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Die Alhambra — Ein islamisches Juwel in Granada

Die Alhambra — Ein islamisches Juwel in Granada

Die Alhambra — Ein islamisches Juwel in Granada

VON EINEM ERWACHET!-MITARBEITER IN SPANIEN

„Wie viele wahre und fabelhafte Legenden und Erzählungen; wie viele spanische und arabische Gesänge und Romanzen von Liebe, Krieg und Ritterlichkeit sind nicht mit diesem romantischen Gebäude verbunden?“ (WASHINGTON IRVING, AMERIKANISCHER SCHRIFTSTELLER DES 19. JAHRHUNDERTS).

DER märchenhafte Ort, der Irving zu diesen Worten inspiriert hat, ist die Alhambra. Dieser einzigartige Palast, der das spanische Granada schmückt, ist ein Stück Arabien oder Persien im Süden Europas. Ihre außergewöhnliche Schönheit verdankt die Festung den Mauren, die Spanien mehrere Jahrhunderte geprägt haben. *

Im 11. Jahrhundert gründete der arabische Emir Zawí ben Zirí das unabhängige Königreich Granada. Es bestand 500 Jahre und ließ Künste und Kultur gedeihen. Sein Niedergang kam, als die katholischen Herrscher Ferdinand und Isabella 1492 die Maurenherrschaft in Spanien beendeten.

Das maurische Granada erreichte seinen Zenit erst, nachdem die christlichen Heere 1236 Córdoba erobert hatten. Damals stieg Granada zur Hauptstadt des maurischen Spanien auf. Mit der Zeit ließen dort mehrere aufeinander folgende Herrscher eine Palastanlage entstehen, wie sie Europa noch nie gesehen hatte — die Alhambra. Ein Schriftsteller beschrieb sie enthusiastisch als „das herrlichste Bauwerk auf Erden“.

Nicht weniger majestätisch als der Komplex selbst ist auch die Lage der Alhambra. Im Hintergrund erhebt sich die mächtige Kulisse der Sierra Nevada mit ihren bis zu 3 400 Meter hohen schneebedeckten Gipfeln. Die Alhambra selbst steht auf einem lang gestreckten, bewaldeten Hügel namens Sabika, 150 Meter über der Stadt. Wie der Dichter Ibn Zamrak im 14. Jahrhundert schrieb, blickt der Hügel auf Granada wie ein Mann, der bewundernd seine Frau betrachtet.

Eine Stadt in der Stadt

Der arabische Name Alhambra („die Rote“) spielt wahrscheinlich auf die Farbe der Steine an, aus denen die Mauren die Außenmauern errichtet haben. Manche bevorzugen allerdings die Erklärung arabischer Historiker, die Alhambra sei „im Schein der Fackeln“ erbaut worden und deren Licht habe den Wänden in der Nacht die rötliche Farbe verliehen, auf die der Name des Bauwerkes anspiele.

Die Alhambra ist weit mehr als nur ein Palast. Man könnte sie als eine Stadt in der Stadt Granada beschreiben. Hinter ihren weitläufigen Wehrmauern verbergen sich Gärten, Pavillons, ein Palastkomplex, die Alcazaba oder Festung, ja sogar eine kleine Medina oder arabische Stadt. Heute bilden die maurischen Teile der Alhambra zusammen mit den späteren Erweiterungen ein einzigartiges Nebeneinander von äußerst fein gearbeiteter arabischer Kunst und den eher schweren, geometrischen Linien der Renaissance.

Ihre Schönheit verdankt die Alhambra einer Technik, die sowohl die Mauren als auch die alten Griechen verwendeten. Zuerst integrierten sie die natürliche Farbe und die Struktur des Steins in einen harmonischen, wohlproportionierten und einfachen Stil. Anschließend verzierten sie ihre elegante Konstruktion. Ein Fachmann erklärte dazu einmal: „Die Mauren hatten stets die Regel vor Augen, die wir als das erste Principium in der Architektur betrachten — dass die Construction verziert, die Verzierung aber nie eigens construirt werden sollte.

Im Inneren der Alhambra

Der Besucher betritt die Alhambra durch ein gewaltiges hufeisenförmiges Tor, das „Tor der Gerechtigkeit“. Der Name erinnert daran, dass hier während der moslemischen Besatzung das Gericht zusammenkam, um kleinere Rechtsstreitigkeiten sofort zu erledigen. Die Rechtsprechung am Stadttor wird in der Bibel erwähnt und war im ganzen Nahen Osten üblich. *

Die für arabische Paläste wie die Alhambra so typische kunstvolle Dekoration ist aus Stuck. Die Kunsthandwerker haben in den Gips kunstvolle Muster graviert, die so fein wie Spitze sind und sich stets wiederholen. Manche Zierbögen wirken wie perfekt symmetrisch angeordnete Stalaktiten. Ein weiteres Merkmal des Palastes sind die azulejos — glasierte Keramikstücke, die zu komplizierten geometrischen Mustern zusammengefügt wurden. Diese schmücken den unteren Bereich der Wände mit lebhaften Farben, die einen reizvollen Kontrast zum schlichteren Farbton des Stucks darüber bilden.

