Hospizpflege: Eine wertvolle Alternative
Hospizpflege: Eine wertvolle Alternative
„Meine 94-jährige Mutter hatte Alzheimer und litt an Herzschwäche. Sie konnte das Bett nicht mehr verlassen, wollte nichts mehr zu sich nehmen und wir bekamen sie kaum noch wach. Im Krankenhaus erklärte man mir, das liege an ihrem ‚veränderten Bewusstseinszustand‘. Ich wollte sie gern zu Hause pflegen, aber wie sollte ich das ohne Hilfe schaffen?“ (Jeanne)
EINEN Menschen in der letzten Phase seines Lebens zu begleiten stellt die Angehörigen vor eine schwere Entscheidung: Sollte man versuchen, das Leben des Kranken um jeden Preis zu verlängern, obwohl sich sein Leid dadurch vielleicht unnötig in die Länge zieht? Oder wäre es besser, ihm die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu machen?
In dieser Situation ist die Hospizpflege — ob stationär oder zu Hause — eine wertvolle Option. Im Mittelpunkt stehen die Pflege und Betreuung von Patienten mit nur noch geringer Lebenserwartung sowie ihre emotionalen, sozialen und religiösen Bedürfnisse. Das Ziel besteht vorrangig darin, die Schmerzen zu lindern. Hospizdienste werden heute in etwa jedem zweiten Land angeboten, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. In Afrika beispielsweise haben die meisten Länder bereits entsprechende Programme oder organisieren sie derzeit, da dort immer mehr Menschen an Aids oder Krebs erkranken.
Die Zielsetzung
Mancher Patient denkt vielleicht, Hospizpflege sei gleichbedeutend damit, zu resignieren und den Lebenswillen aufzugeben. Die Angehörigen wiederum kämpfen oft mit dem Gefühl, es sei herzlos, jemanden ins Hospiz zu geben — als würde man ihn zum Sterben abschieben. Doch sich für die Hospizpflege zu entscheiden bedeutet gerade nicht, sich einfach dem Unvermeidbaren zu fügen. Diese Entscheidung kann dem Kranken helfen, so lange wie möglich im Kreis seiner Lieben menschenwürdig und weitgehend schmerzfrei zu leben. Und die Familie hat die Möglichkeit, so lange für ihn da zu sein und ihm beizustehen, wie er es braucht.
Auch wenn die Hospizpflege den Verlauf einer unheilbaren Krankheit nicht aufhalten kann — bei Komplikationen wie Lungen- oder Blasenentzündung ist ärztliche Hilfe zur Stelle. Und sollten sich die Umstände eines Tages ändern, weil beispielsweise ein Heilmittel entwickelt wird oder sich der Zustand des Patienten unerwartet bessert, würde man wieder zur regulären Behandlung übergehen.
Vorteile der häuslichen Pflege
In manchen Ländern wird die Hospizpflege ausschließlich in stationären Hospizen
angeboten. Anderswo übernehmen Angehörige die Pflege zu Hause, sodass der Patient in die Familie integriert bleibt. In vielen Kulturen, etwa in afrikanischen Ländern, ist es ganz normal, Kranke und alte Menschen zu Hause zu betreuen.Bei der ambulanten Hospizpflege steht den Angehörigen oft ein Hilfsteam zur Seite, zu dem in der Regel ein Arzt, Krankenschwestern oder -pfleger, geschulte Helfer und ein Sozialarbeiter gehören. Diese ausgebildeten Fachkräfte zeigen der Familie, was sie für das Wohl des Patienten tun kann, und bereiten sie auf den Sterbeprozess vor. Außerdem gehen sie so gut wie möglich auf seine Wünsche und die der Familie ein. Beispielsweise werden die Hospizpfleger in Absprache unnötige Untersuchungen vermeiden oder auf Sondenernährung verzichten, falls der Patient keine Nahrung mehr verwerten kann.
Dolores und Jean pflegen ihren 96 Jahre alten Vater zu Hause. Da sich sein Zustand kontinuierlich verschlechtert, schätzen sie jede Hilfe. „Fünf Tage die Woche kommt eine Pflegerin, die uns hilft, Papa zu waschen“, erzählt Dolores. „Sie wechselt sein Bettzeug und kümmert sich auf Wunsch um seine Körperpflege, wie Rasieren und Nägel schneiden. Einmal wöchentlich überprüft eine Krankenschwester Papas Vitalfunktionen und füllt seine Medikamente auf. Ungefähr alle drei Wochen schaut der Arzt vorbei. Sollten wir sie öfter brauchen, sind sie rund um die Uhr erreichbar.“
Jederzeit qualifizierte Hilfe rufbereit zu haben ist ein Grundpfeiler der Hospizpflege. Die Mitarbeiter sind speziell ausgebildet und können die Medikation überwachen, um sicherzustellen, dass der Patient weitgehend schmerzfrei und doch bei klarem Bewusstsein ist. Bei Bedarf können sie vor Ort Sauerstoff verabreichen. Sie geben sowohl dem Sterbenden als auch den pflegenden Angehörigen Sicherheit und nehmen ihnen die Angst vor Schmerzen oder anderen Qualen in den letzten Lebenstagen und -stunden.
