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Spielzeug — Früher und heute

Spielzeug — Früher und heute

Spielzeug — Früher und heute

PHILIP * und seine kleinen Spielkameraden sind begeistert, wie gut ihr aus Schnüren selbst gebastelter Fußball springt. Sie spielen sofort munter drauflos. Mike staunt nicht schlecht, wie gut sein kleines Auto auf die Fernsteuerung in seiner Hand reagiert. Er kann es ohne Probleme vorwärts und rückwärts fahren lassen. Andrea und ihre Freundinnen spielen im Zimmer; sie ziehen ihren Puppen Kleider und Schuhe an und erzählen sich, wie sie sich anziehen wollen, wenn sie erst einmal groß sind.

Was haben alle diese Kinder gemeinsam? Sie haben Spielzeug, mit dem sie sich stundenlang beschäftigen können. So manches Spielzeug, zum Beispiel ein Lieblingsteddybär, wird für die Kleinen von Kindesbeinen an ein unzertrennlicher Gefährte und bekommt sogar einen Ehrenplatz im Familienalbum. Seit wann gibt es überhaupt Spielzeug? Und warum ist Spielzeug für Kinder so wichtig?

Der Ursprung von Spielzeug

In einer Enzyklopädie ist zu lesen: „Ein Spielzeug ist oft irgendein Gegenstand, der zum Spielen verwendet wird. Spielsachen und Spiele gibt es seit Urzeiten und in den verschiedensten Kulturen. Sie können ganz simpel, aber auch hochkompliziert sein, angefangen von einem einfachen Stecken, der in der Fantasie eines Kindes zum Steckenpferd wird, bis hin zu hoch entwickelten komplizierten Geräten.“ Somit kann jeder Gegenstand, der sich zur Unterhaltung und zum Spielen benutzen lässt, zum Spielzeug werden. Und da sich der Mensch von Natur aus gern zerstreut, ist Spielzeug höchstwahrscheinlich fast so alt wie die Menschheit.

Zum Beispiel hat man Puppen entdeckt — oder zumindest Teile davon —, die aus der Zeit des alten Babylonien und Ägypten stammen. Puppen sind womöglich das älteste Spielzeug überhaupt. Ein anderes altbekanntes Spielzeug ist der Ball. Wann er erstmals zum Spielen verwendet wurde, ist nicht bekannt. Allerdings hat man in einem altägyptischen Kindergrab Steinkegel gefunden, die zu einer Art Kegelspiel gehörten. Und bei diesem Spiel wurde eine Steinkugel verwendet.

Vor über dreitausend Jahren gab es in Griechenland bereits Jo-Jos aus Stein, und wie es aussieht, wurde damit auch im alten China gespielt. Kinder im alten Rom spielten mit Marionetten und mit geometrischen Formen aus Elfenbein, die sie zusammensetzten. Griechische und römische Jungen spielten auch mit kleinen Wagen. Das zeigt, dass Spielzeugwagen und dergleichen schon seit eh und je beliebt sind. In einem Museum kann man sich eine Tierfigur auf Rädern anschauen. Sie ist aus Ton und stammt aus einer frühen mexikanischen Kultur; eventuell war auch sie ein Spielzeug. Interessanterweise hat man in dieser Kultur sonst keine weiteren Räder gefunden. Im Mittelalter wurden ovale oder runde Bälle aus Tierblasen hergestellt. Man blies sie auf und spielte damit ähnlich wie bei heutigen Ballspielen auf ein gegnerisches Tor zu.

Im England des 18. Jahrhunderts erfand man das Puzzlespiel. Es war als Lernmittel gedacht und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts sehr populär. Dann kamen Wachsmalstifte in Umlauf. Davon hat allein in den Vereinigten Staaten eine einzige Firma über einhundert Milliarden hergestellt. Wie man sieht, haben einige der heutigen Spielzeuge also schon eine sehr lange Geschichte und spielten auch früher im Leben der Menschen stets eine wichtige Rolle.

Warum ist Spielen und Spielzeug wichtig?

„Spielen ist für kleine Kinder etwas ganz Natürliches. Durch das Spiel lernt das Kind und wächst es — in seinen körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten. Spielen ist sozusagen die Arbeit des Kindes, das heißt, sein Spielzeug ist sein Werkzeug, und das richtige Spielzeug kann einem Kind helfen, seine Arbeit gut zu machen“, hieß es in dem Ratgeber einer staatlichen Stelle über die Wichtigkeit des richtigen Spielzeugs und von Spielzeug überhaupt.

