Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

„Und wenn es nur ein kleines Lied ist!“

„Und wenn es nur ein kleines Lied ist!“

„Und wenn es nur ein kleines Lied ist!“

● Juliana, eine liebe ältere Christin auf den Philippinen, hatte Alzheimer. Sie erkannte sogar ihre eigenen Kinder nicht mehr. Trotzdem habe ich immer bei ihr vorbeigeschaut, wenn ich gerade in der Nähe war.

Juliana war bettlägerig und starrte nur noch aus dem Fenster. Ein Besuch bei ihr war gar nicht so einfach, denn sie wusste ja nicht mehr, wer ich war. Mit großen Augen sah sie mich an, aber ihr Blick war leer, da war nicht die geringste Reaktion. Ich fragte sie, ob sie denn noch an Jehova denkt. Ich erzählte ihr etwas, was ich beim Predigen erlebt hatte, und stellte ihr noch die eine oder andere Frage — aber es gab keinerlei Anzeichen, dass sie mich verstand. Da fing ich einfach an, ein Lied zu singen. Darauf geschah etwas sehr Bewegendes!

Juliana drehte mir den Kopf zu, sah mich an und stimmte mit ein! Ich musste allerdings schon bald aufgeben, weil ich nicht den ganzen Text in Tagalog im Kopf hatte. Nicht so Juliana! Sie sang weiter. Sie erinnerte sich an alle drei Strophen. Schnell bat ich meine Begleiterin, ein Liederbuch von einer Zeugin Jehovas aus der Nachbarschaft zu holen. Ruck, zuck war sie damit wieder zurück. Ich wusste zwar nicht, welche Nummer das Lied hatte, schlug das Liederbuch aber auf Anhieb genau auf der richtigen Seite auf. Jetzt konnten wir das ganze Lied zusammen singen! Als ich Juliana fragte, ob sie nicht noch andere Lieder kennt, fing sie an, uns ein altes philippinisches Liebeslied vorzusingen.

Ich sagte zu Juliana: „Du, nicht ein Lied aus dem Radio, sondern aus dem Königreichssaal.“ * Dann stimmte ich noch ein Lied aus unserem Liederbuch an und sie sang auch da sofort mit. Ihre Augen glänzten dabei. Der starre Blick war verschwunden, sie strahlte übers ganze Gesicht.

Inzwischen waren einige Nachbarn zusammengelaufen, die wissen wollten, wer denn da sang. Sie standen am Fenster und hörten uns zu. Was Melodien bei Juliana doch ganz tief drinnen bewirkt hatten! Sie konnte sich an den Liedtext erinnern.

Daraus habe ich gelernt, dass man nie weiß, womit man die Dunkelheit derer durchdringen kann, die kaum etwas mitbekommen und auch nicht kommunizieren können. Und wenn es nur ein kleines Lied ist!

Kurze Zeit später starb Juliana. Die Erfahrung mit ihr war sofort wieder in mir lebendig, als ich mir die zu Herzen gehenden neuen Musikaufnahmen anhörte, die 2009 von Jehovas Zeugen veröffentlicht wurden. Wer sich für diese herrliche, bewegende Musik interessiert, kann gern Zeugen Jehovas in seiner Nähe ansprechen.

[Fußnote]

^ Abs. 5 Gebäude, wo Jehovas Zeugen ihre Gottesdienste abhalten.