In guten Händen
Die Mitarbeiter in der Hospiz- oder Palliativpflege wissen, wie wichtig es ist, die Würde der Patienten zu achten und sie in jeder Situation
respektvoll zu behandeln. Martha hat über 20 Jahre in der Hospizpflege gearbeitet. Sie erzählt: „Ich lernte meine Patienten gut kennen, wusste, was sie mögen und was nicht. Es war mir wichtig, ihnen die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu machen. Viele standen mir sehr nahe und einige hatte ich total ins Herz geschlossen. Klar, der eine oder andere Patient mit Alzheimer oder einer anderen Demenzerkrankung hat sich gewehrt, wenn ich ihm helfen wollte. Einzelne versuchten, nach mir zu schlagen, mich zu beißen oder mir einen Tritt zu verpassen. Ich habe mir dann immer gesagt: Das ist nicht der Mensch, der so handelt, das ist die Krankheit.“Wie befriedigend war es für Martha, Angehörige in der häuslichen Pflege zu unterstützen? Sie berichtet: „Ich konnte sie spürbar entlasten, sodass die Pflege sie nicht überforderte. Allein zu wissen, dass das Hospizteam ihnen einiges an Sorgen und Arbeit abnahm, hat ihnen gutgetan.“
Je nach Situation kann Hospizpflege — ob ambulant oder stationär — eine echte, von Fürsorge zeugende Alternative zum Krankenhaus oder Pflegeheim sein. Jeanne, die eingangs zu Wort kam, ist froh, dass sie für ihre Mutter die ambulante Hospizpflege gewählt hat. Sie sagt: „Meine Mutter konnte zu Hause wohnen bleiben, wo wir uns als Familie um ihre körperlichen, emotionalen und religiösen Bedürfnisse kümmern konnten. Gleichzeitig wurde sie professionell betreut und erhielt alle Medikamente, die sie brauchte. Das Hospizteam war durch die Bank kompetent und einfühlsam. Ihr Rat und ihre Erfahrung waren unbezahlbar. Ich bin mir sicher, Mutter hätte keine andere Art der Betreuung gewollt.“
[Herausgestellter Text auf Seite 17]
Jederzeit qualifizierte Hilfe rufbereit zu haben ist ein Grundpfeiler der Hospizpflege
[Kasten/Bild auf Seite 16]
„Wir konnten bei ihr sein“
Die Mutter von Isabel kämpfte 16 Jahre gegen Brustkrebs; schließlich bildeten sich so viele Metastasen, dass keine Therapie mehr half. Isabel erzählt: „Unsere größte Angst war, dass Mutter viel leiden müsste. Deshalb beteten wir darum, dass ihr die schlimmen Schmerzen erspart bleiben würden, mit denen sich viele Krebspatienten in ihren letzten Stunden quälen. Eine Ärztin hier in Mexiko, die auf Palliativmedizin spezialisiert ist, war die Antwort auf unsere Gebete. Sie kam einmal pro Woche vorbei, stellte fest, welche Schmerzmittel benötigt wurden, und erklärte uns genau und leicht verständlich, wie sie zu verabreichen waren und was wir sonst noch für meine Mutter tun konnten. Sie versicherte uns, wir dürften sie jederzeit anrufen, Tag und Nacht, und sie würde sofort kommen. Das war Gold wert! Wir waren so dankbar, unsere Mutter in ihren letzten Tagen schmerzfrei und entspannt zu erleben — sie freute sich sogar über das bisschen Essen, das sie noch zu sich nahm. Wir konnten bei ihr sein, hier zu Hause, bis sie friedlich einschlief.“
[Kasten auf Seite 17]
Die letzten Lebensstunden . . .
Hier einige praktische Hinweise: Das Bettlaken sollte stets sauber, trocken und glatt sein. Ein Wundliegen des Patienten lässt sich vermeiden, wenn man ihn regelmäßig im Bett etwas dreht und bei Inkontinenz häufig die Wäsche oder die Unterlagen wechselt. Die Darmfunktion kann bei Bedarf durch Zäpfchen oder Einläufe aufrechterhalten werden. Kurz vor dem Ende bringen Nahrung und Wasser kaum noch Erleichterung, aber man kann Mund und Lippen mit nassen Mulltupfern oder Lippensalbe feucht halten. Den Sterbenden beruhigt und tröstet es, wenn man einfach seine Hand hält. Wichtig: Immer darauf Rücksicht nehmen, dass er möglicherweise bis zum Schluss alles hören kann, was gesprochen wird.