Sinngemäße Betonung und Modulation
Lehrstück 32
Sinngemäße Betonung und Modulation
1, 2. Was bewirkt sinngemäße Betonung in einer Ansprache?
1 Sinngemäße Betonung und Modulation bewirken zusammen, daß eine Ansprache sinnvoll und abwechslungsreich wird. Ohne
diese Merkmale werden die Gedanken entstellt, und das Interesse läßt nach. Da von beiden die sinngemäße Betonung gewöhnlich leichter zu beherrschen ist, wollen wir ihr zuerst Aufmerksamkeit schenken.2 Behalte im Sinn, was mit sinngemäßer Betonung erreicht werden soll. Sie soll dazu dienen, Worte oder Gedanken so hervorzuheben, daß sie die genaue Bedeutung vermitteln, und dazu, deinen Zuhörern ihre entsprechende Wichtigkeit zu zeigen. Manchmal ist es nur nötig, etwas stark oder schwach zu betonen, aber es kommt auch vor, daß feinere Schattierungen erforderlich sind.
3—7. Zeige, wie man sich eine gute sinngemäße Betonung aneignen kann.
3 Gedankenübermittelnde Worte in den Sätzen betont. Bei den zu betonenden Stellen geht es im Grunde darum, welche Wörter betont werden. Dazu gehört, die Wörter zu erkennen, die den Gedanken übermitteln, und sie durch den richtigen Nachdruck oder die richtige Betonung in ihrer Beziehung zu den anderen Wörtern hervorzuheben. Wenn andere Wörter als die, die den Gedanken tragen, betont werden, wird die Bedeutung undeutlich oder entstellt.
4 Die meisten zeigen in ihrer gewöhnlichen, täglichen Sprache deutlich, was sie meinen. Wenn du keine besondere Eigenart an dir hast, zum Beispiel Verhältniswörter zu betonen, sollte dieser Gesichtspunkt eigentlich keine Schwierigkeiten bieten. Jede auffallende Schwäche in der Betonung der richtigen Stelle ist gewöhnlich die Folge einer solchen Eigenart. Hast du damit Schwierigkeiten, so arbeite fleißig daran. Gewöhnlich kann man mit solchen Gewohnheiten nicht nach ein oder zwei Ansprachen brechen, und deshalb mag der Raterteilende dich nicht zurückhalten, falls die falsch betonte Stelle nicht so ausgesprochen wird, daß das, was du meinst, dadurch entstellt wird. Um aber am eindrucksvollsten und wirkungsvollsten zu sprechen, solltest du weiter daran arbeiten, bis du die Betonung der richtigen Stellen völlig beherrschst.
5 Gewöhnlich muß man bei der Vorbereitung auf öffentliches Vorlesen bewußter auf die sinngemäße Betonung achten als bei der Vorbereitung auf eine völlig freie Rede. Das gilt für das Lesen von Schriftstellen in einer Ansprache ebenso wie für das Lesen der Absätze im Wachtturm-Studium der Versammlung. Der Grund, weshalb der sinngemäßen Betonung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muß, wenn etwas vorzulesen ist, besteht darin, daß der Stoff, den wir vorlesen, gewöhnlich von jemand anders geschrieben worden ist. Daher müssen wir ihn sorgfältig studieren, den Gedanken untersuchen und die Ausdrücke selbst wiederholen, bis sie uns zu eigen werden.
6 Wie erreicht man Nachdruck oder sinngemäße Betonung? Es gibt verschiedene Mittel, die oft in Verbindung miteinander angewandt werden: größere Lautstärke, mehr Tiefe oder Gefühl, Senken der Stimme, eine größere Tonhöhe, eine langsame und bedächtige Ausdrucksweise, Steigerung des Tempos, eine Pause vor oder nach einer Erklärung (oder davor und danach), Gesten und Gesichtsausdruck.
7 Befasse dich zuerst hauptsächlich damit, ob du den Nachdruck auf die richtige Stelle legst und ob er ausreicht, um die Schlüsselwörter hervorzuheben. Unterstreiche daher, falls du den Stoff vorlesen wirst, bei der Vorbereitung die Schlüsselwörter. Wenn du frei sprichst, so präge dir die Gedanken deutlich ein. Verwende in deinen Notizen Schlüsselwörter, und betone sie dann.
8, 9. Warum ist es wichtig, Hauptgedanken zu betonen?
8 Hauptgedanken der Ansprache betont. Dies ist der Gesichtspunkt der sinngemäßen Betonung, der am häufigsten fehlt. In solchen Fällen enthält die Ansprache keine Höhepunkte. Nichts überragt das andere. Wenn die Ansprache zu Ende ist, ist es oft unmöglich, sich an irgend etwas Hervorragendes zu erinnern. Selbst wenn die Hauptpunkte richtig vorbereitet worden sind, damit sie hervortreten, können sie dadurch, daß ihnen beim Vortragen nicht der richtige Nachdruck verliehen wird, so weit abgeschwächt werden, daß sie verlorengehen.
