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Was ist die kostbarste Flüssigkeit?

Was ist die kostbarste Flüssigkeit?

Was ist die kostbarste Flüssigkeit?

„Blut ist für das Gesundheitswesen so wichtig wie Öl für das Transportwesen“ (Arthur Caplan, Direktor des Zentrums für Bioethik an der University of Pennsylvania).

ÖL — ist das die kostbarste aller Flüssigkeiten? Angesichts der oft extrem steigenden Benzinkosten könnten heute viele so denken. Allerdings trägt jeder Mensch ständig mehrere Liter einer Flüssigkeit in sich, die weit kostbarer ist. Zum Vergleich: Jedes Jahr werden Milliarden Barrel Öl aus der Erde geholt, um den Durst der Menschheit nach Treibstoff zu stillen. Im gleichen Zeitraum werden Menschen rund 90 Millionen Einheiten Blut abgenommen, weil man darauf hofft, Kranken helfen zu können. * Diese kaum fassbare Zahl entspricht der Blutmenge von etwa 8 Millionen Menschen.

Doch genau wie Öl scheint auch das Blut knapp zu sein. In aller Welt warnen Mediziner vor Engpässen bei der Blutversorgung. (Siehe den Kasten „Verzweifelte Maßnahmen“.) Was macht Blut so kostbar?

Ein einzigartiges Organ

Aufgrund seiner erstaunlichen Komplexität wird Blut oft als Organ bezeichnet. „Blut ist eins von vielen Organen — wirklich wunderbar und einzigartig“, erklärte Dr. Bruce Lenes gegenüber Erwachet!. Und wie einzigartig! Ein Anatomiebuch beschreibt Blut als „das einzige flüssige Organ“ des Körpers. Dasselbe Werk nennt Blut außerdem „ein lebendes Transportsystem“. Was bedeutet das?

„Man kann das Kreislaufsystem mit den Kanälen von Venedig vergleichen“, erklärt der Wissenschaftler N. Leigh Anderson. „Es transportiert viel Nützliches, aber auch jede Menge Abfälle.“ Auf der Reise des Blutes durch unser rund 100 000 Kilometer langes Kreislaufsystem kommt es mit fast jedem Gewebe des Körpers in Kontakt, einschließlich Herz, Nieren, Leber und Lunge — lebenswichtige Organe, die ohne Blut nicht funktionieren könnten.

Das Blut versorgt die Zellen des Körpers mit viel „Nützlichem“ wie Sauerstoff, Nährstoffen und Helfern der Immunabwehr, doch es transportiert auch „Abfälle“ wie giftiges Kohlendioxid, den Inhalt schadhafter und absterbender Zellen und andere Abfallprodukte. Die Rolle des Blutes bei der Abfallbeseitigung erklärt unter anderem, warum der Kontakt mit Blut, das den Körper verlassen hat, gefährlich sein kann. Zudem kann niemand wirklich garantieren, dass sämtliche „Abfälle“ im Blut identifiziert und entfernt wurden, bevor es jemand anders verabreicht wird.

Ohne Frage erfüllt das Blut lebenswichtige Funktionen. Eben deshalb ist es in der Medizin üblich geworden, Patienten nach einem Blutverlust Blut zu transfundieren. Viele Ärzte würden sicherlich sagen, diese medizinische Verwendung von Blut mache es so kostbar. Doch auf medizinischem Gebiet findet ein Umdenken statt. Man könnte auch von einer stillen Revolution sprechen. Heute geben viele Ärzte und Chirurgen nicht mehr so schnell Blut wie früher. Warum nicht?

[Fußnote]

^ Abs. 3 Eine Einheit Blut enthält 450 Milliliter.

[Kasten/Bild auf Seite 4]

Verzweifelte Maßnahmen

Nach Schätzungen von Medizinern fehlen jährlich weltweit rund 200 Millionen Einheiten Spenderblut. Obwohl 82 Prozent der Erdbevölkerung in Entwicklungsländern leben, werden dort weniger als 40 Prozent aller Blutspenden aufgebracht. Viele der dortigen Krankenhäuser müssen ohne Blut zurechtkommen. Wie die in Kenia erscheinende Zeitung The Nation berichtet, werden „täglich fast die Hälfte aller Eingriffe, für die eine Bluttransfusion erforderlich wäre, gestrichen oder verschoben, weil nicht genügend Blutkonserven vorhanden sind“.

Nicht selten kommt es auch in wohlhabenden Ländern zu Engpässen bei der Blutversorgung. Bedingt durch das höhere Alter der Bevölkerung und fortschrittliche medizinische Verfahren wird immer mehr operiert. Gleichzeitig werden heutzutage immer mehr potenzielle Blutspender entweder wegen ihres riskanten Lebensstils abgelehnt oder weil sie auf Reisen diversen Krankheiten oder Parasiten ausgesetzt waren.

Wie es scheint, sind die Blutspendedienste allmählich am Verzweifeln. Manchmal sind selbst Jugendliche, deren Lebensstil im Allgemeinen weniger riskant ist, als Spender für sicheres Blut willkommen. Beispielsweise stammen 70 Prozent des in Simbabwe gespendeten Blutes von Schulkindern. Blutspendezentren haben länger geöffnet, und in manchen Ländern bietet man sogar eine Entschädigung an, um Spender zu gewinnen und zum Wiederkommen zu motivieren. Bei einer Kampagne in der Tschechischen Republik wurden Bürger eingeladen, Blut im Tausch gegen gehörige Mengen Freibier zu spenden! Und in einer Region Indiens haben die Behörden kürzlich sogar von Tür zu Tür nach spendebereiten Personen gesucht, die helfen würden, den zur Neige gegangenen Blutvorrat wieder aufzufüllen.