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Versuchen wir es doch einmal mit Hangul

Versuchen wir es doch einmal mit Hangul

Versuchen wir es doch einmal mit Hangul

VON EINEM ERWACHET!-MITARBEITER IN KOREA

JEDES SCHRIFTSYSTEM HAT SEINE EIGENE GESCHICHTE UND IST IN DER REGEL URALT. E I N ALPHABET HINGEGEN WURDE ERST VOR FÜNFHUNDERT JAHREN GESCHAFFEN UND IST SO KONZIPIERT, DASS MAN ES AN EINEM EINZIGEN VORMITTAG LERNEN KÖNNTE. ES GEHT UM DAS KOREANISCHE ALPHABET, GENANNT HANGUL ODER AUCH HANKUL. EINFACH FASZINIEREND, WIE SICH DIESES ALPHABET ENTWICKELT HAT!

BEVOR Hangul eingeführt wurde, hatte die koreanische Sprache keine eigenen Schriftzeichen. Über tausend Jahre lang drückte der gebildete Koreaner seine Sprache schriftlich mit chinesischen Schriftzeichen aus. Im Lauf der Zeit wurden allerdings verschiedene Versuche unternommen, ein besseres Schriftsystem zu entwerfen. Da diesen jedoch stets chinesische Schriftzeichen zugrunde lagen, profitierten nur die Gebildeten davon.

Ein königlich angeordnetes Alphabet

Im 15. Jahrhundert u. Z. machte sich König Sejong aus der koreanischen Chosŏn-Dynastie Gedanken über die missliche Lage derjenigen seiner Untertanen, die weder lesen noch schreiben konnten. Für die meisten gab es keine Möglichkeit, Beschwerden bei Regierungsstellen einzulegen, außer in mündlicher Form. Dieses Problem ließ König Sejong, von dem man sagt, er habe stets ein offenes Ohr für das einfache Volk gehabt, nicht mehr los.

Und so gab er den Auftrag, neue Schriftzeichen zu schaffen, die nicht nur dem gesprochenen Koreanisch gerecht würden, sondern auch leicht erlernbar und praktisch wären. Im Jahr 1446 wurde die Vollendung des Projekts verkündet. In dem Vorwort der Proklamation von König Sejong hieß es: „Chinesische Schriftzeichen sind fremden Ursprungs, sodass sich mit ihnen das spezifisch Koreanische nicht richtig wiedergeben lässt. Daher gibt es viele ungebildete Menschen, die ihre Gedanken und Gefühle nicht richtig ausdrücken können. Ich habe Mitleid mit diesen Menschen und ihren Schwierigkeiten und so schuf ich 28 neue Buchstaben. Die Buchstaben sind leicht zu erlernen und ich hoffe inständig, dadurch die Lebensqualität aller zu verbessern.“

Leider stellten sich einige Gelehrte gegen die Buchstabenschrift, gerade weil sie so leicht zu lernen war. Sie nannten sie spöttisch amkul, was „Buchstaben für Frauen“ bedeutet. Ein Schriftsystem, das sogar Frauen erlernen konnten, die damals nicht in der Schule lesen lernen durften, wurde abgelehnt. Dieses Vorurteil gegenüber Hangul hielt sich unter Koreanern der Oberschicht hartnäckig. Es vergingen sogar mehr als 400 Jahre, bis die koreanische Regierung Hangul offiziell als Staatsschrift anerkannte.

Hangul und die Bibel

In der Geschichte des Hangul spielte die Bibel eine wichtige Rolle. Zwar brachten Missionare viele koreanische religiöse Publikationen, die mit chinesischen Schriftzeichen geschrieben waren, nach Korea, aber chinesische Bibeln, obwohl verfügbar, gehörten nicht dazu. Im Jahr 1887 wurden jedoch die Christlichen Griechischen Schriften (Neues Testament) ins Koreanische übersetzt und in Hangul veröffentlicht, und zwar in Mukden (China). *

Endlich eine Bibel in Koreanisch, die von fast jedem gelesen werden konnte — auch von Frauen und Kindern, die nie die Gelegenheit gehabt hatten, chinesische Schriftzeichen zu erlernen! Heute gibt es mindestens acht Bibelübersetzungen in modernem Hangul, so auch die Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift.

Leicht zu lernen

Einer der Gelehrten, der an der Schaffung des koreanischen Alphabets beteiligt war, sagte, ein kluger Mann könne Hangul an einem Vormittag lernen und auch ein dummer Mann brauche nur zehn Tage. Einige frühe Gegner des Hangul nannten es daher abschätzig achimgul, „Vormittagsbuchstaben“. Hangul war ihnen zu einfach, denn man konnte es ja an einem einzigen Vormittag erlernen.

Auf jeden Fall hat die im Handumdrehen erlernbare Schrift dazu beigetragen, das Analphabetentum in Korea so gut wie auszurotten. Die meisten koreanischen Kinder beherrschen Hangul zumeist schon perfekt, wenn sie in die Schule kommen. An koreanischen Schulen kennt man auch keine Rechtschreibwettbewerbe. Warum nicht? Weil Hangul die Laute der koreanischen Sprache so exakt wiedergibt, dass es überhaupt kein Problem darstellt, sie so aufzuschreiben, wie man sie hört.

