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Medikamente: Gebrauch oder Missbrauch?

Medikamente: Gebrauch oder Missbrauch?

Medikamente: Gebrauch oder Missbrauch?

ANGIE, ein junges Mädchen, machte sich Sorgen um ihr Gewicht. Nachdem sie in einem Gespräch ihrer Eltern mitbekommen hatte, dass die Medizin ihres Bruders Appetit zügelnd wirkte, zweigte sie alle paar Tage eine Tablette für sich ab. Um zu verhindern, dass ihre Eltern Verdacht schöpften, bat sie einen Freund, der dasselbe Mittel nahm, um einige seiner Pillen. *

Warum werden gerade Medikamente häufig missbraucht? Zum einen sind sie leicht zugänglich — quasi griffbereit bei sich zu Hause. Zum anderen sehen viele junge Leute gar nichts Unrechtes darin, verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Konsultation eines Arztes einzunehmen. Und zudem scheinen Medikamente weniger gefährlich zu sein als Drogen — die illegale Variante für einen Rausch. So meinen manche Jugendliche: „Wenn ein Mittel schon Kindern verabreicht werden darf, kann es doch gar nicht schädlich sein.“

Richtig eingesetzt können Medikamente zwar durchaus die Gesundheit fördern, die Lebensqualität erhöhen und sogar Leben retten. Missbraucht man sie allerdings, gleicht ihr Gefährdungspotenzial dem von Drogen. Stimulanzien (Aufputschmittel) zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Beschwerden bis hin zu lebensbedrohenden Herz-Rhythmus-Störungen verursachen. Andere Wirkstoffe senken die Atemfrequenz und können zum Tod durch Atemstillstand führen. Auch die Wechselwirkung eines Mittels mit anderen Präparaten oder mit Alkohol hat womöglich verheerende Folgen. Anfang 2008 starb ein bekannter Schauspieler an einer tödlichen Kombination von „insgesamt sechs verschiedenen verschreibungspflichtigen Medikamenten“, hieß es in Focus-Online, „darunter Schmerzmittel, Schlaftabletten und Pillen gegen Angstzustände“.

Es droht noch eine weitere Gefahr — Abhängigkeit. Übermäßig oder zweckentfremdet gebraucht, wirken manche Substanzen wie Drogen: Sie stimulieren Teile des Gehirns, die beim Erleben von Vergnügen in Aktion treten, sodass man ein starkes Verlangen nach der Substanz entwickelt. Doch statt dass sich ein dauerhaftes Hochgefühl einstellt oder sich Probleme leichter bewältigen lassen, wird alles nur noch schlimmer. Zum Beispiel kann es dazu führen, dass sich die Anspannung erhöht, dass Depressionszustände verstärkt werden, dass die Gesundheit ruiniert wird und man aufhört, normal zu funktionieren, oder dass man in die Abhängigkeit gleitet. Schlimmstenfalls tritt alles zusammen ein. In der Folge bleiben Probleme zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz nicht aus. Wo ist denn die Grenze zwischen richtigem Gebrauch und Missbrauch?

Gebrauch oder Missbrauch?

Einfach ausgedrückt werden Medikamente dann richtig gebraucht, wenn man sich an die Anweisungen eines Arztes hält, der sie nach genauer Kenntnis der Krankheitsgeschichte verschrieben hat. Es gilt, die Medizin in der korrekten Dosierung, zu den richtigen Zeiten, in der vorgeschriebenen Art und Weise und für den vorgesehenen medizinischen Zweck zu nehmen. Dennoch können auch dann unerwünschte oder unerwartete Nebenwirkungen auftreten. In diesem Fall ist man gut beraten, umgehend seinen Arzt zu informieren; er wird vermutlich die Medikation ändern oder das Mittel absetzen. Das Gleiche gilt auch für die Verwendung frei verkäuflicher Medikamente. Man sollte sie nur bei tatsächlichem Bedarf nehmen und dabei die Packungsbeilage genau beachten.

Werden Medikamente zweckentfremdet genommen, wird die Dosierung verändert oder nimmt man Mittel, die einer anderen Person verschrieben wurden, begibt man sich auf äußerst gefährliches Terrain. Auch wie die Medizin eingenommen wird, ist von Belang. Manche Tabletten zum Beispiel müssen unzerkaut geschluckt werden, damit die Wirkstoffe langsam vom Körper aufgenommen werden können. Bei einem Missbrauch wird dieser Prozess häufig unterbrochen: Das Medikament wird zerteilt oder gekaut, es wird zermahlen und über die Nase aufgenommen, oder es wird in Wasser aufgelöst und gespritzt. Was folgt? Vielleicht ein euphorisches Hoch. Vielleicht ist es aber auch ein erster Schritt in die Abhängigkeit oder — schlimmer noch — in den Tod.

