Todesmärsche
1 Als die Kriegsfront näher rückte, räumte die SS die Lager und ließ die Häftlinge nach Westen und Süden marschieren. Auf den sogenannten Todesmärschen wurde jeder Häftling, der zu schwach war weiterzumarschieren, erbarmungslos ermordet. Martin Seyfert aus Oschatz und andere Zeugen Jehovas überlebten den Todesmarsch von Dachau in Richtung Alpen (April 1945).
2 Alle 230 Zeugen Jehovas überlebten den Todesmarsch von Sachsenhausen und anderen Lagern nach Schwerin, den Zehntausende Häftlinge im April und Mai 1945 antreten mussten. Sie bildeten eine geschlossene Gruppe, in der man sich gegenseitig half. (Gedenkstein mit der Route des Todesmarsches.)
3 Paul Rehwald aus Königsberg war ebenfalls auf dem Todesmarsch von Sachsenhausen. Als die deutsche Front zusammenbrach und alliierte Streitkräfte die Lager befreiten, ging eine 12-jährige Schreckensherrschaft zu Ende. Wie die hier abgebildeten Häftlinge machten sich viele Zeugen Jehovas – die meisten nach jahrelanger Haft – auf den Heimweg.
4 Die SS brachte 9 000 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme zur Ostsee auf die Schiffe „Cap Arcona“, „Thielbeck“ und „Athen“. Zwei der Schiffe sanken nach einem Angriff britischer Jagdbomber am 3. Mai 1945 und nur wenige Häftlinge überlebten. Zu den Überlebenden der „Cap Arcona“ gehörte Witali Kostanda (Ukraine), der im Lager die Häftlinge mit dem lila Winkel kennengelernt hatte und nun selbst ein Zeuge Jehovas wurde.
5 Die SS ließ auch das KZ Stutthof bei Danzig über den Land- und den Seeweg räumen. Feliks Borys aus Chojnice (Polen) und 9 andere Zeugen Jehovas mussten zusammen mit etwa 1 900 Häftlingen nach Słupsk marschieren. „[Bald] waren schätzungsweise noch 800 von uns übrig“, erinnerte er sich. Wilhelm Scheider (Polen) überlebte nur, weil Felix ihn trug. Nach der Befreiung lief Borys zu Fuß nach Hause, wo er zwei Monate später eintraf.
6 Zeugen Jehovas aus dem KZ Stutthof. Nach einer dramatischen Fahrt mit einem Lastkahn über die Ostsee waren sie am 5. Mai 1945 glücklich auf der dänischen Insel Mön gelandet.