Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Die Wissenschaft — die fortdauernde Suche des Menschen nach Wahrheit

Die Wissenschaft — die fortdauernde Suche des Menschen nach Wahrheit

 Teil 4

Die Wissenschaft — die fortdauernde Suche des Menschen nach Wahrheit

Eine Wiederbelebung der Wissenschaft durch Revolution

WÄHREND der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte die Welt stürmische Zeiten, als zuerst in Amerika und dann in Frankreich Revolutionen die politische Landschaft veränderten. Unterdessen begann in England eine andere Form der Umwälzung: die industrielle Revolution. Diese stand in engem Zusammenhang mit einer weiteren Form der Revolution, einer wissenschaftlichen.

Einige datieren die Wiedergeburt der Wissenschaft auf die 1540er Jahre, als der polnische Astronom Nikolaus Kopernikus und der belgische Anatom Andreas Vesal Bücher veröffentlichten, die das wissenschaftliche Denken nachhaltig beeinflußten. Andere siedeln den Wandel früher an, nämlich im Jahr 1452, dem Jahr, in dem Leonardo da Vinci geboren wurde. Er war ein ruheloser Experimentator, leistete zahlreiche Beiträge zur Wissenschaft und entwickelte Ideen, die in einigen Fällen Erfindungen vorwegnahmen, die erst Jahrhunderte später ausreifen sollten, wie zum Beispiel das Flugzeug, den Panzer und den Fallschirm.

Aber Wissenschaft, wie wir sie heute kennen, hat sich, so Ernest Nagel, Professor emeritus an der Columbia-Universität, „in der abendländischen Gesellschaft nicht vor dem 17. oder 18. Jahrhundert als fortdauernde Institution fest etabliert“. Sobald das jedoch geschehen war, hatte die Menschheit einen Wendepunkt in ihrer Geschichte erreicht. In dem Werk Der Wissenschaftler heißt es: „Zwischen etwa 1590 und 1690 brachten viele . . . große Geister die Forschung zu einer Blüte, wie sie kaum ein anderes Jahrhundert erreichte.“

Feinde verdunkeln den Weg

Auch Pseudowissenschaften blühten — wie Feinde, deren unrichtige Theorien dem echten wissenschaftlichen Fortschritt im Weg standen. Dazu gehörte auch die Phlogistontheorie. Das Wort „Phlogiston“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Verbranntes“. Es wurde 1702 von George Ernst Stahl eingeführt, der die Auffassung vertrat, beim Verbrennen von brennbarem Material würde dieses Phlogiston freigesetzt werden. Er stellte sich darunter zwar eher ein Prinzip als einen wirklichen Stoff vor, doch über die Jahre wuchs die Vorstellung von einer echten Substanz. Erst zwischen 1770 und 1790 konnte Antoine-Laurent Lavoisier diese Theorie widerlegen.

Das Werk The Book of Popular Science räumt ein, daß die Phlogistontheorie zwar „vollständig falsch war, aber eine Zeitlang bot sie eine Arbeitshypothese, die offensichtlich viele Naturerscheinungen erklärte. Sie war einfach eine von vielen wissenschaftlichen Hypothesen, die im Laufe der Jahre gewogen und für zu leicht befunden wurden.“

Die Alchimie ist ein weiterer Feind gewesen. Dem Neuen Reader’s Digest Brockhaus zufolge stand die Alchimie „als ‚geheime Kunst‘ mit ihren Bemühungen, Gold zu machen, den ‚Stein der Weisen‘ oder lebensverlängernde Elixiere zu finden, außerhalb der Naturwissenschaft“. Bevor sie verworfen wurde, half sie, die Grundlagen der modernen  Chemie zu legen. Der Übergang zur Chemie war gegen Ende des 17. Jahrhunderts abgeschlossen.

Obwohl die Phlogistontheorie und die Alchimie Feinde waren, hatten sie doch auch einige versöhnliche Züge aufzuweisen. Nicht so jedoch die menschlichen Feinde, die aus religiöser Überzeugung unwissenschaftliche Vorstellungen hegten. Die Rivalität zwischen Wissenschaft und Theologie — beide mit dem Anspruch, die einzige Autorität in Fragen über das Universum zu sein — hat oft zu offenen Konfrontationen geführt.

