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Giant’s Causeway

Giant’s Causeway

Giant’s Causeway

VON EINEM ERWACHET!-MITARBEITER IN IRLAND

NACH einer irischen Legende forderte ein irischer Riese namens Finn MacCool den schottischen Riesen Benandonner zum Kampf. Allerdings gab es da ein Problem. Es fehlte ein Boot, das groß genug gewesen wäre, einen der beiden Riesen über das Meer zu seinem Gegner zu bringen. Wie man sich erzählt, löste Finn MacCool das Problem, indem er aus riesigen Steinsäulen einen Damm über das Meer baute.

Benandonner nahm die Herausforderung an und marschierte über den Damm nach Irland. Er war größer und stärker als Finn MacCool. Sobald Finn MacCools Frau das sah, griff sie zu einer List und verkleidete ihren Riesenmann als Baby. Als Benandonner am Haus der beiden eintraf und das „Kindchen“ erblickte, bekam er es gehörig mit der Angst zu tun. Wenn schon das Kind so groß war, wollte er dem Vater lieber nicht begegnen! Er rannte schnurstracks zurück nach Schottland. Um sicherzugehen, dass Finn MacCool ihm nicht nachstellen würde, riss Benandonner beim Laufen den Weg hinter sich ein. In Irland sind lediglich die Steine übrig geblieben: Giant’s Causeway oder der Damm des Riesen.

Mit dieser amüsanten Geschichte wird Millionen von Besuchern schon seit mindestens 300 Jahren erklärt, wie der Giant’s Causeway entstanden sein soll. Doch wie entstand er wirklich und was macht ihn so interessant? Wir beschlossen, uns selbst einmal ein Bild zu machen.

Ein Damm für Riesen!

Der Damm des Riesen liegt an der Nordküste Irlands, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Belfast. Gleich nachdem wir angekommen waren, gingen wir das kurze Stück vom Besucherzentrum hinunter zum Strand. Als wir um eine Biegung kamen, bot sich uns ein äußerst erstaunlicher Anblick: Tausende mächtige, bis zu 6 Meter hohe senkrechte Steinsäulen! Manche schätzen ihre Zahl auf rund 40 000. Uns faszinierte jedoch weniger die Zahl der Säulen, sondern ihre Symmetrie. Die meisten Säulen haben etwa 40 bis 50 Zentimeter Durchmesser, sind oben mehr oder weniger flach und alle scheinen 6 Seiten zu haben. Sie sind so gleichmäßig geformt, dass sie von oben wie eine Bienenwabe wirken. Wie wir später jedoch merkten, ist etwa jede vierte Säule 5-seitig; einige andere haben 4, 7, 8 oder sogar 9 Seiten.

Der Damm des Riesen lässt sich in 3 Abschnitte unterteilen. Der größte heißt Grand Causeway und beginnt unterhalb der Klippen am Strand. Anfangs meint man, eine zufällige Ansammlung riesiger, bis zu 6 Meter hoher Trittsteine vor sich zu haben. Folgt man den Steinen in Richtung Meer, versteht man sofort, warum von einem Dammweg für Riesen die Rede ist: Schon bald haben die wabenförmigen Säulen in etwa die gleiche Höhe. Dort erinnert der Damm an ein 20 bis 30 Meter breites Kopfsteinpflaster. Bei Ebbe konnten wir auf dieser „Pflasterstraße“ einige hundert Meter weit hinaus aufs Meer laufen, bevor sie sachte unter den Wellen verschwand — wie es schien in Richtung Schottland.

Die beiden anderen Abschnitte heißen Middle Causeway und Little Causeway und befinden sich neben dem Grand Causeway. Sie gleichen eher Hügeln als einer Straße. Die flachen Spitzen der Säulen machen es dem abenteuerlustigen Besucher leicht, von einem Hügel zum nächsten zu klettern. Dabei muss man allerdings gut aufpassen, denn besonders die Säulen in Ufernähe sind nass und sehr rutschig!

Andere riesenhafte Gebilde

Während wir den etwa 6,5 Kilometer langen Küstenabschnitt namens Causeway Headlands entlangwanderten, erblickten wir in den Klippen Tausende weiterer Säulen. Im Laufe der Jahre hat man diesen Gebilden verschiedene Namen gegeben. Zwei der Formationen sind nach Musikinstrumenten benannt. Die „Orgel“ erhielt ihren Namen aufgrund der hohen, gleichmäßig geformten Säulen, die an Orgelpfeifen erinnern. Und die „Harfe des Riesen“ besteht aus mächtigen gekrümmten Säulen, die sich zum Strand hinabschwingen.

Auch in den Namen anderer Gebilde tauchen immer wieder Riesen auf. So gibt es den „Webstuhl des Riesen“, den „Sarg des Riesen“, die „Kanonen des Riesen“ und die „Augen des Riesen“. Sogar ein „Schuh des Riesen“ ist vorhanden! Diesen schuhförmigen Brocken entdeckten wir schließlich etwas abseits vom Damm des Riesen am Strand. Er ist ungefähr 2 Meter hoch. Somit muss der dazugehörige sagenhafte Riese — wie manche aus der Größe des „Schuhs“ errechnet haben — mindestens 16 Meter groß gewesen sein.