9 Um dieses Problem zu überwinden, mußt du zuerst deinen Stoff sorgfältig untersuchen. Welches ist der wichtigste Gedanke der Ansprache? Welches ist der nächstwichtigste? Was würdest du sagen, wenn du gebeten würdest, das Wesentliche der Ansprache in ein oder zwei Sätzen anzugeben? Dies ist eine der besten Methoden, die Höhepunkte festzustellen. Wenn sie bekannt sind, solltest du sie in deinen Notizen oder in deinem Manuskript anzeichnen. Nun kannst du diese Punkte zu Gipfelpunkten ausbauen. Sie sind die hervorragenden Stellen der Ansprache, und wenn der Stoff gut umrissen ist und du ihn mit ausgeprägt abgestuftem Nachdruck vorträgst, wird man sich an die Hauptgedanken erinnern. Dies ist beim Sprechen dein Ziel.
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10—12. Erkläre, was Modulation bedeutet.
10 Eine einfache sinngemäße Betonung ermöglicht es den Zuhörern, das, was du sagst, zu verstehen, aber Abwechslung in der Betonung, wie die Modulation sie bietet, kann bewirken, daß es für sie erfreulich wird zuzuhören. Machst du in deinem Predigtdienst und in Ansprachen, die du in der Versammlung halten darfst, guten Gebrauch von der Modulation?
11 Modulation ist eine periodische Veränderung der Tonhöhe, des Tempos und der Stimmstärke, was dazu dienen soll, das
Interesse zu fesseln und deine aufeinanderfolgenden Gedanken und Gemütsbewegungen zu zeigen, die du als Redner hast. Um dir am besten zu dienen, sollte deine Modulation den gesamten Stimmungsbereich umfassen, den eine jeweilige Ansprache zuläßt. Im oberen Bereich deiner Modulation mag es, stufenweise abnehmend, Erregung, Begeisterung und lebhaftes Interesse geben. Im mittleren Bereich liegt ein freundliches Interesse, während der untere Bereich Ernsthaftigkeit und Feierlichkeit umfaßt.12 Auf keinen Fall würde man durch Übertreibungen in der Ausdrucksweise theatralisch erscheinen wollen. Unsere Sprache sollte lebhaft sein, nicht feierlich fromm wie die der strenggläubigen Geistlichkeit und auch nicht hysterisch heftig wie die der Wanderprediger in den Zeltmissionen. Die richtige Würde und Achtung vor der Königreichsbotschaft verhindert solche unchristlichen Schaustellungen.
13, 14. Was ist mit Abwechslung in der Stimmstärke gemeint?
13 Abwechslung in der Stimmstärke. Die einfachste Weise, Modulation zu erreichen, ist vielleicht eine Veränderung der Stimmstärke. Dies ist eine der Möglichkeiten, Höhepunkte zu schaffen und die Hauptpunkte deiner Ansprache zu betonen. Einfach die Lautstärke zu steigern wird jedoch nicht immer bewirken, daß die Punkte hervortreten. In einigen Fällen mögen sie dadurch mehr hervorgehoben werden, aber der zusätzliche Nachdruck, mit dem sie vorgetragen werden, mag den Zweck verfehlen. Es mag sein, daß deine Gedanken mehr Wärme und Gefühl als einen belebten Ton verlangen. In diesem Fall solltest du deine Lautstärke verringern, aber mit größerer Fülle sprechen. Dasselbe wäre der Fall, wenn du Besorgnis oder Furcht zum Ausdruck bringen würdest.
14 Zwar ist eine Abwechslung in der Stimmstärke für die Modulation wichtig, doch muß man Sorgfalt üben, damit man nicht so leise spricht, daß einige es nicht hören. Auch sollte die Lautstärke nicht so sehr gesteigert werden, daß sie unangenehm wird.
15—17. Wie erhöht Abwechslung im Tempo den Wert einer Ansprache?
15 Abwechslung im Tempo. Nur wenige Anfänger werden auf der Bühne Abwechslung in ihr Sprechtempo bringen. In unserer täglichen Sprache tun wir es ständig, weil unsere Worte spontan aus uns herauskommen, so, wie sie uns einfallen oder wie wir sie benötigen. Aber der neue Sprecher auf der Bühne gestattet es sich gewöhnlich nicht, so vorzugehen. Er bereitet seine Worte und Ausdrücke zu sorgfältig vor, so daß alle Worte in derselben Geschwindigkeit kommen. Nach einem Redeplan zu sprechen hilft, diese Schwäche zu berichtigen.
