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Hat das Christentum versagt?

Hat das Christentum versagt?

Was sagt die Bibel?

Hat das Christentum versagt?

ETWA ein Drittel der Weltbevölkerung bekennt sich zum Christentum. Dennoch scheint die Welt heute politisch zerstrittener und gewalttätiger zu sein als jemals zuvor. Woran liegt das? Sind die Lehren Jesu, des Begründers des Christentums, irgendwie unzulänglich? Oder liegt der Fehler eher in dem, was viele aus Jesu Lehren machen?

Dieser Artikel untersucht, was Jesus wirklich lehrte und was er seinen Nachfolgern vorlebte. Daneben wird eine Ansicht beleuchtet, die zwar unter bekennenden Christen weit verbreitet ist, dem echten Christentum jedoch widerspricht.

Ein Zerrbild des Christentums

Einige Jahrhunderte nach Jesu Tod existierte im Römischen Reich eine entstellte Form des Christentums, die einen gewissen Sonderstatus genoss. Die nominellen Christen jener Zeit galten nicht länger als Außenseiter, sondern standen mitten im politischen und sozialen Leben der römischen Gesellschaft. Angesichts der neuen Situation lehrten Kirchenführer wie Augustinus, das ersehnte Königreich Gottes sei herbeigekommen. Sie erklärten, ihr neu gewonnener politischer und religiöser Einfluss sei das Mittel, Gottes Willen auf der Erde zu vollbringen. Dadurch wurde betont, es liege in der Hand der Menschen selbst, die Geschicke der Gesellschaft zu lenken.

Dementsprechend sind auch heute viele der Meinung, Christen sollten sich politisch engagieren. Dafür müsse ein Christ allerdings bereit sein, dem Willen der Gesellschaft, in der er lebt, bestimmte Aspekte seines Glaubens unterzuordnen. Ein Beispiel: Viele legen ein Lippenbekenntnis zu dem ab, was Jesus über Liebe und Frieden lehrte, unterstützen aber gleichzeitig grausame Kriege. Aus dem gleichen Grund fordern manche Kirchen ihre Mitglieder womöglich auf, um das Reich Gottes zu beten, während sie gleichzeitig repressive Regierungen unterstützen.

Dieses Zerrbild des Christentums ist nicht die Religion, die Jesus eingeführt hat, wenn auch die meisten nominellen Christen solch eine von Menschen gemachte Version des Christentums praktizieren. Betrachtet man die Gleichgültigkeit gegenüber biblischen Grundsätzen in allen Bereichen der heutigen Christenheit, wird deutlich, dass diese Art Christentum tatsächlich versagt hat.

Was hat Jesus wirklich gelehrt?

Manchen wird es vielleicht überraschen, dass Jesus über seine Nachfolger sagte: „Sie sind kein Teil der Welt, so wie ich kein Teil der Welt bin“ (Johannes 17:15, 16). Warum forderte Jesus seine Jünger auf, diese Haltung einzunehmen? Jesu geliebter Jünger Johannes gibt die Antwort: „Die ganze Welt liegt in der Macht dessen, der böse ist“ (1. Johannes 5:19).

Aus diesem Grund führen Jesu Lehren die Menschen nicht in menschliche Institutionen, sondern zu dem himmlischen Königreich Gottes, das hier auf der Erde eine gerechte Gesellschaft schaffen wird (Matthäus 6:10). Jesus selbst zeigte keinerlei Neigung, auf die sozialen Verhältnisse seiner Zeit Einfluss zu nehmen. Ein politisches Amt lehnte er rundweg ab (Johannes 6:15). Außerdem verurteilte er Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung (Matthäus 26:50-53; Johannes 18:36). Jesus hinterließ auch weder eine Verfassung noch ein bürgerliches Gesetzbuch. Aus den politischen Fragen der damaligen Zeit hielt er sich heraus. Jesus machte sich weder zum Aktivisten für die Rechte von Sklaven noch beteiligte er sich am Kampf des jüdischen Volkes gegen Rom.

Dennoch waren ihm die Menschen und ihre Probleme keineswegs gleichgültig. Jesus sprach viel von der Verantwortung, die man gegenüber seinen Mitmenschen hat. Er forderte dazu auf, ehrlich Steuern zu bezahlen und sich rechtmäßiger Autorität unterzuordnen (Matthäus 22:17-21). Er lehrte, sich sowohl aktiv um das Wohl von Bedürftigen zu kümmern als auch die Würde anderer zu respektieren und mitfühlend, versöhnlich und barmherzig zu sein (Matthäus, Kapitel 5 bis 7). Und wie jeder weiß, steht im Mittelpunkt der Lehre Jesu die Liebe zu Gott und zum Nächsten (Markus 12:30, 31).

Wahres Christentum heute

Wie würde sich somit ein wahrer Nachfolger Christi verhalten? Er würde so handeln, wie Jesus es tat. Er würde zwar gewissenhaft die Landesgesetze beachten, in politischen Angelegenheiten jedoch konsequent neutral bleiben (Johannes 12:47, 48). Selbst unter großem Druck würde er niemals christlichen Prinzipien zuwiderhandeln (1. Petrus 2:21-23). Dennoch könnte er nicht einfach ein unbeteiligter Beobachter sein. Wie Jesus wäre ein wahrer Christ aktiv interessiert am Wohl der Menschen, mit denen er zu tun hat (Markus 6:34). Zudem würde er keine Mühe scheuen, anderen Jesu Lehren zu erklären, ihnen zu helfen, diese umzusetzen und so ein glücklicheres Leben zu führen (Johannes 13:17).

Dementsprechend bemühen sich Jehovas Zeugen heute, in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft das Beispiel Jesu nachzuahmen. Sie sind zwar gesetzestreue Bürger, aber dennoch kein Teil der Welt. Wie Jesus verweigern sie sich der Gewalt und den politischen Streitigkeiten, die heute an der Tagesordnung sind. Sie richten ihre ganze Hoffnung auf das Königreich Gottes — die einzige Lösung für die Probleme der Menschheit. Echtes Christentum führt seine Anhänger harmonisch zusammen und lässt sie ein glücklicheres Leben führen (Johannes 13:34, 35). Dieses Christentum hat gewiss nicht versagt.

FRAGEN ZUM NACHDENKEN:

◼ Sollten sich Christen politisch engagieren? (Johannes 6:15)

◼ Empfahl Jesus, Konflikte gewaltsam zu lösen? (Matthäus 26:50-53)

◼ Was ist das Kennzeichen wahrer Christen? (Johannes 13:34, 35)

[Bildnachweis auf Seite 18]

EL COMERCIO, Quito, Ecuador