TITELTHEMA
Wie kann man Frieden schließen?
Frank und Mario waren gute Nachbarn. * Dann kam die Party bei Mario, die bis in die Nacht dauerte. Frank beschwerte sich über den Lärm; Mario fand die Art, wie Frank sich aufregte, unmöglich. Es kam zum Streit. Danach gingen sie sich aus dem Weg.
WAS zwischen Frank und Mario passierte, ist keine Seltenheit. Gegensätzliche Standpunkte lassen oft die Gefühle hochkochen, man trennt sich und gibt sich womöglich noch gegenseitig die Schuld. Wenn man dann nicht mehr aufeinander zugeht, kann es zu Entfremdung kommen.
Wer so etwas schon einmal selbst erlebt hat, weiß, wie unangenehm das ist. Schließlich wünschen sich die meisten ein friedliches und entspanntes Verhältnis zu ihren Nachbarn und Freunden. Aber was, wenn es hin und wieder zu Unstimmigkeiten kommt? Ist es möglich, verletzte Gefühle hinter sich zu lassen und eine negative Haltung zu überwinden? Lassen sich Meinungsverschiedenheiten in aller Freundschaft beilegen?
Wie war das noch mal bei Frank und Mario? Im Prinzip bröckelte ihr freundschaftliches Verhältnis, weil sie einiges falsch machten: 1. Mario war nicht gerade rücksichtsvoll, 2. Frank machte sich auf eine Art Luft, die Mario ärgerte, 3. beide verloren die Beherrschung und 4. keiner von beiden gab nach.
Mit der Zeit siegte jedoch die Vernunft. Die beiden Männer begruben den Streit und vergaßen die ganze Angelegenheit. Wie haben sie das geschafft? Ihnen halfen einige Prinzipien, die schon viele Freundschaften durch schwere Zeiten hindurch bewahrt und sogar noch vertieft haben.
Zu finden ist diese Hilfe in dem am weitesten verbreiteten Buch der Welt: in der Bibel. Durch die Bibel kann man lernen, an Eigenschaften zu arbeiten, die den Frieden fördern und emotionale Wunden lindern — Eigenschaften wie Verständnis, Einfühlungsvermögen, Güte, Liebe und Geduld (Sprüche 14:29; 1. Korinther 13:4, 5).
Frank und Mario sind nur zwei Beispiele dafür, welche Macht die Bibel im Leben entfalten kann. Auch bei vielen anderen hat sich das gezeigt, sogar bei solchen, die eingefleischte negative Charakterzüge hatten. Da ist zum Beispiel Robert, der in Australien lebt. Er besiegte tief sitzende Wut. Auch Nelson aus Timor-Leste konnte seinen langjährigen Hass überwinden und hat nun einen ehemaligen Feind zum guten Freund. Wie half die Bibel Robert und Nelson? Erwachet! befragte sie.
INTERVIEW 1
ROBERT, können Sie uns einen kleinen Einblick in Ihr Leben geben?
Ich hatte eine schwere Kindheit. Unter anderem, weil mein Vater ziemlich brutal war und mich oft geschlagen hat. Manchmal so heftig, dass ich bewusstlos wurde und blutend liegen blieb. Mit der Zeit wurde ich auch ein richtig aggressiver, rabiater Kerl. Als Jugendlicher kam ich dann zwei Jahre in ein Erziehungsheim. Später landete ich wegen eines schweren Verbrechens in einem Hochsicherheitsgefängnis. Als ich entlassen wurde, zog ich nach Australien. Ich wollte ganz neu anfangen.
Hat der Umzug etwas gebracht?
Nicht gerade der Umzug an sich, sondern die Bibel, die ich danach durch Zeugen Jehovas kennenlernte. Natürlich hatte ich anfangs noch Probleme, mich zu beherrschen, und ich war oft frustriert und fühlte mich wertlos. Aber irgendwann dachte ich über Sprüche 19:11 nach. Da steht: „Eines Menschen Einsicht verlangsamt sicherlich seinen Zorn, und es ist für ihn etwas Schönes, Übertretung zu übergehen.“ Diese Einsicht wollte ich auch unbedingt haben. Also machte ich mir mehr Gedanken darüber, was zu bestimmten Empfindungen, Worten und Taten führt. Und tatsächlich: Stück für Stück wurde ich verständnisvoller, geduldiger und nachsichtiger.
Fällt Ihnen ein Beispiel ein?
Einmal habe ich einen Freund unabsichtlich beleidigt und er rückte mir vor allen anderen den Kopf zurecht. Das war, gelinde gesagt, demütigend! Aber ich dachte an den Rat der Bibel in Römer 12:17, dass man niemandem Böses mit Bösem vergelten sollte, und entschuldigte mich sofort. Als mein Freund sich wieder beruhigt hatte, unterhielten wir uns noch mal unter vier Augen. Ich erfuhr, dass er zu der Zeit ziemliche Probleme in der Familie hatte. Wir schlossen wieder Frieden. Später schenkte er mir einen schönen Mantel. Ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn der Robert von früher wieder durchgekommen wäre.
