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Die Zahl der Alleinerziehenden wächst

Die Zahl der Alleinerziehenden wächst

Die Zahl der Alleinerziehenden wächst

„Nächtelang habe ich unter Tränen zu Gott gebetet und zu ihm gesagt: ‚Wie soll das alles bloß weitergehen?‘ “ (GLORIA, ALLEIN ERZIEHENDE MUTTER VON DREI KINDERN).

EINELTERNFAMILIEN sind heute in vielen Kulturkreisen zu einem festen und nicht zu übersehenden Bestandteil geworden. * Die traditionelle Familienstruktur, bestehend aus Mann, Frau und Kindern, macht neuen Formen des Familienlebens Platz. Demographen und Soziologen in vielen Teilen der Welt suchen nach Erklärungen dafür.

Nach Ansicht der Soziologen Professor Simon Duncan und Professor Rosalind Edwards „verändern sich die Familienformen und die Beziehung zwischen den Geschlechtern nachhaltig“. Aus welchem Grund? Wie Beobachter meinen, ist dies darauf zurückzuführen, dass man sich heute in einem Kontext wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Wandels für ganz bestimmte Lebensformen entscheidet.

Betrachten wir doch etwas genauer, was sich gewandelt hat und für welche Lebensformen man sich entscheidet. Die Menschen stehen heute sehr stark unter dem Druck des Alltags und werden von ihrer Außenwelt rund um die Uhr in Anspruch genommen. In Zeiten, die früher der Familie gewidmet waren, surft man jetzt im Internet, sitzt vor dem Fernseher oder im Auto, telefoniert oder eilt von einem Termin zum nächsten.

Wirtschaftliche Zwänge fordern ebenfalls ihren Tribut. Da Komfort heute seinen Preis hat, sind immer mehr Eltern berufstätig. Als Glieder einer mobilen Gesellschaft müssen Familienangehörige oft weit entfernt ohne den Rückhalt der Großfamilie und in manchen Fällen auch weitab vom Ehepartner leben und arbeiten. Die populäre Unterhaltung in vielen Ländern ist auch nicht gerade hilfreich, zielt sie doch nicht selten darauf ab, stabilisierende Institutionen wie Ehe und Familie zugrunde zu richten. *

Die allein erziehende Mutter von heute

Die allein erziehende Mutter von heute passt nicht zwangsläufig in das alte Klischee des unverheirateten Teenagers, der vom Sozialstaat lebt. Mutterschaft ohne Trauschein wird heutzutage längst nicht mehr so stark stigmatisiert, sondern hat durch das Vorbild gewisser Berühmtheiten sogar an Reiz gewonnen. Außerdem haben viele Frauen eine bessere Schulbildung und sind eher in der Lage, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen; finanziell gesehen, ist eine Heirat also keine Voraussetzung mehr, um Kinder zu haben.

Manche allein erziehende Mütter, besonders solche, die aus geschiedenen Ehen stammen, wollen dem eigenen Nachwuchs die schmerzliche Erfahrung ersparen, den Vater aus dem Haus gehen zu sehen; deshalb bleiben sie ledig. Andere stehen ganz unfreiwillig mit ihren Kindern allein da, weil sie im Stich gelassen wurden. Die Joseph-Rowntree-Stiftung in Großbritannien schreibt: „Kinder allein zu erziehen ist normalerweise keine selbstsüchtige oder bewusste Entscheidung, und die Kinder Alleinerziehender werden weder vernachlässigt noch sind sie undiszipliniert.“

Trotz alledem ist die große Zahl der Einelternfamilien ein Anlass zur Besorgnis, denn es kann durchaus sein, dass Alleinerziehende und ihre Kinder unter emotionalen Belastungen, wirtschaftlicher Not und gesellschaftlicher Benachteiligung leiden. Der eine oder andere fragt sich vielleicht, ob ein Elternteil allein die Kinder überhaupt gut erziehen kann. Welchen besonderen Herausforderungen müssen sich Einelternfamilien stellen? Wie können Christen die schwierige Aufgabe meistern, ihre Kinder mit Erfolg allein großzuziehen?