Natürlich ist Spielzeug vor allem beliebt, weil es Spaß bringt. Doch auch sein Beitrag zur Entwicklung eines Kindes ist nicht zu unterschätzen. Ein paar Beispiele: Ein Kind, das mit einem Spielzeugauto spielt, tut etwas für seine Motorik. Beim Seilspringen verbessert es seine Koordination. Beim Ballkicken und Fahrradfahren lernt es, das Gleichgewicht zu halten. Und wenn es mit Bausteinen spielt oder etwas malt, lernt es, seine Bewegungen genau zu koordinieren.

Und wie nützt Spielzeug den intellektuellen Fähigkeiten des Kindes? Wird zum Beispiel beim Seilhüpfen oder Fangenspielen gesungen und gereimt, ist das gut für die Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten. Baut ein Kind mit Bauklötzen oder lernt es, Spielregeln einzuhalten, setzt es ein Puzzle zusammen oder spielt es Geschichten nach und verkleidet sich, stimuliert das zudem seine Denkprozesse und seine Kreativität. Nicht anders ist es, wenn es ein Musikinstrument spielt, etwas bastelt oder künstlerisch gestaltet oder eine Handarbeit macht.

Nicht zu verkennen ist auch, wie wichtig Spielen für den Erwerb der sozialen Fähigkeiten der Kinder ist, für die Interaktion mit anderen — zum Beispiel wenn sie in einer Mannschaft Ball spielen. Dr. Bruce Duncan Perry erklärt: „Das Kind lernt sein Umfeld besser verstehen und wird unter Umständen mitfühlender und weniger ichbezogen. Beim Spiel mit Gleichaltrigen erlernen Kinder soziale Regeln, beispielsweise wie man sich im Umgang mit anderen beherrschen und eigene Frustgefühle akzeptieren lernt.“

Kinder ahmen beim Spielen auch Erwachsene nach. Schon der griechische Philosoph Aristoteles sagte, dass das Nachahmen den Menschen angeboren ist. Ja, viele Alltagsdinge werden von Kindern nachgemacht und dadurch spielerisch erlernt. Wie oft sieht man ein kleines Mädchen seine Puppe in den Schlaf wiegen, genauso wie es das später eventuell mit dem eigenen Baby machen wird. Oder vielleicht tut die Kleine so, als würde sie etwas für ihre Spielkameraden kochen. Und ebenso fahren die Jungen mit ihren „Autos“ und machen sogar das Motorengeräusch nach. Damit bereiten sie sich auf das echte Autofahren vor. Bei der Auswahl des Spielzeugs für seine Kinder sollte man allerdings auf einiges achten. Wieso?

Sorgfältige Auswahl des Spielzeugs

„Spielzeug fördert heutzutage die Vorstellung von einer gewalttätigen, gesetzlosen Gesellschaft“, hieß es im Londoner Daily Telegraph. Diese Aussage trifft zwar nicht auf alles Spielzeug zu, allerdings sieht man heute immer weniger klassisches Spielzeug und immer häufiger „deformierte, muskulöse Figuren . . ., die aggressiv aussehen“, so konnte man in einem Artikel der mexikanischen Zeitung La Jornada lesen. In diesem Artikel wurde Patricia Ehrlich zitiert, eine Lehrerin und Forscherin an der Freien Universität Xochimilco. Wie sie erklärte, fördern viele marktübliche Spielwaren die Ideologie einer Herrschaft, die auf Gewalt, Aggression, Macht, Unterwerfung und Angst aufbaut.

Die nationale Vereinigung der Schulpsychologen in den Vereinigten Staaten bestätigt, dass sich das Spielen mit gewaltförderndem Spielzeug „negativ auf die Lernfähigkeit und Entwicklung der Kinder auswirkt und gefährliche Folgen haben kann“. Studien lassen erkennen, dass gewaltbehaftete Video- und Computerspiele Aggressivität auslösen und zu kriminellem Verhalten führen können. Darum sollte sich jeder Erwachsene, der für ein Kind verantwortlich ist, sorgfältig überlegen, welches Spielzeug er auswählt. (Siehe den Kasten auf Seite 26.)

