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Heilpflanzen — Können sie uns helfen?

Heilpflanzen — Können sie uns helfen?

Heilpflanzen — Können sie uns helfen?

SEIT alters werden Pflanzen zur Behandlung von Krankheiten verwendet. In dem ägyptischen Papyros Ebers (circa 1550 v. u. Z.) sind Hunderte von volksmedizinischen Rezepten gegen die unterschiedlichsten Beschwerden aufgezeichnet. In der Regel wurde das Wissen über die Heilpflanzen jedoch mündlich überliefert.

Die abendländische Pflanzenheilkunde nahm anscheinend mit dem griechischen Arzt Dioskurides aus Anazarbos (1. Jahrhundert u. Z.) ihren Anfang. Dieser schrieb das Werk De Materia Medica, das für die nächsten 1 600 Jahre das maßgebliche Handbuch der Arzneimittellehre blieb. In vielen Teilen der Welt wird die überlieferte Pflanzenheilkunde immer noch häufig angewandt. Die Kosten für manche verordneten pflanzlichen Heilmittel werden in Deutschland sogar von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Manchmal wird die Ansicht vertreten, Heilkräuter oder die Volksmedizin sei ungefährlicher als die heutigen pharmazeutischen Präparate. Das ist aber nicht immer der Fall. Daher erheben sich die Fragen: Welche Vorsichtsmaßnahmen oder Hinweise sind zu berücksichtigen, wenn man eine Behandlung mit pflanzlichen Heilmitteln erwägt? Könnte außerdem unter bestimmten Umständen eine Art der Heilbehandlung günstiger sein? *

Inwiefern Heilpflanzen helfen können

Pflanzen werden viele Heilwirkungen zugeschrieben. Manche sollen dem Körper bei der Abwehr von Infektionen helfen, andere sollen die Verdauung fördern, die Nerven beruhigen, abführend wirken oder die Drüsentätigkeit beeinflussen.

Oft enthalten Heilpflanzen neben heilenden Stoffen auch Stoffe, die für die Ernährung wichtig sind. Zum Beispiel sind manche harntreibenden Pflanzen wie die Petersilie auch reich an Kalium. Das über die Nieren ausgeschiedene Kalium wird durch das pflanzliche wieder ersetzt. In ähnlicher Weise enthält Baldrian (Valeriana officinalis), der schon lange zur Beruhigung eingenommen wird, viel Kalzium. Das Kalzium kann die beruhigende Wirkung des Baldrians verstärken.

Wie Heilpflanzen angewendet werden

Heilkräuter werden in den unterschiedlichsten Formen angewendet, unter anderem als Aufguss, Absud, Tinktur sowie als Breiumschlag. Bei Aufgüssen werden Pflanzenteile mit siedendem Wasser übergossen. Es wird aber allgemein davon abgeraten, die Heilkräuter, die für Aufgüsse verwendet werden, in Wasser zu kochen. Bei Absuden von Wurzeln und Rinde werden die Pflanzenteile dagegen gekocht, damit ihre Wirkstoffe freigesetzt werden.

Worum handelt es sich bei Tinkturen? Nach einer Erklärung sind Tinkturen „Pflanzenextrakte, die mithilfe von reinem oder verdünntem Alkohol, Weinbrand oder Branntwein gewonnen werden“. Dann gibt es noch Wickel und Umschläge. Diese können verschiedenartig angewendet werden. Üblicherweise werden sie auf den erkrankten oder schmerzenden Körperteil aufgelegt.

Im Gegensatz zu vielen Vitaminen und Arzneimitteln gelten Kräuter eher als Teil der Nahrung. Man nimmt sie oft ohne etwas anderes dazu und auf nüchternen Magen zu sich. Manche nehmen Kräuter auch in Kapseln ein, was praktischer und angenehmer sein kann. Wer sich selbst behandeln möchte, sollte sich vorher sachkundig beraten lassen.