[Fußnoten]

^ Abs. 3 Soziologen weisen darauf hin, dass die Zahl der allein erziehenden Mütter weit höher liegt als die der allein erziehenden Väter. Deswegen befassen sich die vorliegenden Artikel in erster Linie mit allein erziehenden Müttern, wobei die angeführten Grundsätze auch auf allein erziehende Väter zutreffen.

^ Abs. 6 Allgemeine Probleme von Müttern werden ausführlich in der Artikelserie „Mütter — Müssen sie Superfrauen sein?“ in der Erwachet!-Ausgabe vom 8. April 2002 behandelt.

[Kasten auf Seite 4]

Begriffserklärungen

Die Bezeichnungen für Mütter, die ihre Kinder allein erziehen, sind international verschieden. In manchen Ländern spricht man von einer „ledigen Mutter“, wenn die Mutter nie verheiratet war. In anderen Ländern steht der Ausdruck „allein erziehende Mutter“ für Mütter, die ihre Kinder aus vielen verschiedenen Gründen ohne einen männlichen Partner erziehen. Diese Mütter mögen geschieden oder verwitwet sein, getrennt leben oder überhaupt nie geheiratet haben.

In unserer Artikelserie sind mit „Alleinerziehende“ oder „allein erziehende Mütter“ Personen gemeint, die ihre Kinder ohne Ehepartner großziehen.

[Kasten/Karte auf Seite 4, 5]

ALLEIN ERZIEHEN — EIN TREND IN VIELEN LÄNDERN

Vereinigte Staaten: „Die Zahl der allein erziehenden Mütter stieg in der Zeit von 1970 bis 2000 von 3 auf 10 Millionen; in demselben Zeitraum wuchs auch die Zahl der allein erziehenden Väter, und zwar von 393 000 auf 2 Millionen“ (amerikanische Zensus-Behörde).

Mexiko: Wie die Zeitung La Jornada schreibt, sind in Mexiko etwa 27 Prozent aller schwangeren Mütter im Teenageralter.

Irland: Die Rate der Haushalte mit nur einem erziehenden Elternteil stieg von 5,7 Prozent im Jahr 1981 auf 7,9 Prozent im Jahr 1991. „Zerrüttete Ehen sind immer noch einer der Hauptgründe, weshalb Mütter ihre Kinder allein erziehen“ (Single Mothers in an International Context, 1997).

Großbritannien: „Der Anteil der Familien, denen nur ein Elternteil vorsteht, hat erstmals die 25-Prozent-Marke überschritten, was zeigt, dass in den vergangenen 30 Jahren erheblich mehr Mütter unverheiratet geblieben sind und die Scheidungsrate deutlich gestiegen ist“ (The Times, London, 2. März 2000).

Frankreich: „Seit Ende der 1970er Jahre ist der Anteil der Einelternfamilien um mehr als 50 Prozent gestiegen“ (Single Mothers in an International Context, 1997).

Deutschland: „Die Zahl der allein erziehenden Eltern hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten verdoppelt. In fast allen Einelternfamilien ... hat die Mutter die Leitung“ (Single Mothers in an International Context, 1997).

Japan: Die Zahl der allein erziehenden Mütter ist seit den 1970er Jahren im Steigen. 1997 hatten in 17 Prozent aller Haushalte allein erziehende Mütter die Leitung (Single Mothers in an International Context, 1997; The World’s Women 2000: Trends and Statistics).

Griechenland: „Seit 1980 hat die Zahl der unverheirateten Mütter in ... [Griechenland] um 29,8 Prozent zugenommen. Im Jahr 1997 wurden nach Angaben der Europäischen Union 3,3 Prozent der Kinder außerehelich geboren, 1980 dagegen nur 1,1 Prozent“ (Ta Nea, Tageszeitung, Athen, 4. September 1998).

Australien: Fast jedes vierte Kind lebt bei nur einem leiblichen Elternteil, was gewöhnlich auf das Auseinanderbrechen der Ehe beziehungsweise der Partnerschaft der Eltern zurückzuführen ist. Die Zunahme der Einelternfamilien wird in einem Zeitraum von 25 Jahren schätzungsweise bei 30 bis 66 Prozent liegen (australisches Amt für Statistik).