Liberia — Mehrung trotz Krieg
Liberia — Mehrung trotz Krieg
ÜBER zehn Jahre lang wütete in Liberia der Bürgerkrieg. Mitte letzten Jahres hatten sich die Rebellen bis zur Hauptstadt Monrovia durchgekämpft. Viele Zeugen Jehovas waren gezwungen, ihr Heim zu verlassen — manche sogar mehrmals. Wiederholt kam es zu Plünderungen.
Leider verloren Tausende bei den Kämpfen in der Hauptstadt ihr Leben, darunter auch zwei Zeugen: ein Bruder und eine Schwester. Wie wurde man mit den Härten fertig, und was wurde unternommen, um den Brüdern zu helfen?
Hilfe für die Bedürftigen
Die ganze Krisenzeit hindurch hat das liberianische Zweigbüro der Zeugen Jehovas dafür gesorgt, dass Bedürftige Nahrung, das Nötigste für den Haushalt und Medikamente erhielten. Als das Hafengebiet von den Rebellen kontrolliert wurde, wurden die Lebensmittel knapp. Im Zweigbüro hatte man das schon vorhergesehen und genug Vorrat angelegt, um die zweitausend Zeugen zu versorgen, die zu den Königreichssälen in der Stadt geflohen waren. Die Brüder teilten die Lebensmittel gut ein und sie reichten glücklicherweise, bis der Hafen wieder geöffnet wurde. Der belgische und der sierra-leonische Zweig flogen Arzneimittel ein und der britische und der französische sandten Kleidung.
Die Brüder blieben trotz ihrer verzweifelten Lage positiv und fröhlich. Der Kommentar eines Bruders, der dreimal aus seinem Zuhause fliehen musste, war für viele charakteristisch. Er sagte: „Wir predigen, dass wir in den letzten Tagen leben, und genau das erleben wir auch.“
Reaktion auf die gute Botschaft
Trotz des landesweiten Aufruhrs erzielen die Zeugen weiterhin gute Ergebnisse im Gebiet. Im Januar 2003 erreichten sie mit 3 879 Verkündigern eine absolute Höchstzahl, und im Februar führten sie 15 227 Heimbibelstudien durch.
Viele reagieren unverzüglich auf die gute Botschaft. Ein Beispiel dafür wird aus einem Ort im Südosten des Landes berichtet. Eine Versammlung wollte die Feier zum Gedenken an den Tod Christi in Bewahn abhalten. Dieser größere Ort liegt etwa fünf Stunden Fußweg von dort entfernt, wo sie sich sonst treffen. Bevor die Brüder nach Bewahn gingen, um allgemein zu der Feier einzuladen, wurde dem dortigen Bürgermeister eine Einladung überreicht. Dieser nahm gleich darauf seine Bibel und besuchte alle Ortsbewohner. Er las die auf der Einladung angegebene Schriftstelle vor und ermunterte alle, zu der Feier zu gehen. Als die Verkündiger eintrafen, stellten sie fest, dass schon alle eingeladen waren. Beim Gedächtnismahl waren insgesamt 27 Personen anwesend. Auch der Bürgermeister war mit seinen zwei Frauen und den Kindern gekommen. Inzwischen ist er aus der methodistischen Kirche
ausgetreten, studiert mit den Zeugen die Bibel und hat ihnen ein Grundstück für einen Königreichssaal angeboten.Ein Sinneswandel
Das Verhalten unserer Brüder bewirkte bei einigen Gegnern der Wahrheit einen Sinneswandel. So war es bei Opoku. Ein Sonderpionier traf ihn im Predigtdienst und bot ihm einen Wachtturm an. Ein Artikel darin interessierte Opoku, er hatte aber kein Geld. Der Pionier erklärte ihm, die Zeitschrift werde kostenfrei abgegeben. Er gab sie ihm und versprach, wieder vorbeizuschauen. Als der Pionier wiederkam, fragte Opoku ihn: „Wissen Sie eigentlich, wer ich bin? In Harper kennt mich fast jeder von euch. Ich habe eure Kinder immer von der Schule verwiesen.“ Dann sagte er, er sei Direktor an einer der Schulen der Stadt und er sei immer gegen die Kinder von Zeugen Jehovas vorgegangen, weil sie die Fahne nicht grüßten.
Drei Gelegenheiten, bei denen Opoku die Liebe der Zeugen Jehovas bemerken konnte, hatten ihn jedoch umdenken lassen. Als Erstes hatte er beobachtet, wie sich die Zeugen um einen schwer kranken Glaubensbruder kümmerten. Sie sorgten sogar dafür, dass er in einem Nachbarland behandelt wurde. Zuerst dachte Opoku, der Kranke sei bei den Zeugen bestimmt „etwas Besseres“. Aber dann erfuhr er, dass es sich um einen „normalen“ Zeugen handelte. Das zweite Erlebnis hatte Opoku in den 1990er Jahren, als er an die Elfenbeinküste geflüchtet war. Eines Tages bekam er Durst und wollte von einem jungen Mann Wasser kaufen. Opoku hatte nur einen großen Schein, und da der junge Mann ihm nicht herausgeben konnte, schenkte er Opoku das Wasser. Dabei fragte der junge Mann ihn: „Können Sie sich vorstellen, dass es je eine Zeit geben wird, in der wir alle kein Geld mehr brauchen?“ Opoku vermutete, dass der junge Mann ein Zeuge Jehovas war, und das stimmte auch. Die freigebige, freundliche Art des Bruders beeindruckte ihn. Als ihm schließlich bei der dritten Begebenheit der Sonderpionier bereitwillig die Zeitschrift schenkte, merkte Opoku, dass er seine Meinung über die Zeugen ändern musste. Er machte gute Fortschritte und ist jetzt ein ungetaufter Verkündiger.
In Liberia sind die Verhältnisse immer noch äußerst schwierig. Aber die Brüder vertrauen auf Gott und predigen treu die gute Botschaft von der Zeit, in der Gottes Königreich für gerechte Zustände sorgen wird. Jehova wird ihre mühevolle Arbeit und die Liebe, die sie für seinen Namen gezeigt haben, nicht vergessen (Hebräer 6:10).
[Karten auf Seite 30]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
MONROVIA
[Bilder auf Seite 31]
In Krisenzeiten kümmert sich Jehovas Volk um dringende geistige und materielle Bedürfnisse