einer solchen Weise ausgesetzt gewesen wie die Bibelforscher; ein Sadismus, der durch eine derartige nicht abreißende Kette physischer und seelischer Quälereien gekennzeichnet war, die keine Sprache der Welt wiederzugeben imstande ist.“

Was erreichten die Verfolger? In einem Buch, das 1982 herausgegeben wurde, kommt Christine King zu folgendem Schluß: „Nur gegen die Zeugen [im Gegensatz zu anderen religiösen Gruppen] war die Regierung machtlos.“ Hitler hatte geschworen, sie auszurotten, und Hunderte wurden ermordet. Wie jedoch Dr. King feststellt, „ging das Werk [des Predigens von Gottes Königreich] weiter, und im Mai 1945 war die Bewegung der Zeugen Jehovas im Unterschied zum Nationalsozialismus immer noch da“. Ferner betont sie: „Sie waren keine Kompromisse eingegangen“ (The Nazi State and the New Religions: Five Case Studies in Non-Conformity). Warum war Hitler mit seiner gut ausgerüsteten Armee, seiner hervorragend ausgebildeten Polizei und seinen zahllosen Vernichtungslagern nicht fähig, seine Drohung wahr zu machen, diese verhältnismäßig kleine und unbewaffnete Gruppe gewöhnlicher Leute, wie die Welt sie betrachtet, zu vernichten? Warum ist es anderen Nationen nicht gelungen, ihrer Tätigkeit ein Ende zu setzen? Warum sind nicht nur einige wenige, sondern Jehovas Zeugen als Ganzes trotz brutaler Verfolgung festgeblieben?

Die Antwort liegt in einem weisen Rat, den Gamaliel, ein Gesetzeslehrer, den übrigen Mitgliedern des jüdischen Sanhedrins gab, als es um einen ähnlichen Fall ging, der die Apostel Jesu Christi betraf. Er sagte: „Steht ab von diesen Menschen, und laßt sie gehen (denn wenn dieses Unterfangen oder dieses Werk von Menschen ist, wird es umgestürzt werden; wenn es aber von Gott ist, werdet ihr sie nicht stürzen können); andernfalls mögt ihr vielleicht als solche erfunden werden, die in Wirklichkeit gegen Gott kämpfen“ (Apg. 5:38, 39).

Somit zeigen die geschichtlichen Tatsachen, daß die scheinbar unausführbare Aufgabe, die Jesus seinen Nachfolgern angesichts einer, wie es schien, überwältigenden Übermacht übertrug, nicht durch menschliche Kraft, sondern durch Gottes Geist bewältigt wird. Es ist so, wie Jesus in einem Gebet zu Gott sagte: „Vater, alle Dinge sind dir möglich“ (Mar. 14:36).

[Herausgestellter Text auf Seite 547]

„ ‚Durch meinen Geist‘, hat Jehova der Heerscharen gesagt“

[Herausgestellter Text auf Seite 548]

Was bestärkte sie darin, trotz Spott und heftiger Verfolgung weiterhin zu predigen?

[Herausgestellter Text auf Seite 549]

Beweise für die Leitung durch Engel

[Herausgestellter Text auf Seite 551]

„Der Herr ... [kann] in irgendeinem Lande Zeugen erwecken“

[Herausgestellter Text auf Seite 553]

Ein geeintes Volk, dessen Glaube sich angesichts einer, wie es schien, überwältigenden Übermacht als fest erwies