Dank moderner technischer Entwicklungen gibt es heute Spielzeug in Hülle und Fülle und mit allen technischen Raffinessen. Doch vieles davon übersteigt vielleicht das Familienbudget, wird den Kindern schnell langweilig oder tut ihnen einfach nicht gut. Leanne, eine allein erziehende Mutter von fünf Kindern in Australien, sagt dazu: „Meine großen Jungs bitten mich oft, ihnen teure Computerspiele zu kaufen, die sie in der Werbung gesehen haben. Es scheint ihnen jedoch viel mehr Spaß zu bringen, wenn sie sich stundenlang im Garten mit einem einfachen Schläger und einem Gummiball austoben können. Ich finde, die einfachen Spielzeuge sind die langlebigsten und helfen meinen Kindern am besten, ihre Fantasie zu entfalten.“

Ein Wort an euch Kinder: Wie wäre es, wenn ihr euch euer eigenes Spielzeug bastelt?

Vielleicht kannst du dir nicht das neuste Spielzeug kaufen. Aber du brauchst deswegen nicht traurig zu sein, sondern kannst dir einfach selbst etwas ausdenken und kreativ werden. In aller Welt machen sich viele Kinder wie du ihr Spielzeug selbst.

Schau dir doch mal die Bilder links an. Die Kinder scheinen doch echt Spaß zu haben, oder was denkst du? Solche „Autos“ zusammenzubauen ist gar nicht so einfach. Du musst dir etwas alten Draht besorgen und ihn in die richtige Form biegen. Für die Reifen kannst du etwas Gummi oder Plastik zuschneiden. Wie gefällt dir der Zug aus Plastikflaschen? Und was sagst du zu dem Lkw? Er ist aus lauter Holzteilen zusammengebaut. Manchmal kann man mit selbst gebasteltem Spielzeug sogar fahren, wie zum Beispiel mit dem Roller da links, den ein Kind in Afrika gemacht hat. Diese Kinder finden, dass Spielzeug nicht teuer sein muss, damit man Spaß damit haben kann. Es macht sogar noch mehr Spaß, es selbst zu basteln. Versuch’s doch einmal!

[Fußnote]

^ Abs. 2 Die Namen wurden geändert.

[Kasten/Bild auf Seite 26]

Gutes Spielzeug ist:

● ungefährlich und passend für das Alter, die Fähigkeiten und die körperliche Entwicklung des Kindes

● von guter Qualität und strapazierfähig (Kinder nehmen gern alles auseinander)

● interessant und spannend genug, um die Aufmerksamkeit des Kindes zu fesseln

● anregend für die Fantasie und Kreativität des Kindes

● erschwinglich

● ungiftig

[Kasten/Bild auf Seite 27]

Damit Spielzeug nicht gefährlich wird:

● Spielzeug für ältere Kinder außer Reichweite der kleineren halten

● Die Gebrauchsanleitung und alle Sicherheitshinweise sorgfältig lesen, möglichst mit dem Kind

● Dem Kind und seinen Spielkameraden beibringen, wie man mit Spielzeug richtig umgeht und es ordentlich wegräumt

● Kein Spielzeug anschaffen, das einen schädlichen Lärmpegel erreicht

● Das Spielzeug in regelmäßigen Abständen begutachten; beschädigtes Spielzeug sollte gegebenenfalls repariert oder umgehend entsorgt werden

● Nur ältere Kinder mit potenziell gefährlichem Spielzeug, das zum Beispiel scharfkantig ist oder mit dem man auf etwas zielt, spielen lassen und nur unter elterlicher Aufsicht; das Gleiche gilt für elektrisches Spielzeug

● Spielzeug mit kleinen Teilchen, die verschluckt werden könnten, von kleinen Kindern fern halten

[Bild auf Seite 24]

Löwe und Igel auf Rollen, zweites Jahrtausend v. u. Z. (Iran)

[Bildnachweis]

Löwe und Igel: Erich Lessing/Art Resource, NY

[Bild auf Seite 25]

Puppe aus Ton, circa 600 v. u. Z. (Italien)

[Bild auf Seite 25]

Kreisel aus der klassischen Zeit Griechenlands, circa 480 v. u. Z.

[Bild auf Seite 25]

Puppe aus Maishüllblättern (Kolonialamerika)

[Bild auf Seite 25]

Wachsmalstifte, Anfang des 20. Jahrhunderts (Vereinigte Staaten)

[Bilder auf Seite 26]

Kinder mit selbst gebautem Spielzeug

[Bildnachweis auf Seite 25]

Puppe aus Ton: Erich Lessing/Art Resource, NY; oben: Réunion des Musées Nationaux/ Art Resource, NY; Puppe aus Maishüllblättern: Art Resource, NY