Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Das Gewürz, das um die halbe Welt reiste

Das Gewürz, das um die halbe Welt reiste

Das Gewürz, das um die halbe Welt reiste

VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN UNGARN

„WAS für eine herrliche Gulaschsuppe! Womit hast du sie gewürzt?“ So reagiert vielleicht manch einer, der eine typisch ungarische Gulaschsuppe kostet. Der unverwechselbare Geschmack rührt vom Paprika her, einem Gewürz, das von der Paprikapflanze stammt, die um die halbe Welt reiste, bis sie in Ungarn landete.

Die Geschichte deutet auf Südamerika als Heimat des Paprika hin. Keramiken in Gräbern der Inka, die Tausende von Jahren alt sein sollen, sind mit Bildern von der Paprikapflanze verziert. Paprika zählt auch zu den Nahrungsmitteln, die verstorbenen Inka mit ins Grab gegeben wurden.

Einige Historiker sind der Ansicht, daß ein Arzt, der mit Kolumbus nach Amerika segelte, im Jahr 1493 einige Paprikasamen nach Spanien brachte. Wie dem auch sei, Spanien war jedenfalls das erste europäische Land, in dem Paprika großflächig angebaut wurde. Von da aus gelangte der Paprika nach Großbritannien und Südfrankreich, wo er eher als Zimmerpflanze kultiviert wurde statt als Gewürz oder Nahrungsmittel. Später wurden Paprikapflanzen von griechischen Händlern im Mittelmeerraum und in der Region um das Schwarze Meer herum eingeführt.

In Ungarn ist die Paprikapflanze seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Einer ihrer Namen, „türkischer Pfeffer“, läßt darauf schließen, daß sie über die Türkei nach Ungarn gelangt ist. Auf jeden Fall ist dieser dunkelrote, aromatische, süßliche Paprika von Ungarn bis heute in aller Welt der Liebling vieler Freunde von Gewürzen.

Paprikapflanzen wachsen auf Feldern mit braunem Sandboden und benötigen viel Sonnenlicht. Der Boden für den Anbau des Paprika wird im Spätsommer vorbereitet, direkt nach der vorherigen Ernte. Manche Paprikasorten werden vor Ort ausgesät, andere ausgepflanzt. Die für das Freiland bestimmten Paprikapflanzen benötigen zunächst optimale Bedingungen, wie beispielsweise in einem temperierten Gewächshaus. Dort werden die Pflänzchen sorgfältig bewässert, gedüngt und gejätet. Bevor man sie dann auspflanzt, werden sie nach und nach für die Bedingungen im Freiland abgehärtet.

Nach sechs bis acht Wochen werden die Paprikapflänzchen ins Freiland gesetzt. In Ungarn geschieht das in den ersten Maitagen. In dieser Phase benötigen die Pflanzen nach wie vor sorgfältige Pflege — die Bauern müssen sie bewässern, spritzen und die Erde auflockern, möchten sie gesunde Paprika ernten.

Die Ernte beginnt Ende August oder Anfang September. Die grünen Früchte reifen zu schönen roten Paprika heran. Sofern die Pflanzen nicht alle zur selben Zeit reif werden, müssen sie statt mit der Maschine von Hand geerntet werden. Ganz gleich, welche Erntemethode zum Einsatz kommt, gehen in der Frucht viele physikalische und chemische Veränderungen vor sich, bevor sie auf dem Eßtisch landet. Nach der Ernte verliert der Paprika beispielsweise einen Großteil an Wasser, Zucker und Vitamin C. *

Nach der Ernte müssen die Paprika voll ausreifen und trocknen. Traditionell werden sie dazu aufgehängt. Heute ist es jedoch üblicher, sie in große, grobgewebte, luftdurchlässige Säcke zu legen. Die Säcke werden dann an Gestellen oder in Scheunen aufgehängt. Sind die Paprika schließlich ausgereift, können sie zu Pulver zermahlen werden, so daß man das köstliche Gewürz erhält, das die Ungarn Paprika nennen.

Einige Paprikaarten können ziemlich scharf sein. Dafür ist hauptsächlich ein chemischer Stoff, das sogenannte Capsaicin, verantwortlich. Dieses Naturprodukt ist sogar zu medizinischen Zwecken eingesetzt worden, beispielsweise zur Behandlung von Verdauungsschwierigkeiten und rheumatischen Schmerzen. Auf jeden Fall ist der charakteristische Geschmack des Paprika — ob scharf oder mild — nur ein Aspekt. Als Farbtupfer in einem Gericht erfreut der Paprika auch vom ästhetischen Aspekt her das Auge. Wird er dem Hühnerfutter beigemischt, legen die Hennen sogar Eier, deren Dotter dann einen stärkeren Gelbton haben.

Wer hat Lust, ein Paprikagericht zu kosten? Wie wäre es, einmal das untenstehende Rezept für die Gulaschsuppe auszuprobieren? „Jó étvágyat!“, wie wir Ungarn sagen würden, oder: „Guten Appetit!“

[Fußnote]

^ Abs. 9 Ein einziger Paprika kann fünf- bis sechsmal soviel Vitamin C haben wie eine Orange oder eine Zitrone.

[Kasten auf Seite 11]

UNGARISCHE GULASCHSUPPE

250 Gramm Rindfleisch in Würfeln

1 Eßlöffel Öl

1 mittelgroße Zwiebel, gehackt

2 Knoblauchzehen, feingehackt

1 gehäufter Eßlöffel Rosenpaprika

1 gestrichener Teelöffel Salz

1 Messerspitze Kümmel (sofern gewünscht)

2 mittelgroße Kartoffeln, gewaschen, geschält und gewürfelt

1 kleiner grüner Paprika, entkernt und kleingeschnitten

2 kleine Tomaten, enthäutet, entkernt und in Stücke geschnitten

100 Gramm Eiernudeln

Das Öl in einem Suppentopf erhitzen, die Zwiebelwürfel hinzufügen und darin goldgelb dünsten. Knoblauch und Paprikagewürz unterrühren, mit etwas Wasser ablöschen, damit das Ganze nicht anbrennt. Dann das Rindfleisch und das Salz dazugeben, gut umrühren. Den Topf zudecken und alles schmoren lassen. Gelegentlich umrühren, nötigenfalls Wasser hinzufügen, um ein Anbrennen zu verhindern. Sofern gewünscht, Kümmel unterrühren. Wenn das Fleisch gar ist, Paprika, Tomaten und zwei Liter Wasser hinzufügen. Alles aufkochen lassen und zugedeckt 15 Minuten weiterköcheln lassen. Kartoffeln hineingeben, 10 bis 15 Minuten weitergaren. Nach Belieben mit Salz abschmecken. Heiß servieren und dazu Eiernudeln reichen. Rezept für vier bis sechs Personen.