Zum Beispiel trat im zweiten Jahrhundert u. Z. der berühmte Astronom Ptolemäus für das geozentrische Weltsystem ein, wonach die Planeten sich auf Kreisbahnen bewegen würden, deren Mittelpunkt, Epizyklus genannt, wiederum eine andere Kreisbahn beschriebe. Seine mathematische Beweisführung war bestechend und lieferte für die sichtbaren Bewegungen von Sonne, Mond, Planeten und Sternen eine Erklärung, die bis zum 16. Jahrhundert weithin anerkannt wurde.

Kopernikus (1473—1543) entwickelte eine davon abweichende Theorie. Er glaubte, die Planeten einschließlich der Erde würden um die Sonne kreisen, die selbst still stünde. Sollte es sich bewahrheiten, daß die Erde sich bewegte und damit nicht länger das Zentrum des Universums wäre, so hätte das weitreichende Folgen. Keine hundert Jahre später machte der italienische Astronom Galileo Galilei mit Hilfe von Teleskopen Beobachtungen, die ihn von der Richtigkeit der kopernikanischen Vorstellung einer sich um die Sonne drehenden Erde überzeugten. Die katholische Kirche wies jedoch Galileis Ansichten als Häresie zurück und zwang ihn zu widerrufen.

Auf Grund religiöser Irrtümer bestritten Kirchentheologen die wissenschaftliche Wahrheit. Erst fast 360 Jahre später sprach die Kirche Galilei frei. Die Zeitung L’Osservatore Romano gab Ende 1992 im Fall Galilei ein „subjektives Fehlurteil“ zu.

Feinde gibt es immer noch

Doch auch in unserem Jahrhundert zeigen die Kirchen der Christenheit einen ähnlichen Mangel an Respekt vor der Wahrheit. Das tun sie, indem sie unbewiesene wissenschaftliche Theorien befürworten, und das im offensichtlichen Gegensatz zu wissenschaftlicher wie auch zu religiöser Wahrheit. Das beste Beispiel ist die unbeweisbare Evolutionstheorie — im Grunde das illegitime Kind der von Fehlern wimmelnden wissenschaftlichen „Erkenntnis“ und falscher religiöser Lehren. *

Am 24. November 1859 erschien Charles Darwins Buch Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Aber die Idee einer Evolution stammt eigentlich aus vorchristlicher Zeit. Zum Beispiel sah der griechische Philosoph Aristoteles den Menschen an der Spitze einer Entwicklung, die mit den niederen Tieren begonnen haben soll. Zuerst lehnte der Klerus die Theorien Darwins ab, doch in The Book of Popular Science heißt es: „Die Evolution wurde [später] zu mehr als nur einer wissenschaftlichen Theorie . . . Sie wurde zum Schlachtruf und sogar zu einer Philosophie.“ Die Vorstellung vom Überleben des Tüchtigsten gefiel den Leuten, die sich nach vorne kämpfen wollten.

Der Widerstand des Klerus schwand schon bald. Die Encyclopedia of Religion schreibt: „Darwins Evolutionstheorie wurde nicht nur akzeptiert, sondern stürmisch gefeiert“ und:  „Als er 1883 starb, waren die meisten scharfsinnigen und redegewandten Geistlichen zu dem Schluß gekommen, daß die Evolution mit einem aufgeklärten Verständnis der Heiligen Schrift vollständig vereinbar sei.“

Und das, obwohl The Book of Popular Science einräumt: „Selbst die größten Verfechter der Lehre von einer organischen Evolution mußten eklatante Ungenauigkeiten und Lücken in der ursprünglichen Theorie Darwins zugeben.“ Auch wenn dieses Werk schreibt, daß „viel von Darwins ursprünglicher Theorie umgemodelt oder fallengelassen wurde“, erklärt es dennoch, der Einfluß der Evolution sei „auf fast jedem Gebiet des menschlichen Wirkens ausnehmend groß. Geschichte, Archäologie und Ethnologie haben wegen dieser Theorie große Veränderungen erfahren.“