In der tradierten Heilkunde werden Heilpflanzen gegen Beschwerden wie Erkältungen, Verdauungsstörungen, Verstopfung, Schlaflosigkeit und Übelkeit empfohlen. Doch man verwendet sie manchmal auch bei ernsteren Erkrankungen zur Heilung und zur Vorbeugung. Zum Beispiel werden in Deutschland und Österreich die Früchte der Sägepalme (Serenoa repens, Sabal serrulata) im Frühstadium einer gutartigen Prostatavergrößerung eingesetzt. In manchen Ländern haben 50 bis 60 Prozent der Männer schließlich mit diesen Beschwerden zu tun. Wichtig aber ist zunächst, die Ursache der Vergrößerung vom Arzt feststellen zu lassen, um abzuklären, ob stärker wirkende Mittel nötig sind wie bei Krebs.

Vorsichtsmaßnahmen

Auch wenn eine Heilpflanze allgemein als ungefährlich gilt, ist Vorsicht geboten. Man sollte nicht weniger vorsichtig sein, nur weil irgendetwas als „natürliches Mittel“ bezeichnet wird. In einem Kräuterlexikon heißt es: „Das Unangenehme daran ist, dass viele Kräuter ausgesprochen gefährlich sind. . . . [Leider] fehlt der nötige Respekt vor gefährlichen wie harmlosen Heilkräutern.“ Manche pflanzlichen Substanzen beeinflussen die Herzfrequenz, den Blutdruck oder den Blutzuckerspiegel. Wer daher an einer Herzkrankheit, unter Bluthochdruck oder an Diabetes leidet, muss besonders vorsichtig sein.

In der Regel beschränken sich jedoch die Nebenwirkungen auf allergische Reaktionen. Zu diesen gehören Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Hautausschläge. Heilpflanzen sollen auch eine so genannte Erstverschlimmerung verursachen, bei der Symptome auftreten können wie bei Grippe oder Ähnlichem. Wer seine Beschwerden also mit Heilkräutern behandelt, fühlt sich womöglich erst schlechter, bevor eine Besserung eintritt. Diese Reaktion wird angeblich durch Abbauprodukte ausgelöst, die im Anfangsstadium der Behandlung vermehrt ausgeschieden werden.

Die gelegentlichen Todesfälle, die bestimmten pflanzlichen Präparaten zugeschrieben werden, unterstreichen, dass man vorsichtig sein und sich gut beraten lassen muss. Das gilt zum Beispiel für Ephedra (Meerträubel): Die Pflanze wird im Allgemeinen gegen Übergewicht eingenommen, kann aber auch den Blutdruck erhöhen. Über 100 berichtete Todesfälle in den Vereinigten Staaten sollen auf Ephedra-Präparate zurückzuführen sein. Allerdings sagt der Pathologe Steven Karch aus San Francisco: „Bei den einzigen [durch Ephedra verursachten] Todesfällen, die mir bekannt sind, litten die Betroffenen an einer schweren koronaren Herzkrankheit oder hatten eine Überdosis genommen.“

Dr. Logan Chamberlain, Verfasser eines Buches über Kräuter als Nahrungsergänzung, sagt: „In den letzten Jahren ging laut Berichten jede schädliche Auswirkung von pflanzlichen Präparaten darauf zurück, dass man Gebrauchsanweisungen missachtet hatte. . . . Die Dosierungsanleitungen bei zuverlässigen Präparaten sind sicher und sogar vorsichtig festgelegt. Man sollte sich nicht darüber hinwegsetzen, es sei denn, man hat sich von einem erfahrenen Herbalisten gut beraten lassen.“

Die Herbalistin Linda Page gibt den folgenden Warnhinweis: „Selbst bei ernsten Leiden sind mäßige Dosierungen angezeigt, ,Megadosen‘ dagegen nicht. Eine milde, aber längere Behandlung ist viel erfolgversprechender. Die Wiederherstellung der Gesundheit braucht ihre Zeit.“

In einem Kräuterbuch wird erklärt, dass manche Heilpflanzen eine Art eingebauten Überdosierungsschutz haben. So ist es bei einer bestimmten Pflanze, die beruhigend wirkt, doch in zu großen Mengen eingenommen, Brechreiz verursacht. Diese Eigenheit hat aber nicht jede Heilpflanze, und daher ist es immer erforderlich, die empfohlene Dosierung einzuhalten.