Eine andere Formation, die „Schornsteinspitzen“, lässt einen an die berühmte spanische Armada denken. Wieso das? Bei den „Schornsteinspitzen“ handelt es sich um einige frei stehende Säulen auf einem Felsvorsprung über der Küste. Man kann sich gut vorstellen, dass vom Meer aus die durch Wind und Wetter aus der Felswand herauserodierten Säulen wie die Schornsteinspitzen einer großen Burg aussehen. Wie es heißt, feuerte das flüchtende spanische Kriegsschiff Girona nach der Niederlage der spanischen Armada 1588 eine Breitseite in Richtung dieser Säulen. Offenbar meinte die Besatzung, eine feindliche Burg vor sich zu haben.

Das andere Ende des Damms

Nach der Legende wurde der Damm des Riesen als Verbindung zwischen Irland und Schottland gebaut. Wo ist aber das andere Ende? Etwa 130 Kilometer nordöstlich gibt es vor der Westküste Schottlands tatsächlich identische Basaltsäulen — auf einer winzigen unbewohnten Insel namens Staffa Island (deutsch: Säuleninsel). Benandonner, der schottische Riese, der vor Finn MacCool geflohen war, wurde auch Fingal genannt, und die Hauptattraktion von Staffa ist die nach ihm benannte Fingalshöhle — eine große Grotte inmitten von Basaltsäulen, die sich rund 80 Meter in den Fels erstreckt. Übrigens hat der Klang der Brandung in der Grotte den deutschen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1832 zu seiner Ouvertüre „Die Hebriden“, auch als „Fingalshöhle“ bekannt, inspiriert.

Wie entstanden?

Wenn diese einheitlich geformten Säulen nicht durch die Hand rivalisierender Riesen geschaffen wurden, wie sind sie dann entstanden? Wie wir herausfanden, hängt die tatsächliche Antwort mit bestimmten Prozessen der Gesteinsbildung zusammen.

Nordirland liegt auf einem kompakten Kalksteinplateau. Vor langer Zeit wurde durch vulkanische Aktivität tief im Innern der Erdkruste geschmolzenes, über 1 000 Grad Celsius heißes Gestein durch Spalten im Kalkstein nach oben gedrückt. An der Luft kühlte das Gestein ab und erstarrte. Doch warum härtete es nicht einfach als mächtige, formlose Masse aus?

Geschmolzenes Gestein — Magma — ist chemisch ganz unterschiedlich zusammengesetzt und kann daher auch alle möglichen Felsarten bilden. Bei dem so dramatisch geformten Gestein des Giant’s Causeway handelt es sich um Basalt. Während der Basalt allmählich abkühlte, zog er sich zusammen und aufgrund der chemischen Zusammensetzung entstanden dabei an der Oberfläche regelmäßige 6-eckige Risse. Als das Gestein mit der Zeit auch in der Tiefe abkühlte, setzten sich die Risse senkrecht fort und bildeten so die zahllosen bleistiftartigen Basaltsäulen.

„Wo ist . . . das Rühmen des Architekten?“

Derartige Säulen gibt es nicht nur in Irland oder Schottland. In den meisten anderen Gegenden sind sie jedoch nur mühsam zu erreichen. An einer für jedermann zugänglichen Stelle so viele gut erhaltene 6-eckige Säulen zu finden ist eine echte Seltenheit.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war Sir Joseph Banks so sehr von der Schönheit der relativ wenigen Säulen angetan, die er auf Staffa entdeckt hatte, dass er bemerkte: „Was sind schon die Kathedralen oder Paläste von Menschenhand verglichen hiermit! . . . Wo ist nun das Rühmen des Architekten?“

Unser Besuch am Giant’s Causeway, einem der Naturwunder Irlands, weckte in uns ähnliche Gefühle der Bewunderung. Bei unserer Wanderung durch diese natürliche Architektur dachten wir immer wieder an die Macht und an das kreative Können des großen Schöpfers und Architekten, Jehova Gott.

[Bild auf Seite 15]

Ein Naturphänomen — Die meisten Steinsäulen sind 6-eckig

[Bildnachweis]

Courtesy NITB

[Bild auf Seite 16, 17]

Die Basaltsäulen ziehen sich 6 Kilometer an der Küste entlang

[Bild auf Seite 17]

Der etwa 2 Meter hohe „Schuh des Riesen“

[Bild auf Seite 17]

Diese 12 Meter hohen Säulen wirken wie die Pfeifen einer riesigen Orgel

[Bildnachweis auf Seite 16]

Oben links: Mit frdl. Gen.: NITB; unten: © Peter Adams/Index Stock Imagery