Unter den Innenhöfen der Alhambra sticht besonders der Löwenhof hervor, der als das „wertvollste Beispiel arabischer Kunst in Spanien“ beschrieben wurde. In einem spanischen Reiseführer heißt es: „Ein wahres Kunstwerk hat etwas an sich, das sich unmöglich imitieren oder reproduzieren lässt. . . . Genau dieses Gefühl vermittelt uns dieser granadische Innenhof.“ Seine vollkommen proportionierten Arkaden mit ihren schlanken Säulen umgeben einen Brunnen, der von 12 Löwen aus Marmor getragen wird — eines der meistfotografierten Motive Spaniens.

Gärten, die den Geist erfrischen

Zur Alhambra gehören auch herrliche Gärten, Springbrunnen und Wasserbecken. * Wie es in dem Buch Maurisches Spanien von Enrique Sordo heißt, „ist der arabische Garten ein Vorgeschmack auf das Paradies“. Der Einfluss des Islam ist überall in der Alhambra spürbar. Der spanische Autor García Gómez bemerkte: „Das islamische Paradies wird im Koran . . . wörtlich als ein üppiger Garten beschrieben, . . . von lieblichen Wasserläufen durchrieselt.“ In der Alhambra wird das Wasser großzügig eingesetzt — ein wahrer Luxus für Menschen, die mit den Härten der Wüste vertraut sind. Die Gartenarchitekten wussten, dass Wasser die Luft kühlen und das Ohr mit seinem sanften Murmeln verwöhnen würde. Und rechteckige Wasserbecken, in denen sich der helle spanische Himmel spiegelt, schaffen einen Eindruck von Weite und Licht.

Auf einem Nachbarhügel des Sabika, dem Cerro del Sol, befindet sich etwas abseits der Alhambra ein Garten mitsamt maurischer Villa — der Generalife. Der Generalife ist ein Glanzstück arabischer Gartenbaukunst und gilt als „einer der schönsten Gärten der Welt“. * Ursprünglich war er von der Alhambra aus über eine Brücke zu erreichen und diente den Herrschern von Granada offenbar als Rückzugsort zum Entspannen. Über einen Innenhof gelangt man zur so genannten Wassertreppe. Dort können die Besucher ihre Sinne ganz von dem Licht, den Farben und zahllosen Düften gefangen nehmen lassen.

Der Seufzer des Mauren

Nachdem der letzte König von Granada, Boabdil (Mohammed XI.), die Stadt an Ferdinand und Isabella übergeben hatte, musste er mit seiner Familie in die Verbannung gehen. Außerhalb der Stadt machten sie der Überlieferung nach auf einer Anhöhe Halt, die heute El Suspiro del Moro („Der Seufzer des Mauren“) genannt wird. Als sie sich ein letztes Mal nach ihrem herrlichen roten Palast umsahen, soll Boabdils Mutter zu ihrem Sohn gesagt haben: „Weine wie ein Weib um das, was du nicht wie ein Mann verteidigen konntest!“

Heute fahren immer noch einige der drei Millionen jährlichen Besucher der Alhambra zu diesem Ort. Von hier aus können sie auf Granada blicken, das sich zu Füßen seines arabischen Palastes erstreckt, des Juwels in der Krone. Wer Granada einmal einen Besuch abstattet, wird die Trauer des letzten maurischen Königs wahrscheinlich verstehen können.

[Fußnoten]

^ Abs. 4 Im Jahr 711 u. Z. fielen Araber- und Berberheere in Spanien ein und brachten in sieben Jahren den größten Teil der Iberischen Halbinsel unter moslemische Herrschaft. Innerhalb von zwei Jahrhunderten wurde Córdoba die größte und wahrscheinlich kultivierteste Stadt in Europa.

^ Abs. 13 Beispielsweise wies Gott Moses an: „Du solltest dir Richter und Beamte einsetzen innerhalb all deiner Tore . . . und sie sollen das Volk mit gerechtem Gericht richten“ (5. Mose 16:18).

^ Abs. 17 Die Araber führten im ganzen Mittelmeerraum Details aus persischen und byzantinischen Gärten ein, so auch in Spanien.

^ Abs. 18 Dieser Name leitet sich vom arabischen „Jennat-al-Arif“ ab, das manchmal als „die hohen Gärten“ übersetzt wird, obwohl der Ausdruck eher „der Garten des Baumeisters“ bedeuten dürfte.

[Bild auf Seite 15]

Die Alcazaba

[Bild auf Seite 16]

Der Löwenhof

[Bild auf Seite 16, 17]

Der Garten des Generalife

[Bild auf Seite 17]

Die Wassertreppe

[Bildnachweis auf Seite 14]

Abbildungen: EclectiCollections

[Bildnachweis auf Seite 15]

Alle Fotos außer oben: Recinto Monumental de la Alhambra y Generalife

[Bildnachweis auf Seite 16]

Alle Fotos: Recinto Monumental de la Alhambra y Generalife

[Bildnachweis auf Seite 17]

Obere Fotos: Recinto Monumental de la Alhambra y Generalife; unteres Bild: J. A. Fernández/San Marcos