Viele vertreten jedoch die Ansicht, dass Heilpflanzen erst dann wirken, wenn sie in der richtigen Form vorliegen und die Dosis nicht zu niedrig ist. Zuweilen ist das nur mithilfe von Extrakten möglich. Das trifft auf den Ginkgo biloba zu, der schon lange gegen Gedächtnisschwäche und Durchblutungsstörungen verwendet wird. Für eine wirksame Einzeldosis sind mehrere Kilo Blätter erforderlich.

Eine potenziell gefährliche Kombination

Heilpflanzen und Arzneimittel können sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen. Heilkräuter können beispielsweise die Wirkung von Medikamenten verstärken oder vermindern; das Arzneimittel wird möglicherweise schneller als sonst ausgeschieden oder das Risiko von Nebenwirkungen erhöht sich. Durch Johanniskraut, das oft gegen milde bis leichte Depressionen verordnet wird, werden mehrere Medikamente doppelt so schnell wie normal ausgeschieden und wirken daher schwächer. Wer verschreibungspflichtige Medikamente einnimmt, zum Beispiel ein empfängnisverhütendes Mittel, sollte also vor der Einnahme von Heilkräutern einen Arzt zurate ziehen.

In einem Fachbuch über Heilpflanzen heißt es: „Wenn bestimmte Heilkräuter neben Alkohol, Marihuana, Tabak, Kokain und anderen stimmungsverändernden suchterzeugenden Mitteln eingenommen werden, können lebensgefährliche Wechselwirkungen auftreten. . . . Es ist ein Gebot der Vernunft, auf . . . [solche Drogen und Genussgifte] zu verzichten, besonders während einer Krankheit.“ Auch werdende und stillende Mütter sollten sich an diesen Rat halten. Christen bleiben ohnehin vor den Schäden durch Tabak und Drogen bewahrt, da sie das biblische Gebot beachten, ‘sich von jeder Befleckung des Fleisches und Geistes zu reinigen’ (2. Korinther 7:1).

Ein Fachbuch enthält den folgenden Hinweis: „Tritt während der Verwendung einer Heilpflanze eine Schwangerschaft ein, sollte der Arzt informiert und das pflanzliche Mittel vorerst abgesetzt werden. Der Arzt benötigt genaue Angaben über Dosierung und Dauer der Einnahme des Mittels.“

„Die [heilpflanzliche] Selbstmedikation birgt mehrere Gefahren“, heißt es in einem Kräuterlexikon. In dem Kasten „Die Gefahren der Selbstmedikation“ sind die entsprechenden Risiken aufgeführt.

Wie bei allen der Gesundheit dienenden Produkten muss man auch bei Mitteln aus Heilpflanzen vorsichtig sein und sich mit ihnen auskennen. Ferner darf man nicht zu viel erwarten. Manche Krankheiten sind bisher einfach nicht heilbar. Es wird eine Zeit geben, wo die eigentliche Ursache von Krankheit und Tod — die von unseren Ureltern ererbte Unvollkommenheit — unter dem Königreich Gottes völlig beseitigt werden wird. Darauf hoffen wahre Christen sehr (Römer 5:12; Offenbarung 21:3, 4).

[Fußnote]

^ Abs. 4 Erwachet! ist keine medizinische Zeitschrift und empfiehlt keine bestimmte Behandlung oder Diät, ob es sich um pflanzliche Heilmittel handelt oder nicht. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information. Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen und Behandlungsmethoden muss der Leser selbst treffen.

[Kasten auf Seite 14]

Die Gefahren der Selbstmedikation

Die Anwendung von Heilpflanzen nach eigenem Ermessen und ohne sachkundige Beratung birgt folgende Gefahren in sich:

Man kennt womöglich nicht die eigentliche Ursache der Beschwerden.

Auch bei einer richtigen Selbstdiagnose ist vielleicht das eigene Heilprogramm in dem Fall nicht angezeigt.

Durch die Selbstmedikation wird zuweilen eine stärker wirkende, doch nötige und angezeigte Behandlung verzögert.

Die Selbstmedikation steht unter Umständen im Konflikt mit verordneten Arzneimitteln — zum Beispiel Mittel gegen Allergien oder Blutdruckmittel.

Durch das eigene Heilprogramm wird womöglich eine leichte Erkrankung geheilt, doch eine andere verschlimmert wie zum Beispiel Bluthochdruck.

[Nachweis]

Quelle: Rodale’s Illustrated Encyclopedia of Herbs