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Schwangerschaftsabbruch: Keine problemlose Lösung

Schwangerschaftsabbruch: Keine problemlose Lösung

Schwangerschaftsabbruch: Keine problemlose Lösung

FÜR Bill war ein Schwangerschaftsabbruch eine schwere Sünde, genauso schlimm wie Mord. Das war ihm von klein auf beigebracht worden. Doch seine Überzeugung geriet ins Wanken, als er 1975 selbst damit konfrontiert wurde: Seine Freundin Victoria war schwanger. Auf keinen Fall wollte er die Verpflichtungen von Ehe und Vaterschaft übernehmen. „Ich entschied mich auf der Stelle für die bequemste Lösung und drängte Victoria zu einer Abtreibung“, gab Bill zu.

Bei einer ungewollten Schwangerschaft halten viele wie Bill einen Abbruch für „die bequemste Lösung“. Wie eine Studie belegte, wurden 2003 weltweit schätzungsweise 42 Millionen Abbrüche vorgenommen — bei fortpflanzungsfähigen Frauen jeder Hautfarbe und Nationalität, unterschiedlichster Religion, aller Einkommens- und Bildungsschichten sowie jeden Alters. Wie würde man selbst bei einer ungewollten Schwangerschaft reagieren? Warum entscheiden sich so viele dafür, sie abzubrechen?

„Ich sah keinen anderen Ausweg“

„Ich hatte gerade eine furchtbare Schwangerschaft und eine schwere Geburt hinter mir. Gleichzeitig drückten uns große finanzielle und familiäre Sorgen“, erklärte eine 35-Jährige. „Doch sechs Wochen nach der Geburt war ich schon wieder schwanger. Da entschieden wir uns für einen Schwangerschaftsabbruch. Im Innersten wusste ich, dass es verkehrt war, aber ich sah keinen anderen Ausweg.“

Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch gibt es viele: angefangen von finanziellen Problemen bis hin zu einer gescheiterten Beziehung, womöglich mit einem gewalttätigen Partner, zu dem die Frau keinerlei Verbindung mehr wünscht. Es kann aber auch sein, dass sich eine Schwangerschaft einfach nicht mit den Plänen der Frau oder des Paars vereinbaren lässt.

Manchmal soll durch einen Schwangerschaftsabbruch einfach der gute Ruf gewahrt werden. So war es in einem Fall, von dem Dr. Susan Wicklund berichtet. Eine ihrer Patientinnen, die einen Abbruch vornehmen lassen wollte, sagte: „Meine Eltern sind sehr religiös. . . . Ein uneheliches Kind wäre eine Schande für sie. All ihren Freunden wäre damit klar, dass ihre Tochter gesündigt hat.“

Dr. Wicklund fragte daraufhin: „In deren Augen haben Sie also gesündigt. Doch wie denken Sie selbst über einen Schwangerschaftsabbruch?“ Die junge Frau: „Abtreibung? Völlig unvergebbar! Aber es ist trotzdem das kleinere Übel, weil es ein Geheimnis bleibt. Die Freunde meiner Eltern in der Kirche werden niemals davon erfahren“ (This Common Secret—My Journey as an Abortion Doctor).

Ungeachtet der Gründe fällt den wenigsten die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch leicht. Sie ist oft sogar sehr schmerzlich. Kann man also von einer problemlosen Lösung sprechen?

An die Folgen denken

Wie eine Studie aus dem Jahr 2004 zeigte, an der 331 Russinnen und 217 Amerikanerinnen teilnahmen, hatte etwa die Hälfte der Frauen in den beiden Gruppen nach ihrem Schwangerschaftsabbruch ein schlechtes Gewissen. Fast 50 Prozent der Russinnen und nahezu 80 Prozent der Amerikanerinnen fühlten sich „schuldig“. Über 60 Prozent der Amerikanerinnen „konnten es sich nicht vergeben“. Da solche Schuldgefühle selbst unter nicht religiösen Personen derart häufig auftreten, stellt sich die Frage: Warum lassen trotzdem so viele junge Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen?

Oft werden sie dazu gedrängt. Eltern, der Partner oder wohlmeinende Freunde stellen einen Schwangerschaftsabbruch womöglich als das geringere Übel hin. Das kann zu einer übereilten, auf Unkenntnis beruhenden Entscheidung führen. Dr. Priscilla Coleman beschäftigt sich mit den psychischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen. Sie berichtet: „Nachdem der Stress der Entscheidung und des Eingriffs vorüber ist und die Frauen wieder klare Gedanken fassen können, empfinden sie oft ausgeprägte Schuldgefühle, Trauer und Reue.“

Dieses Empfinden von Reue hängt oft mit der Frage zusammen: Wurde durch den Abbruch existierendes Leben ausgelöscht? In South Dakota kam eine Arbeitsgruppe zum Thema Schwangerschaftsabbruch zu folgendem Schluss: Vielen Schwangeren, die einen Abbruch erwogen, „wurde eingeredet, dabei würde nur etwas ‚Gewebe‘ entfernt. Doch wie sie erklären, hätten sie niemals abtreiben lassen, wäre ihnen die Wahrheit gesagt worden.“

Nach der Auswertung der „erschütternden und herzzerreißenden Bekenntnisse“ von 1 940 Frauen kam die Studie zu dem Schluss: „Bei vielen dieser Frauen mischt sich Wut mit Trauer über den Verlust eines Kindes, das angeblich niemals existiert hat.“ Wie es weiter darin hieß, „richtet der Gedanke, das eigene Kind getötet zu haben, oft verheerende psychische Schäden an“.

Doch was stimmt denn nun? Wird bei einem Schwangerschaftsabbruch lediglich etwas Gewebe aus dem Körper entfernt? Oder ist ein ungeborenes Kind bereits ein lebendes Individuum?

[Kasten/Bilder auf Seite 4]

GEBURT KONTRA SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH

2006 wurden in einer Studie die Lebensgeschichten vieler Frauen untersucht, die als Teenager schwanger wurden. Die Hälfte von ihnen brachte ihr Kind zur Welt, die andere Hälfte ließ abtreiben. Die Studie kam zu folgendem Schluss: „Unter den Frauen, die das Kind zur Welt brachten, kam es seltener vor, dass sie psychologische Beratung in Anspruch nahmen, Schlafprobleme bekamen oder zu Marihuana griffen“ (Journal of Youth and Adolescence).

Ein anderer Bericht fasste zusammen, was „die vier umfangreichsten Studien der Welt, die auf nachprüfbaren Daten basierten“, ergeben hatten: „Frauen, die nachweislich einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen, leiden wesentlich häufiger unter psychischen Erkrankungen verschiedenster Form als Frauen, bei denen das nicht der Fall war“ (Report of the South Dakota Task Force to Study Abortion—2005).