Willkommen im Land der Murmeltiere
Willkommen im Land der Murmeltiere
Ein gellender Pfiff! Hatte da ein Junge gepfiffen? Nein, das war viel lauter. Das Echo hallte in den Bergen, ohne dass man groß wusste, woher der Pfiff kam. Dann sah ich, wie ein kleines flauschiges Etwas blitzschnell unter der Erde verschwand. Ich warf rasch einen Blick in meinen Naturführer . . . ja genau: Das war ein Alpenmurmeltier!
IN DEN nächsten paar Tagen lernte ich diese kleinen, pelzigen Nager besser kennen. Ich fand heraus, auf welchen Felsen sie sich besonders gern sonnten, wo ihre Hauptbaue angelegt waren und wie sie in dem unwirtlichen Lebensraum oberhalb der Baumgrenze überleben.
Alle halten zusammen und passen gut auf
Das Leben auf den Alpenwiesen ist für die Murmeltiere kein Zuckerschlecken. Im Winter ist es richtig kalt und die Landschaft kann monatelang unter einer dicken Schneedecke begraben sein. Außerdem droht Gefahr durch Fressfeinde in der Luft oder am Boden. Die Murmeltiere können also nur dann überleben, wenn sie zusammenhalten, vorsorgen und wachsam sind.
Murmeltiere sind familienorientiert und leben normalerweise in Gruppen zusammen, die aus einem erwachsenen Paar und seinem Nachwuchs bestehen. Jede Familie hat mehrere Baue: In einem spielt sich das Familienleben ab und in den anderen finden sie bei Gefahr Unterschlupf. Manchmal graben sich die Murmeltiere ihren Bau in Spalten unter großen Felsbrocken. Diese festungsartigen Behausungen bieten ihnen Aussichtspunkte, die nicht nur als Beobachtungsposten dienen, sondern auf denen es sich auch ganz wunderbar in der Sonne faulenzen lässt.
Hygiene wird bei den Murmeltieren großgeschrieben. Damit die „Stube“ hübsch sauber bleibt, gibt es einen extra Gang, wo die Toilette ist. Am Ende vom Hauptbau legen die Murmeltiere eine vergrößerte Höhle an, die sie mit Gras auspolstern. Darin kann das Weibchen völlig ungestört seinen Nachwuchs zur Welt bringen. Und die ganze Familie findet dort während ihres ausgedehnten Winterschlafs Geborgenheit; alle liegen eng aneinandergeschmiegt.
Die größte Verantwortung in einer Murmeltierfamilie hat wohl der Wachposten. Ein erwachsenes Tier passt gut auf, während die anderen in der Nähe auf Futtersuche sind. Um die Umgebung besser ausspähen zu können, stellt es sich immer wieder auf seine Hinterbeine. Die Hauptbedrohung geht vom Adler, vom Fuchs und vom Menschen aus. Sobald ein großer Raubvogel zu hören oder zu sehen ist, wird ein Alarmpfiff ausgestoßen. Den Warnruf vor einem Adler — dem größten Luftfeind des Murmeltiers — kann man übrigens sehr gut von anderen
unterscheiden. Sobald die Murmeltiere hören, dass Gefahr droht, flitzen sie zurück in ihren Bau. Im Handumdrehen, so scheint es, ist weit und breit kein Murmeltier mehr zu sehen.Gehorsam kann besonders für Jungtiere, die für den Steinadler ein echter Leckerbissen sind, Leben oder Tod bedeuten. Wird es richtig brenzlig, verschwindet der Wachposten mit seinen Artgenossen im nächstgelegenen Bau. Nach wenigen Minuten steckt er dann vorsichtig seinen Kopf wieder raus und schaut, ob die Luft rein ist.
Sich abkühlen und gut schlafen
Im Murmeltierland in den Alpen ist der Sommer gemäßigt und es gibt dort reichlich Gras zu fressen. Wenn es kühl ist, suchen sich die Tierchen einen passenden Felsen zum Sonnen. Schwieriger wird es für sie bei höheren Temperaturen, denn sie können ja nicht einfach ihr Pelzjäckchen ausziehen. Daher sind Murmeltiere eher frühmorgens und am späten Nachmittag aktiv.
Unter Schlaflosigkeit leiden Alpenmurmeltiere nicht gerade; ihr Winterschlaf dauert ungefähr ein halbes Jahr. Das Eisgraue Murmeltier, ein naher Verwandter, bringt es sogar auf bis zu neun Monate. Beim Alpenmurmeltier verlangsamt sich in dieser Zeit der Herzschlag auf ein bis zwei Schläge pro Minute und die Körpertemperatur fällt auf rund 5 Grad Celsius. Wer derart lange fastet, muss natürlich vorbauen. Deshalb fressen sich die Tiere im Sommer und Frühherbst eine richtig dicke Fettschicht an und kommen so gut über den langen Winter.
Junge Murmeltiere sind sehr verspielt, oft sausen sie hintereinanderher und drehen ihre Runden. Drei dieser Kerlchen sah ich einen Grashang hinunterkullern, wobei sie sich Scheinkämpfe lieferten. Murmeltiere jeder Altersgruppe begrüßen sich mit Nasereiben, sie betreiben in der Familie gegenseitig Körperpflege und wenn es mal kalt wird, kuscheln sie sich eng aneinander.
Murmeltiere sorgen für die Zukunft vor und passen immer gut auf, ob Gefahr droht (Hiob 12:7). Vielleicht kann man sich da als Familie ja etwas abschauen.
[Herausgestellter Text auf Seite 11]
Ohne die Murmeltiere würde auf den Alpenwiesen wirklich etwas fehlen, und wenn man sieht, wie sie als Familie zusammenhalten, kann man über die Weisheit ihres Schöpfers nur staunen (Psalm 50:10)
[Herausgestellter Text auf Seite 12]
Ein erwachsenes Tier passt gut auf, während die anderen in der Nähe auf Futtersuche sind