Werden wir beobachtet?
Werden wir beobachtet?
TAG für Tag, wenn Elizabeth auf der Arbeit erscheint, überwacht eine Kamera jede Bewegung, die sie macht. Beim Betreten des Gebäudes wird ihr Gesicht aufgenommen, und bis zum Abend wird sie von zahlreichen weiteren Kameras auf Schritt und Tritt verfolgt. Eine solche strenge Kontrolle ist durchaus verständlich, denn Elizabeth arbeitet in einem Unternehmen, wo die Beschäftigten tagtäglich mit Bargeld in Millionenhöhe zu tun haben.
Elizabeth weiß, dass man sie bei der Arbeit scharf im Auge behält; das wurde ihr klar und deutlich gesagt, als sie die Stelle annahm. Bei Millionen anderen Menschen wiederum ist wahrscheinlich nicht so genau zu sagen, in welchem Umfang sie jeden Tag überwacht werden.
Leben in einer Überwachungsgesellschaft
Werden wir persönlich bei der Arbeit überwacht? Millionen Arbeitnehmer auf der ganzen Welt können an ihrem Arbeitsplatz Internet und E-Mail keinen Augenblick unkontrolliert benutzen. Im Jahresbericht 2001 der American Management Association ist zu lesen: „Knapp drei Viertel (73,5 %) der großen US-Firmen geben an, die Kommunikation und die Betätigungen ihrer Beschäftigten während der Arbeit festzuhalten und zu überprüfen, etwa Telefonate, E-Mail- und Internetverbindungen sowie Computerdateien.“
Regierungen geben Unsummen für Überwachungsanlagen aus. Ein Bericht, der am 11. Juli 2001 dem Europäischen Parlament vorgelegt wurde, spricht von der „Existenz eines weltweit arbeitenden Kommunikationsabhörsystems, das durch anteiliges Zusammenwirken der USA, des Vereinigten Königreichs, Kanadas, Australiens und Neuseelands . . . funktioniert“. Mithilfe eines globalen Netzes von Satellitenempfängerstationen, Echelon genannt, sind die Regierungen dieser Länder angeblich in der Lage, per Satellit übertragene E-Mail-, Telefon- und Faxmitteilungen abzufangen und zu durchsuchen. Wie in der Zeitung The Australian behauptet wird, können Regierungen mit diesem System „gezielt Faxe und E-Mails aussondern und, falls ein Spracherkennungsprogramm vorhanden ist, auch einen bestimmten Anrufer identifizieren“.
Polizei- und Justizbehörden arbeiten ebenfalls mit modernen Überwachungstechniken. Die Zeitschrift BusinessWeek berichtet aus den Vereinigten Staaten, das FBI verfüge über eine Technologie namens Carnivore „zur Überwachung von E-Mails, Pop-up-Messages [Sofortnachrichten] und digitalen Telefongesprächen“. In Großbritannien werden laut BBC-NEWS neue Gesetze den Polizei- und Justizbehörden erlauben, insgeheim „Tausende von Telefon-, Fax- und Internetbenutzern zu überwachen“.
Versteckte Kameras und detaillierte Datenbanken
Man kann auch überwacht werden, wenn man nicht gerade telefoniert, faxt oder E-Mails verschickt. Im australischen Staat Neusüdwales sind über 5 500 Kameras auf Fahrgäste der Bahn gerichtet. Überdies sind in demselben Staat etwa 1 900 öffentliche Busse mit Überwachungskameras bestückt.
In Großbritannien gibt es angeblich pro Kopf die größte Zahl von Überwachungskameras weltweit — gemäß einer Studie kommt auf 55 Bürger eine Kamera. Im Jahr 1996 gab es im Vereinigten Königreich nur 74 größere und kleinere Städte mit Videokameras auf öffentlichen Plätzen. 1999 waren es schon 500. Neue Programme für computerisierte Überwachungskameras machen es sogar möglich, in einer Menschenansammlung auf einem Flugplatz oder einem öffentlichen Platz das Gesicht einer bestimmten Person zu lokalisieren.
Noch nie konnte das Privatleben des Einzelnen so unauffällig überwacht werden wie heute. Simon Davies, Direktor der Menschenrechtsorganisation Privacy International, sagt: „Nie zuvor in der Geschichte wurden so viele Daten über die Bevölkerung erhoben. In über 400 Datenbanken sind hinreichend Details über die Erwerbstätigen der Industrieländer gespeichert, um über jeden von uns ein kleines Dossier zu erstellen.“
Was kann man tun, um seine Privatsphäre zu schützen?