16 Im Verlauf deiner Ansprache sollte ein mäßiges Tempo vorherrschen. Unbedeutendere Punkte, Erzählungen, die meisten Veranschaulichungen usw. gestatten es dir, schneller zu sprechen. Gewichtigere Argumente, Höhepunkte und Hauptpunkte erfordern
gewöhnlich eine langsamere Vortragsweise. In einigen Fällen könntest du, um etwas besonders stark zu betonen, langsam und bedächtig mit Betonung sprechen. Du könntest sogar ganz innehalten und eine Pause machen, was einen völligen Wechsel des Tempos bedeutet.17 Einige Worte zur Vorsicht! Sprich nie so schnell, daß deine Aussprache darunter leidet. Eine ausgezeichnete Übung, die man für sich allein durchführen kann, besteht darin, daß man versucht, so schnell wie möglich ohne Stocken laut zu lesen. Wiederhole denselben Absatz immer wieder, indem du das Tempo ständig steigerst, ohne dabei zu stocken oder undeutlicher zu sprechen. Versuche dann, so langsam wie möglich zu lesen und die Selbstlaute aus-zu-deh-nen, statt die Wörter abzuhacken. Werde dann abwechselnd und unregelmäßig schneller und langsamer, bis deine Stimme anpassungsfähig ist und du sie so gebrauchen kannst, wie du es wünschst. Wenn du dann sprichst, kommen die Veränderungen des Tempos von selbst, je nach dem Sinn dessen, was du sagst.
18—20. Erkläre, wie man sich Abwechslung in der Tonhöhe aneignen kann.
18 Abwechslung in der Tonhöhe. Die Veränderung der Tonhöhe, und zwar in beliebigem Grade, ist wahrscheinlich das schwierigste Mittel der Modulation. Natürlich heben wir ständig Worte hervor, indem wir ein wenig höher sprechen, wobei wir gewöhnlich auch die Stimmstärke leicht steigern. Wir treffen das Wort gewissermaßen.
19 Aber die Tonhöhe muß noch mehr verändert werden, wenn man aus dieser Form der Modulation den größten Nutzen ziehen will. Versuche, 1. Mose 18:3-8 und 19:6-9 laut zu lesen. Beachte die große Abwechslung sowohl im Tempo als auch in der Tonhöhe, die in diesen Versen erforderlich ist. Erregung und Begeisterung kommen stets in einer höheren Stimme zum Ausdruck als Trauer oder Besorgnis. Wenn diese Gemütsbewegungen in deinem Stoff vorkommen, so drücke sie entsprechend aus.
20 Eine der Hauptursachen für eine Schwäche in dieser Hinsicht ist ein ungenügender Umfang der Stimme. Wenn du damit Schwierigkeiten hast, so arbeite daran. Versuche es mit einer ähnlichen Übung wie derjenigen, die etwas früher in diesem Lehrstück vorgeschlagen worden ist. Doch arbeite in diesem Fall daran, die Tonhöhe zu steigern und zu senken, statt das Tempo zu verändern.
21—24. Warum muß die Modulation dem Gedanken oder dem Gefühl angepaßt sein?
21 Modulation dem Gedanken oder dem Gefühl angepaßt. Aus unserer bisherigen Besprechung dieses Merkmals geht recht klar hervor, daß man nicht einfach die Stimme verändern kann, um Abwechslung zu erzielen. Deine Äußerungen müssen zur Stimmung dessen, was du sagst, passen. Wo beginnt denn die Modulation? Offensichtlich fängt sie bei dem Stoff an, den du vorbereitet
hast, um ihn vorzutragen. Wenn es in deiner Ansprache nur Beweisführungen oder nur Ermahnungen gibt, hast du in deiner Vortragsweise wenig Abwechslung. Untersuche daher deinen Redeplan, wenn du ihn fertig hast, und vergewissere dich, daß alle Bestandteile für eine lebhafte sowie sinnvolle Darbietung vorhanden sind.22 Aber manchmal hast du mitten in deiner Ansprache das Gefühl, es sei nötig, das Tempo zu verändern. Du hast das Gefühl, deine Ansprache sei schleppend. Was kannst du tun? Auch hier hat die freie Vortragsweise einen Vorteil. Du kannst während des Sprechens die Art deines Stoffes ändern. Wie? Eine Möglichkeit dazu wäre es, im Sprechen innezuhalten und anzufangen, einen Text aus der Bibel vorzulesen. Oder du könntest eine Feststellung in eine Frage umwandeln und zum Nachdruck eine Pause machen. Vielleicht könntest du eine Veranschaulichung einfügen, durch die du ein Argument in deinem Redeplan umarbeitest.
23 Diese während der Ansprache verwendeten Methoden sind natürlich für erfahrene Sprecher bestimmt. Aber du kannst bei der Vorbereitung deines Stoffes gemäß deiner Aufgabe dieselben Gedanken verwenden.
24 Es heißt, Modulation sei in einer Ansprache die Würze. Wenn die richtige Art gebraucht wird, und zwar in der richtigen Menge, kommt dadurch das Charakteristische deines Stoffes voll zur Geltung, und das wird zur Freude deiner Zuhörer dienen.
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