Heute stellen viele nachdenkliche Wissenschaftler die Evolutionstheorie ernsthaft in Frage. Sir Fred Hoyle, Gründer des Instituts für Theoretische Astronomie Cambridge und Ehrenmitglied der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften, schrieb vor etwa zehn Jahren: „Persönlich habe ich wenig Zweifel, daß künftige Wissenschaftshistoriker sich sehr wundern werden, wie eine Theorie, die offensichtlich nicht funktioniert, so allgemein geglaubt werden konnte.“

Die Evolution, die ja direkt an der Basis menschlicher Existenz ansetzt, beraubt den Schöpfer dessen, was ihm zusteht. Sie straft auch die Behauptung Lügen, wissenschaftlich zu sein, und gereicht der fortdauernden Suche des Menschen nach wissenschaftlicher Wahrheit bestimmt nicht zur Ehre. Karl Marx übernahm bereitwillig die Lehre von der Evolution und von dem „Überleben des Tüchtigsten“, um damit den Kommunismus zu untermauern. Doch die Evolution ist ein Feind schlimmster Art.

Wer sind die Opfer?

Jeder, der zum Glauben an pseudowissenschaftliche Theorien verführt wird, ist ein Opfer. Doch selbst der Glaube an die wissenschaftliche Wahrheit kann eine Gefahr darstellen. Die spektakulären wissenschaftlichen Fortschritte infolge der wissenschaftlichen Revolution haben viele Menschen zu dem Glauben verleitet, jetzt sei nichts mehr unmöglich.

Diese Überzeugung wuchs um so mehr, je weiter der Fortschritt die unwissenschaftliche Einstellung verdrängte, die von der falschen Religion gehegt worden war. Wirtschaft und Politik begannen, in der Wissenschaft ein wirkungsvolles Werkzeug zu sehen, um ihre Ziele — finanzielle Gewinne oder die Konsolidierung politischer Macht — zu erreichen.

Offen gesagt entwickelte sich die Wissenschaft langsam zu einem Gott, was zur Wissenschaftsgläubigkeit führte. Nach einem Wörterbuch handelt es sich dabei um das allzu große Vertrauen in die Wissenschaft.

Als sich das 19. Jahrhundert dem Ende zuneigte, fragte man sich, was das 20. Jahrhundert wohl bringen würde. Würde die Wissenschaft den „wahren Himmel auf Erden“ herbeiführen, den viele von ihr erwarteten? Oder würden ihre Feinde das Schlachtfeld der Revolution mit immer neuen verwirrten Opfern übersäen? Der Artikel „Wissenschaftliche ‚Wunder‘ des 20. Jahrhunderts“ in unserer nächsten Ausgabe wird darauf eine Antwort geben.

[Fußnote]

^ Abs. 16 Eine dieser Lehren ist die fundamentalistische Vorstellung, die im 1. Buch Mose erwähnte „Schöpfungswoche“ hätte aus buchstäblichen 24-Stunden-Tagen bestanden. Die Bibel hingegen läßt erkennen, daß es sich dabei in Wirklichkeit um Zeitperioden handelte, die viele tausend Jahre lang waren.

[Kasten auf Seite 14]

Beim Ziehen des Steckers

Noch Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Elektrizität als ein interessantes Phänomen, jedoch ohne großen praktischen Wert, betrachtet. Männer verschiedenster Nationalität und Herkunft wie H. C. Ørsted (1777—1851), M. Faraday (1791—1867), A. Ampère (1775—1836) und B. Franklin (1706—1790) machten wichtige Entdeckungen, die das Gegenteil bewiesen und die Grundlage für die heutige Welt der Elektrizität legten — eine Welt, die beim Ziehen des Steckers sofort zum Stillstand kommt.

[Bilder auf Seite 15]

Nikolaus Kopernikus

Galileo Galilei

[Bildnachweis]

„Giordano Bruno und Galilei“