Mit Hangul kann man auch Wörter aus anderen Sprachen schreiben. Wie wäre es mit einem Versuch? Zwar werden in den Tabellen nicht alle Details aufgeführt, aber sie sind zumindest eine Hilfe, den eigenen Namen in Hangul zu schreiben. So kann man selbst feststellen, wie vielseitig das Alphabet ist, das sich an einem Vormittag erlernen lässt!

[Fußnote]

^ Abs. 10 Die erste vollständige koreanische Bibel erschien 1911.

[Kasten auf Seite 13]

HANGUL KONSONANTEN UND VOKALE

KONSONANTEN:

ㄱ (g/k)

ㄴ (n)

ㄷ (d/t)

ㄹ (r/l)

ㅁ (m)

ㅂ (b/p)

ㅅ (s)

ㅇ *

ㅈ (ch/j)

ㅊ (ch’)

ㅋ (k’)

ㅌ (t’)

ㅍ (p’)

ㅎ (h)

VOKALE:

ㅏ (a)

ㅑ (ya)

ㅓ (ǒ)

ㅕ (yǒ)

ㅗ (o)

ㅛ (yo)

ㅜ (u)

ㅠ (yu)

ㅡ (ǔ)

ㅣ (i, wie in „Maschine“)

EIN BEISPIEL FÜR ZUSAMMENGESETZTE VOKALE

ㅓ (ǒ) + ㅣ (i) = ㅔ (e)

*Der Konsonant ㅇ ist ein stimmloser Laut — außer wenn er am Schluss steht. Dann wird er „ng“ ausgesprochen.

Die Vokale ǒ, yǒ und ǔ spricht man mit gerundeten Lippen; o, yo und u werden mit auseinander gezogenem, nur wenig geöffnetem Mund gesprochen. Die Konsonanten ch’, k’, t’ und p’ werden von dem Hauchlaut h begleitet.

[Kasten auf Seite 13]

KOREANISCHE WÖRTER SCHREIBEN

Jede Silbe besteht aus zwei oder drei Teilen: einem Anfangslaut, einem Mittellaut (mindestens ein Vokal) und in der Regel einem Schlusslaut. Ein Wort besteht aus mindestens einer Silbe. Jede Silbe wird in einem gedachten Viereck geschrieben, wie unten zu sehen ist. Der Anfangslaut (Konsonant oder stimmloses ㅇ) wird ganz oben oder im linken oberen Bereich angeordnet. Hat der mittlere Vokallaut eine senkrechte Form, wird er rechts neben den Anfangslaut gesetzt, wohingegen Vokallaute mit einer waagrechten Form darunter geschrieben werden. Buchstaben können auch verdoppelt werden, was die Intensität der Aussprache erhöht, und zusammengesetzte Vokale können eng nebeneinander oder ineinander eingreifend geschrieben werden. Hat die Silbe einen Schlusskonsonanten, erscheint er immer im unteren Bereich. Auf diese Weise lassen sich mit Hangul Tausende von verschiedenen Silben darstellen.

BEISPIELE:

ㅅ (s) + ㅗ (o) = 소 (so) Kuh

ㅅ (s) + ㅏ (a) + ㅇ (ng) = 상 (sang) Preis

ㄱ (k) + ㅗ (o) + ㅁ (m) = 곰 (kom) Bär

ㅁ (m) + ㅗ (o) + ㄱ (k) = 목 (mok) Hals

ㅅ (s) + ㅏ (a),

ㄹ (r) + ㅏ (a) + ㅇ (ng) = 사랑 (sa-rang) Liebe

[Kasten/Diagramm auf Seite 14]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Das Koreanische Alphabet

Zur Zeit König Sejongs bestand Hangul aus 28 Buchstaben, von denen 24 noch in Gebrauch sind: 14 Konsonanten und 10 Vokale. Die 5 Grundkonsonanten sollen die menschlichen Sprechwerkzeuge abbilden: ㄱ (g/k) die gewölbte Zunge, die den Hintergaumen berührt; ㄴ (n) die zurückgebogene Zungenspitze, die den Vordergaumen berührt; ㅁ (m) den Mund, von vorn betrachtet; ㅅ (s) die Zähne; ㅇ (ng) die geöffnete Kehle. Diesen Grundkonsonanten werden Striche hinzugefügt, um verwandte Konsonanten wiederzugeben, und zwar solche, die durch ungefähr die gleiche Mundstellung gebildet werden.

Die Grundvokale: Für den runden Himmel steht ein Punkt (•)*, für das flache Land eine waagrechte Linie (ㅡ), und für den stehenden Menschen eine senkrechte Linie (ㅣ). Damit sollen die Vokale dargestellt werden, die man mit der Zunge in der vorderen, mittleren und hinteren Lage erzeugen kann.

*Dieser Buchstabe ist im modernen Hangul nicht in Gebrauch.

[Diagramm]

[Bild auf Seite 13]

König Sejong