Hat man allerdings das Gefühl, eine Abhängigkeit zu entwickeln, obwohl man seine Medizin wie vorgeschrieben einnimmt, sollte man unverzüglich seinen Arzt einschalten. Er dürfte am besten in der Lage sein, das in den Griff zu bekommen, ohne dabei das eigentliche Problem zu vernachlässigen.

Das Massenphänomen des Suchtmittelmissbrauchs ist ein Spiegelbild unserer Zeit. Die Familie — eigentlich ein Zufluchtsort vor dem Alltagsstress, wo man Liebe und Geborgenheit finden sollte — ist in der Krise. Moralische und religiöse Werte sind ebenso am Schwinden wie die Achtung vor dem Leben (2. Timotheus 3:1-5). Darüber hinaus fehlt eine Perspektive: Viele haben keine Hoffnung und sehen schwarz für die Zukunft. Was bleibt ist Leere. Also lebt man für den Moment und nimmt die Vergnügungen mit, wo es nur geht — manchmal ganz hemmungslos. In der Bibel heißt es: „Wo keine Vision ist, wird das Volk zügellos“ (Sprüche 29:18).

Bestimmt möchte jeder von uns seine Familie vor all dem schützen, woran die Welt heute krankt. Aber was können Eltern tun? An wen kann man sich wenden, um zuverlässigen Rat zu erhalten? Und gibt es eine begründete Hoffnung auf ein besseres Morgen?

[Fußnote]

^ Abs. 2 Von der Website TeensHealth.

[Kasten auf Seite 4]

ALLES FÜR DEN KICK

Manche würden für einen Kick so gut wie alles tun. Besonders schädlich ist zum Beispiel das Schnüffeln von bestimmten Reinigungsmitteln, von Nagellack und Nagellackentferner, Möbelpolitur, Benzin, Leim, Feuerzeuggas, Sprühfarbe und anderen Substanzen, die leicht flüchtige Stoffe enthalten. Durch das Inhalieren gelangen sie sehr schnell in die Blutbahn und lösen eine fast unmittelbare Reaktion aus.

Ebenfalls schädlich ist der Missbrauch von frei verkäuflichen Medikamenten, die Alkohol enthalten oder schläfrig machen. Werden diese Substanzen in hohen Dosen genommen, beeinträchtigen sie die Sinne, insbesondere das Sehen und Hören. Sie können Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen, Benommenheit sowie Magenprobleme hervorrufen.

[Kasten auf Seite 5]

ARZNEIMITTELERSCHLEICHUNG

„ ‚Arzneimittelerschleichen‘ ist ein unter Abhängigen und Missbrauchern sehr verbreitetes Verhalten“, heißt es im Physicians’ Desk Reference, einem amerikanischen Arzneimittelverzeichnis. „Zu den gängigen Taktiken gehört, einen Notarzt zu rufen, die Praxis erst kurz vor Dienstschluss aufzusuchen, nötige Untersuchungen, die Entnahme von Proben oder die Überweisung zu einem anderen Arzt zu verweigern; dazu zählen aber auch der wiederholte ‚Verlust‘ von Rezepten, Rezeptbetrug sowie das Zurückhalten von Behandlungsunterlagen beziehungsweise von Kontaktinformationen für andere behandelnde Mediziner.“ Die Bundesärztekammer berichtet: „Viele abhängige Patienten suchen zudem wegen des gleichen Problems unterschiedliche Ärzte auf, um Verschreibungswünsche erfüllt zu bekommen.“

Zu den am häufigsten missbrauchten Medikamenten zählen:

Opioide: Meist als Schmerzmittel verschrieben

Beruhigungsmittel, die auf das Zentralnervensystem wirken: Bei Angstzuständen und Schlafproblemen verordnet (vielen als Tranquilizer bekannt)

Stimulanzien: Bei einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADS/ADHS) verschrieben, ferner bei der Schlafstörung Narkolepsie oder bei Fettleibigkeit *

[Fußnote]

^ Abs. 24 Nach Angaben einer US-Behörde zur Bekämpfung von Drogenmissbrauch.

[Kasten auf Seite 6]

MEDIKAMENTE RICHTIG GEBRAUCHEN — WIE?

1. Anweisungen genau einhalten.

2. Dosierung nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt ändern.

3. Verschriebene Medikamente nicht eigenmächtig absetzen.

4. Wenn nicht ausdrücklich verordnet, Tabletten nicht zerkleinert oder zermahlen einnehmen.

5. Mögliche Auswirkungen des Medikaments auf die Fahrtüchtigkeit und andere Aktivitäten berücksichtigen.

6. Wechselwirkungen rezeptpflichtiger oder frei verkäuflicher Medikamente mit Alkohol und anderen Präparaten beachten.

7. Den Arzt über eine frühere Drogen- oder Genussmittelabhängigkeit informieren.

8. Keine Medikamente nehmen, die jemand anders verordnet wurden, noch eigene weitergeben. *

[Fußnote]

^ Abs. 36 Nach Empfehlungen der US-Arzneimittelzulassungsbehörde.