Wie gehen Sie mit Problemen in Ihrer Familie um?
Meine Frau und ich haben einen 20-jährigen Sohn. Wie in jeder anderen Familie kommt es auch bei uns zu Unstimmigkeiten. Aber die Bibel hat mich wirklich weitergebracht. Zum Beispiel habe ich gelernt, wie wichtig es ist, zu sagen: „Es tut mir leid.“ Es ist beeindruckend, wie eine aufrichtige Entschuldigung eine Situation entschärfen oder einen Streit abwenden kann.
INTERVIEW 2
NELSON, Sie haben so ein nettes Lächeln und sind einem gleich sympathisch. Aber es gab auch mal eine Zeit, da waren Sie voller Hass.
Ja, das stimmt. Als junger Mann schloss ich mich einer regierungsfeindlichen politischen Gruppierung an. Zu meinen Feinden gehörte auch eine rivalisierende politische Gruppe, die in dem Gebiet, in dem ich lebte, die Kontrolle übernehmen wollte. Um ein besserer Kämpfer zu werden, erlernte ich Kampfkunst und schlug jeden zusammen, von dem ich mich provoziert fühlte.
Wie kam es dazu, dass Sie sich geändert haben?
Ich studierte die Bibel und setzte dann das um, was ich lernte. Zwei Aussagen gingen mir besonders unter die Haut. Zum einen Matthäus 7:12, wo steht: „Alles daher, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, sollt auch ihr ihnen ebenso tun.“ Und zum anderen Matthäus 22:39, wo gesagt wird: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Bei den Zeugen Jehovas, die mir die Bibel näherbrachten, konnte ich diese Liebe beobachten. Für sie spielte die ethnische Zugehörigkeit überhaupt keine Rolle. So wollte ich auch sein. Und anscheinend hab ich es geschafft, denn meine alten Bekannten waren ganz überrascht zu sehen, wie ich mich verändert hatte, und verloren die Angst vor mir.
Hatten Sie sich von da an immer im Griff?
In der Öffentlichkeit schon, aber zu Hause fiel es mir ab und zu schwer. Um ehrlich zu sein, wurde ich einmal sehr wütend und schlug meine Frau. Das tut mir unendlich leid. Liebevollerweise hat sie mir verziehen. Seitdem bin ich noch entschlossener, mich zu beherrschen.
Sie sagten, dass die Leute die Angst vor Ihnen verloren haben. Können Sie uns dazu mehr erzählen?
Ja. Eines Tages begegnete ich Augusto, der in der rivalisierenden politischen Gruppe, die ich schon erwähnt habe, ein wichtiger Mann war. Erst war er ganz verunsichert. Aber ich begrüßte ihn freundlich und schlug ihm vor, einfach zu vergessen, was zwischen uns gewesen war. Als ich ihn dann zu mir nach Hause einlud, nahm er dankend an. Er war ganz beeindruckt davon, wie ich mich verändert hatte — sogar so beeindruckt, dass er auch die Bibel kennenlernen wollte. Jetzt sind Augusto und ich nicht nur gute Freunde, sondern sogar Glaubensbrüder.
„Haltet . . . mit allen Menschen Frieden“
Die Ursachen für Konflikte sind vielschichtig und von Fall zu Fall verschieden; außerdem wird nicht jeder günstig reagieren, wenn man sich um Frieden bemüht. Deswegen gibt die Bibel den realistischen Rat: „Wenn möglich, haltet, soweit es von euch abhängt, mit allen Menschen Frieden“ (Römer 12:18).
Die Beispiele in diesem Artikel belegen, dass die Lebensweisheiten aus der Bibel tatsächlich funktionieren. Wenn man die Bibel auf sich wirken lässt, kann man mit ihrer Hilfe sogar „starke Verschanzungen“ umstoßen, also tief verwurzelte negative Züge aufgeben (2. Korinther 10:4). Über die Weisheit in der Bibel heißt es in Sprüche 3:17, 18: „Ihre Wege sind freundliche Wege, und alle ihre Pfade sind Frieden. Ein Baum des Lebens ist sie für alle, die sie ergreifen, und wer an ihr festhält, ist glücklich zu preisen“ (Elberfelder Bibel).
Würden auch Sie gerne mehr Glück und Frieden in Ihrem Leben verspüren? Sehnen Sie sich auch nach Freundschaften, die selbst in schweren Zeiten nicht in die Brüche gehen? Die Wegweiser der Bibel werden Sie nicht enttäuschen.
^ Abs. 3 Namen wurden geändert.